Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Sept. 2014 - 5 K 14.50

bei uns veröffentlicht am22.09.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Augsburg

Tenor

I.

Der Bescheid des Landratsamts ... vom 5. Dezember 2013 wird in Ziff. 4. aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

II.

Die Kosten des Verfahrens haben der Kläger zu 4/5, der Beklagte zu 1/5 zu tragen.

III.

Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige Vollstreckungsschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger vorher Sicherheit in gleicher Höhe leistet.

Tatbestand

Der Kläger wendet sich mit seiner Klage gegen eine Untersagung des ausgeübten Gewerbes „Gärtnerei, Einzelhandel mit Blumen, Blumen- und Landschaftsbau“, „Land- und Forstwirtschaft, Maschinenhandel“ sowie die Ausübung aller sonstigen Gewerbe, die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbebetriebes oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes Beauftragter, eine Betriebsschließung sowie die Androhung unmittelbaren Zwangs.

Der am ... 1976 geborene Kläger meldete am 29. Mai 2001 bei der Stadt ... ein selbstständiges Gewerbe „Garten- und Landschaftsbau“ an. Als Betriebsstätte gab er dabei die Anschrift ... an. Am 26. Februar 2002 erfolgte gegenüber der Stadt ... eine Gewerbeummeldung auf das künftige Gewerbe „Blumengeschäft und Gärtnerei“, welches neben dem selbstständigen Gewerbe „Garten- und Landschaftsbau“ zukünftig ausgeübt werde. Mit Beschluss des Amtsgerichts ... vom 31. Januar 2003 wurde über das Vermögen des Klägers das Insolvenzverfahren eröffnet (Az. ...). Als Folge dieser Insolvenzverfahrens meldete der Kläger zum 1. Januar 2003 sein selbstständig ausgeübtes Gewerbe ab. Das Gewerbe wurde fortan von seiner Mutter (...) fortgeführt.

Am 5. August 2004 meldete der Kläger bei der Gemeinde ... ein weiteres selbstständiges Gewerbe „Land- und Forstwirtschaft, Maschinenhandel“ an und gab als künftige Betriebsstätte die Adresse ... an. Als Geschäftsbeginn wurde der 1. August 2004 genannt.

Am 4. Oktober 2004 meldete der Kläger bei der Stadt ... ein weiteres selbstständiges Gewerbe des Inhalts „Blumengeschäft und Gärtnerei, Garten- und Landschaftsbau“ an. Als Betriebsstätte wurde die Anschrift ... genannt.

Mit Schreiben vom 29. April 2010 beantragte die ... beim Landratsamt ... (im Folgenden: Landratsamt) die Einleitung eines Gewerbeuntersagungsverfahrens gegen den Kläger. Als Grund hierfür wurden Beitragsrückstände in Höhe von 7.483,81 EUR genannt. Zwangsvollstreckungsmaßnahmen gegen den Kläger seien ergebnislos verlaufen. Getroffene Zahlungsvereinbarungen habe der Kläger größtenteils nicht eingehalten.

Im Gewerbezentralregister ist zulasten des Klägers kein Eintrag enthalten.

Das vom Landratsamt angefragte Finanzamt ... führte unter dem 19. Mai 2010 aus, dass sich der aktuelle Rückstand des Klägers aus Einkommensteuer, Umsatzsteuer derzeit insgesamt auf 49.093,70 EUR belaufe. Der Kläger habe seit 2003 keine Jahressteuererklärungen eingereicht. Die Besteuerungsgrundlagen hätten durchgehend geschätzt werden müssen. Seinen Zahlungsverpflichtungen komme der Kläger auch nach Abschluss des Insolvenzverfahrens (7. Juni 2006) nicht nach.

Mit Schreiben des Landratsamtes vom 24. September 2010 wurde der Kläger erstmalig zur beabsichtigten Gewerbeuntersagung angehört.

Am 17. Januar 2011 meldete der Kläger bei der Stadt ... ein weiteres Gewerbe „Gärtnerei, Einzelhandel mit Blumen, Garten- und Landschaftsbau“ in der Betriebsstätte ... an.

Mit Schreiben vom 24. April 2012 teilte der Sozialversicherungsträger für den Gartenbau mit, dass der Kläger derzeit an laufenden Beiträgen für die Gartenbau-Berufsgenossenschaft, Krankenkasse für den Gartenbau und Alterskasse für den Gartenbau einschließlich Säumniszuschlägen einen Gesamtbetrag in Höhe von 42.639,25 EUR schulde. Es wurde darauf hingewiesen, dass vom Kläger bislang kein schlüssiges und erfolgversprechendes Sanierungskonzept vorgelegt worden sei. Daher wurde angeregt, ein Gewerbeuntersagungsverfahren gegen den Kläger durchzuführen.

Das Amtsgericht ... teilte dem Landratsamt unter dem 28. Juni 2012 mit, dass bezüglich des Klägers im Schuldnerverzeichnis eine eidesstattliche Versicherung vom 30. September 2011 (Az. ...) sowie zwölf Haftanordnungen (§ 901 Zivilprozessordnung - ZPO) im Zeitraum vom 16. März 2010 bis zum 30. September 2011 enthalten seien.

Der Sozialversicherungsträger für den Gartenbau teilte dem Landratsamt am 6. August 2013 mit, dass es keine Zahlungsvereinbarung mit dem Kläger gebe. Lediglich eine Zahlung über 900,- EUR sei seitens des Gerichtsvollziehers geleistet worden. Die aktuelle Schuldsumme des Klägers belaufe sich auf etwa 45.000 bis 46.000 EUR.

Die angefragte ... führte unter dem 10. Oktober 2013 aus, dass der Rückstand des Klägers nach wie vor 4.528,50 EUR (Stand bis April 2012) betrage. Der Kläger habe am 7. November 2011 300,- EUR, am 15. November 2011 100,- EUR, am 21. November 211 100,- EUR, am 8. Dezember 2011 410,- EUR sowie letztmalig am 12 April 2012 500,- EUR auf seine Schuldsumme geleistet. Am Zahlungsverhalten des Klägers habe sich nichts geändert. Seit April 2012 seien keine Zahlungen zugunsten des Klägers verbucht worden.

Der Sozialversicherungsträger für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau führte unter dem 16. Oktober 2013 aus, dass der Gesamtrückstand des Klägers aus Beiträgen für die Berufsgenossenschaft, Krankenkasse und Pflegekasse sowie Alterskasse derzeit 44.769,36 EUR betrage.

Das Finanzamt ... teilte dem Landratsamt unter dem 31. Oktober 2013 mit, dass der Schuldenstand des Klägers nach wie vor 16.808,50 EUR betrage. Die Steuererklärung für das Jahr 2012 sei eingegangen, Erklärungen für das Jahr 2012 seien nicht vorhanden. Die Umsatzsteuer sei bereits bearbeitet worden und habe ergeben, dass eine Nachzahlung vom Kläger zu leisten sei. Seit dem 1. September 2013 sei der Vollziehungsbeamte dreimal beim Kläger vorstellig geworden und habe dabei insgesamt 2.430,- EUR vereinnahmt.

