Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 15. März 2017 - Au 4 K 16.32956

15.03.2017

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I. Die Klage wird abgewiesen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich gegen die Rücknahme der ihm zuerkannten Flüchtlingseigenschaft.

Mit Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge (Bundesamt) vom 21. Januar 2016 war dem Kläger auf seinen Asylantrag vom 28. Oktober 2015 die Flüchtlingseigenschaft zuerkannt worden. Der Kläger hatte im Asylverfahren angegeben, syrischer Staatsangehöriger, geboren am 3. Juli 1993 in Homs / Syrien, zu sein. Eine persönliche Anhörung des Klägers fand nicht statt; er hatte jedoch mit Datum vom 28. Oktober 2015 einen Fragebogen ausgefüllt (Bl. 43 ff. der Bundesamtsakte 6234133-475). Ferner hatte er - auch in deutscher Übersetzung - einen von syrischen Behörden ausgestellten „Auszug aus dem Melderegister“, Datum 5. Oktober 2015 (Bl. 38 ff. der Bundesamtsakte 6234133-475), vorgelegt.

Nach Aktenlage erstmals mit Schreiben der Kriminalpolizei (Z) ... vom 22. Januar 2016 (Bl. 83 der Bundesamtsakte 6234133-475) wurde das Bundesamt über Verdachtsmomente informiert, dass der Kläger kein Syrer sei. Weitere Informationen an das Bundesamt erfolgten durch das Landratsamt, Ausländerbehörde (E-Mail vom 22.4.2016, Bl. 1 der Bundesamtsakte ...). Ferner erreichte das Bundesamt eine Mitteilung der Kriminalpolizei (Z) ... vom 31. August 2016 (Bl. 6 ff. der Bundesamtsakte ...). Danach seien die Fingerabdrücke des Klägers in den Niederlanden gespeichert und dort einer Person mit Namen, geboren am ... in Sousse / Tunesien, zuzuordnen. Auch ein Vergleich von Lichtbildern habe ergeben, dass es sich bei dem Kläger um den in den Niederlanden registrierten Tunesier handele.

Darauf leitete das Bundesamt ein Rücknahmeverfahren gem. § 73 Abs. 2 AsylG ein. Mit Schreiben vom 17. Oktober 2016 wurde der Kläger angehört. Mit Schreiben vom 20. Oktober 2016 (Bl. 29 ff. der Bundesamtsakte ...) äußerte sich der Kläger insbesondere dahin gehend, den falschen Namen ... in den Niederlanden zum Schutz eines Freundes und Familienvaters angegeben zu haben. Er sei von den niederländischen Behörden ohne Papiere mit dem Flugzeug nach Tunesien abgeschoben worden; die tunesischen Behörden hätten sofort festgestellt, dass er kein Tunesier sei und hätten ihn wieder freigelassen. Weitere Informationen wurden dem Bundesamt vom Kläger bzw. seiner ehrenamtlichen Betreuerin telefonisch übermittelt (Bl. 35 der Bundesamtsakte ...).

Mit E-Mail vom 15. November 2016 übermittelte das Landratsamt ... dem Bundesamt ein Dokument („Laissez Passer“), ausgestellt von der tunesischen Botschaft Den Haag, mit dem der Kläger nach Tunesien abgeschoben worden sei. Ferner stellte das Bundesamt bei der physikalisch-technischen Urkundenuntersuchung fest, dass es sich bei dem vom Kläger im ursprünglichen Asylverfahren vorgelegten Melderegisterauszug vom 5. Oktober 2015 um eine Totalfälschung handele (Bl. 49 der Bundesamtsakte ...).

Mit Bescheid vom 29. November 2016 nahm das Bundesamt die mit Bescheid vom 21. Januar 2016 zuerkannte Flüchtlingseigenschaft zurück (Ziff. 1). Der subsidiäre Schutzstatus wurde nicht zuerkannt (Ziff. 2). Abschiebungsverbote nach § 60 Abs. 5 und 7 Satz 1 des AufenthG wurden nicht festgestellt (Ziff. 3). Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt: Die Rücknahme der Flüchtlingseigenschaft beruhe auf § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG. Der Kläger sei nach nunmehrigen Erkenntnissen nicht Syrer, sondern Tunesier. Dies ergebe sich unter anderem aus den Mitteilungen der Kriminalinspektion ...) und des Landratsamts, wonach der Kläger unter anderem Namen in den Niederlanden als abgelehnter, abgeschobener Asylbewerber registriert sei. Nach Mitteilung des Landratsamts sei der Kläger in den Niederlanden wegen versuchten Totschlags und wegen schwerer Körperverletzung und Diebstahl verurteilt worden. Er sei daher auch im Schengener Informationssystem zur Einreiseverweigerung bis 25. November 2023 ausgeschrieben. Die Erklärungen des Klägers zu seiner Registrierung unter anderen Personalien seien nicht glaubwürdig. Auch sei für den Kläger ein Laissez-Passer von den tunesischen Behörden ausgestellt worden. Schließlich sei die von ihm vorgelegte Melderegisterbescheinigung als Totalfälschung zu bewerten. In Bezug auf Tunesien sei für die Voraussetzungen des subsidiären Schutzes oder für Abschiebungsverbote gem. § 60 Abs. 5 und 7 AufenthG weder etwas vorgetragen noch ersichtlich. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den streitgegenständlichen Bescheid Bezug genommen (§ 77 Abs. 2 AsylG).

