Verwaltungsgericht Ansbach Urteil, 28. Jan. 2014 - 4 K 12.01018

bei uns veröffentlicht am28.01.2014

Gericht

Verwaltungsgericht Ansbach

Tenor

1. Soweit das Verfahren für die Vergangenheit für erledigt erklärt wurde, wird es eingestellt.

Im Übrigen wird der Bescheid des Beklagten vom 28. September 2009 aufgehoben.

2. Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.

3. Das Urteil ist in Ziffer 2 gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110% der vollstreckbaren Kosten vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand

Die Klägerin wendet sich gegen einen glücksspielrechtlichen Untersagungsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 28. September 2009.

Die in Linz/Österreich ansässige Klägerin ist zu 100% ein Tochterunternehmen der ...com AG, die sich auf ihrer Homepage als „Teil der ...-Group, einem führenden europäischen Unternehmen im Bereich Online-Spiele und Sportwetten“, bezeichnet. Die Klägerin selbst wiederum ist 100%iger Anteilshalter der auf Malta ansässigen ...com Holding Ltd., die wiederum 100%ige Eigentümerin der Unternehmen ...com International Ltd., ...com Internet Ltd. sowie ...com Entertainment Ltd. (Firmensitz jeweils auf Malta) ist. Die Firmen ...com Internet Ltd. und ...com Entertainment Ltd. sind Anbieterinnen der Internetseite www....com, auf der die weltweite Teilnahme an öffentlichen Glücksspielen, insbesondere Sportwetten, Casinospielen und Poker, angeboten wird. Die ...com International Ltd. ist Domain-Inhaberin dieser Internetseite.

Mit Bescheiden vom 26. August 2009 untersagte die Regierung von ... der ...comInternet.Ltd. und der ...com Entertainment Ltd. die Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel über das Internet in Bayern. Unter dem 28. September 2009 erließ die Regierung von ... einen entsprechenden Untersagungsbescheid gegen die ...com Holding Ltd..

Nach Anhörung der Klägerin erließ die Regierung von ... am 28. September 2009 einen Bescheid mit folgendem Tenor:

1. Der ...com Entertainment GmbH wird untersagt, selbst oder durch Dritte - insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen - öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln. Der ...com Entertainment GmbH wird untersagt, an der Veranstaltung oder der Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel über das Internet in Bayern mitzuwirken.

2. Der Bereich „Games“ ist nicht Gegenstand dieses Bescheids. Diesbezüglich ist der Erlass eines gesonderten Untersagungsbescheides beabsichtigt.

3. Falls die ...com Entertainment GmbH nach dem Ablauf des 29. Oktober 2009 der Untersagungsanordnung in Ziffer 1. dieses Bescheids zuwiderhandeln sollte, wird ein Zwangsgeld in Höhe von 100.000 EUR zur Zahlung fällig.

4. Die ...com Entertainment GmbH hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.

5. Für diesen Bescheid wird eine Gebühr in Höhe von 10.000 EUR erhoben.

Auslagen sind in Höhe von 5,65 EUR angefallen.

Der Bescheid stützt sich auf § 9 Abs. 1 Satz 2 des Glücksspielstaatsvertrages (GlüStV). Das Angebot auf der Internetseite www...com verstoße gegen das Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV. Dass die Klägerin nicht selbst als Veranstalterin oder Vermittlerin auftrete, sondern die Veranstaltung oder Vermittlung lediglich durch Enkelunternehmen (...com Entertainment Ltd. und ...com Internet Ltd.) auf der Internetseite der Domain eines weiteren Enkelunternehmens (...com International Ltd.) betreibe, stehe ihrer sicherheitsrechtlichen Störereigenschaft nicht entgegen.

Die Klägerin besitze umfassende Kenntnis von den aufgeführten Aktivitäten ihrer Enkelunternehmen sowie der ...com Holding Ltd. als deren Muttergesellschaft. Außerdem verfüge sie über umfassende Einflussmöglichkeiten auf das Handeln oder Unterlassen ihrer Tochterunternehmen und deren Tochterunternehmen. Im Übrigen verstehe sich die Klägerin als operatives Steuerungszentrum des ...-Konzerns hinsichtlich der Glücksspielaktivitäten unter der Marke „...“

Das von der ...com Internet Ltd. und der ...com Entertainment Ltd. veranstaltete oder vermittelte Glücksspiel stelle öffentliches Glücksspiel im Sinne des § 3 Abs. 1 und 2 GlüStV dar. Um den Versuch des Unterlaufens der Untersagung durch Auswechslung des Unternehmens mit Veranstaltereigenschaft zu unterlaufen, werde nicht nur die Veranstaltung, sondern auch die Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel untersagt. Der Klägerin werde auch die Beauftragung Dritter untersagt, das gelte insbesondere, aber nicht ausschließlich, für ihr Tochter- und ihre Enkelunternehmen. Soweit diese derzeit in Bayern über das Internet öffentliches Glücksspiel im Sinne von § 3 GlüStV veranstalteten oder vermittelten, sei die auf die Zukunft gerichtete Unterlassungspflicht aufgrund Ziffer 1 des Bescheides durch die Beseitigung der rechtswidrigen Zustände zu erfüllen. Überdies werde der Klägerin auch jegliche Mitwirkung an der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinne des § 3 GlüStV über das Internet in Bayern untersagt. Dies umfasse Hilfsdienste in jeglicher Form, auch das selbst oder durch Dritte erfolgende Bereithalten von Internet-Domains, wie derzeit durch das Enkelunternehmen ...com International Ltd. sowie jegliche Anstiftungshandlungen zur Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel über das Internet in Bayern, wie etwa durch entsprechende Aufforderungen an Dritte, z. B. an beauftragte Unternehmen, an Tochter- oder Enkelunternehmen.

Auf welche Weise die Klägerin die auf Bayern beschränkte Untersagungsanordnung in Ziffer 1 des Bescheides erfülle, stehe in ihrem eigenen Ermessen. Eine Möglichkeit zur Erfüllung wäre die vollständige Einstellung des Glücksspielangebots. Stattdessen bestehe beispielsweise auch die Möglichkeit des Einsatzes eines zuverlässigen technischen Internet-Geolokalisationsverfahrens oder der Ausschluss von Spielteilnehmern, die sich in Bayern aufhielten, mittels Mobilfunkortung. Diese Optionen seien jedoch nicht abschließend, der Klägerin stehe es frei, ein anderes Verfahren zum Ausschluss bayerischer Spielteilnehmer einzusetzen; die Anbringung eines so genannten Disclaimers sei jedoch nicht ausreichend, ebenso wenig der Ausschluss von Spielteilnehmern, deren Wohnsitz in Bayern liege, weil nicht dieser, sondern der Aufenthaltsort des Spielers zum Zeitpunkt der Spielteilnahme maßgebend sei. Die Untersagungsanordnung entspreche auch dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit. Auf die weitere Begründung wird Bezug genommen.

Die Klägerin erhob am 20. Oktober 2009(unter dem Az. AN 4 K 09.01925, jetzt AN 4 K 12.01018) Klage gegen den Bescheid der Regierung vom 28. September 2009.

