Verwaltungsgericht Köln Urteil, 25. Aug. 2015 - 2 K 6969/14
Tenor
Die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom
11. November 2014 (Az.: 00/000/0000/0000) und der Befreiungsbescheid der Beklagten vom 10. November 2014 (Az.: 00/000/0000/0000) werden aufgehoben.
Die Beklagte und die Beigeladenen tragen die Gerichtskosten und die außergerichtlichen Kosten der Klägerin je zur Hälfte und ihre außergerichtlichen Kosten jeweils selbst.
Die Kostenentscheidung ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
T a t b e s t a n d:
2Die Klägerin ist Gemeinschaftseigentümerin des Grundstücks Gemarkung S. –M. , Flur 00, Flurstück 0000/0, (I.------straße 0, 00000 L. ), welches mit einem mehrgeschossigen Wohngebäude bebaut ist. Die Beigeladenen sind Miteigentümer des nordöstlich angrenzenden Grundstücks Gemarkung S. –M. , Flur 00, Flurstück 0000 (vormals 0000/0). Beide Grundstücke liegen im Geltungsbereich des am 27. Dezember 1989 in Kraft getretenen Bebauungsplans Nr. 00000/00 der Beklagten. Der Bebauungsplan weist für das Vorhabengrundstück ein allgemeines Wohngebiet aus, bestimmt die überbaubare Grundstücksfläche des Grundstücks durch Festsetzung einer straßenseitigen Baulinie und seitlicher und rückwärtiger Baugrenzen und bestimmt, dass höchstens ein Vollgeschoss zulässig ist. Der Plan setzt weiterhin die geschlossene Bauweise fest und bestimmt für den rückwärtigen Bereich des Vorhabengrundstücks, dass dort existente Bäume zu erhalten sind. Unter Ziffer 1.2 der textlichen Festsetzungen des Bebauungsplans ist ferner festgesetzt, dass Stellplätze und Garagen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen ausgeschlossen werden. Das Grundstück der Beigeladenen wie auch das der Klägerin sind darüber hinaus im Bebauungsplan als Teil eines Erhaltungsgebiets nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 BauGB bezeichnet und liegen im Geltungsbereich der Erhaltungssatzung Nr. E 26 der Beklagten.
3Einen Antrag der vormaligen Eigentümerin des Flurstücks 0000/0, welches zum damaligen Zeitpunkt nur mit einer nahe dem Straßenrand gelegenen Garagenzeile, bestehend aus acht Garagen, bebaut war, auf Erteilung eines Bauvorbescheids für die Errichtung eines viergeschossigen Wohngebäudes lehnte die Beklagte unter Hinweis auf die entgegenstehenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 ab. Den Normenkontrollantrag der Eigentümerin gegen diese städtebauliche Satzung lehnte das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen durch Urteil vom 30. August 1995 (Az.: 7 a D 67/92.NE) ab.
4In den Folgejahren wurde die Mehrzahl der auf dem Vorhabengrundstück existenten Bäume auf Antrag der damaligen Grundstückseigentümer mit Genehmigungen der Beklagten vom 5. Februar 1998, 5. Dezember 2005, 12. Dezember 2007 und 6. Februar 2008 gefällt; in den Erlaubnisbescheiden vom 5. Februar 1998 und vom 6. Februar 2008 wurden für die Entfernung der geschützten Bäume Ersatzpflanzungen angeordnet.
5Durch Schreiben vom 24. Oktober 2011 teilte der damalige Baudezernent der Beklagten den Voreigentümern mit, es liege im großen Interesse der Stadt L. , wenn sie sich für eine Bebauung des Flurstücks 0000/00 mit Wohnungen entscheiden würden; sie seien eingeladen, sich unverbindlich über die Möglichkeiten einer Bebauung sowie der öffentlichen Förderung beraten zu lassen.
6Unter dem 20. September 2012 erteilte die Beklagte den Voreigentümern auf deren Antrag vom 20. Juni 2012 einen Bauvorbescheid für die Errichtung eines dreigeschossigen Wohngebäudes mit sieben Wohneinheiten und einer Tiefgarage mit acht Einstellplätzen auf dem Flurstück 0000/0 und befreite gleichzeitig von Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00. Die von der Klägerin hiergegen angestrengte Klage 2 K 2887/14 erledigte sich, nachdem die Beigeladenen als Rechtsnachfolger der Bauherren auf die Ausnutzung des Vorbescheides verzichtet hatten.
7Am 24. Juli 2014 stellten die Beigeladenen bei der Beklagten einen Antrag auf Erteilung einer Baugenehmigung unter Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 für den Neubau eines dreigeschossigen Mehrfamilienhauses nebst Staffelgeschoss und eingeschossigem Anbau mit Dachterrasse an der Grenze zum Grundstück der Klägerin mit insgesamt drei Wohneinheiten sowie einer Tiefgarage mit neun Einstellplätzen. Durch Bescheid vom 10. November 2014 erteilte die Beklagte den Beigeladenen eine Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 hinsichtlich der Baugrenze, der Geschossigkeit und der Dachform. Zur Begründung führte sie aus, die Befreiung sei städtebaulich vertretbar und mit den öffentlichen Belangen vereinbar. Durch das Bauvorhaben werde eine Baulücke geschlossen, die bisher nur mit Garagen bebaut sei und somit eine Mindernutzung darstelle, die bei einer Neuaufstellung des Bebauungsplans so nicht mehr festgesetzt würde. Eine Nachverdichtung der Wohnbebauung an dieser Stelle werde ausdrücklich sowohl aus wohnungspolitischen und ökologischen Gründen befürwortet. Durch Bescheid vom 11. November 2014 erteilte die Beklagte den Beigeladenen ferner die begehrte Baugenehmigung, wobei sie eine Abweichung von den Bestimmungen der §§ 29 Abs. 1 BauO NRW und 133 Abs. 1 SBauVO NRW zuließ. Die Baugenehmigung wurde der Klägerin am 14. November 2014 zugestellt.
8Die Klägerin hat am Montag, dem 15. Dezember 2014 Klage erhoben.