Der Kläger ließ am 20. Dezember 2016 Klage zum Verwaltungsgericht Augsburg erheben mit dem Antrag,

den Bescheid des Bundesamts für Migration und Flüchtlinge vom 29.11.2016, Gz. ... aufzuheben.

Zur Begründung wurde auf die Stellungnahme des Klägers vom 25. Oktober 2016 verwiesen. Der Kläger sei syrischer Staatsangehöriger. Entsprechende Dokumente seien eingereicht worden.

Die Beklagte legte mit Schreiben vom 22. Dezember 2016 bzw. 14. Januar 2017 die Akten vor.

Am 15. März 2017 fand mündliche Verhandlung statt.

Der Klägervertreter stellte den 12 Klageantrag aus dem Schriftsatz vom 20.12.2016 mit der Maßgabe, dass lediglich Ziff. 1 des Bescheids vom 29.11.2016 aufgehoben werden solle.

Die Vertreterin der Beklagten beantragte,

die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichtsakten und die vorgelegten Akten des Bundesamts Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage ist nicht begründet. Die Rücknahme der Flüchtlingseigenschaft gemäß Ziff. 1 des Bescheids des Bundesamts vom 29. November 2016 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO).

Die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger mit Bescheid vom 21. Januar 2016 erfolgte auf Grund unrichtiger Angaben des Klägers, § 73 Abs. 2 Satz 2 i.V.m. Satz 1 AsylG. Auf Grund der Ermittlungsergebnisse der Polizeibehörden, der Ausländerbehörde und des Bundesamts ist davon auszugehen, dass der Kläger, anders als von ihm im ursprünglichen Asylverfahren angegeben, kein syrischer Staatsbürger ist.

Das Gericht nimmt gem. § 77 Abs. 2 AsylG vollumfänglich Bezug auf den streitgegenständlichen Bescheid, namentlich auf die dort genannten und in den Akten befindlichen Mitteilungen, Erkenntnisse und sonstigen Unterlagen der Kriminalpolizei, des Landratsamts * als Ausländerbehörde - bzw. die von diesen Behörden dem Bundesamt übermittelten Unterlagen und Dokumente -, sowie auf die Untersuchungen des Bundesamts, insbesondere die Untersuchung der Echtheit des vom Kläger vorgelegten Auszugs aus dem Melderegister. Insbesondere wurde danach eine Person mit den gleichen Fingerabdrücken wie der Kläger in den Niederlanden unter anderem Namen als tunesischer Staatsangehöriger registriert; auch ein von der Kriminalpolizei durchgeführter Lichtbildvergleich hat die Identität des Klägers mit der in den Niederlanden registrierten Person ergeben. Ferner wurde diese Person mit einem von der tunesischen Botschaft ausgestellten Dokument („Laissez Passer“) nach Tunesien abgeschoben; der Kläger selbst hat diese Abschiebung eingeräumt. Die Ausstellung des Dokuments und die Abschiebung wären nicht erklärlich, wäre der Kläger, wie er behauptet, syrischer Staatsangehöriger. Einwände gegen all diese eindeutigen behördlichen Ermittlungsergebnisse sind weder vorgetragen noch ersichtlich.

Die Angaben des Klägers im Rahmen der Anhörung zur beabsichtigten Rücknahme vermögen die Aussagekraft dieser Belege für seine fehlende syrische Staatsangehörigkeit nicht in Frage zu stellen. Das Vorbringen des Klägers ist voll von, teilweise offensichtlichen, Widersprüchen, nicht nachvollziehbar und erreicht mitunter den Grad des Grotesken.