Zur Begründung führt die Klägerin aus, sie beschäftige sich im Wesentlichen mit dem Erzielen von Einkünften aus der Veräußerung von Urheberrechten, Patenten usw., dem Betrieb von elektronischen Medien und dem Betrieb eines Marketing-Unternehmens. Sie biete weder selbst noch durch Dritte, insbesondere auch nicht durch ein „Tochterunternehmen“, öffentliches Glücksspiel in Bayern an und veranstalte und vermittle dieses auch nicht, insbesondere auch nicht über das Internet. Schon dies führe zur Rechtswidrigkeit der angefochtenen Untersagung. Bereits im Anhörungsverfahren sei darauf hingewiesen worden, dass es sich bei den Firmen ...com Internet Ltd. und ...com Entertainment Ltd. gerade nicht um Tochterunternehmen der Klägerin handele und auch keine weitreichenden Einflussnahmemöglichkeiten - welche die Regierung von Mittelfranken auch nicht näher dargestellt habe - bestünden. Den bezeichneten Unternehmen, also den eigentlichen Anbieterinnen der Sportwetten bzw. anderer Spiele, seien bereits entsprechende Untersagungsanordnungen zugesandt worden. Es sei nicht nachvollziehbar, nicht begründet und ermessensfehlerhaft, wenn nunmehr der Klägerin, einem Unternehmen mit Sitz in Österreich, bei dem es sich nicht einmal um ein „Mutterunternehmen“ der vorgenannten Firmen handele, eine Verfügung zugestellt werde, nach der aufgrund angeblicher, nicht näher beschriebener Einflussmöglichkeiten dafür gesorgt werden solle, dass diese auf Malta befindlichen Unternehmen keine „Glücksspiele“ mehr in Bayern anbieten sollten, was weder rechtlich noch tatsächlich möglich sei. Die Klägerin sei nicht die richtige Adressatin der Ordnungsverfügung. Wie die Regierung von Mittelfranken in der Begründung selbst ausführe, veranstalte oder vermittle die Klägerin keine solchen Sportwetten oder andere Spiele, weshalb es auch keinen Sinn mache, ihr diese Tätigkeit zu untersagen. Es fehle somit schon an der Erforderlichkeit der Untersagungsanordnung. Zudem handele es sich bei den Firmen ...com Internet Ltd. und ...com Entertainment Ltd. nicht um Tochterunternehmen der Klägerin, so dass auch insoweit die Störerauswahl fehlerhaft und die Ermessenprüfung unrichtig vorgenommen worden sei. Der Sachverhalt sei von der Regierung von Mittelfranken nicht ordnungsgemäß und ausreichend erforscht worden. Sie stütze ihre Ausführungen auf Annahmen und Vermutungen. Beispielsweise beschränke sich eine Beteiligungsgesellschaft darauf, sich an anderen Unternehmen zu beteiligen, ohne unmittelbar Einfluss auf deren Geschäft zu haben oder überhaupt nehmen zu können. Wie die Einflussmöglichkeiten auf die Firmen in Malta aussehen sollten, welche gesellschaftsrechtlichen Mehrheiten bestünden und welche gesellschaftsrechtlichen Beschlüsse gefasst werden müssten, um irgendwelchen Enkelunternehmen irgendetwas vorgeben zu können, sei weder dargestellt noch in die Ermessenentscheidung eingeflossen. Die Verfügung sei weder faktisch noch tatsächlich umsetzbar. Die Klägerin habe weder das Recht noch die faktische Herrschaft über die Internetseite www...com. Sie selbst betreibe diese Seite nicht und lasse sie auch nicht durch Dritte in Bayern über das Internet betreiben. Daher könne ihr auch nicht aufgegeben werden, irgendeinen nicht näher bezeichneten Einfluss geltend zu machen.

Zudem werde ein überdurchschnittlich hoher Zwangsgeldbetrag angedroht, welcher über der gesetzlichen Höchstgrenze von 50.000,00 EUR liege. Ein Grund für die Androhung eines derart hohen Zwangsgeldes sei nicht ersichtlich, eine konkrete Begründung hierzu lasse sich dem Bescheid nicht entnehmen. Den unmittelbaren Anbieterinnen in Malta seien Zwangsgelder in solcher Höhe gerade nicht angedroht worden. Die Klägerin habe auch nur geringe Einnahmen, so dass dieses Zwangsgeld völlig unverhältnismäßig sei.

Im Übrigen habe das Oberlandesgericht Köln ausdrücklich festgestellt, dass eine reine Holding-Gesellschaft nicht als Störerin eines wettbewerbsrechtlichen Unterlassungsanspruches in Anspruch genommen werden könne. Verwaltungsrechtlich könne nichts anderes gelten. Im Übrigen würden weder durch die Klägerin noch durch Tochterunternehmen oder sonst dritte Unternehmen über das Internet in Bayern Glücksspiele veranstaltet oder vermittelt werden. Als Veranstaltungsort sei der Ort anzunehmen, an dem der Server stehe, das Wettveranstaltungsunternehmen seinen Sitz habe und wo die Quoten erstellt würden. Vorliegend sei dies in jedem Fall Malta, wo auch eine Lizenz der zuständigen Aufsichtsbehörde erteilt worden sei. Eine Vermittlung von Glücksspielen an Dritte finde ohnehin nicht statt, so dass die Verfügung auch in diesem Punkt rechtswidrig, da nicht erforderlich sei. Die Klägerin leiste auch keine Hilfsdienste und beauftrage auch keine Dritte mit der Durchführung von Glücksspielen.

Zumindest hilfsweise werde noch angemerkt, dass die vollständige Einstellung des Glücksspielangebotes als Möglichkeit der Erfüllung der Untersagungsanordnung unverhältnismäßig sei. Es sei bereits nicht erkennbar, dass in Bayern überhaupt Kunden durch die Unternehmen in Malta angesprochen würden. Die vorgeschlagene Mobilfunkortung verstoße gegen datenschutzrechtliche Bestimmungen. Die Geolokalisation sei, wie durch verschiedene Gutachten und in der Rechtsprechung festgestellt, unausgereift und ermögliche daher den Betreibern einer Internetseite nicht, das vom Beklagten gewünschte Verhalten zu entfalten. Daher werde von der Klägerin ein tatsächlich unmögliches Verhalten gefordert. Es sei im Übrigen Sache des Beklagten konkret aufzugeben und vorzugeben, wie er sich die Umsetzung der konkreten Verfügung vorstelle. Wenn der deutsche Gesetzgeber den Ausschluss deutscher Kunden von Internetseiten ausländischer Glücksspielanbieter wünsche, möge er hierfür die gesetzlichen Grundlagen schaffen, insbesondere die Provider gesetzlich verpflichten, entsprechende Seiten für Kunden in bestimmten Gegenden Deutschlands nicht mehr zugänglich zu machen. So lange dies unterbleibe, bestehe für ein ausländisches Unternehmen keine Veranlassung, in irgendeiner Form dafür Sorge zu tragen, dass Kunden aus einem bestimmten europäischen Land im Internet nicht mehr auf deren Seite zugreifen könnten, zumal wenn sie über eine entsprechende Lizenz am Veranstaltungsort verfügten.

Das Glücksspiel falle unter die Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit. Auch der Schutzbereich des Art. 12 GG sei tangiert. Der Eingriff in diese Rechte sei nicht gerechtfertigt, zumal Poker und andere Spiele in zahlreichen deutschen Casinos zu finden seien. Der erforderliche Jugendschutz werde durch die Aufsichtsbehörde in Malta sichergestellt. Wegen der fehlenden Kohärenz, des unveränderten Fortbestands des Lottoannahmestellennetzes in Bayern und in Deutschland sowie der weiterhin erfolgenden Ermunterung zum Abschluss von Wetten und Lotterien durch die Lottogesellschaften der Länder werde gegen das Gemeinschaftsrecht verstoßen. Ein Nachweis, dass von Poker überhaupt Suchtgefahren ausgingen, fehle weiterhin. Ein Monopol im Bereich verschiedener Glücksspielprodukte sei zudem nicht erforderlich, weil die Suchtgefahren auch durch die Erteilung von Auflagen an private Anbieter begrenzt werden könnte. Zudem seien die im Glücksspielstaatsvertrag vorgegebenen Werbebeschränkungen unschlüssig und widersprüchlich.

Weiter werde auf das Urteil des Europäischen Gerichtshofs vom 15. September 2011 (10-347/09) verwiesen, durch welches die unionsrechtlichen Anforderungen an ein Glücksspielmonopol verschärft worden seien. Die Ermessensentscheidung sei allein schon deshalb fehlerhaft, weil kein vollständiges Internetverbot in Bayern und bundesweit mehr bestehe. Weiterhin seien in Schleswig-Holstein Lizenzen für Sportwetten im Internet erteilt worden, in den anderen 14 Bundesländern bestehe die Möglichkeit, eine Lizenz zu erhalten, das Konzessionsverfahren sei zentral in Hessen ausgeschrieben und die Fa. ...com Internet Ltd. habe sich dort beworben. Ein Austausch von Ermessenserwägungen sei nicht möglich, so dass die Verfügung aufzuheben sei. Durch den Glücksspieländerungsstaatsvertrag sei am 1. Juli 2012 eine neue Rechtslage in Kraft getreten, die zur Rechtswidrigkeit des Bescheids führe. Im Übrigen wurde ausführlich dargestellt, weshalb insbesondere durch die Lizenzerteilung in Schleswig-Holstein nunmehr eine Inkohärenz auch im Bereich des Internets vorliege.