9Sie macht geltend, die erteilte Baugenehmigung verletze sie in ihren Nachbarrechten. Die Befreiung von den Festsetzungen des Bebauungsplans sei rechtswidrig, weil Grundzüge der Planung berührt würden. Das Vorhabengrundstück sei eine typische Parkanlage in privatem Eigentum gewesen, die eine hohe Lebensqualität für die anliegende Nachbarschaft habe. Die große Bedeutung dieser Grundstücksfläche habe auch das Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW) in seinem Normenkontrollurteil vom 30. August 1995 betont. Das Grundstück sei mit seinem Parkcharakter die „grüne Lunge“ umgebender Straßenzüge gewesen. Die Normenkontrollentscheidung zeige, welche Qualität und Wichtigkeit auch die Beklagte diesem Grundstück seinerzeit beigemessen habe. Den Festsetzungen des Bebauungsplans, von denen hier dispensiert worden sei, komme weiterhin nachbarschützender Charakter zu. Dies ergebe sich aus der Planbegründung selbst, in der ausgeführt werde, dass weitergehende bauliche Verdichtungen nicht mehr tragbar und unvereinbar mit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse seien. Die erteilte Befreiung sei im Übrigen gegenüber der Klägerin rücksichtslos, weil sie eine überdimensionierte Bebauung auf der streitigen Baufläche zulasse und der Klägerin so jede Blickbeziehung zum Rhein nehme. Nachbarrechtswidrig seien zudem von der Beklagten Abweichungen von brandschutzrechtlichen Bestimmungen zugelassen worden. Denn diese Regelungen dienten auch dazu, eine Brandausbreitung auf angrenzende Nachbargrundstücke zu vermeiden. Die erteilte Baugenehmigung verstoße ferner gegen § 12 Abs. 2 BauNVO 1977, weil die genehmigte Tiefgarage mit neun Stellplätzen nicht nur dem Bedarf innerhalb des Wohngebiets diene. Ferner führten die Lüftungsöffnungen der Tiefgarage zu rücksichtslosen Auswirkungen auf ihr Grundstück und verletzten die nachbarschützende Norm des § 51 Abs. 7 BauO NRW. Auch entstehe bei ihr ein Gefühl des Erdrücktseins, weil aus den Fenstern der betroffenen Hausseite künftig nur ein Blick auf eine wenige Meter entfernte Hauswand möglich sei. Ferner habe sich die Sorge, dass es aufgrund der wegen der großdimensionierten Tiefgarage notwendigen „weißen Wanne“ durch eine Verdrängung des Grundwassers zur Gefahr der Überflutung der im Souterrain gelegenen Wohnräume ihres Gebäudes komme. Schließlich würden die Regelungen der Erhaltungssatzung Nr. E 26 verletzt, welche auch ihren Interessen als Anwohnern dienten.
10Die Klägerin beantragt,
11die den Beigeladenen erteilte Baugenehmigung der Beklagten vom 11. November 2014 (Az.: 00/000/0000/0000) und den Befreiungsbescheid der Beklagten vom 10. November 2014 (Az.: 00/000/0000/0000) aufzuheben.
12Die Beklagte beantragt,
13die Klage abzuweisen.
14Sie macht geltend, die Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 seien nicht nachbarschützend. Die angefochtene Baugenehmigung verstoße auch nicht gegen das Gebot der Rücksichtnahme, insbesondere, wenn man die deutlich größere Bautiefe auf dem klägerischen Grundstück in den Blick nehme. Das Vorhalten von zwei bis drei Stellplätzen je Wohnung entspreche der Lebenswirklichkeit. Hinsichtlich der Abweichungen von § 29 Abs. 1 BauO NRW und § 133 Abs. 1 SBauVO NRW sei nicht erkennbar, dass sich insoweit eine irgendwie geeignete Gefährdungssteigerung für die Klägerin ergeben könne.
15Die Beigeladenen beantragen,
16die Klage abzuweisen.
17Sie machen geltend, den Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung im Bebauungsplan komme im vorliegenden Fall ausweislich der Begründung zum Bebauungsplan keine nachbarschützende Wirkung zu. Einen Anspruch auf freie Aussicht habe die Klägerin ebenfalls nicht. Die Abweichung von brandschutzrechtlichen Vorschriften verletze die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Erhaltungssatzung entfalte keine nachbarschützende Wirkung. Für eine Verletzung des Gebots der Rücksichtnahme lägen im vorliegenden Fall ebenfalls keine hinreichenden Anhaltspunkte vor. Die geltend gemachte Überflutungsgefahr sei eine rein zivilrechtliche Problematik und könne nicht im Wege einer Baunachbarklage geltend gemacht werden.
18Der Berichterstatter hat die Örtlichkeit in Augenschein genommen. Wegen des Ergebnisses wird auf die Niederschrift vom 30. April 2015 Bezug genommen.
19Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte dieses Verfahrens und des Verfahrens 2 K 2887/14 sowie auf den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsvorgänge der Beklagten Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
21Die zulässige - insbesondere fristgerecht erhobene - Anfechtungsklage der Klägerin ist begründet. Die Baugenehmigung der Beklagten vom 11. November 2014 und deren Befreiungsbescheid vom 10. November 2014 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin im Sinne von § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO in ihren Rechten als Gemeinschaftseigentümerin des Grundstücks Gemarkung S. –M. , Flur 00, Flurstück 0000/0.
22Die Baugenehmigung ist nachbarrechtswidrig, weil die Erteilung einer Befreiung für die Überschreitung der im Bebauungsplan Nr. 00000/00 der Beklagten festgesetzten hinteren Baugrenze und für die Überschreitung der als Höchstgrenze festgesetzten Zahl der Vollgeschosse sich aus dem Bauplanungsrecht ergebende Abwehrrechte der Klägerin verletzt. § 31 Abs. 2 BauGB sieht vor, dass bei der Abweichung von Festsetzungen eines Bebauungsplans auch nachbarliche Interessen zu würdigen sind und entfaltet damit drittschützende Wirkung. Nach ständiger Rechtsprechung besteht Drittschutz des Nachbarn bei einer rechtswidrigen Befreiung von einer nicht nachbarschützenden Festsetzung nur, wenn seine nachbarlichen Interessen nicht hinreichend berücksichtigt worden sind. Das beurteilt sich wiederum nach den Maßstäben, die zum drittschützenden Gebot der Rücksichtnahme entwickelt worden sind. Bei einer fehlerhaften Befreiung von einer nachbarschützenden Festsetzung eines Bebauungsplans ist ein nachbarlicher Abwehranspruch hingegen immer gegeben; hier führt mit anderen Worten jeder Fehler bei der Anwendung von § 31 Abs. 2 BauGB zur Aufhebung der Baugenehmigung,
23vgl. Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 27. August 2013 – 4 B 39.13 -, BauR 2013, 2011; Beschluss vom 08. Juli 1998 – 4 B 64/98 -, BRS 60 Nr. 183; OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 2008 – 10 A 2999/07 -, BRS 73 Nr. 67; OVG NRW, Beschluss vom 25. Juni 2003 – 7 B 13/03 – JURIS; Söfker in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar zum BauGB, § 31 (Stand: Februar 2015) Rdnr. 69 mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung.