So hat der Kläger in dem im ursprünglichen Asylverfahren abgegebenen Fragebogen - unter Berücksichtigung des Umstands, dass Arabisch von rechts nach links geschrieben wird - angekreuzt, außer der syrischen keine weitere Staatsangehörigkeit zu besitzen; auch bei der Frage, ob er einen Reisepass oder andere Dokumente habe, die seine Herkunft aus Syrien belegten, hat er „Nein“ angekreuzt (Bl. 46 der Bundesamtsakte ...). Bei der Anhörung zum beabsichtigten Widerruf hat er demgegenüber angegeben (Schreiben vom 20.10.2016, Bl. 29 ff. der Bundesamtsakte ...), einen syrischen und einen französischen Pass besessen zu haben. Bei einer telefonischen Nachfrage des Bundesamts hat der Kläger erneut abweichende Angaben gemacht (Vermerk Bl. 35 der Bundesamtsakte ...). Danach habe er sich einen syrischen Pass von seiner in Frankreich lebenden Mutter schicken lassen; anschließend sei er nach Jordanien geflogen. Dementsprechend ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger nicht spätestens, als er nach seinen Angaben von Jordanien nach Frankreich reisen wollte, die Reise aber in München unterbrochen wurde, seinen syrischen Pass vorgelegt hat. Vielmehr hat der Kläger im Rahmen seines Anhörungsschreibens erneut lediglich die Kopie des Melderegisterauszugs vom 5. Oktober 2015 vorgelegt; dabei handelt es sich allerdings nach den, wie ausgeführt, nicht in Frage zu stellenden Untersuchungen des Bundesamts um eine Totalfälschung. Ferner unrichtig ist die Darstellung des Klägers im Rahmen seiner Anhörung, ohne Papiere nach Tunesien abgeschoben worden zu sein. Dies widerspricht nicht nur der Lebenserfahrung, sondern auch der Aktenlage, wonach für die Abschiebung des Klägers ein Laissez Passer der tunesischen Botschaft Den Haag ausgestellt worden ist. Ausweislich dieses am 30. März 2015 ausgestellten und zwei Tage gültigen Dokuments hat die - vom Kläger eingeräumte - Abschiebung nach Tunesien ca. Ende März 2015 stattgefunden. In diesem Zusammenhang hat der Kläger gegenüber dem Bundesamt telefonisch angegeben, sich nach der Abschiebung nach Tunesien 1 ½ Jahre in Jordanien aufgehalten zu haben; dies wiederum widerspricht seinen Angaben im ursprünglichen Asylverfahren, am 20. Juni 2015 - also bereits drei Monate später - nach Deutschland eingereist zu sein (Bl. 31 der Bundesamtsakte ...). Völlig unglaubwürdig ist die Behauptung des Klägers, er habe in den Niederlanden einen falschen Namen und eine falsche Staatsangehörigkeit als „Freundschaftsdienst“ angegeben. Die diesbezüglichen Angaben des Klägers sind vage und unsubstantiiert geblieben. Es ist auch nicht nachvollziehbar, dass der Kläger zum Schutz eines Freundes sogar in Kauf genommen haben will, nach Tunesien abgeschoben zu werden. Bei einer derartigen Aufopferung hätte es nahe gelegen, dass der Kläger enge Bindungen zu diesem Freund pflegt. Der Kläger hat jedoch weder einen Namen genannt, noch hat er verlässlich angeben können, wo sich dieser Freund aufhält.

Angesichts der beschriebenen Ermittlungsergebnisse und der Widersprüche im Klägervortrag kommt weder dem Umstand, dass nach Angaben eines Dolmetschers im ursprünglichen Asylverfahren (Bl. 29 der Bundesamtsakte ...) der Kläger aus Syrien stamme, noch der Tatsache, dass beim Kläger bereits im ursprünglichen Asylverfahren Fingerabdrücke genommen wurden, eine Bedeutung zu, zumal seinerzeit nach Aktenlage ein Fingerabdruckabgleich, etwa nach der EURODAC-Verordnung, nicht stattgefunden hat (vgl. Bl. 53 der Bundesamtsakte ...). Ebenso wenig bestand Anlass, einen erneuten Melderegisterauszug, von dem der Kläger in der mündlichen Verhandlung eine Kopie vorgelegt haben will, im Original abzuwarten. Nach dem jetzigen Vorbringen des Klägers hat er einen syrischen Reisepass besessen, den er für seine Reise nach Jordanien und offenbar auch von dort zurück nach Europa benutzt haben will. Insoweit ist es nicht nachvollziehbar, wieso der Kläger nicht längst diesen Reisepass zum Nachweis seiner Staatsangehörigkeit vorgelegt hat. Zudem ist anerkannt, dass das Tatsachengericht einem - selbst substantiierten - Beweisantrag nicht nachgehen muss, wenn die Schilderung des Asylbewerbers in wesentlichen Punkten unzutreffend oder in nicht auflösbarer Weise widersprüchlich ist (vgl. BayVGH, B.v. 1.3.2007 - 1 ZB 06.30050 - juris Rn. 5). Dies ist, wie ausgeführt, hier der Fall.