Die erhobene Gebühr verstoße gegen das im Kostenrecht geltende Äquivalenzprinzip. Zudem sei auch die gesetzte Frist zur Umsetzung von ca. zwei Wochen nicht im Ansatz ausreichend, um unter Beachtung der gesellschaftsrechtlichen Verträge und Vorschriften in den einzelnen europäischen Ländern die Vorgabe der Behörde zu erfüllen.

Schließlich habe sich durch das Schleswig-Holsteinische Landesglücksspielgesetz seit dem 1. Januar 2002 eine neue Lage ergeben, zumal auch die Firma ...com Internet Ltd. eine schleswig-holsteinische Lizenz erhalten habe. Aufgrund der in Schleswig-Holstein erteilten Lizenzen ergebe sich die Inkohärenz des Internetverbots, die somit gegen Europäisches Recht verstoße und damit unwirksam sei. Entsprechendes ergebe sich sowohl aus verschiedenen Entscheidungen deutscher Gerichte als auch der des Europäischen Gerichtshofs. Schließlich hätten die Lottogesellschaften seit langer Zeit gegen die Werbeverbote in § 5 Abs. 1, 2 und 3 GlüStV, verstoßen, ohne dass die Behörden dagegen effektiv eingeschritten wären, ungeachtet der Inkohärenz des Internetverbotes. Weiterhin sei durch den neuen Glücksspieländerungsstaatsvertrag am 1. Juli 2012 eine neue gesetzliche Regelung in Kraft getreten, so dass sich die Rechtsgrundlage für den die Klägerin weiterhin belastenden Dauerverwaltungsakt maßgeblich verändert habe. Nachdem nunmehr die Möglichkeit zur Konzessionierung von Wettveranstaltungen für das Internet gegeben sei, bestehe eine völlig andere Rechtslage als zum Zeitpunkt des Erlasses des gegenständlichen Bescheids vom 28. September 2009. Schließlich seien auch die Ermessenserwägungen im angefochtenen Bescheid darauf gestützt worden, dass ein vollständiges Internetverbot in Bayern bundesweit bestehe, dies sei jedoch seit dem 1. Juli 2012 nicht mehr der Fall. Zudem habe ein Tochterunternehmen der Klägerin eine Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten in Schleswig-Holstein erhalten. Schließlich beteilige sich die Firma ...com Internet Ltd. am Lizenzierungsverfahren in Hessen. Bisher sei nach den gesetzlichen Vorschriften eine Lizenzerteilung gar nicht möglich gewesen, so dass man die Betroffenen auch nicht auf die fehlende Erlaubnis verweisen könne.

Die Klägerin beantragt

den Bescheid des Beklagten vom 28. September 2009 aufzuheben.

Der Beklagte beantragt,

die Klage abzuweisen.

Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dieStörereigenschaft der Klägerinergebe sich aus Art. 9 Abs. 1 Satz 4 BayLStVG. Unter Heranziehung dieses Rechtsgedankens sei von der obergerichtlichen Rechtsprechung wiederholt dargelegt worden, dass im Bereich des Glücksspielrechts auch die Muttergesellschaft als Störerin in Anspruch genommen werden könne, sofern ihre Tochterunternehmen unerlaubtes Glücksspiel veranstalteten. Als (Groß-)Muttergesellschaft sei auch die Klägerin sicherheitsrechtlich für das Vorgehen der ...com Entertainment Ltd. und der ...com Internet Ltd. verantwortlich und damit zu Recht Adressatin der glücksspielrechtlichen Untersagungsanordnung. Aus den Pressemitteilungen der ...com-Unternehmensgruppe gehe hervor, dass diese Online-Wetten anbiete. Wenn sogar die ...com AG als Muttergesellschaft der Klägerin von sich behaupte, Online-Wetten anzubieten, erscheine es schlichtweg nicht glaubhaft, dass die Klägerin selbst am Glücksspielangebot nicht mitwirke. Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nrn. 4 und 5 GlüStV könne im Sinne einer effektiven Glücksspielaufsicht sogar gegen Zugangsprovider und Finanzdienstleister vorgegangen werden, die Glücksspielanbieter unterstützten. Vor diesem Hintergrund müsse ein Vorgehen gegen die (Groß-)Muttergesellschaft erst recht möglich sein, weil diese einen höheren Grad an Verflechtungen und Einflussnahmemöglichkeiten gegenüber der glücksspielanbietenden Enkelgesellschaft besäße als ein Dienstleister als außenstehender Dritter. Die Enkelgesellschaften der Klägerin hätten jeweils einen Untersagungsbescheid der Regierung von Mittelfranken vom 26. August 2009 bezüglich der Veranstaltung oder Vermittlung unerlaubten öffentlichen Glücksspiels erhalten. Der streitgegenständliche gegen die Klägerin gerichtete Untersagungsbescheid sei dagegen bewusst erst auf den 28. September 2009 datiert und daher erst dann erlassen worden, nachdem die Enkelgesellschaften der Klägerin die an sie gerichteten Bescheide vom 26. August 2009 nicht befolgten. Die fraglichen Bescheide seien daher nicht zeitgleich, sondern gezielt zeitlich versetzt erlassen worden. Im Sinne einer effektiven Gefahrenabwehr sei es rechtmäßig, auch die Klägerin neben ihren Enkelgesellschaften in Anspruch zu nehmen. Dass die Klägerin nicht Mutter- sondern Großmuttergesellschaft der Glücksspielanbieterinnen darstelle, ändere hieran nichts. Gerade bei gesellschaftsrechtlichen Verflechtungen lasse sich sehr leicht eine Zwischenebene einführen. Dies würde weitreichende Umgehungsmöglichkeiten eröffnen, weshalb auch die (Groß-)Muttergesellschaft die Verantwortung für das veranstaltete Glücksspiel trage.

Dem Bescheid fehle es auch nicht an der erforderlichen Bestimmtheit. Bereits aus dem Bescheidtenor werde deutlich, dass von der Klägerin die Unterlassung des bezeichneten Glücksspielangebots verlangt werde. Indem der Klägerin die Mitwirkung an der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Internet untersagt worden sei, sei dem Umstand Rechnung getragen worden, dass das Glücksspiel insbesondere durch die beiden Tochterunternehmen veranstaltet würde. Eine genaue Angabe, auf welche Weise die begehrte Handlung auszuführen sei, sei nicht erforderlich. Nachdem die Klägerin selbst einen wesentlich detaillierteren Einblick in ihre Konzernstrukturen habe als die Regierung von Mittelfranken, erscheine eine konkrete Anordnung bezüglich der Art und Weise der Befolgung der Verfügung nicht sachgerecht und unter Umständen wegen der stärkeren Eingriffsintensität sogar ermessensfehlerhaft. Nachdem das Veranstalten oder Vermitteln von Glücksspielen im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV bundesweit verboten sei, erscheine es auch nicht unverhältnismäßig, auf die vollständige Unterlassung des Glücksspielangebotes auf der genannten Internetseite zu verweisen. Die Untersagungsanordnung sei für die Klägerin erfüllbar, so dass kein Fall der Unmöglichkeit vorliege. Denn für die Enkelgesellschaften bestünde die Möglichkeit der vollständigen Unterlassung des Glücksspielangebots. Als übergeordnete Großmuttergesellschaft habe die Klägerin immer die Möglichkeit, auf ihre 100%ige Enkelgesellschaft entscheidend Einfluss zu nehmen und entsprechend einzuwirken. Zumindest nach den Grundsätzen der Anscheinsgefahr bestehe die Vermutung, dass eine entsprechende Einflussnahmemöglichkeit bestehe. Es wäre damit Sache der Gegenseite, detailliert nachzuweisen, dass tatsächlich kein entsprechender Einfluss genommen werden könne.