24In Anwendung dieser Grundsätze ist die von der Beklagten erteilte Befreiung nachbarrechtswidrig. Denn hier wurde objektiv fehlerhaft (1.) von nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 (2.) dispensiert.
251. Nach § 31 Abs. 2 BauGB kann die Baugenehmigungsbehörde von Festsetzungen eines Bebauungsplans nur dann befreien, wenn Grundzüge der Planung nicht berührt werden. Durch das Erfordernis der Wahrung der Grundzüge der Planung will der Bundesgesetzgeber sicherstellen, dass die Festsetzungen eines Bebauungsplans nicht beliebig durch Verwaltungsakt außer Kraft gesetzt werden. Die Änderung eines Bebauungsplans obliegt nach § 1 Abs. 8 BauGB nämlich allein dem Ortsgesetzgeber und nicht der Bauaufsichtsbehörde. Hierfür ist nach den §§ 3 und 4 BauGB grundsätzlich ein bestimmtes Verfahren unter Beteiligung der Öffentlichkeit und der Träger öffentlicher Belange vorgeschrieben. Diese Regelungen dürfen nicht durch eine großzügige Befreiungspraxis der Bauaufsichtsbehörde unterlaufen werden. Ob die Grundzüge der Planung im Einzelfall berührt werden, hängt von der jeweiligen Planungssituation ab. Entscheidend ist, ob die Abweichung dem planerischen Grundkonzept zuwider läuft. Je tiefer eine Befreiung in das Interessengeflecht der Planung des Ortsgesetzgebers eingreift, desto eher liegt der Schluss auf eine Änderung der Planungskonzeption nahe, die allein im Wege der (Um-) Planung möglich ist,
26so grundsätzlich Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 05. März 1999,- 4 B 5.99 -, BRS 62 Nr. 99; ferner etwa OVG NRW, Urteil vom 17. Dezember 2008, a.a.O; Söfker, a.a.O., § 31 Rdnr. 36 m.w.N.
27Gemessen daran hat die erkennende Kammer keinen vernünftigen Zweifel daran, dass die auch das Baugrundstück der Beigeladenen erfassenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 zur Geschossigkeit und zur überbaubaren Grundstücksfläche einen Grundzug der gemeindlichen Planung darstellen, der durch das Handeln der Baugenehmigungsbehörde unangetastet bleiben sollte und von dem deshalb objektiv- rechtlich nicht befreit werden durfte. Dies ergibt sich aus folgenden Erwägungen:
28Ausweislich der Begründung des Bebauungsplans Nr. 00000/00 der Beklagten ist es Ziel der gemeindlichen Planung, den historisch gewachsenen Kernbereich von L. -S1. mit seinem hohen baulichen Erhaltungswert zu sichern und das in seiner Höhenentwicklung harmonische Rheinpanorama zu erhalten. Der vorhandene Baubestand sollte gesichert werden und städtebauliche Fehlentwicklungen insbesondere hinsichtlich der zulässigen Geschosszahlen und Gebäudehöhen sowie eine weitere Ausdehnung der Gastronomie sollten verhindert werden. Im festgesetzten allgemeinen Wohngebiet entlang der I.------straße sind außerdem Stellplätze und Garagen auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen ausgeschlossen worden, damit die in diesem Bereich bestehenden Freiflächen nicht versiegelt werden. Zum Schutz des Baumbestandes sind schützenswerte Baumstandorte festgesetzt worden. Soweit es das Baugrundstück der Beigeladenen betrifft, ist der überbaubare Bereich von der Satzungsgeberin ganz bewusst in Orientierung an den vorhandenen Baubestand festgesetzt worden. Dass es sich dabei zum Zeitpunkt des Satzungsbeschlusses nur um eine Garagenzeile gehandelt hat, ist ohne Belang. Ganz im Gegenteil: Auch diese Garagenzeile war damals Bestandteil der bestehenden Bebauung. Sie prägte gerade durch ihre von der übrigen Bebauung abweichende deutlich kleinere bauliche Dimension und des damit verbundenen baulichen Kontrasts in diesem gewachsenen Kernbereich von S1. dieses Gebiet maßgebend mit und unterfiel deshalb auch dem mit dem Bebauungsplan bezweckten Schutz dieses Bereichs von S1. . Weiterhin wollte die Plangeberin mit ihrer Planung betreffend das Baugrundstück offensichtlich auch das bisherige Erscheinungsbild der Umgebung wahren. Dafür spricht eindeutig, dass der nach dem Bebauungsplan hier zu wahrende Freiraum in einer angemessenen Relation zu den ihn umgebenden deutlich massiver genutzten Bauflächen steht und im hinteren Bereich des Grundstücks mehrere schützenswerte Bäume vorhanden waren, die erhalten bleiben sollten. Die Sicherung des bisherigen Erscheinungsbildes auch in diesem Bereich von L. -S1. war ganz augenscheinlich ein vorrangiges Ziel der gemeindlichen Planung und gehörte zum planerischen Grundkonzept, von dem nicht durch eine Befreiungsentscheidung der Bauaufsichtsbehörde auf der Grundlage von § 31 Abs. 2 BauGB abgewichen werden durfte,
29vgl. insoweit auch die Erwägungen des OVG NRW in seinem Urteil vom30. August 1995 – 7 a D 67/92.NE, Blatt 14 des Urteilsabdrucks.
302. Diese nach allem objektiv rechtswidrig erteilte Befreiung verletzt die Klägerin auch in ihren subjektiven Rechten als Gemeinschaftseigentümerin des angrenzenden Nachbargrundstücks I.------straße 0. Die Beklagte hat nämlich hier einen Dispens von auch nachbarschützenden Festsetzungen des Bebauungsplans Nr. 00000/00 erteilt.
31Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung auf der Grundlage von §§ 16 ff. BauNVO und zur überbaubaren Grundstücksfläche nach § 23 BauNVO haben nicht schon kraft Bundesrechts nachbarschützenden Charakter. Ob und in welchem Umfang ihnen nachbarschützende Funktion zukommen soll, hängt vielmehr vom Willen der planenden Gemeinde ab.