Da nach allem nachgewiesen ist, dass die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft an den Kläger auf Grund von dessen unrichtigen Angaben erfolgt ist, und nichts dafür vorgetragen oder ersichtlich ist, dass der Kläger aus anderen Gründen anerkannt werden könnte - der Kläger hält lediglich weiter an der Behauptung fest, er sei Syrer -, war die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaf gem. § 73 Abs. 2 AsylG zwingend durch die Beklagte zu widerrufen.

Die Klage gegen Ziff. 1 des Bescheids vom 29. November 2016 war damit mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 1 VwGO abzuweisen. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 Abs. 2 VwGO i.V.m. §§ 708 ff. ZPO.

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Aufenthaltsgesetz - AufenthG 2004 | § 60 Verbot der Abschiebung


(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalit

Gesetz


Aufenthaltsgesetz - AufenthG

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 77 Entscheidung des Gerichts


(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefä

Asylgesetz - AsylVfG 1992 | § 73 Widerrufs- und Rücknahmegründe


(1) Die Anerkennung als Asylberechtigter oder die Zuerkennung der Flüchtlingseigenschaft ist zu widerrufen, wenn die Voraussetzungen für sie nicht mehr vorliegen. Dies ist insbesondere der Fall, wenn der Ausländer1.sich freiwillig erneut dem Schutz d

Referenzen

(1) In Anwendung des Abkommens vom 28. Juli 1951 über die Rechtsstellung der Flüchtlinge (BGBl. 1953 II S. 559) darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem sein Leben oder seine Freiheit wegen seiner Rasse, Religion, Nationalität, seiner Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Gruppe oder wegen seiner politischen Überzeugung bedroht ist. Dies gilt auch für Asylberechtigte und Ausländer, denen die Flüchtlingseigenschaft unanfechtbar zuerkannt wurde oder die aus einem anderen Grund im Bundesgebiet die Rechtsstellung ausländischer Flüchtlinge genießen oder die außerhalb des Bundesgebiets als ausländische Flüchtlinge nach dem Abkommen über die Rechtsstellung der Flüchtlinge anerkannt sind. Wenn der Ausländer sich auf das Abschiebungsverbot nach diesem Absatz beruft, stellt das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge außer in den Fällen des Satzes 2 in einem Asylverfahren fest, ob die Voraussetzungen des Satzes 1 vorliegen und dem Ausländer die Flüchtlingseigenschaft zuzuerkennen ist. Die Entscheidung des Bundesamtes kann nur nach den Vorschriften des Asylgesetzes angefochten werden.

(2) Ein Ausländer darf nicht in einen Staat abgeschoben werden, in dem ihm der in § 4 Absatz 1 des Asylgesetzes bezeichnete ernsthafte Schaden droht. Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(3) Darf ein Ausländer nicht in einen Staat abgeschoben werden, weil dieser Staat den Ausländer wegen einer Straftat sucht und die Gefahr der Verhängung oder der Vollstreckung der Todesstrafe besteht, finden die Vorschriften über die Auslieferung entsprechende Anwendung.

(4) Liegt ein förmliches Auslieferungsersuchen oder ein mit der Ankündigung eines Auslieferungsersuchens verbundenes Festnahmeersuchen eines anderen Staates vor, darf der Ausländer bis zur Entscheidung über die Auslieferung nur mit Zustimmung der Behörde, die nach § 74 des Gesetzes über die internationale Rechtshilfe in Strafsachen für die Bewilligung der Auslieferung zuständig ist, in diesen Staat abgeschoben werden.

(5) Ein Ausländer darf nicht abgeschoben werden, soweit sich aus der Anwendung der Konvention vom 4. November 1950 zum Schutze der Menschenrechte und Grundfreiheiten (BGBl. 1952 II S. 685) ergibt, dass die Abschiebung unzulässig ist.

(6) Die allgemeine Gefahr, dass einem Ausländer in einem anderen Staat Strafverfolgung und Bestrafung drohen können und, soweit sich aus den Absätzen 2 bis 5 nicht etwas anderes ergibt, die konkrete Gefahr einer nach der Rechtsordnung eines anderen Staates gesetzmäßigen Bestrafung stehen der Abschiebung nicht entgegen.

