Verwaltungsgericht Halle Urteil, 26. Feb. 2010 - 4 A 460/08

ECLI:ECLI:DE:VGHALLE:2010:0226.4A460.08.0A
bei uns veröffentlicht am26.02.2010

Tatbestand

1

Die Klägerin wendet sich gegen ihre Heranziehung zu einem Abwasserbeitrag durch den Beklagten.

2

Sie ist Eigentümerin des in der Schulstraße in U. gelegenen Grundstücks Gemarkung U., Flur 4, Flurstück 216/69, Größe 1.250 m². Auf dem Grundstück befinden sich eine Kirche sowie mehrere alte Grabsteine und Grabkreuze. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Stellungnahme des Kreiskirchenamtes A-Stadt vom 23. Juni 2009 Bezug genommen.

3

Mit Bescheid vom 28. Dezember 2007 zog der Beklagte die Klägerin für das Grundstück zu einem Abwasserbeitrag in Höhe von 5.000,00 € heran. Hierbei berücksichtigte er eine beitragspflichtige Grundstücksfläche von 1.250 m², einen Geschossfaktor von 1,0 für 1 Vollgeschoss sowie einen Beitragssatz von 4,00 €/m².

4

In einer Stellungnahme vom 8. Januar 2008 führte der Leiter des Amtes für Denkmalschutz des Landkreises V. aus, die auf dem Grundstück befindliche Kirche sei als Bau- bzw. Kulturdenkmal in das Denkmalverzeichnis des Landes eingetragen. Eine Nutzung als Wohn- oder Gewerbebauland sei aus denkmalpflegerischer Sicht nicht genehmigungsfähig.

5

Mit Schreiben vom 21. Januar 2008 legte die Klägerin gegen den Bescheid Widerspruch ein und führte zur Begründung aus, bei dem Grundstück handele es sich um eine Kirche, die von dem Gräberfeld eines ehemaligen Friedhofs umschlossen sei. Es sei nicht an die zentrale Schmutzwasseranlage angeschlossen und durch diese auch nicht bevorteilt, da es nach der Art seiner Nutzung keinen Anschlussbedarf habe. Eine Umnutzung der Kirche zu gewerblichen oder wohnwirtschaftlichen Zwecken sei nicht möglich. Eine solche Umnutzung würde den Beschränkungen, die sich aus dem Bestattungsrecht ergäben, widersprechen. Diese seien anwendbar, da das Grundstück weiterhin als kirchlicher Friedhof gewidmet sei. Die vorgeschriebenen Liegezeiten seien allerdings beendet.

6

Mit Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2008 wies der Beklagte den Widerspruch zurück und führte zur Begründung aus, es handele sich um ein reines Kirchengrundstück, welches der Beitragspflicht unterliege, da der Friedhof nur noch historischen Charakter habe. Die Eigenschaft der Kirche als Baudenkmal habe keinen Einfluss auf die Beitragspflicht, da die Umnutzung zu wohnlichen oder gewerblichen Zwecken nicht grundsätzlich und dauerhaft ausgeschlossen werden könne.

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Am 14. Juli 2008 hat die Klägerin beim erkennenden Gericht Klage erhoben.

8

Sie trägt vor, es handele sich vorliegend um ein Friedhofsgrundstück, welches nicht der Beitragspflicht unterliege, da der auf dem Grundstück befindliche Friedhof zwar geschlossen, aber nicht entwidmet sei. Zudem sei eine Nutzung zu Wohn- oder Gewerbezwecken aus Gründen des Denkmalschutzes nicht möglich.

9

Die Klägerin beantragt,

10

den Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2008 aufzuheben.

11

Der Beklagte beantragt,

12

die Klage abzuweisen.

13

Er verteidigt den angefochtenen Bescheid sowie den Widerspruchsbescheid.

Entscheidungsgründe

14

Die Kammer kann durch den Einzelrichter entscheiden, denn der Rechtsstreit wurde gemäß § 6 VwGO mit Beschluss der Kammer vom 12. Dezember 2008 auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.