Die ... teilte dem Landratsamt am 6. November 2013 mit, dass der Kläger die geschuldeten Gesamtsozialversicherungsbeiträge in Höhe von 775,41 EUR beglichen habe. Offen seien hingegen noch Säumniszuschläge in Höhe von 4.657,- EUR. Über diesen Betrag sei mit dem Kläger eine Ratenzahlungsvereinbarung von monatlich 200,- EUR getroffen worden. Die erste Rate sei vereinbarungsgemäß am 5. November 2013 gezahlt worden.

Das Finanzamt ... teilte unter dem 26. November 2013 mit, dass vom Kläger nach wie vor die Steuererklärung für das Jahr 2011 abzugeben sei. Die eingereichten Umsatzsteuererklärungen hätten einen Nachzahlungsbetrag in Höhe von ca. 714,- EUR ergeben, der bisher ebenfalls nicht geleistet worden sei. Der aktuelle Schuldenstand des Klägers belaufe sich auf ca. 16.900,- EUR.

Am 27. November 2013 wurde dem Kläger von Seiten der Sozialversicherung Gartenbau ein Erlass in Höhe von 8.543,38 EUR bei gleichzeitiger Verpflichtung zur Leistung eine Zahlung in Höhe von 10.000,- EUR ausgesprochen.

Mit Bescheid des Landratsamtes ... vom 5. Dezember 2013 wurde dem Kläger die Ausübung des Gewerbes „Gärtnerei, Einzelhandel mit Blumen, Blumen- und Landschaftsbau“ sowie des Gewerbes „Land- und Forstwirtschaft, Maschinenhandel“ sowie die Ausübung aller sonstigen Gewerbe untersagt (Nr. 1. des Bescheids). In Nr. 2. des Bescheids wurde die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbebetriebes oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragter Person erstreckt. Nr. 3. des Bescheides verpflichtet den Kläger dazu, die in Ziffer 1 genannten gewerblichen Tätigkeiten spätestens zwei Wochen nach Eintritt der Bestandskraft der Untersagungsverfügung einzustellen. Für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen den in Nr. 3. genannten Termin wurde dem Kläger in Nr. 4. des Bescheides die Anwendung unmittelbaren Zwangs (Schließung und Versiegelung der Geschäftsräume, Wegnahme der Arbeitsgeräte und Geschäftsunterlagen) angedroht.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass die Ausübung eines Gewerbes ganz oder teilweise zu untersagen sei, wenn Tatsachen vorlägen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden in Bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit und der im Betrieb beschäftigten Personen erforderlich sei. Nach ständiger Rechtsprechung sei gewerberechtlich unzuverlässig, wer keine Gewähr dafür biete, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß ausüben werde. Die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers ergebe sich aus der beharrlichen Verletzung steuerrechtlicher und sozialversicherungsrechtlicher Pflichten sowie dessen Verhalten gegenüber Gläubigern, dem Finanzamt und dem Landratsamt. Der Kläger habe sich dadurch für die Ausübung eines Gewerbes als unzuverlässig erwiesen. Die Verletzung seiner öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen sei dabei nachhaltig und andauernd, da sich die erheblichen Steuer- und Beitragsrückstände bereits über mehrere Jahre entwickelten und auch in letzter Zeit keine wesentliche Besserung der wirtschaftlichen Situation erreicht worden sei, so dass zu befürchten sei, dass sich die Schulden aufgrund mangelnder wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit auch zukünftig erhöhten. Der Kläger habe auch trotz mehrmaliger wiederholter und klarer Androhungen der Gewerbeuntersagung durch das Landratsamt in den letzten beiden Jahren nur ungenügende Bemühungen zur Änderung seiner Situation unternommen. Die erheblichen Schulden ließen jedenfalls auf eine mangelnde wirtschaftliche Leistungsfähigkeit schließen. Durch die Abgabe einer eidesstattlichen Versicherung sowie elf Eintragungen im Schuldnerregister aus dem Jahr 2011 habe der Kläger außerdem bereits die komplette Zahlungsunfähigkeit gegenüber seinen Gläubigern offenbart und gelte damit als vermögenslos. Diese Tatsachen ließen auch auf eine unzuverlässige Betriebsführung in Zukunft schließen. Durch das Vorenthalten von Steuerleistungen und Beiträgen zur gesetzlichen Sozialversicherung habe der Kläger gegen die Pflichten, die einem Gewerbetreibenden auch im Interesse der Allgemeinheit auferlegt seien, gravierend verstoßen. Er habe durch sein Verhalten gegenüber den Gläubigern die Unfähigkeit offenbart, das von ihm ausgeübte Gewerbe ordnungsgemäß zu betreiben. Die Gewerbeuntersagung sei deshalb geeignet, weiteren Schaden für die öffentlichen Gläubiger durch das klägerische Verhalten zu verhindern. Gemäß § 35 Abs. 1 Satz 2 Gewerbeordnung (GewO) könne die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbebetriebes oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragter Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden. Da es sich bei Steuer- und Beitragsrückständen und der dargelegten Vermögenslosigkeit um gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeitsmerkmale handle, werde die Untersagung nach pflichtgemäßem Ermessen auf alle Gewerbe sowie auf Leitungsfunktionen im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO erstreckt. Auch werde dem Kläger eine angemessene Frist eingeräumt, seinen Betrieb einzustellen. Die Frist von zwei Wochen ab Bestandskraft der Untersagungsverfügung sei hierfür ausreichend bemessen. Die Androhung des unmittelbaren Zwangs in Form der Schließung der Geschäftsräume, Wegnahme von Arbeitsgeräten, Geschäftsunterlagen etc. stützen sich auf Art. 29, 30, 34 und 36 Bayerisches Verwaltungszustellungs- und Vollstreckungsgesetz (VwZVG). Diese Maßnahme sei das einzige Mittel, die Ausübung der Gewerbetätigkeit wirksam zu verhindern.

Auf den weiteren Inhalt des Bescheides des Landratsamtes ... vom 5. Dezember 2013 wird ergänzend verwiesen.

In der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2014 wurde Nr. 3. des Bescheides dahingehend abgeändert, dass dem Kläger eine Abwicklungsfrist bis zum 31. Dezember 2014 eingeräumt wurde.

Der Kläger hat gegen diesen, ihm am 11. Dezember 2013 mit Postzustellungsurkunde zugestellten Bescheid, mit Schriftsatz vom 13. Januar 2014 Klage erhoben und zuletzt beantragt,

den Bescheid des Landratsamtes ... vom 5. Dezember 2013, in der Fassung, die er in der mündlichen Verhandlung vom 22.September 2014 gefunden hat, aufzuheben.

Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, dass der Kläger den Betrieb im Jahr 2004 von seiner Mutter übernommen habe. Der Betrieb sei damals in wirtschaftliche Schwierigkeiten geraten, weil die Familie des Klägers zwei pflegebedürftige Elternteile zu versorgen gehabt habe. Diese Situation sei dafür verantwortlich gewesen, dass die Zeit für die notwendigen buchhalterischen Dinge gefehlt habe. Der Kläger habe mit seinem Gewerbe keine Bankverbindlichkeiten und keine Verbindlichkeiten bei Lieferanten mehr. Auch seinen keine Eintragungen im Schuldnerverzeichnis mehr vorhanden. Weiter habe der Kläger keine Angestellten, die in irgendeiner Weise Schaden nehmen könnten. Ausweislich des Jahresabschlusses für das Jahr 2012 habe der Betrieb des Klägers Betriebseinnahmen von insgesamt 75.616,49 EUR gehabt. Dem stünden Betriebsausgaben in Höhe von 67.422,41 EUR gegenüber. Hieraus ergebe sich ein steuerlicher Gewinn in Höhe von 8.194,08 EUR. Der Betrieb des Klägers schreibe somit schwarze Zahlen. Die Verbindlichkeiten beim Finanzamt ... beliefen sich auf einen Betrag in Höhe von 2.963,08 EUR in der Hauptforderung. Der Restbetrag in Höhe von 16.966,58 EUR entfalle auf Säumniszuschläge. Mit der Erstellung der Steuererklärung für das Jahr 2012 sei ein Steuerberater beauftragt. Die Erklärung werde bereits seit November 2013 erstellt und in Kürze abgeschlossen und dem Finanzamt weitergeleitet. Der Erlass der Säumniszuschläge könne nach vollständiger Tilgung der Hauptforderung ebenfalls beantragt werden. Mit dem Sozialversicherungsträger für den Gartenbau sei ein Vergleich hinsichtlich der offenen Forderung der Kranken- und Pflegekasse geschlossen worden. Der Kläger habe sich bisher auch an die vereinbarten Zahlungstermine, die mündlich auf den 31. Dezember 2013 und den 31. Januar 2014 festgesetzt wurden, gehalten. Im Ergebnis sei festzuhalten, dass sich die wirtschaftliche Situation des Klägers ständig verbessere, insbesondere dann, wenn die Säumniszuschläge zum Großteil erlassen würden. Insofern bestehe eine positive Prognose für den Betrieb des Klägers. Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb das Landratsamt gerade jetzt, gut 10 Jahre nach Einleitung der ersten Ermittlungen, zu einer Gewerbeuntersagung, den angegriffenen Verwaltungsakt erlasse. Die Gewerbeuntersagung diene auch nicht dem Schutz von Mitarbeitern, da der Kläger keine Mitarbeiter habe.

Auf den weiteren Inhalt des Klageschriftsatzes vom 13. Januar 2014 wird ergänzend verwiesen.

Das Landratsamt ... ist für den Beklagten der Klage mit Schriftsatz vom 6. Februar 2014 entgegengetreten und hat zuletzt beantragt,

die Klage abzuweisen.

Die zulässige Klage sei unbegründet. Die Untersagung sei rechtmäßig und verletze den Kläger nicht in seinen Rechten. Der Kläger sei wie im Untersagungsbescheid vom 5. Dezember 2013 dargelegt, unzuverlässig zum Ausüben eines selbstständigen Gewerbes im Sinne von § 35 Abs. 1 GewO. Hinsichtlich der in der Klageschrift getroffenen Feststellung, der Betrieb schreibe schwarze Zahlen, sei darauf hinzuweisen, dass sich zwar ein Gewinn in Höhe von 8.194,08 EUR ergebe, dieser Betrag aber nicht dafür ausreiche, um die bestehenden Schulden in einem absehbaren Zeitraum mit Hilfe der Betriebseinnahmen zu tilgen. Ein Anhaltspunkt für eine positive Zukunftsprognose sei dies daher nicht. Die Verbindlichkeiten des Klägers gegenüber dem Finanzamt hätten sich auch seit der Untersagungsentscheidung noch nicht zum Positiven entwickelt. Dabei gehöre zu den Pflichten eines Gewerbetreibenden, dass er nicht nur fällige Steuern fristgerecht zahle, sondern auch aufgelaufene Steuerschulden alsbald verringere, d. h. auch Säumniszuschläge nach Kräften entrichte. Dies sei beim Kläger mangels Leistungsfähigkeit nicht geschehen. Ein von der Verteidigung vorgebrachter möglicher Verzicht auf Altersvorsorge im eigenen Unternehmerischen Risiko zur Senkung des aktuellen Schuldenstandes trage nicht zu einer positiven Zuverlässigkeitseinschätzung für den Kläger bei. Soweit vorgebracht werde, dass sich die wirtschaftliche Situation des Klägers stetig verbessere, könne dies nicht nachvollzogen werden. Allein die vorgelegte Bilanz für das Jahr 2012, die lediglich einen Gewinn von etwas mehr als 8.000 EUR ausweise, stehe dieser Annahme entgegen. Wenn der Betrieb auch im Hinblick darauf, dass eine Arbeitskraft dauerhaft unentgeltlich im Betrieb mitwirke, regelmäßig derart niedrige Ergebnisse erwirtschafte, könne von einer ordentlichen tragfähigen wirtschaftlichen Basis nicht ausgegangen werden. Insgesamt lägen keine Umstände vor, die Anhaltspunkte dafür ergeben könnten, dass der Kläger künftig die erforderlichen Pflichten eines Gewerbetreibenden ordnungsgemäß erfülle. Eine ordnungsgemäße Betriebsführung sei infolge des Fehlens von Geldmitteln wohl nicht möglich.

Auf den weiteren Inhalt des Klageerwiderungsschriftsatzes vom 6. Februar 2014 wird ergänzend Bezug genommen.

Mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichts Augsburg vom 25. Juni 2014 wurde der Rechtsstreit dem Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.

Am 22. September 2014 fand mündliche Verhandlung statt. Für den Hergang der Sitzung wird auf die hierüber gefertigte Niederschrift verwiesen.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf das wechselseitige Vorbringen der Beteiligten, die Gerichtsakte und die vom Beklagten vorgelegte Behördenakte umfassend Bezug genommen.

Gründe

Die zulässige Klage hat nur teilweise Erfolg.

Soweit sich die Klage gegen die dem Kläger in Ziff. 4. des Bescheides des Landratsamtes ... vom 5. Dezember 2013 angedrohte Anwendung unmittelbaren Zwangs richtet, ist der Bescheid rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO). Soweit sich die Klage im Übrigen gegen die ausgesprochene Untersagung der vom Kläger konkret ausgeübten Gewerbe sowie aller übrigen Gewerbe, die Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbes und die Aufforderung zur Betriebsschließung richtet, ist die Klage hingegen unbegründet.

Ohne Erfolg bleibt die Klage hinsichtlich der im angefochtenen Bescheid vom 5. Dezember 2013 in den Ziffn. 1. und 2. ausgesprochenen Gewerbeuntersagungen der konkret ausgeübten sowie aller weiteren Gewerbe, der Erstreckung der Gewerbeuntersagung auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden sowie der angeordneten Betriebsschließung. Insoweit scheidet eine Rechtsverletzung des Klägers in eigenen Rechten aus.

1. Die Untersagung der vom Kläger konkret ausgeübten Gewerbe ist rechtmäßig. Sie findet ihre Rechtsgrundlage in § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO. Nach der im streitgegenständlichen Bescheid zu Recht zugrunde gelegten Norm des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist die Ausübung eines Gewerbes von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, die die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden begründen, sofern die Untersagung zum Schutz der Allgemeinheit erforderlich ist. Die Voraussetzungen des § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO sind im vorliegenden Fall erfüllt.

Eine Gewerbeuntersagung setzt tatbestandlich voraus, dass Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Betroffenen dartun.

