Verwaltungsgericht Köln Urteil, 18. Okt. 2016 - 14 K 5619/15
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist wegen der Kosten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des jeweils zu vollstreckenden Betrages vorläufig vollstreckbar.
1
Tatbestand
2Die Klägerin ist Eigentümerin u.a. des Grundstücks mit den postalischen Adressen „B. -G. -Straße 0 / G1. Straße 000“ in U. , das ihr als Alleinerbin ihres am 30. Dezember 2011 verstorbenen Ehemanns zufiel. Das Eigentum wurde auf die Klägerin am 11. April 2012 umgeschrieben.
3Das Grundstück wurde etwa im Jahr 1965 mit einem als Eckbebauung beidseitig angebauten Wohn- und Geschäftshaus bebaut. In dem Gebäude befinden sich 69 Wohnungen, fünf Ladenlokale und eine Gaststätte. Das Haus hat sieben Geschosse und ist unterkellert. Am 25. Februar 1977 erwarb der Erblasser das Gebäude für einen Betrag in Höhe von 2.005.000,- DM (entsprechend 1.025.140,22 EUR) durch Zuschlag in der Zwangsversteigerung. Der Wert des Objektes ist im Erbschaftssteuerbescheid vom 9. August 2013 mit 3.214.773,- EUR beziffert.
4Die Beklagte betreibt die öffentliche Abwasserbeseitigungsanlage.
5Im Kellergeschoss wurden Vernässungen infolge Grundwassereintritts festgestellt, so dass Pumpensümpfe installiert werden mussten. Noch der Erblasser veranlasste, dass das abgepumpte Grundwasser in die öffentliche Kanalisation eingeleitet wurde. Spätestens 2008 stellte die Beklagte fest, dass Grundwasser in die öffentliche Kanalisation gepumpt wurde, und wies den Erblasser darauf hin, dass die Entnahme und Einleitung von Grundwasser einer wasserrechtlichen Genehmigung des Rhein-Sieg-Kreises als Untere Wasserbehörde bedürfe und dass die Einleitung von Drainage- oder Grundwasser ins öffentliche Kanalnetz verboten sei. Zugleich forderte sie ihn auf, die Einleitung von Drainage- oder Grundwasser in das öffentliche Kanalnetz zu unterbinden. Unabhängig davon würden Abwassergebühren für die Einleitung anfallen, so dass dem Erblasser aufgegeben wurde, die betriebenen Pumpen mit geeigneten Zählern auszurüsten. Die vier Wasserzähler wurden im Januar 2011 eingebaut.
6In der Folgezeit wurden von mehreren Büros Alternativen zur Lösung der Grundwasserproblematik geprüft. Eine Versickerung erwies sich als technisch unmöglich. Die Ableitung des geförderten Grundwassers mit einer Druckrohrleitung in die nahegelegene Agger wurde infolge behördlicher Bedenken nicht weiterverfolgt. Als einzige Variante verblieb eine bauliche Maßnahme zwecks dauerhafter Trockenlegung des Gebäudes (sog. „weiße Wanne“).
7Mit Datum vom 22. Dezember 2010 hatte die Beklagte für die Einleitung von Grund- und Drainagewasser für den Monat November 2010 zwei Gebührenbescheide für das Haus in der G1. Str. 000 i.H.v. 23.760,-EUR und für das Haus in der B. -G. -Straße 0 i.H.v. 11.880,- EUR erlassen, gegen die der Erblasser Klage beim Verwaltungsgericht Köln erhoben hatte (14 K 49/11). Im Rahmen der mündlichen Verhandlung reduzierte die Beklagte die Forderung um jeweils 6.000 EUR, worauf die Klage im Übrigen zurückgenommen wurde.
8Im Oktober 2012 stellte die Klägerin beim Rhein-Sieg-Kreis einen Antrag auf Erteilung einer wasserrechtlichen Erlaubnis zur Entnahme von Grundwasser zwecks Bau- und Gebäudeerhaltung, welche antragsgemäß am 15. Januar 2013 erteilt wurde.
9Nach Anhörung erließ die Beklagte unter dem 23. September 2014 einen Gebührenbescheid für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 31. Dezember 2011 für die Einleitung von Grundwasser in Höhe von 298.536,15 EUR. Der Bescheid war mit keiner Rechtsbehelfsbelehrung versehen. Zu dessen Begründung ist ausgeführt, die Einleitung von Grundwasser sei gebührenpflichtig und der Gebührensatz ergebe sich aus den Regelungen der Abwassergebührensatzung. Die eingeleitete Menge sei über vier geeichte Zwischenzähler erfasst und im Rahmen der Anhörung von der Klägerseite der Höhe nach bestätigt worden.
10Die Klägerin zahlte am 2. Dezember 2014 auf die festgesetzte Gebührenforderung einen Teilbetrag in Höhe von 150.000,- EUR. Am 7. April 2016 überwies die Klägerin die Restsumme von 148.536,15 EUR.
11Nach Erteilung der bei der Unteren Wasserbehörde am 16. November 2014 beantragten wasserrechtlichen Erlaubnis zur bauzeitlichen Grundwasserentnahme (Baugrubenentwässerung) konnte die Einleitung des Grundwassers in das Kanalsystem der Beklagten am 21. Juli 2015 eingestellt werden. Die Beklagte ermittelte daraufhin die abschließenden Zählerstände an den vier angebrachten Pumpen.
12Mit Schreiben vom 12. Dezember 2014 beantragte die Klägerin bei der Beklagten, die Gebührenschuld aus dem Bescheid vom 23. September 2014 in Höhe von 148.536,15 EUR aus persönlichen und sachlichen Gründen zu erlassen. Zur Begründung trug sie vor, mit Ausnahme von Mieteinnahmen habe sie lediglich Einkünfte in Form von Rentenbezügen in Höhe von monatlich 369,64 EUR. Das betroffene Grundstück diene in Höhe von 1.022.583,70 EUR als Sicherheit für Kredite, die zum 31. Dezember 2013 eine offene Forderung von 2.242.045,09 EUR aufwiesen. Die steuerrechtlich relevanten Mieteinnahmenüberschüsse für alle ihr gehörenden Objekte (B. -N. -Straße 0 / G1. Straße 000 sowie G1. Straße 0-0) hätten 2010 bei ca. 220.000 EUR, 2011 bei ca. 280.000 EUR und 2012 bei ca. 140.000 EUR gelegen. Bezogen auf das Wirtschaftsjahr 2011 habe das Finanzamt ein zu versteuerndes Einkommen von 323.498,00 EUR ermittelt. Die streitige Gebührenforderung für dieses Jahr sei dabei noch unberücksichtigt. Die Verluste würden sich bereits durch die zwingend notwendigen Sanierungsmaßnahmen erhöhen. Diesbezügliche Kostenermittlungen würden sich auf 1.442.842,24 EUR belaufen. Es liege auch ein Fall sachlicher Unbilligkeit vor, da die Einnahmen aus den Objekten geringer seien als die Gebührenforderung, obwohl die Objekte vollständig vermietet seien. Zudem dürften die Objekte G1. Straße 0-0 in die Überlegungen gar nicht einbezogen werden, da es vorliegend nur um den Gebäudekomplex B. -N. -Straße 0 / G1. Straße 000 gehe.
13Auf Nachfrage der Beklagten ergänzte die Klägerin ihre Angaben und fügte weitere Unterlagen bei. Daraus ergebe sich, dass sie ihr gesamtes Vermögen als Sicherheit für den Bankkredit bereitstellen müsse, mit dem sie die Sanierung der Objekte bewerkstelligen könne. Der Einsatz des Vermögens zur Tilgung der Gebührenschuld scheide daher aus.
14Die Beklagte lehnte den Antrag der Klägerin mit Bescheid vom 8. September 2015 ab und führte zur Begründung aus, die Voraussetzungen für einen Erlass seien nicht gegeben. Die Klägerin sei nicht bedürftig, da ihre wirtschaftliche und persönliche Existenz durch die Versagung des Billigkeitserlasses nicht gefährdet sei. Abzustellen sei in einem ersten Schritt auf die gesamten Einkünfte der Klägerin. Maßgeblicher Zeitpunkt sei die Fälligkeit der Gebührenforderung im Oktober 2014. Entgegen der klägerischen Angaben sei nicht von negativen Einkünften auszugehen, sondern von Einkünften im Jahr 2014 von ca. 290.000 EUR. Der Abzug der getätigten Sanierungskosten und der Teilzahlung auf die Gebührenforderung sei nicht nachvollziehbar. Die Klägerin hätte diese Zahlungen über ihr Depot tätigen können. Die Aufnahme eines Zwischenkredits sei nicht notwendig gewesen. In einem zweiten Schritt seien auch die vorhandenen Vermögensverhältnisse zu beachten. Am 12. Januar 2015 habe allein das Kapitalvermögen aus dem Depot, den Mietkonten und dem Girokonto bei 1.120.895.89 EUR gelegen. Auch der Vergleich der vorhandenen Vermögenswerte im Verhältnis zu den Verbindlichkeiten zeige, dass die Klägerin nicht bedürftig sei. Eine sachliche Unbilligkeit liege ebenfalls nicht vor.
15Die Klägerin hat am 24. September 2015 Klage gegen den Gebührenbescheid vom 23. September 2014 erhoben und mit Schriftsatz vom 9. Oktober 2015 den Klageantrag um einen Hilfsantrag erweitert, mit dem sie den Antrag auf Teilerlass weiter verfolgt.
16Zur Begründung trägt sie vor, der Gebührenbescheid sei rechtswidrig bzw. die Beklagte sei verpflichtet, ihr die Gebührenforderung aus sachlichen und persönlichen Gründen zu erlassen.
17Der Gebührenbescheid sei rechtswidrig, da er sich auf eine nichtige Satzungsregelung stütze. Aus der Satzung, die den Gebührensatz an den Maßstab „m²“ knüpfe, ergebe sich nicht der Gebührensatz pro eingeleitetem und durch die Wasseruhren gemessenen m³. Für den Gebührenpflichtigen sei die tatsächlich berechnete Gebühr weder im Vorhinein noch im Nachgang ersichtlich. Eine Berechnung sei allenfalls mit Hilfsmitteln möglich.
18Es lägen auch persönliche Gründe für einen Erlass vor. Bezüglich ihrer Vermögensverhältnisse sei insbesondere zu berücksichtigen, dass sich die Baukosten der Sanierungsmaßnahmen seit dem letzten Stichtag am 12. Januar 2015 bereits mehrfach auf nunmehr über 2,8 Mio. EUR erhöht hätten, so dass ihre Verbindlichkeiten deutlich höher anzusetzen seien. Die teure Sanierung überfordere sie aber, da sie keine finanziellen Mittel habe, die Kosten hierfür aufzubringen. Sie habe erfolglos versucht, das streitgegenständliche Gebäude und ihr Wohnhaus zu verkaufen. Ohne Sanierung sei das streitgegenständliche Objekt wertlos. Dies ergebe auch das in Auftrag gegebene Sachverständigengutachten. Der im Bescheid über die Erbschaftssteuer angesetzte Wert des Objektes von 3.214.773,- EUR könne nicht richtig sei. Im Bescheid habe man vergessen, die wertmindernden besonderen Umstände zu berücksichtigen.
19Die Beklagte habe es rechtswidrig unterlassen, bei ihrem Antrag auf Teilerlass eine Gesamtschau der Einleitungsgebühren von 2011 bis 2015 vorzunehmen. Dies müsse zusätzlich noch erfolgen, um die Gesamtsituation besser zu verdeutlichen. Nach eigenen Berechnungen beliefe sich die Gesamtgebührenforderung der Beklagten für den Zeitraum vom 1. Januar 2011 bis 21. Juli 2015 auf 1.654.311,72 EUR.
20Sachlich Erlassgründe seien ebenfalls gegeben. So sei der Bemessungswasserstand seit der Errichtung des Objektes durchaus gestiegen. Außerdem hätte das Abpumpen enormer Mengen an Wasser zu einer Reduzierung der Grundwasserstände geführt. Ansonsten wäre der Wasserstand viel höher ausgefallen. Die hohen Grundwasserstände seien auf den Ausbau der Agger am sog. Aggerwehr im Jahr 2005 zurückzuführen. Ein naturnaher Ausbau des Einflussbereichs der Agger habe zu einer Verringerung der Fließgeschwindigkeit des abfließenden Wassers geführt.
21Die Klägerin beantragt,
22den Bescheid vom 23. September 2014 aufzuheben,
23hilfsweise,
24die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides vom 8. September 2015 zu verpflichten, der Klägerin auf ihren Antrag die Gebührenschuld aus dem Bescheid vom 23. September 2014 in Höhe von 148.536,15 EUR zu erlassen.
25Die Beklagte beantragt,
26die Klage abzuweisen.
27Die Beklagte verteidigt die Bescheide und führt weiter aus, der Gebührenbescheid sei rechtmäßig. Sowohl der Gebührensatz als auch die Umrechnung der tatsächlich eingeleiteten Wassermenge (m³) in m² sei in der Satzung geregelt und deshalb bestimmt genug.
28Persönliche Erlassgründe lägen nicht vor, da sie nicht erlassbedürftig sei. Vielmehr sei von einem Grund- und Kapitalvermögen in Höhe von 10.364.855,99 EUR und Verbindlichkeiten in Höhe von 5.043.873,28 EUR auszugehen. Bei der Betrachtung der Erlassbedürftigkeit sei nicht nur auf das betroffene Grundstück, sondern auf alle Vermögensbestandteile abzustellen. Weiter gebe die Klägerin das Ergebnis des Gutachtens des Sachverständigen vom 16. März 2012 unvollständig wieder. Der Sachverständige habe den Ertragswert des Objektes in schadenfreiem Zustand durchaus mit 3.700.000,- EUR ermittelt. Auch im Erbschaftssteuerbescheid sei für das Objekt ein Wert von 3.214.773,- EUR angesetzt worden. Deshalb gehe der Beklagte davon aus, dass das Objekt nicht wertlos sei. Weiter dürfe keine Gesamtschau der Einleitungsgebühren von 2011 bis 2015 vorgenommen werden, weil es bei den Erlassvoraussetzungen auf den Zeitpunkt der Fälligkeit der jeweiligen Gebühr ankomme. Es müsse immer zuerst ein Gebührenbescheid erlassen werden, der die Fälligkeit einer Gebühr auslöse. Daran fehle es für die Veranlagungsjahre ab 2012. Die Verhandlungen mit dem Kaufinteressenten könnten auch deshalb gescheitert sein, weil die Klägerin einen zu hohen Preis verlangt habe.
