Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 K 970/06

bei uns veröffentlicht am29.04.2008

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.

Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

 
Der vollziehbar ausreisepflichtige Kläger wendet sich gegen seine Ausweisung, die darauf gestützt ist, dass er nicht an der Beschaffung gültiger Reisedokumente mitwirkt.
Der nach seinen Angaben am 04.06.1963 in Teheran geborene Kläger beantragte erstmals am 20.08.1991 Asyl. Mit Bescheid vom 29.04.1992 lehnte das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 AuslG nicht vorlägen. Mit seiner Klage gegen den Bescheid vom 29.04.1992 machte der Kläger geltend, seine ältere Schwester lebe seit sieben Jahren als anerkannte Asylberechtigte in Deutschland, seine jüngere Schwester sei ihr nachgezogen. Im Iran habe er sich in einer Arzneimittelfirma gewerkschaftlich betätigt. Später habe er auch mit einem im September 1988 festgenommenen Freund in einer kommunistischen Gruppe politisch gearbeitet. 1992 habe er in Heidelberg an einer von Sympathisanten der Volksmudjaheddin organisierten Demonstration teilgenommen. Die Klage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 22.02.1993 (A 13 K 31024/92) ab.
Mit Schriftsatz vom 05.04.1995 beantragte der Kläger, ein weiteres Asylverfahren durchzuführen. Diesen Antrag lehnte das Bundesamt mit Bescheid vom 08.06.1995 ab; zugleich drohte es dem Kläger die Abschiebung in den Iran an. Seine Klage wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit Urteil vom 27.10.1995 (A 13 K 12807/95) ab.
Am 03.08.2000 stellte der Kläger einen weiteren Asylantrag und gab an, am 17.06.1996 in den Iran zurückgekehrt und Mitte Juli 2000 erneut auf dem Luftweg nach Deutschland eingereist zu sein. Bei seiner Rückkehr in den Iran sei er festgenommen und fünf Tage lang festgehalten worden. Einer danach verhängten Meldeauflage sei er nur einmal nachgekommen. Zweieinhalb Jahre lang habe er unangemeldet in Hamadan gelebt. Wegen Teilnahme an einer Studentendemonstration sei er drei Monate lang im Gefängnis gewesen.
Mit Bescheid vom 14.12.2000 lehnte das Bundesamt den Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigter ab und stellte fest, dass die Voraussetzungen des § 51 Abs. 1 und Abschiebungshindernisse nach § 53 AuslG nicht vorlägen. Zugleich drohte es dem Kläger die Abschiebung in den Iran an. Mit Urteil vom 01.12.2003 wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage ab (A 6 K 11359/02).
Mit Schreiben vom 29.01.2004 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger darauf hin, dass er, sofern er keinen gültigen Pass oder Passersatz besitze, einen solchen zu beschaffen oder bei der Beschaffung eines Identitätspapiers mitzuwirken habe. Ggf. habe er persönlich bei seiner Heimatvertretung vorzusprechen. Für den Fall, dass er seinen Mitwirkungspflichten nicht nachkomme, habe er mit Einschränkungen bei der Duldung hinsichtlich Erwerbstätigkeit, räumlicher Beschränkung und beim Ausweisersatz zu rechnen. Der Kläger sprach hierauf beim Regierungspräsidium vor und äußerte, er habe Angst, in die Botschaft zu gehen.
Mit auf § 15 AsylVfG gestützter Verfügung vom 04.03.2004 forderte das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger auf, der Ausländerbehörde des Bürgermeisteramts Wiesloch bis spätestens einen Monat ab Zustellung der Verfügung gültige Reisedokumente vorzulegen, andernfalls innerhalb der gesetzten Frist bei der Botschaft der Islamischen Republik Iran in Frankfurt/Main vorzusprechen und einen Pass oder Passersatz zu beantragen. Die Verfügung enthält die ebenfalls den Hinweis, dass der Kläger, falls er sie nicht befolge, mit Einschränkungen hinsichtlich der Duldung und bei der Erteilung des Ausweisersatzes zu rechnen habe; ferner könne sich dann ein Abschiebungshaftgrund ergeben. Der Kläger erhob Klage, die das Verwaltungsgericht Karlsruhe mit rechtskräftigem Urteil vom 07.05.2004 abwies (A 6 K 10673/04).
Am 18.08.2004 beantragt der Kläger erneut, ein Asylverfahren durchzuführen und den Bescheid des Bundesamts vom 14.12.2000 hinsichtlich der (negativen) Feststellung zu § 53 AuslG zu ändern. Er trug vor, er sei nunmehr Mitglied der Constitutionalist Party of Iran (CPI) und habe an zahlreichen exilpolitischen Veranstaltungen teilgenommen. Mit Bescheid vom 20.08.2004 lehnte das Bundesamt auch diese Anträge ab. Mit Urteil vom 16.08.2005 wies das Verwaltungsgericht Karlsruhe die Klage ab (A 6 K 11965/04). Zwischenzeitlich war die Ehefrau des Klägers, die im Abstand von 16 Monaten nach Deutschland eingereist war, abgeschoben worden. Dem Kläger wurden die Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz gemäß § 1a AsylbLG gekürzt.
Mit Schreiben vom 23.01.2006 teilte das Regierungspräsidium Karlsruhe dem Kläger mit, dass er wegen unzureichender Mitwirkung bei der Passbeschaffung ausgewiesen werden könne, und gab ihm Gelegenheit, hierzu Stellung zu nehmen. Der Kläger trug mit Schreiben seiner damaligen Verfahrensbevollmächtigten vom 02.02.2006 vor, er habe bisher bei der für ihn zuständigen Auslandsvertretung nicht vorgesprochen, weil er sich insbesondere wegen seiner exilpolitischen Aktivitäten durch die iranischen Behörden bedroht fühle. Er betätige sich weiterhin in erheblichem Umfang für die in Mannheim niedergelassene und aktive, gegen das derzeitige iranische Regime kämpfende Organisation CPI.
10 
Mit Verfügung vom 08.03.2006 wies das Regierungspräsidium Karlsruhe den Kläger aus der Bundesrepublik Deutschland aus. In den Gründen führte es aus: Nach § 55 Abs.1 und 2 Nr. 1 AufenthG 2004 könne ein Ausländer u.a. ausgewiesen werden, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- oder Ausland mitgewirkt habe. Diese Voraussetzungen lägen vor. Auch auf die Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung hin sei der Kläger seiner Mitwirkungspflicht nicht in geeigneter Weise nachgekommen. Auf die behauptete Gefährdung im Iran könne sich der Kläger nicht berufen, weil in insgesamt vier Asylverfahren festgestellt worden sei, dass Abschiebungshindernisse nicht bestünden; die exilpolitische Tätigkeit des Klägers habe nur ein niedriges Profil. Der Kläger sei deshalb nach wie vor zur Mitwirkung verpflichtet. Sein Verhalten in den letzten Jahren zeige deutlich seine fehlende Bereitschaft, dieser Pflicht nachzukommen. Einen erhöhten Ausweisungsschutz genieße der Kläger nicht. Die Ausweisung stehe im Ermessen. Insoweit würden spezial- und generalpräventive Erwägungen berücksichtigt. Nur durch eine konsequente Ausweisungspraxis könne das Verhalten von Ausländern dahin gesteuert werden, dass sie die deutsche Rechtsordnung beachteten. Da die Ausweisung einen erheblichen Nachteil darstelle, könne damit gerechnet werden, dass sie bei Ausländern die Hemmschwelle erhöhe, bestehende Mitwirkungspflichten zu verletzen. Schutzwürdige familiäre Belange stünden der Ausweisung nicht entgegen. Duldungsgründe seien nicht erkennbar.
11 
Der Kläger hat am 06.04.2006 Klage erhoben. Er trägt vor: Seine Ausweisung sei unverhältnismäßig. Sie sei weder geeignet, noch erforderlich, seinen Aufenthalt in Deutschland oder seine Ausreise zu gestalten. Bei einer Rückkehr in den Iran befürchte er Verfolgung, dies auch deshalb, weil er nunmehr zum Christentum übergetreten sei. Er sei am 22.03.2008 in der evangelischen Kirchengemeinde D. getauft worden. Deshalb habe er am 14.04.2008 auch einen weiteren Asylantrag gestellt. Bei der Passbeantragung gegenüber den iranischen Behörden müsse er wahrheitswidrig behaupten, dass er den Pass freiwillig beantrage. Auf die Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen seine Mitwirkungspflichten sei er nicht ordnungsgemäß hingewiesen worden.
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Der Kläger beantragt,
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die Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 08.03.2006 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
16 
Er trägt mit Blick auf das Urteil des zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 eine andere Auffassung vertretenden Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg vom 13.09.2007 (11 S 442/07) vor: Die Mitwirkungspflicht eines ausreisepflichtigen abgelehnten Asylbewerbers erschöpfe sich nicht darin, bei Befragungen richtige und vollständige Angaben zu machen. Er sei unter anderem auch verpflichtet, an der Beschaffung von Identitätspapieren mitzuwirken. Dazu gehörten neben vollständigen und richtigen Angaben bei Befragungen weitere Handlungen, wie zum Beispiel der Gang zur Botschaft des Herkunftsstaats oder die Einschaltung eines Vertrauensanwalts oder von Verwandten oder Bekannten im Herkunftsstaat, um für die Einreise notwendige Dokumente zu erhalten. Der Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 habe eine Ausweisung nicht nur in Fällen falscher oder unvollständiger Auskunft zugelassen, sondern bei jeder Art von fehlender Mitwirkung an Maßnahmen, die die jeweils zuständige Behörde dem Ausländer aufgegeben habe. Die Hinweispflicht gemäß Halbsatz 2 dieses Ausweisungstatbestands bestehe nur bei einer Ausweisung wegen falscher oder unvollständiger Angaben im Verfahren auf Erlangung eines Aufenthaltstitels; sofern sie auch bei Verletzungen der Mitwirkungspflicht bestehe, gelte sie nur, wenn dabei falsche oder unrichtige Angaben gemacht worden seien.
17 
Mit Schriftsatz vom 24.04.2008 hat das Regierungspräsidium Karlsruhe mitgeteilt, es habe hilfsweise die Möglichkeit der Ausweisung gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG 2007 geprüft. Hierfür reiche es aus, dass der Kläger gegen die Passverfügung vom 04.03.2004 verstoßen habe. Eines vorherigen Hinweises auf mögliche Rechtsfolgen bedürfe es hier nicht.
18 
Der Kammer liegen drei Hefte Ausländerakten des Regierungspräsidiums Karlsruhe vor.

Entscheidungsgründe

 
19 
Die als Anfechtungsklage statthafte und auch sonst zulässige Klage ist nicht begründet. Die Ausweisungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtung einer Ausweisung ist gemäß der zu dieser Frage jüngst ergangenen Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - AuAS 2008, 40).
21 
Demzufolge dürfte die angefochtene Ausweisungsverfügung ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in der Fassung von Art. 1 Nr. 43 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) finden (so auch Armbruster, HTK-AuslR, zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, Stand April 2008). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zur zeitlichen Geltung von § 46 Nr. 1 Alt. 1 AuslG in der Fassung von Art. 11 Nr. 7 des Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361), dem § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 entspricht, die Auffassung geäußert, maßgeblich dafür, welche Fassung der Vorschrift anzuwenden sei, sei mangels Übergangsregelung insoweit ohne Weiteres der Zeitpunkt der Befragung; es komme darauf an, ob die Befragung, bei der der Ausländer falsche Angaben gemacht hatte, nach Maßgabe des neuen Ausweisungstatbestands erfolgt sei (BVerwG, Beschl. v. 12.12.2007 – 1 B 25.07 – juris im Anschluss an OVG Saarland, Urt. v. 30.11.2006 – 2 R 4/06 – juris; a.A. noch OVG Bremen, Beschl. v. 31.03.2003 – 1 B 348/02 – NordöR 2003, 211). Ob dem überhaupt oder jedenfalls für den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1a AufenthG 2007 („falsche oder unvollständige Angaben“) zu folgen ist, kann aber dahinstehen. Offenbleiben kann auch, ob diese Rechtsprechung auf den hier einschlägigen Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 übertragen werden kann, wenn das dort sanktionierte Unterlassen einer Mitwirkung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift hinaus andauert. Denn die Ausweisung ist sowohl am Maßstab des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 wie auch am Maßstab von § 46 Nr. 1 und 2 AuslG 2002 bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG 2004 gemessen rechtmäßig.
22 
Gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 kann ein Ausländer nach Absatz 1 (insbesondere) ausgewiesen werden, wenn er a) falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder b) trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörde mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde.
23 
Da die Ausweisung darauf gestützt ist, dass der Kläger keinen iranischen Pass bzw. Passersatzes beantragt hat, kommt vorrangig § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 als Rechtsgrundlage in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen vor.
24 
Bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes für einen vollziehbar ausreisepflichtigen Asylbewerber handelt es sich um eine Maßnahme der zur Durchführung „dieses Gesetzes“ zuständigen Behörde im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007. Dem steht nicht entgegen, dass die Verfügung vom 04.03.2004 auf § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG gestützt ist, der nach Abschluss des Asylverfahrens „nachwirkt“ (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.12.2000 - 11 S 1592/00 - VBlBW 2001, 329, sowie § 15 Abs. 5 AsylVfG; VG Greifswald, Beschl. v. 12.1.2001 - 2 B 1811/00 - juris).
25 
Den Kläger trifft die Rechtspflicht, an der Beschaffung eines iranischen Passes bzw. Passersatzes in der Weise mitzuwirken, dass er beim Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran in Frankfurt/Main vorspricht und ein solches Reisedokument beantragt. Dies steht aufgrund der bestandskräftigen Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.03.2004 (im Folgenden: Passverfügung) und des hierzu ergangenen rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.05.2004 (A 6 K 10673/04) fest. Soweit er insoweit geltend macht, diese Art der Mitwirkung sei ihm nicht zuzumuten, weil er sich exilpolitisch gegen die iranische Regierung hervorgetan habe und weil er nunmehr evangelisch getauft sei, bringt er Gründe vor, die die fortdauernde Rechtmäßigkeit dieser Verfügung betreffen. Deren Rechtswirkung endete aber nur, wenn das Regierungspräsidium das Verwaltungsverfahren wiederaufgreifen und die Verfügung aufheben würde. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger aber nicht gestellt. Im Übrigen wäre der Beklagte, soweit der Kläger Umstände vorträgt, die ein Abschiebungsverbot begründen sollen, an die zuletzt hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesamts vom 14.12.2000 und vom 20.08.2004 zum (Nicht-)Vorliegen von asylrechtlichen oder sonstigen Abschiebungshindernissen gebunden (§ 42 AsylVfG); dies gilt, solange das Bundesamt nicht auf den nunmehr vom Kläger gestellten weiteren Asylantrag mitteilt, dass der Asylfolgeantrag Aussicht auf Erfolg hat. Umstände, die unabhängig hiervon dem Kläger eine Vorsprache und Antragstellung bei der iranischen Auslandsvertretung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich.
26 
Der Kläger hat der bezeichneten Rechtspflicht zur Mitwirkung bis heute nicht entsprochen. Der Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 erfasst einen Verstoß gegen diese Rechtspflicht. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahin, dass sie nur bei falschen oder unvollständigen Angaben bei Befragungen, etwa gemäß § 49 Abs. 2 AufenthG, gilt, welche im Rahmen der erforderlichen Mitwirkung eines Ausländers erfolgen können, ist nicht geboten.
27 
Soweit der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 AufenthG 2004 (und damit auch § 46 Nr. 1 AuslG 2002) einschränkend ausgelegt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - juris), ist dem durch die Neufassung der Vorschrift durch das Richtlinienumsetzungsgesetz die Grundlage entzogen worden (so auch Armbruster, HTK-AuslR, zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Insbesondere weist die Fassung des Hinweiserfordernisses nunmehr nicht mehr darauf hin, dass nur Falschangaben oder unvollständige Angaben im Rahmen einer geforderten Mitwirkung vom Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 umfasst sein sollen. Vielmehr hat der Gesetzgeber das Hinweiserfordernis allgemein auf „Handlungen“ nach den Ausweisungstatbeständen in Nr. 1a und b der Vorschrift erstreckt. Zwar wird gegen Mitwirkungspflichten im Sinne der Nr. 1b in der Regel nicht durch Handlungen, sondern durch ein Unterlassen verstoßen. Hätte der Gesetzgeber jedoch das Hinweiserfordernis auf „Handlungen“ im engeren Sinn beschränken wollen, hätte er aber nicht im Anschluss an die Ausweisungstatbestände Nr. 1a und b von „solchen Handlungen“ sprechen dürfen. Eine über den engeren Wortsinn des Begriffs „Handlungen“ hinausgehende, echte Unterlassungen erfassende Auslegung des Hinweiserfordernisses entspricht im Übrigen auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn mit dem Hinweiserfordernis soll der Ausländer davor geschützt werden, dass er durch eine unbedachte Handlung (falsche oder unvollständige Angaben) oder durch eine unbedachte Unterlassung bei einer von ihm geforderten Mitwirkung einen Ausweisungstatbestand verwirklicht (vgl., zur vergleichbaren Hinweisobliegenheit gemäß § 54 Nr. 6 AufenthG, Discher, in: GK-AuslR Stand Januar 2007, § 54 AufenthG Rdnr. 761 ff.). Ein für die Ausweisung hinreichendes Gewicht sollen falsche oder unvollständige Angaben oder eine unterbliebene Mitwirkung somit nur haben, wenn dem Ausländer die Bedeutung eines Verstoßes gegen die jeweilige Rechtspflicht bewusst gemacht worden ist. Ein entsprechender Hinweis erscheint bei einer Unterlassung der Mitwirkung etwa bei der Beschaffung von Reisedokumenten umso mehr gefordert, als eine Unterlassung der Mitwirkung allenfalls eine Ordnungswidrigkeit, nicht aber - wie falsche oder unvollständige Angaben im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder einer Duldung - eine Straftat sein kann (vgl. § 98 Abs. 2 Nr. 3 und § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG).
28 
Ein anderes Verständnis legt die Begründung zum Gesetzentwurf nicht nahe. Sie sagt nur, dass die Vorschrift zur Beseitigung von Widersprüchen klarer gefasst worden sei (BT-Drucks. 16/5065 zu Art. 1 Nr. 43 zu Buchstabe a, S. 79). Damit könnte sogar gerade als „Widerspruch“ angesprochen sein, dass in der Literatur wohl überwiegend die Auffassung vertreten worden ist, § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 erstrecke das Hinweiserfordernis nicht auf den Ausweisungstatbestand wegen unterlassener Mitwirkung (vgl. u.a. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Dezember 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 22, sowie die weiteren Nachweise bei VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - a.a.O.).
29 
Diese gegenüber der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 (Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - a.a.O.) zu einem Hinweiserfordernis in weiterem Umfang führende Auslegung erscheint auch deshalb als angebracht, weil ansonsten regelmäßig § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG 2004/2007 eingreifen würde, sobald gegen eine Verfügung der Ausländerbehörde, mit der die Rechtspflicht zur Mitwirkung durch eine Ordnungsverfügung gemäß 46 Abs. 1 AufenthG konkretisiert worden ist, verstoßen würde; ein Hinweiserfordernis sieht dieser Ausweisungstatbestand aber gerade nicht vor.
30 
Die Beklagte hat dem Hinweiserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 a.E. genügt.
31 
Zwar ist unklar, auf welche Rechtsfolgen im Einzelnen hingewiesen werden muss; denkbar ist auch, dass es genügt, überhaupt auf Rechtsfolgen hinzuweisen, weil schon dadurch dem Betroffenen klar gemacht wird, dass ein Verstoß gegen die ihm auferlegte Rechtspflicht nicht nur geringfügig wäre. Dabei haben falsche und unvollständige Angaben in bestimmten Verfahren oder eine unterlassene Mitwirkung vielfältige Rechtsfolgen. Falsche oder unvollständige Angaben sind in bestimmten Fällen strafbar (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG), das Zuwiderhandeln einer vollziehbaren Anordnung gemäß § 46 Abs. 1 AufenthG ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 98 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG), Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz können eingeschränkt werden (§ 1a Nr. 2 AsylbLG). In die Duldung können Beschränkungen aufgenommen werden (§ 61 AufenthG). Für ein nicht formalisierendes Verständnis der Hinweispflicht spricht, dass die Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG 2002 auf die Hinweispflicht nur im Zusammenhang mit der Täuschung einer Auslandsvertretung eines anderen Schengen-Anwenderstaates im Sichtvermerksverfahren eingeht (BT-Drucks. 14/7386 (neu) zu Art. 11 Nr. 7 des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 08.11.2001, S. 56), bei einem entsprechenden Hinweis einer solchen ausländischen Stelle aber kaum auf sämtliche in Betracht kommenden Sanktionen in den Schengen-Anwenderstaaten eingegangen werden kann. Andererseits spricht viel dafür, dass der Hinweis in jedem Fall die Möglichkeit einer Ausweisung umfassen soll (vgl., zur entsprechenden Hinweisobliegenheit gemäß § 54 Nr. 6 AufenthG, Discher, in: GK-AuslR Stand Januar 2007, § 54 AufenthG Rdnr. 761 ff., 766).
32 
Offenbleiben können auch diese Rechtsfragen, weil das Regierungspräsidium den Kläger umfassend auf mögliche Rechtsfolgen hingewiesen hat, falls er die Passverfügung missachtet. Die dem Kläger insoweit vor Erlass der Passverfügung und in dieser selbst erteilten Hinweise nennen zwar nicht die Möglichkeit, dass er wegen unterlassener Mitwirkung ausgewiesen werden könnte. Das Regierungspräsidium hat dies dem Kläger aber in der Anhörung zur Ausweisung mit Schreiben vom 23.01.2006 deutlich gemacht.
33 
Dies reicht nach Überzeugung der Kammer aus. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 muss der Ausländer „zuvor“ auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen worden sein. Für die Tatbestandsalternative falscher oder unvollständiger Angaben (Nr. 1a) wird damit an den Zeitpunkt der Befragung angeknüpft (so ausdrücklich noch § 52 Nr. 1 AufenthG 2004 am Ende). Für die hier einschlägige Tatbestandsalternative der unterlassenen Mitwirkung ist es aber ausreichend, wenn im Laufe eines fortdauernden Verstoßes gegen eine durch Verfügung aufgegebenen Rechtspflicht auf die möglichen Rechtsfolgen hingewiesen wird. Ein solcher Hinweis muss nicht bereits in dieser Verfügung enthalten sein. Es muss dem Betroffenen nur hinreichend Gelegenheit bleiben, nach Erhalt des Hinweises durch seine Mitwirkung eine Ausweisung abzuwenden. Dies war hier der Fall.
34 
Das somit eröffnete Ausweisungsermessen hat das Regierungspräsidium ohne Rechtsfehler ausgeübt (§ 40 LVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO). Insoweit kann auf die Begründung der angefochtenen Verfügung verwiesen werden. Diese ist insbesondere darauf gestützt, dass der Kläger gerade auch nach Hinweis auf eine mögliche Ausweisung seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Ausweisung des Klägers ist auch unter spezial- und generalpräventiven Erwägungen geeignet und erforderlich. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger sich möglicherweise oder gar wahrscheinlich nicht von der Ausweisung beeindrucken lassen und nunmehr seiner Mitwirkungspflicht nun nachkommen wird. Denn zum einen ist nicht völlig ausgeschlossen, dass dem Kläger bei Änderung der Verhältnisse eine Perspektive auf einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet zuwachsen könnte. Zum anderen sind Ausweisungen in solchen Fällen geeignet, diejenigen Ausländer zur Beachtung von Mitwirkungspflichten anzuhalten, welche ein Interesse daran haben, die Rechtsfolgen der Ausweisung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG) zu vermeiden.
35 
Rechtmäßig wäre die angefochtene Verfügung aber auch dann, wenn sie auf § 55 AufenthG 2004 bzw., da die Mitwirkungsverfügung vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes 2004 erlassen wurde, auf § 46 AuslG 2002 zu stützen wäre. Zwar wäre § 55 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 AufenthG 2004 bzw. § 46 Nr. 1 AuslG 2002 insoweit nicht einschlägig; denn nach der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - a.a.O.), der die Kammer folgt, umfasst der dort geregelte Ausweisungstatbestand nur die Verletzung einer Auskunftspflicht und nicht jegliche Art einer unterlassenen Mitwirkung. Gestützt werden könnte die Ausweisung aber auf Nr. 2 der jeweiligen Vorschrift. Denn indem der Kläger der Passverfügung über Jahre hinweg nicht Folge geleistet hat, hätte er nicht nur geringfügig gegen eine behördliche Verfügung verstoßen. Ein Hinweiserfordernis enthält dieser Ausweisungstatbestand nicht. Dass das Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung als Ausweisungstatbestand § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG angegeben hat, führt nicht zu ihrer Rechtswidrigkeit. Denn die darin angeführten Ermessenserwägungen entsprechen denen, die bei einer Ausweisung nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG 2004 bzw. § 46 Nr. 2 AuslG 2002 anzustellen sind. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium mit seinem Schriftsatz vom 24.04.2008 klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung ggf. auch auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützt würde.
36 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Berufung ist zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die entscheidungserhebliche Frage, ob es dem Hinweiserfordernis in § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 genügt, wenn der Hinweis erst nach Erlass einer Mitwirkungsverfügung und erst im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung wegen unterlassener Mitwirkung erteilt wird, hat grundsätzliche Bedeutung.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,- festgesetzt.
40 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