15

Die zulässige Klage ist unbegründet. Der Bescheid des Beklagten vom 28. Dezember 2007 und dessen Widerspruchsbescheid vom 12. Juni 2008 sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

16

I. Rechtsgrundlage für die Festsetzung des Abwasserbeitrags ist § 6 Abs. 1 Satz 1 KAG LSA in Verbindung mit der Satzung über die Erhebung von Beiträgen und Kostenerstattungen für die Abwasserbeseitigung des Abwasserzweckverbandes Salza vom 27. Oktober 2003 (im Folgenden: BS 2003). Die Satzung, insbesondere der Beitragssatz von 4,00 €/m², ist wirksam (VG Halle, Urteil vom 18. Dezember 2009 - 4 A 308/07 HAL -).

17

II. Das Grundstück unterliegt der Beitragspflicht. Dieser unterliegen gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 2 BS 2003 Grundstücke, die an die zentrale öffentliche Abwasseranlage angeschlossen werden können und für die eine bauliche oder gewerbliche Nutzung nicht festgesetzt ist, wenn sie nach der Verkehrsauffassung Bauland sind und nach der geordneten baulichen Entwicklung in der Gemeinde zur Bebauung oder gewerblichen Nutzung anstehen. Diese Voraussetzungen liegen hier vor. Die Anschlussmöglichkeit für das Grundstück ist gegeben. Vor dem Grundstück liegt ein betriebsbereiter Schmutzwasserkanal in der Straße, an den das Grundstück angeschlossen werden kann. Bei dem Grundstück handelt es sich auch um Bauland, da es im unbeplanten Innenbereich der Gemeinde U. im Sinne des § 34 BauGB liegt. Damit steht das Grundstück auch nach einer geordneten baulichen Entwicklung zur Bebauung an. Ausreichend hierfür ist die Zulässigkeit einer Bebauung (OVG LSA, Urteil vom 16. Januar 2004 - 1 L 146/03 - juris Rn. 23).