Unzuverlässig im Sinne von § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO ist derjenige, der nach dem Gesamtbild seines Verhaltens nicht die Gewähr dafür bietet, dass er sein Gewerbe in Zukunft ordnungsgemäß betreiben wird. Es kommt also darauf an, ob ein Gewerbetreibender, der gegen seine Pflichten verstoßen hat, nach dem Gesamtbild seines Verhaltens wahrscheinlich auch weiterhin nicht willens oder in der Lage sein wird, seine beruflichen Pflichten ordnungsgemäß zu erfüllen (BVerwG, B. v. 26.9.1991 - 1 B 115/91 - juris; B. v. 9.4.1997 - 1 B 81/97 - GewArch 1999, 72 f). Ergibt das Gesamtbild demnach eine ungünstige Prognose, so ist der Tatbestand der Unzuverlässigkeit erfüllt und die Gewerbeausübung, soweit erforderlich, zu untersagen. Maßgeblicher Zeitpunkt für die insoweit erforderliche Prüfung ist derjenige der letzten Verwaltungsentscheidung (vgl. BVerwG, U. v. 19.12.1995 - 1 C 3/93 - juris).

Da die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit kein Verschulden des Gewerbetreibenden voraussetzt (vgl. BVerwG, U. v. 29.3.1966 - I C 62.65 - BVerwGE 24, 38 ff) ist es belanglos, welche Ursachen zur wirtschaftlichen Leistungsunfähigkeit des Gewerbetreibenden geführt haben. Im Interesse eines ordnungsgemäßen und redlichen Wirtschaftsverkehrs muss von einem Gewerbetreibenden vielmehr erwartet werden, dass er bei anhaltender wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit ohne Rücksicht auf die Ursache seiner wirtschaftlichen Schwierigkeiten seinen Gewerbebetrieb aufgibt.

Die Unzuverlässigkeit kann sich dabei aus der beharrlichen Verletzung gewerberechtlicher Pflichten, insbesondere aus Steuerschulden und sozialversicherungsrechtlichen Beitragsrückständen ergeben, die die Prognose erlauben, dass es auch künftig zu Verstößen kommen wird (vgl. Marcks in Landmann/Rohmer, GewO, Stand: März 2014, § 35 Rn. 41, 55 ff).

Die nachhaltige Verletzung solcher Pflichten kann je nach den Umständen des Einzelfalles den Schluss auf die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit rechtfertigen (vgl. BVerwG, U. v. 2.2.1982, 1 C 146/80 - BVerwGE, 65, 1 ff). Steuerrückstände sind dann geeignet, einen Gewerbetreibenden als unzuverlässig auszuweisen, wenn sie sowohl ihrer absoluten Höhe nach als auch im Verhältnis zur Gesamtbelastung des Gewerbetreibenden von Gewicht sind. Von Bedeutung ist dabei auch die Zeitdauer, während derer der Gewerbetreibende seinen steuerlichen Verpflichtungen nicht nachgekommen ist (vgl. BVerwG, B. v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - 43 GewArch 1995, 115 f).

Steuerrückstände in diesem Sinne liegen vor, wenn der Steuerpflichtige Steuern nicht beglichen hat, obwohl er sie nach dem einschlägigen Steuerrecht hätte entrichten müssen. Unerheblich ist indessen, ob sich die Steuerschulden aus geschätzten (§ 162 Abgabenordnung - AO) oder aus exakt ermittelten Besteuerungsgrundlagen ergeben (vgl. BVerwG, B. v. 11.12.1996 - 1 B 250/96 - GewArch 1999, 72). Der Kläger hat ausweislich der Erklärung des Finanzamtes ... vom 26. November 2013 unmittelbar vor Bescheidserlass seine steuerrechtlichen Zahlungs- und Erklärungspflichten beharrlich über viele Jahre vernachlässigt. Seine Steuerschulden beliefen sich im entscheidungserheblichen Zeitpunkt auf knapp 17.000,- EUR. Dabei hat der Kläger über einen längeren Zeitraum keine Steuererklärungen und Voranmeldungen bei dem Finanzamt abgegeben, wodurch ebenfalls eine gewerberechtliche Unzuverlässigkeit begründet wird.

Die zum Zeitpunkt des Bescheidserlasses vom Beklagten angestellte Prognose, der Kläger werde auch künftig sein Gewerbe nicht ordnungsgemäß ausüben, hat sich auch durch die Angaben der Beklagtenvertreterin in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2014 im Wesentlichen bestätigt. Demnach bestehen aktuell weiter Steuerrückstände für den Kläger im Umfang von etwas mehr als 14.000,- EUR, die bis auf das Jahr 2003 zurückreichen. Wenn man demgegenüber stellt, dass der klägerische Betrieb in seiner Gesamtheit lediglich einen steuerlichen Jahresgewinn in Höhe von etwas mehr als 8.000,- EUR erwirtschaftet (Gerichtsakte Bl. 20-32) kann nicht davon ausgegangen werden, dass der Kläger in der Lage wäre, die bestehenden Rückstände im Rahmen eines tragfähigen Sanierungskonzeptes zeitnah abzubauen.

Hinzu kommen beim Kläger erhebliche Beitragsrückstände, bei den Sozialversicherungsträgern ... - dortiger Rückstand unmittelbar vor Bescheidserlass 4.657,- EUR - sowie bei der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau in einem Umfang von ca. 45.000,- EUR. Der Umstand, dass es sich hierbei zu einem großen Teil um veranschlagte Säumniszuschläge handelt, ist nicht geeignet, den Kläger zu entlasten. Denn die festgesetzten Säumniszuschläge sind wiederum Folge des über Jahre vernachlässigten Zahlungsverhaltens des Klägers. Auch diesbezüglich erweist sich die vom Beklagten angestellte Prognose als zutreffend, als in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2014 - vom Bevollmächtigten unwidersprochen - seitens des Beklagten ausgeführt wurde, dass der derzeitige Rückstand des Klägers beim Sozialversicherungsträger für den Gartenbau etwas mehr als 38.000,- EUR betrage. Der vom Kläger zur Verbesserung seiner finanziellen Situation angedachte Verzicht auf eine Absicherung in der Alterskasse wurde vom Sozialversicherungsträger für den Gartenbau als nicht gangbar abgelehnt.

Auch in Bezug auf die erheblichen Rückstände bei den jeweiligen Sozialversicherungsträgern ist seitens des Gerichtes darauf hinzuweisen, dass die Einkünfte des klägerischen Betriebes bei weitem nicht ausreichen, um eine nennenswerte Schuldenreduzierung in nächster Zeit zu ermöglichen. Für das Gericht ist nicht ersichtlich, wie der Kläger ohne ausreichende finanzielle Mittel sein Gewerbe ordnungsgemäß weiter betreiben will. Das Geschäftsgebaren des Klägers über viele Jahre und die gleichbleibend hohe Schuldenlast geben insgesamt Anlass zu einer ungünstigen Prognose des gewerblichen Wirkens des Klägers. Dabei kann letztlich dahingestellt bleiben, ob die ursprünglich im Schuldnerverzeichnis enthaltenen Eintragungen (Eidesstattliche Versicherung und Haftanordnungen aus den Jahren 2010 und 2011) zwischenzeitlich gelöscht worden sind. Da sich die gewerberechtliche Unzuverlässigkeit des Klägers bereits aus dessen massiver Überschuldung ergibt, bedarf dies keiner abschließenden Klärung. Der Kläger bietet nach allem nicht die Gewähr für eine ordnungsgemäße Gewerbeausübung in Zukunft. Er bildet vielmehr aufgrund seiner Überschuldung eine stetige Gefahr für Wirtschaftssubjekte, mit denen er in Kontakt tritt. Insbesondere die Höhe der Schulden bei öffentlichen Gläubigern zeigen, dass der Kläger wirtschaftlich leistungsunfähig ist.