32vgl. nur Bundesverwaltungsgericht, Beschluss vom 19. Oktober 1995 – 4 B 215.95 -, BRS 57 Nr. 219; Söfker, a.a.O., § 16 BauNVO (Stand: Oktober 2009), Rdnr. 49 ff. und Blechschmidt in Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, Kommentar zum BauGB, § 23 BauNVO (Stand: Januar 2013) Rdnr. 55 ff. jeweils mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung.
33Ob Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung oder zu den überbaubaren Grundstücksflächen nur eine städtebauliche oder – jedenfalls auch – eine nachbarschützende Funktion haben, ist im Einzelfall durch Auslegung des Bebauungsplans zu ermitteln. Anhaltspunkte für den nachbarschützenden Charakter der Festsetzung können sich aus dem Plan selbst, aus der Planbegründung, aus den Planaufstellungsvorgängen und aus der Bewertung des Zusammenhangs, in dem die Festsetzung im Gefüge des Bebauungsplans steht, ergeben.
34vgl. OVG NRW, Beschluss vom 27. Januar 2014 – 2 A 1674/13 -, BauR 2014, 969; Beschluss vom 25. Juni 2003, a.a.O.; Schiller in Bracher/Reidt/Schiller, Bauplanungsrecht, 8. Auflage 2014, Rdnrn. 2033 ff. mit weiteren Nachweisen aus der Rechtsprechung.
35Gemessen daran hat das erkennende Gericht keine vernünftigen Zweifel daran, dass die Satzungsgeberin auf dem Vorhabengrundstück die höchstzulässige Zahl der Vollgeschosse und eine rückwärtige Baugrenze nicht nur aus städtebaulichen Gründen getroffen hat, sondern mit dieser Festsetzung auch Nachbarschutz zugunsten der betroffenen Angrenzer begründen wollte. Dies ergibt sich hier mit hinreichender Deutlichkeit aus der dem Bebauungsplan beigefügten Begründung und aus dem Plankonzept selbst. In der Planbegründung heißt es zur Ausweisung des allgemeinen Wohngebiets entlang der I.------straße auf Blatt 3 unten:
36„Weitergehende bauliche Verdichtungen, insbesondere in den Bereichen angrenzend an die Straßenräume sind jedoch nicht mehr tragbar und nicht vereinbar mit den allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse.“
37Die Plangeberin dokumentiert mit diesen Ausführungen, dass sie im hier betroffenen Grundstücksareal südöstlich der I.------straße Festsetzungen zum Maß der baulichen Nutzung und zur überbaubaren Grundstücksfläche nicht allein aus städtebaulichen Gründen getroffen hat. Sie verbindet diese Festsetzungen vielmehr ausdrücklich mit dem Willen, in diesem Grundstücksbereich, der schon von massiver Bebauung umgeben ist, gesunde Wohnverhältnisse zu erhalten. Das Erfordernis, für die Erhaltung bzw. die Schaffung gesunder Wohnverhältnisse Sorge zu tragen, ergibt sich u.a. subjektiv-rechtlich aus Art. 2 Abs. 2 Satz 1 Grundgesetz. Im Blick hatte die Satzungsgeberin im Zeitpunkt der Beschlussfassung augenscheinlich jedenfalls die betroffenen Angrenzer südlich des Vorhabengrundstücks, in deren Interesse die ausgewiesene Fläche mit ihren Freiräumen erhalten bleiben und keiner weiteren Bebauung zugänglich sein sollte. Einen anderen vernünftigen Sinn ergibt dieser zitierte Satz der Begründung des Bebauungsplans aus Sicht der Kammer nicht. Er ist nach der Begründung der Offenlage des Entwurfs des Bebauungsplans nachträglich in die Planbegründung aufgenommen worden und wäre für die Begründung der getroffenen Festsetzungen ohne weiteres entbehrlich gewesen, hätte die Plangeberin mit ihm nicht zum Ausdruck bringen wollen, dass sie mit diesen Festsetzungen Nachbarschutz auch zugunsten der Eigentümerin des Grundstücks I.------straße 0 begründen wollen.
38Verletzen die angefochtenen Bescheide nach allem sich aus dem Bauplanungsrecht ergebende Abwehrrechte der Klägerin, bedarf es keiner Entscheidung der Kammer, ob sie gegen weitere von der Klägerin angeführte nachbarschützende Bestimmungen verstoßen und auch deshalb der Aufhebung nach § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO unterliegen.
39Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 1 und Abs. 3, 159 Satz 1 VwGO, § 100 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 ZPO.
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(1) Die Gemeinde kann in einem Bebauungsplan oder durch eine sonstige Satzung Gebiete bezeichnen, in denen
- 1.
zur Erhaltung der städtebaulichen Eigenart des Gebiets auf Grund seiner städtebaulichen Gestalt (Absatz 3), - 2.
zur Erhaltung der Zusammensetzung der Wohnbevölkerung (Absatz 4) oder - 3.
bei städtebaulichen Umstrukturierungen (Absatz 5)
(2) Ist der Beschluss über die Aufstellung einer Erhaltungssatzung gefasst und ortsüblich bekannt gemacht, ist § 15 Absatz 1 auf die Durchführung eines Vorhabens im Sinne des Absatzes 1 entsprechend anzuwenden.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die bauliche Anlage allein oder im Zusammenhang mit anderen baulichen Anlagen das Ortsbild, die Stadtgestalt oder das Landschaftsbild prägt oder sonst von städtebaulicher, insbesondere geschichtlicher oder künstlerischer Bedeutung ist. Die Genehmigung zur Errichtung der baulichen Anlage darf nur versagt werden, wenn die städtebauliche Gestalt des Gebiets durch die beabsichtigte bauliche Anlage beeinträchtigt wird.