Gründe

 
19 
Die als Anfechtungsklage statthafte und auch sonst zulässige Klage ist nicht begründet. Die Ausweisungsverfügung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).
20 
Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage bei Anfechtung einer Ausweisung ist gemäß der zu dieser Frage jüngst ergangenen Grundsatzentscheidung des Bundesverwaltungsgerichts der Zeitpunkt der mündlichen Verhandlung (BVerwG, Urt. v. 15.11.2007 - 1 C 45.06 - AuAS 2008, 40).
21 
Demzufolge dürfte die angefochtene Ausweisungsverfügung ihre Rechtsgrundlage in § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in der Fassung von Art. 1 Nr. 43 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I S. 1970) finden (so auch Armbruster, HTK-AuslR, zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, Stand April 2008). Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht zur zeitlichen Geltung von § 46 Nr. 1 Alt. 1 AuslG in der Fassung von Art. 11 Nr. 7 des Gesetzes zur Bekämpfung des Terrorismus vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361), dem § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 entspricht, die Auffassung geäußert, maßgeblich dafür, welche Fassung der Vorschrift anzuwenden sei, sei mangels Übergangsregelung insoweit ohne Weiteres der Zeitpunkt der Befragung; es komme darauf an, ob die Befragung, bei der der Ausländer falsche Angaben gemacht hatte, nach Maßgabe des neuen Ausweisungstatbestands erfolgt sei (BVerwG, Beschl. v. 12.12.2007 – 1 B 25.07 – juris im Anschluss an OVG Saarland, Urt. v. 30.11.2006 – 2 R 4/06 – juris; a.A. noch OVG Bremen, Beschl. v. 31.03.2003 – 1 B 348/02 – NordöR 2003, 211). Ob dem überhaupt oder jedenfalls für den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1a AufenthG 2007 („falsche oder unvollständige Angaben“) zu folgen ist, kann aber dahinstehen. Offenbleiben kann auch, ob diese Rechtsprechung auf den hier einschlägigen Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 übertragen werden kann, wenn das dort sanktionierte Unterlassen einer Mitwirkung über den Zeitpunkt des Inkrafttretens der Vorschrift hinaus andauert. Denn die Ausweisung ist sowohl am Maßstab des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 wie auch am Maßstab von § 46 Nr. 1 und 2 AuslG 2002 bzw. § 55 Abs. 2 Nr. 1 und 2 AufenthG 2004 gemessen rechtmäßig.
22 
Gemäß § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 kann ein Ausländer nach Absatz 1 (insbesondere) ausgewiesen werden, wenn er a) falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder b) trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörde mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde.
23 
Da die Ausweisung darauf gestützt ist, dass der Kläger keinen iranischen Pass bzw. Passersatzes beantragt hat, kommt vorrangig § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 als Rechtsgrundlage in Betracht. Dessen Voraussetzungen liegen vor.
24 
Bei der Beschaffung eines Passes oder Passersatzes für einen vollziehbar ausreisepflichtigen Asylbewerber handelt es sich um eine Maßnahme der zur Durchführung „dieses Gesetzes“ zuständigen Behörde im Sinne von § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007. Dem steht nicht entgegen, dass die Verfügung vom 04.03.2004 auf § 15 Abs. 2 Nr. 6 AsylVfG gestützt ist, der nach Abschluss des Asylverfahrens „nachwirkt“ (vgl. VGH Bad.-Württ., Urt. v. 27.12.2000 - 11 S 1592/00 - VBlBW 2001, 329, sowie § 15 Abs. 5 AsylVfG; VG Greifswald, Beschl. v. 12.1.2001 - 2 B 1811/00 - juris).
25 
Den Kläger trifft die Rechtspflicht, an der Beschaffung eines iranischen Passes bzw. Passersatzes in der Weise mitzuwirken, dass er beim Generalkonsulat der Islamischen Republik Iran in Frankfurt/Main vorspricht und ein solches Reisedokument beantragt. Dies steht aufgrund der bestandskräftigen Verfügung des Regierungspräsidiums Karlsruhe vom 04.03.2004 (im Folgenden: Passverfügung) und des hierzu ergangenen rechtskräftigen Urteils des Verwaltungsgerichts Karlsruhe vom 07.05.2004 (A 6 K 10673/04) fest. Soweit er insoweit geltend macht, diese Art der Mitwirkung sei ihm nicht zuzumuten, weil er sich exilpolitisch gegen die iranische Regierung hervorgetan habe und weil er nunmehr evangelisch getauft sei, bringt er Gründe vor, die die fortdauernde Rechtmäßigkeit dieser Verfügung betreffen. Deren Rechtswirkung endete aber nur, wenn das Regierungspräsidium das Verwaltungsverfahren wiederaufgreifen und die Verfügung aufheben würde. Einen entsprechenden Antrag hat der Kläger aber nicht gestellt. Im Übrigen wäre der Beklagte, soweit der Kläger Umstände vorträgt, die ein Abschiebungsverbot begründen sollen, an die zuletzt hierzu ergangenen Entscheidungen des Bundesamts vom 14.12.2000 und vom 20.08.2004 zum (Nicht-)Vorliegen von asylrechtlichen oder sonstigen Abschiebungshindernissen gebunden (§ 42 AsylVfG); dies gilt, solange das Bundesamt nicht auf den nunmehr vom Kläger gestellten weiteren Asylantrag mitteilt, dass der Asylfolgeantrag Aussicht auf Erfolg hat. Umstände, die unabhängig hiervon dem Kläger eine Vorsprache und Antragstellung bei der iranischen Auslandsvertretung unzumutbar machen könnten, sind nicht ersichtlich.
26 
Der Kläger hat der bezeichneten Rechtspflicht zur Mitwirkung bis heute nicht entsprochen. Der Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 erfasst einen Verstoß gegen diese Rechtspflicht. Eine einschränkende Auslegung der Vorschrift dahin, dass sie nur bei falschen oder unvollständigen Angaben bei Befragungen, etwa gemäß § 49 Abs. 2 AufenthG, gilt, welche im Rahmen der erforderlichen Mitwirkung eines Ausländers erfolgen können, ist nicht geboten.
27 
Soweit der Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg den Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 3 AufenthG 2004 (und damit auch § 46 Nr. 1 AuslG 2002) einschränkend ausgelegt hat (VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - juris), ist dem durch die Neufassung der Vorschrift durch das Richtlinienumsetzungsgesetz die Grundlage entzogen worden (so auch Armbruster, HTK-AuslR, zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG). Insbesondere weist die Fassung des Hinweiserfordernisses nunmehr nicht mehr darauf hin, dass nur Falschangaben oder unvollständige Angaben im Rahmen einer geforderten Mitwirkung vom Ausweisungstatbestand des § 55 Abs. 2 Nr. 1b AufenthG 2007 umfasst sein sollen. Vielmehr hat der Gesetzgeber das Hinweiserfordernis allgemein auf „Handlungen“ nach den Ausweisungstatbeständen in Nr. 1a und b der Vorschrift erstreckt. Zwar wird gegen Mitwirkungspflichten im Sinne der Nr. 1b in der Regel nicht durch Handlungen, sondern durch ein Unterlassen verstoßen. Hätte der Gesetzgeber jedoch das Hinweiserfordernis auf „Handlungen“ im engeren Sinn beschränken wollen, hätte er aber nicht im Anschluss an die Ausweisungstatbestände Nr. 1a und b von „solchen Handlungen“ sprechen dürfen. Eine über den engeren Wortsinn des Begriffs „Handlungen“ hinausgehende, echte Unterlassungen erfassende Auslegung des Hinweiserfordernisses entspricht im Übrigen auch Sinn und Zweck der Vorschrift. Denn mit dem Hinweiserfordernis soll der Ausländer davor geschützt werden, dass er durch eine unbedachte Handlung (falsche oder unvollständige Angaben) oder durch eine unbedachte Unterlassung bei einer von ihm geforderten Mitwirkung einen Ausweisungstatbestand verwirklicht (vgl., zur vergleichbaren Hinweisobliegenheit gemäß § 54 Nr. 6 AufenthG, Discher, in: GK-AuslR Stand Januar 2007, § 54 AufenthG Rdnr. 761 ff.). Ein für die Ausweisung hinreichendes Gewicht sollen falsche oder unvollständige Angaben oder eine unterbliebene Mitwirkung somit nur haben, wenn dem Ausländer die Bedeutung eines Verstoßes gegen die jeweilige Rechtspflicht bewusst gemacht worden ist. Ein entsprechender Hinweis erscheint bei einer Unterlassung der Mitwirkung etwa bei der Beschaffung von Reisedokumenten umso mehr gefordert, als eine Unterlassung der Mitwirkung allenfalls eine Ordnungswidrigkeit, nicht aber - wie falsche oder unvollständige Angaben im Verfahren auf Erteilung eines Aufenthaltstitels oder einer Duldung - eine Straftat sein kann (vgl. § 98 Abs. 2 Nr. 3 und § 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG).
28 
Ein anderes Verständnis legt die Begründung zum Gesetzentwurf nicht nahe. Sie sagt nur, dass die Vorschrift zur Beseitigung von Widersprüchen klarer gefasst worden sei (BT-Drucks. 16/5065 zu Art. 1 Nr. 43 zu Buchstabe a, S. 79). Damit könnte sogar gerade als „Widerspruch“ angesprochen sein, dass in der Literatur wohl überwiegend die Auffassung vertreten worden ist, § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 erstrecke das Hinweiserfordernis nicht auf den Ausweisungstatbestand wegen unterlassener Mitwirkung (vgl. u.a. Hailbronner, Ausländerrecht, Stand Dezember 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 22, sowie die weiteren Nachweise bei VGH Bad.-Württ., Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - a.a.O.).
29 
Diese gegenüber der jüngeren Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2004 (Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - a.a.O.) zu einem Hinweiserfordernis in weiterem Umfang führende Auslegung erscheint auch deshalb als angebracht, weil ansonsten regelmäßig § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG 2004/2007 eingreifen würde, sobald gegen eine Verfügung der Ausländerbehörde, mit der die Rechtspflicht zur Mitwirkung durch eine Ordnungsverfügung gemäß 46 Abs. 1 AufenthG konkretisiert worden ist, verstoßen würde; ein Hinweiserfordernis sieht dieser Ausweisungstatbestand aber gerade nicht vor.
30 
Die Beklagte hat dem Hinweiserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 a.E. genügt.
31 
Zwar ist unklar, auf welche Rechtsfolgen im Einzelnen hingewiesen werden muss; denkbar ist auch, dass es genügt, überhaupt auf Rechtsfolgen hinzuweisen, weil schon dadurch dem Betroffenen klar gemacht wird, dass ein Verstoß gegen die ihm auferlegte Rechtspflicht nicht nur geringfügig wäre. Dabei haben falsche und unvollständige Angaben in bestimmten Verfahren oder eine unterlassene Mitwirkung vielfältige Rechtsfolgen. Falsche oder unvollständige Angaben sind in bestimmten Fällen strafbar (§ 95 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG), das Zuwiderhandeln einer vollziehbaren Anordnung gemäß § 46 Abs. 1 AufenthG ist eine Ordnungswidrigkeit (§ 98 Abs. 3 Nr. 3 AufenthG), Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz können eingeschränkt werden (§ 1a Nr. 2 AsylbLG). In die Duldung können Beschränkungen aufgenommen werden (§ 61 AufenthG). Für ein nicht formalisierendes Verständnis der Hinweispflicht spricht, dass die Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG 2002 auf die Hinweispflicht nur im Zusammenhang mit der Täuschung einer Auslandsvertretung eines anderen Schengen-Anwenderstaates im Sichtvermerksverfahren eingeht (BT-Drucks. 14/7386 (neu) zu Art. 11 Nr. 7 des Entwurfs eines Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus vom 08.11.2001, S. 56), bei einem entsprechenden Hinweis einer solchen ausländischen Stelle aber kaum auf sämtliche in Betracht kommenden Sanktionen in den Schengen-Anwenderstaaten eingegangen werden kann. Andererseits spricht viel dafür, dass der Hinweis in jedem Fall die Möglichkeit einer Ausweisung umfassen soll (vgl., zur entsprechenden Hinweisobliegenheit gemäß § 54 Nr. 6 AufenthG, Discher, in: GK-AuslR Stand Januar 2007, § 54 AufenthG Rdnr. 761 ff., 766).
32 
Offenbleiben können auch diese Rechtsfragen, weil das Regierungspräsidium den Kläger umfassend auf mögliche Rechtsfolgen hingewiesen hat, falls er die Passverfügung missachtet. Die dem Kläger insoweit vor Erlass der Passverfügung und in dieser selbst erteilten Hinweise nennen zwar nicht die Möglichkeit, dass er wegen unterlassener Mitwirkung ausgewiesen werden könnte. Das Regierungspräsidium hat dies dem Kläger aber in der Anhörung zur Ausweisung mit Schreiben vom 23.01.2006 deutlich gemacht.
33 
Dies reicht nach Überzeugung der Kammer aus. Nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 muss der Ausländer „zuvor“ auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen worden sein. Für die Tatbestandsalternative falscher oder unvollständiger Angaben (Nr. 1a) wird damit an den Zeitpunkt der Befragung angeknüpft (so ausdrücklich noch § 52 Nr. 1 AufenthG 2004 am Ende). Für die hier einschlägige Tatbestandsalternative der unterlassenen Mitwirkung ist es aber ausreichend, wenn im Laufe eines fortdauernden Verstoßes gegen eine durch Verfügung aufgegebenen Rechtspflicht auf die möglichen Rechtsfolgen hingewiesen wird. Ein solcher Hinweis muss nicht bereits in dieser Verfügung enthalten sein. Es muss dem Betroffenen nur hinreichend Gelegenheit bleiben, nach Erhalt des Hinweises durch seine Mitwirkung eine Ausweisung abzuwenden. Dies war hier der Fall.
34 
Das somit eröffnete Ausweisungsermessen hat das Regierungspräsidium ohne Rechtsfehler ausgeübt (§ 40 LVwVfG, § 114 Satz 1 VwGO). Insoweit kann auf die Begründung der angefochtenen Verfügung verwiesen werden. Diese ist insbesondere darauf gestützt, dass der Kläger gerade auch nach Hinweis auf eine mögliche Ausweisung seiner Mitwirkungspflicht nicht nachgekommen ist. Die Ausweisung des Klägers ist auch unter spezial- und generalpräventiven Erwägungen geeignet und erforderlich. Dem steht nicht entgegen, dass der Kläger sich möglicherweise oder gar wahrscheinlich nicht von der Ausweisung beeindrucken lassen und nunmehr seiner Mitwirkungspflicht nun nachkommen wird. Denn zum einen ist nicht völlig ausgeschlossen, dass dem Kläger bei Änderung der Verhältnisse eine Perspektive auf einen Daueraufenthalt im Bundesgebiet zuwachsen könnte. Zum anderen sind Ausweisungen in solchen Fällen geeignet, diejenigen Ausländer zur Beachtung von Mitwirkungspflichten anzuhalten, welche ein Interesse daran haben, die Rechtsfolgen der Ausweisung (§ 11 Abs. 1 Satz 1 und 2 AufenthG) zu vermeiden.
35 
Rechtmäßig wäre die angefochtene Verfügung aber auch dann, wenn sie auf § 55 AufenthG 2004 bzw., da die Mitwirkungsverfügung vor Inkrafttreten des Aufenthaltsgesetzes 2004 erlassen wurde, auf § 46 AuslG 2002 zu stützen wäre. Zwar wäre § 55 Abs. 2 Nr. 1 Alt. 2 AufenthG 2004 bzw. § 46 Nr. 1 AuslG 2002 insoweit nicht einschlägig; denn nach der erwähnten Rechtsprechung des Verwaltungsgerichtshofs Baden-Württemberg (Urt. v. 13.09.2007 - 11 S 442/07 - a.a.O.), der die Kammer folgt, umfasst der dort geregelte Ausweisungstatbestand nur die Verletzung einer Auskunftspflicht und nicht jegliche Art einer unterlassenen Mitwirkung. Gestützt werden könnte die Ausweisung aber auf Nr. 2 der jeweiligen Vorschrift. Denn indem der Kläger der Passverfügung über Jahre hinweg nicht Folge geleistet hat, hätte er nicht nur geringfügig gegen eine behördliche Verfügung verstoßen. Ein Hinweiserfordernis enthält dieser Ausweisungstatbestand nicht. Dass das Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung als Ausweisungstatbestand § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG angegeben hat, führt nicht zu ihrer Rechtswidrigkeit. Denn die darin angeführten Ermessenserwägungen entsprechen denen, die bei einer Ausweisung nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG 2004 bzw. § 46 Nr. 2 AuslG 2002 anzustellen sind. Im Übrigen hat das Regierungspräsidium mit seinem Schriftsatz vom 24.04.2008 klargestellt, dass die Ausweisungsverfügung ggf. auch auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützt würde.
36 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
37 
Die Berufung ist zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 und § 124a Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die entscheidungserhebliche Frage, ob es dem Hinweiserfordernis in § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG 2007 genügt, wenn der Hinweis erst nach Erlass einer Mitwirkungsverfügung und erst im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Ausweisung wegen unterlassener Mitwirkung erteilt wird, hat grundsätzliche Bedeutung.
38 
Beschluss
39 
Der Streitwert wird gemäß § 52 Abs. 2 GKG auf EUR 5.000,- festgesetzt.
40 
Hinsichtlich der Beschwerdemöglichkeit gegen die Streitwertfestsetzung wird auf § 68 Abs. 1 Satz 1 und 3 GKG verwiesen.

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 K 970/06 zitiert 19 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 52 Verfahren vor Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit


(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124a


(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nic

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Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 11 Einreise- und Aufenthaltsverbot


(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen n

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 55 Bleibeinteresse


(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,2. eine Aufenthaltserlaubnis besitzt

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 54 Ausweisungsinteresse


(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer 1. wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 2 Begriffsbestimmungen


(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist. (2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 95 Strafvorschriften


(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer 1. entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,2. ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet a

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Asylbewerberleistungsgesetz - AsylbLG | § 1a Anspruchseinschränkung


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 46 Ordnungsverfügungen


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Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 98 Bußgeldvorschriften


(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b bezeichnete Handlung fahrlässig begeht. (2) Ordnungswidrig handelt, wer 1. entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 einen Nachweis nicht führt,2. entgegen § 13 Abs

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Verwaltungsgericht Karlsruhe Urteil, 29. Apr. 2008 - 5 K 970/06 zitiert oder wird zitiert von 2 Urteil(en).

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Verwaltungsgerichtshof Baden-Württemberg Urteil, 13. Sept. 2007 - 11 S 442/07

bei uns veröffentlicht am 13.09.2007

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen. Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Urteil, 30. Nov. 2006 - 2 R 4/06

bei uns veröffentlicht am 30.11.2006

Tenor Die Berufung wird zurückgewiesen. Die Beklagte und der Beigeladene, die ihre eigenen Kosten selbst tragen, tragen die Kosten des Berufungsverfahrens im Übrigen je zur Hälfte. Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Referenzen

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Ausländer ist jeder, der nicht Deutscher im Sinne des Artikels 116 Abs. 1 des Grundgesetzes ist.

(2) Erwerbstätigkeit ist die selbständige Tätigkeit, die Beschäftigung im Sinne von § 7 des Vierten Buches Sozialgesetzbuch und die Tätigkeit als Beamter.

(3) Der Lebensunterhalt eines Ausländers ist gesichert, wenn er ihn einschließlich ausreichenden Krankenversicherungsschutzes ohne Inanspruchnahme öffentlicher Mittel bestreiten kann. Nicht als Inanspruchnahme öffentlicher Mittel gilt der Bezug von:

1.
Kindergeld,
2.
Kinderzuschlag,
3.
Erziehungsgeld,
4.
Elterngeld,
5.
Leistungen der Ausbildungsförderung nach dem Dritten Buch Sozialgesetzbuch, dem Bundesausbildungsförderungsgesetz und dem Aufstiegsfortbildungsförderungsgesetz,
6.
öffentlichen Mitteln, die auf Beitragsleistungen beruhen oder die gewährt werden, um den Aufenthalt im Bundesgebiet zu ermöglichen und
7.
Leistungen nach dem Unterhaltsvorschussgesetz.
Ist der Ausländer in einer gesetzlichen Krankenversicherung krankenversichert, hat er ausreichenden Krankenversicherungsschutz. Bei der Erteilung oder Verlängerung einer Aufenthaltserlaubnis zum Familiennachzug werden Beiträge der Familienangehörigen zum Haushaltseinkommen berücksichtigt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16a bis 16c, 16e sowie 16f mit Ausnahme der Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, als gesichert, wenn der Ausländer über monatliche Mittel in Höhe des monatlichen Bedarfs, der nach den §§ 13 und 13a Abs. 1 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bestimmt wird, verfügt. Der Lebensunterhalt gilt für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach den §§ 16d, 16f Absatz 1 für Teilnehmer an Sprachkursen, die nicht der Studienvorbereitung dienen, sowie § 17 als gesichert, wenn Mittel entsprechend Satz 5 zuzüglich eines Aufschlages um 10 Prozent zur Verfügung stehen. Das Bundesministerium des Innern, für Bau und Heimat gibt die Mindestbeträge nach Satz 5 für jedes Kalenderjahr jeweils bis zum 31. August des Vorjahres im Bundesanzeiger bekannt.

(4) Als ausreichender Wohnraum wird nicht mehr gefordert, als für die Unterbringung eines Wohnungssuchenden in einer öffentlich geförderten Sozialmietwohnung genügt. Der Wohnraum ist nicht ausreichend, wenn er den auch für Deutsche geltenden Rechtsvorschriften hinsichtlich Beschaffenheit und Belegung nicht genügt. Kinder bis zur Vollendung des zweiten Lebensjahres werden bei der Berechnung des für die Familienunterbringung ausreichenden Wohnraumes nicht mitgezählt.

(5) Schengen-Staaten sind die Staaten, in denen folgende Rechtsakte in vollem Umfang Anwendung finden:

1.
Übereinkommen zur Durchführung des Übereinkommens von Schengen vom 14. Juni 1985 zwischen den Regierungen der Staaten der Benelux-Wirtschaftsunion, der Bundesrepublik Deutschland und der Französischen Republik betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen (ABl. L 239 vom 22.9.2000, S. 19),
2.
die Verordnung (EU) 2016/399 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2016 über einen Gemeinschaftskodex für das Überschreiten der Grenzen durch Personen (Schengener Grenzkodex) (ABl. L 77 vom 23.3.2016, S. 1) und
3.
die Verordnung (EG) Nr. 810/2009 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Juli 2009 über einen Visakodex der Gemeinschaft (ABl. L 243 vom 15.9.2009, S. 1).

(6) Vorübergehender Schutz im Sinne dieses Gesetzes ist die Aufenthaltsgewährung in Anwendung der Richtlinie 2001/55/EG des Rates vom 20. Juli 2001 über Mindestnormen für die Gewährung vorübergehenden Schutzes im Falle eines Massenzustroms von Vertriebenen und Maßnahmen zur Förderung einer ausgewogenen Verteilung der Belastungen, die mit der Aufnahme dieser Personen und den Folgen dieser Aufnahme verbunden sind, auf die Mitgliedstaaten (ABl. EG Nr. L 212 S. 12).

(7) Langfristig Aufenthaltsberechtigter ist ein Ausländer, dem in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union die Rechtsstellung nach Artikel 2 Buchstabe b der Richtlinie 2003/109/EG des Rates vom 25. November 2003 betreffend die Rechtsstellung der langfristig aufenthaltsberechtigten Drittstaatsangehörigen (ABl. EU 2004 Nr. L 16 S. 44), die zuletzt durch die Richtlinie 2011/51/EU (ABl. L 132 vom 19.5.2011, S. 1) geändert worden ist, verliehen und nicht entzogen wurde.

(8) Langfristige Aufenthaltsberechtigung – EU ist der einem langfristig Aufenthaltsberechtigten durch einen anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union ausgestellte Aufenthaltstitel nach Artikel 8 der Richtlinie 2003/109/EG.

(9) Einfache deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen (Empfehlungen des Ministerkomitees des Europarates an die Mitgliedstaaten Nr. R (98) 6 vom 17. März 1998 zum Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmen für Sprachen – GER).

(10) Hinreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau A 2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11) Ausreichende deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(11a) Gute deutsche Sprachkenntnisse entsprechen dem Niveau B2 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen.

(12) Die deutsche Sprache beherrscht ein Ausländer, wenn seine Sprachkenntnisse dem Niveau C 1 des Gemeinsamen Europäischen Referenzrahmens für Sprachen entsprechen.

(12a) Eine qualifizierte Berufsausbildung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn es sich um eine Berufsausbildung in einem staatlich anerkannten oder vergleichbar geregelten Ausbildungsberuf handelt, für den nach bundes- oder landesrechtlichen Vorschriften eine Ausbildungsdauer von mindestens zwei Jahren festgelegt ist.

(12b) Eine qualifizierte Beschäftigung im Sinne dieses Gesetzes liegt vor, wenn zu ihrer Ausübung Fertigkeiten, Kenntnisse und Fähigkeiten erforderlich sind, die in einem Studium oder einer qualifizierten Berufsausbildung erworben werden.

(12c) Bildungseinrichtungen im Sinne dieses Gesetzes sind

1.
Ausbildungsbetriebe bei einer betrieblichen Berufsaus- oder Weiterbildung,
2.
Schulen, Hochschulen sowie Einrichtungen der Berufsbildung oder der sonstigen Aus- und Weiterbildung.

(13) International Schutzberechtigter ist ein Ausländer, der internationalen Schutz genießt im Sinne der

1.
Richtlinie 2004/83/EG des Rates vom 29. April 2004 über Mindestnormen für die Anerkennung und den Status von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Flüchtlinge oder als Personen, die anderweitig internationalen Schutz benötigen, und über den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 304 vom 30.9.2004, S. 12) oder
2.
Richtlinie 2011/95/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 13. Dezember 2011 über Normen für die Anerkennung von Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen als Personen mit Anspruch auf internationalen Schutz, für einen einheitlichen Status für Flüchtlinge oder für Personen mit Anrecht auf subsidiären Schutz und für den Inhalt des zu gewährenden Schutzes (ABl. L 337 vom 20.12.2011, S. 9).

(14) Soweit Artikel 28 der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31), der die Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung betrifft, maßgeblich ist, gelten § 62 Absatz 3a für die widerlegliche Vermutung einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 und § 62 Absatz 3b Nummer 1 bis 5 als objektive Anhaltspunkte für die Annahme einer Fluchtgefahr im Sinne von Artikel 2 Buchstabe n der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 entsprechend; im Anwendungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 bleibt Artikel 28 Absatz 2 im Übrigen maßgeblich. Ferner kann ein Anhaltspunkt für Fluchtgefahr vorliegen, wenn

1.
der Ausländer einen Mitgliedstaat vor Abschluss eines dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz verlassen hat und die Umstände der Feststellung im Bundesgebiet konkret darauf hindeuten, dass er den zuständigen Mitgliedstaat in absehbarer Zeit nicht aufsuchen will,
2.
der Ausländer zuvor mehrfach einen Asylantrag in anderen Mitgliedstaaten als der Bundesrepublik Deutschland im Geltungsbereich der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 gestellt und den jeweiligen anderen Mitgliedstaat der Asylantragstellung wieder verlassen hat, ohne den Ausgang des dort laufenden Verfahrens zur Zuständigkeitsbestimmung oder zur Prüfung eines Antrags auf internationalen Schutz abzuwarten.
Die für den Antrag auf Inhaftnahme zum Zwecke der Überstellung zuständige Behörde kann einen Ausländer ohne vorherige richterliche Anordnung festhalten und vorläufig in Gewahrsam nehmen, wenn
a)
der dringende Verdacht für das Vorliegen der Voraussetzungen nach Satz 1 oder 2 besteht,
b)
die richterliche Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft nicht vorher eingeholt werden kann und
c)
der begründete Verdacht vorliegt, dass sich der Ausländer der Anordnung der Überstellungshaft entziehen will.
Der Ausländer ist unverzüglich dem Richter zur Entscheidung über die Anordnung der Überstellungshaft vorzuführen. Auf das Verfahren auf Anordnung von Haft zur Überstellung nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 finden die Vorschriften des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechend Anwendung, soweit das Verfahren in der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 nicht abweichend geregelt ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte und der Beigeladene, die ihre eigenen Kosten selbst tragen, tragen die Kosten des Berufungsverfahrens im Übrigen je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids der Beklagten, mit dem die gegenüber dem Beigeladenen ergangene Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde aufgehoben wurde.

Der Beigeladene, der die ghanaische Staatsangehörigkeit besitzt, reiste am 8.1.1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein am 31.1.1991 gestellter Asylantrag blieb ohne Erfolg. Am 9.11.1992 schloss er die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aufgrund der Erklärung der Eheleute vom 11.6.1993, dass sie seit dem Tag der Eheschließung eine eheliche Lebensgemeinschaft führten, erhielt der Beigeladene eine zunächst bis zum 11.6.1994 befristete Aufenthaltserlaubnis. Im Rahmen des Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung vom 13.5.1994 erklärte der Beigeladene schriftlich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nach wie vor unverändert fortbestehe. Unter dem 6.11.1995 erklärten der Beigeladene und seine Ehefrau, dass die eheliche Gemeinschaft „seit dem 1.9.1995 wieder vorliegt“. Darauf erhielt der Beigeladene am selben Tag eine bis zum 8.11.1996 gültige Aufenthaltserlaubnis. Nachdem der Beigeladene und seine Ehefrau am 2.1.1997 erklärt hatten, dass die eheliche Lebensgemeinschaft „vom Tag der Eheschließung an bis heute ununterbrochen vorliegt“ und „weiter vorliegt“, erhielt er am selben Tag auf seinen Antrag vom 6.11.1996 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Nach der Erklärung der Ehefrau bei ihrer Vernehmung vom 7.1.1998 durch das LKA, dass es sich bei ihrer Ehe um eine Scheinehe handele und nie eine eheliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, wurde am 15.6.1998 ein Strafbefehl gegen diese wegen unrichtiger Angaben (§§ 92 a I i.V.m. 92 II AuslG) erlassen. Sodann wurde der Beigeladene durch Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.4.1999 wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz (§§ 92 II Nr. 2 AuslG, 53 StGB) in zwei Fällen zu einer Geldstrafe (80 Tagessätze à 50,- DM) verurteilt.