Die Gewerbeuntersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 1 GewO steht nicht im Ermessen der Behörde, so dass diese verpflichtet ist, gegen unzuverlässige Gewerbetreibende der Vorschrift gemäß einzuschreiten.

Die Entscheidung des Beklagten steht auch im Einklang mit dem Verhältnismäßigkeitsgrundsatz. Ein milderes, gleich geeignetes Mittel, die begangenen Verstöße künftig zu verhindern, ist für das Gericht nicht ersichtlich. Die ausgesprochene Maßnahme ist auch nicht deshalb unverhältnismäßig, weil die wirtschaftliche Existenz des Klägers auf dem Spiel steht, denn diese beruht auf dem unternehmerischen Verhalten des Klägers, jedoch nicht auf der behördlichen Entscheidung als solcher (vgl. BVerwG, B. v. 25.3.1991 - 1 B 10/91 - GewArch 1991, 226). Weiter gilt es zu berücksichtigen, dass eine Gewerbeuntersagungsverfügung trotz Unzuverlässigkeit und trotz Untersagungserforderlichkeit nur in ganz extremen Ausnahmefällen gegen den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verstoßen kann (BVerwG, B. v. 19.1.1994 - 1 B 5/94 - GewArch 1995, 115 f). Ein extremer Ausnahmefall wird hierbei nicht schon dadurch begründet, dass der Betroffene in Folge der Untersagungsverfügung möglicherweise sozialhilfebedürftig zu werden droht. Entspricht eine Gewerbeuntersagungsverfügung den gesetzlichen Anforderungen in § 35 Abs. 1 GewO, so ist es nicht unverhältnismäßig, dem Schutzzweck des § 35 Abs. 1 GewO Vorrang vor dem Interesse des Betroffenen zu geben, künftig nicht auf Sozialhilfe angewiesen zu sein (vgl. BVerwG, B. v. 25.3.1991, a. a. O.). Das Gericht weist darüber hinaus darauf hin, dass die Untersagung nicht auf Lebenszeit geltend muss. Sofern der Kläger Tatsachen vorbringen kann, die die Annahme rechtfertigen, dass eine Unzuverlässigkeit nicht mehr vorliegt, ist eine Wiedergestattung der Gewerbeausübung gesetzlich zwingend vorgesehen (§ 35 Abs. 6 GewO).

Schließlich verletzt die getroffene Verfügung den Kläger nicht in seinem Grundrecht aus Art. 12 Abs. 1 Grundgesetz (GG). Denn die Untersagung als Einschränkung des Berufszugangs aus in der Person des Klägers liegenden Gründen ist zum Schutz besonders wichtiger Gemeinschaftsrechtsgüter gerechtfertigt. Diese sind insbesondere die Leistungsfähigkeit der Sozialkassen und der geordnete Einnahmeerzielung des Staates durch Steuern (vgl. BVerfG, B. v. 11.7.2006 - 1 BvL 4/00 - juris).

2. Die festgestellte Unzuverlässigkeit des Klägers für die von ihm konkret ausgeübten Gewerbe macht nicht nur eine einzelfallbezogene, sondern auch eine umfassende Gewerbeuntersagung, gestützt auf die Vorschrift des § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO erforderlich. Nach dieser Bestimmung kann die Untersagung auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragter Person sowie auf einzelne oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Angesichts der negativen Zukunftsprognose, welche sich aus den Verstößen gegen die öffentlich-rechtlichen Zahlungsverpflichtungen ergibt, kann einer Gefährdung der Allgemeinheit vorliegend nur durch eine Volluntersagung begegnet werden. Eine Beschränkung der Gewerbeuntersagung auf die vom Kläger konkret ausgeübten Gewerbe ist nicht ausreichend, da sich die festgestellten Unzuverlässigkeitsgründe nicht ausschließlich auf die konkret ausgeübten Gewerbe beziehen, sondern von allgemeiner, gewerbeübergreifenden Natur sind. Dem Zweck des Schutzes des öffentlichen Vermögens kann hier nur durch eine umfassende Untersagung einer selbstständigen gewerblichen Tätigkeit Rechnung getragen werden.

Darüber hinaus ist Voraussetzung für eine erweiterte Gewerbeuntersagung, dass von dem Gewerbetreibenden ein Ausweichen in andere gewerbliche Tätigkeiten oder in eine leitende unselbstständige Tätigkeit zu erwarten ist (BVerwG, U. v. 2.2.1982 - 1 CB 2/81 - juris Rn.35; Marcks in Landmann/Rohmer a. a. O., § 35 Rn. 94). Soweit die erweiterte Gewerbeuntersagung voraussetzt, dass der Gewerbetreibende in Bezug auf ein tatsächlich ausgeführtes Gewerbe unzuverlässig ist und die Untersagung dieser Gewerbeausübung auch erforderlich ist, folgt die Wahrscheinlichkeit des Ausweichens in eine anderweitige gewerbliche Tätigkeit oder eine leitende unselbstständige Tätigkeit bereits daraus, dass der Gewerbetreibende trotz andauernder wirtschaftlicher Leistungsunfähigkeit und einer hieraus zu folgenden Unzuverlässigkeit an seiner gewerblichen Tätigkeit festhält. Denn durch sein Festhalten an dem tatsächlich ausgeübten Gewerbe bekundet der Gewerbetreibende regelmäßig seinen Willen, sich auf jeden Fall irgendwie gewerblich zu betätigen. Eine positive Feststellung besonderer, das Ausweichen wahrscheinlich machender Umstände ist dabei nicht geboten (vgl. BayVGH, B. v. 9.11.2009, 22 ZB 08.3401 - nicht veröffentlicht).

Die Untersagung nach § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO steht dabei im Ermessen der zuständigen Behörde. Ist ein Gewerbetreibender in Bezug auf andere - derzeit nicht ausgeübte - gewerbliche Betätigungen unzuverlässig und ist die Untersagung auch dieser Betätigungen erforderlich, so ist eine Ermessensentscheidung, die von der Möglichkeit der erweiterten Gewerbeuntersagung Gebrauch macht, nicht ermessensfehlerhaft, wenn der Verwaltungsentscheidung zumindest konkludent die maßgebliche Erwägung entnommen werden kann, eine anderweitige Gewerbeausübung sei so wahrscheinlich, dass sich die Untersagung auch hierauf erstrecken sollte (BVerwG, U. v. 16.3.1982 - 1 C 124/80 - GewArch 1982, 303 f). Im hier zu entscheidenden Fall hat der Beklagte das ihm in § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO eröffnete Ermessen erkannt und im Rahmen der eingeschränkten gerichtlichen Überprüfung in § 114 VwGO unbeanstandet auf die gewerbeübergreifende Unzuverlässigkeit des Klägers abgestellt.