Schließlich wurde mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2013 an die Klägerin zur Ergänzung der Bescheidsbegründung weiter ausgeführt, die Rechtslage bezüglich der Veranstaltung oder Vermittlung von Poker- und Casinospielen über das Internet in Bayern habe sich mit dem Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags nicht geändert, denn diese seien weiterhin nicht erlaubnisfähig. Hinsichtlich der Möglichkeit einer Erlaubniserteilung für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten im Internet sei nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts bleibe eine Untersagung zur Gefahrenabwehr erforderlich, solange nicht offensichtlich sei, dass eine materielle Legalität vorliege oder jedenfalls mit Nebenbestimmungen gesichert werden könne. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Die Untersagung sei auch verhältnismäßig, es liege weder ein Fall rechtlicher noch tatsächlicher Unmöglichkeit vor. Schließlich sei der derzeitige Internetauftritt der ...com Internet Ltd. nicht von der erteilten schleswig-holsteinischen Lizenz gedeckt, denn dort würden nur Internetangebote mit Top-Label-Domäne für Deutschland genehmigt. Der Internetauftritt unter www...com/de sei somit in keinem Bundesland erlaubt, so dass eine Abschaltung des Angebots im gesamten Bundesgebiet zumutbar sei. Davon werde Abstand genommen, sobald sich das von der Klägerin beworbene Glücksspielangebot im Rahmen der von Schleswig-Holstein erteilten Genehmigung halte. Technisch und rechtlich sei es auch möglich, durch die Implementierung eines Geolokalisationsverfahrens einschließlich anderer Lokalisationsverfahren wie insbesondere Mobilfunkortung eine Spielteilnahme aus Bayern zu verhindern.

Auch die Gebührenfestsetzung sei rechtmäßig. Die Behörde müsse sich nicht darauf beschränken, lediglich positive Auswirkungen des erlassenen Verwaltungsakts für den Adressaten zu berücksichtigen. Vielmehr sei es zwingend geboten, auch negative Auswirkungen, hier also die wirtschaftlichen Folgen der Untersagungsanordnung für die Klägerin, zugrunde zu legen.

Auch das festgesetzte Zwangsgeld in Höhe von 100.000,00 EUR sei in der Höhe nicht zu beanstanden. Dieses orientiere sich am wirtschaftlichen Interesse des Pflichtigen. Reiche das gesetzliche Höchstmaß von 50.000,00 EUR hierfür nicht aus, könne diese Grenze nach Art. 31 Abs. 2 Satz 3 BayVwZVG überschritten werden. Aufgrund der großen Bedeutung der Verfahren im Glücksspielrecht sei dies regelmäßig der Fall.

Weiter wird ausgeführt, dass der Verweis auf Art. 9 Abs. 1 Satz 4 BayLStVG nicht zwingend bedeute, dass die Enkelgesellschaften der Klägerin als Verrichtungsgehilfen tätig seien. Die Störereigenschaft werde mit dem Rechtsgedanken dieser Vorschrift begründet. Es treffe nicht zu, dass die Antragstellerin keine Möglichkeit habe, die Unterlassung des Glücksspielangebots zu veranlassen. Bei der Fristsetzung, die bei einem Unterlassen nicht notwendig sei, müssten auch nicht die zivilrechtlichen Verpflichtungen der Antragstellerin beachtet werden. Eine Großmuttergesellschaft habe innerhalb kürzester Zeit die Möglichkeit, die Enkelgesellschaften abzuwickeln und damit auch für eine Unterlassung des von ihnen bereitgestellten illegalen Glücksspielangebots zu sorgen. Die gesetzte Erfüllungsfrist sei daher wesentlich länger als rechtlich geboten, soweit eine solche überhaupt erforderlich sei.

Auch sei gemäß § 4 Abs. 4 GlüStV das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet grundsätzlich weiter verboten. Dem Bescheid vom 28. September 2009 sei ohne weiteres im Wege der Auslegung zu entnehmen, dass die Untersagung der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel über das Internet in Bayern gegenstandslos werde, wenn und soweit für das Veranstalten und das Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet von der zuständigen Stelle eine Erlaubnis erteilt werde. Im Übrigen führe auch weder die neue Rechtslage seit dem 1. Juli 2012 noch die zwischenzeitliche Rechtslage in Schleswig-Holstein zu einer Inkohärenz im hier maßgeblichen Bereich. Im Übrigen wurde ausführlich dargelegt, weshalb nach Auffassung des Beklagten auch im Hinblick auf die Rechtsprechung des EuGH das Internetvertriebsverbot nach § 4 Abs. 4 GlüStV mit Unionsrecht vereinbar sei, insbesondere keine Inkohärenz bestehe. Insbesondere habe die Regelung im Land Schleswig-Holstein nur eine verschwindend geringe Auswirkung (etwa 3% des Marktanteils), so dass sich an der Kohärenz des Internetverbots nichts ändere, da auf die Online-Casinospiele und Online-Sportwetten nur von Teilnehmern aus zugegriffen werden dürfe, die sich in diesem begrenzten Landesgebiet aufhielten.

Die Kammer hat den Antrag der Klägerin auf Anordnung der aufschiebenden Wirkung der Klage mit Beschluss vom 12. März 2010 (AN 4 S 09.01969) abgelehnt, der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat mit Beschluss vom 1. April 2012 (10 CS 10.589) die Beschwerde zurückgewiesen, auf beide Entscheidungen wird Bezug genommen.

In der mündlichen Verhandlung am 28. Januar 2014 beantragte der Klägervertreter die Aufhebung des Bescheids vom 28. September 2009 für die Zukunft und erklärte das Verfahren für die Vergangenheit für erledigt. Die Beklagtenvertreter stimmten der Erledigungserklärung zu und beantragten, im Übrigen die Klage abzuweisen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Gerichts- und Behördenakten, auch die des beigezogenen Eilverfahrens, hinsichtlich der mündlichen Verhandlung auf die Niederschrift Bezug genommen.

Gründe

Die Klage ist, soweit das Verfahren nicht durch die übereinstimmenden Erledigungserklärungen der Parteien beendet wurde, zulässig und begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juni 2010 ist, soweit er noch angefochten ist, also mit Wirkung für die Zukunft, rechtswidrig und verletzt die Klägerin in ihren Rechten.

Maßgeblicher Zeitpunkt für die Beurteilung der Sach- und Rechtslage ist dabei der Zeitpunkt der gerichtlichen Entscheidung, da es sich bei der hier angefochtenen Untersagungsverfügung um einen Dauerverwaltungsakt handelt, der ausschließlich mit Wirkung für die Zukunft angefochten wird.

1. Die Anfechtungsklage der Klägerin ist bereits deshalb begründet, weil die Untersagungsverfügung vom 28. September 2009 in ihrer Nr. 1. als Einzelfallregelung nicht dem Bestimmtheitserfordernis genügt (vgl. § 37 Abs. 1 VwVfG, Art. 37 Abs. 1 BayVwVfG, Art. 20 Abs. 3 GG).

Nach diesen Vorschriften muss ein Verwaltungsakt inhaltlich hinreichend bestimmt sein. Dies bedeutet, dass der Adressat in die Lage versetzt sein muss, zu erkennen, was von ihm gefordert wird, darüber hinaus muss der Verwaltungsakt geeignete Grundlage für Maßnahmen der Vollstreckung sein können. Im Einzelnen richten sich die Anforderungen an die notwendige Bestimmtheit eines Verwaltungsakts nach den Besonderheiten des jeweils anzuwendenden materiellen Rechts. Der Regelungsgehalt des Verwaltungsakts ist entsprechend §§ 133, 157 BGB durch Auslegung zu ermitteln. Dabei ist der erklärte Wille maßgebend, wie ihn der Empfänger bei objektiver Würdigung verstehen konnte. Einzubeziehen sind bei der Feststellung des objektiven Erklärungswertes alle dem Empfänger bekannten oder erkennbaren Umstände, insbesondere auch die Begründung der Verwaltungsaktes (zum Vorstehenden BVerwG, U.v. 16.10.2013, 8 C 21.12).