Nach vorheriger Anhörung wurde der Beigeladene mit Bescheid der Ausländerbehörde der Beklagten vom 22.3.2002 gemäß § 45 I i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG für dauernd aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für die dem Beigeladenen am 11.6.1993 erteilte befristete Aufenthaltserlaubnis sei § 23 I Nr. 1 i.V.m. § 17 I AuslG gewesen. Wesentliche Voraussetzung hierfür sei neben der Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland die Aufnahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Aus der strafgerichtlichen Verurteilung des Beigeladenen durch das Amtsgericht B-Stadt gehe hervor, dass er mehrfach bei der Ausländerbehörde schriftlich bestätigt habe, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit seinem Ehepartner vorliege, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt begründet worden sei. Eine vorsätzliche Straftat sei grundsätzlich nicht geringfügig im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG. Der Beigeladene habe durch sein Verhalten die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Ausländerbehörde empfindlich gestört. Die Zuordnung des Tatbestandes unrichtiger und unvollständiger Angaben in § 92 II Nr. 2 AuslG erhärte die Auffassung, dass in der Angabe unzutreffender Daten bei der Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung ein gravierender Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht liege. Hierbei sei maßgebend, dass die Ausländerbehörde aufgrund unzutreffender oder unvollständiger Angaben eine Entscheidung getroffen habe, die ansonsten nicht getroffen worden wäre. Dieses Verhalten könne nicht hingenommen werden, weil ansonsten die Ausländerbehörde nicht mehr in der Lage wäre, die Zuwanderung von Ausländern zu kontrollieren und zu steuern. Dem Schutz- und Förderungsgebot des Art. 6 GG könne die Ausländerbehörde nicht mehr in ausreichendem Maß Geltung verschaffen. In einem derartigen Verhalten sei eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zugleich ein Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht zu sehen, die sowohl dem weiteren Aufenthalt des Beigeladenen im Bundesgebiet wie auch den privaten Interessen an Aufrechterhaltung der beruflichen bzw. sozialen Existenz vorginge. Durch die Ausweisungsverfügung werde es ihm unmöglich gemacht, künftig in Deutschland gegen ausländerrechtliche Vorschriften zu verstoßen. Außerdem werde auch dadurch anderen Ausländern deutlich, dass der Verstoß gegen die entsprechenden ausländerrechtlichen Bestimmungen eine Ausweisung nach sich ziehe. Sie würden dadurch veranlasst, sich ordnungsgemäß zu verhalten.

Unter dem 26.4.2002 legte der Beigeladene gegen die Ausweisungsverfügung Widerspruch ein und führte im Wesentlichen aus: Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die ihm vorgeworfene Tat nicht geringfügig sei. Dass es sich um eine vorsätzliche Tat handele, reiche hierfür jedenfalls nicht aus, ebenso wenig, dass die Beklagte lapidar ausführe, dass die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten keinen Widerspruch in dem Aussageverhalten der früheren Ehefrau des Beigeladenen habe deutlich werden lassen. Tatsächlich sei das aber der Fall gewesen. Im Übrigen werde nicht deutlich, dass die Beklagte ihr pflichtgemäßes Ermessen im Rahmen des Erlasses der Ausweisungsverfügung ordnungsgemäß ausgeübt habe. Ausführungen darüber, ob nicht ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte, fehlten völlig. Es hätte auch die Möglichkeit bedacht werden müssen, dass seine frühere Ehefrau sich seiner habe entledigen wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7.7.2003 hat der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid mit dem Inhalt Ausweisung und Setzung einer Ausreisepflicht ohne Abschiebungsandrohung sei rechtswidrig und verletze den Beigeladenen in seinen Rechten. Der angefochtenen Ausweisung habe von vornherein die Rechtsgrundlage gefehlt. Zwar spreche alles dafür, dass die Voraussetzungen der von der Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlage des § 46 Nr. 2 AuslG vorlägen, wonach insbesondere ein Ausländer ausgewiesen werden könne, der einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen habe. Der Beigeladene habe auch nicht ernsthaft in Zweifel ziehen können, dass er entsprechend seiner Verurteilung gegen die Rechtsvorschrift des § 92 II Nr. 2 AuslG verstoßen habe. Mit den jeweiligen schriftlichen Bestätigungen gegenüber der Beklagten, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner damaligen Ehefrau fortbestanden habe bzw. wieder bestanden habe, habe er wohl unrichtige Angaben gemacht, um die Erteilung bzw. Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung zu erreichen. Denn eine eheliche Lebensgemeinschaft habe zwischen den Eheleuten wohl niemals bestanden. Das Amtsgericht habe dies offenbar aufgrund der Aussage der früheren Ehefrau für erwiesen erachtet. Die vom Beigeladenen geltend gemachten Widersprüche in deren Aussagen beträfen eher nicht die Kernpunkte ihrer Angaben, sondern Details, was regelmäßig mehr für als gegen den Wahrheitsgehalt einer Aussage sprechen könne. Die Meldung der Eheleute für den gleichen Wohnsitz entspreche dem üblichen Vorgehen beim planmäßigen Vortäuschen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Gleichwohl komme die Ausweisung auf der Grundlage des § 46 Nr. 2 AuslG nicht in Betracht, der nämlich seit Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 1.1.2002, also schon zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung, auf einen Fall wie den Vorliegenden nicht mehr anwendbar sei. Durch dieses Gesetz sei die Nr. 1 des § 46 AuslG dahingehend geändert worden, dass u. a. ausgewiesen werden könne, wer in Verfahren nach diesem Gesetz falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung gemacht habe, allerdings nur, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen worden sei. Die Ausweisung des Beigeladenen wäre also nur noch auf der Grundlage des § 46 Nr. 1 AuslG in der neuen Fassung möglich gewesen, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Die Nrn. 1 und 2 des § 46 AuslG stünden ohne ausdrückliche Anordnung einer Reihenfolge hintereinander. Sie könnten jedoch nicht beide auf denselben Sachverhalt angewendet werden, soweit es um Falschangaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung gehe, denn dieselbe Rechtsfolge, nämlich die Ermächtigung zu einer ermessensgerechten Ausweisung, trete nach Nr. 1 nur unter dem Vorbehalt einer hinreichenden Belehrung des Ausländers ein, nach Nr. 2 jedoch auch ohne solche. Der Wortlaut der Tatbestände spreche deutlich dafür, dass die Nr. 1 im Umfang ihres Anwendungsbereiches hinsichtlich Falschangaben als spezieller Tatbestand Anwendungsvorrang vor der Nr. 2 als generellen Tatbestand habe. Denn einerseits sei das Tatbestandsmerkmal der Nr. 1 „falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung machen“ deckungsgleich mit dem Tatbestandsmerkmal der Nr. 2 i.V.m. § 92 II Nr. 2 AuslG „unrichtige oder unvollständige Angaben machen, um für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen“. Ein unterschiedlicher Anwendungsbereich ergebe sich auch nicht aus dem Tatbestandsmerkmal der Nr. 2 „nicht nur vereinzelt oder geringfügig“, weil die Falschangaben nach beiden Tatbeständen wegen der beabsichtigten Genehmigungserlangung vorsätzlich gemacht werden müssten und eine vorsätzliche Falschangabe grundsätzlich nicht als geringfügiger Verstoß betrachtet werden könne. Andererseits sei der Tatbestand der Nr. 1 enger als der der Nr. 2, weil er die Belehrung voraussetze. Wer wegen Falschangaben aufgrund der Nr. 1 ausgewiesen werden könne, habe grundsätzlich immer auch einen nicht geringfügigen Verstoß im Sinne der Nr. 2 gegen die Rechtsvorschrift des § 92 II Nr. 2 AuslG begangen. Umgekehrt führe aber nicht jeder Verstoß gegen diese Rechtsvorschrift zu einem Ausweisungsgrund nach Nr. 1, weil es an der Belehrung fehlen könne. Allerdings habe der Gesetzgeber ausweislich der Begründung zum Terrorismusbekämpfungsgesetz keineswegs den Anwendungsbereich der Nr. 2 einschränken, sondern lediglich mit der Neufassung der Nr. 1 zusätzliche Ausweisungsgründe schaffen wollen, und zwar zum speziellen Zweck der Unterstützung der Terrorismusbekämpfung. Dabei sei offensichtlich übersehen worden, dass Falschangaben im Genehmigungsverfahren schon bisher zur Ausweisung nach Nr. 2 hätten führen können. Die vermeintliche Neuschaffung des Ausweisungsgrundes der Falschangabe habe er wohl durch die Belehrungspflicht begrenzen wollen. Der Wortlaut spreche deutlich für eine Spezialität der Nr. 1. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass Falschangaben grundsätzlich von Nr. 2 und nur ergänzend von Nr. 1 erfasst würden, sondern dass sämtliche Falschangaben unter die neue Nr. 1 fielen, da er davon ausgegangen sei, dass sie bisher keinen Ausweisungsgrund darstellten. Für die Nr. 1 verbleibe auch kein eigenständiger Anwendungsbereich hinsichtlich Falschangaben, weil alles vom Geltungsbereich des deckungsgleichen Tatbestandes der Nr. 2 erfasst würde. Insbesondere könne nicht unterstellt werden, dass Nr. 1 nur den Bereich der für die Terrorismusbekämpfung relevanten Angaben abdecken solle. Die Neufassung des Gesetzes gelte auch für den Beigeladenen mangels einer Übergangsregelung, da die Ausweisungsverfügung nach dem 1.1.2002 bekannt gegeben worden sei. Eine Ausweisung auf der Grundlage der Nr. 1 komme nicht in Betracht, da der Beigeladene nicht jeweils vor der Befragung über das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich auf die Folgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen worden sei.

Am 11.8.2003 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid Aufsichtsklage erhoben. Er hält ihn für rechtswidrig. Rechtsgrundlage der verfügten Ausweisung sei § 45 i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG. Die Voraussetzungen des § 46 Nr. 2 AuslG lägen vor. Die Vorschrift sei auch anwendbar, wie sich aus der Begründung zu der durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz erfolgten Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG ergebe. Die in § 46 Nr. 1 AuslG n.F. am Ende statuierte Hinweispflicht der Ausländerbehörde gelte in Ermangelung einer Übergangsregelung nur für Verfahren nach dem Ausländergesetz, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Terrorismusbekämpfungsgesetzes, d.h. am 1.1.2002, noch nicht im Sinne des § 9 SVwVfG abgeschlossen gewesen seien, in denen also noch ein solcher Hinweis vor dem Abschluss habe erfolgen können. Nach dem aus der Gesetzesbegründung ersichtlichen Willen des Gesetzgebers sei nicht beabsichtigt gewesen, zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Verfahren mit der Folge zu erfassen, dass die in diesen Verfahren getätigten Falschangaben eine Ausweisung nicht mehr rechtfertigen könnten. Im Falle des Beigeladenen habe dieser in zwei Verfahren auf Verlängerung seiner ehebedingten Aufenthaltserlaubnis 1995 und 1997 falsche schriftliche Bestätigungen über das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau abgegeben. Beide Verfahren seien vor dem Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes jeweils durch Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgeschlossen worden. Eine Hinweispflicht nach § 46 Nr. 1 AuslG n.F. habe in diesen Verfahren nicht bestanden. Da dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorlägen, habe die Ausweisung des Beigeladenen nicht auf § 46 Nr. 1 AuslG n.F. gestützt werden können, so dass eine „Sperrwirkung“ zu Ungunsten des Ausweisungsbeispiels in § 46 Nr. 2 AuslG nicht in Betracht komme. Selbst wenn Nr. 1 der Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet werden könnte, ergebe sich aus dem Verhältnis zwischen den Ausweisungsbeispielen der Nr. 1 und Nr. 2 kein Anwendungsausschluss des § 46 Nr. 2 AuslG. Nach der Systematik des Ausländergesetzes stünden die sieben Ausweisungsbeispiele des § 45 AuslG in § 46 AuslG unabhängig nebeneinander. Die beiden streitgegenständlichen Beispiele lägen bei Falschangaben in einem Verfahren nach dem Ausländergesetz usw. gleichzeitig nur dann vor, wenn sich die Falschangaben im konkreten Einzelfall als nicht nur vereinzelte oder geringfügige Verstöße gegen Rechtsvorschriften darstellten. Der Umstand, dass § 92 II Nr. 2 AuslG u.a. vorsätzliche Falschangaben zum Zwecke der Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung oder einer Duldung unter Strafe stelle, lasse nicht darauf schließen, dass beide Ausweisungsbeispiele nur alternativ, jedoch niemals kumulativ erfüllt sein könnten. Ein Verhältnis der Spezialität des § 46 Nr. 1 AuslG n.F. gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG bedürfe außerdem einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Entscheidung, die sich im Wortlaut der Norm widerspiegeln müsse. Dies sei nicht der Fall und werde durch die Auslegung nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Normen gestützt. Als gesetzgeberischen Willen könne der Begründung nur entnommen werden, dass die Ausweisungsbeispiele um ein weiteres teilweise klarstellendes, teilweise neues Beispiel habe vervollständigt werden sollen. Dabei sei Hauptzielrichtung die Verschärfung der Folgen für Falschangaben in Visumsverfahren vor deutschen und Auslandsvertretungen von anderen „Schengenanwenderstaaten“ gewesen. Keineswegs sei eine Einschränkung des bestehenden Ausweisungsbeispiels in § 46 Nr. 2 AuslG beabsichtigt gewesen. Es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum auf ein und denselben Fall nicht beide Ausweisungsbeispiele Anwendung finden können sollten. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, dass er davon ausgegangen sei, dass sämtliche Falschangaben nur noch unter § 46 Nr. 1 AuslG n.F. fielen oder sie bislang keinen Ausweisungsgrund dargestellt hätten. Auch wenn der Gesetzgeber die bestehende Möglichkeit einer Ausweisung nicht bedacht hätte, genügte dies nicht für die Annahme, dass Falschangaben überhaupt nur noch nach diesem neuen Beispiel mit Hinweispflicht eine Ausweisung rechtfertigen könnten. Für § 46 Nr. 1 Alt. 1 AuslG n.F. verbleibe auch gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG ein beachtlicher eigenständiger Anwendungsbereich, da jede Falschangabe eines Ausländers einen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Ausweisung darstelle, die wegen dieser geringen Eingriffsschwelle jedoch nur dann zulässig sei, wenn vor der dolosen Angabe eine ausdrückliche Belehrung über die möglichen Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben erfolgt sei. Demgegenüber setze § 46 Nr. 2 AuslG einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften usw. voraus, also dass der Rechtsverstoß ein gewisses „Gewicht“ erreicht habe. Gerade für den vorliegenden Fall einer Scheinehe würde die von der Beklagten vorgenommene Auslegung zu einer mit dem gesetzgeberischen Willen nicht zu vereinbarenden privilegierenden Behandlung von Straftätern im Ausweisungsrecht führen. Dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung könne keine Absicht des Gesetzgebers zur Regelung von in der Vergangenheit abgeschlossenen „Verfahren nach dem Ausländergesetz“ entnommen werden. Eine Gesetzeslücke bestehe nach der teleologischen Auslegung der Vorschriften nicht.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 7.7.2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung im Wesentlichen auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Das eigentliche Problem des Falles bestehe darin, dass sich der Gesetzgeber zur Frage des Anwendungsbereiches infolge Verkennung der bestehenden Gesetzeslage keine Gedanken gemacht habe. Eine stillschweigende Übergangsregelung mit der Wirkung einer teilweisen Vorenthaltung der durch die Hinweisobliegenheit bewirkten Vergünstigung im Hinblick auf Wesentlichkeit und Bestimmtheit wäre wohl nicht zulässig. Der Wortlaut gebiete sie nicht und Unklarheiten gingen im Bereich der Eingriffsverwaltung im Zweifel zu Lasten des Gesetzgebers. Es sei seine Sache zu entscheiden, ob er eine Gesetzeslücke bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen wolle. Es sei demnach eine ausdrückliche Übergangsregelung erforderlich gewesen, um die Anwendung der Nr. 1 auf alle vom Wortlaut erfassten noch nicht abgeschlossenen Ausweisungsverfahren zu vermeiden. Schutzwürdiges Vertrauen der Ausländerbehörde, dass in der Vergangenheit entstandene Ausweisungsgründe zukünftig zur Ausweisung berechtigen würden, gebe es nicht. Im Übrigen habe sie die Möglichkeit, unter Beachtung der einschlägigen Fristen Aufenthaltserlaubnisse zurückzunehmen. Regelungsgegenstand der Nr. 1 sei nicht die Hinweispflicht, bei der es sich tatsächlich um eine Hinweisobliegenheit handele, sondern die Ausweisungsbefugnis.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert .

Mit Urteil vom 28.1.2005 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Ausweisungsvoraussetzungen gemäß § 45 I i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG lägen vor, da der Beigeladene wenigstens zweimal vorsätzlich falsche Angaben über das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft gemacht und dadurch bei der Ausländerbehörde über Jahre hinweg eine entsprechende falsche Vorstellung hervorgerufen habe. Dieser Verstoß gegen Rechtsvorschriften sei weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass noch vor Erlass der streitigen Ausweisungsverfügung vom 22.3.2002 im Zuge des Terrorismusbekämpfungsgesetzes eine Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG in Kraft getreten sei. Dessen Voraussetzungen seien im Falle des Beigeladenen nicht erfüllt, da er vor Abgabe der falschen Angaben im Aufenthaltserlaubnisverfahren nicht auf die Rechtsfolgen bezüglich einer Ausweisung hingewiesen worden sei. Dass das Terrorismusbekämpfungsgesetz keine Übergangsregelung enthalte und daher sofort anzuwendendes Recht sei, spreche zwar dafür, die Neuregelung auch dann zur Anwendung kommen zu lassen, wenn die unrichtigen oder unvollständigen Angaben vor Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes gemacht worden seien. Allerdings bedeute dies, dass nachträglich Anforderungen für eine Ausweisung wegen Falschangaben aufgestellt würden, die die Ausländerbehörde bei Abgabe der Falschangaben nicht habe beachten können, und somit in bereits erfüllte Ausweisungstatbestände eingegriffen werde. Ob dieses Gesetzesverständnis dem Sinn und Zweck des Terrorismusbekämpfungsgesetzes, das die Ausweisungsmöglichkeiten habe erweitern und nicht einschränken wollen, Rechnung trage, könne aber offen bleiben. Eine Auslegung beider Tatbestände lasse nach Auffassung des Gerichts nicht die Feststellung zu, dass § 46 Nr. 1 AuslG im Falle von Falschangaben eine Anwendung des § 46 Nr. 2 AuslG ausschließe. Eine Spezialität ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschriften nicht. Vielmehr spreche die ungewöhnliche Formulierung in § 46 Nr. 1 AuslG, dass die Ausweisung „auf dieser Grundlage“ nur zulässig sei, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen worden sei, dafür, dass das Belehrungserfordernis nur für „diese Grundlage“ der Ausweisung gelte, es mithin im Falle von Falschangaben auch noch andere Grundlagen für eine Ausweisung – und zwar ohne Belehrungserfordernis – gebe. Die Beklagte, die eine Spezialität aus dem Wortlaut ableite, widerspreche sich selbst, wenn sie an anderer Stelle darlege, der Gesetzgeber habe übersehen, dass Falschangaben im Genehmigungsverfahren schon bisher zur Ausweisung nach Nr. 2 hätten führen können. Nach der Systematik des Ausländergesetzes konkretisierten die sieben Ausweisungsbeispiele des § 46 AuslG die in § 45 Abs. 1 AuslG niedergelegten Tatbestandsmerkmale „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ und „sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik“ und stünden grundsätzlich unabhängig nebeneinander. Es könne also ohne weiteres zu „Überschneidungen“ kommen; Identität des Anwendungsbereichs beider Ausweisungsbeispiele liege im Falle der Falschangaben in einem Aufenthaltserlaubnisverfahren nicht vor. Während § 46 Nr. 1 AuslG jede Falschangabe – auch die fahrlässige – erfasse und bei einer derart niedrigen Eingriffsschwelle für die Rechtsfolge einer Ausweisung eine entsprechende Belehrung verlange, müsse im Anwendungsbereich des § 46 Nr. 2 AuslG die Falschangabe nicht nur eine vorsätzliche Straftat im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG sein, sondern der Gesetzesverstoß dürfe nicht vereinzelt oder geringfügig sein. Damit sei die Eingriffsschwelle bei § 46 Nr. 2 AuslG ungleich höher und die Klägersicht, dass deshalb eine Ausweisung keiner Belehrung bedürfe, plausibel. Auch sei nicht von der Hand zu weisen, dass ein Straftäter nicht nur deshalb, weil er nicht belehrt worden sei, besser gestellt werden sollte als ein zwar belehrter Ausländer, der sich aber nur eine geringfügige fahrlässige Falschangabe habe zu Schulden kommen lassen. Eine teleologische Auslegung ergebe, dass kein gesetzgeberischer Wille erkennbar sei, dass derartige Falschangaben nicht auch auf anderer Grundlage und unter anderen Tatbestandsvoraussetzungen zur Ausweisung führen könnten.

Zur Begründung der zugelassenen Berufung bezieht sich die Beklagte auf ihre Berufungszulassungsantragsbegründung und auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids. Danach sei dieser rechtmäßig, die Ausweisung des Beigeladenen mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. § 46 Nr. 2 AuslG habe nach dem Inkrafttreten des § 46 Nr. 1 AuslG i.d.F. des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 1.1.2002 auf die streitgegenständlichen Falschangaben des Beigeladenen nicht mehr angewendet werden dürfen. Die Formulierung „auf dieser Grundlage“ in § 46 Nr. 1 AuslG habe der Gesetzgeber nicht gewählt, um mit Blick auf § 46 Nr. 2 AuslG zum Ausdruck zu bringen, dass es im Fall von Falschangaben auch noch andere Grundlagen für eine Ausweisung ohne Belehrungserfordernis geben solle, denn er sei ausweislich der Gesetzesbegründung der Meinung gewesen, einen neuen Ausweisungsgrund einzufügen, so dass aus seiner Sicht kein Bedürfnis für eine Abgrenzung zu anderen Ausweisungstatbeständen für den Fall von Falschangaben ohne Hinweisobliegenheit bestanden habe. Viel näher liege die Annahme, dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung die Hinweisobliegenheit des § 46 Nr. 1 AuslG von der des gleichzeitig neu gefassten § 47 II Nr. 5 AuslG habe unterscheiden wollen. Der Neuregelung des § 46 Nr. 1 AuslG die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, Falschangaben im Erlaubnisverfahren ausschließlich – abgesehen von § 47 II Nr. 5 AuslG – unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung mit einer Ausweisung zu sanktionieren, heiße daher allenfalls, den wohl auf einem Irrtum über die bestehende Rechtslage beruhenden geäußerten Willen, einen neuen Ausweisungstatbestand zu schaffen, ernst zu nehmen. Der gesetzgeberische Wille, die Instrumente der Terrorismusbekämpfung zu erweitern und nicht einzuschränken, werde damit zwar nicht gefördert, aber keineswegs durch die Rechtsanwendung missachtet. Zwar stünden die Ausweisungstatbestände des § 46 AuslG grundsätzlich unabhängig nebeneinander, so dass es zu Überschneidungen, also zum gleichzeitigen Vorliegen mehrerer Ausweisungsbeispiele kommen könne. Die Ausnahme vom Grundsatz liege aber vor, wenn zwei Tatbestände den identischen Sachverhalt zur freien, also willkürlichen Auswahl mit oder ohne Hinweisobliegenheit erfassen sollten. Werde hingegen die Falschangabe verschiedenen Tatbeständen zuzuordnen sein, bestehe also ein Verhältnis der Subsidiarität oder Exklusivität zwischen den Tatbeständen, wäre das kein Fall von Überschneidung oder gleichzeitigem Vorliegen. Das Verwaltungsgericht versuche die beiden Tatbestände über das Gewicht der jeweils erfassten Falschangaben voneinander abzugrenzen und so zu verschiedenen Anwendungsbereichen zu gelangen. Fahrlässige Falschangaben seien jedoch kein Anwendungsbereich für § 46 Nr. 1 AuslG. Wollte man den Anwendungsbereich des § 46 Nr. 1 AuslG bezüglich Falschangaben auf die vereinzelte und geringfügige Falschangabe beschränken, würde dies bedeuten, dass der Gesetzgeber zur Umsetzung seines übergeordneten Willens, die Instrumente der Terrorismusbekämpfung zu erweitern, gerade dieses kaum mit einem praktischen Anwendungsbereich versehene und allenfalls die „kleinsten Fische“ erfassende Instrument eingeführt hätte, ohne dies in der Gesetzesbegründung auch nur ansatzweise zu erklären. Das Verwaltungsgericht treffe keine – zumindest keine ausdrückliche – Aussage dazu, in welchem Verhältnis die beiden Ausweisungstatbestände zueinander stünden. § 46 Nr. 1 AuslG sei mangels entgegenstehender Übergangsregelung auch dann anwendbar, wenn - wie vorliegend - die Ausländerbehörde zur Zeit der Befragungen noch gar nichts von ihrer Hinweisobliegenheit habe wissen können. Dies habe auch der erkennende Senat im Beschluss vom 17.5.2004 – 2 Y 2/04 – festgestellt und auch das OVG Bremen habe in seinem Beschluss vom 31.3.2003 – 1 B 348/02 – die Rechtsauffassung der Beklagten in sachlicher und zeitlicher Hinsicht geteilt.

Die Beklagte beantragt,

die Aufsichtsklage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.2.2005 – 12 K 127/03 – zurückzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil und auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Beigeladene beantragt,

die Aufsichtsklage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten (2 Bände Ausländerakten, 1 Hefter Widerspruchsverfahren) sowie des staatsanwaltlichen Verfahrens 46 VRs 499/99, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat auf die gemäß § 17 I AGVwGO erhobene Aufsichtsklage des Klägers den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7.7.2003 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig. Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde fehlt dem Bescheid der Ausländerbehörde vom 22.3.2002, durch den der Beigeladene ausgewiesen wurde, nicht die Rechtsgrundlage.

Die Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde vom 22.3.2002 ist zutreffend auf §§ 45 I i.V.m. 46 Nr. 2 AuslG gestützt. Nach § 46 Nr. 2 AuslG kann gemäß § 45 I AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wer

„einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist“.

Der Verstoß des Beigeladenen, der 1992 mit einer deutschen Staatsangehörigen nach Aktenlage eine „Scheinehe“ eingegangen war, gegen eine Rechtsvorschrift ergibt sich aus dem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.4.1999, mit dem er wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz (§§ 92 II Nr. 2 AuslG, 53 StGB) in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt wurde. Nach § 92 II Nr. 2 AuslG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer

„unrichtige und unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen, oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht“.

In dem Urteil wurden dem Beigeladenen unter Bezugnahme auf den vorausgegangenen Strafbefehl vom 2.3.1999, den er angegriffen hatte, unrichtige Angaben über das Bestehen einer ehelichen Gemeinschaft zur Last gelegt, die er am 6.11.1995 und am 2.11.1997 vor der Ausländerbehörde gemacht hatte, um sich eine – Verlängerung seiner befristeten bzw. eine unbefristete - Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Zudem ergibt sich aus den Verwaltungsunterlagen, dass der Beigeladene diesbezüglich auch zuvor unrichtige Angaben gemacht hatte, die jedoch wegen Verfolgungsverjährung ungeahndet blieben. (Bl. 90, Akte der Staatsanwaltschaft – 46 VRs 499/99 -) Während der Beigeladene in seinem Widerspruch sowohl die Richtigkeit des Strafurteils wegen widersprüchlicher Äußerungen seiner Ehefrau (Im Scheidungsverfahren – 39 F 479/97 – haben beide Eheleute – wie bei Scheinehen keineswegs unüblich – einen Zeitpunkt angegeben, seit dem sie – angeblich - getrennt lebten .) als auch die Bedeutung seines Rechtsverstoßes ("geringfügig") und die Ordnungsgemäßheit der Ermessensausübung der Ausländerbehörde in Zweifel zog, hat er sich im gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Sache schriftlich nicht mehr geäußert. Dass seine Einwände nicht durchgreifen, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Ausführungen. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 – 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63 = InfAuslR 1997, 63) grundsätzlich kein geringfügiger Rechtsverstoß im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG. Für das Vorliegen einer Ausnahme spricht zudem angesichts eines verhängten Strafmaßes von 80 Tagessätzen nichts. Vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Nr. 2 AuslG kann somit ausgegangen werden.

Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde wurde § 46 Nr. 2 AuslG auch nicht durch § 46 Nr. 1 AuslG in der Neufassung, die er durch Art. 11 Nr. 7 des gemäß Art. 22 I am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9.1.2002 (BGBl. I 2002, 361) erhalten hatte, verdrängt. § 46 Nr. 1 AuslG n.F. lautet wie folgt:

„Nach § 45 I kann insbesondere ausgewiesen werden, wer

1. in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerkes nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde,"

Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG für zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung von Ausländern gemachte Falschangaben – etwa aus den von der Beklagten ausführlich dargestellten Gründen - gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG die speziellere Regelung darstellt oder beide Vorschriften - wie der Kläger meint – lediglich als gleichrangige Beispiele für eine Ermessensausweisung nach § 45 I AuslG aufzufassen sind, bedarf keiner Entscheidung. Denn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG ist auch bei Annahme einer grundsätzlichen Spezialität dieser Regelung gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG für die Entscheidung der Beklagten über die Ausweisung des Beigeladenen (noch) nicht anwendbar.