(4) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 2 und Satz 4 darf die Genehmigung nur versagt werden, wenn die Zusammensetzung der Wohnbevölkerung aus besonderen städtebaulichen Gründen erhalten werden soll. Sie ist zu erteilen, wenn auch unter Berücksichtigung des Allgemeinwohls die Erhaltung der baulichen Anlage oder ein Absehen von der Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum wirtschaftlich nicht mehr zumutbar ist. Die Genehmigung ist ferner zu erteilen, wenn
- 1.
die Änderung einer baulichen Anlage der Herstellung des zeitgemäßen Ausstattungszustands einer durchschnittlichen Wohnung unter Berücksichtigung der bauordnungsrechtlichen Mindestanforderungen dient, - 1a.
die Änderung einer baulichen Anlage der Anpassung an die baulichen oder anlagentechnischen Mindestanforderungen des Gebäudeenergiegesetzes oder der Energieeinsparverordnung vom 24. Juli 2007 (BGBl. I S. 1519), die zuletzt durch Artikel 257 der Verordnung vom 19. Juni 2020 (BGBl. I S. 1328) geändert worden ist, wenn diese nach § 111 Absatz 1 des Gebäudeenergiegesetzes weiter anzuwenden ist, dient, - 2.
das Grundstück zu einem Nachlass gehört und Wohnungseigentum oder Teileigentum zugunsten von Miterben oder Vermächtnisnehmern begründet werden soll, - 3.
das Wohnungseigentum oder Teileigentum zur eigenen Nutzung an Familienangehörige des Eigentümers veräußert werden soll, - 4.
ohne die Genehmigung Ansprüche Dritter auf Übertragung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht erfüllt werden können, zu deren Sicherung vor dem Wirksamwerden des Genehmigungsvorbehalts eine Vormerkung im Grundbuch eingetragen ist, - 5.
das Gebäude im Zeitpunkt der Antragstellung zur Begründung von Wohnungseigentum oder Teileigentum nicht zu Wohnzwecken genutzt wird oder - 6.
sich der Eigentümer verpflichtet, innerhalb von sieben Jahren ab der Begründung von Wohnungseigentum Wohnungen nur an die Mieter zu veräußern; eine Frist nach § 577a Absatz 2 Satz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verkürzt sich um fünf Jahre; die Frist nach § 577a Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs entfällt.
(5) In den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 darf die Genehmigung nur versagt werden, um einen den sozialen Belangen Rechnung tragenden Ablauf auf der Grundlage eines Sozialplans (§ 180) zu sichern. Ist ein Sozialplan nicht aufgestellt worden, hat ihn die Gemeinde in entsprechender Anwendung des § 180 aufzustellen. Absatz 4 Satz 2 ist entsprechend anzuwenden.
(1) Stellplätze und Garagen sind in allen Baugebieten zulässig, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 6 nichts anderes ergibt.
(2) In Kleinsiedlungsgebieten, reinen Wohngebieten und allgemeinen Wohngebieten sowie Sondergebieten, die der Erholung dienen, sind Stellplätze und Garagen nur für den durch die zugelassene Nutzung verursachten Bedarf zulässig.
(3) Unzulässig sind
- 1.
Stellplätze und Garagen für Lastkraftwagen und Kraftomnibusse sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in reinen Wohngebieten, - 2.
Stellplätze und Garagen für Kraftfahrzeuge mit einem Eigengewicht über 3,5 Tonnen sowie für Anhänger dieser Kraftfahrzeuge in Kleinsiedlungsgebieten und allgemeinen Wohngebieten.
(4) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in bestimmten Geschossen nur Stellplätze oder Garagen und zugehörige Nebeneinrichtungen (Garagengeschosse) zulässig sind. Eine Festsetzung nach Satz 1 kann auch für Geschosse unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden. Bei Festsetzungen nach den Sätzen 1 und 2 sind Stellplätze und Garagen auf dem Grundstück nur in den festgesetzten Geschossen zulässig, soweit der Bebauungsplan nichts anderes bestimmt.
(5) Im Bebauungsplan kann, wenn besondere städtebauliche Gründe dies rechtfertigen (§ 9 Absatz 3 des Baugesetzbuchs), festgesetzt werden, dass in Teilen von Geschossen nur Stellplätze und Garagen zulässig sind. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(6) Im Bebauungsplan kann festgesetzt werden, dass in Baugebieten oder bestimmten Teilen von Baugebieten Stellplätze und Garagen unzulässig oder nur in beschränktem Umfang zulässig sind, soweit landesrechtliche Vorschriften nicht entgegenstehen.
(7) Die landesrechtlichen Vorschriften über die Ablösung der Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen sowie die Verpflichtung zur Herstellung von Stellplätzen und Garagen außerhalb der im Bebauungsplan festgesetzten Bereiche bleiben bei Festsetzungen nach den Absätzen 4 bis 6 unberührt.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.
(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).
(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.
(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.
(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.
(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:
- 1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung, - 2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung, - 3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung, - 4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche, - 5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes, - 6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge, - 7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere - a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt, - b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes, - c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt, - d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter, - e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern, - f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie, - g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts, - h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden, - i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d, - j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
- 8.
die Belange - a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung, - b)
der Land- und Forstwirtschaft, - c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen, - d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus, - e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit, - f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
- 9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung, - 10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften, - 11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung, - 12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden, - 13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung, - 14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.
(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.
(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.
(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn
- 1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder - 2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,
- 1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können, - 2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können, - 3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und - 4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.
(1) Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, sind entsprechend § 3 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu unterrichten und zur Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufzufordern. Hieran schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Äußerung zu einer Änderung der Planung führt.
(2) Die Gemeinde holt die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zur Begründung ein. Die Bereitstellung der Unterlagen sowie die Mitteilung hierüber sollen elektronisch erfolgen. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange haben ihre Stellungnahmen innerhalb eines Monats abzugeben, wobei jedoch die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen 30 Tage nicht unterschreiten darf; die Gemeinde soll diese Frist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angemessen verlängern. Die Stellungnahmen sollen elektronisch übermittelt werden. In den Stellungnahmen sollen sich die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange auf ihren Aufgabenbereich beschränken; sie haben auch Aufschluss über von ihnen beabsichtigte oder bereits eingeleitete Planungen und sonstige Maßnahmen sowie deren zeitliche Abwicklung zu geben, die für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gebiets bedeutsam sein können. Verfügen sie über Informationen, die für die Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials zweckdienlich sind, haben sie diese Informationen der Gemeinde zur Verfügung zu stellen.
(3) Nach Abschluss des Verfahrens zur Aufstellung des Bauleitplans unterrichten die Behörden die Gemeinde, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Bauleitplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.
(1) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans können solche Ausnahmen zugelassen werden, die in dem Bebauungsplan nach Art und Umfang ausdrücklich vorgesehen sind.
(2) Von den Festsetzungen des Bebauungsplans kann befreit werden, wenn die Grundzüge der Planung nicht berührt werden und
- 1.