In Ziffer 1 des angefochtenen Bescheids hat der Beklagte der Klägerin untersagt, selbst oder durch Dritte (insbesondere durch Tochterunternehmen oder deren Tochterunternehmen) öffentliches Glücksspiel im Sinn von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern zu veranstalten oder zu vermitteln oder an der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinn von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern mitzuwirken. In Ziffer 2 des Bescheids wird lediglich der Bereich „Games“ von der Verfügung ausgenommen und der Erlass eines gesonderten Untersagungsbescheides angekündigt. Aus der Begründung des Bescheids ergibt sich, dass der Klägerin nicht nur die Veranstaltung, sondern auch die Vermittlung jeglichen öffentlichen Glücksspiels im Internet untersagt werden soll, damit nicht die Untersagung durch Auswechslung des Unternehmens mit Veranstaltereigenschaft unterlaufen werden kann. Des Weiteren wird die Untersagung der Veranstaltung und der Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel nicht beschränkt auf die Domain www....com, um zu verhindern, dass die Untersagungsordnung durch die schlichte Auswechslung der Domain unterlaufen werden könne. Laut Begründung umfasst die Untersagungsverfügung in Ziffer 1 des Bescheids sowohl die Veranstaltung und die Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinn von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern durch die Klägerin selbst als auch durch Dritte, damit waren von der Untersagung auch die Aktivitäten von Tochter- und Enkelunternehmen sowie deren Tochter- und Enkelunternehmen erfasst. Des Weiteren soll danach erfasst sein auch die Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel durch von der Klägerin oder deren Tochter- und Enkelunternehmen beauftragten Unternehmen. Schließlich wird nach der Begründung des Bescheids auch jegliche Mitwirkung an der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinn von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern untersagt, was Hilfsdienste in jeglicher Form umfasse. Somit betrifft die Untersagung auch das selbst oder durch Dritte erfolgende Bereithalten von Internetdomains als auch jegliche Anstiftungshandlungen zur Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel im Sinn von § 3 GlüStV über das Internet in Bayern, wie etwa durch entsprechende Aufforderungen an Dritte, z. B. an beauftragte Unternehmen, an Tochterunternehmen etc..

Der Beklagte hat damit der Klägerin jeglichen jetzigen oder künftigen Internetauftritt, mit dem öffentliches Glücksspiel betrieben oder vermittelt wird versagt, aber auch jegliche Mitwirkung an der Veranstaltung oder Vermittlung von öffentlichem Glücksspiel, alles jeweils auch durch Dritte, insbesondere sogenannte Tochter- oder Enkelunternehmen. Ausgenommen wird lediglich der Bereich „Games“. Die Untersagungsverfügung bezieht sich also insbesondere nicht auf die zum Zeitpunkt des Bescheiderlasses und bis heute im Unternehmensverbund der Klägerin betriebene Domain www....com und die dort enthaltenen Glücksspielangebote, sondern auf jegliche zukünftige Aktivität der Klägerin in Bezug auf Glücksspiel im Internet, soweit dies von Bayern aus abrufbar ist. Dass die Untersagungsverfügung einschränkend auszulegen wäre, etwa dahingehend, dass nur unerlaubtes Glücksspiel untersagt werde, ist weder dem Tenor noch der Begründung des Bescheids zu entnehmen, zumal zum Zeitpunkt des Erlass des Bescheides nach § 4 Abs. 4 GlüStV 2008 das Veranstalten und Vermitteln öffentlicher Glücksspiele im Internet generell verboten war. Mit diesem Inhalt gilt der Bescheid bis heute unverändert fort, da eine Konkretisierung oder Beschränkung der ursprünglich getroffenen Untersagungsverfügung bis heute nicht erfolgt ist und der Beklagte ausdrücklich am Bescheidsinhalt festhält. Damit aber hat der Beklagte mit der weiten Fassung der Untersagungsverfügung keine bestimmte, konkrete Einzelfallregelung getroffen, sondern lediglich die abstrakt generelle gesetzliche Regelung wiedergegeben und deren Konkretisierung offen gelassen. Damit fehlt es aber an einem hinreichend bestimmten Verwaltungsakt (vgl. BVerwG a. a. O.). Diese umfassende Untersagungsverfügung ist gegen die Klägerin ergangen, obwohl diese unstreitig eine Vermittlung von Glücksspiel im Internet bisher nie betrieben hat und auch keine Anhaltspunkte dafür bestehen, dass sie in Zukunft solches tun könnte. Selbst wenn man, wie die Kammer im Eilverfahren, davon ausgeht, dass aufgrund der Tatsache, dass die Klägerin als Mutterunternehmen der ...com Holding Ltd. auf diese und die zum Konzern gehörenden Gesellschaften unmittelbar oder mittelbar beherrschenden Einfluss ausübt und damit auch als Mitveranstalterin der von einzelnen Konzernunternehmen veranstalteten Glücksspiele im Internet anzusehen ist, geht doch der Umfang der Untersagungsverfügung weit über das hinaus, was von der Klägerin in den vergangenen Jahren tatsächlich unternommen wurde.

2. Die Klage hat auch deshalb Erfolg, weil die Regierung von Mittelfranken das ihr nach § 9 Abs. 1 Satz 2 und 3 GlüStV eröffnete Ermessen, insbesondere das ihr bei mehreren Störern, deren Inanspruchnahme in Frage kommt, bestehende Auswahlermessen nicht ausgeübt hat.

2.1 Gemäß § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV kann die zuständige Behörde die erforderlichen Anordnungen erlassen, um unerlaubtes Glücksspiel zu unterbinden. Die auf der Internetseite www....com angebotenen Glücksspiele verstoßen gegen das grundsätzliche Verbot der Veranstaltung und Vermittlung öffentlichen Glücksspiels im Internet (§ 4 Abs. 4 GlüStV). Die Klägerin oder eine der anderen Konzerngesellschaften besitzen auch keine Erlaubnis für das Veranstalten von Glücksspiel im Internet in Bayern, da selbst die einer Konzerngesellschaft der Klägerin erteilte schleswig-holsteinische Lizenz zur Veranstaltung von Sportwetten im Internet in der Wirkung nur auf das Gebiet des Landes Schleswig-Holstein beschränkt ist und mangels entsprechender Kompetenz der schleswig-holsteinischen Behörden keine tragfähige rechtliche Grundlage für in Bayern veranstaltetes Glücksspiel im Internet sein kann. Die Kammer geht auch in Übereinstimmung mit der Regierung von Mittelfranken unter Bezugnahme auf die entsprechenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheids davon aus, dass die Klägerin grundsätzlich als (Mit-)Veranstalterin des Glücksspielangebots auf den Internetseiten www...com anzusehen ist, so dass grundsätzlich eine entsprechende Untersagungsverfügung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 i. V. m. § 4 Abs. 4 GlüStV an sie gerichtet werden kann. Die Klägerin kann damit grundsätzlich nach den allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen der Störerauswahl aus Art. 9 LStVG bzw. Art. 8 ff. PAG als Störerin in Anspruch genommen werden, zumal § 9 Abs. 1 GlüStV keine Regelung dahingehend enthält, wem gegenüber die erforderliche Anordnung zur Einhaltung der nach dem Glücksspielstaatsvertrag oder aufgrund des Staatsvertrags begründeten öffentlich-rechtlichen Pflichten zu ergehen hat. Die von der Klägerseite gestellte Behauptung, die Klägerin sei praktisch ohne Einfluss auf das operative Geschäft ihrer Tochter- und Enkelgesellschaften, wird von der Kammer in Übereinstimmung mit den Ausführungen im Eilverfahren nicht geteilt. Die Tatsache, dass die Klägerin die Muttergesellschaft der...com Holding Ltd. ist, und selbst oder durch ihre Tochtergesellschaften jeweils 100%ige Eigentümerin der weiteren Konzerngesellschaften, die die Internetseite www...com betreiben, ist, zeigt, dass sie zwangsläufig maßgeblichen Einfluss auf die Geschäftstätigkeit dieser Gesellschaften nehmen kann und insbesondere deren Tätigkeit auch einschränken oder insgesamt unterbinden kann. Auf welchem konkreten Weg und insbesondere innerhalb eines welchen Zeitraums letztendlich die Durchsetzung einer entsprechenden Willensäußerung der Klägerin gegenüber den die Internetseite betreibenden Firmen erfolgen kann, kann dabei offenbleiben.