29Auch sachliche Erlassgründe könnten nicht festgestellt werden. So sei die Konstruktion des Wohn- und Geschäftshauses in der B. -G. -Straße 0 / G1. Straße 000 von Anfang an fehlerhaft gewesen. Dies habe der Erblasser bei dessen Erwerb gewusst bzw. hätte wissen müssen. Die Maßnahmen an der Agger seien jedenfalls unerheblich, da diese bis in das Jahr 1900 (Errichtung der Aggerwehr) zurückgehen würden. Der dadurch entstandene Bemessungswasserstand hätte bereits bei Bau der Gebäude berücksichtigt werden können/müssen. Die Maßnahmen im Jahr 2005 hätten an diesem Bemessungswasserstand nichts geändert.
30Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der hiesigen Gerichtsakte sowie des Verfahrens 14 K 49/11 und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
31Entscheidungsgründe
32Die zulässige Klage ist unbegründet.
33Die mit dem Hauptantrag erhobene Anfechtungsklage ist unbegründet. Der Gebührenbescheid vom 23. September 2014 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten, § 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO).
34Der Bescheid beruht auf §§ 2, 3 Abs. 1 und 3, 5a i.V.m. Anlage 1 der Satzung der Beklagten über die Erhebung von Kanalanschlussbeiträgen, Abwassergebühren und Kostenersatz für Grundstücksanschlüsse vom 8. Juni 2006 (Abwassergebührensatzung –ABS–).
35Danach erhebt die Beklagte für die Einleitung von Grund- und Drainagewasser in die öffentliche Abwasseranlage eine Abwassergebühr, die von der eingeleiteten Wassermenge abhängig ist.
36§ 5a ABS ist entgegen der klägerischen Ansicht nicht nichtig. Allein die Tatsache, dass die Beklagte einen Umrechnungsfaktor für die Einleitung von Grund- und Drainagewasser (vgl. § 5a Abs. 3 ABS) für die Gebührenberechnung heranzieht, begründet keine Nichtigkeit. Hinsichtlich der Ausgestaltung des Gebührenmaßstabs kommt einer Gemeinde ein weiter Ermessensspielraum zu. Ein Gericht ist nicht befugt, eigene Zweckmäßigkeitserwägungen an die Stelle derjenigen der Gemeinde zu setzen. Die gerichtliche Prüfung ist vielmehr auf die Frage beschränkt, ob der von der Gemeinde gewählte Maßstab innerhalb des ihr eingeräumten Ermessensspielraums liegt. Die Grenzen dieses Ermessens sind erst überschritten, wenn der Maßstab seinen Zweck verfehlt, das Ausmaß der Inanspruchnahme sachgerecht abzubilden. Ein Maßstab ist nicht schon dann rechtswidrig, wenn er zwar einen sachgerechten Zusammenhang zwischen der Gebühr und der Art und dem Umfang der Inanspruchnahme herstellt, jedoch ein anderer Maßstab denkbar ist, der diesen Zusammenhang noch besser abbildet.
37Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 – Rn. 10; zitiert nach juris.
38Gemessen daran ist die Maßstabsbildung der Beklagten nicht zu beanstanden. Die Einleitung von Grund- und Drainagewasser in die öffentliche Abwasseranlage ist grundsätzlich untersagt und wird von der Beklagten nur in Ausnahmesituation geduldet. Von daher erübrigt sich eine eigene Gebührenbildung mit einer eigenen Gebührenkalkulation allein in Bezug auf die Einleitung von Grund- und Drainagewasser. Da das eingeleitete Wasser i.S.d. § 5a ABS mangels Reinigungsaufwands regelmäßig eher mit Niederschlagswasser nach § 5 ABS als mit Schmutzwasser nach § 4 ABS vergleichbar ist, ist eine entsprechende Verknüpfung naheliegend, auch wenn dies eine Umrechnung von m³ auf m² notwendig macht. Die Beklagte hat aufgrund vorliegender Niederschlagsmesswerte einen Umrechnungsfaktor zwischen eingeleitetem m³ und m² bebauter / befestigter Fläche ermittelt können, ohne dass die Klägerin diesen Ansatz in Zweifel ziehen konnte.
39Die Satzungsregelungen entsprechen dem rechtsstaatlichen Bestimmtheitsgebot (Art. 20 des Grundgesetzes –GG–). Dieses fordert, dass die Festlegungen von Gebührenmaßstab und Gebührensatz hinreichend bestimmt sind. Der Gebührenpflichtige muss dafür dem Wortlaut der Gebührensatzung zweifelsfrei entnehmen können, welcher Maßstab gelten soll, auf welche Weise die Gebühr berechnet wird und wie hoch die auf ihn entfallende Gebühr sein wird.
40Vgl. Verwaltungsgericht (VG) Köln, Urteil vom 17. März 2015 – 14 K 5993/13 – Rn. 34; zitiert nach juris.
41Diesen Anforderungen wird die Satzungsregelung des § 5a ABS gerecht. So steht die Gebühr in Abhängigkeit zur eingeleiteten Wassermenge, § 5a Abs. 1 und 2 ABS. Gleichzeitig wird der satzungsrechtliche Umrechnungsfaktor von 0,695 m³ = 1 m² festgelegt. Der entsprechende Gebührensatz findet sich in Anlage 1 der Satzung. Demnach ist die Berechnung der Gebühren (Wassermenge*0,695*1,30 EUR) ohne weiteres möglich.
42Der angegriffene Gebührenbescheid ist auch selbst hinreichend bestimmt.
43Ein Abgabenbescheid muss – wie jeder andere Bescheid – inhaltlich hinreichend bestimmt sein, § 12 Abs. 1 Nr. 3 lit. b des Kommunalabgabengesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (KAG NRW) i. V. m. § 119 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO). Danach muss ein Gebührenbescheid in seinem verfügenden Teil seinen wesentlichen Inhalt hinreichend deutlich erkennen lassen. Zum wesentlichen Inhalt eines Gebührenbescheids gehören nach § 12 Abs. 1 Nr. 4 lit. b KAG NRW i. V. m. § 157 Abs. 1 Satz 2 AO die Angaben über Art und Höhe der Abgabe sowie über deren Schuldner. Ein Verwaltungsakt ist dann nicht hinreichend bestimmt, wenn auch durch Auslegung dieser wesentliche Inhalt durch den Adressaten nicht festgestellt werden kann. Die Auslegung richtet sich nach dem objektiven Erklärungsinhalt der Regelung, wie ihn der Adressat nach den ihm zum Zeitpunkt der Bekanntgabe des Bescheids bekannten Umständen unter Berücksichtigung von Treu und Glauben verstehen konnte. Weil der Verwaltungsakt gemäß § 124 Abs. 1 Satz 2 AO mit dem bekanntgegebenen Inhalt wirksam wird, muss die Auslegung aber zumindest einen Anhalt in der bekanntgegebenen Regelung haben.
44Vgl. Bundesfinanzhof (BFH), Urteil vom 26. November 2009 – III R 67/07 – Rn. 22; zitiert nach juris.
45Unter Berücksichtigung dieser Auslegungsgrundsätze ist der Bescheid vorliegend hinreichend bestimmt. Ausreichend ist, dass aufgrund der im Bescheid angegebenen Berechnungsgrundlagen und dem festgesetzten Gesamtbetrag ohne weiteres und zweifelsfrei die entfallende Gebühr berechnet werden kann.
46Vgl. OVG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 12. April 2007 – 15 A 100/07 – Rn. 10; zitiert nach juris.
47Der Klägerin war aufgrund der vorausgegangenen Anhörung bekannt, dass Gebühren für die Einleitung von Grund- und Drainagewasser erhoben werden sollten. Die satzungsrechtliche Berechnungsmethode ist ebenfalls ausführlich erörtert und anhand der Satzungsregelungen nachvollziehbar. In Bezug auf die Berechnung „normaler“ Niederschlagswassergebühren ist lediglich eine weitere Multiplikation mit dem Umrechnungsfaktor notwendig.
48Dass die Klägerin im Übrigen für den fraglichen Zeitraum 2011 und für eine eingeleitete Menge von 159.645 m³ gebührenpflichtig ist, ist zu Recht zwischen den Beteiligten dem Grunde nach unstreitig.
49Der hilfsweise gestellte, zulässige Verpflichtungsantrag ist unbegründet, da der Verwaltungsakt vom 8. September 2015 rechtmäßig ist. Die Beklagte hat den Erlassantrag rechtsfehlerfrei, insbesondere ohne Ermessensfehler abgelehnt, vgl. § 113 Abs. 5 Sätze 1 und 2 VwGO.
50Vgl. zur Statthaftigkeit des Antrags: BFH, Urteil vom 27. September 2001 – X R 134/98 – Rn. 17; zitiert nach juris.
51Die Klägerin hat keinen Anspruch auf einen (Teil-) Erlass ihrer Gebührenschuld für das Jahr 2011 nach § 12 Abs. 1 Nr. 5 lit. a) KAG NRW i.V.m. § 227 AO, da deren Voraussetzungen nicht vorliegen. Auf die satzungsrechtliche Billigkeits- und Härtefallregelung in § 26 ABS muss nicht abgestellt werden, da diese ihrem Regelungsgehalt nach nicht über die gesetzlichen Erlassgründe hinausgeht.
52Nach § 227 AO können Ansprüche ganz oder zum Teil erlassen werden, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre. Die Unbilligkeit kann auf persönlichen oder sachlichen Gründen beruhen. Die Entscheidung, ob und in welchem Ausmaß eine solche Maßnahme geboten ist, hat die Beklagte nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen.
53Vgl. zur insoweit gleichen Rechtslage nach § 131 RAO, Gemeinsamer Senat der Obersten Gerichtshöfe des Bundes, Beschluss vom 19. Oktober 1976 – GmS-OGB 3/70 – Rn. 21 ff.; zitiert nach juris.
54Daher kann die hier von der Beklagten getroffene Entscheidung nur nach den für die Überprüfung behördlicher Ermessensentscheidungen maßgeblichen Grundsätzen nachgeprüft werden.
55Vgl. OVG NRW, Urteil vom 7. Mai 1980 – 2 A 1748/79 – Rn. 9; zitiert nach juris.
56Maßgebender Zeitpunkt für die gerichtliche Prüfung einer Entscheidung über einen Antrag auf Erlass aus Billigkeitsgründen ist dabei der Zeitpunkt der Entscheidung der Behörde. Dies beruht auf der Erwägung, dass die Entscheidung über einen Billigkeitserlass – wie gezeigt – eine Ermessensentscheidung ist und die Rechtmäßigkeit einer Ermessensausübung nur von Tatsachen und Verhältnissen abhängen kann, die im Zeitpunkt der Behördenentscheidung vorgelegen haben. Anträge auf Erlass aus Billigkeitsgründen sind deshalb danach zu beurteilen, ob sich aus der Sicht der Verhältnisse im Zeitpunkt der letzten Verwaltungsentscheidung die Entrichtung der Gebühr nach den wirtschaftlichen und persönlichen Verhältnissen des Schuldners im Zeitpunkt der Gebührenentrichtung als damals nicht zumutbar darstellte.
57Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 42.88 – Rn. 34; OVG NRW, Urteil vom 14. Dezember 2010 – 14 A 121/10 – Rn. 34 m.w.N.; zitiert jeweils nach juris.
58Insoweit ist auf die am 8. September 2015 (Ablehnungsbescheid) bekannten Umstände zum Zeitpunkt der Fälligkeit der Gebühren am 30. Oktober 2014 (ein Monat nach Zustellung gegenüber dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin, vgl. § 7 Abs. 1 Satz 2 des Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen) abzustellen.
59Gründe für eine persönliche Unbilligkeit sind nicht gegeben. Die Erhebung einer Gebühr ist aus persönlichen Gründen unbillig, wenn der Gebührenpflichtige erlassbedürftig ist. Eine Erlassbedürftigkeit liegt vor, wenn die Erhebung der Gebühr die Fortführung der persönlichen wirtschaftlichen Existenz gefährdet, das heißt wirtschaftlich existenzgefährdend oder existenzvernichtend wirken würde. Gefährdet ist die wirtschaftliche Existenz, wenn ohne Billigkeitsmaßnahmen der notwendige Lebensunterhalt vorübergehend oder dauernd nicht mehr bestritten werden kann.
60Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 42/88 – Rn. 31; OVG NRW, Urteil vom 28. Februar 2011 – 14 A 451/10 – Rn. 29; Beschluss vom 2. Februar 2011 – 14 E 1202/10 – Rn. 5; zitiert jeweils nach juris.
61Weiter wird vorausgesetzt, dass der Gebührenschuldner alle zumutbaren Schritte unternommen hat, um die Gebührenschulden zu tilgen. Dabei ist er grundsätzlich gehalten, zur Zahlung seiner Schulden nicht nur alle verfügbaren Mittel einzusetzen, sondern auch seine Vermögenssubstanz anzugreifen. Das gilt insoweit, als die Verwertung der Vermögenssubstanz nicht die Vernichtung der wirtschaftlichen Existenz des Pflichtigen zur Folge hätte. Dem Pflichtigen müssen wenigstens diejenigen Mittel belassen bleiben, die ein Bestreiten einer bescheidenen Lebensführung gewährleisten.
62Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. August 1990 – 8 C 42/88 – Rn. 33, zitiert nach juris.
63Auf der anderen Seite ist zu beachten, dass ein Erlass in einer Situation, in der der Abgabenpflichtige unabhängig von Billigkeitsmaßnahmen in wirtschaftlichen Verhältnissen lebt, die eine Durchsetzung von Ansprüchen aus dem Abgabenschuldverhältnis ausschließen, nicht (mehr) in Betracht kommt. Denn ein Erlass wäre aus diesem Grund nicht mit einem wirtschaftlichen Vorteil für den Abgabenpflichtigen verbunden. Ein persönlicher Billigkeitserlass setzt immer voraus, dass er sich auf die wirtschaftliche Situation des Abgabenpflichtigen noch konkret auswirken kann. Dies ist bei Überschuldung und Zahlungsunfähigkeit des Schuldners nicht mehr gegeben.