Das Terrorismusbekämpfungsgesetz, das keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält, ist zwar bereits am 1.1.2002 und damit vor Erlass der Ausweisungsverfügung durch die Ausländerbehörde in Kraft getreten und hat in der neuen Fassung des § 46 Nr. 1 AuslG festgelegt, dass eine Ermessensausweisung wegen Falschangaben voraussetze, dass der Ausländer ordnungsgemäß über die Folgen von Falschangaben belehrt worden sei. Diese (Neu-)Fassung findet jedoch nur auf die Ausweisungsverfahren Anwendung, die sich auf Falschangaben stützen, die in Befragungen abgegeben wurden, denen ein Hinweis auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hatte vorausgehen müssen, wie dies nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz ab dem 1.1.2002 bzw. ab dessen Verkündung am 11.1.2002 der Fall ist. An der gegenteiligen, im Anschluss an OVG Bremen in dem in einem Prozesskostenhilfe-Verfahren ergangenen Beschluss vom 17.5.2004 – 2 Y 2/04 - vertretenen Auffassung, dass § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG auf alle Entscheidungen über Ausweisungen ab dem 1.1.2002 anwendbar sei, hält der Senat nicht mehr fest.

Der Gesetzgeber hat durch Art. 11 Nr. 7 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG neu gefasst und dort die Ermessensausweisung wegen Falschangaben zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung umfassend geregelt, ihre Zulässigkeit aber davon abhängig gemacht, dass der Befragte vor der Befragung auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde. Damit stellt die Belehrung ein – weiteres - Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG dar. Da die Zielsetzung des Gesetzes, den Terrorismus zu bekämpfen, nur zu erreichen ist, wenn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG angewandt werden kann, dies aber von der erfolgten Belehrung abhängt, ist offensichtlich, dass es nicht im Belieben der – deutschen – Behörde steht, den Ausländer zu belehren oder nicht, sondern sie vielmehr zur Belehrung durch den erforderlichen Hinweis – seit der Verkündung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 11.1.2002 - verpflichtet ist. In Altfällen, in denen Ausländer – wie vorliegend - zwar Falschangaben in Aufenthaltsgenehmigungsverfahren gemacht hatten, diese aber vor diesem Zeitpunkt lagen, hatte die Behörde seinerzeit zur Belehrung keine Veranlassung gehabt und sie zweifellos auch durchweg nicht vorgenommen. Bestand für diese Altfälle aber keine Hinweispflicht und konnte – und sollte - eine solche auch nicht nachträglich begründet werden, weil eine rechtzeitige Belehrung bei den abgeschlossenen Befragungen nicht mehr möglich war, können diese Fälle zwangsläufig noch nicht an der Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG gemessen werden. Diese Altfälle werden daher offensichtlich von § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG nicht erfasst. Da die betreffenden Ausländer durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz aber auch andererseits keinesfalls begünstigt und von einer ohne die Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG drohenden Sanktion ihrer Falschangaben verschont werden sollten, bleibt für diese Personen jedenfalls weiterhin § 46 Nr. 2 AuslG anwendbar.

Hat somit die Ausländerbehörde zu Recht ihre Ausweisungsverfügung gegenüber dem Beigeladenen auf § 46 Nr. 2 AuslG gestützt, weil § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG in diesem Altfall noch keine Anwendung fand, so ist der Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtswidrig und vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden.

Die Berufung der Beklagten ist demnach unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 II, 159 VwGO, 100 ZPO, wobei der Beigeladene, der einen Antrag gestellt hat, in den Kostenausspruch einzubeziehen war (§ 154 III VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 II VwGO).

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 63, 47, 52 I GKG 2004).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat auf die gemäß § 17 I AGVwGO erhobene Aufsichtsklage des Klägers den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7.7.2003 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig. Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde fehlt dem Bescheid der Ausländerbehörde vom 22.3.2002, durch den der Beigeladene ausgewiesen wurde, nicht die Rechtsgrundlage.

Die Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde vom 22.3.2002 ist zutreffend auf §§ 45 I i.V.m. 46 Nr. 2 AuslG gestützt. Nach § 46 Nr. 2 AuslG kann gemäß § 45 I AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wer

„einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist“.

Der Verstoß des Beigeladenen, der 1992 mit einer deutschen Staatsangehörigen nach Aktenlage eine „Scheinehe“ eingegangen war, gegen eine Rechtsvorschrift ergibt sich aus dem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.4.1999, mit dem er wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz (§§ 92 II Nr. 2 AuslG, 53 StGB) in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt wurde. Nach § 92 II Nr. 2 AuslG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer

„unrichtige und unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen, oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht“.

In dem Urteil wurden dem Beigeladenen unter Bezugnahme auf den vorausgegangenen Strafbefehl vom 2.3.1999, den er angegriffen hatte, unrichtige Angaben über das Bestehen einer ehelichen Gemeinschaft zur Last gelegt, die er am 6.11.1995 und am 2.11.1997 vor der Ausländerbehörde gemacht hatte, um sich eine – Verlängerung seiner befristeten bzw. eine unbefristete - Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Zudem ergibt sich aus den Verwaltungsunterlagen, dass der Beigeladene diesbezüglich auch zuvor unrichtige Angaben gemacht hatte, die jedoch wegen Verfolgungsverjährung ungeahndet blieben. (Bl. 90, Akte der Staatsanwaltschaft – 46 VRs 499/99 -) Während der Beigeladene in seinem Widerspruch sowohl die Richtigkeit des Strafurteils wegen widersprüchlicher Äußerungen seiner Ehefrau (Im Scheidungsverfahren – 39 F 479/97 – haben beide Eheleute – wie bei Scheinehen keineswegs unüblich – einen Zeitpunkt angegeben, seit dem sie – angeblich - getrennt lebten .) als auch die Bedeutung seines Rechtsverstoßes ("geringfügig") und die Ordnungsgemäßheit der Ermessensausübung der Ausländerbehörde in Zweifel zog, hat er sich im gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Sache schriftlich nicht mehr geäußert. Dass seine Einwände nicht durchgreifen, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Ausführungen. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 – 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63 = InfAuslR 1997, 63) grundsätzlich kein geringfügiger Rechtsverstoß im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG. Für das Vorliegen einer Ausnahme spricht zudem angesichts eines verhängten Strafmaßes von 80 Tagessätzen nichts. Vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Nr. 2 AuslG kann somit ausgegangen werden.

Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde wurde § 46 Nr. 2 AuslG auch nicht durch § 46 Nr. 1 AuslG in der Neufassung, die er durch Art. 11 Nr. 7 des gemäß Art. 22 I am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9.1.2002 (BGBl. I 2002, 361) erhalten hatte, verdrängt. § 46 Nr. 1 AuslG n.F. lautet wie folgt:

„Nach § 45 I kann insbesondere ausgewiesen werden, wer

1. in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerkes nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde,"

Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG für zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung von Ausländern gemachte Falschangaben – etwa aus den von der Beklagten ausführlich dargestellten Gründen - gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG die speziellere Regelung darstellt oder beide Vorschriften - wie der Kläger meint – lediglich als gleichrangige Beispiele für eine Ermessensausweisung nach § 45 I AuslG aufzufassen sind, bedarf keiner Entscheidung. Denn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG ist auch bei Annahme einer grundsätzlichen Spezialität dieser Regelung gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG für die Entscheidung der Beklagten über die Ausweisung des Beigeladenen (noch) nicht anwendbar.

Das Terrorismusbekämpfungsgesetz, das keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält, ist zwar bereits am 1.1.2002 und damit vor Erlass der Ausweisungsverfügung durch die Ausländerbehörde in Kraft getreten und hat in der neuen Fassung des § 46 Nr. 1 AuslG festgelegt, dass eine Ermessensausweisung wegen Falschangaben voraussetze, dass der Ausländer ordnungsgemäß über die Folgen von Falschangaben belehrt worden sei. Diese (Neu-)Fassung findet jedoch nur auf die Ausweisungsverfahren Anwendung, die sich auf Falschangaben stützen, die in Befragungen abgegeben wurden, denen ein Hinweis auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hatte vorausgehen müssen, wie dies nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz ab dem 1.1.2002 bzw. ab dessen Verkündung am 11.1.2002 der Fall ist. An der gegenteiligen, im Anschluss an OVG Bremen in dem in einem Prozesskostenhilfe-Verfahren ergangenen Beschluss vom 17.5.2004 – 2 Y 2/04 - vertretenen Auffassung, dass § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG auf alle Entscheidungen über Ausweisungen ab dem 1.1.2002 anwendbar sei, hält der Senat nicht mehr fest.

Der Gesetzgeber hat durch Art. 11 Nr. 7 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG neu gefasst und dort die Ermessensausweisung wegen Falschangaben zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung umfassend geregelt, ihre Zulässigkeit aber davon abhängig gemacht, dass der Befragte vor der Befragung auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde. Damit stellt die Belehrung ein – weiteres - Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG dar. Da die Zielsetzung des Gesetzes, den Terrorismus zu bekämpfen, nur zu erreichen ist, wenn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG angewandt werden kann, dies aber von der erfolgten Belehrung abhängt, ist offensichtlich, dass es nicht im Belieben der – deutschen – Behörde steht, den Ausländer zu belehren oder nicht, sondern sie vielmehr zur Belehrung durch den erforderlichen Hinweis – seit der Verkündung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 11.1.2002 - verpflichtet ist. In Altfällen, in denen Ausländer – wie vorliegend - zwar Falschangaben in Aufenthaltsgenehmigungsverfahren gemacht hatten, diese aber vor diesem Zeitpunkt lagen, hatte die Behörde seinerzeit zur Belehrung keine Veranlassung gehabt und sie zweifellos auch durchweg nicht vorgenommen. Bestand für diese Altfälle aber keine Hinweispflicht und konnte – und sollte - eine solche auch nicht nachträglich begründet werden, weil eine rechtzeitige Belehrung bei den abgeschlossenen Befragungen nicht mehr möglich war, können diese Fälle zwangsläufig noch nicht an der Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG gemessen werden. Diese Altfälle werden daher offensichtlich von § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG nicht erfasst. Da die betreffenden Ausländer durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz aber auch andererseits keinesfalls begünstigt und von einer ohne die Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG drohenden Sanktion ihrer Falschangaben verschont werden sollten, bleibt für diese Personen jedenfalls weiterhin § 46 Nr. 2 AuslG anwendbar.

Hat somit die Ausländerbehörde zu Recht ihre Ausweisungsverfügung gegenüber dem Beigeladenen auf § 46 Nr. 2 AuslG gestützt, weil § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG in diesem Altfall noch keine Anwendung fand, so ist der Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtswidrig und vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden.

Die Berufung der Beklagten ist demnach unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 II, 159 VwGO, 100 ZPO, wobei der Beigeladene, der einen Antrag gestellt hat, in den Kostenausspruch einzubeziehen war (§ 154 III VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 II VwGO).

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 63, 47, 52 I GKG 2004).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden dürfen unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 die auf dem elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium eines Dokuments nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 und 2 gespeicherten biometrischen und sonstigen Daten auslesen, die benötigten biometrischen Daten beim Inhaber des Dokuments erheben und die biometrischen Daten miteinander vergleichen. Darüber hinaus sind auch alle anderen Behörden, an die Daten aus dem Ausländerzentralregister nach den §§ 15 bis 20 des AZR-Gesetzes übermittelt werden, und die Meldebehörden befugt, Maßnahmen nach Satz 1 zu treffen, soweit sie die Echtheit des Dokuments oder die Identität des Inhabers überprüfen dürfen. Biometrische Daten nach Satz 1 sind nur die Fingerabdrücke und das Lichtbild.

(2) Jeder Ausländer ist verpflichtet, gegenüber den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.

(3) Bestehen Zweifel über die Person, das Lebensalter oder die Staatsangehörigkeit des Ausländers, so sind die zur Feststellung seiner Identität, seines Lebensalters oder seiner Staatsangehörigkeit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn

1.
dem Ausländer die Einreise erlaubt, ein Aufenthaltstitel erteilt oder die Abschiebung ausgesetzt werden soll oder
2.
es zur Durchführung anderer Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist.

(4) Die Identität eines Ausländers ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern, wenn eine Verteilung gemäß § 15a stattfindet.

(4a) Die Identität eines Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 beantragt und der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Bei Ausländern nach Satz 1, die das sechste, aber noch nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, soll die Identität durch erkennungsdienstliche Maßnahmen gesichert werden.

(5) Zur Feststellung und Sicherung der Identität sollen die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden,

1.
wenn der Ausländer mit einem gefälschten oder verfälschten Pass oder Passersatz einreisen will oder eingereist ist;
2.
wenn sonstige Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Ausländer nach einer Zurückweisung oder Beendigung des Aufenthalts erneut unerlaubt ins Bundesgebiet einreisen will;
3.
bei Ausländern, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, sofern die Zurückschiebung oder Abschiebung in Betracht kommt;
4.
wenn der Ausländer in einen in § 26a Abs. 2 des Asylgesetzes genannten Drittstaat zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird;
5.
bei der Beantragung eines nationalen Visums;
6.
bei Ausländern, die für ein Aufnahmeverfahren nach § 23, für die Gewährung von vorübergehendem Schutz nach § 24 oder für ein Umverteilungsverfahren auf Grund von Maßnahmen nach Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgeschlagen und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in die Prüfung über die Erteilung einer Aufnahmezusage einbezogen wurden, sowie in den Fällen des § 29 Absatz 3;
7.
wenn ein Versagungsgrund nach § 5 Abs. 4 festgestellt worden ist.

(6) Maßnahmen im Sinne der Absätze 3 bis 5 mit Ausnahme des Absatzes 5 Nr. 5 sind das Aufnehmen von Lichtbildern, das Abnehmen von Fingerabdrücken sowie Messungen und ähnliche Maßnahmen, einschließlich körperlicher Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zum Zweck der Feststellung des Alters vorgenommen werden, wenn kein Nachteil für die Gesundheit des Ausländers zu befürchten ist. Die Maßnahmen sind zulässig bei Ausländern, die das sechste Lebensjahr vollendet haben. Zur Feststellung der Identität sind diese Maßnahmen nur zulässig, wenn die Identität in anderer Weise, insbesondere durch Anfragen bei anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

(6a) Maßnahmen im Sinne des Absatzes 5 Nr. 5 sind das Aufnehmen von Lichtbildern und das Abnehmen von Fingerabdrücken.

(7) Zur Bestimmung des Herkunftsstaates oder der Herkunftsregion des Ausländers kann das gesprochene Wort des Ausländers auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden. Diese Erhebung darf nur erfolgen, wenn der Ausländer vorher darüber in Kenntnis gesetzt wurde.

(8) Die Identität eines Ausländers, der in Verbindung mit der unerlaubten Einreise aufgegriffen und nicht zurückgewiesen wird, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Nach Satz 1 dürfen nur Lichtbilder und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden. Die Identität eines Ausländers, der das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 nur durch das Aufnehmen eines Lichtbildes zu sichern.

(9) Die Identität eines Ausländers, der sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Nach Satz 1 dürfen nur Lichtbilder und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden. Die Identität eines Ausländers, der das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 nur durch das Aufnehmen eines Lichtbildes zu sichern.

(10) Der Ausländer hat die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 bis 9 zu dulden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 einen Nachweis nicht führt,
2.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 2 sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs nicht unterzieht,
2a.
entgegen § 47a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 47a Satz 3, ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt oder einen Abgleich mit dem Lichtbild nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht,
3.
entgegen § 48 Abs. 1 oder 3 Satz 1 eine dort genannte Urkunde oder Unterlage oder einen dort genannten Datenträger nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt, nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt oder nicht oder nicht rechtzeitig überlässt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 oder 3 zuwiderhandelt oder
5.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 1, auch in Verbindung mit § 60d Absatz 3 Satz 4, eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht.

(2a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 1 einen Ausländer mit einer nachhaltigen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistung beauftragt, die der Ausländer auf Gewinnerzielung gerichtet ausübt,
2.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 oder § 19a Absatz 1 Satz 2 oder 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
3.
entgegen § 19b Absatz 7 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
4.
entgegen § 60c Absatz 5 Satz 1 oder § 60d Absatz 3 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht.

(2b) (weggefallen)

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz eine selbständige Tätigkeit ausübt,
2.
einer vollziehbaren Auflage nach § 12 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 4 zuwiderhandelt,
2a.
entgegen § 12a Absatz 1 Satz 1 den Wohnsitz nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer in dem Land nimmt, in dem er zu wohnen verpflichtet ist,
2b.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 12a Absatz 2, 3 oder 4 Satz 1 oder § 61 Absatz 1c zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 13 Abs. 1 außerhalb einer zugelassenen Grenzübergangsstelle oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden einreist oder ausreist oder einen Pass oder Passersatz nicht mitführt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 1, § 56 Absatz 1 Satz 2 oder Abs. 3 oder § 61 Absatz 1e zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 56 Absatz 1 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
5a.
einer räumlichen Beschränkung nach § 56 Absatz 2 oder § 61 Absatz 1 Satz 1 zuwiderhandelt,
5b.
entgegen § 60b Absatz 2 Satz 1 nicht alle zumutbaren Handlungen vornimmt, um einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz zu erlangen,
6.
entgegen § 80 Abs. 4 einen der dort genannten Anträge nicht stellt oder
7.
einer Rechtsverordnung nach § 99 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe d, Nummer 7, 10 oder 13a Satz 1 Buchstabe j zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 3 kann der Versuch der Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

(5) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 2, 3 und 4 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 1 und 5b mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 1, 2a und 3 und des Absatzes 3 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro geahndet werden.

(6) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Die Ausländerbehörde kann gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer Maßnahmen zur Förderung der Ausreise treffen, insbesondere kann sie den Ausländer verpflichten, den Wohnsitz an einem von ihr bestimmten Ort zu nehmen.

(2) Einem Ausländer kann die Ausreise in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 1 und 2 des Passgesetzes untersagt werden. Im Übrigen kann einem Ausländer die Ausreise aus dem Bundesgebiet nur untersagt werden, wenn er in einen anderen Staat einreisen will, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Dokumente und Erlaubnisse zu sein. Das Ausreiseverbot ist aufzuheben, sobald der Grund seines Erlasses entfällt.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 einen Nachweis nicht führt,
2.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 2 sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs nicht unterzieht,
2a.
entgegen § 47a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 47a Satz 3, ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt oder einen Abgleich mit dem Lichtbild nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht,
3.
entgegen § 48 Abs. 1 oder 3 Satz 1 eine dort genannte Urkunde oder Unterlage oder einen dort genannten Datenträger nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt, nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt oder nicht oder nicht rechtzeitig überlässt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 oder 3 zuwiderhandelt oder
5.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 1, auch in Verbindung mit § 60d Absatz 3 Satz 4, eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht.

(2a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 1 einen Ausländer mit einer nachhaltigen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistung beauftragt, die der Ausländer auf Gewinnerzielung gerichtet ausübt,
2.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 oder § 19a Absatz 1 Satz 2 oder 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
3.
entgegen § 19b Absatz 7 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
4.
entgegen § 60c Absatz 5 Satz 1 oder § 60d Absatz 3 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht.

(2b) (weggefallen)

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz eine selbständige Tätigkeit ausübt,
2.
einer vollziehbaren Auflage nach § 12 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 4 zuwiderhandelt,
2a.
entgegen § 12a Absatz 1 Satz 1 den Wohnsitz nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer in dem Land nimmt, in dem er zu wohnen verpflichtet ist,
2b.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 12a Absatz 2, 3 oder 4 Satz 1 oder § 61 Absatz 1c zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 13 Abs. 1 außerhalb einer zugelassenen Grenzübergangsstelle oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden einreist oder ausreist oder einen Pass oder Passersatz nicht mitführt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 1, § 56 Absatz 1 Satz 2 oder Abs. 3 oder § 61 Absatz 1e zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 56 Absatz 1 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
5a.
einer räumlichen Beschränkung nach § 56 Absatz 2 oder § 61 Absatz 1 Satz 1 zuwiderhandelt,
5b.
entgegen § 60b Absatz 2 Satz 1 nicht alle zumutbaren Handlungen vornimmt, um einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz zu erlangen,
6.
entgegen § 80 Abs. 4 einen der dort genannten Anträge nicht stellt oder
7.
einer Rechtsverordnung nach § 99 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe d, Nummer 7, 10 oder 13a Satz 1 Buchstabe j zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 3 kann der Versuch der Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

(5) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 2, 3 und 4 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 1 und 5b mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 1, 2a und 3 und des Absatzes 3 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro geahndet werden.

(6) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
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Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Die Beklagte und der Beigeladene, die ihre eigenen Kosten selbst tragen, tragen die Kosten des Berufungsverfahrens im Übrigen je zur Hälfte.

Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit des Widerspruchsbescheids der Beklagten, mit dem die gegenüber dem Beigeladenen ergangene Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde aufgehoben wurde.

Der Beigeladene, der die ghanaische Staatsangehörigkeit besitzt, reiste am 8.1.1991 in die Bundesrepublik Deutschland ein. Sein am 31.1.1991 gestellter Asylantrag blieb ohne Erfolg. Am 9.11.1992 schloss er die Ehe mit einer deutschen Staatsangehörigen. Aufgrund der Erklärung der Eheleute vom 11.6.1993, dass sie seit dem Tag der Eheschließung eine eheliche Lebensgemeinschaft führten, erhielt der Beigeladene eine zunächst bis zum 11.6.1994 befristete Aufenthaltserlaubnis. Im Rahmen des Antrags auf Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung vom 13.5.1994 erklärte der Beigeladene schriftlich, dass die eheliche Lebensgemeinschaft nach wie vor unverändert fortbestehe. Unter dem 6.11.1995 erklärten der Beigeladene und seine Ehefrau, dass die eheliche Gemeinschaft „seit dem 1.9.1995 wieder vorliegt“. Darauf erhielt der Beigeladene am selben Tag eine bis zum 8.11.1996 gültige Aufenthaltserlaubnis. Nachdem der Beigeladene und seine Ehefrau am 2.1.1997 erklärt hatten, dass die eheliche Lebensgemeinschaft „vom Tag der Eheschließung an bis heute ununterbrochen vorliegt“ und „weiter vorliegt“, erhielt er am selben Tag auf seinen Antrag vom 6.11.1996 eine unbefristete Aufenthaltserlaubnis. Nach der Erklärung der Ehefrau bei ihrer Vernehmung vom 7.1.1998 durch das LKA, dass es sich bei ihrer Ehe um eine Scheinehe handele und nie eine eheliche Lebensgemeinschaft bestanden habe, wurde am 15.6.1998 ein Strafbefehl gegen diese wegen unrichtiger Angaben (§§ 92 a I i.V.m. 92 II AuslG) erlassen. Sodann wurde der Beigeladene durch Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.4.1999 wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz (§§ 92 II Nr. 2 AuslG, 53 StGB) in zwei Fällen zu einer Geldstrafe (80 Tagessätze à 50,- DM) verurteilt.

Nach vorheriger Anhörung wurde der Beigeladene mit Bescheid der Ausländerbehörde der Beklagten vom 22.3.2002 gemäß § 45 I i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG für dauernd aus der Bundesrepublik Deutschland ausgewiesen. Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Rechtsgrundlage für die dem Beigeladenen am 11.6.1993 erteilte befristete Aufenthaltserlaubnis sei § 23 I Nr. 1 i.V.m. § 17 I AuslG gewesen. Wesentliche Voraussetzung hierfür sei neben der Eheschließung mit der deutschen Staatsangehörigen mit gewöhnlichem Aufenthalt in Deutschland die Aufnahme einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Aus der strafgerichtlichen Verurteilung des Beigeladenen durch das Amtsgericht B-Stadt gehe hervor, dass er mehrfach bei der Ausländerbehörde schriftlich bestätigt habe, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit seinem Ehepartner vorliege, obwohl sie zu keinem Zeitpunkt begründet worden sei. Eine vorsätzliche Straftat sei grundsätzlich nicht geringfügig im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG. Der Beigeladene habe durch sein Verhalten die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der Ausländerbehörde empfindlich gestört. Die Zuordnung des Tatbestandes unrichtiger und unvollständiger Angaben in § 92 II Nr. 2 AuslG erhärte die Auffassung, dass in der Angabe unzutreffender Daten bei der Beantragung einer Aufenthaltsgenehmigung ein gravierender Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht liege. Hierbei sei maßgebend, dass die Ausländerbehörde aufgrund unzutreffender oder unvollständiger Angaben eine Entscheidung getroffen habe, die ansonsten nicht getroffen worden wäre. Dieses Verhalten könne nicht hingenommen werden, weil ansonsten die Ausländerbehörde nicht mehr in der Lage wäre, die Zuwanderung von Ausländern zu kontrollieren und zu steuern. Dem Schutz- und Förderungsgebot des Art. 6 GG könne die Ausländerbehörde nicht mehr in ausreichendem Maß Geltung verschaffen. In einem derartigen Verhalten sei eine Beeinträchtigung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung und zugleich ein Verstoß gegen das Aufenthaltsrecht zu sehen, die sowohl dem weiteren Aufenthalt des Beigeladenen im Bundesgebiet wie auch den privaten Interessen an Aufrechterhaltung der beruflichen bzw. sozialen Existenz vorginge. Durch die Ausweisungsverfügung werde es ihm unmöglich gemacht, künftig in Deutschland gegen ausländerrechtliche Vorschriften zu verstoßen. Außerdem werde auch dadurch anderen Ausländern deutlich, dass der Verstoß gegen die entsprechenden ausländerrechtlichen Bestimmungen eine Ausweisung nach sich ziehe. Sie würden dadurch veranlasst, sich ordnungsgemäß zu verhalten.