Nach den allgemeinen sicherheitsrechtlichen Grundsätzen der Störerauswahl kommen als Verantwortliche grundsätzlich der sogenannte Handlungsstörer, Zustandsstörer oder Verrichtungsgehilfe (Art. 9 Abs. 1 Satz 4 LStVG) in Betracht. Ob dabei die Klägerin unmittelbare Mitveranstalterin des verbotenen Glücksspiels ist oder dies mittels anderer Konzerngesellschaften veranstaltet oder veranstalten lässt, ist dabei nicht entscheidungserheblich, weil es grundsätzlich zulässig ist, eine Untersagungsverfügung nach § 9 Abs. 1 Satz 2 GlüStV auch an den sogenannten Zweckveranlasser neben dem Handlungsstörer oder an einen Handlungsstörer neben einem anderen Handlungsstörer zu richten (BayVGH v. 1.4.2011, 10 CS 10.2180). Allerdings hat die Behörde beim Vorhandensein mehrerer Störer, die in Anspruch genommen werden können, ihre Entscheidung, welchen oder welche Störer sie heranziehen will, nach pflichtgemäßem Ermessen zu treffen. Die Entscheidung für die Inanspruchnahme einer oder mehrerer bestimmter Personen aus dem Kreis der Verantwortlichen steht vor dem Hintergrund des Prinzips der Effektivität der Gefahrenabwehr im Ermessen der Sicherheitsbehörde. Dieses Ermessen muss pflichtgemäß ausgeübt werden; es kann sich an verschiedenen Gesichtspunkten, wie der Wirksamkeit und Schnelligkeit des Eingreifens, der Leistungsfähigkeit, der Sach- und Ortsnähe oder anderen Kriterien orientieren, wobei denkbar ist, auch mehrere Störer in Anspruch zu nehmen (vgl. BayVGH, B.v. 24.1.2012 - 10 CS 11.1670 -).

An einer solchen Ermessensbetätigung fehlt es aber im angefochtenen Bescheid der Beklagten vom 16. Juni 2010, eine solche wurde auch nicht im Verfahren wirksam nachgeholt.

Die Regierung von Mittelfranken hat im angefochtenen Bescheid nicht dargelegt, aus welchen Gründen neben der ...com-Internet Ltd. und der ...com Entertainment Ltd., den Betreibern der Website www...com, gegen die jeweils Untersagungsbescheide vom 26. August 2009 ergangen waren, sowie neben der ...comHolding Ltd., gegen die mit Bescheid vom 28. September 2009 ein entsprechender Untersagungsbescheid ergangen war, auch die Klägerin als Muttergesellschaft in Anspruch genommen wird. Die umfangreichen Ausführungen, mit denen die Störereigenschaft der Klägerin begründet wurde, sind nicht geeignet, die Ermessensentscheidung des Beklagten im Hinblick auf die Störerauswahl zu belegen und eine solche darzustellen.

Hinsichtlich der Störerauswahl ist hier das Ermessen des Beklagten auch nicht auf Null reduziert, weil bereits gegenüber anderen Konzernunternehmen eine Untersagungsverfügung ergangen war. Die Regierung von Mittelfranken hätte im Untersagungsbescheid Erwägungen anstellen und Ausführungen dazu machen müssen, weshalb die Klägerin neben den bereits in Anspruch genommenen Konzernunternehmen als weitere Störerin in Anspruch genommen wurde. Eine entsprechende Ermessensbetätigung und -begründung wurde auch bis zur gerichtlichen Entscheidung nicht nachgeholt, ungeachtet der Frage, ob eine solche Nachholung gemäß § 114 Abs. 2 VwGO überhaupt zulässig gewesen wäre.

Hinzu kommt, dass der Beklagte gegen die beiden Betreiberinnen der Website www....com, die ...comInternet Ltd. und die ...com im Entertainment Ltd. zwar Untersagungsbescheide erließ, in diesen aber weder eine Frist für die Umsetzung der Verfügung angab noch ein Zwangsgeld androhte. Gegen die ...com Holding Ltd., die Eigentümerin der Betreibergesellschaften ist, war eine Untersagungsverfügung ebenfalls ohne Fristsetzung und Zwangsgeldandrohung mit Bescheid vom 28. September 2009 erlassen worden. Dem gegenüber enthielt die mit Bescheid ebenfalls vom 28. September 2009 gegenüber der Klägerin ergangene Untersagungsverfügung eine Fristsetzung sowie eine Zwangsgeldandrohung in Höhe von 100.000,00 EUR, ebenso wie der Untersagungsbescheid gegen deren Muttergesellschaft, die ...com AG. Insoweit enthält der angefochtene Bescheid keinerlei Erklärung oder Begründung, weshalb die verschiedenen Gesellschaften auf so unterschiedliche Weise in Anspruch genommen wurden und welcher Zweck damit verfolgt wird. Die Angaben der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, man habe Zwangsgelder gegen die in Deutschland und Österreich ansässigen Konzerngesellschaften erlassen wegen der in diesen Ländern vermuteten leichteren Durchsetzbarkeit gegenüber den in Malta ansässigen weiteren Konzerntöchtern, reicht als Begründung für dieses Verhalten gegenüber den unterschiedlichen Störern nicht aus, da einerseits diese Vermutung durch nichts belegt wurde und der Versuch der Inanspruchnahme von Internetfirmen in Österreich in anderen dem Gericht bekannten Fällen ebenfalls scheiterte, weil die österreichischen Behörden rechtskräftige und nicht nur eine sofort vollziehbare Untersagungsverfügung verlangten. Zudem ist zu beachten, dass die konkrete Umsetzung und damit auch der dafür notwendige Zeitaufwand umso schwieriger bzw. höher wird, je weiter die in Anspruch genommene Gesellschaft in der Konzernhierarchie von den Betreiberunternehmen der Website entfernt ist, da möglicherweise über verschiedene Zwischenschritte erst die dazwischen gelagerten Konzernunternehmen zu entsprechendem Tätigwerden veranlasst werden müssen.

2.2 Weitere erhebliche Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der Inanspruchnahme der Klägerin ergeben sich aus heutiger Sicht auch daraus, dass die Behörde nach ihren eigenen Angaben seit mehr als zwei Jahren nicht mehr gegen Veranstalter oder Vermittler von Glücksspiel im Internet in Bayern vorgeht, da nach den Angaben der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung vom 28. Januar 2014 zwar Verstöße gegen das Glücksspielverbot im Internet nach § 4 Abs. 4 GlüStV ermittelt und gelegentlich auch Verfahren eingeleitet werden, es aber seit dem 1. Januar 2012 zu keiner neuen Untersagungsverfügung gekommen ist. Im Hinblick auf die kaum absehbare Zahl von Veranstaltern und Vermittlern von Glücksspiel, seien es Sportwetten, Casinospiele, Poker oder anderes, im Internet ist es zwar nicht erforderlich, dass die Behörde gegen jeden Veranstalter und Vermittler, dessen Angebot von Bayern aus abrufbar ist, vorgeht. Allerdings bedarf die Auswahl der Störer, gegen die mit Untersagungsbescheiden vorgegangen wird, gegenüber den weitaus zahlreicheren Störern, gegen die solche Bescheide nicht erlassen werden, einer Begründung und eines schlüssigen Konzepts. Dies ist im vorliegenden Fall nicht ersichtlich. Weder konnten die Beklagtenvertreter darlegen, nach welchen Kriterien die Klägerin und ihre weiteren Konzerngesellschaften weiterhin in Anspruch genommen werden, obwohl eine Vielzahl anderer Störer existiert und bekannt ist, gegen die nicht effektiv vorgegangen wird, noch findet offenbar seit zwei Jahren, d. h. insbesondere seit dem Inkrafttreten des Glücksspieländerungsstaatsvertrags am 1. Juli 2012, überhaupt eine Untersagung von unerlaubtem Glücksspiel im Internet in Bayern statt. Weshalb an den Untersagungsbescheiden gegen die Klägerin und deren Konzerngesellschaften auch jetzt noch festgehalten wird, bedürfte der Begründung, eine solche ist aber bisher nicht ersichtlich.