(7) Von der Abschiebung eines Ausländers in einen anderen Staat soll abgesehen werden, wenn dort für diesen Ausländer eine erhebliche konkrete Gefahr für Leib, Leben oder Freiheit besteht. § 60a Absatz 2c Satz 2 und 3 gilt entsprechend. Eine erhebliche konkrete Gefahr aus gesundheitlichen Gründen liegt nur vor bei lebensbedrohlichen oder schwerwiegenden Erkrankungen, die sich durch die Abschiebung wesentlich verschlechtern würden. Es ist nicht erforderlich, dass die medizinische Versorgung im Zielstaat mit der Versorgung in der Bundesrepublik Deutschland gleichwertig ist. Eine ausreichende medizinische Versorgung liegt in der Regel auch vor, wenn diese nur in einem Teil des Zielstaats gewährleistet ist. Gefahren nach Satz 1, denen die Bevölkerung oder die Bevölkerungsgruppe, der der Ausländer angehört, allgemein ausgesetzt ist, sind bei Anordnungen nach § 60a Abs. 1 Satz 1 zu berücksichtigen.

(8) Absatz 1 findet keine Anwendung, wenn der Ausländer aus schwerwiegenden Gründen als eine Gefahr für die Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland anzusehen ist oder eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen eines Verbrechens oder besonders schweren Vergehens rechtskräftig zu einer Freiheitsstrafe von mindestens drei Jahren verurteilt worden ist. Das Gleiche gilt, wenn der Ausländer die Voraussetzungen des § 3 Abs. 2 des Asylgesetzes erfüllt. Von der Anwendung des Absatzes 1 kann abgesehen werden, wenn der Ausländer eine Gefahr für die Allgemeinheit bedeutet, weil er wegen einer oder mehrerer vorsätzlicher Straftaten gegen das Leben, die körperliche Unversehrtheit, die sexuelle Selbstbestimmung, das Eigentum oder wegen Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte rechtskräftig zu einer Freiheits- oder Jugendstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt worden ist, sofern die Straftat mit Gewalt, unter Anwendung von Drohung mit Gefahr für Leib oder Leben oder mit List begangen worden ist oder eine Straftat nach § 177 des Strafgesetzbuches ist.

(9) In den Fällen des Absatzes 8 kann einem Ausländer, der einen Asylantrag gestellt hat, abweichend von den Vorschriften des Asylgesetzes die Abschiebung angedroht und diese durchgeführt werden. Die Absätze 2 bis 7 bleiben unberührt.

(10) Soll ein Ausländer abgeschoben werden, bei dem die Voraussetzungen des Absatzes 1 vorliegen, kann nicht davon abgesehen werden, die Abschiebung anzudrohen und eine angemessene Ausreisefrist zu setzen. In der Androhung sind die Staaten zu bezeichnen, in die der Ausländer nicht abgeschoben werden darf.

(11) (weggefallen)

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) In Streitigkeiten nach diesem Gesetz stellt das Gericht auf die Sach- und Rechtslage im Zeitpunkt der letzten mündlichen Verhandlung ab; ergeht die Entscheidung ohne mündliche Verhandlung, ist der Zeitpunkt maßgebend, in dem die Entscheidung gefällt wird. § 74 Absatz 2 Satz 2 bleibt unberührt.

(2) Das Gericht kann außer in den Fällen des § 38 Absatz 1 und des § 73b Absatz 7 bei Klagen gegen Entscheidungen nach diesem Gesetz im schriftlichen Verfahren durch Urteil entscheiden, wenn der Ausländer anwaltlich vertreten ist. Auf Antrag eines Beteiligten muss mündlich verhandelt werden. Hierauf sind die Beteiligten von dem Gericht hinzuweisen.

(3) Das Gericht sieht von einer weiteren Darstellung des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe ab, soweit es den Feststellungen und der Begründung des angefochtenen Verwaltungsaktes folgt und dies in seiner Entscheidung feststellt oder soweit die Beteiligten übereinstimmend darauf verzichten.

(4) Wird während des Verfahrens der streitgegenständliche Verwaltungsakt, mit dem ein Asylantrag als unzulässig abgelehnt wurde, durch eine Ablehnung als unbegründet oder offensichtlich unbegründet ersetzt, so wird der neue Verwaltungsakt Gegenstand des Verfahrens. Das Bundesamt übersendet dem Gericht, bei dem das Verfahren anhängig ist, eine Abschrift des neuen Verwaltungsakts. Nimmt der Kläger die Klage daraufhin unverzüglich zurück, trägt das Bundesamt die Kosten des Verfahrens. Unterliegt der Kläger ganz oder teilweise, entscheidet das Gericht nach billigem Ermessen.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.