64Vgl. BFH, Urteil vom 27.September 2001 – X R 134/98 – Rn. 24 m.w.N.; zitiert nach juris.
65Gemessen daran liegen keine persönlichen Gründe für eine Unbilligkeit vor. Zunächst ist dabei zu berücksichtigen, dass auch bei grundstücksbezogenen Gebührenforderungen alle vorhandenen Einkünfte und Vermögenswerte des Gebührenpflichtigen heranzuziehen sind. Eine Reduzierung auf eine objektsbezogene Saldierung widerspricht der gesetzlichen Intention eines Erlasses. In die Gesamtbewertung, ob die Klägerin durch die Gebührenforderung in ihrer wirtschaftlichen Existenz bedroht ist, sind demnach alle laufenden Einkünfte, Vermögenswerte und Verbindlichkeiten einzubeziehen. Es kommt nicht allein auf die wirtschaftliche Wertigkeit des Objekts „B. -G. -Straße 0 / G1. Straße 000“ an. Entgegen der klägerischen Ansicht sind auch nur die bisher festgesetzten Gebühren für das Jahr 2011 als zu erlassende Forderung einzubeziehen. Offene, bisher nicht festgesetzte Gebührenforderungen bleiben unberücksichtigt und können ggf. Gegenstand zukünftiger Erlassverfahren sein. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut des § 227 AO, der von Ansprüchen aus dem Steuerschuldverhältnis spricht, die eingezogen werden sollen. Gebührenforderungen, die die Beklagte noch gar nicht festgesetzt hat, sind kein Bestandteil des Gebührenschuldverhältnisses zwischen Klägerin und Beklagter und können vor allem nicht eingezogen werden.
66Bereits nach den klägerseits mit anwaltlichem Schriftsatz vom 8. Juli 2015 der Beklagten vorgelegten Vermögenswerte ist eine Existenzgefährdung der Klägerin durch eine (zwischenzeitlich gezahlte) Gebührenforderung in Höhe von 148.536,15 EUR nicht erkennbar. Dabei kann zu Gunsten der Klägerin durchaus unterstellt werden, dass das streitgegenständliche Objekt zum maßgeblichen Zeitpunkt einen Verkehrswert von 0 EUR aufwies. Denn nach eigenen Angaben verfügte die Klägerin zum Stichtag 12. Januar 2015, welcher nah am Fälligkeitszeitpunkt liegt, über weitere Immobilienwerte in Höhe von 5.320.000 EUR, Guthaben auf diversen Konten in Höhe von 1.020.895,89 EUR und einen Anspruch aus einer Lebensversicherung in Höhe von 323.960,10 EUR. Insgesamt ergibt dies einen Vermögenswert von mindestens 6.664.855,99 EUR. Dem stehen jedoch nicht wie klägerseits vorgetragen Verbindlichkeiten in Höhe von 6.178.546,75 EUR gegenüber. Dieser Wert ist auf jeden Fall um 900.000 EUR zu reduzieren, da die noch nicht festgesetzten Gebührenforderungen nicht in die Berechnung mit einfließen dürfen. Weiter ist die Berücksichtigung der potentiellen Sanierungskosten (2.135.902,47 EUR) bei gleichzeitiger „0 EUR-“ Wertsetzung des zu sanierenden Objekts auf der Vermögensseite nicht nachvollziehbar. Im Ergebnis führt dies zu einer ungerechtfertigten Doppelberücksichtigung, da die Sanierungskosten ja gerade die Werthaltigkeit des Objekts wiederherstellen sollen.
67Allein durch die Berücksichtigung der nicht festgesetzten Gebühren stand der Klägerin zum Stichtag 12. Januar 2015 ein Reinvermögen von mindestens 1.386.309,24 EUR zur Verfügung. Ob die Klägerin zudem alle Möglichkeiten ergriffen hat, ihre Immobilien und Ansprüche aus der Lebensversicherung als Kreditsicherheiten einzusetzen, hat diese ebenfalls nicht umfassend belegt. Allein durch die vorhandenen Barmittel auf den Konten (1.020.895,89 EUR) war die Tilgung der streitigen Gebührenforderung möglich, ohne die wirtschaftliche Existenz der Klägerin derart zu gefährden, dass nicht einmal eine bescheidene Lebensführung für sie möglich war. So belief sich allein die Höhe des Depots auf über 800.000 EUR, wobei das Depot lediglich in Höhe von 400.000 EUR als Sicherheit diente.
68Sachliche Gründe für eine Unbilligkeit liegen ebenfalls nicht vor. Solche liegen nur vor, wenn nach dem erklärten oder mutmaßlichen Willen des Normgebers angenommen werden könnte, dass die Besteuerung nach dem Gesetz zu einem vom Gesetzgeber offensichtlich nicht gewollten Ergebnis führt. Dies ist dann der Fall, wenn der Normgeber die im Billigkeitsweg zu entscheidende Frage, hätte er sie geregelt, im Sinne der Billigkeitsmaßnahme entschieden hätte. Hingegen darf ein Billigkeitserlass nicht gewährt werden, um ein vom Gesetzgeber zulässigerweise gewolltes oder in Kauf genommenes Ergebnis abzuwenden.
69Vgl. BVerwG, Urteile vom 29. September 1982 – 8 C 49.82 – Rn. 21, und vom 4. Juni 1982 – 8 C 106.81 – Rn. 19; zitiert jeweils nach juris.
70Gemessen daran liegen keine sachlichen Gründe für einen Unbilligkeitserlass vor. Die grundsätzliche Gebührenpflicht bei Inanspruchnahme einer öffentlichen Abwasseranlage ergibt sich aus § 2 Abs. 1 KAG NRW i.V.m. § 2 Abs. 1 ABS. Ausdrücklich gilt dies für die Einleitung von Grund- und Drainagewasser, dessen Einleitung nach § 7 Abs. 2 Nr. 11 der Entwässerungssatzung grundsätzlich verboten ist und allenfalls von der Beklagten geduldet wird, vgl. § 5a ABS.
71Soweit die Klägerin in diesem Zusammenhang den Ausbau der Agger als mitursächlich für die Notwendigkeit der Einleitung von Grundwasser hält, dringt sie damit nicht durch. Die Beklagte, soweit ihr überhaupt eine Mitverantwortlichkeit an den örtlichen Gegebenheiten unterstellt werden kann, konnte überzeugend dokumentieren, dass die Agger bereits vor der Errichtung der streitgegenständlichen Gebäude aufgestaut wurde und der Grundwasserspiegel seit Jahren nahezu unverändert ist. Auch im Verfahren 14 K 49/11 trug der damals klagende Erblasser vor, dass bereits bei Eigentumsübergang auf ihn Pumpensümpfe im Kellergeschoss vorhanden gewesen seien. Dies belegt, dass bereits zum damaligen Zeitpunkt Grundwasser eingedrungen war.
72Eine sachliche Unbilligkeit liegt im Ergebnis nicht darin, dass die Beklagte ihr Abwassersystem der Klägerin zur Verfügung stellt, damit diese Schäden von ihrem Eigentum abwenden kann, und gleichzeitig für diese Leistung eine Gebühr verlangt.
73Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
74Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckung der Kostenentscheidung beruht auf § 167 VwGO i.V.m. § 709 der Zivilprozessordnung (ZPO).
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Urteil einreichenVerwaltungsgericht Köln Urteil, 18. Okt. 2016 - 14 K 5619/15 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Tenor
Der Gebührenbescheid der Beklagten vom 9. September 2013 (Kassenzeichen 000.000.000.000, E. -N. Str. 000) wird aufgehoben.
Die Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
1
Tatbestand
2Die Klägerin wendet sich gegen den Grundbesitzabgabenbescheid für das Veranlagungsjahr 2013, mit dem Mehrgebühren für sog. „nachsortierte“ Restmülltonnen festgesetzt werden.
3Die Klägerin ist ein Wohnungsbauunternehmen, in deren Eigentum eine große Mietwohnanlage im Kölner Stadtgebiet steht. Um Missständen bei der Abfallbeseitigung zu begegnen, nimmt die Klägerin für die Mietwohnanlage sog. Abfallmanagement-Dienstleistungen in Anspruch. Dazu gehören neben Beratungen zur Abfallvermeidung und -trennung vor allem die sog. Vor-Ort-Korrekturen von Fehlbefüllungen (sog. Nachsortierungen). Dabei werden Fehlwürfe aus den Restmülltonnen ausgesondert und den vorgesehenen Behältnissen zugeführt. Dadurch können die Restmülltonnenvolumina reduziert und damit Restmüllgebühren eingespart werden. Die Grundstücke der Klägerin sind an die öffentliche Abfallentsorgung der Beklagten angeschlossen.
4Die Beklagte betreibt die Abfallentsorgung in ihrem Gebiet nach Maßgabe der Gesetze und der Abfallsatzung als öffentliche Einrichtung. Mit der Erfüllung der Aufgaben hat die Beklagte die AWB Abfallwirtschaftsbetriebe Köln GmbH & Co. KG (hiernach: AWB) beauftragt. U.a. für Haushalte und sonstige zur Grundstücksnutzung berechtigte Grundstückseigentümer besteht ein Anschluss- und Benutzungszwang (§ 6 Abs. 1 Abfallsatzung (AbfS). Entsorgt werden u.a. Abfälle zur Beseitigung aus privaten Haushaltungen und Abfälle zur Verwertung aus privaten Haushaltungen (§ 3 Abs. 1 AbfS). Zugelassene Abfallgefäße sind Restmülltonnen – mit einem Fassungsvermögen von 60 l, 70 l, 80 l, 110 l, 120 l, 180 l, 240 l, 500 l, 660 l, 770 l, 1.100 l, 3.000 l und 5.000 l, (§ 9 Abs. 1 Nr. 1 AbfS).
5Zur Deckung des Aufwandes für die Entsorgung von Abfällen werden u.a. von den Grundstückseigentümern Benutzungsgebühren erhoben (§ 1 Abfallgebührensatzung (AbfGS)). Gem. § 1 Abs. 1 S. 4, 5 AbfGS „werden [die Gebühren] nach einemmodifizierten Volumenmaßstab erhoben, der auf die Größe des in Anspruch genommenen Restmüllgefäßes abstellt. Dabei werden in der Gebührenberechnung die Erfahrungswerte für das Verhältnis von Gewicht und Volumen jeder Behältergröße zu Grunde gelegt“. Gem. § 1 Abs. 5 AbfGS werden für „die Entsorgung von Bioabfällen über die Biotonne, Papier/Pappe über die Blaue Tonne gem. § 9 Abs. 1 AbfS, sperrigen Abfällen gem. § 13 AbfS sowie Schadstoffe enthaltenden Abfällen gem. § 15 AbfS... separate Gebühren nicht erhoben; die Kosten hierfür sind, mit den nach § 2 Absätze 1, 2, 5 und 7 erhobenen Gebühren (Gebühren für die Restmülltonne) abgegolten“.
6Die im Satzungstext angesprochenen „Erfahrungswerte für das Verhältnis von Gewicht und Volumen jeder Behältergröße“ basieren auf der im Auftrag der Beklagten durchgeführten Hausmüllanalyse des Instituts für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management GmbH (INFA) vom Oktober 2008 (hiernach: HMA 2008).
7Für das Veranlagungsjahr 2010 änderte die Beklagte ihre damalige Abfallsatzung (AbfS 2009) dahingehend, dass das Aussortieren von Wertstoffen/sperrigen Abfällen aus Abfallbehältern und die Verwendung von Müllschleusen für zulässig erklärte und eine Anzeigepflicht für die genannten Maßnahmen vorsah. § 11 Abs. 6c) AbfS 2009 enthielt die Bestimmung, dass sie die oben genannten Maßnahmen zu Gebührenzuschlägen nach § 2 Abs. 18 bzw. Abs. 19 AbfGS 2009 führten. § 2 Abs. 19 AbfGS 2009 sah entsprechende Zuschläge für 240 l bis 1100 l Behälter vor, die sich auf 38% (240 l, 500 l, 660 l), 40% (770 l), 36% (1100 l) der regulären Gebühren beliefen (vgl. Anlage 10 zur Beschlussvorlage 4701/2009). Grundlage der Gebührenkalkulation war die Beschlussvorlage Nr. 4701/2009 zur Änderung der AbfGS in der Stadt Köln. Diese enthielt zu § 2 Abs. 19 AbfGS 2009 den Hinweis, dass die „Einführung einer Gebühr für nachsortierte Behälter... aus Gründen der Gebührengerechtigkeit analog des Zuschlages für Müllschleusen [erfolgt]. Der Gebührenzuschlag basiert auf einer repräsentativen Ermittlung von Raumdichten an ausgewählten Standorten des Institutes für Abfall, Abwasser und Infrastruktur-Management (INFA).“ Damit war auf die „Repräsentative Ermittlung von Raum- und Schüttgewicht des Restabfalls an ausgewählten Standorten in der Stadt Köln“ des INFA, zusammengefasst im Abschlussbericht 2009 (hiernach: INFA-Abschlussbericht 2009), Bezug genommen worden.
8Im Veranlagungsjahr 2010 wurden jedoch lediglich die Gebührenzuschläge für die Nutzung von Müllschleusen erhoben; von der Erhebung der Zuschläge für die Vor-Ort-Korrektur sah die Beklagte zunächst ab. Gegen die entsprechenden Gebührenbescheide, mit denen die Zuschläge für Müllschleusen festgesetzt wurden, wurde vor dem erkennenden Gericht Klage erhoben (14 K 992/10, 14 K 1033-1037/10). Im laufenden Gerichtsverfahren hob die Beklagte die angegriffenen Bescheide mit der Begründung auf, man habe die Erhebung der Müllschleusenzuschläge aufgegeben und das System umgestellt. Die gerichtlichen Verfahren wurden daraufhin für erledigt erklärt und eingestellt.