18

III. Das Grundstück ist nicht deshalb beitragsfrei, weil es in der Vergangenheit als Friedhof genutzt wurde. Zwar gilt gemäß § 4 Abs. 2 Nr. 7 BS 2003 bei Grundstücken, die innerhalb eines im Zusammenhang bebauten Ortsteils (§ 34 BauGB) tatsächlich als Friedhof genutzt werden, als Grundstücksfläche (nur) die Grundfläche der an die Abwasseranlage angeschlossenen Baulichkeit geteilt durch die Grundflächenzahl (nachfolgend GRZ) 0,2. Diese Vorschrift ist der Regelung für bebaute Außenbereichsgrundstücke nachgebildet und hat den Zweck, die weniger abwasserintensiven Friedhofsgrundstücke bei der Heranziehung zu einem Abwasserbeitrag zu privilegieren (vgl. Klausing, in: Driehaus, Kommunalabgabenrecht, § 8 Rn. 1036). Hiermit wird dem Gesichtspunkt Rechnung getragen, dass Friedhofsgrundstücke, soweit sie als Gräberfeld genutzt werden, durch die Möglichkeit des Anschlusses an die Kanalisation keinen wirtschaftlichen Vorteil erlangen (VG Düsseldorf, Urteil vom 5. November 1986 - 5 K 3281/85 - ZMR 1987, 356 <358>). Die Vorschrift des § 4 Abs. 2 Nr. 7 BS 2003 ist nicht nur dann anwendbar, wenn die Nutzung als Friedhof das gesamte Grundstück erfasst und das Grundstück vollständig mit einem Gräberfeld bedeckt ist, sondern auch dann, wenn das Grundstück nur teilweise als Friedhof genutzt wird (vgl. VG Halle, Urteil vom 6. August 2007 - 4 A 33/07 HAL -). Auch in diesen Fällen liegt typischerweise eine weniger abwasserintensive Nutzung vor. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Nutzung als Friedhof bzw. Gräberfeld auf dem Grundstück lediglich eine völlig untergeordnete Bedeutung hat. Der Anwendbarkeit des § 4 Abs. 2 Nr. 7 BS 2003 steht auch nicht entgegen, dass sich auf dem Grundstück - neben einem Friedhof - eine Kirche befindet. Bei einer Mischnutzung aus Kirche und Friedhof steht der Gesichtspunkt des typischerweise geringen Abwasseranfalls und des verminderten Vorteils gleichermaßen im Vordergrund. Eine tatsächliche Nutzung als Friedhof im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 7 BS 2003 liegt auch nach Schließung des Friedhofs zumindest für eine Übergangszeit weiterhin vor. Die Schließung oder Außerdienststellung eines Friedhofs lässt den Friedhof als solchen weiterhin bestehen, es dürfen lediglich keine weiteren Beisetzungen mehr erfolgen (BVerwG, Beschluss vom 9. Juni 1992 - BVerwG 7 B 59.92 - juris; Gaedke, Handbuch des Friedhofs- und Bestattungsrechts, 9. Auflage 2004, S. 55). Die tatsächliche Nutzung als Friedhof im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 7 BS 2003 wird regelmäßig erst mit der Entwidmung beendet. Durch die Entwidmung wird der Friedhof seiner Bestimmung, als Ruhestätte der Toten zu dienen, entzogen und einer anderen Verwendung zugeführt (BVerwG, Beschluss vom 9. Juni 1992 - BVerwG 7 B 59.92 - a.a.O.; Gaedke, a.a.O. S. 57). Durch die Entwidmung verliert der Friedhof seinen Charakter als öffentliche Begräbnisstelle und erlangt seine volle Verkehrs- und Verwendungsfähigkeit wieder (OVG Hamburg, Beschluss vom 9. April 1992 - Bs II 30/92 - NVwZ 1992, 1212 <1213>; Gaedke, a.a.O. S. 57 f.). Zuständig für die Entwidmung ist der jeweilige Anstaltsträger, bei kirchlichen Friedhöfen die Kirchengemeinde (OVG Saarlouis, Beschluss vom 6. August 2002 - 2 U 3/02 - juris Rn. 21; Gaedke, a.a.O. S. 58). Die Entwidmung ist nicht formgebunden und kann ausdrücklich oder konkludent, etwa durch Nutzungsänderung, erfolgen (OVG Saarlouis, Beschluss vom 6. August 2002 - 2 U 3/02 - a.a.O.; OVG Hamburg, Beschluss vom 9. April 1992 - Bs II 30/92 - a.a.O. S. 1214; VG Magdeburg, Beschluss vom 9. Januar 1996 - 4 B 88/954 - LKV 1996, 341 <342>). Nach der Schließung eines Friedhofs verliert ein Grundstück seine Eigenschaft als Friedhof, soweit eine ausdrückliche und öffentlich bekanntgemachte Entwidmung nicht festgestellt werden kann, durch konkludente Entwidmung. Maßgeblich sind alle Umstände, die darauf schließen lassen, dass die Eigenschaft des Grundstücks als Friedhof entfallen soll. Von Bedeutung ist der Wegfall der friedhofstypischen Nutzung des Grundstücks. Nach Schließung eines Friedhofs besteht die friedhofstypische Nutzung (nur noch) in dem Besuch der Grabstellen sowie der Grabpflege. Wird diese aufgegeben und das Grundstück äußerlich in eine Grünfläche umgewandelt, liegt hierin eine konkludente Entwidmung, selbst wenn einzelne Elemente des früheren Friedhofs, wie etwa alte Grabsteine und Grabkreuze, aus denkmalpflegerischen oder ästhetischen Gründen weiterhin auf dem Grundstück verbleiben (vgl. Gaedke, a.a.O. S. 58).