Unter dem 26.4.2002 legte der Beigeladene gegen die Ausweisungsverfügung Widerspruch ein und führte im Wesentlichen aus: Die Beklagte gehe zu Unrecht davon aus, dass die ihm vorgeworfene Tat nicht geringfügig sei. Dass es sich um eine vorsätzliche Tat handele, reiche hierfür jedenfalls nicht aus, ebenso wenig, dass die Beklagte lapidar ausführe, dass die Einsichtnahme in die Ermittlungsakten keinen Widerspruch in dem Aussageverhalten der früheren Ehefrau des Beigeladenen habe deutlich werden lassen. Tatsächlich sei das aber der Fall gewesen. Im Übrigen werde nicht deutlich, dass die Beklagte ihr pflichtgemäßes Ermessen im Rahmen des Erlasses der Ausweisungsverfügung ordnungsgemäß ausgeübt habe. Ausführungen darüber, ob nicht ein milderes Mittel zur Verfügung gestanden hätte, fehlten völlig. Es hätte auch die Möglichkeit bedacht werden müssen, dass seine frühere Ehefrau sich seiner habe entledigen wollen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 7.7.2003 hat der Stadtrechtsausschuss der Beklagten den angefochtenen Bescheid aufgehoben. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, der angefochtene Bescheid mit dem Inhalt Ausweisung und Setzung einer Ausreisepflicht ohne Abschiebungsandrohung sei rechtswidrig und verletze den Beigeladenen in seinen Rechten. Der angefochtenen Ausweisung habe von vornherein die Rechtsgrundlage gefehlt. Zwar spreche alles dafür, dass die Voraussetzungen der von der Beklagten herangezogenen Rechtsgrundlage des § 46 Nr. 2 AuslG vorlägen, wonach insbesondere ein Ausländer ausgewiesen werden könne, der einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften begangen habe. Der Beigeladene habe auch nicht ernsthaft in Zweifel ziehen können, dass er entsprechend seiner Verurteilung gegen die Rechtsvorschrift des § 92 II Nr. 2 AuslG verstoßen habe. Mit den jeweiligen schriftlichen Bestätigungen gegenüber der Beklagten, dass die eheliche Lebensgemeinschaft mit seiner damaligen Ehefrau fortbestanden habe bzw. wieder bestanden habe, habe er wohl unrichtige Angaben gemacht, um die Erteilung bzw. Verlängerung seiner Aufenthaltsgenehmigung zu erreichen. Denn eine eheliche Lebensgemeinschaft habe zwischen den Eheleuten wohl niemals bestanden. Das Amtsgericht habe dies offenbar aufgrund der Aussage der früheren Ehefrau für erwiesen erachtet. Die vom Beigeladenen geltend gemachten Widersprüche in deren Aussagen beträfen eher nicht die Kernpunkte ihrer Angaben, sondern Details, was regelmäßig mehr für als gegen den Wahrheitsgehalt einer Aussage sprechen könne. Die Meldung der Eheleute für den gleichen Wohnsitz entspreche dem üblichen Vorgehen beim planmäßigen Vortäuschen einer ehelichen Lebensgemeinschaft. Gleichwohl komme die Ausweisung auf der Grundlage des § 46 Nr. 2 AuslG nicht in Betracht, der nämlich seit Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 1.1.2002, also schon zum Zeitpunkt der angefochtenen Verfügung, auf einen Fall wie den Vorliegenden nicht mehr anwendbar sei. Durch dieses Gesetz sei die Nr. 1 des § 46 AuslG dahingehend geändert worden, dass u. a. ausgewiesen werden könne, wer in Verfahren nach diesem Gesetz falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung gemacht habe, allerdings nur, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen worden sei. Die Ausweisung des Beigeladenen wäre also nur noch auf der Grundlage des § 46 Nr. 1 AuslG in der neuen Fassung möglich gewesen, dessen Voraussetzungen jedoch nicht vorlägen. Die Nrn. 1 und 2 des § 46 AuslG stünden ohne ausdrückliche Anordnung einer Reihenfolge hintereinander. Sie könnten jedoch nicht beide auf denselben Sachverhalt angewendet werden, soweit es um Falschangaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung gehe, denn dieselbe Rechtsfolge, nämlich die Ermächtigung zu einer ermessensgerechten Ausweisung, trete nach Nr. 1 nur unter dem Vorbehalt einer hinreichenden Belehrung des Ausländers ein, nach Nr. 2 jedoch auch ohne solche. Der Wortlaut der Tatbestände spreche deutlich dafür, dass die Nr. 1 im Umfang ihres Anwendungsbereiches hinsichtlich Falschangaben als spezieller Tatbestand Anwendungsvorrang vor der Nr. 2 als generellen Tatbestand habe. Denn einerseits sei das Tatbestandsmerkmal der Nr. 1 „falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung machen“ deckungsgleich mit dem Tatbestandsmerkmal der Nr. 2 i.V.m. § 92 II Nr. 2 AuslG „unrichtige oder unvollständige Angaben machen, um für sich eine Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen“. Ein unterschiedlicher Anwendungsbereich ergebe sich auch nicht aus dem Tatbestandsmerkmal der Nr. 2 „nicht nur vereinzelt oder geringfügig“, weil die Falschangaben nach beiden Tatbeständen wegen der beabsichtigten Genehmigungserlangung vorsätzlich gemacht werden müssten und eine vorsätzliche Falschangabe grundsätzlich nicht als geringfügiger Verstoß betrachtet werden könne. Andererseits sei der Tatbestand der Nr. 1 enger als der der Nr. 2, weil er die Belehrung voraussetze. Wer wegen Falschangaben aufgrund der Nr. 1 ausgewiesen werden könne, habe grundsätzlich immer auch einen nicht geringfügigen Verstoß im Sinne der Nr. 2 gegen die Rechtsvorschrift des § 92 II Nr. 2 AuslG begangen. Umgekehrt führe aber nicht jeder Verstoß gegen diese Rechtsvorschrift zu einem Ausweisungsgrund nach Nr. 1, weil es an der Belehrung fehlen könne. Allerdings habe der Gesetzgeber ausweislich der Begründung zum Terrorismusbekämpfungsgesetz keineswegs den Anwendungsbereich der Nr. 2 einschränken, sondern lediglich mit der Neufassung der Nr. 1 zusätzliche Ausweisungsgründe schaffen wollen, und zwar zum speziellen Zweck der Unterstützung der Terrorismusbekämpfung. Dabei sei offensichtlich übersehen worden, dass Falschangaben im Genehmigungsverfahren schon bisher zur Ausweisung nach Nr. 2 hätten führen können. Die vermeintliche Neuschaffung des Ausweisungsgrundes der Falschangabe habe er wohl durch die Belehrungspflicht begrenzen wollen. Der Wortlaut spreche deutlich für eine Spezialität der Nr. 1. Der Gesetzgeber habe nicht gewollt, dass Falschangaben grundsätzlich von Nr. 2 und nur ergänzend von Nr. 1 erfasst würden, sondern dass sämtliche Falschangaben unter die neue Nr. 1 fielen, da er davon ausgegangen sei, dass sie bisher keinen Ausweisungsgrund darstellten. Für die Nr. 1 verbleibe auch kein eigenständiger Anwendungsbereich hinsichtlich Falschangaben, weil alles vom Geltungsbereich des deckungsgleichen Tatbestandes der Nr. 2 erfasst würde. Insbesondere könne nicht unterstellt werden, dass Nr. 1 nur den Bereich der für die Terrorismusbekämpfung relevanten Angaben abdecken solle. Die Neufassung des Gesetzes gelte auch für den Beigeladenen mangels einer Übergangsregelung, da die Ausweisungsverfügung nach dem 1.1.2002 bekannt gegeben worden sei. Eine Ausweisung auf der Grundlage der Nr. 1 komme nicht in Betracht, da der Beigeladene nicht jeweils vor der Befragung über das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft ausdrücklich auf die Folgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen worden sei.

Am 11.8.2003 hat der Kläger gegen den Widerspruchsbescheid Aufsichtsklage erhoben. Er hält ihn für rechtswidrig. Rechtsgrundlage der verfügten Ausweisung sei § 45 i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG. Die Voraussetzungen des § 46 Nr. 2 AuslG lägen vor. Die Vorschrift sei auch anwendbar, wie sich aus der Begründung zu der durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz erfolgten Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG ergebe. Die in § 46 Nr. 1 AuslG n.F. am Ende statuierte Hinweispflicht der Ausländerbehörde gelte in Ermangelung einer Übergangsregelung nur für Verfahren nach dem Ausländergesetz, die im Zeitpunkt des Inkrafttretens des Terrorismusbekämpfungsgesetzes, d.h. am 1.1.2002, noch nicht im Sinne des § 9 SVwVfG abgeschlossen gewesen seien, in denen also noch ein solcher Hinweis vor dem Abschluss habe erfolgen können. Nach dem aus der Gesetzesbegründung ersichtlichen Willen des Gesetzgebers sei nicht beabsichtigt gewesen, zu diesem Zeitpunkt bereits abgeschlossene, in der Vergangenheit liegende Verfahren mit der Folge zu erfassen, dass die in diesen Verfahren getätigten Falschangaben eine Ausweisung nicht mehr rechtfertigen könnten. Im Falle des Beigeladenen habe dieser in zwei Verfahren auf Verlängerung seiner ehebedingten Aufenthaltserlaubnis 1995 und 1997 falsche schriftliche Bestätigungen über das Fortbestehen der ehelichen Lebensgemeinschaft mit seiner deutschen Ehefrau abgegeben. Beide Verfahren seien vor dem Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes jeweils durch Verlängerung seiner Aufenthaltserlaubnis abgeschlossen worden. Eine Hinweispflicht nach § 46 Nr. 1 AuslG n.F. habe in diesen Verfahren nicht bestanden. Da dessen Tatbestandsvoraussetzungen nicht vorlägen, habe die Ausweisung des Beigeladenen nicht auf § 46 Nr. 1 AuslG n.F. gestützt werden können, so dass eine „Sperrwirkung“ zu Ungunsten des Ausweisungsbeispiels in § 46 Nr. 2 AuslG nicht in Betracht komme. Selbst wenn Nr. 1 der Vorschrift auf den vorliegenden Sachverhalt angewendet werden könnte, ergebe sich aus dem Verhältnis zwischen den Ausweisungsbeispielen der Nr. 1 und Nr. 2 kein Anwendungsausschluss des § 46 Nr. 2 AuslG. Nach der Systematik des Ausländergesetzes stünden die sieben Ausweisungsbeispiele des § 45 AuslG in § 46 AuslG unabhängig nebeneinander. Die beiden streitgegenständlichen Beispiele lägen bei Falschangaben in einem Verfahren nach dem Ausländergesetz usw. gleichzeitig nur dann vor, wenn sich die Falschangaben im konkreten Einzelfall als nicht nur vereinzelte oder geringfügige Verstöße gegen Rechtsvorschriften darstellten. Der Umstand, dass § 92 II Nr. 2 AuslG u.a. vorsätzliche Falschangaben zum Zwecke der Beschaffung einer Aufenthaltsgenehmigung oder einer Duldung unter Strafe stelle, lasse nicht darauf schließen, dass beide Ausweisungsbeispiele nur alternativ, jedoch niemals kumulativ erfüllt sein könnten. Ein Verhältnis der Spezialität des § 46 Nr. 1 AuslG n.F. gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG bedürfe außerdem einer ausdrücklichen gesetzgeberischen Entscheidung, die sich im Wortlaut der Norm widerspiegeln müsse. Dies sei nicht der Fall und werde durch die Auslegung nach dem Willen des Gesetzgebers und dem Sinn und Zweck der Normen gestützt. Als gesetzgeberischen Willen könne der Begründung nur entnommen werden, dass die Ausweisungsbeispiele um ein weiteres teilweise klarstellendes, teilweise neues Beispiel habe vervollständigt werden sollen. Dabei sei Hauptzielrichtung die Verschärfung der Folgen für Falschangaben in Visumsverfahren vor deutschen und Auslandsvertretungen von anderen „Schengenanwenderstaaten“ gewesen. Keineswegs sei eine Einschränkung des bestehenden Ausweisungsbeispiels in § 46 Nr. 2 AuslG beabsichtigt gewesen. Es sei kein sachlicher Grund dafür erkennbar, warum auf ein und denselben Fall nicht beide Ausweisungsbeispiele Anwendung finden können sollten. Dem Gesetzgeber könne nicht unterstellt werden, dass er davon ausgegangen sei, dass sämtliche Falschangaben nur noch unter § 46 Nr. 1 AuslG n.F. fielen oder sie bislang keinen Ausweisungsgrund dargestellt hätten. Auch wenn der Gesetzgeber die bestehende Möglichkeit einer Ausweisung nicht bedacht hätte, genügte dies nicht für die Annahme, dass Falschangaben überhaupt nur noch nach diesem neuen Beispiel mit Hinweispflicht eine Ausweisung rechtfertigen könnten. Für § 46 Nr. 1 Alt. 1 AuslG n.F. verbleibe auch gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG ein beachtlicher eigenständiger Anwendungsbereich, da jede Falschangabe eines Ausländers einen tauglichen Anknüpfungspunkt für eine Ausweisung darstelle, die wegen dieser geringen Eingriffsschwelle jedoch nur dann zulässig sei, wenn vor der dolosen Angabe eine ausdrückliche Belehrung über die möglichen Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben erfolgt sei. Demgegenüber setze § 46 Nr. 2 AuslG einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften usw. voraus, also dass der Rechtsverstoß ein gewisses „Gewicht“ erreicht habe. Gerade für den vorliegenden Fall einer Scheinehe würde die von der Beklagten vorgenommene Auslegung zu einer mit dem gesetzgeberischen Willen nicht zu vereinbarenden privilegierenden Behandlung von Straftätern im Ausweisungsrecht führen. Dem Wortlaut und der Gesetzesbegründung könne keine Absicht des Gesetzgebers zur Regelung von in der Vergangenheit abgeschlossenen „Verfahren nach dem Ausländergesetz“ entnommen werden. Eine Gesetzeslücke bestehe nach der teleologischen Auslegung der Vorschriften nicht.

Der Kläger hat schriftsätzlich beantragt,

den Widerspruchsbescheid des Stadtrechtsausschusses der Beklagten vom 7.7.2003 aufzuheben.

Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,

die Klage abzuweisen.

Sie hat zur Begründung im Wesentlichen auf den angefochtenen Widerspruchsbescheid verwiesen und ergänzend ausgeführt: Das eigentliche Problem des Falles bestehe darin, dass sich der Gesetzgeber zur Frage des Anwendungsbereiches infolge Verkennung der bestehenden Gesetzeslage keine Gedanken gemacht habe. Eine stillschweigende Übergangsregelung mit der Wirkung einer teilweisen Vorenthaltung der durch die Hinweisobliegenheit bewirkten Vergünstigung im Hinblick auf Wesentlichkeit und Bestimmtheit wäre wohl nicht zulässig. Der Wortlaut gebiete sie nicht und Unklarheiten gingen im Bereich der Eingriffsverwaltung im Zweifel zu Lasten des Gesetzgebers. Es sei seine Sache zu entscheiden, ob er eine Gesetzeslücke bestehen lassen oder durch eine neue Regelung schließen wolle. Es sei demnach eine ausdrückliche Übergangsregelung erforderlich gewesen, um die Anwendung der Nr. 1 auf alle vom Wortlaut erfassten noch nicht abgeschlossenen Ausweisungsverfahren zu vermeiden. Schutzwürdiges Vertrauen der Ausländerbehörde, dass in der Vergangenheit entstandene Ausweisungsgründe zukünftig zur Ausweisung berechtigen würden, gebe es nicht. Im Übrigen habe sie die Möglichkeit, unter Beachtung der einschlägigen Fristen Aufenthaltserlaubnisse zurückzunehmen. Regelungsgegenstand der Nr. 1 sei nicht die Hinweispflicht, bei der es sich tatsächlich um eine Hinweisobliegenheit handele, sondern die Ausweisungsbefugnis.

Der Beigeladene hat keinen Antrag gestellt und sich auch nicht zur Sache geäußert .

Mit Urteil vom 28.1.2005 hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und zur Begründung im Wesentlichen ausgeführt: Die Ausweisungsvoraussetzungen gemäß § 45 I i.V.m. § 46 Nr. 2 AuslG lägen vor, da der Beigeladene wenigstens zweimal vorsätzlich falsche Angaben über das Bestehen einer ehelichen Lebensgemeinschaft gemacht und dadurch bei der Ausländerbehörde über Jahre hinweg eine entsprechende falsche Vorstellung hervorgerufen habe. Dieser Verstoß gegen Rechtsvorschriften sei weder vereinzelt noch geringfügig gewesen. Dem stehe nicht entgegen, dass noch vor Erlass der streitigen Ausweisungsverfügung vom 22.3.2002 im Zuge des Terrorismusbekämpfungsgesetzes eine Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG in Kraft getreten sei. Dessen Voraussetzungen seien im Falle des Beigeladenen nicht erfüllt, da er vor Abgabe der falschen Angaben im Aufenthaltserlaubnisverfahren nicht auf die Rechtsfolgen bezüglich einer Ausweisung hingewiesen worden sei. Dass das Terrorismusbekämpfungsgesetz keine Übergangsregelung enthalte und daher sofort anzuwendendes Recht sei, spreche zwar dafür, die Neuregelung auch dann zur Anwendung kommen zu lassen, wenn die unrichtigen oder unvollständigen Angaben vor Inkrafttreten des Terrorismusbekämpfungsgesetzes gemacht worden seien. Allerdings bedeute dies, dass nachträglich Anforderungen für eine Ausweisung wegen Falschangaben aufgestellt würden, die die Ausländerbehörde bei Abgabe der Falschangaben nicht habe beachten können, und somit in bereits erfüllte Ausweisungstatbestände eingegriffen werde. Ob dieses Gesetzesverständnis dem Sinn und Zweck des Terrorismusbekämpfungsgesetzes, das die Ausweisungsmöglichkeiten habe erweitern und nicht einschränken wollen, Rechnung trage, könne aber offen bleiben. Eine Auslegung beider Tatbestände lasse nach Auffassung des Gerichts nicht die Feststellung zu, dass § 46 Nr. 1 AuslG im Falle von Falschangaben eine Anwendung des § 46 Nr. 2 AuslG ausschließe. Eine Spezialität ergebe sich aus dem Wortlaut der Vorschriften nicht. Vielmehr spreche die ungewöhnliche Formulierung in § 46 Nr. 1 AuslG, dass die Ausweisung „auf dieser Grundlage“ nur zulässig sei, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen worden sei, dafür, dass das Belehrungserfordernis nur für „diese Grundlage“ der Ausweisung gelte, es mithin im Falle von Falschangaben auch noch andere Grundlagen für eine Ausweisung – und zwar ohne Belehrungserfordernis – gebe. Die Beklagte, die eine Spezialität aus dem Wortlaut ableite, widerspreche sich selbst, wenn sie an anderer Stelle darlege, der Gesetzgeber habe übersehen, dass Falschangaben im Genehmigungsverfahren schon bisher zur Ausweisung nach Nr. 2 hätten führen können. Nach der Systematik des Ausländergesetzes konkretisierten die sieben Ausweisungsbeispiele des § 46 AuslG die in § 45 Abs. 1 AuslG niedergelegten Tatbestandsmerkmale „öffentliche Sicherheit und Ordnung“ und „sonstige erhebliche Interessen der Bundesrepublik“ und stünden grundsätzlich unabhängig nebeneinander. Es könne also ohne weiteres zu „Überschneidungen“ kommen; Identität des Anwendungsbereichs beider Ausweisungsbeispiele liege im Falle der Falschangaben in einem Aufenthaltserlaubnisverfahren nicht vor. Während § 46 Nr. 1 AuslG jede Falschangabe – auch die fahrlässige – erfasse und bei einer derart niedrigen Eingriffsschwelle für die Rechtsfolge einer Ausweisung eine entsprechende Belehrung verlange, müsse im Anwendungsbereich des § 46 Nr. 2 AuslG die Falschangabe nicht nur eine vorsätzliche Straftat im Sinne von § 92 Abs. 2 Nr. 2 AuslG sein, sondern der Gesetzesverstoß dürfe nicht vereinzelt oder geringfügig sein. Damit sei die Eingriffsschwelle bei § 46 Nr. 2 AuslG ungleich höher und die Klägersicht, dass deshalb eine Ausweisung keiner Belehrung bedürfe, plausibel. Auch sei nicht von der Hand zu weisen, dass ein Straftäter nicht nur deshalb, weil er nicht belehrt worden sei, besser gestellt werden sollte als ein zwar belehrter Ausländer, der sich aber nur eine geringfügige fahrlässige Falschangabe habe zu Schulden kommen lassen. Eine teleologische Auslegung ergebe, dass kein gesetzgeberischer Wille erkennbar sei, dass derartige Falschangaben nicht auch auf anderer Grundlage und unter anderen Tatbestandsvoraussetzungen zur Ausweisung führen könnten.

Zur Begründung der zugelassenen Berufung bezieht sich die Beklagte auf ihre Berufungszulassungsantragsbegründung und auf die Gründe des angefochtenen Widerspruchsbescheids. Danach sei dieser rechtmäßig, die Ausweisung des Beigeladenen mangels Rechtsgrundlage rechtswidrig. § 46 Nr. 2 AuslG habe nach dem Inkrafttreten des § 46 Nr. 1 AuslG i.d.F. des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 1.1.2002 auf die streitgegenständlichen Falschangaben des Beigeladenen nicht mehr angewendet werden dürfen. Die Formulierung „auf dieser Grundlage“ in § 46 Nr. 1 AuslG habe der Gesetzgeber nicht gewählt, um mit Blick auf § 46 Nr. 2 AuslG zum Ausdruck zu bringen, dass es im Fall von Falschangaben auch noch andere Grundlagen für eine Ausweisung ohne Belehrungserfordernis geben solle, denn er sei ausweislich der Gesetzesbegründung der Meinung gewesen, einen neuen Ausweisungsgrund einzufügen, so dass aus seiner Sicht kein Bedürfnis für eine Abgrenzung zu anderen Ausweisungstatbeständen für den Fall von Falschangaben ohne Hinweisobliegenheit bestanden habe. Viel näher liege die Annahme, dass der Gesetzgeber mit dieser Formulierung die Hinweisobliegenheit des § 46 Nr. 1 AuslG von der des gleichzeitig neu gefassten § 47 II Nr. 5 AuslG habe unterscheiden wollen. Der Neuregelung des § 46 Nr. 1 AuslG die Absicht des Gesetzgebers zu entnehmen, Falschangaben im Erlaubnisverfahren ausschließlich – abgesehen von § 47 II Nr. 5 AuslG – unter den Voraussetzungen dieser Bestimmung mit einer Ausweisung zu sanktionieren, heiße daher allenfalls, den wohl auf einem Irrtum über die bestehende Rechtslage beruhenden geäußerten Willen, einen neuen Ausweisungstatbestand zu schaffen, ernst zu nehmen. Der gesetzgeberische Wille, die Instrumente der Terrorismusbekämpfung zu erweitern und nicht einzuschränken, werde damit zwar nicht gefördert, aber keineswegs durch die Rechtsanwendung missachtet. Zwar stünden die Ausweisungstatbestände des § 46 AuslG grundsätzlich unabhängig nebeneinander, so dass es zu Überschneidungen, also zum gleichzeitigen Vorliegen mehrerer Ausweisungsbeispiele kommen könne. Die Ausnahme vom Grundsatz liege aber vor, wenn zwei Tatbestände den identischen Sachverhalt zur freien, also willkürlichen Auswahl mit oder ohne Hinweisobliegenheit erfassen sollten. Werde hingegen die Falschangabe verschiedenen Tatbeständen zuzuordnen sein, bestehe also ein Verhältnis der Subsidiarität oder Exklusivität zwischen den Tatbeständen, wäre das kein Fall von Überschneidung oder gleichzeitigem Vorliegen. Das Verwaltungsgericht versuche die beiden Tatbestände über das Gewicht der jeweils erfassten Falschangaben voneinander abzugrenzen und so zu verschiedenen Anwendungsbereichen zu gelangen. Fahrlässige Falschangaben seien jedoch kein Anwendungsbereich für § 46 Nr. 1 AuslG. Wollte man den Anwendungsbereich des § 46 Nr. 1 AuslG bezüglich Falschangaben auf die vereinzelte und geringfügige Falschangabe beschränken, würde dies bedeuten, dass der Gesetzgeber zur Umsetzung seines übergeordneten Willens, die Instrumente der Terrorismusbekämpfung zu erweitern, gerade dieses kaum mit einem praktischen Anwendungsbereich versehene und allenfalls die „kleinsten Fische“ erfassende Instrument eingeführt hätte, ohne dies in der Gesetzesbegründung auch nur ansatzweise zu erklären. Das Verwaltungsgericht treffe keine – zumindest keine ausdrückliche – Aussage dazu, in welchem Verhältnis die beiden Ausweisungstatbestände zueinander stünden. § 46 Nr. 1 AuslG sei mangels entgegenstehender Übergangsregelung auch dann anwendbar, wenn - wie vorliegend - die Ausländerbehörde zur Zeit der Befragungen noch gar nichts von ihrer Hinweisobliegenheit habe wissen können. Dies habe auch der erkennende Senat im Beschluss vom 17.5.2004 – 2 Y 2/04 – festgestellt und auch das OVG Bremen habe in seinem Beschluss vom 31.3.2003 – 1 B 348/02 – die Rechtsauffassung der Beklagten in sachlicher und zeitlicher Hinsicht geteilt.

Die Beklagte beantragt,

die Aufsichtsklage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Der Kläger beantragt,

die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 28.2.2005 – 12 K 127/03 – zurückzuweisen.

Er bezieht sich zur Begründung auf die Ausführungen im angegriffenen Urteil und auf sein erstinstanzliches Vorbringen.

Der Beigeladene beantragt,

die Aufsichtsklage unter Abänderung des angefochtenen Urteils abzuweisen.

Wegen des Sachverhaltes im Einzelnen wird Bezug genommen auf den Inhalt der Gerichtsakten und der beigezogenen Verwaltungsunterlagen der Beklagten (2 Bände Ausländerakten, 1 Hefter Widerspruchsverfahren) sowie des staatsanwaltlichen Verfahrens 46 VRs 499/99, der Gegenstand der mündlichen Verhandlung war.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat auf die gemäß § 17 I AGVwGO erhobene Aufsichtsklage des Klägers den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7.7.2003 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig. Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde fehlt dem Bescheid der Ausländerbehörde vom 22.3.2002, durch den der Beigeladene ausgewiesen wurde, nicht die Rechtsgrundlage.

Die Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde vom 22.3.2002 ist zutreffend auf §§ 45 I i.V.m. 46 Nr. 2 AuslG gestützt. Nach § 46 Nr. 2 AuslG kann gemäß § 45 I AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wer

„einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist“.

Der Verstoß des Beigeladenen, der 1992 mit einer deutschen Staatsangehörigen nach Aktenlage eine „Scheinehe“ eingegangen war, gegen eine Rechtsvorschrift ergibt sich aus dem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.4.1999, mit dem er wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz (§§ 92 II Nr. 2 AuslG, 53 StGB) in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt wurde. Nach § 92 II Nr. 2 AuslG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer

„unrichtige und unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen, oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht“.

In dem Urteil wurden dem Beigeladenen unter Bezugnahme auf den vorausgegangenen Strafbefehl vom 2.3.1999, den er angegriffen hatte, unrichtige Angaben über das Bestehen einer ehelichen Gemeinschaft zur Last gelegt, die er am 6.11.1995 und am 2.11.1997 vor der Ausländerbehörde gemacht hatte, um sich eine – Verlängerung seiner befristeten bzw. eine unbefristete - Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Zudem ergibt sich aus den Verwaltungsunterlagen, dass der Beigeladene diesbezüglich auch zuvor unrichtige Angaben gemacht hatte, die jedoch wegen Verfolgungsverjährung ungeahndet blieben. (Bl. 90, Akte der Staatsanwaltschaft – 46 VRs 499/99 -) Während der Beigeladene in seinem Widerspruch sowohl die Richtigkeit des Strafurteils wegen widersprüchlicher Äußerungen seiner Ehefrau (Im Scheidungsverfahren – 39 F 479/97 – haben beide Eheleute – wie bei Scheinehen keineswegs unüblich – einen Zeitpunkt angegeben, seit dem sie – angeblich - getrennt lebten .) als auch die Bedeutung seines Rechtsverstoßes ("geringfügig") und die Ordnungsgemäßheit der Ermessensausübung der Ausländerbehörde in Zweifel zog, hat er sich im gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Sache schriftlich nicht mehr geäußert. Dass seine Einwände nicht durchgreifen, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Ausführungen. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 – 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63 = InfAuslR 1997, 63) grundsätzlich kein geringfügiger Rechtsverstoß im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG. Für das Vorliegen einer Ausnahme spricht zudem angesichts eines verhängten Strafmaßes von 80 Tagessätzen nichts. Vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Nr. 2 AuslG kann somit ausgegangen werden.

Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde wurde § 46 Nr. 2 AuslG auch nicht durch § 46 Nr. 1 AuslG in der Neufassung, die er durch Art. 11 Nr. 7 des gemäß Art. 22 I am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9.1.2002 (BGBl. I 2002, 361) erhalten hatte, verdrängt. § 46 Nr. 1 AuslG n.F. lautet wie folgt:

„Nach § 45 I kann insbesondere ausgewiesen werden, wer

1. in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerkes nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde,"

Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG für zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung von Ausländern gemachte Falschangaben – etwa aus den von der Beklagten ausführlich dargestellten Gründen - gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG die speziellere Regelung darstellt oder beide Vorschriften - wie der Kläger meint – lediglich als gleichrangige Beispiele für eine Ermessensausweisung nach § 45 I AuslG aufzufassen sind, bedarf keiner Entscheidung. Denn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG ist auch bei Annahme einer grundsätzlichen Spezialität dieser Regelung gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG für die Entscheidung der Beklagten über die Ausweisung des Beigeladenen (noch) nicht anwendbar.