9Zwischenzeitlich hatte die Beklagte sowohl die maßgeblichen Bestimmungen über die Nachsortierung und die Nutzung von Müllschleusen als auch die entsprechende Gebührenstruktur in der AbfS und der AbfGS geändert. Die AbfS sieht nun in § 11 Abs. 6a) eine Genehmigungspflicht für das Sortieren von Abfällen vor. In der AbfGS wird auf die Bestimmung der noch in der AbfGS 2009 vorgesehenen Gebührenzuschläge verzichtet. Stattdessen sieht die AbfGS nunmehr erhöhte Gebührensätze für den Fall der Nutzung von Müllschleusen und Nachsortierungen (sog. „Mehrgebühren“) vor. Die Neufassungen der Satzungen traten erstmals für das Veranlagungsjahr 2011 in Kraft. In der maßgeblichen Beschlussvorlage des Rates Nr. 4367/2010 zur AbfS 2011 fand sich folgender Hinweis zur Sortierung von Abfällen bzw. zur Aufhebung des Gebührenzuschlages bei der Sortierung von Abfällen: „...In den letzten Jahren setzen Wohnungsgesellschaften immer häufiger Firmen zur Nachsortierung von Abfällen ein. Hiergegen bestehen seitens der Stadt Köln grundsätzlich keine Bedenken, da hierdurch mehr Wertstoffe wiederverwertet werden können. Allerdings ändert sich durch die Nachsortierung der ermittelte Dichtewert für die Großbehältnisse, der wiederum eine Grundlage der Gebührenermittlung ist. Wenn eine Nachsortierung stattfindet, wird der Dichtewert höher (d.h. es werden mehr Abfälle in den jeweiligen Behälter gefüllt), als wenn keine Nachsortierung stattfindet. Dies führt zu einer Gebührenungerechtigkeit.“
10Die für das vorliegende Verfahren maßgeblichen Gebührensätze gestaffelt nach den Behältervolumina für das Veranlagungsjahr 2013 wurden anhand der Gebührenkalkulation 2013 - Anlage 4 zur Beschlussvorlage 4218/2012 - festgesetzt. In Anlage 1 zur Beschlussvorlage 4218/2012 wird unter II.1. zur „Aktualisierung der Abfallgebührensätze“ folgendes ausgeführt: „In der Kalkulation der Abfallgebühren werden die Entsorgungskosten und die Nebenleistungen über das spezifische Gewicht des Mülls auf die Gebühr pro Behälter umgelegt; auf diese Weise wird das Maß der Inanspruchnahme der Abfallentsorgung berücksichtigt. Die Nachsortierung von Restmüllbehältern verändert die Abfallzusammensetzung und damit das spezifische Gewicht des Mülls signifikant und damit das Maß der Inanspruchnahme. Um eine dem gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip entsprechende Verteilung der Kosten sicherzustellen, ist diese signifikante Veränderung zu berücksichtigten. Die Stadt Köln hat daher anhand von repräsentativen Untersuchungen, die in 4 Erhebungskampagnen gewonnen wurden, ermitteln lassen, in welchem Maße sich die mittlere Raumdichte durch Nachsortierungen verändert. Hierbei ergaben sich folgende Verdichtungsfaktoren:
11• 500 Liter: 1,26
12• 660 Liter: 1,34
13• 770 Liter: 1,36
14• 1.100 Liter: 1,26.
15Um diesen Faktor wird in der Kalkulation der Abfallgebühren der Wert für die mittlere Raumdichte nicht nachsortierter Behälter erhöht. In § 2 Abs. 2 und 4 werden hierzu die Nummern 16 bis 19 neu aufgenommen... .“
16Die § 2 Abs. 2 Nr. 16-19 AbfGS 2012 sehen pro Kalenderjahr bei wöchentlich einmaliger Abfuhr folgende Gebührensätze vor:
17500 l-Behälter |
1.598,33 € |
660 l-Behälter |
1.893,87 € |
770 l- Behälter |
2.002,98 € |
1.100 l-Behälter |
2.761,68 € |
500 l-Behälter mit Müllschleuse |
1.693,94 € |
660 l-Behälter mit Müllschleuse |
2.123,35 € |
770 l- Behälter mit Müllschleuse |
2.391,18 € |
1.100 l-Behälter mit Müllschleuse |
3.258,89 € |
500 l-Behälter mit Nachsortierung |
1.850,41 € |
660 l-Behälter mit Nachsortierung |
2.295,46 € |
770 l- Behälter mit Nachsortierung |
2.458,11 € |
1.100 l-Behälter mit Nachsortierung |
3.239,77 € |
In der AbfS 2012 wurde zudem in § 12 Abs. 9 eine Zusatzleistung der AWB aufgenommen, wonach die AWB zur Verbesserung der Mülltrennung vor der Einsammlung Fehlbefüllungen in Restmüll- und Wertstoffbehältern der Größe 500 l bis 1.100 l korrigiert. Der Gebührensatz für eine Korrektur von Fehlbefüllungen (Nachsortierung) gem. § 12 Abs. 9 AbfS beträgt gem. § 2 Abs. 2a) AbfGS 2012 für ein Kalenderjahr 581,27 € bei einmal wöchentlicher Abfuhr pro Restmüllbehälter der Größe 500 l bis 1.100 l (§ 9 Abs. 1 Nr. 2 AbfS).
19Die Mehrgebührenfestsetzungen für Müllschleusen für die Veranlagungsjahre 2011, 2012 und 2013 wurden bereits zum Gegenstand gerichtlicher Verfahren vor dem erkennenden Gericht gemacht (14 K 4819/11, 14 K 1501/12 und 14 K 1606/13). Die Klagen wurden in der mündlichen Verhandlung zurückgenommen und die Verfahren eingestellt.
20Mit Grundbesitzabgabenbescheid vom 9. September 2013 zog die Beklagte die Klägerin zur Zahlung von Mehrgebühren für die nachsortierten Tonnen i.H.v. 478,09 Euro heran.
21Gegen den Gebührenbescheid vom 9. September 2013 hat die Klägerin am 2. Oktober 2013 Klage erhoben.
22Die Klägerin ist der Ansicht, die Erhebung der streitgegenständlichen Mehrgebühren sei rechtswidrig. Zunächst stellten sich diese als wirkungsgleiche Fortsetzung der mit der AbfGS 2009 eingeführten Gebührenzuschläge dar. Sowohl mit der Erhebung der Gebührenzuschläge als auch der Mehrgebühren werde gegen das Kostenüberschreitungsverbot des § 6 Abs. 1 S. 3 KAG NRW verstoßen. Bereits die Kalkulation der Gebührenzuschläge 2009 habe an Darlegungs- und Begründungsmängeln gelitten, weil die Kalkulation keine Mehraufwendungen für die Vor-Ort-Korrekturen aufgewiesen und der INFA Abschlussbericht 2009 keine geeignete empirische Grundlage für die angenommene Verdichtung des Behälterinhalts bei nachsortierten Behältern dargestellt habe. Das Kostenüberschreitungsverbot sei hinsichtlich der ursprünglichen Gebührenzuschläge missachtet worden, weil diese ohne Differenzierung zwischen gewichtsabhängigen und gewichtsunabhängigen Kosten auf die regulären Restmüllgebühren aufgeschlagen worden seien. Zudem seien Reduzierungseffekte, die durch die Nachsortierung entstünden, außer Acht gelassen worden. Es sei schließlich ungewiss gewesen, ob es durch die bloße Vor-Ort-Korrektur überhaupt zu Mehrkosten bei der Beklagten gekommen wäre.
23Die Darlegungs- und Begründungsmängeln setzten sich für die Erhebung der streitgegenständlichen Mehrgebühren fort. Es liege eine widersprüchliche Bewertung der Nachsortierung vor, wenn die Beklagte sie zum einen mit der Mehrgebühr sanktioniere und die Nachsortierung aber nunmehr als eigene Leistung anbiete. Es fehle zudem auch für die Berechnung und Erhebung der Mehrgebühren an einer empirischen Grundlage. Der Verweis in der Beschlussvorlage 4218/2012 zur AbfGS 2012 auf „4 Erhebungskampagnen“ genüge nicht; die behaupteten Verdichtungsfaktoren seien daher nicht hinreichend belegt. Es erfolge weiterhin keine notwendige Differenzierung zwischen gewichtsabhängigen und gewichtsunabhängigen Entsorgungskosten. Die Kalkulation der „normalen“ Gebühren sei bereits nicht nachvollziehbar und demnach lasse sich die Differenz zwischen den normalen und erhöhten Gebührensätzen nicht erklären. Auch lasse die Beklagte die positiven Effekte der Nachsortierung unberechtigterweise außer Betracht. Es fehle zudem auch weiterhin an der Darlegung, dass die Nachsortierung überhaupt zu Mehrkosten führe. Schließlich werde das Gebot der umfassenden Bilanzierung und Gesamtbewertung der ausgelösten abfallwirtschaftlichen Effekte missachtet; die Nachsortierung sei schließlich nur ein Faktor, der Einfluss auf die Raumdichte und den Füllgrad habe. Die Darlegungs- und Begründungsmängel der Kalkulation seien auch nicht durch den erst nachträglich bekannt gewordenen Ergebnisbericht „Repräsentative Ermittlung der Raumdichten des Restabfalls an ausgewählten Standorten in der Stadt Köln“ des INFA (hiernach: INFA-Ergebnisbericht 2012) behoben worden. Dieser biete bereits keine brauchbare empirische Basis, weil maßgebliche Hintergrundinformationen über die Erhebung nicht mitgeteilt würden und insbesondere Angaben über den Tag der Stichprobenentnahme (also kurz vor der Leerung oder in der „Mitte des Leerungszykluses“) nicht bekannt seien. Im INFA Ergebnisbericht 2012 sei zudem angegeben, es seien 45 Einzelwerte je Behältergröße überprüft worden, die Anzahl der 500 l Behälter in der Stadt Köln liege aber nur bei 19. Die genannten Begründungs- und Darlegungsmängel belegten aus den oben genannten Gründen zudem einen Verstoß gegen das Äquivalenzprinzip und das Gebot der Leistungsproportionalität. Vor allem werde aber mit der Mehrgebührenbelastung gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG verstoßen. Es sei nicht gerechtfertigt, eine Belastung mit Mehrgebühren erst für Tonnen ab 500 l einzufordern. Ein sachlicher Differenzierungsgrund liege jedenfalls nicht in der erhöhten Nutzungsintensität der betroffenen Behälter. Die von der Mehrgebühr nicht betroffenen Behältergrößen von 60 – 180 l, die überwiegend in 1-2 Personen- oder Familienhaushalten genutzt würden, würden wegen der dort stattfindenden Korrekturen und Zerkleinerungen ebenso intensiv genutzt wie große nachsortierte Tonnen. Eine Differenzierung anhand der Person, die die Kontrolle durchführt, sei zudem unzulässig. Das „Ob“ der Vor-Ort-Korrektur biete jedenfalls dann keinen Differenzierungsgrund, wenn die Basisgebühr bereits, wovon auszugehen sei, auf die maximale Nutzungsintensität ausgerichtet sei. Mit der Mehrgebühr würden die Nutzer nachsortierter Tonnen auch übermäßig hoch mit den Kosten der Querfinanzierung für die Biotonne, die „Zusatzleistung Abfallbeseitigung“, die Spermüllentsorgung usw. belastet. Einen Rechtfertigungsansatz für die Ungleichbehandlung lasse sich auch nicht aus abfallrechtlichen Lenkungszielen herleiten. Die erdrosselnde, abschreckende Wirkung der Mehrgebühr stehe im Widerspruch zur gesetzlich intendierten Entsorgungstätigkeit, die in der Verringerung des Abfallvolumens bestehe. Mit den Mehrgebühren werde schließlich gegen § 9 Abs. 2 S. 3 LAbfG NRW verstoßen, weil mit der Sanktionierung der Nachsortierung durch die Mehrgebühr der Anreiz zur Getrennthaltung von Abfällen verhindert werde. Schließlich weise auch die Gebührenkalkulation Mängel auf. Der modifizierte Volumenmaßstab als Wahrscheinlichkeitsmaßstab sei zwar zulässig, die Satzung selbst müsse aber eine Berechnungsformel enthalten, die das Verhältnis von Nennvolumen und Schüttgewicht festlege. Die Satzung sei daher zu unbestimmt, weil die Berechnung der Gebührensätze letztlich der normanwendenden Verwaltung überlassen werde. Zudem fehle der Kalkulation die Differenzierung zwischen mengenabhängigen und -unabhängigen Kosten. Im Übrigen sei die Kostenanlastung für die Quersubventionierung Biotonne, die „Zusatzleistung Abfallbeseitigung“, die Spermüllentsorgung usw. sachwidrig und sozial inadäquat.
24Die Klägerin beantragt,
25den Gebührenbescheid der Beklagten vom 9. September 2013 (Kassenzeichen 000.000.000.000, E. -N. Str. 000) aufzuheben.
26Die Beklagte beantragt,
27die Klage abzuweisen.