19

Nach diesen Grundsätzen liegt eine tatsächliche Nutzung des Grundstücks als Friedhof im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 7 BS 2003 nicht vor. Der nach den Angaben der Klägerin in der Vergangenheit auf dem Grundstück vorhanden gewesene Friedhof ist schon vor langer Zeit außer Dienst gestellt (geschlossen) worden. Es kann nicht genau festgestellt werden, wann die letzte Bestattung auf dem Grundstück vorgenommen wurde, jedoch spricht manches dafür, dass dies 100 Jahre und länger zurückliegt. Darüber hinaus ist der Friedhof auch konkludent entwidmet worden, indem die friedhofstypische Nutzung des Grundstücks aufgegeben wurde. Anhaltspunkte dafür, dass einzelne Grabstellen noch immer von Angehörigen der Verstorbenen besucht werden, liegen nicht vor. Auch die Grabpflege wurde eingestellt. Einzelne Gräber, die bestimmten Personen zugeordnet werden können und die regelmäßig als Grab gepflegt werden, sind nicht zu erkennen. Hiergegen spricht auch nicht, dass auf dem Grundstück mehrere alte Grabsteine und Grabkreuze zu sehen sind. Diese befinden sich zum Teil erkennbar nicht mehr an ihrem ursprünglichen Platz, sondern sind an die Kirchenmauer versetzt worden. Auch das noch aufstehende eiserne Grabkreuz sowie das Grabmal prägen die Nutzung des Grundstücks nicht, sondern erscheinen als Reste einer bereits vor langer Zeit aufgegebenen Nutzung. Das Grundstück ist äußerlich nicht mehr als Friedhof zu erkennen, vielmehr stellt es sich auf den von den Beteiligten eingereichten Lichtbildern als eine Grünfläche dar, auf der vereinzelt Elemente eines ehemaligen Friedhofs, wie Grabsteine und Grabkreuze, zu erkennen sind. Diese heben jedoch den Gesamteindruck der Beendigung der Friedhofsnutzung und damit die konkludente Entwidmung nicht auf.

20

IV. Der Beitragspflicht steht nicht entgegen, dass sich auf dem Grundstück eine Kirche befindet. Grundsätzlich unterliegen auch Grundstücke, die ausschließlich mit einem Kirchengebäude bebaut sind, der Beitragspflicht, ohne dass es darauf ankommt, dass derzeit auf dem Grundstück kein Abwasser anfällt, weil die Kirche weder über eine Toilette noch über einen Wasseranschluss verfügt (OVG LSA, Beschluss vom 27. August 2002 - 1 L 186/01 -; Dietzel, in Driehaus, a.a.O., § 8 Rn. 538). Maßgeblich ist vielmehr, dass dem Grundstück bereits durch die Anschlussmöglichkeit ein Vorteil geboten wird, der eine Beitragserhebung rechtfertigt, weil ein Anschlussbedarf für das Grundstück auch noch nachträglich entstehen kann. Anhaltspunkte dafür, dass der Anfall von Abwasser auf dem Grundstück aus Gründen des Denkmalschutzes ausgeschlossen ist, sind nicht ersichtlich. Es erscheint zudem wegen der Größe des Grundstücks nicht von vornherein ausgeschlossen, auf dem Grundstück ein zusätzliches Gebäude, etwa ein Pfarrhaus, zu errichten.

21

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.

22

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Baugesetzbuch - BBauG | § 34 Zulässigkeit von Vorhaben innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile


(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und di

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 6


(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn 1. die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und2. die Rechtssache keine grundsä

Referenzen

(1) Die Kammer soll in der Regel den Rechtsstreit einem ihrer Mitglieder als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen, wenn

1.
die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist und
2.
die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat.
Ein Richter auf Probe darf im ersten Jahr nach seiner Ernennung nicht Einzelrichter sein.

(2) Der Rechtsstreit darf dem Einzelrichter nicht übertragen werden, wenn bereits vor der Kammer mündlich verhandelt worden ist, es sei denn, daß inzwischen ein Vorbehalts-, Teil- oder Zwischenurteil ergangen ist.

(3) Der Einzelrichter kann nach Anhörung der Beteiligten den Rechtsstreit auf die Kammer zurückübertragen, wenn sich aus einer wesentlichen Änderung der Prozeßlage ergibt, daß die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist. Eine erneute Übertragung auf den Einzelrichter ist ausgeschlossen.

(4) Beschlüsse nach den Absätzen 1 und 3 sind unanfechtbar. Auf eine unterlassene Übertragung kann ein Rechtsbehelf nicht gestützt werden.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Innerhalb der im Zusammenhang bebauten Ortsteile ist ein Vorhaben zulässig, wenn es sich nach Art und Maß der baulichen Nutzung, der Bauweise und der Grundstücksfläche, die überbaut werden soll, in die Eigenart der näheren Umgebung einfügt und die Erschließung gesichert ist. Die Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse müssen gewahrt bleiben; das Ortsbild darf nicht beeinträchtigt werden.