3. Damit erweist sich aber auch die vom Beklagten in Ziffer 2 des angefochtenen Bescheides vom 5. Dezember 2013 getroffene Erstreckung der Untersagung auf die Ausübung als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder der Tätigkeit als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragter Person als rechtmäßig. Auch für diese Rechtsfolge stellt § 35 Abs. 1 Satz 2 GewO eine ausreichende Rechtsgrundlage dar.

4. Schließlich bestehen auch keine durchgreifenden rechtlichen Bedenken hinsichtlich der in der mündlichen Verhandlung vom 22. September 2014 geänderten Anordnung der Betriebsschließung spätestens bis zum 31. Dezember 2014. Das Gericht weist allerdings darauf hin, dass, sollte bis zum 31. Dezember 2014 das gerichtliche Verfahren des Klägers nicht rechtskräftig abgeschlossen sein, der Beklagte verpflichtet ist, dem Kläger eine erneute Frist zur Betriebseinstellung zu setzen. Die dem Kläger derzeit gesetzte Frist erscheint als angemessen, um eine ordnungsgemäße Restabwicklung der Geschäfte sicherzustellen. Da der Kläger ausweislich der Aktenlage keine Angestellten beschäftigt und dies auch Rückschlüsse auf den Geschäftsumfang des Gewerbebetriebes zulässt, erscheint die Frist jedenfalls nicht als unangemessen kurz.

5. Erfolg hat die Klage hingegen gegen die in Ziffer 4. des angefochtenen Bescheides vom 5. Dezember 2013 gegenüber dem Kläger getroffene Androhung der Anwendung unmittelbaren Zwangs für den Fall der nicht fristgerechten Folgeleistung gegen die Pflicht zur Betriebseinstellung.

Ermächtigungsgrundlage für die Androhung unmittelbaren Zwangs ist Art. 34 und 36 VwZVG. Art. 34 Satz 1 VwZVG bestimmt insoweit u. a., dass, sofern die sonstigen zulässigen Zwangsmittel nicht zum Ziel führen oder ihre Anwendung keinen zweckentsprechenden oder rechtzeitigen Erfolg erwarten lässt, die Vollstreckungsbehörde den Verwaltungsakt durch unmittelbaren Zwang vollziehen kann.

Diese Voraussetzungen erachtet das Gericht vorliegend als nicht gegeben.

Bereits nach dem Wortlaut in Art. 34 Satz 1 VwZVG handelt es sich bei dem angedrohten unmittelbaren Zwang um die ultima ratio im gestuften System der Zwangsmittel, wie er in Art. 29 Abs. 2 VwZVG zum Ausdruck gelangt. Unmittelbarer Zwang kann demnach nur dann angedroht werden, wenn die sonstigen zulässigen Zwangsmittel nicht zum Ziel führen würden oder ihre Anwendung keinen zweckentsprechenden oder rechtzeitigen Erfolg erwarten ließen. Demnach entspricht bereits die gesetzgeberische Systematik aus Art. 34 Satz 1 VwZVG und der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz dafür, die Androhung unmittelbaren Zwangs grundsätzlich nur nachrangig zur Androhung insbesondere von Zwangsgeldern zuzulassen bzw. erhöhte Anforderungen an die Androhung zu knüpfen. Es erscheint unverhältnismäßig, unmittelbaren Zwang anzudrohen, so lange ein Zwangsmittel der Androhung von Zwangsgeld nicht wenigstens versucht worden ist. Auch liegen im hier zu entscheidenden Fall keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Androhung von Zwangsgeldern von vorneherein keinen Erfolg versprochen hätte. So gilt es insbesondere zu berücksichtigen, dass der Kläger nach Aktenlage immer wieder zumindest Teilbeträge zur Schuldentilgung geleistet hat. Daher konnte gerade nicht zulasten des Klägers davon ausgegangen werden, dass dieser gänzlich mittellos war bzw. ist nicht belegt, dass ein Zwangsgeld in entsprechender Höhe (vgl. Art. 31 Abs. 2 VwZVG) keinesfalls einbringlich gewesen wäre.

5. Da Einwände gegen die Gebührenfestsetzung in Ziffer 6. des Bescheides weder vorgetragen noch sonst ersichtlich sind, war der Klage nur im tenorierten Umfang stattzugeben. Im Übrigen war die Klage hingegen abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO. Die getroffene Kostenentscheidung trägt dem jeweiligen Obsiegen bzw. Unterliegen der Beteiligten Rechnung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit der Kostenentscheidung beruht auf § 167 Abs. 2 VwGO i. V. m. §§ 708 Nr. 11, 711 Zivilprozessordnung - ZPO.

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Verwaltungsgericht Augsburg Urteil, 22. Sept. 2014 - 5 K 14.50 zitiert 13 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 113


(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag au

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 155


(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteili

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 114


Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

Abgabenordnung - AO 1977 | § 162 Schätzung von Besteuerungsgrundlagen


(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind. (2) Zu schätzen ist insbesondere dann, we

Gewerbeordnung - GewO | § 35 Gewerbeuntersagung wegen Unzuverlässigkeit


(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bez

Zivilprozessordnung - ZPO | § 901 Verbot der Aufrechnung und Verrechnung


(1) Verlangt eine natürliche Person von dem Kreditinstitut, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto, das einen negativen Saldo aufweist, als Pfändungsschutzkonto geführt wird, darf das Kreditinstitut ab dem Verlangen nicht mit seinen Forderunge

Referenzen

(1) Verlangt eine natürliche Person von dem Kreditinstitut, dass ein von ihr dort geführtes Zahlungskonto, das einen negativen Saldo aufweist, als Pfändungsschutzkonto geführt wird, darf das Kreditinstitut ab dem Verlangen nicht mit seinen Forderungen gegen Forderungen des Kontoinhabers aufrechnen oder einen zugunsten des Kontoinhabers bestehenden Saldo mit einem zugunsten des Kreditinstituts bestehenden Saldo verrechnen, soweit die Gutschrift auf dem Zahlungskonto als Guthaben auf einem Pfändungsschutzkonto nicht von der Pfändung erfasst sein würde.

(2) Das Verbot der Aufrechnung und Verrechnung nach Absatz 1 gilt für ein Zahlungskonto, auf das sich eine Pfändung erstreckt, bereits ab dem Zeitpunkt der Kenntnis des Kreditinstituts von der Pfändung. Das Verbot der Aufrechnung oder Verrechnung entfällt jedoch, wenn der Schuldner nicht gemäß § 899 Absatz 1 Satz 2 verlangt, dass das Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird.

(3) Gutschriften auf dem Zahlungskonto, die nach Absatz 1 oder 2 dem Verbot der Aufrechnung und Verrechnung unterliegen, sind als Guthaben auf das Pfändungsschutzkonto zu übertragen. Im Fall des Absatzes 2 erfolgt die Übertragung jedoch nur, wenn der Schuldner gemäß § 899 Absatz 1 Satz 2 verlangt, dass das Zahlungskonto als Pfändungsschutzkonto geführt wird.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Soweit der Verwaltungsakt rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, hebt das Gericht den Verwaltungsakt und den etwaigen Widerspruchsbescheid auf. Ist der Verwaltungsakt schon vollzogen, so kann das Gericht auf Antrag auch aussprechen, daß und wie die Verwaltungsbehörde die Vollziehung rückgängig zu machen hat. Dieser Ausspruch ist nur zulässig, wenn die Behörde dazu in der Lage und diese Frage spruchreif ist. Hat sich der Verwaltungsakt vorher durch Zurücknahme oder anders erledigt, so spricht das Gericht auf Antrag durch Urteil aus, daß der Verwaltungsakt rechtswidrig gewesen ist, wenn der Kläger ein berechtigtes Interesse an dieser Feststellung hat.