28Die Beklagte hält die Erhebung der Mehrgebühren für nachsortierte Restmüllbehälter für rechtmäßig. Die Mehrgebühren seien keine wirkungsgleiche Fortsetzung der inzwischen aufgegebenen Gebührenzuschläge. Die Bedenken, die gegen die Gebührenzuschläge bestanden hätten, seien nunmehr ausgeräumt worden. Alleiniges maßgebliches Prüfungskriterium für die Zulässigkeit des von der Beklagten gewählten Gebührenmaßstabs sei die Geeignetheit des Maßstabs bzw. Art. 3 Abs. 1 GG. Eine Äquivalenzstörung sei lediglich eine Folge einer fehlerhaften Maßstabsregelung; eine solche liege hier aber ohnehin nicht vor, weil die Gebührenanlastung ersichtlich nicht unangemessen sei. Das Gebot der Leistungsproportionalität könne nur dann missachtet werden, wenn für den Fall der Bildung von Teilleistungsbereichen der Gebührenschuldner mit Kosten für Leistungsbereiche in Anspruch genommen werde, die er nicht in Anspruch nehme, oder zu Unrecht keine Teilleistungsbereiche gebildet würden. Bei der Restmüllentsorgung handele sich aber um einen einheitlichen Leistungsbereich. Die Beklagte wende für die Kostenverteilung den modifizierten Volumenmaßstab als nach der Rechtsprechung zulässigen Wahrscheinlichkeitsmaßstab an. Dabei werde anhand des Nennvolumens der Behälter und der empirisch ermittelten Raumdichten die typische Tonnage der Restmüllgefäße berechnet. Die Ermittlung der Raumdichten sei durch die INFA in methodisch einwandfreier Weise erfolgt. Zweifel an der Belastbarkeit der empirisch ermittelten Daten durch das INFA seien nicht begründet. Für die nachsortierten Tonnen würden anhand der Raumdichtewerte Faktoren ermittelt, mit denen die Referenzwerte aus der HMA 2008 fortgeschrieben würden. Die so ermittelten Raumdichtewerte würden mit dem Nennwert der Tonne multipliziert und über die derart errechnete Äquivalenzziffer würden die tonnageabhängigen Kosten linear verteilt. Die Logistik- und Verwaltungskosten würden hingegen nach anderen Prinzipien verteilt. Ein Widerspruch zwischen dem Angebot der Nachsortierung durch die AWB und den Mehrgebühren bestehe nicht. Die Nachsortierungsgebühren seien schließlich keine Bestrafung, sondern Ausfluss des modifizierten Volumenmaßstabs. Für die Maßstabsbildung komme es schließlich auch nicht auf die Kostenverursachung an, sondern maßgeblich sei allein das Maß der Inanspruchnahme. Die Kosten, die nicht proportional der gewichteten Tonne zugeordnet werden könnten, wie Kosten für Logistik und Verwaltung, würden sogar unabhängig von der Raumdichte verteilt. Die zu erwartende Reduzierung des Gesamtbehältervolumens fließe auch in die Kalkulation ein, so dass Reduzierungseffekte berücksichtigt würden. Die fehlende Darlegung von Mehrkosten sei nicht erforderlich, weil es auf die Leistungs- und nicht auf die Kostenproportionalität ankomme. Die quantifizierbaren Effekte der Nachsortierung, wie die höhere Verdichtung und der Rückgang des in Anspruch genommenen Volumens, würden berücksichtigt. Es liege auch keine Ungleichbehandlung im Vergleich zu den Tonnen bis 240 l vor, weil schließlich bereits die HMA 2008 ergeben habe, dass die kleineren Behälter eine höhere Dichte aufwiesen. Die Nachsortierung führe dazu, dass für die Großbehälter eine mit den Kleinbehältern vergleichbare Nutzungsintensität bestehe. Es handele sich demnach um eine zulässige Maßstabsregelung, die keiner weiteren Rechtfertigungsansätze bedürfe. Auch vor dem Hintergrund der abfallrechtlichen Lenkungsziele sei die Mehrgebühr unbedenklich. Die Anreizwirkung solle sich beim Abfallerzeuger entfalten. Zielrichtung sei schließlich das Getrennthalten und nicht das nachträgliche Trennen. Quersubventionierungen lägen schon begrifflich nicht vor, da es sich vorliegend um eine Maßstabsregelung handele.
29Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und des beigezogenen Verwaltungsvorgangs ergänzend Bezug genommen.
30Entscheidungsgründe
31Die Klage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Bescheid ist rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 S. 1 VwGO).
32Zunächst ist darauf hinzuweisen, dass Prüfungsgegenstand im vorliegenden Verfahren alleine die mit der AbfGS 2012 für das Veranlagungsjahr 2013 eingeführten sog. Mehrgebühren für die nachsortierten Tonnen sind. Das System der zunächst ab dem Veranlagungsjahr 2010 vorgesehenen Gebührenzuschläge ist für die Betrachtung der heutigen Rechtslage entgegen der Ansicht der Klägerin unerheblich. Auch wenn die Mehrgebühren historisch gesehen eine Fortentwicklung der Gebührenzuschläge sein mögen, sind weder deren rechtliche Ausgestaltung noch deren rechtliche Grundlagen für die Überprüfung der Mehrgebühren relevant. Das System der Gebührenzuschläge sah vor, einen festgelegten Prozentsatz auf die Abfallgebühr pro Restmülltonne und damit auf die gesamten auf die Behälter verteilten gewichtsabhängigen und gewichtsunabhängigen Kosten der Abfallentsorgung aufzuschlagen. Die Mehrgebühren sind hingegen rechtlich nicht als generelle prozentuale Zuschläge ausgestaltet. Für die Erhebung der Mehrgebühren wurden vielmehr eigene zusätzliche Maßstabseinheiten gebildet und damit die vorhandene Maßstabsregelung weiter ausgebildet bzw. konsequenter angewendet. Die Ausführungen der Klägerin zu den Gebührenzuschlägen sind daher vorliegend nicht zielführend und bedürfen keiner weiteren Betrachtung.
33Die vorliegend angefochtenen Mehrgebühren (sowie die Abfallgebühren insgesamt) beruhen jedoch nicht auf einer ausreichenden satzungsrechtlichen Grundlage, weil die zu Grunde liegenden Gebührenmaßstäbe, die bei der Kalkulation 2013 zur Anwendung kamen, in der Satzung nicht hinreichend festgelegt wurden. Dies führt dazu, dass die in der Kalkulation für das Veranlagungsjahr 2013 ermittelten Gebührensätze je Behältergröße unwirksam sind.
34Nach § 2 Abs. 1 KAG NRW dürfen Benutzungsgebühren nur aufgrund einer Satzung erhoben werden, die u. a. den Maßstab und Satz der Gebühr regelt. Der Gebührenmaßstab stellt dabei die Bemessungsgrundlage dar, mittels derer der jeweilige Umfang der Inanspruchnahme der öffentlichen Einrichtung erfasst und der einrichtungsbezogene Aufwand auf die Benutzer der Einrichtung verteilt wird und die es ermöglicht, bei Anwendung des Gebührensatzes die konkrete Höhe der einzelnen Gebühr zu errechnen. Der Gebührensatz bezeichnet den durch die Gebührenkalkulation ermittelten und für die einzelne Maßstabseinheit zu zahlenden Geldbetrag.
35Vgl. zu Maßstab und Satz z.B. Schulte/Wiesemann, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, 51. Erg-Lief., Stand: Sep. 2014, § 6 Rn. 337.
36Das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot (Art. 20 GG) fordert dabei, dass die Festlegung von Gebührenmaßstab und Gebührensatz hinreichend bestimmt ist. Der Gebührenpflichtige muss dafür dem Wortlaut der Gebührensatzung zweifelsfrei entnehmen können, welcher Maßstab gelten soll, auf welche Weise die Gebühr berechnet wird und wie hoch die auf ihn entfallende Gebühr sein wird.
37Vgl. OVG Lüneburg, Urteil vom 29. März 1995 - 9 L 4417/94 -, juris; ebenso Lichtenfeld in: Driehaus, a.a.O., § 6 Rn. 720.
38Unvollständig und in der Folge unwirksam ist eine Gebührensatzung, die den Maßstab oder Elemente des Maßstabs nicht für jeden Anwendungsfall konkret festlegt, sondern insoweit nur eine von der Verwaltung auszufüllende Rahmenregelung oder nur eine teilweise Regelung enthält.
39Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 15 A 262/96 - NVwZ-RR 1997, 495; Driehaus, in: Driehaus, a.a.O. § 2 Rn. 76.
40Die Abfallgebühren der Beklagten sind nach der satzungsrechtlichen Grundlage in § 1 Abs. 1 S. 4, 5, Abs. 5 AbfGS 2012 als einheitliche Gebühren für unterschiedliche Teilleistungsbereiche ausgestaltet. Für die Entsorgung von Bioabfällen, Papier/Pappe, sperrigen Abfällen sowie Schadstoffe enthaltende Abfälle werden nach der satzungsrechtlichen Grundlage separate Gebühren nicht erhoben, sondern die Kosten werden über die Gebühren für Restmüllbehälter abgegolten. Im Hinblick auf den Gebührenmaßstab gilt nach § 1 Abs. 1 S. 4, 5 AbfGS 2012, dass die Gebühren nacheinem modifizierten Volumenmaßstab erhoben werden, der auf die Größe des in Anspruch genommenen Restmüllgefäßes abstellt. Dabei werden in der Gebührenberechnung die Erfahrungswerte für das Verhältnis von Gewicht und Volumen jeder Behältergröße zu Grunde gelegt.
41Entsprechend dieser Maßstabsregelung wurden im Rahmen der Gebührenkalkulation 2013 die Verbrennungskosten und die Kosten für die Querfinanzierung Biotonne, die Zusatzleistung Abfallbeseitigung, die Sperrmüllaufbereitung, die Besteuerung tauschähnlicher Umsätze, der Abschlag Eigenkompostierer und der Ausgleich 2011 mit Hilfe einer sog. „Äquivalenzziffernrechnung“ auf die Summe der Behälter je Behältergrößen aufgeteilt. Nach den Ergebnissen der HMA 2008 und dem INFA Ergebnisbericht 2012 wurden allen Behältergrößen sowie den Behältern, bei denen Nachsortierungen und Müllschleusen zum Einsatz kommen, durchschnittliche Dichtewerte zugeordnet, die als Multiplikatoren bei der Verteilung der auf die Behältergrößen entfallenden Kostenmenge dienen. Der jeweilige Gebührensatz ergibt sich als Einheitssatz aus der Division der in dem Veranlagungsjahr voraussichtlich anfallenden Kosten durch die gewichteten Maßstabseinheiten.
42Die Verteilung der oben genannten – mengenabhängigen – Kosten mit Hilfe der dargestellten Äquivalenzziffernrechnung ist entgegen der Ansicht der Klägerin in der Satzung ausreichend bestimmt niedergelegt. Die AbfGS 2012 enthält sowohl die Regelung, dass die Kosten nach dem sog. qualifizierten Volumenmaßstab verteilt werden, als auch eine Bestimmung dazu, wie das durchschnittsgewichtbezogenen Maßstabselement ermittelt wird, nämlich mit Hilfe von Erfahrungswerte für das Verhältnis von Gewicht und Volumen. Damit nimmt die Satzung Bezug auf die empirisch ermittelten Dichtewerte aus der HMA 2008 und dem INFA Ergebnisbericht 2012. Zwar macht die Satzung weder Vorgaben dazu, in welchem Verhältnis die beiden Maßstabsregelungen (Gewicht und Volumen) stehen müssen, noch gibt sie eine Formel an, nach der sich die Gebührensätze ermitteln ließen. Aus dem Fehlen einer solchen Berechnungsformel kann aber bereits nicht auf die Unvollständigkeit und damit Unwirksamkeit der Satzung geschlossen werden.
43A.A. OVG Niedersachsen, Beschluss vom 19. August 2008 - 9 LA 406/06 -, juris.
44Die Abfallgebührensatzung muss nicht zwingend eine Umrechnungs- bzw. Bewertungsformel enthalten, die der Verwaltung und den Gebührenpflichtigen deutlich macht, von welchen durchschnittlichen Gewichten der Satzungsgeber bei den verschiedenen Behältergrößen ausgeht. Maßgeblich ist nur, dass die Satzung nicht eine lediglich von der Verwaltung auszufüllende Rahmenregelung enthält.
45Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. Oktober 1996 - 15 A 262/96 - NVwZ-RR 1997, 495.
46Dem wird die AbfGS gerecht, weil sie keine Maßstabsregelung enthält, deren konkrete Ausgestaltung der Verwaltung überlassen bleibt. Die Raumdichtewerte stehen seit der Hausmüllanalyse 2008 (bzw. soweit die Mehrgebühren betroffen sind seit dem INFA Ergebnisbricht 2012) fest. Es handelt sich dabei um empirische Daten, auf die die Verwaltung keinerlei Einfluss hat. Es ist auch nicht ersichtlich, dass die Dichtewerte und damit die Äquivalenziffern nach Gutdünken des Rates abgeändert werden könnten. Die Entscheidung über die Kostenverteilung liegt daher noch ausschließlich im Kompetenzbereich des Ortsgesetzgebers und wird gerade nicht der Verwaltung als Teilaspekt der Gebührenkalkulation und im Rahmen einer selbstständigen Bewertung gewonnener Erkenntnisse zum durchschnittlichen Gewicht von Abfällen überlassen.
47Die Satzung ist jedoch im Hinblick auf die ebenfalls zu verteilenden Kostenpositionen „Verwaltung“ und „Logistik“ unvollständig und damit unwirksam. Das hat zur Folge, dass der Gebührenkalkulation für das Veranlagungsjahr 2013 die erforderliche vollständige satzungsrechtliche Grundlage fehlt.
48Der Kalkulation für 2013 ist zu entnehmen, dass mit den Abfallgebühren für die Restmülltonne neben den mit Hilfe der Äquivalenzziffer verteilten Kosten auch die Kosten für die Verwaltung und die Logistik auf die einzelnen Behältergrößen umgelegt werden. Die Verwaltungskosten werden als mengenunabhängige Kosten pro Behälter und die Kosten für die Logistik mit ansteigender Behältergröße zunehmend auf die Behälter verteilt. Umgerechnet auf den einzelnen Liter ist erkennbar, dass die Logistikkosten degressiv verteilt werden und so die kleineren Behälter pro Liter einen höheren Kostenanteil zahlen. Zu dem entsprechenden Maßstab, den die Beklagte hier anwendet, wird in der Klageerwiderung lediglich vorgetragen, die entsprechenden Kosten würden nicht mit Hilfe der Äquivalenziffernrechnung sondern „nach anderen Prinzipien zugeordnet“. Weder gibt aber die AbfGS 2012 vor, dass dort der festgelegte modifizierte Volumenmaßstab nicht durchgängig auf alle zu verteilenden Kosten anzuwenden ist, noch enthalten die AbfS 2012 oder die AbfGS 2012 Vorgaben dazu, welche „Prinzipien“ für die Verteilung dieser Kosten gelten sollen. Die Beklagte hat dazu in der mündlichen Verhandlung auch lediglich vorgetragen, die Logistikkosten würden in Absprache mit der AWB nach Behältergrößen gestaffelt verteilt. Letztlich ist der Maßstab für die Verteilung der Logistikkosten aus der Gebührenkalkulation nicht ersichtlich und rein rechnerisch auch nicht ermittelbar.
49Fehlt demnach eine satzungsrechtliche Bestimmung zur Verteilung dieser Kosten, muss angenommen werden, dass der Verwaltung insofern ein Spielraum dahingehend erhalten bleibt, wann und ob der modifizierte Volumenmaßstab Anwendung findet. Die Unvollständigkeit der Satzung betrifft schließlich auch keinen unbedeutenden Bereich der zu verteilenden Kosten. Die Logistikkosten machen bei der 30 l-Tonne immerhin 46 % der Kosten und bei der 500 l-Tonne immerhin noch 36 % der Kosten aus. Damit steht zugleich fest, dass die Kalkulation der Abfallgebühren für das Veranlagungsjahr 2013 von den wesentlichen satzungsrechtlichen Vorgaben abweicht, so dass auch die ermittelten Gebührensätze je Behältergröße unwirksam sind.