Das Terrorismusbekämpfungsgesetz, das keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält, ist zwar bereits am 1.1.2002 und damit vor Erlass der Ausweisungsverfügung durch die Ausländerbehörde in Kraft getreten und hat in der neuen Fassung des § 46 Nr. 1 AuslG festgelegt, dass eine Ermessensausweisung wegen Falschangaben voraussetze, dass der Ausländer ordnungsgemäß über die Folgen von Falschangaben belehrt worden sei. Diese (Neu-)Fassung findet jedoch nur auf die Ausweisungsverfahren Anwendung, die sich auf Falschangaben stützen, die in Befragungen abgegeben wurden, denen ein Hinweis auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hatte vorausgehen müssen, wie dies nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz ab dem 1.1.2002 bzw. ab dessen Verkündung am 11.1.2002 der Fall ist. An der gegenteiligen, im Anschluss an OVG Bremen in dem in einem Prozesskostenhilfe-Verfahren ergangenen Beschluss vom 17.5.2004 – 2 Y 2/04 - vertretenen Auffassung, dass § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG auf alle Entscheidungen über Ausweisungen ab dem 1.1.2002 anwendbar sei, hält der Senat nicht mehr fest.

Der Gesetzgeber hat durch Art. 11 Nr. 7 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG neu gefasst und dort die Ermessensausweisung wegen Falschangaben zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung umfassend geregelt, ihre Zulässigkeit aber davon abhängig gemacht, dass der Befragte vor der Befragung auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde. Damit stellt die Belehrung ein – weiteres - Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG dar. Da die Zielsetzung des Gesetzes, den Terrorismus zu bekämpfen, nur zu erreichen ist, wenn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG angewandt werden kann, dies aber von der erfolgten Belehrung abhängt, ist offensichtlich, dass es nicht im Belieben der – deutschen – Behörde steht, den Ausländer zu belehren oder nicht, sondern sie vielmehr zur Belehrung durch den erforderlichen Hinweis – seit der Verkündung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 11.1.2002 - verpflichtet ist. In Altfällen, in denen Ausländer – wie vorliegend - zwar Falschangaben in Aufenthaltsgenehmigungsverfahren gemacht hatten, diese aber vor diesem Zeitpunkt lagen, hatte die Behörde seinerzeit zur Belehrung keine Veranlassung gehabt und sie zweifellos auch durchweg nicht vorgenommen. Bestand für diese Altfälle aber keine Hinweispflicht und konnte – und sollte - eine solche auch nicht nachträglich begründet werden, weil eine rechtzeitige Belehrung bei den abgeschlossenen Befragungen nicht mehr möglich war, können diese Fälle zwangsläufig noch nicht an der Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG gemessen werden. Diese Altfälle werden daher offensichtlich von § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG nicht erfasst. Da die betreffenden Ausländer durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz aber auch andererseits keinesfalls begünstigt und von einer ohne die Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG drohenden Sanktion ihrer Falschangaben verschont werden sollten, bleibt für diese Personen jedenfalls weiterhin § 46 Nr. 2 AuslG anwendbar.

Hat somit die Ausländerbehörde zu Recht ihre Ausweisungsverfügung gegenüber dem Beigeladenen auf § 46 Nr. 2 AuslG gestützt, weil § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG in diesem Altfall noch keine Anwendung fand, so ist der Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtswidrig und vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden.

Die Berufung der Beklagten ist demnach unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 II, 159 VwGO, 100 ZPO, wobei der Beigeladene, der einen Antrag gestellt hat, in den Kostenausspruch einzubeziehen war (§ 154 III VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 II VwGO).

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 63, 47, 52 I GKG 2004).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

Gründe

Die zulässige Berufung der Beklagten bleibt ohne Erfolg. Das Verwaltungsgericht hat auf die gemäß § 17 I AGVwGO erhobene Aufsichtsklage des Klägers den Widerspruchsbescheid der Beklagten vom 7.7.2003 zu Recht aufgehoben, denn dieser ist rechtswidrig. Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde fehlt dem Bescheid der Ausländerbehörde vom 22.3.2002, durch den der Beigeladene ausgewiesen wurde, nicht die Rechtsgrundlage.

Die Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde vom 22.3.2002 ist zutreffend auf §§ 45 I i.V.m. 46 Nr. 2 AuslG gestützt. Nach § 46 Nr. 2 AuslG kann gemäß § 45 I AuslG insbesondere ausgewiesen werden, wer

„einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Straftat begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche Straftat anzusehen ist“.

Der Verstoß des Beigeladenen, der 1992 mit einer deutschen Staatsangehörigen nach Aktenlage eine „Scheinehe“ eingegangen war, gegen eine Rechtsvorschrift ergibt sich aus dem Urteil des Amtsgerichts B-Stadt vom 12.4.1999, mit dem er wegen Verstoßes gegen das Ausländergesetz (§§ 92 II Nr. 2 AuslG, 53 StGB) in zwei Fällen zu einer Geldstrafe von 80 Tagessätzen zu je 50,- DM verurteilt wurde. Nach § 92 II Nr. 2 AuslG wird mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft, wer

„unrichtige und unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen eine Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung zu beschaffen, oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht“.

In dem Urteil wurden dem Beigeladenen unter Bezugnahme auf den vorausgegangenen Strafbefehl vom 2.3.1999, den er angegriffen hatte, unrichtige Angaben über das Bestehen einer ehelichen Gemeinschaft zur Last gelegt, die er am 6.11.1995 und am 2.11.1997 vor der Ausländerbehörde gemacht hatte, um sich eine – Verlängerung seiner befristeten bzw. eine unbefristete - Aufenthaltsgenehmigung zu beschaffen. Zudem ergibt sich aus den Verwaltungsunterlagen, dass der Beigeladene diesbezüglich auch zuvor unrichtige Angaben gemacht hatte, die jedoch wegen Verfolgungsverjährung ungeahndet blieben. (Bl. 90, Akte der Staatsanwaltschaft – 46 VRs 499/99 -) Während der Beigeladene in seinem Widerspruch sowohl die Richtigkeit des Strafurteils wegen widersprüchlicher Äußerungen seiner Ehefrau (Im Scheidungsverfahren – 39 F 479/97 – haben beide Eheleute – wie bei Scheinehen keineswegs unüblich – einen Zeitpunkt angegeben, seit dem sie – angeblich - getrennt lebten .) als auch die Bedeutung seines Rechtsverstoßes ("geringfügig") und die Ordnungsgemäßheit der Ermessensausübung der Ausländerbehörde in Zweifel zog, hat er sich im gesamten verwaltungsgerichtlichen Verfahren in der Sache schriftlich nicht mehr geäußert. Dass seine Einwände nicht durchgreifen, ergibt sich aus den erstinstanzlichen Ausführungen. Weitere Ausführungen hierzu sind nicht veranlasst. Eine vorsätzlich begangene Straftat ist nach der Rechtsprechung des BVerwG (Vgl. BVerwG, Urteil vom 24.9.1996 – 1 C 9/94 -, BVerwGE 102, 63 = InfAuslR 1997, 63) grundsätzlich kein geringfügiger Rechtsverstoß im Sinne des § 46 Nr. 2 AuslG. Für das Vorliegen einer Ausnahme spricht zudem angesichts eines verhängten Strafmaßes von 80 Tagessätzen nichts. Vom Vorliegen der Tatbestandsvoraussetzungen des § 46 Nr. 2 AuslG kann somit ausgegangen werden.

Entgegen der Ansicht der Widerspruchsbehörde wurde § 46 Nr. 2 AuslG auch nicht durch § 46 Nr. 1 AuslG in der Neufassung, die er durch Art. 11 Nr. 7 des gemäß Art. 22 I am 1.1.2002 in Kraft getretenen Gesetzes zur Bekämpfung des internationalen Terrorismus (Terrorismusbekämpfungsgesetz) vom 9.1.2002 (BGBl. I 2002, 361) erhalten hatte, verdrängt. § 46 Nr. 1 AuslG n.F. lautet wie folgt:

„Nach § 45 I kann insbesondere ausgewiesen werden, wer

1. in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerkes nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche Angaben zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde,"

Die zwischen den Beteiligten streitige Frage, ob § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG für zum Zwecke der Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung von Ausländern gemachte Falschangaben – etwa aus den von der Beklagten ausführlich dargestellten Gründen - gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG die speziellere Regelung darstellt oder beide Vorschriften - wie der Kläger meint – lediglich als gleichrangige Beispiele für eine Ermessensausweisung nach § 45 I AuslG aufzufassen sind, bedarf keiner Entscheidung. Denn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG ist auch bei Annahme einer grundsätzlichen Spezialität dieser Regelung gegenüber § 46 Nr. 2 AuslG für die Entscheidung der Beklagten über die Ausweisung des Beigeladenen (noch) nicht anwendbar.

Das Terrorismusbekämpfungsgesetz, das keine ausdrückliche Übergangsregelung enthält, ist zwar bereits am 1.1.2002 und damit vor Erlass der Ausweisungsverfügung durch die Ausländerbehörde in Kraft getreten und hat in der neuen Fassung des § 46 Nr. 1 AuslG festgelegt, dass eine Ermessensausweisung wegen Falschangaben voraussetze, dass der Ausländer ordnungsgemäß über die Folgen von Falschangaben belehrt worden sei. Diese (Neu-)Fassung findet jedoch nur auf die Ausweisungsverfahren Anwendung, die sich auf Falschangaben stützen, die in Befragungen abgegeben wurden, denen ein Hinweis auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hatte vorausgehen müssen, wie dies nach dem Terrorismusbekämpfungsgesetz ab dem 1.1.2002 bzw. ab dessen Verkündung am 11.1.2002 der Fall ist. An der gegenteiligen, im Anschluss an OVG Bremen in dem in einem Prozesskostenhilfe-Verfahren ergangenen Beschluss vom 17.5.2004 – 2 Y 2/04 - vertretenen Auffassung, dass § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG auf alle Entscheidungen über Ausweisungen ab dem 1.1.2002 anwendbar sei, hält der Senat nicht mehr fest.

Der Gesetzgeber hat durch Art. 11 Nr. 7 des Terrorismusbekämpfungsgesetzes § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG neu gefasst und dort die Ermessensausweisung wegen Falschangaben zur Erlangung einer Aufenthaltsgenehmigung oder Duldung umfassend geregelt, ihre Zulässigkeit aber davon abhängig gemacht, dass der Befragte vor der Befragung auf die Rechtsfolgen falscher oder unrichtiger Angaben hingewiesen wurde. Damit stellt die Belehrung ein – weiteres - Tatbestandsmerkmal im Rahmen des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG dar. Da die Zielsetzung des Gesetzes, den Terrorismus zu bekämpfen, nur zu erreichen ist, wenn § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG angewandt werden kann, dies aber von der erfolgten Belehrung abhängt, ist offensichtlich, dass es nicht im Belieben der – deutschen – Behörde steht, den Ausländer zu belehren oder nicht, sondern sie vielmehr zur Belehrung durch den erforderlichen Hinweis – seit der Verkündung des Terrorismusbekämpfungsgesetzes am 11.1.2002 - verpflichtet ist. In Altfällen, in denen Ausländer – wie vorliegend - zwar Falschangaben in Aufenthaltsgenehmigungsverfahren gemacht hatten, diese aber vor diesem Zeitpunkt lagen, hatte die Behörde seinerzeit zur Belehrung keine Veranlassung gehabt und sie zweifellos auch durchweg nicht vorgenommen. Bestand für diese Altfälle aber keine Hinweispflicht und konnte – und sollte - eine solche auch nicht nachträglich begründet werden, weil eine rechtzeitige Belehrung bei den abgeschlossenen Befragungen nicht mehr möglich war, können diese Fälle zwangsläufig noch nicht an der Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG gemessen werden. Diese Altfälle werden daher offensichtlich von § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG nicht erfasst. Da die betreffenden Ausländer durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz aber auch andererseits keinesfalls begünstigt und von einer ohne die Neufassung des § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG drohenden Sanktion ihrer Falschangaben verschont werden sollten, bleibt für diese Personen jedenfalls weiterhin § 46 Nr. 2 AuslG anwendbar.

Hat somit die Ausländerbehörde zu Recht ihre Ausweisungsverfügung gegenüber dem Beigeladenen auf § 46 Nr. 2 AuslG gestützt, weil § 46 Nr. 1 1. Alt. AuslG in diesem Altfall noch keine Anwendung fand, so ist der Widerspruchsbescheid der Beklagten rechtswidrig und vom Verwaltungsgericht zu Recht aufgehoben worden.

Die Berufung der Beklagten ist demnach unbegründet.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 154 II, 159 VwGO, 100 ZPO, wobei der Beigeladene, der einen Antrag gestellt hat, in den Kostenausspruch einzubeziehen war (§ 154 III VwGO). Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 167 VwGO, 708 Nr. 10 ZPO.

Die Voraussetzungen für die Zulassung der Revision liegen nicht vor (§ 132 II VwGO).

Beschluss

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 5.000,- EUR festgesetzt (§§ 63, 47, 52 I GKG 2004).

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Die mit dem Vollzug dieses Gesetzes betrauten Behörden dürfen unter den Voraussetzungen des § 48 Abs. 1 die auf dem elektronischen Speicher- und Verarbeitungsmedium eines Dokuments nach § 48 Abs. 1 Nr. 1 und 2 gespeicherten biometrischen und sonstigen Daten auslesen, die benötigten biometrischen Daten beim Inhaber des Dokuments erheben und die biometrischen Daten miteinander vergleichen. Darüber hinaus sind auch alle anderen Behörden, an die Daten aus dem Ausländerzentralregister nach den §§ 15 bis 20 des AZR-Gesetzes übermittelt werden, und die Meldebehörden befugt, Maßnahmen nach Satz 1 zu treffen, soweit sie die Echtheit des Dokuments oder die Identität des Inhabers überprüfen dürfen. Biometrische Daten nach Satz 1 sind nur die Fingerabdrücke und das Lichtbild.

(2) Jeder Ausländer ist verpflichtet, gegenüber den mit dem Vollzug des Ausländerrechts betrauten Behörden auf Verlangen die erforderlichen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und Staatsangehörigkeit zu machen und die von der Vertretung des Staates, dessen Staatsangehörigkeit er besitzt oder vermutlich besitzt, geforderten und mit dem deutschen Recht in Einklang stehenden Erklärungen im Rahmen der Beschaffung von Heimreisedokumenten abzugeben.

(3) Bestehen Zweifel über die Person, das Lebensalter oder die Staatsangehörigkeit des Ausländers, so sind die zur Feststellung seiner Identität, seines Lebensalters oder seiner Staatsangehörigkeit erforderlichen Maßnahmen zu treffen, wenn

1.
dem Ausländer die Einreise erlaubt, ein Aufenthaltstitel erteilt oder die Abschiebung ausgesetzt werden soll oder
2.
es zur Durchführung anderer Maßnahmen nach diesem Gesetz erforderlich ist.

(4) Die Identität eines Ausländers ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern, wenn eine Verteilung gemäß § 15a stattfindet.

(4a) Die Identität eines Ausländers, der eine Aufenthaltserlaubnis nach § 24 beantragt und der das vierzehnte Lebensjahr vollendet hat, ist vor Erteilung der Aufenthaltserlaubnis durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Bei Ausländern nach Satz 1, die das sechste, aber noch nicht das vierzehnte Lebensjahr vollendet haben, soll die Identität durch erkennungsdienstliche Maßnahmen gesichert werden.

(5) Zur Feststellung und Sicherung der Identität sollen die erforderlichen Maßnahmen durchgeführt werden,

1.
wenn der Ausländer mit einem gefälschten oder verfälschten Pass oder Passersatz einreisen will oder eingereist ist;
2.
wenn sonstige Anhaltspunkte den Verdacht begründen, dass der Ausländer nach einer Zurückweisung oder Beendigung des Aufenthalts erneut unerlaubt ins Bundesgebiet einreisen will;
3.
bei Ausländern, die vollziehbar ausreisepflichtig sind, sofern die Zurückschiebung oder Abschiebung in Betracht kommt;
4.
wenn der Ausländer in einen in § 26a Abs. 2 des Asylgesetzes genannten Drittstaat zurückgewiesen oder zurückgeschoben wird;
5.
bei der Beantragung eines nationalen Visums;
6.
bei Ausländern, die für ein Aufnahmeverfahren nach § 23, für die Gewährung von vorübergehendem Schutz nach § 24 oder für ein Umverteilungsverfahren auf Grund von Maßnahmen nach Artikel 78 Absatz 3 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union vorgeschlagen und vom Bundesamt für Migration und Flüchtlinge in die Prüfung über die Erteilung einer Aufnahmezusage einbezogen wurden, sowie in den Fällen des § 29 Absatz 3;
7.
wenn ein Versagungsgrund nach § 5 Abs. 4 festgestellt worden ist.

(6) Maßnahmen im Sinne der Absätze 3 bis 5 mit Ausnahme des Absatzes 5 Nr. 5 sind das Aufnehmen von Lichtbildern, das Abnehmen von Fingerabdrücken sowie Messungen und ähnliche Maßnahmen, einschließlich körperlicher Eingriffe, die von einem Arzt nach den Regeln der ärztlichen Kunst zum Zweck der Feststellung des Alters vorgenommen werden, wenn kein Nachteil für die Gesundheit des Ausländers zu befürchten ist. Die Maßnahmen sind zulässig bei Ausländern, die das sechste Lebensjahr vollendet haben. Zur Feststellung der Identität sind diese Maßnahmen nur zulässig, wenn die Identität in anderer Weise, insbesondere durch Anfragen bei anderen Behörden nicht oder nicht rechtzeitig oder nur unter erheblichen Schwierigkeiten festgestellt werden kann.

(6a) Maßnahmen im Sinne des Absatzes 5 Nr. 5 sind das Aufnehmen von Lichtbildern und das Abnehmen von Fingerabdrücken.

(7) Zur Bestimmung des Herkunftsstaates oder der Herkunftsregion des Ausländers kann das gesprochene Wort des Ausländers auf Ton- oder Datenträger aufgezeichnet werden. Diese Erhebung darf nur erfolgen, wenn der Ausländer vorher darüber in Kenntnis gesetzt wurde.

(8) Die Identität eines Ausländers, der in Verbindung mit der unerlaubten Einreise aufgegriffen und nicht zurückgewiesen wird, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Nach Satz 1 dürfen nur Lichtbilder und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden. Die Identität eines Ausländers, der das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 nur durch das Aufnehmen eines Lichtbildes zu sichern.

(9) Die Identität eines Ausländers, der sich ohne erforderlichen Aufenthaltstitel im Bundesgebiet aufhält, ist durch erkennungsdienstliche Maßnahmen zu sichern. Nach Satz 1 dürfen nur Lichtbilder und Abdrucke aller zehn Finger aufgenommen werden. Die Identität eines Ausländers, der das sechste Lebensjahr noch nicht vollendet hat, ist unter den Voraussetzungen des Satzes 1 nur durch das Aufnehmen eines Lichtbildes zu sichern.

(10) Der Ausländer hat die Maßnahmen nach den Absätzen 1 und 3 bis 9 zu dulden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 einen Nachweis nicht führt,
2.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 2 sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs nicht unterzieht,
2a.
entgegen § 47a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 47a Satz 3, ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt oder einen Abgleich mit dem Lichtbild nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht,
3.
entgegen § 48 Abs. 1 oder 3 Satz 1 eine dort genannte Urkunde oder Unterlage oder einen dort genannten Datenträger nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt, nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt oder nicht oder nicht rechtzeitig überlässt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 oder 3 zuwiderhandelt oder
5.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 1, auch in Verbindung mit § 60d Absatz 3 Satz 4, eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht.

(2a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 1 einen Ausländer mit einer nachhaltigen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistung beauftragt, die der Ausländer auf Gewinnerzielung gerichtet ausübt,
2.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 oder § 19a Absatz 1 Satz 2 oder 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
3.
entgegen § 19b Absatz 7 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
4.
entgegen § 60c Absatz 5 Satz 1 oder § 60d Absatz 3 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht.

(2b) (weggefallen)

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz eine selbständige Tätigkeit ausübt,
2.
einer vollziehbaren Auflage nach § 12 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 4 zuwiderhandelt,
2a.
entgegen § 12a Absatz 1 Satz 1 den Wohnsitz nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer in dem Land nimmt, in dem er zu wohnen verpflichtet ist,
2b.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 12a Absatz 2, 3 oder 4 Satz 1 oder § 61 Absatz 1c zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 13 Abs. 1 außerhalb einer zugelassenen Grenzübergangsstelle oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden einreist oder ausreist oder einen Pass oder Passersatz nicht mitführt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 1, § 56 Absatz 1 Satz 2 oder Abs. 3 oder § 61 Absatz 1e zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 56 Absatz 1 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
5a.
einer räumlichen Beschränkung nach § 56 Absatz 2 oder § 61 Absatz 1 Satz 1 zuwiderhandelt,
5b.
entgegen § 60b Absatz 2 Satz 1 nicht alle zumutbaren Handlungen vornimmt, um einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz zu erlangen,
6.
entgegen § 80 Abs. 4 einen der dort genannten Anträge nicht stellt oder
7.
einer Rechtsverordnung nach § 99 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe d, Nummer 7, 10 oder 13a Satz 1 Buchstabe j zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 3 kann der Versuch der Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

(5) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 2, 3 und 4 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 1 und 5b mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 1, 2a und 3 und des Absatzes 3 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro geahndet werden.

(6) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 3 Abs. 1 in Verbindung mit § 48 Abs. 2 sich im Bundesgebiet aufhält,
2.
ohne erforderlichen Aufenthaltstitel nach § 4 Absatz 1 Satz 1 sich im Bundesgebiet aufhält, wenn
a)
er vollziehbar ausreisepflichtig ist,
b)
ihm eine Ausreisefrist nicht gewährt wurde oder diese abgelaufen ist und
c)
dessen Abschiebung nicht ausgesetzt ist,
3.
entgegen § 14 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 in das Bundesgebiet einreist,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 2 Satz 1 oder 2 oder § 47 Abs. 1 Satz 2 oder Abs. 2 zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 49 Abs. 2 eine Angabe nicht, nicht richtig oder nicht vollständig macht, sofern die Tat nicht in Absatz 2 Nr. 2 mit Strafe bedroht ist,
6.
entgegen § 49 Abs. 10 eine dort genannte Maßnahme nicht duldet,
6a.
entgegen § 56 wiederholt einer Meldepflicht nicht nachkommt, wiederholt gegen räumliche Beschränkungen des Aufenthalts oder sonstige Auflagen verstößt oder trotz wiederholten Hinweises auf die rechtlichen Folgen einer Weigerung der Verpflichtung zur Wohnsitznahme nicht nachkommt oder entgegen § 56 Abs. 4 bestimmte Kommunikationsmittel nutzt oder bestimmte Kontaktverbote nicht beachtet,
7.
wiederholt einer räumlichen Beschränkung nach § 61 Abs. 1 oder Absatz 1c zuwiderhandelt oder
8.
im Bundesgebiet einer überwiegend aus Ausländern bestehenden Vereinigung oder Gruppe angehört, deren Bestehen, Zielsetzung oder Tätigkeit vor den Behörden geheim gehalten wird, um ihr Verbot abzuwenden.

(1a) Ebenso wird bestraft, wer vorsätzlich eine in § 404 Abs. 2 Nr. 4 des Dritten Buches Sozialgesetzbuch oder in § 98 Abs. 3 Nr. 1 bezeichnete Handlung begeht, für den Aufenthalt im Bundesgebiet nach § 4 Abs. 1 Satz 1 eines Aufenthaltstitels bedarf und als Aufenthaltstitel nur ein Schengen-Visum nach § 6 Abs. 1 Nummer 1 besitzt.

(2) Mit Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren oder mit Geldstrafe wird bestraft, wer

1.
entgegen § 11 Absatz 1 oder in Zuwiderhandlung einer vollziehbaren Anordnung nach § 11 Absatz 6 Satz 1 oder Absatz 7 Satz 1
a)
in das Bundesgebiet einreist oder
b)
sich darin aufhält,
1a.
einer vollstreckbaren gerichtlichen Anordnung nach § 56a Absatz 1 zuwiderhandelt und dadurch die kontinuierliche Feststellung seines Aufenthaltsortes durch eine in § 56a Absatz 3 genannte zuständige Stelle verhindert oder
2.
unrichtige oder unvollständige Angaben macht oder benutzt, um für sich oder einen anderen einen Aufenthaltstitel oder eine Duldung zu beschaffen oder das Erlöschen oder die nachträgliche Beschränkung des Aufenthaltstitels oder der Duldung abzuwenden oder eine so beschaffte Urkunde wissentlich zur Täuschung im Rechtsverkehr gebraucht.

(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 3 und der Absätze 1a und 2 Nr. 1 Buchstabe a ist der Versuch strafbar.

(4) Gegenstände, auf die sich eine Straftat nach Absatz 2 Nr. 2 bezieht, können eingezogen werden.

(5) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(6) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 und 3 steht einem Handeln ohne erforderlichen Aufenthaltstitel ein Handeln auf Grund eines durch Drohung, Bestechung oder Kollusion erwirkten oder durch unrichtige oder unvollständige Angaben erschlichenen Aufenthaltstitels gleich.

(7) In Fällen des Absatzes 2 Nummer 1a wird die Tat nur auf Antrag einer dort genannten zuständigen Stelle verfolgt.

(1) Die Ausländerbehörde kann gegenüber einem vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländer Maßnahmen zur Förderung der Ausreise treffen, insbesondere kann sie den Ausländer verpflichten, den Wohnsitz an einem von ihr bestimmten Ort zu nehmen.

(2) Einem Ausländer kann die Ausreise in entsprechender Anwendung des § 10 Abs. 1 und 2 des Passgesetzes untersagt werden. Im Übrigen kann einem Ausländer die Ausreise aus dem Bundesgebiet nur untersagt werden, wenn er in einen anderen Staat einreisen will, ohne im Besitz der dafür erforderlichen Dokumente und Erlaubnisse zu sein. Das Ausreiseverbot ist aufzuheben, sobald der Grund seines Erlasses entfällt.

(1) Ordnungswidrig handelt, wer eine in § 95 Abs. 1 Nr. 1 oder 2 oder Abs. 2 Nr. 1 Buchstabe b bezeichnete Handlung fahrlässig begeht.

(2) Ordnungswidrig handelt, wer

1.
entgegen § 4 Absatz 2 Satz 1 einen Nachweis nicht führt,
2.
entgegen § 13 Abs. 1 Satz 2 sich der polizeilichen Kontrolle des grenzüberschreitenden Verkehrs nicht unterzieht,
2a.
entgegen § 47a Satz 1, auch in Verbindung mit Satz 2, oder entgegen § 47a Satz 3, ein dort genanntes Dokument nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt oder einen Abgleich mit dem Lichtbild nicht oder nicht rechtzeitig ermöglicht,
3.
entgegen § 48 Abs. 1 oder 3 Satz 1 eine dort genannte Urkunde oder Unterlage oder einen dort genannten Datenträger nicht oder nicht rechtzeitig vorlegt, nicht oder nicht rechtzeitig aushändigt oder nicht oder nicht rechtzeitig überlässt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 44a Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 oder 3 zuwiderhandelt oder
5.
entgegen § 82 Absatz 6 Satz 1, auch in Verbindung mit § 60d Absatz 3 Satz 4, eine Mitteilung nicht oder nicht rechtzeitig macht.

(2a) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder leichtfertig

1.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 1 einen Ausländer mit einer nachhaltigen entgeltlichen Dienst- oder Werkleistung beauftragt, die der Ausländer auf Gewinnerzielung gerichtet ausübt,
2.
entgegen § 4a Absatz 5 Satz 3 Nummer 3 oder § 19a Absatz 1 Satz 2 oder 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
3.
entgegen § 19b Absatz 7 eine Anzeige nicht, nicht richtig, nicht vollständig oder nicht rechtzeitig erstattet oder
4.
entgegen § 60c Absatz 5 Satz 1 oder § 60d Absatz 3 Satz 3 eine Mitteilung nicht, nicht richtig, nicht vollständig, nicht in der vorgeschriebenen Weise oder nicht rechtzeitig macht.