(2) Begehrt der Kläger die Änderung eines Verwaltungsakts, der einen Geldbetrag festsetzt oder eine darauf bezogene Feststellung trifft, kann das Gericht den Betrag in anderer Höhe festsetzen oder die Feststellung durch eine andere ersetzen. Erfordert die Ermittlung des festzusetzenden oder festzustellenden Betrags einen nicht unerheblichen Aufwand, kann das Gericht die Änderung des Verwaltungsakts durch Angabe der zu Unrecht berücksichtigten oder nicht berücksichtigten tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse so bestimmen, daß die Behörde den Betrag auf Grund der Entscheidung errechnen kann. Die Behörde teilt den Beteiligten das Ergebnis der Neuberechnung unverzüglich formlos mit; nach Rechtskraft der Entscheidung ist der Verwaltungsakt mit dem geänderten Inhalt neu bekanntzugeben.

(3) Hält das Gericht eine weitere Sachaufklärung für erforderlich, kann es, ohne in der Sache selbst zu entscheiden, den Verwaltungsakt und den Widerspruchsbescheid aufheben, soweit nach Art oder Umfang die noch erforderlichen Ermittlungen erheblich sind und die Aufhebung auch unter Berücksichtigung der Belange der Beteiligten sachdienlich ist. Auf Antrag kann das Gericht bis zum Erlaß des neuen Verwaltungsakts eine einstweilige Regelung treffen, insbesondere bestimmen, daß Sicherheiten geleistet werden oder ganz oder zum Teil bestehen bleiben und Leistungen zunächst nicht zurückgewährt werden müssen. Der Beschluß kann jederzeit geändert oder aufgehoben werden. Eine Entscheidung nach Satz 1 kann nur binnen sechs Monaten seit Eingang der Akten der Behörde bei Gericht ergehen.

(4) Kann neben der Aufhebung eines Verwaltungsakts eine Leistung verlangt werden, so ist im gleichen Verfahren auch die Verurteilung zur Leistung zulässig.

(5) Soweit die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig und der Kläger dadurch in seinen Rechten verletzt ist, spricht das Gericht die Verpflichtung der Verwaltungsbehörde aus, die beantragte Amtshandlung vorzunehmen, wenn die Sache spruchreif ist. Andernfalls spricht es die Verpflichtung aus, den Kläger unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts zu bescheiden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Soweit die Finanzbehörde die Besteuerungsgrundlagen nicht ermitteln oder berechnen kann, hat sie sie zu schätzen. Dabei sind alle Umstände zu berücksichtigen, die für die Schätzung von Bedeutung sind.

(2) Zu schätzen ist insbesondere dann, wenn der Steuerpflichtige über seine Angaben keine ausreichenden Aufklärungen zu geben vermag oder weitere Auskunft oder eine Versicherung an Eides statt verweigert oder seine Mitwirkungspflicht nach § 90 Abs. 2 verletzt. Das Gleiche gilt, wenn der Steuerpflichtige Bücher oder Aufzeichnungen, die er nach den Steuergesetzen zu führen hat, nicht vorlegen kann, wenn die Buchführung oder die Aufzeichnungen nach § 158 Absatz 2 nicht der Besteuerung zugrunde gelegt werden oder wenn tatsächliche Anhaltspunkte für die Unrichtigkeit oder Unvollständigkeit der vom Steuerpflichtigen gemachten Angaben zu steuerpflichtigen Einnahmen oder Betriebsvermögensmehrungen bestehen und der Steuerpflichtige die Zustimmung nach § 93 Abs. 7 Satz 1 Nr. 5 nicht erteilt. Hat der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb verletzt, so wird widerlegbar vermutet, dass in Deutschland steuerpflichtige Einkünfte in Bezug zu Staaten oder Gebieten im Sinne des § 3 Absatz 1 des Gesetzes zur Abwehr von Steuervermeidung und unfairem Steuerwettbewerb

1.
bisher nicht erklärt wurden, tatsächlich aber vorhanden sind, oder
2.
bisher zwar erklärt wurden, tatsächlich aber höher sind als erklärt.

(3) Verletzt ein Steuerpflichtiger seine Mitwirkungspflichten nach § 90 Absatz 3 dadurch, dass er keine Aufzeichnungen über einen Geschäftsvorfall vorlegt, oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar oder wird festgestellt, dass der Steuerpflichtige Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 Satz 5 nicht zeitnah erstellt hat, so wird widerlegbar vermutet, dass seine im Inland steuerpflichtigen Einkünfte, zu deren Ermittlung die Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 dienen, höher als die von ihm erklärten Einkünfte sind. Hat in solchen Fällen die Finanzbehörde eine Schätzung vorzunehmen und können diese Einkünfte nur innerhalb eines bestimmten Rahmens, insbesondere nur auf Grund von Preisspannen bestimmt werden, kann dieser Rahmen zu Lasten des Steuerpflichtigen ausgeschöpft werden. Bestehen trotz Vorlage verwertbarer Aufzeichnungen durch den Steuerpflichtigen Anhaltspunkte dafür, dass seine Einkünfte bei Beachtung des Fremdvergleichsgrundsatzes höher wären als die auf Grund der Aufzeichnungen erklärten Einkünfte, und können entsprechende Zweifel deswegen nicht aufgeklärt werden, weil eine ausländische, nahe stehende Person ihre Mitwirkungspflichten nach § 90 Abs. 2 oder ihre Auskunftspflichten nach § 93 Abs. 1 nicht erfüllt, ist Satz 2 entsprechend anzuwenden.

(4) Legt ein Steuerpflichtiger über einen Geschäftsvorfall keine Aufzeichnungen im Sinne des § 90 Absatz 3 vor oder sind die über einen Geschäftsvorfall vorgelegten Aufzeichnungen im Wesentlichen unverwertbar, ist ein Zuschlag von 5 000 Euro festzusetzen. Der Zuschlag beträgt mindestens 5 Prozent und höchstens 10 Prozent des Mehrbetrags der Einkünfte, der sich nach einer Berichtigung auf Grund der Anwendung des Absatzes 3 ergibt, wenn sich danach ein Zuschlag von mehr als 5 000 Euro ergibt. Der Zuschlag ist regelmäßig nach Abschluss der Außenprüfung festzusetzen. Bei verspäteter Vorlage von verwertbaren Aufzeichnungen beträgt der Zuschlag bis zu 1 000 000 Euro, mindestens jedoch 100 Euro für jeden vollen Tag der Fristüberschreitung; er kann für volle Wochen und Monate der verspäteten Vorlage in Teilbeträgen festgesetzt werden. Soweit den Finanzbehörden Ermessen hinsichtlich der Höhe des jeweiligen Zuschlags eingeräumt ist, sind neben dem Zweck dieses Zuschlags, den Steuerpflichtigen zur Erstellung und fristgerechten Vorlage der Aufzeichnungen nach § 90 Absatz 3 anzuhalten, insbesondere die von ihm gezogenen Vorteile und bei verspäteter Vorlage auch die Dauer der Fristüberschreitung zu berücksichtigen. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Pflichten nach § 90 Abs. 3 entschuldbar erscheint oder ein Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen steht dem eigenen Verschulden gleich.