(2) Entspricht die Eigenart der näheren Umgebung einem der Baugebiete, die in der auf Grund des § 9a erlassenen Verordnung bezeichnet sind, beurteilt sich die Zulässigkeit des Vorhabens nach seiner Art allein danach, ob es nach der Verordnung in dem Baugebiet allgemein zulässig wäre; auf die nach der Verordnung ausnahmsweise zulässigen Vorhaben ist § 31 Absatz 1, im Übrigen ist § 31 Absatz 2 entsprechend anzuwenden.

(3) Von Vorhaben nach Absatz 1 oder 2 dürfen keine schädlichen Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden zu erwarten sein.

(3a) Vom Erfordernis des Einfügens in die Eigenart der näheren Umgebung nach Absatz 1 Satz 1 kann im Einzelfall abgewichen werden, wenn die Abweichung

1.
einem der nachfolgend genannten Vorhaben dient:
a)
der Erweiterung, Änderung, Nutzungsänderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten Gewerbe- oder Handwerksbetriebs,
b)
der Erweiterung, Änderung oder Erneuerung eines zulässigerweise errichteten, Wohnzwecken dienenden Gebäudes oder
c)
der Nutzungsänderung einer zulässigerweise errichteten baulichen Anlage zu Wohnzwecken, einschließlich einer erforderlichen Änderung oder Erneuerung,
2.
städtebaulich vertretbar ist und
3.
auch unter Würdigung nachbarlicher Interessen mit den öffentlichen Belangen vereinbar ist.
Satz 1 findet keine Anwendung auf Einzelhandelsbetriebe, die die verbrauchernahe Versorgung der Bevölkerung beeinträchtigen oder schädliche Auswirkungen auf zentrale Versorgungsbereiche in der Gemeinde oder in anderen Gemeinden haben können. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 1 Buchstabe b und c kann darüber hinaus vom Erfordernis des Einfügens im Einzelfall im Sinne des Satzes 1 in mehreren vergleichbaren Fällen abgewichen werden, wenn die übrigen Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und die Aufstellung eines Bebauungsplans nicht erforderlich ist.

(4) Die Gemeinde kann durch Satzung

1.
die Grenzen für im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen,
2.
bebaute Bereiche im Außenbereich als im Zusammenhang bebaute Ortsteile festlegen, wenn die Flächen im Flächennutzungsplan als Baufläche dargestellt sind,
3.
einzelne Außenbereichsflächen in die im Zusammenhang bebauten Ortsteile einbeziehen, wenn die einbezogenen Flächen durch die bauliche Nutzung des angrenzenden Bereichs entsprechend geprägt sind.
Die Satzungen können miteinander verbunden werden.

(5) Voraussetzung für die Aufstellung von Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 ist, dass

1.
sie mit einer geordneten städtebaulichen Entwicklung vereinbar sind,
2.
die Zulässigkeit von Vorhaben, die einer Pflicht zur Durchführung einer Umweltverträglichkeitsprüfung nach Anlage 1 zum Gesetz über die Umweltverträglichkeitsprüfung oder nach Landesrecht unterliegen, nicht begründet wird und
3.
keine Anhaltspunkte für eine Beeinträchtigung der in § 1 Absatz 6 Nummer 7 Buchstabe b genannten Schutzgüter oder dafür bestehen, dass bei der Planung Pflichten zur Vermeidung oder Begrenzung der Auswirkungen von schweren Unfällen nach § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes zu beachten sind.
In den Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 können einzelne Festsetzungen nach § 9 Absatz 1 und 3 Satz 1 sowie Absatz 4 getroffen werden. § 9 Absatz 6 und § 31 sind entsprechend anzuwenden. Auf die Satzung nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 3 sind ergänzend § 1a Absatz 2 und 3 und § 9 Absatz 1a entsprechend anzuwenden; ihr ist eine Begründung mit den Angaben entsprechend § 2a Satz 2 Nummer 1 beizufügen.

(6) Bei der Aufstellung der Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 2 und 3 sind die Vorschriften über die Öffentlichkeits- und Behördenbeteiligung nach § 13 Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und 3 sowie Satz 2 entsprechend anzuwenden. Auf die Satzungen nach Absatz 4 Satz 1 Nummer 1 bis 3 ist § 10 Absatz 3 entsprechend anzuwenden.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.