50Vgl. dazu auch OVG NRW, Beschluss vom 6. Juni 2000 - 9 A 2443/98 -, NRWE; OVG Lüneburg, Urteil vom 10. November 2014 - 9 KN 316/13 -, juris, Rn 101, m.w.N.; a.A. auch nicht OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 – 9 A 94/09 –, juris, Rn. 8.
51Mit den übrigen geltend gemachten Bedenken gegen die Erhebung der Mehrgebühren für nachsortierte Tonnen dringt die Klägerin indes nicht durch.
52Die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs als Gebührenmaßstab für die Umlegung der Restmüllbeseitigungskosten (mit Ausnahme der Kosten für Logistik und Verwaltung) ist weder generell (bzgl. der - wie von der Klägerin bezeichneten - „Basissätze“) noch speziell für die nachsortierten Restmülltonnen rechtlich zu beanstanden. Das gilt auch für die Kosten anderer Leistungen der Abfallentsorgung, die über die Gebühren für die Restmülltonne mitabgerechnet werden. Die von der Klägerin geltend gemachten Verstöße der Mehrgebühren gegen gebührenrechtliche Grundprinzipien greifen allesamt nicht durch.
53Die Beklagte durfte sich bei der Wahl des Gebührenmaßstabs für die Verteilung mengenabhängiger Kosten generell für den sog. modifizierten Volumenmaßstab entscheiden. Der so gewählte Gebührenmaßstab entspricht den verfassungs-, bzw. bundes- und landesrechtlichen Vorgaben für die Erhebung von (Abfall-)Benutzungsgebühren.
54Der nach § 2 Abs. 1 S. 2 KAG NRW zwingend in der Gebührensatzung zu regelnde Gebührenmaßstab ist neben den ansatzfähigen Kosten die entscheidende Größe der Gebührenbemessung. Aus der Summe der verwirklichten Maßstabseinheiten folgt die Höhe der Gebühr unter Berücksichtigung des Gebührensatzes. Die Gebühr ist nach der Inanspruchnahme der Einrichtung oder Anlage (Wirklichkeitsmaßstab) und hilfsweise nach einem Wahrscheinlichkeitsmaßstab zu bemessen (§ 6 Abs. 3 KAG). Da das Maß der Inanspruchnahme der Leistungen der öffentlichen Einrichtung entscheidend ist, ist eine leistungsgerechte Differenzierung unter den Nutzern anzustreben. Die Verteilung der Kosten muss dem Gleichheitssatz gemäß Art. 3 Abs. 1 GG, dem bundesrechtlichen Äquivalenzprinzip und dem landesrechtlichen Prinzip der Leistungsproportionalität (§ 4 Abs. 2 KAG NRW) entsprechen. Letzteres Prinzip fordert, dass bei im Wesentlichen gleicher Inanspruchnahme gleiche Gebühren anfallen, bei wesentlich verschiedener Inanspruchnahme verschiedene Gebühren festzusetzen sind, wobei die Unterschiede der Gebühren proportional zu den Verschiedenheiten der Leistungen stehen sollen. Ist die Bemessung der Gebühr über einen Wirklichkeitsmaßstab technisch unmöglich oder nur mit wirtschaftlich nicht mehr zu vertretendem Aufwand realisierbar, darf ein Wahrscheinlichkeitsmaßstab (§ 6 Abs. 3 S. 2 KAG NRW) gewählt werden. Ein solcher Maßstab erfasst die erbrachte Leistung nicht exakt, soll aber nach der Erfahrung ein Indikator für das Maß der Inanspruchnahme sein. Der Satzungsgeber hat bei der Wahl der möglichen Wahrscheinlichkeitsmaßstäbe grundsätzlich ein weites Ermessen. Allerdings darf der gewählte Maßstab nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zur Inanspruchnahme stehen. Deshalb muss für das Maß der Inanspruchnahme auf Bemessungsgrößen abgestellt werden, die sich jedenfalls nach einer pauschalierenden Betrachtungsweise des Zusammenhangs zwischen der Höhe der Gebühr einerseits und dem Maß der Inanspruchnahme andererseits als noch plausibel rechtfertigen lassen und als sachgerechte Differenzierungsmerkmale anerkannt werden können. Dementsprechend kommt es nicht darauf an, dass der Satzungsgeber den im einzelnen zweckmäßigsten, vernünftigsten, gerechtesten oder wahrscheinlichsten Maßstab gefunden hat, sondern die ihm eingeräumte (weite) Gestaltungsfreiheit unter Berücksichtigung von Art. 3 Abs. 1 GG und verfassungskonformer Auslegung von § 6 Abs. 3 KAG findet erst dort ihre Grenze, wo die gleiche oder ungleiche Behandlung der von ihm geregelten Sachverhalte nicht mehr mit einer am Gerechtigkeitsgedanken orientierten Betrachtungsweise zu vereinbaren ist, weil ein einleuchtender, sachlich vertretbarer Grund für Gleich- oder Ungleichbehandlung fehlt.
55Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 25. November 2010 - 9 A 94/09 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 30. Januar 1991 - 9 A 765/88 -, juris; OVG NRW, Urteil vom 16. Januar 2014 - 14 A 2794/12 -, juris; so auch Brüning in: Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 204, 207.
56Hiernach ist nach ständiger Rechtsprechung der vorliegend gewählte Volumenmaßstab ein geeigneter Wahrscheinlichkeitsmaßstab. Dabei ist es grundsätzlich auch nicht zu beanstanden, wenn der Volumenmaßstab durch das Kriterium der Raumdichte modifiziert wird.
57Vgl. dazu BVerwG, Beschlüsse vom 3. Mai 1994 - 8 NB 1.94 - , NVwZ 1994, 900 und vom 28. Oktober 1994 - 8 B 177/94 - ; jeweils juris; OVG NRW, Urteil vom 16. Juni 1994 - 9 A 1331/92 - und Beschluss vom 6. Juni 2000 - 9 A 2443/98 - NRWE (,der allerdings die Zulässigkeit der Modifizierung durch die Schüttdichte ≠ Raumdichte betrifft); siehe auch VG Arnsberg, Urteil vom 13. April 2010 - 11 K 597/09 -, juris; Schulte-Wiesemann, in: Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 343, 343c.
58Durch die festgestellte Raumdichte in den jeweiligen Behältergrößen wird, wenn sie zutreffend ermittelt wurde, die durchschnittliche Inanspruchnahme der Abfallentsorgungsleistungen für die Entsorgung des Restmülls genauer erfasst als durch den reinen Volumenmaßstab. Dem Prinzip der Leistungsproportionalität wird dabei in besonderem Maße entsprochen, weil die Gebühr sich insgesamt an der Inanspruchnahme der Abfallentsorgung ausrichtet. Ein höheres Raumgewicht innerhalb der Behälter geht mit einer höheren Inanspruchnahme der Entsorgungseinrichtungen – jedenfalls für die Beseitigung des Restmülls – einher.
59Vgl. VG Köln, Urteil vom 20. März 1998 - 14 K 8278/95 -, BeckRS 2004, 27205; nachfolgend OVG NRW, Beschluss vom 6. Juni 2000 - 9 A 2443/98 -, NRWE.
60Dies vorangestellt ist darüber hinaus auch die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs auf die im vorliegenden Fall konkret zu verteilenden Kosten rechtlich nicht zu beanstanden. Dies gilt zunächst für die eigentlichen Kosten der Entsorgungs- (bzw. Verbrennungs-)kosten, die in der Gebührenkalkulation für 2013 unter „Entsorgung AVG“ zu finden sind. Mit dem durch die Raumdichte modifizierten Volumenmaßstab werden die an die Abfallversorgungs- und Verwertungsgesellschaft Köln MBH (AVG) zu zahlenden Kosten für die Verbrennung des Restmülls gemäß der Inanspruchnahme auf die Gebührenzahler gerecht verteilt. Ein Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG, das Äquivalenzprinzip oder das Prinzip der Leistungsproportionalität ist erst Recht nicht ersichtlich.
61Für die hier vorab zu betrachtenden „Basissätze“ ist auch nicht erkennbar, dass die mittleren Raumdichten, die als Äquivalenzziffern bei der Kostenverteilung zu Grunde gelegt werden, unzutreffend ermittelt wurden. Die Raumdichtewerte, mit denen das Verhältnis von dem Gewicht des in der Tonne befindlichen Abfalls zu dem Nennvolumen der Tonne angegeben wird, stammen aus der HMA 2008. Die Analyse bestätigte das Ergebnis früherer Untersuchungen bzw. allgemeiner Erfahrungen insoweit, als sie für die kleineren Abfallbehälter eine größere Raumdichte ermittelt hat als für die großen Abfallbehälter.
62Vgl. HMA 2008, S. 16, 41.
63Gründe, warum sich die mittleren Raumdichten seither verändert haben sollen, sind nicht ersichtlich. Des Weiteren bestehen auch keine Bedenken gegen die Methodik der Untersuchung. Vielmehr erscheint die Vorgehensweise nachvollziehbar und plausibel; insbesondere sind die Daten gemäß dem „Leitfaden für Analysen zur Bestimmung der Menge und Zusammensetzung von Abfällen aus Haushaltungen (NRW)“ des Landesumweltamtes von 1998 in vier verschiedenen Jahreszeitenkampanien ermittelt worden. Bedenken gegen die Grundannahmen und Schlussfolgerungen dieser Untersuchung sind vorliegend auch von Seiten der Klägerin nicht vorgetragen worden. Der pauschale Einwand der Klägerin, es bestehe ein Darlegungs- und Begründungsdefizit für die Basissätze, weil schon die Kalkulation der normalen Gebühren nicht nachvollziehbar sei, vermag die einleuchtenden Ergebnisse der HMA 2008 nicht zu erschüttern.
64Ist die Einbeziehung der Raumdichtewerte aus der HMA 2008 in den Gebührenmaßstab für die Basisgebühren daher grundsätzlich nicht zu beanstanden, ist es in der Folge auch unbedenklich, dass die Verwendung der auf Grund der Raumdichtewerte entwickelten Äquivalenzziffern zu einer „verdeckten degressiven“ Staffelung der Gebührensätze führt.
65Vgl. dazu VG Göttingen, Urteil vom 15. November 2006 - 3 A 17/05 -, juris.
66Eine degressive Gebührenstaffelung kann grundsätzlich auch bei Volumenmaßstäben zulässig sein, sofern ein sachlicher Grund für die Degression vorliegt.
67Vgl. VG Arnsberg, Urteil vom 13. April 2010 - 11 K 597/09 - juris; VG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 2008 - 16 K 427/08 -, juris; OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 24. Juni 1992 - 10 C 10868/91 -, NVwZ-RR 1993, 99.
68Ein solcher liegt bei der Anwendung modifizierter Volumenmaßstäbe in der verminderten Inanspruchnahme der Abfallwirtschaftsleistungen bei größeren Tonnen, weil die Raumdichte in den größeren Tonnen in der Regel abnimmt. Der Gleichheitssatz bzw. das Äquivalenzprinzip werden somit eingehalten; dem Prinzip der Leistungsproportionalität wird auch bei der Degression grundsätzlich in besonderem Maße Rechnung getragen, weil die Gebühr sich insgesamt an der Inanspruchnahme der Abfallentsorgung ausrichtet und ein höheres Raumgewicht auch eine höhere Inanspruchnahme der Einrichtungen für die Entsorgung des Restmülls bedeutet.
69Vgl. im Ergebnis auch VG Arnsberg, Urteil vom 13. April 2010 - 11 K 597/09 -, juris.
70Die Gebührenregelung der Beklagten ist auch nicht deswegen fehlerhaft, weil sich die Beklagte hier für eine „Einheitsgebühr“ entschieden hat, mit der neben den Verbrennungskosten der AVG auch andere Kosten für Abfallentsorgungsteilleistungen über die Gebühr für die Restmülltonne abgerechnet werden. Auch die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs für die Verteilung dieser Kosten ist unbedenklich.
71Der Gebührenkalkulation für das Veranlagungsjahr 2013 ist zu entnehmen, dass neben den „Entsorgungskosten AVG“ als mengenabhängige Kosten auch die Kosten für die „Querfinanzierung Biotonne“, „Zusatzleistung Abfallbeseitigung“, „Sperrmüllaufbereitung“, „Besteuerung tauschähnlicher Umsätze“, „Abschlag Eigenkompostierer“ und „Ausgleich 2011“ berücksichtigt und nach der Äquivalenzzifferrechnung verteilt werden. Soweit die Klägerin moniert, es sei nicht erkennbar, welche Leistungsbereiche sich hinter diesen Kostenansätzen insbesondere hinter den Kosten für die „Zusatzleistung Abfallbeseitigung“ verbergen würden, ist dies nicht nachvollziehbar. In der Anlage 1 zur Beschlussvorlage Nr. 4218/2012 für die Abfallgebührensatzung ist eine Darstellung der Kosten- und Erlösarten enthalten, aus der zu entnehmen ist, dass die Zusatzleistung Abfallbeseitigung die Erfassung von Papier, Pappe und Kartonage, das sog. Littering sowie die Einsammlung von Elektroschrott umfasst.
72Damit wird für verschiedene andere Leistungsbereiche zusammen mit der Restmüllgebühr eine „einheitliche Abfallgebühr“ erhoben; die anderen (Teil-)Leistungsbereiche werden insoweit „quersubventioniert“. Dass die Beklagte bestreitet, dass eine solche Quersubventionierung vorgenommen wird, ist nicht nachvollziehbar. Vor allem ist der Hinweis, man habe es mit einer Maßstabsregelung zu tun, nicht zielführend. Damit ist weder in Abrede gestellt, dass es zu Quersubventionierungen anderer Bereiche kommt, noch ist damit die Frage beantwortet, ob dies zulässig ist und ob bei einer Verteilung der Kosten der übrigen, quersubventionierten Teilleistungsbereiche der qualifizierte Volumenmaßstab Anwendung finden darf.
73Grundsätzlich wird eine „Quersubventionierung“ anderer Teilleistungsbereiche über die Restmülltonnengebühr für zulässig gehalten.