Gründe des Wohls der Allgemeinheit, einschließlich der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, des Bedarfs zur Unterbringung von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden, des Bedarfs an Anlagen für soziale Zwecke und des Bedarfs an einem zügigen Ausbau der erneuerbaren Energien, die Befreiung erfordern oder - 2.
die Abweichung städtebaulich vertretbar ist oder - 3.
die Durchführung des Bebauungsplans zu einer offenbar nicht beabsichtigten Härte führen würde
(3) In einem Gebiet mit einem angespannten Wohnungsmarkt, das nach § 201a bestimmt ist, kann mit Zustimmung der Gemeinde im Einzelfall von den Festsetzungen des Bebauungsplans zugunsten des Wohnungsbaus befreit werden, wenn die Befreiung auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist. Von Satz 1 kann nur bis zum Ende der Geltungsdauer der Rechtsverordnung nach § 201a Gebrauch gemacht werden. Die Befristung in Satz 2 bezieht sich nicht auf die Geltungsdauer einer Genehmigung, sondern auf den Zeitraum, bis zu dessen Ende im bauaufsichtlichen Verfahren von der Vorschrift Gebrauch gemacht werden kann. Für die Zustimmung der Gemeinde nach Satz 1 gilt § 36 Absatz 2 Satz 2 entsprechend.
(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.
(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.
(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.
(1) Wird im Flächennutzungsplan das allgemeine Maß der baulichen Nutzung dargestellt, genügt die Angabe der Geschossflächenzahl, der Baumassenzahl oder der Höhe baulicher Anlagen.
(2) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung bestimmt werden durch Festsetzung
- 1.
der Grundflächenzahl oder der Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen, - 2.
der Geschossflächenzahl oder der Größe der Geschossfläche, der Baumassenzahl oder der Baumasse, - 3.
der Zahl der Vollgeschosse, - 4.
der Höhe baulicher Anlagen.
(3) Bei Festsetzung des Maßes der baulichen Nutzung im Bebauungsplan ist festzusetzen
- 1.
stets die Grundflächenzahl oder die Größe der Grundflächen der baulichen Anlagen, - 2.
die Zahl der Vollgeschosse oder die Höhe baulicher Anlagen, wenn ohne ihre Festsetzung öffentliche Belange, insbesondere das Orts- und Landschaftsbild, beeinträchtigt werden können.
(4) Bei Festsetzung des Höchstmaßes für die Geschossflächenzahl oder die Größe der Geschossfläche, für die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen im Bebauungsplan kann zugleich ein Mindestmaß festgesetzt werden. Die Zahl der Vollgeschosse und die Höhe baulicher Anlagen können auch als zwingend festgesetzt werden.
(5) Im Bebauungsplan kann das Maß der baulichen Nutzung für Teile des Baugebiets, für einzelne Grundstücke oder Grundstücksteile und für Teile baulicher Anlagen unterschiedlich festgesetzt werden; die Festsetzungen können oberhalb und unterhalb der Geländeoberfläche getroffen werden.
(6) Im Bebauungsplan können nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen von dem festgesetzten Maß der baulichen Nutzung vorgesehen werden.
(1) Die überbaubaren Grundstücksflächen können durch die Festsetzung von Baulinien, Baugrenzen oder Bebauungstiefen bestimmt werden. § 16 Absatz 5 ist entsprechend anzuwenden.
(2) Ist eine Baulinie festgesetzt, so muss auf dieser Linie gebaut werden. Ein Vor- oder Zurücktreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Im Bebauungsplan können weitere nach Art und Umfang bestimmte Ausnahmen vorgesehen werden.
(3) Ist eine Baugrenze festgesetzt, so dürfen Gebäude und Gebäudeteile diese nicht überschreiten. Ein Vortreten von Gebäudeteilen in geringfügigem Ausmaß kann zugelassen werden. Absatz 2 Satz 3 gilt entsprechend.
(4) Ist eine Bebauungstiefe festgesetzt, so gilt Absatz 3 entsprechend. Die Bebauungstiefe ist von der tatsächlichen Straßengrenze ab zu ermitteln, sofern im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist.
(5) Wenn im Bebauungsplan nichts anderes festgesetzt ist, können auf den nicht überbaubaren Grundstücksflächen Nebenanlagen im Sinne des § 14 zugelassen werden. Das Gleiche gilt für bauliche Anlagen, soweit sie nach Landesrecht in den Abstandsflächen zulässig sind oder zugelassen werden können.
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Zulassungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen.
Der Streitwert wird auch für das Zulassungsverfahren auf 5.000,- € festgesetzt.
1
G r ü n d e :
2Der Antrag auf Zulassung der Berufung hat keinen Erfolg.
3Die von dem Kläger vorgebrachten, für die Prüfung maßgeblichen Einwände (§ 124 a Abs. 4 Satz 4 VwGO) begründen weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO (1.) noch ergeben sie besondere rechtliche oder tatsächliche Schwierigkeiten der Rechtssache im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO (2.) oder deren grundsätzliche Bedeutung gemäߧ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO (3.). Ebenso wenig ergibt sich (4.) aus ihnen eine Abweichung des Urteils von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts, auf der das Urteil beruht (Zulassungsgrund nach § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO).
41. Ernstliche Zweifel im Sinne des § 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO liegen vor, wenn erhebliche Gründe dafür sprechen, dass die verwaltungsgerichtliche Entscheidung einer rechtlichen Prüfung wahrscheinlich nicht standhalten wird. Sie sind (nur) begründet, wenn zumindest ein einzelner tragender Rechtssatz der angefochtenen Entscheidung oder eine erhebliche Tatsachenfeststellung mit schlüssigen Gegenargumenten in Frage gestellt wird und sich die Frage, ob die Entscheidung etwa aus anderen Gründen im Ergebnis richtig ist, nicht ohne weitergehende Prüfung der Sach- und Rechtslage beantworten lässt.
5Derartige Zweifel weckt das Antragsvorbringen nicht.