(4a) Verletzt der Steuerpflichtige seine Mitwirkungspflichten nach § 12 des Steueroasen-Abwehrgesetzes, ist Absatz 4 entsprechend anzuwenden. Von der Festsetzung eines Zuschlags ist abzusehen, wenn die Nichterfüllung der Mitwirkungspflichten entschuldbar erscheint oder das Verschulden nur geringfügig ist. Das Verschulden eines gesetzlichen Vertreters oder eines Erfüllungsgehilfen ist dem Steuerpflichtigen zuzurechnen.

(5) In den Fällen des § 155 Abs. 2 können die in einem Grundlagenbescheid festzustellenden Besteuerungsgrundlagen geschätzt werden.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Die Ausübung eines Gewerbes ist von der zuständigen Behörde ganz oder teilweise zu untersagen, wenn Tatsachen vorliegen, welche die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden oder einer mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragten Person in bezug auf dieses Gewerbe dartun, sofern die Untersagung zum Schutze der Allgemeinheit oder der im Betrieb Beschäftigten erforderlich ist. Die Untersagung kann auch auf die Tätigkeit als Vertretungsberechtigter eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung eines Gewerbebetriebes beauftragte Person sowie auf einzelne andere oder auf alle Gewerbe erstreckt werden, soweit die festgestellten Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß der Gewerbetreibende auch für diese Tätigkeiten oder Gewerbe unzuverlässig ist. Das Untersagungsverfahren kann fortgesetzt werden, auch wenn der Betrieb des Gewerbes während des Verfahrens aufgegeben wird.

(2) Dem Gewerbetreibenden kann auf seinen Antrag von der zuständigen Behörde gestattet werden, den Gewerbebetrieb durch einen Stellvertreter (§ 45) fortzuführen, der die Gewähr für eine ordnungsgemäße Führung des Gewerbebetriebes bietet.

(3) Will die Verwaltungsbehörde in dem Untersagungsverfahren einen Sachverhalt berücksichtigen, der Gegenstand der Urteilsfindung in einem Strafverfahren gegen einen Gewerbetreibenden gewesen ist, so kann sie zu dessen Nachteil von dem Inhalt des Urteils insoweit nicht abweichen, als es sich bezieht auf

1.
die Feststellung des Sachverhalts,
2.
die Beurteilung der Schuldfrage oder
3.
die Beurteilung der Frage, ob er bei weiterer Ausübung des Gewerbes erhebliche rechtswidrige Taten im Sinne des § 70 des Strafgesetzbuches begehen wird und ob zur Abwehr dieser Gefahren die Untersagung des Gewerbes angebracht ist.
Absatz 1 Satz 2 bleibt unberührt. Die Entscheidung über ein vorläufiges Berufsverbot (§ 132a der Strafprozeßordnung), der Strafbefehl und die gerichtliche Entscheidung, durch welche die Eröffnung des Hauptverfahrens abgelehnt wird, stehen einem Urteil gleich; dies gilt auch für Bußgeldentscheidungen, soweit sie sich auf die Feststellung des Sachverhalts und die Beurteilung der Schuldfrage beziehen.

(3a) (weggefallen)

(4) Vor der Untersagung sollen, soweit besondere staatliche Aufsichtsbehörden bestehen, die Aufsichtsbehörden, ferner die zuständige Industrie- und Handelskammer oder Handwerkskammer und, soweit es sich um eine Genossenschaft handelt, auch der Prüfungsverband gehört werden, dem die Genossenschaft angehört. Ihnen sind die gegen den Gewerbetreibenden erhobenen Vorwürfe mitzuteilen und die zur Abgabe der Stellungnahme erforderlichen Unterlagen zu übersenden. Die Anhörung der vorgenannten Stellen kann unterbleiben, wenn Gefahr im Verzuge ist; in diesem Falle sind diese Stellen zu unterrichten.

(5) (weggefallen)

(6) Dem Gewerbetreibenden ist von der zuständigen Behörde auf Grund eines an die Behörde zu richtenden schriftlichen oder elektronischen Antrages die persönliche Ausübung des Gewerbes wieder zu gestatten, wenn Tatsachen die Annahme rechtfertigen, daß eine Unzuverlässigkeit im Sinne des Absatzes 1 nicht mehr vorliegt. Vor Ablauf eines Jahres nach Durchführung der Untersagungsverfügung kann die Wiederaufnahme nur gestattet werden, wenn hierfür besondere Gründe vorliegen.

(7) Zuständig ist die Behörde, in deren Bezirk der Gewerbetreibende eine gewerbliche Niederlassung unterhält oder in den Fällen des Absatzes 2 oder 6 unterhalten will. Bei Fehlen einer gewerblichen Niederlassung sind die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll. Für die Vollstreckung der Gewerbeuntersagung sind auch die Behörden zuständig, in deren Bezirk das Gewerbe ausgeübt wird oder ausgeübt werden soll.

(7a) Die Untersagung kann auch gegen Vertretungsberechtigte oder mit der Leitung des Gewerbebetriebes beauftragte Personen ausgesprochen werden. Das Untersagungsverfahren gegen diese Personen kann unabhängig von dem Verlauf des Untersagungsverfahrens gegen den Gewerbetreibenden fortgesetzt werden. Die Absätze 1 und 3 bis 7 sind entsprechend anzuwenden.

(8) Soweit für einzelne Gewerbe besondere Untersagungs- oder Betriebsschließungsvorschriften bestehen, die auf die Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden abstellen, oder eine für das Gewerbe erteilte Zulassung wegen Unzuverlässigkeit des Gewerbetreibenden zurückgenommen oder widerrufen werden kann, sind die Absätze 1 bis 7a nicht anzuwenden. Dies gilt nicht für die Tätigkeit als vertretungsberechtigte Person eines Gewerbetreibenden oder als mit der Leitung des Betriebes oder einer Zweigniederlassung beauftragte Person sowie für Vorschriften, die Gewerbeuntersagungen oder Betriebsschließungen durch strafgerichtliches Urteil vorsehen.

(9) Die Absätze 1 bis 8 sind auf Genossenschaften entsprechend anzuwenden, auch wenn sich ihr Geschäftsbetrieb auf den Kreis der Mitglieder beschränkt; sie finden ferner Anwendung auf den Handel mit Arzneimitteln, mit Losen von Lotterien und Ausspielungen sowie mit Bezugs- und Anteilscheinen auf solche Lose und auf den Betrieb von Wettannahmestellen aller Art.

(1) Wenn ein Beteiligter teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jedem Teil zur Hälfte zur Last. Einem Beteiligten können die Kosten ganz auferlegt werden, wenn der andere nur zu einem geringen Teil unterlegen ist.

(2) Wer einen Antrag, eine Klage, ein Rechtsmittel oder einen anderen Rechtsbehelf zurücknimmt, hat die Kosten zu tragen.

(3) Kosten, die durch einen Antrag auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand entstehen, fallen dem Antragsteller zur Last.

(4) Kosten, die durch Verschulden eines Beteiligten entstanden sind, können diesem auferlegt werden.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.