74Für die Biomüll-Quersubventionierung: VG Köln, Urteil vom 26. Februar 2002 - 14 K 7460/00 -, juris nachgehend OVG NRW, Beschluss vom 5. Dezember 2003 - 9 A 1768/02 -, juris; für die übrigen Querfinanzierungen: OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 - 9 A 1430/96 -, juris (zu einer behältervolumenbezogenen Gebühr); siehe auch OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 - 9 A 3871/96 -, juris (allerdings zur personenbezogenen Gebühr).
75Rechtliche Grundlage dafür ist § 9 Abs. 2 S. 5 LAbfG NRW, wonach es insbesondere zulässig ist, verschiedene Abfallentsorgungsteilleistungen über die Erhebung einer einheitlichen Abfallgebühr bezogen auf das Restmüllgefäß sowie einzelne mit einer Sondergebühr belegte Abfallentsorgungsteilleistungen anteilig über eine einheitliche Abfallgebühr abzurechnen. Ein Verstoß gegen die übrigen verfassungs-, bundes- und landesrechtlichen Vorgaben ist im Übrigen nicht ersichtlich. Soweit man das Gebot der Leistungsproportionalität als einen allgemeinen gebührenrechtlichen Grundsatz des Landesrechts ansieht, steht es der vorliegend gewählten Gebührengestaltung schon deshalb nicht entgegen, weil der Gesetzgeber sich in der insoweit spezielleren Regelung des § 9 Abs. 2 S. 5 LAbfG NW ausdrücklich für die Zulässigkeit einer solchen Gebührengestaltung entschieden hat. Sieht man das Gebot der Leistungsproportionalität hingegen als eine Ausprägung des in Art. 3 Abs. 1 GG statuierten Gleichheitssatzes an, ergibt sich daraus jedenfalls kein striktes Gebot der gebührenrechtlichen Gleichbehandlung.
76Vgl. VG Köln, Urteil vom 26. Februar 2002 - 14 K 5990/00 -, juris.
77Die Beteiligung an der Mitfinanzierung anderer Teilleistungsbereiche darf – wie bereits erwähnt – im Ergebnis jedenfalls nicht in einem offensichtlichen Missverhältnis zu der Inanspruchnahme stehen. Der von der Maßstabsregelung vorausgesetzte Zusammenhang zwischen der Gebührenbemessung und Art und Umfang der Inanspruchnahme der übrigen Teilleistungsbereiche der Abfallentsorgung muss denkbar und darf nicht offensichtlich unmöglich sein.
78Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 - 9 A 3871/96 -, juris.
79Dies ist bei den hier mitfinanzierten Bereichen der Bioabfallentsorgung, Erfassung von Pappe, Littering, Elektroschrott und Nutzung von Wertstoffhöfen der Fall, weil jedenfalls nicht ausgeschlossen ist, dass die Nutzer der Restmülltonne auch diese Abfallwirtschaftsleistungen in Anspruch nehmen. Damit ist mit dem OVG NRW davon auszugehen, dass die Entsorgung von Papier, Sperrmüll, Wertstoffe und schadstoffhaltige Abfälle über eine „Einheitsgebühr“ abgerechnet werden kann.
80Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 - 9 A 3871/96 -, juris, siehe auch Driehaus in: Driehaus, a.a.O. § 6 Rn 327b.
81Dabei ist das nach den Vorgaben des OVG NRW,
82vgl. Urteil vom 17. März 1998 - 9 A 3871/96 -, juris,
83erforderliche Verhältnis zwischen der Gebühr und der Inanspruchnahme auch vor dem Hintergrund gewahrt, dass auch für die Verteilung dieser Kosten der modifizierte Volumenmaßstab angewendet wird. Die Wahl des durch das Kriterium der Raumdichte modifizierten Volumenmaßstabs basiert auf der Annahme, dass das benutzte Reststoffbehältervolumen kombiniert mit der durchschnittlichen Raumdichte nicht nur ein Indikator für den eigentlichen Restmüllanfall, sondern auch ein Indikator für die Benutzung der übrigen Anlagen und Dienste der Abfallentsorgungseinrichtung ist. Dieser Zusammenhang zwischen dem Reststoffbehältervolumen und der Inanspruchnahme der Entsorgung von Biomüll, Papier und Pappe, Sperrmüll und Elektrogeräten sowie wildem Müll ist durchaus denkbar und nicht offensichtlich unmöglich.
84Vgl. OVG NRW, Urteil vom 17. März 1998 - 9 A 1430/96 -, juris.
85Die insoweit erforderliche Verknüpfung von Leistung und Gebühr ist auch für die „Besteuerung tauschähnlicher Umsätze“, die im Zusammenhang mit der Altpapierentsorgung steht (vgl. dazu I. e) Anlage 1 zur Beschlussvorlage Nr. 4128/2012 zur Änderung der AbfGS), und dem „Ausgleich 2011“, mit dem ein Ausgleich des Vorjahresergebnisses vorgenommen wird (dazu I. g) Anlage 1 zur Beschlussvorlage Nr. 4128/2012 zur Änderung der AbfGS), gegeben.
86Schließlich ist die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs auch nicht deshalb bedenklich, weil die Anwendung der Äquivalenzziffern im Ergebnis dazu führt, dass es zu einer verdeckten Gebührendegression kommt und Nutzer kleiner Tonnen pro Liter einen höheren Kostenanteil für die übrigen Teilleistungsbereiche zahlen müssen als Nutzer großer Restmüllbehälter.
87A.A. VG Göttingen, Urteil vom 15. November 2006 - 3 A 17/05 -, juris, wonach in keiner Weise plausibel [ist], hieraus [aus der Abfallverdichtung] zu folgern, dass die Inhaber kleiner Restabfallbehälter auch signifikant mehr (sei es nach Gewicht oder Volumen) Sperrmüll, Altpapier, Altglas oder Sonderabfälle erzeugen, als dies auf Grundstücken mit Restabfallgroßbehältern der Fall ist.
88Bei der bereits beschriebenen Gebührendegression handelt es sich nicht um eine echte Degression, weil die absoluten Gebühren pro Restmülltonne weitgehend linear ansteigen. Durch die Verwendung der Äquivalenzziffern kommt es vielmehr zu einer „verdeckten degressiven“ Staffelung der Gebühren, die nur erkennbar ist, wenn die Gebühr auf den Liter pro Behälter umgerechnet wird. Letztlich zeigt sich daran aber lediglich die Annahme der Beklagten, dass die empirisch belegte höhere Raumdichte in den kleineren Tonnen auch eine erhöhte Inanspruchnahme der Entsorgungsleistung zur Folge hat. In der Folge ist es nicht unplausibel anzunehmen, dass das Gewicht in der Restmülltonne auch das Gewicht in der Biotonne indiziert. Die nach dem OVG NRW allein maßgebliche Grenze des offensichtliches Missverhältnisses ist auch für die Inanspruchnahme der übrigen Leistungsbereiche (Entsorgung von Pappe, wildem Müll, Elektroschrott, Sperrmüll usw.) gemessen am Gewicht des in der Restmülltonne befindlichen Restmülls nicht erreicht. Es ist zumindest nicht unwahrscheinlich, dass die kleineren Haushalte entsprechend ihres auf Grund der Verdichtung vorhandenen höheren Restmüllaufkommens auch dementsprechend die übrigen Teilleistungsbereiche in leicht erhöhtem Maße in Anspruch nehmen.
89Mit der Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs verstößt die Beklagte schlussendlich auch nicht gegen die Lenkungsziele des § 9 Abs. 2 S. 3 LAbfG NRW. Danach sollen mit dem Gebührenmaßstab und dem Gebührensatz wirksame Anreize zur Vermeidung von Abfällen geschaffen werden. Dafür genügt es, wenn dieser Anreiz durch das Abfallgebührenrecht der Beklagten insgesamt geschaffen wird, wovon mangels gegenteiliger Anhaltspunkte vorliegend auszugehen ist. Unproblematisch ist insbesondere die im Bereich der Gebührensätze vorliegende verdeckte degressive Gebührenstaffelung, obwohl eine Gebührendegression grundsätzlich dem Abfallvermeidungsgrundsatz nach § 9 Abs. 2 S. 3 LAbfG NRW entgegensteht.
90Vgl. Driehaus in: Driehaus, a.a.O. § 6 Rn. 338.
91Die Anreizfunktion zur Abfallvermeidung liegt vorliegend dennoch vor, weil nach wie vor durch die Verringerung der Zahl oder der Größe der Abfallbehälter die Gebühr insgesamt gesenkt werden kann und die Differenz auch nicht so geringfügig ist, dass das Aufstellen kleinerer Behälter wirtschaftlich ohne messbaren Effekt wäre.
92Vgl. dazu VG Düsseldorf, Urteil vom 10. September 2008 - 16 K 427/08 -, juris.
93Steht damit fest, dass die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs bei der Verteilung der Verbrennungskosten und der Kosten für die übrigen Abfallentsorgungsleistungen und damit die Gebührenstaffelung im Bereich „Basisgebühren“ (als Einheitsgebühren) rechtmäßig sind, ist damit in der Folge auch die Schaffung zusätzlicher Maßstabseinheiten für nachsortierte Restmüllbehälter als Ergebnis einer konsequenten Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs unbedenklich. Ein Verstoß der hier streitgegenständlichen „Mehrgebühren“ gegen verfassungs-, bundes- oder landesrechtliche Regelungen ist nicht ersichtlich.
94Die Mehrgebühren lassen sich als Ergebnis einer fortgeschriebene Maßstabsmodifikation qualifizieren. Sie finden ihre Grundlage in einer stärkeren Ausdifferenzierung des Volumenmaßstabs, der durch die Raumdichtewerte in den Restmüllbehältern modifiziert wird und damit an das Maß der Inanspruchnahme anknüpft. So besagt die Erläuterung zu II.1. zur Aktualisierung der Abfallgebührensätze in der Anlage 1 der Beschlussvorlage 4218/2012 zur Änderung der AbfGS, dass „die Nachsortierung von Restmüllbehältern [...] die Abfallzusammensetzung und damit das spezifische Gewicht des Mülls signifikant und damit das Maß der Inanspruchnahme [verändert]. Um eine dem gebührenrechtlichen Äquivalenzprinzip entsprechende Verteilung der Kosten sicherzustellen, ist diese signifikante Veränderung zu berücksichtigten.“
95Die Modifizierung des Volumenmaßstabs durch das Kriterium der Raumdichte ist, wie bereits dargestellt, grundsätzlich und so auch hier rechtlich unbedenklich. Voraussetzung ist, dass die Raumdichtewerte empirisch richtig ermittelt worden sind. Das ist hier der Fall. Der Erläuterung zu II.1. zur Aktualisierung der Gebührensätze in der Anlage 1 der Beschlussvorlage 4218/2012 zur Änderung der AbfGS ist zu entnehmen, dass die Beklagte anhand von repräsentativen Untersuchungen, die in 4 Erhebungskampagnen gewonnen wurden, [hat] ermitteln lassen, in welchem Maße sich die mittlere Raumdichte durch Nachsortierungen verändert. Hierbei ergaben sich folgende Verdichtungsfaktoren 500 Liter: 1,26, 660 Liter: 1,34, 770 Liter: 1,36, 1.100 Liter: 1,26. Mit der genannten repräsentativen Umfrage ist die Ermittlung der Raumdichten des Restabfalls in der Stadt Köln des INFA, zusammengefasst im INFA-Ergebnisbericht 2012, gemeint. Dies wird auch die Klägerin nicht ernsthaft anzweifeln wollen, auch wenn der Ergebnisbericht erst nach der Satzungsneufassung öffentlich bekannt geworden sein sollte.
96Das INFA hat in vier jahreszeitbezogenen Untersuchungskampagnen Raumdichtewerte gewonnen und – wenn möglich – mindestens 45 Einzelwerte je Behältergröße zu Grunde gelegt. Bei der Methodik hat man die „Richtlinie zur einheitlichen Abfallanalytik“ des Landesamtes für Umwelt und Geologie aus Sachsen von Oktober 1998 zu Grunde gelegt (S. 4 INFA Ergebnisbericht 2012). Die ermittelten Daten zeigen die Raumdichtewerte nachsortierter Tonnen in Abhängigkeit zu den ebenfalls an Referenzstandorten ermittelten Dichtewerten wie folgt:
97Behälter |
500 |
660 |
770 |
1100 |
Raumdichte |
141 |
138 |
139 |
129 |
Referenzstandort |
112 |
103 |
102 |
102 |
Abweichung % Referenz |
26 |
34 |
36 |
26 |
Für die anschließende Ermittlung der Äquivalenzziffern wurden dann die Dichtewerte aus der HMA 2008 fortgeschrieben (Dichtewert aus dem HMA 2008 multipliziert mit dem neu ermittelten Dichtewert). Die mit dem INFA Ergebnisbericht 2012 vorgelegten Ergebnisse decken sich damit mit den Daten, die sich im INFA Abschlussbericht 2009 finden, wonach die Raumdichte bei Tonnen an Standorten mit Abfallwirtschaftsdienstleistungen erheblich über denen konventioneller Standorte liegen.