6Das Verwaltungsgericht hat die Klage mit dem Antrag,
7die den Beigeladenen von der Beklagten erteilte Baugenehmigung vom 4. Oktober 2012 aufzuheben,
8im Wesentlichen mit der Begründung abgewiesen, die Baugenehmigung verstoße nicht zum Nachteil des Klägers gegen nachbarschützende Vorschriften des öffentlichen Rechts. Die bauplanungsrechtliche Zulässigkeit des Vorhabens beurteile sich nach § 30 Abs. 1 BauGB in Verbindung mit dem Bebauungsplan III/4/11.01 in der Fassung der 5. Änderung vom 13. November 1978. Diesen Vorgaben entspreche das Vorhaben mit Ausnahme der rückwärtig geplanten Balkonanlage, die die hintere Baugrenze um ca. 2,50 m überschreite. Insoweit sei eine Befreiung gemäß § 31Abs. 2 BauGB erteilt worden. Es sei nicht erkennbar, dass die Festsetzung einer hinteren Baugrenze hier aus sich heraus nachbarschützende Wirkung habe. Regelmäßig liege die Annahme nahe, der Plangeber habe mit dieser Festsetzung allein im öffentlichen Interesse städtebauliche Absichten verfolgt. Greifbare Anhaltspunkte, die im vorliegenden Fall eine anderslautende Auslegung rechtfertigen würden, seien nicht erkennbar. Angesichts der örtlichen Verhältnisse spreche vielmehr alles dafür, dass der Satzungsgeber mit der Festsetzung aus Gründen der städtebaulichen Gestaltung des Wohngebiets eine Begrenzung der rückwärtigen Bautiefe und damit auch der Größe der Baukörper habe vorgeben wollen. Auch bei der Erteilung der Befreiung habe die Beklagte das Rücksichtnahmegebot nicht zum Nachteil des Klägers verletzt. Die negativen Auswirkungen des Bauvorhabens der Beigeladenen gingen nicht über das Maß des Zumutbaren hinaus.
9Die dagegen von dem Kläger erhobenen Einwände haben keinen Erfolg.
10Das Verwaltungsgericht hat unter Heranziehung der einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts zutreffend dargestellt, unter welchen Voraussetzungen die Festsetzung einer hinteren Baugrenze in einem Bebauungsplan (ausnahmsweise) nachbarschützende Wirkung haben kann.
11Vgl. dazu zunächst nur das von dem Verwaltungsgericht zitierte BVerwG, Urteil vom 19. Oktober 1995- 4 B 215.95 -, BRS 57 Nr. 219 = juris Rn. 3.
12Dieses Urteil des Bundesverwaltungsgerichts lässt keinen Raum für Zweifel. Es bezieht sich mit der Aussage, § 30 BauGB begründe aus sich heraus keine subjektiv- öffentlichen Rechte zugunsten des Nachbarn ausdrücklich auch auf § 23 BauNVO und die überbaubare Grundstücksfläche. Der von dem Zulassungsantrag angesprochene Leitsatz zu diesem Urteil, ob Festsetzungen eines Bebauungsplans über das Maß der baulichen Nutzung und über die überbaubaren Grundstücksflächen drittschützend sind, hängt vom Willen der Gemeinde als Planungsträger ab, ist eindeutig. Er kann nur so verstanden werden, dass die besagten Festsetzungsarten regelmäßig nicht drittschützend sind und lediglich die Gemeinde es in der Hand hat, ihnen im Einzelfall eine drittschützende Wirkung zuzuweisen.
13Auf derselben Linie liegt das im Zulassungsantrag in Bezug genommene Urteil des 10. Senats vom 25. Januar 2013 - 10 A 2269/10 -, BauR 2013,1239 = juris Rn. 99 ff. Auch dort wird ausgeführt, dass Festsetzungen eines Bebauungsplans zur überbaubaren Grundstücksfläche im Regelfall keine nachbarschützende Wirkung zukommt, weil diese Festsetzungen wegen ihrer vorrangig städtebaulichen Ordnungsfunktion öffentlichen Belangen dienen und nicht dem Nachbarschutz. Ob eine planerische Festsetzung neben ihrer städtebaulichen Ordnungsfunktion ausnahmsweise nachbarschützende Wirkung hat - heißt es weiter - ist im jeweiligen Einzelfall aus dem Inhalt und der Rechtsnatur der Festsetzung, der Planbegründung und den übrigen Umständen im Wege der Auslegung zu ermitteln.
14Auch der beschließende Senat hat sich in jüngerer Zeit in seinen Beschlüssen vom 8. Mai 2013 - 2 A 1715/12 -, S. 4 des amtlichen Umdrucks, und vom 2. August 2012 ‑ 2 B 851/12 -, S. 7 des amtlichen Umdrucks, auf diesen Standpunkt gestellt
15Warum dieser in ständiger Rechtsprechung etablierte und zudem ausgewogene Prüfungsansatz im vorliegenden Fall zu einer anderslautenden Entscheidung führen müsste, legt der Zulassungsantrag nicht dar. Mit dem Willen des Plangebers setzt er sich nicht im Einzelnen auseinander. Seine Ausführungen zielen vielmehr darauf, das auch von dem Verwaltungsgericht angewandte Regel-Ausnahme-Schema grundsätzlich zu revidieren.
16Allerdings zeigt der Zulassungsantrag trotz des Verweises auf den Beschluss des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 9. März 1995 - 3 S 3321/94 -, BRS 57 Nr. 211 = juris Rn. 6, sowie den Beschluss des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts vom 3. Mai 1994 - Bs II 18/94 -, BRS 56 Nr. 155 = juris Rn. 9, nicht auf, dass eine derartige Revision nunmehr vorgenommen werden müsste.
17Falls ein Plangeber durch die Bestimmung von Baugrenzen und Baulinien faktisch einzuhaltende Grenzabstände festsetzte und er damit explizit denselben nachbarschützenden Zweck verfolgte wie die Abstandsflächenbestimmung des § 6 BauO NRW, würde dies auch nach der hier vertretenen Auffassung (ausnahmsweise) zur Annahme einer nachbarschützenden Wirkung hinterer Baugrenzen führen. Jedoch ist es vor dem Hintergrund der generell nur objektiven städtebaulichen Funktion von Maßfestsetzungen nach §§ 16 ff. BauNVO und von Festsetzungen zur überbaubaren Grundstücksfläche gemäß § 23 BauNVO auch aus Gründen des Nachbarrechtsschutzes nicht gerechtfertigt, einen solchen Planungswillen in jedweder Planungssituation systemwidrig zu fingieren und so der Sache nach den Gebietsgewährleistungsanspruch über die Festsetzungen zur Art der baulichen Nutzung hinaus zu erweitern. Lücken im baurechtlichen Nachbarschutzsystem entstehen dadurch nicht. Die im Zulassungsantrag thematisierten verschiedenen nachbarlichen Interessen, die auch im Hintergrund des § 6 BauO NRW stehen, bleiben - wie das Verwaltungsgericht gesehen hat - ungeachtet der Reichweite des Nachbarschutzes in Festsetzungen eines Bebauungsplans im Rahmen der Befreiungsentscheidung nach § 31 Abs. 2 BauGB zu beachten.