(2b) (weggefallen)

(3) Ordnungswidrig handelt, wer vorsätzlich oder fahrlässig

1.
entgegen § 4a Absatz 3 Satz 4 oder Absatz 4, § 6 Absatz 2a, § 7 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz, § 16a Absatz 3 Satz 1, § 16b Absatz 3, auch in Verbindung mit Absatz 7 Satz 3, § 16b Absatz 5 Satz 3 zweiter Halbsatz, § 16c Absatz 2 Satz 3, § 16d Absatz 1 Satz 4, Absatz 3 Satz 2 oder Absatz 4 Satz 3, § 16f Absatz 3 Satz 4, § 17 Absatz 3 Satz 1, § 20 Absatz 1 Satz 4, auch in Verbindung mit Absatz 2 Satz 2, § 23 Absatz 1 Satz 4 erster Halbsatz oder § 25 Absatz 4 Satz 3 erster Halbsatz, Absatz 4a Satz 4 erster Halbsatz oder Absatz 4b Satz 4 erster Halbsatz eine selbständige Tätigkeit ausübt,
2.
einer vollziehbaren Auflage nach § 12 Abs. 2 Satz 2 oder Abs. 4 zuwiderhandelt,
2a.
entgegen § 12a Absatz 1 Satz 1 den Wohnsitz nicht oder nicht für die vorgeschriebene Dauer in dem Land nimmt, in dem er zu wohnen verpflichtet ist,
2b.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 12a Absatz 2, 3 oder 4 Satz 1 oder § 61 Absatz 1c zuwiderhandelt,
3.
entgegen § 13 Abs. 1 außerhalb einer zugelassenen Grenzübergangsstelle oder außerhalb der festgesetzten Verkehrsstunden einreist oder ausreist oder einen Pass oder Passersatz nicht mitführt,
4.
einer vollziehbaren Anordnung nach § 46 Abs. 1, § 56 Absatz 1 Satz 2 oder Abs. 3 oder § 61 Absatz 1e zuwiderhandelt,
5.
entgegen § 56 Absatz 1 Satz 1 eine Meldung nicht, nicht richtig oder nicht rechtzeitig macht,
5a.
einer räumlichen Beschränkung nach § 56 Absatz 2 oder § 61 Absatz 1 Satz 1 zuwiderhandelt,
5b.
entgegen § 60b Absatz 2 Satz 1 nicht alle zumutbaren Handlungen vornimmt, um einen anerkannten und gültigen Pass oder Passersatz zu erlangen,
6.
entgegen § 80 Abs. 4 einen der dort genannten Anträge nicht stellt oder
7.
einer Rechtsverordnung nach § 99 Absatz 1 Nummer 3a Buchstabe d, Nummer 7, 10 oder 13a Satz 1 Buchstabe j zuwiderhandelt, soweit sie für einen bestimmten Tatbestand auf diese Bußgeldvorschrift verweist.

(4) In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 3 kann der Versuch der Ordnungswidrigkeit geahndet werden.

(5) Die Ordnungswidrigkeit kann in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 1 mit einer Geldbuße bis zu fünfhunderttausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2a Nummer 2, 3 und 4 mit einer Geldbuße bis zu dreißigtausend Euro, in den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 und des Absatzes 3 Nr. 1 und 5b mit einer Geldbuße bis zu fünftausend Euro, in den Fällen der Absätze 1 und 2 Nr. 1, 2a und 3 und des Absatzes 3 Nr. 3 mit einer Geldbuße bis zu dreitausend Euro und in den übrigen Fällen mit einer Geldbuße bis zu tausend Euro geahndet werden.

(6) Artikel 31 Abs. 1 des Abkommens über die Rechtsstellung der Flüchtlinge bleibt unberührt.

(1) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5, für die ein Ausreisetermin und eine Ausreisemöglichkeit feststehen, haben ab dem auf den Ausreisetermin folgenden Tag keinen Anspruch auf Leistungen nach den §§ 2, 3 und 6, es sei denn, die Ausreise konnte aus Gründen, die sie nicht zu vertreten haben, nicht durchgeführt werden. Ihnen werden bis zu ihrer Ausreise oder der Durchführung ihrer Abschiebung nur noch Leistungen zur Deckung ihres Bedarfs an Ernährung und Unterkunft einschließlich Heizung sowie Körper- und Gesundheitspflege gewährt. Nur soweit im Einzelfall besondere Umstände vorliegen, können ihnen auch andere Leistungen im Sinne von § 3 Absatz 1 Satz 1 gewährt werden. Die Leistungen sollen als Sachleistungen erbracht werden.

(2) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 und Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 6, soweit es sich um Familienangehörige der in § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5 genannten Personen handelt, die sich in den Geltungsbereich dieses Gesetzes begeben haben, um Leistungen nach diesem Gesetz zu erlangen, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1.

(3) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 und 5, bei denen aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden können, erhalten ab dem auf die Vollziehbarkeit einer Abschiebungsandrohung oder Vollziehbarkeit einer Abschiebungsanordnung folgenden Tag nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Können bei nach § 1 Absatz 1 Nummer 6 leistungsberechtigten Ehegatten, Lebenspartnern oder minderjährigen Kindern von Leistungsberechtigten nach § 1 Absatz 1 Nummer 4 oder 5 aus von ihnen selbst zu vertretenden Gründen aufenthaltsbeendende Maßnahmen nicht vollzogen werden, so gilt Satz 1 entsprechend.

(4) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 5, für die in Abweichung von der Regelzuständigkeit nach der Verordnung (EU) Nr. 604/2013 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 26. Juni 2013 zur Festlegung der Kriterien und Verfahren zur Bestimmung des Mitgliedstaats, der für die Prüfung eines von einem Drittstaatsangehörigen oder Staatenlosen in einem Mitgliedstaat gestellten Antrags auf internationalen Schutz zuständig ist (ABl. L 180 vom 29.6.2013, S. 31) nach einer Verteilung durch die Europäische Union ein anderer Mitgliedstaat oder ein am Verteilmechanismus teilnehmender Drittstaat, der die Verordnung (EU) Nr. 604/2013 anwendet, zuständig ist, erhalten ebenfalls nur Leistungen entsprechend Absatz 1. Satz 1 gilt entsprechend für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 1a, denen bereits von einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union oder von einem am Verteilmechanismus teilnehmenden Drittstaat im Sinne von Satz 1

1.
internationaler Schutz oder
2.
aus anderen Gründen ein Aufenthaltsrecht gewährt worden ist,
wenn der internationale Schutz oder das aus anderen Gründen gewährte Aufenthaltsrecht fortbesteht. Satz 2 Nummer 2 gilt für Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 5 entsprechend.

(5) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1, 1a oder 7 erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, wenn

1.
sie ihrer Pflicht nach § 13 Absatz 3 Satz 3 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
2.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 4 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
3.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 5 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
4.
das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge festgestellt hat, dass sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 6 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
5.
sie ihrer Mitwirkungspflicht nach § 15 Absatz 2 Nummer 7 des Asylgesetzes nicht nachkommen,
6.
sie den gewährten Termin zur förmlichen Antragstellung bei der zuständigen Außenstelle des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge oder dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge nicht wahrgenommen haben oder
7.
sie den Tatbestand nach § 30 Absatz 3 Nummer 2 zweite Alternative des Asylgesetzes verwirklichen, indem sie Angaben über ihre Identität oder Staatsangehörigkeit verweigern,
es sei denn, sie haben die Verletzung der Mitwirkungspflichten oder die Nichtwahrnehmung des Termins nicht zu vertreten oder ihnen war die Einhaltung der Mitwirkungspflichten oder die Wahrnehmung des Termins aus wichtigen Gründen nicht möglich. Die Anspruchseinschränkung nach Satz 1 endet, sobald sie die fehlende Mitwirkungshandlung erbracht oder den Termin zur förmlichen Antragstellung wahrgenommen haben.

(6) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1, die nach Vollendung des 18. Lebensjahres vorsätzlich oder grob fahrlässig Vermögen, das gemäß § 7 Absatz 1 und 5 vor Eintritt von Leistungen nach diesem Gesetz aufzubrauchen ist,

1.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht angeben oder
2.
entgegen § 9 Absatz 3 dieses Gesetzes in Verbindung mit § 60 Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch nicht unverzüglich mitteilen
und deshalb zu Unrecht Leistungen nach diesem Gesetz beziehen, haben nur Anspruch auf Leistungen entsprechend Absatz 1.

(7) Leistungsberechtigte nach § 1 Absatz 1 Nummer 1 oder 5, deren Asylantrag durch eine Entscheidung des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge nach § 29 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit § 31 Absatz 6 des Asylgesetzes als unzulässig abgelehnt wurde und für die eine Abschiebung nach § 34a Absatz 1 Satz 1 zweite Alternative des Asylgesetzes angeordnet wurde, erhalten nur Leistungen entsprechend Absatz 1, auch wenn die Entscheidung noch nicht unanfechtbar ist. Satz 1 gilt nicht, sofern ein Gericht die aufschiebende Wirkung der Klage gegen die Abschiebungsanordnung angeordnet hat.

(1) Der Aufenthalt eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers ist räumlich auf das Gebiet des Landes beschränkt. Von der räumlichen Beschränkung nach Satz 1 kann abgewichen werden, wenn der Ausländer zur Ausübung einer Beschäftigung ohne Prüfung nach § 39 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 berechtigt ist oder wenn dies zum Zwecke des Schulbesuchs, der betrieblichen Aus- und Weiterbildung oder des Studiums an einer staatlichen oder staatlich anerkannten Hochschule oder vergleichbaren Ausbildungseinrichtung erforderlich ist. Das Gleiche gilt, wenn dies der Aufrechterhaltung der Familieneinheit dient.

(1a) In den Fällen des § 60a Abs. 2a wird der Aufenthalt auf den Bezirk der zuletzt zuständigen Ausländerbehörde im Inland beschränkt. Der Ausländer muss sich nach der Einreise unverzüglich dorthin begeben. Ist eine solche Behörde nicht feststellbar, gilt § 15a entsprechend.

(1b) Die räumliche Beschränkung nach den Absätzen 1 und 1a erlischt, wenn sich der Ausländer seit drei Monaten ununterbrochen erlaubt, geduldet oder gestattet im Bundesgebiet aufhält.

(1c) Eine räumliche Beschränkung des Aufenthalts eines vollziehbar ausreisepflichtigen Ausländers kann unabhängig von den Absätzen 1 bis 1b angeordnet werden, wenn

1.
der Ausländer wegen einer Straftat, mit Ausnahme solcher Straftaten, deren Tatbestand nur von Ausländern verwirklicht werden kann, rechtskräftig verurteilt worden ist,
2.
Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass der Ausländer gegen Vorschriften des Betäubungsmittelgesetzes verstoßen hat, oder
3.
konkrete Maßnahmen zur Aufenthaltsbeendigung gegen den Ausländer bevorstehen.
Eine räumliche Beschränkung auf den Bezirk der Ausländerbehörde soll angeordnet werden, wenn der Ausländer die der Abschiebung entgegenstehenden Gründe durch vorsätzlich falsche Angaben oder durch eigene Täuschung über seine Identität oder Staatsangehörigkeit selbst herbeiführt oder zumutbare Anforderungen an die Mitwirkung bei der Beseitigung von Ausreisehindernissen nicht erfüllt.

(1d) Ein vollziehbar ausreisepflichtiger Ausländer, dessen Lebensunterhalt nicht gesichert ist, ist verpflichtet, an einem bestimmten Ort seinen gewöhnlichen Aufenthalt zu nehmen (Wohnsitzauflage). Soweit die Ausländerbehörde nichts anderes angeordnet hat, ist das der Wohnort, an dem der Ausländer zum Zeitpunkt der Entscheidung über die vorübergehende Aussetzung der Abschiebung gewohnt hat. Die Ausländerbehörde kann die Wohnsitzauflage von Amts wegen oder auf Antrag des Ausländers ändern; hierbei sind die Haushaltsgemeinschaft von Familienangehörigen oder sonstige humanitäre Gründe von vergleichbarem Gewicht zu berücksichtigen. Der Ausländer kann den durch die Wohnsitzauflage festgelegten Ort ohne Erlaubnis vorübergehend verlassen.

(1e) Auflagen können zur Sicherung und Durchsetzung der vollziehbaren Ausreisepflicht angeordnet werden, wenn konkrete Maßnahmen der Aufenthaltsbeendigung unmittelbar bevorstehen. Insbesondere kann ein Ausländer verpflichtet werden, sich einmal wöchentlich oder in einem längeren Intervall bei der für den Aufenthaltsort des Ausländers zuständigen Ausländerbehörde zu melden.

(1f) Weitere Bedingungen und Auflagen können angeordnet werden.

(2) Die Länder können Ausreiseeinrichtungen für vollziehbar ausreisepflichtige Ausländer schaffen. In den Ausreiseeinrichtungen soll durch Betreuung und Beratung die Bereitschaft zur freiwilligen Ausreise gefördert und die Erreichbarkeit für Behörden und Gerichte sowie die Durchführung der Ausreise gesichert werden.

(1) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens zwei Jahren verurteilt worden ist oder bei der letzten rechtskräftigen Verurteilung Sicherungsverwahrung angeordnet worden ist,
1a.
rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten
a)
gegen das Leben,
b)
gegen die körperliche Unversehrtheit,
c)
gegen die sexuelle Selbstbestimmung nach den §§ 174, 176 bis 178, 181a, 184b, 184d und 184e jeweils in Verbindung mit § 184b des Strafgesetzbuches,
d)
gegen das Eigentum, sofern das Gesetz für die Straftat eine im Mindestmaß erhöhte Freiheitsstrafe vorsieht oder die Straftaten serienmäßig begangen wurden oder
e)
wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte oder tätlichen Angriffs gegen Vollstreckungsbeamte,
1b.
wegen einer oder mehrerer Straftaten nach § 263 des Strafgesetzbuchs zu Lasten eines Leistungsträgers oder Sozialversicherungsträgers nach dem Sozialgesetzbuch oder nach dem Gesetz über den Verkehr mit Betäubungsmitteln rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist,
2.
die freiheitliche demokratische Grundordnung oder die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland gefährdet; hiervon ist auszugehen, wenn Tatsachen die Schlussfolgerung rechtfertigen, dass er einer Vereinigung angehört oder angehört hat, die den Terrorismus unterstützt oder er eine derartige Vereinigung unterstützt oder unterstützt hat oder er eine in § 89a Absatz 1 des Strafgesetzbuchs bezeichnete schwere staatsgefährdende Gewalttat nach § 89a Absatz 2 des Strafgesetzbuchs vorbereitet oder vorbereitet hat, es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem sicherheitsgefährdenden Handeln Abstand,
3.
zu den Leitern eines Vereins gehörte, der unanfechtbar verboten wurde, weil seine Zwecke oder seine Tätigkeit den Strafgesetzen zuwiderlaufen oder er sich gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder den Gedanken der Völkerverständigung richtet,
4.
sich zur Verfolgung politischer oder religiöser Ziele an Gewalttätigkeiten beteiligt oder öffentlich zur Gewaltanwendung aufruft oder mit Gewaltanwendung droht oder
5.
zu Hass gegen Teile der Bevölkerung aufruft; hiervon ist auszugehen, wenn er auf eine andere Person gezielt und andauernd einwirkt, um Hass auf Angehörige bestimmter ethnischer Gruppen oder Religionen zu erzeugen oder zu verstärken oder öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten von Schriften in einer Weise, die geeignet ist, die öffentliche Sicherheit und Ordnung zu stören,
a)
gegen Teile der Bevölkerung zu Willkürmaßnahmen aufstachelt,
b)
Teile der Bevölkerung böswillig verächtlich macht und dadurch die Menschenwürde anderer angreift oder
c)
Verbrechen gegen den Frieden, gegen die Menschlichkeit, ein Kriegsverbrechen oder terroristische Taten von vergleichbarem Gewicht billigt oder dafür wirbt,
es sei denn, der Ausländer nimmt erkennbar und glaubhaft von seinem Handeln Abstand.

(2) Das Ausweisungsinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt schwer, wenn der Ausländer

1.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens sechs Monaten verurteilt worden ist,
2.
wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten rechtskräftig zu einer Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt und die Vollstreckung der Strafe nicht zur Bewährung ausgesetzt worden ist,
3.
als Täter oder Teilnehmer den Tatbestand des § 29 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Betäubungsmittelgesetzes verwirklicht oder dies versucht,
4.
Heroin, Kokain oder ein vergleichbar gefährliches Betäubungsmittel verbraucht und nicht zu einer erforderlichen seiner Rehabilitation dienenden Behandlung bereit ist oder sich ihr entzieht,
5.
eine andere Person in verwerflicher Weise, insbesondere unter Anwendung oder Androhung von Gewalt, davon abhält, am wirtschaftlichen, kulturellen oder gesellschaftlichen Leben in der Bundesrepublik Deutschland teilzuhaben,
6.
eine andere Person zur Eingehung der Ehe nötigt oder dies versucht oder wiederholt eine Handlung entgegen § 11 Absatz 2 Satz 1 und 2 des Personenstandsgesetzes vornimmt, die einen schwerwiegenden Verstoß gegen diese Vorschrift darstellt; ein schwerwiegender Verstoß liegt vor, wenn eine Person, die das 16. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, beteiligt ist,
7.
in einer Befragung, die der Klärung von Bedenken gegen die Einreise oder den weiteren Aufenthalt dient, der deutschen Auslandsvertretung oder der Ausländerbehörde gegenüber frühere Aufenthalte in Deutschland oder anderen Staaten verheimlicht oder in wesentlichen Punkten vorsätzlich keine, falsche oder unvollständige Angaben über Verbindungen zu Personen oder Organisationen macht, die der Unterstützung des Terrorismus oder der Gefährdung der freiheitlichen demokratischen Grundordnung oder der Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland verdächtig sind; die Ausweisung auf dieser Grundlage ist nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf den sicherheitsrechtlichen Zweck der Befragung und die Rechtsfolgen verweigerter, falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde,
8.
in einem Verwaltungsverfahren, das von Behörden eines Schengen-Staates durchgeführt wurde, im In- oder Ausland
a)
falsche oder unvollständige Angaben zur Erlangung eines deutschen Aufenthaltstitels, eines Schengen-Visums, eines Flughafentransitvisums, eines Passersatzes, der Zulassung einer Ausnahme von der Passpflicht oder der Aussetzung der Abschiebung gemacht hat oder
b)
trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes oder des Schengener Durchführungsübereinkommens zuständigen Behörden mitgewirkt hat, soweit der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen hingewiesen wurde oder
9.
einen nicht nur vereinzelten oder geringfügigen Verstoß gegen Rechtsvorschriften oder gerichtliche oder behördliche Entscheidungen oder Verfügungen begangen oder außerhalb des Bundesgebiets eine Handlung begangen hat, die im Bundesgebiet als vorsätzliche schwere Straftat anzusehen ist.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Der Aufenthaltstitel des Ausländers nach § 4 Absatz 1 Satz 2 Nummer 1 zweite Alternative, Nummer 2, 2a, 2b, 2c, 3 und 4 kann außer in den Fällen der Absätze 2 bis 6 nur widerrufen werden, wenn

1.
er keinen gültigen Pass oder Passersatz mehr besitzt,
2.
er seine Staatsangehörigkeit wechselt oder verliert,
3.
er noch nicht eingereist ist,
4.
seine Anerkennung als Asylberechtigter oder seine Rechtsstellung als Flüchtling oder als subsidiär Schutzberechtigter erlischt oder unwirksam wird oder
5.
die Ausländerbehörde nach Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 3 Satz 1 feststellt, dass
a)
die Voraussetzungen des § 60 Absatz 5 oder 7 nicht oder nicht mehr vorliegen,
b)
der Ausländer einen der Ausschlussgründe nach § 25 Abs. 3 Satz 2 Nummer 1 bis 4 erfüllt oder
c)
in den Fällen des § 42 Satz 1 des Asylgesetzes die Feststellung aufgehoben oder unwirksam wird.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 4 und 5 kann auch der Aufenthaltstitel der mit dem Ausländer in familiärer Gemeinschaft lebenden Familienangehörigen widerrufen werden, wenn diesen kein eigenständiger Anspruch auf den Aufenthaltstitel zusteht.

(2) Ein nationales Visum, eine Aufenthaltserlaubnis und eine Blaue Karte EU, die zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind zu widerrufen, wenn die Bundesagentur für Arbeit nach § 41 die Zustimmung zur Ausübung der Beschäftigung widerrufen hat. Ein nationales Visum und eine Aufenthaltserlaubnis, die nicht zum Zweck der Beschäftigung erteilt wurden, sind im Falle des Satzes 1 in dem Umfang zu widerrufen, in dem sie die Beschäftigung gestatten.

(2a) Eine nach § 19 erteilte ICT-Karte, eine nach § 19b erteilte Mobiler-ICT-Karte oder ein Aufenthaltstitel zum Zweck des Familiennachzugs zu einem Inhaber einer ICT-Karte oder Mobiler-ICT-Karte kann widerrufen werden, wenn der Ausländer

1.
nicht mehr die Voraussetzungen der Erteilung erfüllt oder
2.
gegen Vorschriften eines anderen Mitgliedstaates der Europäischen Union über die Mobilität von unternehmensintern transferierten Arbeitnehmern im Anwendungsbereich der Richtlinie 2014/66/EU verstoßen hat.
Wird die ICT-Karte oder die Mobiler-ICT-Karte widerrufen, so ist zugleich der dem Familienangehörigen erteilte Aufenthaltstitel zu widerrufen, es sei denn, dem Familienangehörigen steht ein eigenständiger Anspruch auf einen Aufenthaltstitel zu.

(3) Eine nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 zum Zweck des Studiums erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer ohne die erforderliche Erlaubnis eine Erwerbstätigkeit ausübt,
2.
der Ausländer unter Berücksichtigung der durchschnittlichen Studiendauer an der betreffenden Hochschule im jeweiligen Studiengang und seiner individuellen Situation keine ausreichenden Studienfortschritte macht oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 16b Absatz 1, 5 oder 7 erteilt werden könnte.
Zur Prüfung der Voraussetzungen von Satz 1 Nummer 2 kann die Ausbildungseinrichtung beteiligt werden.

(4) Eine nach § 18d oder § 18f erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn

1.
die Forschungseinrichtung, mit welcher der Ausländer eine Aufnahmevereinbarung abgeschlossen hat, ihre Anerkennung verliert, sofern er an einer Handlung beteiligt war, die zum Verlust der Anerkennung geführt hat,
2.
der Ausländer bei der Forschungseinrichtung keine Forschung mehr betreibt oder betreiben darf oder
3.
der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm eine Aufenthaltserlaubnis nach § 18d oder § 18f erteilt werden könnte oder eine Aufnahmevereinbarung mit ihm abgeschlossen werden dürfte.

(4a) Eine nach § 16e oder § 19e erteilte Aufenthaltserlaubnis kann widerrufen werden, wenn der Ausländer nicht mehr die Voraussetzungen erfüllt, unter denen ihm die Aufenthaltserlaubnis erteilt werden könnte.

(5) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 oder Absatz 4b Satz 1 soll widerrufen werden, wenn

1.
der Ausländer nicht bereit war oder nicht mehr bereit ist, im Strafverfahren auszusagen,
2.
die Angaben des Ausländers, auf die in § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 1 oder Absatz 4b Satz 2 Nummer 1 Bezug genommen wird, nach Mitteilung der Staatsanwaltschaft oder des Strafgerichts mit hinreichender Wahrscheinlichkeit als falsch anzusehen sind oder
3.
der Ausländer auf Grund sonstiger Umstände nicht mehr die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach § 25 Absatz 4a oder Absatz 4b erfüllt.
Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 soll auch dann widerrufen werden, wenn der Ausländer freiwillig wieder Verbindung zu den Personen nach § 25 Absatz 4a Satz 2 Nummer 2 aufgenommen hat.

(6) Eine Aufenthaltserlaubnis nach § 38a soll widerrufen werden, wenn der Ausländer seine Rechtsstellung als langfristig Aufenthaltsberechtigter in einem anderen Mitgliedstaat der Europäischen Union verliert.

(7) (weggefallen)

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Gegen einen Ausländer, der ausgewiesen, zurückgeschoben oder abgeschoben worden ist, ist ein Einreise- und Aufenthaltsverbot zu erlassen. Infolge des Einreise- und Aufenthaltsverbots darf der Ausländer weder erneut in das Bundesgebiet einreisen noch sich darin aufhalten noch darf ihm, selbst im Falle eines Anspruchs nach diesem Gesetz, ein Aufenthaltstitel erteilt werden.

(2) Im Falle der Ausweisung ist das Einreise- und Aufenthaltsverbot gemeinsam mit der Ausweisungsverfügung zu erlassen. Ansonsten soll das Einreise- und Aufenthaltsverbot mit der Abschiebungsandrohung oder Abschiebungsanordnung nach § 58a unter der aufschiebenden Bedingung der Ab- oder Zurückschiebung und spätestens mit der Ab- oder Zurückschiebung erlassen werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist bei seinem Erlass von Amts wegen zu befristen. Die Frist beginnt mit der Ausreise. Die Befristung kann zur Abwehr einer Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung mit einer Bedingung versehen werden, insbesondere einer nachweislichen Straf- oder Drogenfreiheit. Tritt die Bedingung bis zum Ablauf der Frist nicht ein, gilt eine von Amts wegen zusammen mit der Befristung nach Satz 5 angeordnete längere Befristung.

(3) Über die Länge der Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots wird nach Ermessen entschieden. Sie darf außer in den Fällen der Absätze 5 bis 5b fünf Jahre nicht überschreiten.

(4) Das Einreise- und Aufenthaltsverbot kann zur Wahrung schutzwürdiger Belange des Ausländers oder, soweit es der Zweck des Einreise- und Aufenthaltsverbots nicht mehr erfordert, aufgehoben oder die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots verkürzt werden. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot soll aufgehoben werden, wenn die Voraussetzungen für die Erteilung eines Aufenthaltstitels nach Kapitel 2 Abschnitt 5 vorliegen. Bei der Entscheidung über die Verkürzung der Frist oder die Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots, das zusammen mit einer Ausweisung erlassen wurde, ist zu berücksichtigen, ob der Ausländer seiner Ausreisepflicht innerhalb der ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, es sei denn, der Ausländer war unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist war nicht erheblich. Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann aus Gründen der öffentlichen Sicherheit und Ordnung verlängert werden. Absatz 3 gilt entsprechend.

(5) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll zehn Jahre nicht überschreiten, wenn der Ausländer auf Grund einer strafrechtlichen Verurteilung ausgewiesen worden ist oder wenn von ihm eine schwerwiegende Gefahr für die öffentliche Sicherheit und Ordnung ausgeht. Absatz 4 gilt in diesen Fällen entsprechend.

(5a) Die Frist des Einreise- und Aufenthaltsverbots soll 20 Jahre betragen, wenn der Ausländer wegen eines Verbrechens gegen den Frieden, eines Kriegsverbrechens oder eines Verbrechens gegen die Menschlichkeit oder zur Abwehr einer Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland oder einer terroristischen Gefahr ausgewiesen wurde. Absatz 4 Satz 4 und 5 gilt in diesen Fällen entsprechend. Eine Verkürzung der Frist oder Aufhebung des Einreise- und Aufenthaltsverbots ist grundsätzlich ausgeschlossen. Die oberste Landesbehörde kann im Einzelfall Ausnahmen hiervon zulassen.

(5b) Wird der Ausländer auf Grund einer Abschiebungsanordnung nach § 58a aus dem Bundesgebiet abgeschoben, soll ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. In den Fällen des Absatzes 5a oder wenn der Ausländer wegen eines in § 54 Absatz 1 Nummer 1 genannten Ausweisungsinteresses ausgewiesen worden ist, kann im Einzelfall ein unbefristetes Einreise- und Aufenthaltsverbot erlassen werden. Absatz 5a Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(5c) Die Behörde, die die Ausweisung, die Abschiebungsandrohung oder die Abschiebungsanordnung nach § 58a erlässt, ist auch für den Erlass und die erstmalige Befristung des damit zusammenhängenden Einreise- und Aufenthaltsverbots zuständig.

(6) Gegen einen Ausländer, der seiner Ausreisepflicht nicht innerhalb einer ihm gesetzten Ausreisefrist nachgekommen ist, kann ein Einreise- und Aufenthaltsverbot angeordnet werden, es sei denn, der Ausländer ist unverschuldet an der Ausreise gehindert oder die Überschreitung der Ausreisefrist ist nicht erheblich. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Ein Einreise- und Aufenthaltsverbot wird nicht angeordnet, wenn Gründe für eine vorübergehende Aussetzung der Abschiebung nach § 60a vorliegen, die der Ausländer nicht verschuldet hat.