99Die Plausibilität der Ergebnisse ist entgegen der Ansicht der Klägerin nicht deshalb in Frage zu stellen, weil die Nachsortierung nur ein Faktor sei, der Einfluss auf die Raumdichte und den Füllgrad habe. Weil gleichzeitig eine Überprüfung der Standorte ohne Nachsortierung stattfand, besteht ein ausreichender Zusammenhang zwischen der Nachsortierung und der ermittelten erhöhten Raumdichten. Auch das Argument der Klägerin, eine intensivere Nutzung der nachsortierten Tonnen sei bereits deshalb nicht nachvollziehbar, weil ohnehin bereits eine 100%ige Auslastung der Tonnen vorliege und daher die Raumdichte tatsächlich nicht höher sein könne, überzeugt nicht. Nach dem INFA Ergebnisbericht 2012 liegt der maximale Füllgrad aller Tonnen bei 90 %. Die Basisgebühr ist dementsprechend auch nicht auf eine maximale Nutzungsintensität ausgerichtet. Auch die übrigen Einwände der Klägerin gegen die empirischen Grundlagen für die Ermittlung der Raumdichtewerte von nachsortierten Tonnen greifen nicht durch. Soweit bemängelt wird, es gebe zu wenig Hintergrundinformationen zur Erhebung, insbesondere zur Person der Nachsortierer, zur Frequenz, zur Frage, ob eine Mieterberatung stattfand, zur Quantität/Qualität der Nachsortierung, zu den Jahreszeiten und zum Tag der Stichprobenentnahme ist darauf hinzuweisen, dass der Ergebnisbericht lediglich eine Zusammenfassung darstellt. Dazu hat die Beklagte nachvollziehbar erläutert, dass einzelne Untersuchungsergebnisse ebenfalls bekannt sind, aus Datenschutzgründen aber nicht veröffentlicht werden. Zum Beispiel sind die Namen der Nachsortierer jedenfalls dem INFA bekannt (S. 6 INFA Ergebnisbericht 2012). Die Kritik, in der Untersuchung sei keine Unterscheidung zwischen gewichtsabhängigen und -unabhängigen Kosten vorgenommen worden, ist zudem verfehlt. Die Unterscheidung ist lediglich bei der Festlegung des Gebührenmaßstabs bzw. in der Kalkulation zu berücksichtigen. Fragen der Kostenfaktoren gehören hingegen nicht in die empirische Grundlage. Aus dem Fehlen der Betrachtung der positiven Effekte der Nachsortierung kann ebenfalls kein Mangel hergeleitet werden, weil auch dies nicht vom Untersuchungsgegenstand umfasst ist. Auch der Umstand, dass die Nachsortierung möglicherweise nur ein Faktor ist, der die Raumdichte beeinflussen kann, macht den Bericht selbst nicht unbrauchbar. Der INFA-Ergebnisbericht ist allein die empirische Grundlage zur Ermittlung der Äquivalenzziffern. Die Konsequenzen aus dem Bericht muss der Satzungsgeber bei der Ermittlung des Maßstabs bzw. die Verwaltung bei der Anwendung des Maßstabs und der Festlegung des Gebührensatzes ziehen. Methodische Fehler, die das Ergebnis insgesamt in Zweifel ziehen würden, sind schließlich auch nicht deshalb anzunehmen, weil nach dem Bericht 45 Einzelwerte pro Behälter untersucht wurden, es aber nur 19 nachsortierte 500 l-Behälter in der Stadt Köln gibt. Es ist insoweit ausreichend, dass jedenfalls für die übrigen Behältergrößen entsprechend vorgegangen worden ist.
100Abschließend ist zu dem wiederholt vorgetragenen Einwand der Klägerin, die Nachsortierungsgebühren litten an Darlegungs- und Begründungsmängeln festzuhalten, dass an die empirischen Grundlagen ohnehin keine allzu hohen Anforderungen zu stellen sind. Nach Ansicht des BVerwG müssen Satzungsgeber bei der Wahl eines Gebührenmaßstabes im Rahmen ihrer Ermessensentscheidung nicht einmal ausschließlich von empirisch ermittelten Faktoren ausgehen. Sie können sich zur Bemessung des Restbehältervolumens auch auf ähnliche Maßstäbe anderer Kommunen beziehen oder sachgerechten Empfehlungen kommunaler Spitzenverbände Rechnung tragen.
101Vgl. BVerwG, Beschluss vom 19. Dezember 2007 - 7 BN 6/07 -, juris
102Wenn der Rat der Beklagten daher hier im Rahmen seines Satzungsermessens die Ermittlung der Äquivalenzziffern anhand einer belastbaren empirischen Grundlage vornimmt, kann sich daraus bereits deshalb kein Darlegungs- und Begründungsmangel ergeben.
103Die Maßstabsregelung, die wegen der erhöhten Raumdichtewerte zu einer höheren Gebührenbelastung der Nutzer nachsortierter Tonnen führt, verstößt zudem nicht gegen Art. 3 Abs. 1 GG, weil, wie die Klägerin meint, ein unzulässiger Differenzierungsansatz gewählt wurde. Die Kritik der Klägerin, auch bei kleineren Tonnen (kleinen Haushalten) finde eine Nachsortierung bzw. Vor-Ort-Korrektur statt, so dass auch insoweit eine höhere Nutzungsintensität und damit eine Ungleichbehandlung der Nutzer von Restmüllbehältern ab 500 l vorliege, ist angesichts der vorhandenen Gebührenstruktur und des gewählten Maßstabs nicht nachzuvollziehen. Die höhere Nutzungsintensität kleiner Restmülltonnen ist exakt das Ergebnis der HMA 2008 und spiegelt sich seit Jahren in der Gebührenbemessung der Beklagten und insbesondere in der auf den Liter bezogenen Gebührendegression wider.
104Die Geeignetheit des qualifizierten Volumenmaßstabs ist schließlich auch nicht deshalb in Frage zu stellen, weil die Beklagte nicht nachgewiesen hat, dass die Nachsortierung zu höheren Kosten im Bereich der Abfallentsorgung geführt hat. Da es gem. § 6 Abs. 3 S. 2 KAG NRW – anders als in anderen Bundesländern – gerade nicht auf die Kostenverursachung sondern nur auf das Maß der Inanspruchnahme ankommt, spielt die Kostenverursachung weder bei der Maßstabsbildung noch bei der Anwendung des Maßstabs eine Rolle.
105Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 30. April 2004 - 9 A 2522/03 -, juris.
106Steht damit fest, dass es sich auch bei dem (u.a.) im Bereich der nachsortierten Tonnen fortgeschriebenen modifizierten Volumenmaßstab um einen geeigneten Maßstab handelt, verstößt auch dessen Anwendung auf die für das Veranlagungsjahr 2013 zu verteilenden Kosten nicht gegen die gebührenrechtlichen Grundsätze.
107Für die Verteilung der Verbrennungskosten für das Jahr 2013 („Entsorgung AVG“) ist die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs grundsätzlich unbedenklich, weil auch hier gilt, dass ein höheres Raumgewicht gleichbedeutend ist mit einer höheren Inanspruchnahme der Entsorgungseinrichtung.
108Das gilt im Ergebnis auch für die Kosten der quersubventionierten übrigen Abfallwirtschaftsteilleistungsbereiche (Querfinanzierung Biotonne, Zusatzleistung Abfallbeseitigung, Sperrmüll, Besteuerung tauschähnlicher Umsätze, Abschlag Eigenkompostierer, Ausgleich 2011). Davon, dass die Kosten anderer Teilleistungsbereiche über die Gebühren für die Restmülltonne finanziert werden können und dabei auch eine Anknüpfung an das Restmülltonnenvolumen zulässig ist, ist nach den oben stehenden Ausführungen auszugehen. Auch im Bereich der nachsortierten Tonnen besteht kein auffälliges Missverhältnis zwischen der Gebührenhöhe und der Inanspruchnahme der Leistungen, weil es nicht unplausibel erscheint, dass die Nutzer der nachsortierten Restmüllbehälter auch diese anderen Leistungen in gleichem Maße wie ihre Restmülltonne in Anspruch nehmen.
109Die Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs führt auch nicht zu einer Ungleichbehandlung i.S.d. Art. 3 Abs. 1 GG, weil die Nutzer nachsortierter Restmüllbehälter in erheblich höherem Maße mit den Kosten der übrigen Teilleistungsbereiche belastetet werden als die Nutzer gleich großer Tonnen ohne Nachsortierung. Insoweit handelt es sich nämlich bereits nicht um miteinander vergleichbare Gruppen. Es ist offensichtlich und die Klägerin selbst hat es auch vorgetragen, dass durch die Nachsortierung im Ergebnis kleinere Restmüllbehälter bestellt werden können (und sich dementsprechend auch Restmüllgebühren sparen lassen). Dadurch dass aus den Tonnen Fehlwürfe entfernt werden und die vorhandenen Abfälle verkleinert oder verpresst werden, werden die Behälter besser ausgenutzt. Das führt dazu, dass kleinere Behältervolumina in Anspruch genommen werden können, als wenn es derartige Kontroll- und Sortierleistungen nicht gäbe. Damit sind die miteinander zu vergleichenden Gruppen dann aber nicht etwa die Nutzer von bspw. 660 l Restmüllbehältern mit und ohne Nachsortierung, sondern die Nutzer von 660 l Restmüllbehältern mit Nachsortierung mit der Restmüllbehältergröße, die für das durchschnittliche Gewicht dieser nachsortierten Behälter eigentlich vorgesehen wäre. Legt man die Daten aus der HMA 2008 und dem INFA Ergebnisbericht 2012 zu Grunde nimmt eine 660 l Tonne mit Nachsortierung bei einer durchschnittlich ermittelte Raumdichte von 138 kg/m³ 91,08 kg auf, wohingegen eine 770 l Tonne mit ermittelter Raumdichte von 95 kg/m³ (HMA 2008) bzw. 102 kg/m³ (INFA 2012) nur 73,15 kg (bzw. 78,54 kg) erfasst. Um also dasselbe Gewicht wie in einer nachsortierten 660 l Tonne sammeln zu können, müsste noch eine zusätzliche 180 l Tonne (23,04 kg) genutzt werden.
110Weder der Gebührenmaßstab selbst noch seine konkrete Anwendung führen schließlich zu einem Verstoß gegen die Lenkungsziele des § 9 Abs. 2 S. 3 LAbfG NRW. Die Klägerin dringt mit ihrem Argument, die Mehrgebühren führten zu einer „Sanktionierung“ der Nachsortierung und verhinderten so den Anreiz der Getrennthaltung von Abfällen, nicht durch. Wie bereits mehrfach ausgeführt, handelt sich bei den Mehrgebühren nicht um eine Sanktionierung der Nachsortierung, sondern um das Ergebnis der konsequenten Anwendung des modifizierten Volumenmaßstabs. Zwar führen die Mehrgebühren tatsächlich zu einer Mehrbelastung, die dazu führen kann, dass die Nachsortierung unterlassen wird und daher dem Getrennthaltungsgebot nicht nachgekommen wird. Da aber die unterlassene Nachsortierung (bzw. Vermeidung und Trennung) dazu führt, dass größere Tonnen bestellt werden müssen, die mit höheren Kosten einhergehen, bleibt die Anreizwirkung zur Vermeidung bzw. Trennung erhalten.
111Schließlich enthält auch die der Gebührenbemessung für das Veranlagungsjahr 2013 zu Grunde liegende Kalkulation keine relevanten Mängel. Ein Verstoß gegen das Kostendeckungsprinzip aus § 6 Abs. 1 S. 3, Abs. 2 KAG NRW ist nicht erkennbar. Danach soll das veranschlagte Gebührenaufkommen die voraussichtlichen Kosten der Einrichtung oder Anlage nicht übersteigen und in den Fällen des Satzes 1 in der Regel decken. Durchgreifende Bedenken gegen die veranschlagten Kosten hat die Klägerin nicht vorgebracht. Ihrer Kritik, dass die erhöhten Erlöse aus der Verbrennung des Restmülls nicht berücksichtigt werden, erweist sich als unsubstantiiert. Es gibt keine Anhaltspunkte dafür, dass die von der AVG veranschlagten Verbrennungskosten überhöht sind. Zu dem vorgetragenen Berücksichtigungsdefizit der positiven Effekte der Nachsortierung hat die Beklagte zudem überzeugend ausgeführt, dass die zu erwartende Reduzierung des Behältervolumens in die Kalkulation eingeflossen sei.
112Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 154 S. 1 VwGO.
113Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.
(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und die betroffene Person dies unverzüglich verlangt.
(3) Ein schriftlich oder elektronisch erlassener Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen. Ferner muss er die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten; dies gilt nicht für einen Verwaltungsakt, der formularmäßig oder mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird. Ist für einen Verwaltungsakt durch Gesetz eine Schriftform angeordnet, so muss bei einem elektronischen Verwaltungsakt auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Falle des § 87a Absatz 4 Satz 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Finanzbehörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.
(1) Steuerbescheide sind schriftlich oder elektronisch zu erteilen, soweit nichts anderes bestimmt ist. Sie müssen die festgesetzte Steuer nach Art und Betrag bezeichnen und angeben, wer die Steuer schuldet. Ihnen ist außerdem eine Belehrung darüber beizufügen, welcher Rechtsbehelf zulässig ist und binnen welcher Frist und bei welcher Behörde er einzulegen ist.
(2) Die Feststellung der Besteuerungsgrundlagen bildet einen mit Rechtsbehelfen nicht selbständig anfechtbaren Teil des Steuerbescheids, soweit die Besteuerungsgrundlagen nicht gesondert festgestellt werden.
(1) Ein Verwaltungsakt wird gegenüber demjenigen, für den er bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, in dem Zeitpunkt wirksam, in dem er ihm bekannt gegeben wird. Der Verwaltungsakt wird mit dem Inhalt wirksam, mit dem er bekannt gegeben wird.
(2) Ein Verwaltungsakt bleibt wirksam, solange und soweit er nicht zurückgenommen, widerrufen, anderweitig aufgehoben oder durch Zeitablauf oder auf andere Weise erledigt ist.
(3) Ein nichtiger Verwaltungsakt ist unwirksam.
(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.
(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.
(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.
(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.
(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Zustellungen können an den allgemeinen oder für bestimmte Angelegenheiten bestellten Bevollmächtigten gerichtet werden. Sie sind an ihn zu richten, wenn er schriftliche Vollmacht vorgelegt hat. Ist ein Bevollmächtigter für mehrere Beteiligte bestellt, so genügt die Zustellung eines Dokuments an ihn für alle Beteiligten.
(2) Einem Zustellungsbevollmächtigten mehrerer Beteiligter sind so viele Ausfertigungen oder Abschriften zuzustellen, als Beteiligte vorhanden sind.
(3) Auf § 180 Abs. 2 der Abgabenordnung beruhende Regelungen und § 183 der Abgabenordnung bleiben unberührt.
Die Finanzbehörden können Ansprüche aus dem Steuerschuldverhältnis ganz oder zum Teil erlassen, wenn deren Einziehung nach Lage des einzelnen Falls unbillig wäre; unter den gleichen Voraussetzungen können bereits entrichtete Beträge erstattet oder angerechnet werden.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.
(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.
Andere Urteile sind gegen eine der Höhe nach zu bestimmende Sicherheit für vorläufig vollstreckbar zu erklären. Soweit wegen einer Geldforderung zu vollstrecken ist, genügt es, wenn die Höhe der Sicherheitsleistung in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des jeweils zu vollstreckenden Betrages angegeben wird. Handelt es sich um ein Urteil, das ein Versäumnisurteil aufrechterhält, so ist auszusprechen, dass die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil nur gegen Leistung der Sicherheit fortgesetzt werden darf.