Hinzu kommt, dass eine der Konzerngesellschaften der Klägerin eine Lizenz des Landes Schleswig-Holstein für die Angebote von Sportwetten und Online-Casinospielen im Internet besitzt, welche sich zwar nicht auf das Gebiet des Freistaats Bayern erstreckt; allerdings bedürfte es nach Auffassung der Kammer der Begründung, weshalb einem Glücksspielanbieter, dessen Angebot zum Teil und jedenfalls in einem Bundesland genehmigungsfähig war, die Veranstaltung und sogar Vermittlung von Glücksspiel im Internet insgesamt untersagt wird, obwohl andere Anbieter und Vermittler von Glücksspiel im Internet über keine Lizenz des Landes Schleswig-Holstein verfügen und somit auch nicht in einem Teilbereich des Angebots eine behördliche Prüfung und Genehmigung stattgefunden hat. Dass Lizenzen insoweit nur für Domains mit der Endung .de und nicht, wie bei der hier gegenständlichen www...com mit der Endung ...com erteilt werden können, steht diesen Erwägungen nicht entgegen, da der Beklagte der Klägerin ausdrücklich jegliches Glücksspiel im Internet und damit auch die Benutzung einer anderen Domain mit Endung .de untersagt hat.

Entsprechendes gilt im Hinblick auf den unwidersprochenen Vortrag der Klägerseite, eine mit der Klägerin verbundene Konzerngesellschaft befinde sich im Lizenzierungsverfahren für die Bundesrepublik Deutschland für Sportwetten im Internet, welches vom Land Hessen betrieben wird, aussichtsreich in der Endstufe des Verfahrens, weshalb trotz der Möglichkeit, dass in einigen Monaten diesem Konzernunternehmen zumindest die Lizenz für Sportwetten im Internet erteilt werden könnte, während andere Anbieter dies nicht von sich behaupten können, zwar gegen die Klägerin und ihre Konzernunternehmen, aber nicht gegen andere Anbieter vorgegangen wird, bedürfte ebenfalls der Prüfung und Erklärung.

2.3 Erheblichen Bedenken begegnet die von der Beklagten aufrechterhaltene Untersagungsverfügung gegen die Klägerin auch deshalb, weil seit dem 1. Juli 2012 das grundsätzliche Internetverbot für ausgewählte Glücksspielbereiche gelockert wurde und somit die Basis für die Ermessensentscheidung eine andere ist. Nach § 4 Abs. 4 GlüStV besteht zwar weiterhin ein grundsätzliches Internetverbot für Glücksspiele, § 4 Abs. 5 GlüStV sieht nunmehr jedoch die Möglichkeit vor, bei Vorliegen der aufgeführten Tatbestandsvoraussetzungen eine Erlaubnis zum Vertrieb bzw. zur Veranstaltung und Vermittlung von Lotterien und Sportwetten im Internet zu erhalten. Gleiches gilt für das Veranstalten und Vermitteln von Pferdewetten im Internet (§ 27 Abs. 2 GlüStV). Ein uneingeschränktes Verbot für Glücksspiele im Internet in ganz Deutschland ohne Erlaubnisfähigkeit, von der die streitige Ermessensentscheidung ursprünglich ausgegangen ist, besteht nicht mehr. Vielmehr wurden in Schleswig-Holstein auf Grundlage des dortigen Glücksspielgesetzes im Jahr 2012 an eine Reihe von SportwettenanbieternLizenzen erteilt. In den anderen Bundesländern ist der Vertrieb von Lotterien und Sportwetten über das Internet unter den in § 4 Abs. 5 GlüStV genannten Voraussetzungen sowohl für den staatlichen Veranstalter (vgl. § 10 Abs. 1 bis 3, 6 GlüStV) als auch für Konzessionsinhaber (vgl. § 10a Abs. 4 Sätze 1 und 2 GlüStV) grundsätzlich erlaubnisfähig. Tatsächlich wird das Glücksspiel im Internet von staatlichen Veranstaltern bereits umfangreich wieder angeboten (vgl. etwa www.l...de, www.f...de, u. a.), das Konzessionsvergabeverfahren für die privaten Anbieter ist noch nicht abgeschlossen, ob es in diesem Jahr zur Lizenzvergabe kommen wird, ist offen.

Zwar hat das Bundesverwaltungsgericht seine ursprüngliche Rechtsprechung, nach der der Erlaubnisvorbehalt eine vollständige Untersagung nur bei fehlender Erlaubnisfähigkeit rechtfertigt (vgl. BVerwG, U.v. 1.6.2011, 8 C 2.10), inzwischen dahingehend korrigiert, dass die vollständige Untersagung nur dann rechtswidrig wäre, wenn die Erlaubnisfähigkeit offenkundig wäre (BVerwG, U.v. 16.5.2013, 8 C 40.12). Dennoch hätte sich der Beklagte im angefochtenen Bescheid jedenfalls seit dem 1. Juli 2012 mit der Frage auseinandersetzen müssen, ob eine vollständige Untersagung des gesamten Internetangebots der ...-Gruppe vor der Entscheidung im Lizenzierungsverfahren für Sportwetten eine verhältnismäßige und den Vorgaben des Art. 12 Abs. 1 GG sowie der europäischen Dienstleistungsfreiheit (Art. 56 AEUV) entsprechende Maßnahme darstellt. Dies erscheint auch deshalb fraglich, weil sich das nach § 4 Abs. 4 GlüStV auch jetzt grundsätzlich weiterhin bestehende Internetverbot auch noch nach dem Abschluss des Konzessionsvergabeverfahrens durchsetzen ließe (vgl. OVG Berlin-Brandenburg, B.v. 24.8.2012, OVG 1 S 44.12). Der angefochtene Bescheid enthält aber keine Ausführungen dahingehend, dass der Beklagte bei seiner Ermessensentscheidung die neue Sach- und Rechtslage berücksichtigt hätte. Dies gilt auch im Hinblick auf die von der Regierung von Mittelfranken insbesondere im Schreiben vom 20. Dezember 2013 vorgenommene Ergänzung der Bescheidsbegründung. Denn dort wird lediglich ausgeführt, eine offensichtliche Erlaubnisfähigkeit für die Veranstaltung oder Vermittlung von Sportwetten im Internet in Bezug auf die Klägerin liege nicht vor, weshalb die Untersagungsverfügung aufrechterhalten bleibe. Eine Auseinandersetzung mit dem umfangreichen Sachvortrag der Klägerin im Verfahren dahingehend, dass eine Konzerntochter über eine nach wie vor gültige Erlaubnis des Landes Schleswig-Holstein verfügt, dort Sportwetten und Casinospiele im Internet zu veranstalten und zu bewerben, findet ebenso wenig statt wie die Befassung mit dem Vortrag der Klägerin, eine Konzerntochter nehme am vom Land Hessen durchgeführten Lizenzierungsverfahren für Sportwetten im Internet teil und habe bisher alle Voraussetzungen erfüllt, so dass von einer Lizenzerteilung ausgegangen werde. Eine ausreichende und umfassende Ermessensbetätigung in Anbetracht der neuen Rechtsgrundlage ebenso wie der neuen tatsächlichen Situation ist somit nicht erfolgt, so dass es auf die Frage, inwieweit ein solcher Ermessensaustausch zulässig gewesen wäre, nicht ankommt.

3. Große Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit der angefochtenen Untersagungsverfügung ergeben sich auch aus dem Verhältnismäßigkeitsgebot.