(7) Gegen einen Ausländer,

1.
dessen Asylantrag nach § 29a Absatz 1 des Asylgesetzes als offensichtlich unbegründet abgelehnt wurde, dem kein subsidiärer Schutz zuerkannt wurde, das Vorliegen der Voraussetzungen für ein Abschiebungsverbot nach § 60 Absatz 5 oder 7 nicht festgestellt wurde und der keinen Aufenthaltstitel besitzt oder
2.
dessen Antrag nach § 71 oder § 71a des Asylgesetzes wiederholt nicht zur Durchführung eines weiteren Asylverfahrens geführt hat,
kann das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge ein Einreise- und Aufenthaltsverbot anordnen. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot wird mit Bestandskraft der Entscheidung über den Asylantrag wirksam. Absatz 1 Satz 2, Absatz 2 Satz 3 bis 6, Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1, 2 und 4 gelten entsprechend. Das Einreise- und Aufenthaltsverbot ist mit seiner Anordnung nach Satz 1 zu befristen. Bei der ersten Anordnung des Einreise- und Aufenthaltsverbots nach Satz 1 soll die Frist ein Jahr nicht überschreiten. Im Übrigen soll die Frist drei Jahre nicht überschreiten. Über die Aufhebung, Verlängerung oder Verkürzung entscheidet die zuständige Ausländerbehörde.

(8) Vor Ablauf des Einreise- und Aufenthaltsverbots kann dem Ausländer ausnahmsweise erlaubt werden, das Bundesgebiet kurzfristig zu betreten, wenn zwingende Gründe seine Anwesenheit erfordern oder die Versagung der Erlaubnis eine unbillige Härte bedeuten würde. Im Falle der Absätze 5a und 5b ist für die Entscheidung die oberste Landesbehörde zuständig.

(9) Reist ein Ausländer entgegen einem Einreise- und Aufenthaltsverbot in das Bundesgebiet ein, wird der Ablauf einer festgesetzten Frist für die Dauer des Aufenthalts im Bundesgebiet gehemmt. Die Frist kann in diesem Fall verlängert werden, längstens jedoch um die Dauer der ursprünglichen Befristung. Der Ausländer ist auf diese Möglichkeit bei der erstmaligen Befristung hinzuweisen. Für eine nach Satz 2 verlängerte Frist gelten die Absätze 3 und 4 Satz 1 entsprechend.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18. Januar 2007 - 1 K 421/06 - wird zurückgewiesen.

Der Beklagte trägt die Kosten des Berufungsverfahrens.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Tatbestand

 
Der am ...1975 geborene Kläger ist chinesischer Staatsangehöriger. Er reiste im November 2001 in das Bundesgebiet ein und beantragte erfolglos seine Anerkennung als Asylberechtigter. Im Anschluss an das Asylverfahren wurde der Kläger geduldet. Ein Asylfolgeantrag blieb ebenfalls erfolglos.
Mit Bescheid vom 21.06.2004 forderte das Regierungspräsidium Tübingen - Bezirksstelle für Asyl Reutlingen - den Kläger auf, einen Pass vorzulegen oder - falls er nicht über ein solches Dokument verfüge - bei der Konsularabteilung der Botschaft der Volksrepublik China in Bonn ein Rückreisedokument zu beantragen. Am 16.11.2004 füllte der Kläger einen „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus, in dem er in deutscher und chinesischer Sprache Angaben zu seiner Identität machte. Der Fragebogen wurde der chinesischen Botschaft übersandt. Sie teilte dem Regierungspräsidium Tübingen am 18.08.2005 mit, das Ergebnis sei „negativ“.
Am 24.11.2005 füllte der Kläger erneut den „Fragebogen für chinesische Staatsangehörige“ aus. Der Fragebogen wurde wiederum zusammen mit einem von dem Kläger vorgelegten chinesischen „Fahndungsbefehl“ der chinesischen Botschaft übersandt. Sie antwortete unter dem 12.12.2005 mit dem Vermerk „verfälschte Fahndung und negativ nach Überprüfung“.
Mit Bescheid vom 28.02.2006 wies das Regierungspräsidium Tübingen den Kläger nach dessen vorheriger Anhörung aus dem Bundesgebiet aus. Zur Begründung wurde ausgeführt, der Kläger erfülle die Voraussetzungen des Ausweisungstatbestandes des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, denn er sei der Aufforderung zur Passbeschaffung allenfalls unzulänglich nachgekommen. Nach Auskunft der chinesischen Botschaft habe er falsche Angaben gemacht. Außerdem habe er keine Anstrengungen unternommen, Dokumente aus seinem Heimatland zu beschaffen. Besonderen Ausweisungsschutz genieße er nicht. Eine ordnungsgemäße Ermessensausübung erfordere seine Ausweisung.
Am 23.03.2006 hat der Kläger Klage beim Verwaltungsgericht Sigmaringen erhoben. In seiner Begründung hat er bestritten, falsche Angaben gemacht zu haben und vorgetragen, aus den Antworten der Konsularabteilung der chinesischen Botschaft in Bonn könne nicht mit hinreichender Sicherheit entnommen werden, ob seine mangelnde Identifikation auf sein Verschulden oder nicht doch vielmehr auf mangelnde Kooperationsbereitschaft der lokalen Behörden in China zurückzuführen sei. Man dürfe nicht außer Acht lassen, dass seitens der chinesischen Behörden bei der Rückführung von Flüchtlingen keinerlei Mitwirkungsbereitschaft bestehe. Dies belegten die einschlägigen Lageberichte des Auswärtigen Amtes. Das gegen ihn eingeleitete Ermittlungsverfahren wegen mittelbarer Falschbeurkundung sei gemäß § 170 Abs. 2 StPO eingestellt worden. Nach den Ausführungen der Staatsanwaltschaft in deren Einstellungsverfügung vom 13.11.2006 könne nicht der Nachweis geführt werden, dass er tatsächlich Aliaspersonalien verwendet habe. Denkbar sei auch, dass die Auskunft der chinesischen Behörden falsch sei, etwa weil die dortigen Meldeunterlagen unvollständig seien oder aber ein missliebiger Staatsbürger auf diese Weise außerhalb des Landes gehalten werden solle.
Der Beklagte ist der Klage entgegengetreten und hat ergänzend vorgetragen: Aufgrund langjähriger Erfahrungen bei Passbeschaffungsmaßnahmen für chinesische Staatsangehörige und des ständigen Kontaktes der Bezirksstelle für Asyl mit der chinesischen Botschaft sei allgemein bekannt, dass von Seiten der chinesischen Botschaft bei falschen bzw. unvollständigen Angaben hinsichtlich einer Person lediglich eine Negativmeldung ohne genauere Angaben erfolge. Chinesische Staatsangehörige, die korrekte Angaben machten, erhielten in der Regel innerhalb von drei bis sechs Monaten ein Rückreisedokument. Im Übrigen habe der Kläger bisher keine Anstrengungen unternommen, sich in seinem Heimatland um ein Dokument zu bemühen, obwohl ihm dies möglich sei, weil er dort eine Ehefrau und ein Kind zurückgelassen habe. Die Staatsanwaltschaft sei nicht in gleicher Weise wie das Regierungspräsidium Tübingen in der Lage, den Sachverhalt zu beurteilen, weil es anders als das Regierungspräsidium nicht seit Jahren damit beauftragt sei, Passersatzdokumente für chinesische Staatsangehörige zu besorgen. Die Aussage der Staatsanwaltschaft, auch eine falsche Auskunft der chinesischen Behörden sei denkbar, sei eine reine Vermutung und werde durch nichts belegt. Auf entsprechenden rechtlichen Hinweis des Verwaltungsgerichts teilte der Beklagte mit, dass der Kläger vor Erlass der Ausweisungsverfügung nicht auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden sei. Dies sei auch nicht erforderlich, denn das Belehrungserfordernis des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beziehe sich nach dem eindeutigen Wortlaut nur auf die Tatbestandsalternative der falschen oder unvollständigen Angaben, nicht jedoch auf die Tatbestandsalternative der Verletzung der Mitwirkungspflicht.
Mit Urteil vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - hat das Verwaltungsgericht Sigmaringen die angefochtene Verfügung aufgehoben. Es hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Es könne offen bleiben, ob der Kläger seine Mitwirkungspflichten bei der Passbeschaffung verletzt habe. Denn der Kläger sei nicht über die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen worden. Diese Hinweispflicht bestehe auch im Fall der Tatbestandsvariante „Verletzung von Mitwirkungspflichten“. Aus dem Wortlaut, der systematischen Stellung und dem Sinn und Zweck der Vorschrift folge, dass sich die in § 55 Abs. 2 Nr. 1 letzter Halbsatz AufenthG normierte Hinweispflicht auf alle Tatbestandsalternativen der Vorschrift erstreckten. Das Urteil wurde dem Beklagten am 25.01.2007 zugestellt.
Am 14.02.2007 hat der Beklagte die vom Verwaltungsgericht zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er im Wesentlichen vor: Entgegen der Auffassung des Verwaltungsgerichts ergebe sich aus dem Wortlaut, der Begründung zum Gesetzentwurf und der Gesetzessystematik, dass die Hinweispflicht nur bei der Tatbestandsvariante „falsche oder unvollständige Angaben“ bestehe. Eine unterschiedliche Behandlung der beiden Tatbestandsvarianten sei auch deshalb gerechtfertigt, weil das Aufenthaltsgesetz Verstöße gegen die Mitwirkungspflicht und Verstöße gegen die Pflicht, zutreffende und vollständige Angaben zu machen, unterschiedlich sanktioniere. Ein Verstoß gegen die Mitwirkungspflicht stelle eine Ordnungswidrigkeit dar, falsche Angaben eines Ausländers zu seinem Alter, seiner Identität oder Staatsangehörigkeit sei jedoch strafbewehrt.
Der Beklagte beantragt - sachdienlich gefasst -,
10 
das Urteil des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vom 18.01.2007 - 1 K 421/06 - zu ändern und die Klage abzuweisen.
11 
Der Kläger tritt der Berufung ohne eigene Antragstellung entgegen. Die Rechtsauffassung des Beklagten sei mit dem Gesetz nicht vereinbar. Die Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG lasse zweifelsfrei erkennen, dass der Gesetzgeber das Ausweisungsermessen wegen unzureichender Mitwirkung bei Maßnahmen von Behörden nur dann habe eröffnen wollen, wenn der Ausländer über die Rechtsfolge zuvor entsprechend informiert worden sei. Im Übrigen habe er seine Mitwirkungspflicht nicht verletzt. Er habe unstreitig mehrfach Anträge bei der chinesischen Botschaft auf die Erteilung von Heimreisepapieren gestellt, die lediglich erfolglos geblieben seien. Dass die chinesische Botschaft pauschal und völlig unsubstantiiert in einem Formschreiben mitgeteilt habe, dies beruhe auf falschen bzw. unvollständigen Angaben, lasse aufgrund der mangelnden Überprüfbarkeit dieser Aussage und der vom Auswärtigen Amt in dessen Lageberichten zur Volksrepublik China regelmäßig bestätigten völligen Behördenwillkür in der Volksrepublik China keine andere Beurteilung zu.
12 
Dem Senat liegen die den Kläger betreffenden Ausländerakten des Regierungspräsidiums Tübingen und der Stadt Ulm sowie die Verfahrensakte des Verwaltungsgerichts Sigmaringen vor. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Inhalt dieser Akten und die gewechselten Schriftsätze verwiesen.

Entscheidungsgründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

Gründe

 
13 
Der Senat entscheidet über die Berufung mit Zustimmung der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung.
14 
Die nach Zulassung durch das Verwaltungsgericht statthafte und auch sonst zulässige Berufung ist nicht begründet. Das Verwaltungsgericht hat die angefochtene Verfügung des Regierungspräsidiums Tübingen vom 28.02.2006 zu Recht aufgehoben. Die Ausweisungsverfügung ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO). Die von der Behörde angenommenen tatbestandlichen Voraussetzungen der Ausweisung liegen nicht vor.
15 
1. Der vom Regierungspräsidium Tübingen als Rechtsgrundlage der Ausweisung herangezogene § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG trägt die Ausweisungsverfügung nicht. Nach dieser Vorschrift kann ein Ausländer nach § 55 Abs. 1 AufenthG insbesondere ausgewiesen werden, wenn er in Verfahren nach diesem Gesetz oder zur Erlangung eines einheitlichen Sichtvermerks nach Maßgabe des Schengener Durchführungsübereinkommens falsche oder unvollständige Angaben zum Zweck der Erlangung eines Aufenthaltstitels gemacht oder trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung dieses Gesetzes zuständigen Behörden im In- und Ausland mitgewirkt hat, wobei die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig ist, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde. In Betracht kommt im vorliegenden Fall allein die vom Regierungspräsidium Tübingen herangezogene dritte Variante der Vorschrift, nach der ein Ausländer ausgewiesen werden kann, wenn er trotz bestehender Rechtspflicht nicht an Maßnahmen der für die Durchführung des Aufenthaltsgesetzes zuständigen Behörden mitgewirkt hat. Die beiden ersten Varianten beziehen sich auf Rechtsverstöße eines Ausländers zur Erlangung eines Aufenthaltstitels. Diese Situation liegt nicht vor.
16 
Der Senat kann es ebenso wie das Verwaltungsgericht offen lassen, ob der Kläger tatsächlich einen Verstoß gegen eine Rechtspflicht zur Mitwirkung begangen hat, der eine Ausweisung rechtfertigen würde. Denn es fehlt jedenfalls an dem erforderlichen Hinweis auf die Rechtsfolgen nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG. Nach dieser Regelung ist „die Ausweisung auf dieser Grundlage nur zulässig, wenn der Ausländer vor der Befragung ausdrücklich auf die Rechtsfolgen falscher oder unvollständiger Angaben hingewiesen wurde“. Die Hinweispflicht gilt entgegen der Auffassung des Beklagten nicht nur für die ersten beiden Varianten des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG sondern auch für die dritte Variante. Dies folgt aus dem Wortlaut der Vorschrift (dazu a.) und der Begründung zum Gesetzentwurf (dazu b.).
17 
a. Nach dem Wortlaut des § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG besteht die Hinweispflicht bei einer Ausweisung „auf dieser Grundlage“. Mit dieser Formulierung nimmt die Vorschrift den gesamten ersten Halbsatz mit seinen drei Varianten in Bezug. Erfasst werden sämtliche Ausweisungen auf der Grundlage des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG, ohne dass zu unterscheiden wäre, ob sie wegen falscher oder unvollständiger Angaben zur Erlangung eines Aufenthaltstitels oder wegen der Verletzung einer Mitwirkungspflicht in einem sonstigen Verfahren nach dem Aufenthaltsgesetz verfügt wird. Darüber hinaus bringt auch die systematische Stellung des Halbsatzes am Ende der Vorschrift zum Ausdruck, dass er sich auf den gesamten vorangehenden ersten Halbsatz bezieht.
18 
§ 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG spricht allerdings auch von einem Hinweis auf die Rechtsfolgen „falscher oder unvollständiger Angaben“ vor der „Befragung“. In der Literatur wird daher die Auffassung vertreten, wegen der Bezugnahme auf falsche oder unvollständige Angaben bedürfe es im Falle der dritten Variante (Verletzung der Mitwirkungspflicht) keiner Belehrung (Armbruster in HTK-AuslR, § 55 AufenthG/zu Abs. 2 Nr. 1 05/2007 Nr. 4 m.w.N.; Hailbronner, Ausländerrecht, § 55 AufenthG Rdnr. 22; Renner, Ausländerrecht, 8. Aufl. 2005, § 55 AufenthG Rdnr. 15). Der Senat folgt dieser Ansicht nicht. Nach Auffassung des Senats beschränkt § 55 Abs. 2 Nr. 1 Halbsatz 2 AufenthG vielmehr die Ausweisungsmöglichkeit nach der dritten Variante der Vorschrift auf solche Fälle, in denen der Ausländer seine Mitwirkungspflicht dadurch verletzt, dass er bei einer Befragung falsche oder unvollständige Angaben macht. Die Befragung kann sowohl mündlich als auch schriftlich, in Form eines Formulars oder auch formlos erfolgen. Der zweite Halbsatz des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG konkretisiert somit den weiten Begriff der Mitwirkungspflicht in der dritten Variante des ersten Halbsatzes dieser Vorschrift.
19 
Das Erfordernis einer Befragung macht deutlich, dass § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur einen bestimmten Teilbereich der Mitwirkungspflichten eines Ausländers erfasst, nämlich den der Auskunftspflichten. Denn eine Befragung erfolgt zu dem Zweck Antworten - oder mit anderen Worten „Angaben“ - zu erhalten. Dem Auskunftsverlangen der Behörde steht die Auskunftspflicht des Ausländers gegenüber. Das Aufenthaltsgesetz normiert insbesondere in § 49 Abs. 1 AufenthG eine solche spezielle Mitwirkungspflicht. Die Vorschrift fordert von einem Ausländer, gegenüber der Ausländerbehörde auf Verlangen Angaben zu seinem Alter, seiner Identität und seiner Staatsangehörigkeit zu machen. Die Pflicht besteht nicht nur in Verfahren zur Erteilung eines Aufenthaltstitels sondern auch in anderen ausländerrechtlichen Verfahren, wie z.B. bei der Passbeschaffung, denn § 49 Abs. 1 AufenthG beschränkt die Auskunftspflicht des Ausländers nicht auf bestimmte Verfahren. Die Angaben des Ausländers müssen richtig und vollständig sein. Sind sie es nicht, kann der Ausländer nach § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG wegen Verletzung dieser Mitwirkungspflicht ausgewiesen werden, wenn er vor dem Auskunftsverlangen auf diese mögliche Rechtsfolge hingewiesen wurde.
20 
b. Auch die Begründung zum Gesetzentwurf zeigt, dass die dritte Variante des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG nur die Verletzung von Auskunftspflichten eines Ausländers als besondere Ausprägung seiner ausländerrechtlichen Mitwirkungspflichten als Ausweisungsgrund regelt und einen Hinweis auf die möglichen Rechtsfolgen eines Verstoßes voraussetzt. Maßgeblich ist insoweit die Begründung zur gleichlautenden Vorgängerregelung in § 46 Nr. 1 AuslG (BT-Drs. 14/7386 (neu) S. 56). Denn die Begründung zu § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG beschränkt sich auf den Hinweis, die Vorschrift entspreche § 46 Nr. 1 AuslG. Die Regelung des § 46 Nr. 1 AuslG in der hier maßgeblichen Fassung wurde durch das Terrorismusbekämpfungsgesetz vom 09.01.2002 (BGBl. I S. 361) in das Ausländergesetz eingefügt.
21 
Nach der Begründung zum Gesetzentwurf dokumentiert der Betroffene durch Falschangaben im Titelerteilungsverfahren, dass er nicht bereit ist, sich an die deutsche Rechtsordnung zu halten und führt dadurch die zuständigen Behörden in die Irre. Durch falsche Angaben könnten darüber hinaus eventuelle Verbindungen zu terroristischen Vereinigungen und gewaltbereiten Bewegungen verschleiert werden. Wegen der daraus resultierenden Gefahren sei es erforderlich, auch in diesen Fällen die Möglichkeit einer Ausweisung zu eröffnen. „Dasselbe“ gelte, wenn der Ausländer seine Mitwirkungspflichten verletze.
22 
Die Begründung macht deutlich, dass die gesamte Regelung darauf zielt, Gefahren zu vermeiden, die durch Täuschung und Irreführung der Behörden verursacht werden. Dies gilt umso mehr, als die Neufassung des § 46 Nr. 1 AuslG im Jahr 2002 im Zeichen der Terrorabwehr stand, wie schon der Titel des Änderungsgesetzes, aber auch der Wortlaut der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG zeigen. Aus der Begründung lässt sich nicht entnehmen, dass der Gesetzgeber mit der dritten Variante der Vorschrift (Verletzung der Mitwirkungspflicht) eine andere Zielsetzung verfolgte als mit den ersten beiden Varianten. Gegen eine solche Annahme spricht vielmehr vor allem der Wortlaut der Begründung („Dasselbe gilt …“). Eine Täuschung der Behörde setzt aber voraus, dass durch ein Handeln des Ausländers Fehlvorstellungen geweckt werden. Dies ist durch bloßes Nichtstun des Ausländers kaum denkbar. Fehlvorstellungen können erst entstehen, wenn der Ausländer falsche oder auch unvollständige Angaben macht. Solche falschen oder unvollständigen Angaben können eine Verletzung der Mitwirkungspflicht darstellen, die allerdings nach dem letzten Satz der Begründung zu § 46 Nr. 1 AuslG nur dann die Möglichkeit zur Ausweisung eröffnen soll, wenn der Ausländer zuvor „bei der Befragung“ auf diese Rechtsfolge hingewiesen wurde.
23 
c. Schließlich lässt sich aus der Neufassung des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007 (BGBl. I, S. 1970) nichts Gegenteiliges entnehmen. Der Gesetzgeber hat § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG in seiner bisherigen Fassung durch eine Vorschrift ersetzt, die nur noch teilweise mit der bisherigen übereinstimmt und gerade die hier streitigen Fragen neu regelt. Die Neufassung spricht nicht mehr von einem Hinweis vor der „Befragung“ sondern fordert, dass „der Ausländer zuvor auf die Rechtsfolgen solcher Handlungen“, wie sie in Buchstabe a) und b) der Vorschrift genannt sind, hingewiesen wurde. Aus der Begründung zum Gesetzentwurf lässt sich ebenfalls kein gegen die Auslegung der bisherigen Regelung durch den Senat sprechender Anhaltspunkt entnehmen, denn die Begründung spricht insoweit lediglich von einer „klareren Fassung zur Beseitigung von Widersprüchen“ (vgl. BT-Drs. 16/5065 zu Nr. 43 (§ 55) zu Buchstabe a, S. 79).
24 
2. Die angefochtene Ausweisungsverfügung erweist sich auch unter den Voraussetzungen des § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG nicht als rechtmäßig. Das Regierungspräsidium hat die Verfügung zwar nicht auf diese Vorschrift gestützt. Die Verwaltungsgerichte haben jedoch umfassend zu prüfen, ob das materielle Recht die durch einen Verwaltungsakt getroffene Regelung trägt oder nicht. Hierzu gehört auch die Prüfung, ob ein angegriffener Verwaltungsakt kraft einer anderen als der angegebenen Rechtsgrundlage rechtmäßig ist. Im Falle einer Ermessensentscheidung der Behörde müssen die anzustellenden Erwägungen jedoch in beiden Fällen die gleichen sein (vgl. BVerwG, Urteil vom 30.06.1989 - 4 C 40/88 -, NVwZ 1990, 259, 260). Nach § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG kann ein Ausländer unter anderem ausgewiesen werden, wenn er einen Verstoß gegen eine behördliche Entscheidung begangen hat. In Betracht käme hier allein ein Verstoß gegen die dem Kläger im Bescheid des Regierungspräsidiums Tübingen vom 21.06.2004 auferlegte Pflicht, einen Pass vorzulegen bzw. einen solchen bei einer persönlichen Vorsprache bei der chinesischen Botschaft zu beantragen. Einen Verstoß gegen diese Verpflichtungen hat das Regierungspräsidium dem Kläger in der Ausweisungsverfügung jedoch nicht vorgehalten. Es hat ausschließlich darauf abgestellt, dass der Kläger in den ihm vorgelegten Fragebögen falsche Angaben gemacht habe und sich keine Dokumente aus seinem Heimatland habe schicken lassen. Diese Pflichten waren dem Kläger in dem Bescheid vom 21.06.2004 jedoch nicht auferlegt worden. Die vom Regierungspräsidium in der Ausweisungsverfügung angestellten Erwägungen können somit nicht zugleich für eine auf § 55 Abs. 2 Nr. 2 AufenthG gestützte Ausweisung herangezogen werden, so dass ein Wechsel des Ausweisungsgrundes im Sinne der oben genannten Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts nicht möglich ist.
25 
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 2 VwGO.
26 
Die Revision an das Bundesverwaltungsgericht wird nicht zugelassen, da keiner der Zulassungsgründe des § 132 Abs. 2 VwGO vorliegt. Insbesondere liegen die Voraussetzungen für eine Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 132 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) nicht vor, da es sich bei der Vorschrift des § 55 Abs. 2 Nr. 1 AufenthG um sogenanntes auslaufendes Recht handelt. Sie wurde durch Artikel 1 des Gesetzes zur Umsetzung aufenthalts- und asylrechtlicher Richtlinien der Europäischen Union vom 19.08.2007, BGBl. I, S. 1970) in einer Weise geändert, dass sich die hier streitigen Fragen in gleicher Weise nicht mehr stellen. In einem solchen Fall kommt nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts die Zulassung der Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache nicht in Betracht (vgl. BVerwG, Beschluss vom 07.10.2004 - 1 B 139/04 -, Buchholz 402.240 § 7 AuslG Nr. 12). Dass noch Fälle abzuwickeln sind, in denen das alte Recht von Bedeutung ist, reicht nicht aus. Erforderlich wäre vielmehr, dass sich eine klärungsbedürftige Frage zur Auslegung der außer Kraft getretenen Norm für einen nicht überschaubaren Personenkreis in nicht absehbarer Zeit weiter stellen kann (BVerwG, Beschluss vom 09.06.2000 - 4 B 19/00 - juris). Eine solche Situation liegt hier nicht vor.
27 
Beschluss
vom 13. September 2007
Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird gemäß § 63 Abs. 2 Satz 1, § 47 Abs. 1 und 3, § 52 Abs. 2 GKG auf
5.000,-- EUR
festgesetzt.
        
Der Beschluss ist unanfechtbar, § 152 Abs. 1 VwGO.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.

(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.

(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.

(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.

(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.

(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.

(1) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt besonders schwer, wenn der Ausländer

1.
eine Niederlassungserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
2.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und im Bundesgebiet geboren oder als Minderjähriger in das Bundesgebiet eingereist ist und sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat,
3.
eine Aufenthaltserlaubnis besitzt, sich seit mindestens fünf Jahren rechtmäßig im Bundesgebiet aufgehalten hat und mit einem der in den Nummern 1 und 2 bezeichneten Ausländer in ehelicher oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt,
4.
mit einem deutschen Familienangehörigen oder Lebenspartner in familiärer oder lebenspartnerschaftlicher Lebensgemeinschaft lebt, sein Personensorgerecht für einen minderjährigen ledigen Deutschen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt oder
5.
eine Aufenthaltserlaubnis nach § 23 Absatz 4, den §§ 24, 25 Absatz 4a Satz 3 oder nach § 29 Absatz 2 oder 4 besitzt.

(2) Das Bleibeinteresse im Sinne von § 53 Absatz 1 wiegt insbesondere schwer, wenn

1.
der Ausländer minderjährig ist und eine Aufenthaltserlaubnis besitzt,
2.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis besitzt und sich seit mindestens fünf Jahren im Bundesgebiet aufhält,
3.
der Ausländer sein Personensorgerecht für einen im Bundesgebiet rechtmäßig sich aufhaltenden ledigen Minderjährigen oder mit diesem sein Umgangsrecht ausübt,
4.
der Ausländer minderjährig ist und sich die Eltern oder ein personensorgeberechtigter Elternteil rechtmäßig im Bundesgebiet aufhalten beziehungsweise aufhält,
5.
die Belange oder das Wohl eines Kindes zu berücksichtigen sind beziehungsweise ist oder
6.
der Ausländer eine Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Absatz 4a Satz 1 besitzt.

(3) Aufenthalte auf der Grundlage von § 81 Absatz 3 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 werden als rechtmäßiger Aufenthalt im Sinne der Absätze 1 und 2 nur berücksichtigt, wenn dem Antrag auf Erteilung oder Verlängerung des Aufenthaltstitels entsprochen wurde.

(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.

(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.

(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.

(4) In Verfahren

1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro,
2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro,
3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und
4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
angenommen werden.

(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.

(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert

1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist,
2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
Maßgebend für die Berechnung ist das laufende Kalenderjahr. Bezügebestandteile, die vom Familienstand oder von Unterhaltsverpflichtungen abhängig sind, bleiben außer Betracht. Betrifft das Verfahren die Verleihung eines anderen Amts oder den Zeitpunkt einer Versetzung in den Ruhestand, ist Streitwert die Hälfte des sich nach den Sätzen 1 bis 3 ergebenden Betrags.

(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.

(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.