18Dass das Verwaltungsgericht die nachbarlichen Interessen des Klägers bei der Überprüfung der Befreiung verkannt hätte, macht der Zulassungsantrag nicht deutlich.
19Seine Bewertung, die negativen Auswirkungen des Vorhabens der Beigeladenen gingen nicht über das Maß des Zumutbaren hinaus, hat das Verwaltungsgericht, das die Örtlichkeit im Rahmen eines Ortstermins am 13. Dezember 2012 in Augenschein genommen hat, nachvollziehbar damit begründet, das Vorhaben halte in Richtung auf das Grundstück des Klägers bezüglich des Hauptgebäudes die nach § 6 BauO NRW geforderten Abstandflächen ein. Der Carport sei mit den geplanten Maßen nach § 6 Abs. 11 BauO NRW an der Grenze zulässig. Die Bebauung des Grundstücks der Beigeladenen rücke auch durch die rückwärtige Balkonanlage nicht unzumutbar nah an das Grundstück des Klägers heran. Die Balkonanlage befinde sich nur vor dem Erdgeschoss des Vorhabens der Beigeladenen und erreiche damit - bedingt durch die Hängigkeit des Geländes - nur etwa eine Geschosshöhe über dem vorhandenen Geländeniveau. Sie sei überdies nicht in Richtung auf das Grundstück des Klägers, sondern nach Nordosten gelegen. Unzumutbare Einsichtsmöglichkeiten auf das Grundstück des Klägers eröffne sie nicht. Mit solchen Einsichtnahmemög-lichkeiten sei in einem bebauten innerstädtischen Gebiet ohnehin allgemein zu rechnen sei. Aus entsprechenden Gründen komme die Annahme einer Verletzung des Rücksichtnahmegebots nicht in Betracht.
20Dem setzt der Zulassungsantrag nichts Substantielles entgegen.
21Er beschränkt sich im Zusammenhang mit der nachbarschützenden Wirkung hinterer Baugrenzen auf allgemeine Ausführungen zum Sinn und Zweck des Abstandsflächenrechts und macht im Übrigen geltend, genehmigt sei eine Balkonanlage, die einen vollständigen Überblick, gleichsam wie von einem Aussichtsturm, auf das Grundstück des Klägers ermögliche. Woran der Zulassungsantrag diese Einschätzung abgesehen von dem Ausmaß der Überschreitung der Baugrenze konkret anknüpft und wie er sie im Kontext des § 31 Abs. 2 BauGB gewichtet, legt er nicht offen.
222. Die Berufung ist nicht gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 2 VwGO wegen der besonderen rechtlichen oder tatsächlichen Schwierigkeiten der Rechtssache zuzulassen.
23Dies wäre nur dann der Fall, wenn die Angriffe des Klägers gegen die Tatsachenfeststellungen oder die rechtlichen Würdigungen, auf denen das angefochtene Urteil beruht, begründeten Anlass zu Zweifeln an der Richtigkeit der erstinstanzlichen Entscheidung gäben, die sich nicht ohne Weiteres im Zulassungsverfahren klären ließen, sondern die Durchführung eines Berufungsverfahrens erfordern würden. Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Dass der Ausgang des Rechtsstreits in dem vorgenannten Sinn offen ist, lässt sich auf der Grundlage des Zulassungsvorbringens aus den unter 1. genannten Gründen nicht feststellen. Besondere rechtliche und tatsächliche Schwierigkeiten wirft die Sache auch ansonsten nicht auf. Die Frage der nachbarschützenden Wirkung hinterer Baugrenzen ist in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts geklärt.
243. Die Berufung ist nicht wegen der grundsätzlichen Bedeutung der Rechtssache gemäß § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO zuzulassen.
25Eine Rechtssache hat grundsätzliche Bedeutung, wenn sie eine im betreffenden Berufungsverfahren klärungsbedürftige und für die Entscheidung dieses Verfahrens erhebliche Rechts- oder Tatsachenfrage aufwirft, deren Beantwortung über den konkreten Fall hinaus wesentliche Bedeutung für die einheitliche Anwendung oder Weiterentwicklung des Rechts hat. Dabei ist zur Darlegung dieses Zulassungsgrundes die Frage auszuformulieren und substantiiert auszuführen, warum sie für klärungsbedürftig und entscheidungserheblich gehalten und aus welchen Gründen ihr Bedeutung über den Einzelfall hinaus zugemessen wird.
26Diesen Anforderungen wird das Zulassungsvorbringen nicht gerecht. Die von ihm aufgeworfene Frage,
27„ob rückwärtige Baugrenzen regelmäßig nachbarschützende Wirkung haben und die Behörde im Einzelfall den Nachweis zu führen hat, dass entsprechende Festsetzungen ausschließlich städtebauliche Gründe haben“,
28muss nicht erst in einem Berufungsverfahren beantwortet werden. Sie ist, dies sei wiederholt, anhand der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und des beschließenden Gerichts zu verneinen. Einen weitergehenden Klärungsbedarf lässt der Zulassungsantrag in Anbetracht dessen auch unter dem Gesichtspunkt vereinzelter divergierender Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts nicht hervortreten.
294. Der Kläger legt schließlich den Zulassungsgrund der Divergenz gemäß § 124Abs. 2 Nr. 4 VwGO nicht dar.
30Hierzu muss ein die angefochtene Entscheidung tragender abstrakter, aber inhaltlich bestimmter Rechtssatz aufgezeigt werden, der zu einem ebensolchen Rechtssatz in einer Entscheidung eines der in der Vorschrift genannten Gerichte in Widerspruch steht.
31Einen solchen Rechtssatz benennt der Kläger nicht. Divergenzfähig sind nur die Entscheidungen des im Instanzenzug übergeordneten Berufungsgerichts, hier also des beschließenden Gerichts.
32Vgl. Seibert, in: Sodan/Ziekow VwGO, 3. Auflage 2010, § 124 Rn. 162, m. w. N.
33Der Kläger beruft sich jedoch nur auf abweichende Entscheidungen des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg und des Hamburgischen Oberverwaltungsgerichts.
34Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154 Abs. 2, 162 Abs. 3 VwGO.
35Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 47 Abs. 1 und 3, 52 Abs. 1 GKG.
36Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5 in Verbindung mit § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
37Mit der Ablehnung des Zulassungsantrags ist das Urteil des Verwaltungsgerichts rechtskräftig (§ 124 a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.
(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.
(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.
(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.