So haben die Kammer und der Bayerische Verwaltungsgerichtshof im Eilverfahren ausgeführt, es reiche aus, wenn die Klägerin ihr Glücksspielangebot im Internet für das Gebiet der Bundesrepublik Deutschland beenden müsse, falls ein Geolokalisationsverfahren nur für einzelne Staaten, nicht aber für einzelne Bundesländer hinreichend genau und effektiv einsetzbar wäre. Nachdem die Klägerin aber unbestritten vorgetragen hat, dass einem ihrer Konzernunternehmen zumindest die Veranstaltung von Sportwetten und Casino-Spielen im Internet aufgrund einer schleswig-holsteinischen Lizenz in Schleswig-Holstein erlaubt ist, kann diese Auffassung nicht mehr aufrechterhalten werden, so dass sich die Frage stellt, ob die Regelung auch unter dieser Voraussetzung für die Klägerin zumutbar ist. Dies wäre dann der Fall, wenn es der Klägerin mit zumutbarem Aufwand möglich wäre, mit technischen Verfahren wie Geolokalisation hinreichend verlässlich den Zugriff auf eine Website, auf der unerlaubtes Glücksspiel angeboten wird, allein von Bayern aus zu verhindern. Ob und wie dies möglich wäre, und welchen finanziellen und zeitlichen Umfang dies erforderte, wurde hier vom Beklagten nicht dargestellt.

Hinzu kommt die Frage, ob die Untersagungsverfügung auch heute unter den veränderten Umständen geeignet ist, die Ziele des Glücksspielstaatsvertrages und das in § 4 Abs. 4 GlüStV normierte Verbot der Veranstaltung von nicht erlaubtem Glücksspiel im Internet in Bayern durchzusetzen.

Denn selbst wenn die Klägerin mit Hilfe eines Geolokalisationsverfahrens IP-Adressen, deren Standort in Bayern liegt, von der Teilnahme am Glücksspiel ausschließen könnte, stellt sich die Frage, ob anhand der heute gerichtsbekannt weit verbreiteten Anonymisierungsprogramme überhaupt die effektive Möglichkeit besteht, damit in hinreichendem Umfang Spieler mit Aufenthalt in Bayern von der Teilnahme am unerlaubten Glücksspiel im Internet auszuschließen. Wie insbesondere die Diskussion um Abmahnungen an angeblich illegale Nutzer des Internetportals Red Tube gezeigt hat, gehen deutsche Internetnutzer mehr und mehr dazu über, anonym im Internet zu surfen, indem sie dem Seitenbetreiber mittels geeigneter, auch kostenfrei erhältlicher Software, nicht ihre eigene, sondern eine fiktive IP-Adresse übermitteln. Die Meinung der Beklagtenvertreter in der mündlichen Verhandlung, von der Klägerin werde nur der Einsatz eines Geolokalisationsverfahrens auf heutigem Standard verlangt, die Möglichkeit von Verstößen dagegen ihr nicht zur Last gelegt, reicht nicht aus, um die Geeignetheit des Vorgehens der Behörde heute noch zu belegen. Hinzu kommen die vielfältigen Möglichkeiten, von mobilen Geräten aus im Internet zu surfen und damit auch Glücksspielseiten zu besuchen und dort zu spielen. Ob insofern der Einsatz von entsprechenden Geolokalisationsprogrammen möglich und sinnvoll ist, insbesondere auch in den Grenzregionen des Freistaats Bayern, und wie verhindert werden soll, dass sich vom Bayerischen Staatsgebiet aus Nutzer einmal in österreichische oder in anderen Bundesländern gelegene Sendemasten einwählen und so am Internetglücksspiel teilnehmen, ist weiterhin nicht geklärt.

Schließlich stellt sich angesichts des selektiven Vorgehens der Behörde gegen einzelne Anbieter weiter die Frage, ob dies im Hinblick auf die zahlreichen weiteren Angebote von nicht in Bayern zugelassenem Glücksspiel im Internet ein effektives Handeln darstellt.

4. Weitere erhebliche Bedenken hegt die Kammer gegen die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheids im Hinblick auf dessen Vereinbarkeit mit Verfassungs- und Europarecht.

Im Hinblick auf die bereits oben dargelegte Verfahrensweise des Beklagten, wonach seit 1. Januar 2012 Untersagungsbescheide gegen Glücksspielveranstalter oder -vermittler im Internet nicht mehr ergangen sind, liegt es nahe, ungeachtet der insofern fehlenden Ermessensbetätigung auch einen Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art. 3 Abs. 1 GG zu erkennen.

Weiterhin hat die Kammer erhebliche Zweifel daran, dass die hier maßgeblichen Regelungen des Glücksspielstaatsvertrags 2012 mit dem europäischen Recht vereinbar sind. Bezüglich der Regelung im Glücksspielstaatsvertrag 2008 hat das Bundesverwaltungsgericht hinsichtlich des früheren Sportwettenmonopols im Hinblick auf Nordrhein-Westfalen bestätigt, dass die dort bis November 2012 (wegen des erst rückwirkenden Inkrafttretens des neuen Glücksspielstaatsvertrags) geltenden Regelungen zum Sportwettenmonopol wegen der systematisch zum Glücksspiel anreizenden Werbung des Monopolträgers nicht den unionsrechtlichen Kohärenzanforderungen genügten (BVerwG, U.v. 20.6.2013, 8 C 10.12; 8 C 12.12; 8 C 17.12). Da die Situation in Bayernvergleichbar ist, wie sich etwa aus der Entscheidung des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 26. Juni 2012 (10 BV 09.2259), aber auch daraus, dass die vom Deutschen Lotto- und Totoblock koordinierte Werbung Grundlage der Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts war, es sich also nicht speziell auf die Werbung des Monopolträgers in Nordrhein-Westfalen bezog, ergibt, können die Ausführungen des Bundesverwaltungsgerichts in der zitierten Entscheidung auch auf die Situation in Bayern angewandt werden. Damit ist davon auszugehen, dass die Rechtsgrundlage für den angefochtenen Bescheid wegen Verstoßes gegen die europäische Dienstleistungsfreiheit nichtig und damit keine Rechtsgrundlage für die gegenständliche Untersagungsverfügung im Zeitraum bis zum 30. Juni 2012 vorhanden war.

Darüber hinaus hat die Kammer auch erhebliche Zweifel daran, ob sich die Situation nach dem Erlass des Glücksspielstaatsvertrags und dessen Inkrafttreten ab dem 1. Juli 2012 insoweit in relevanter Weise geändert hat. Vielmehr spricht nach Auffassung der Kammer viel dafür, dass auch insofern erhebliche Zweifel an der Kohärenz der Regelungen und deren Umsetzung im Hinblick auf die nach wie vor massive Werbung für Glücksspiel und Sportwetten im Internet durch die staatlich lizenzierten Veranstalter wie Toto, Lotto, Faber, Oddset bestehen. So wird weiterhin im Rundfunk verbreitet für besondere Gewinnchancen unter Hinweis auf deren Höhe geworben, auch erfolgt indirekte Werbung etwa dadurch, dass nach wie vor samstags und mittwochs die Lottozahlen und Nebenwetten in den Hauptnachrichtensendungen der öffentlich-rechtlichen Sender verkündet werden, ohne dass insofern ein journalistisches Interesse oder ein Nachrichtenwert erkennbar wäre. Wenn dies für das vorliegende Verfahren allein entscheidungserheblich gewesen wäre, hätte die Kammer eine Aussetzung des Verfahrens nach § 94 VwGO im Hinblick auf den Vorlagebeschluss des Bundesgerichtshofs vom 24. Januar 2013 (I ZR 171/10) in Erwägung gezogen, um die entsprechende Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs zu dieser Frage abzuwarten. Dies erscheint jedoch im Hinblick auf die weiteren Gründe, die zur vollständigen Rechtswidrigkeit des angefochtenen Bescheides führen, nicht als notwendig.

5. Nachdem nach Auffassung der Kammer somit die Rechtswidrigkeit der Untersagungsverfügung gegen die Klägerin feststeht, sind auch die Nebenentscheidungen im angefochtenen Bescheid rechtswidrig, ohne dass es noch auf die Frage ankommt, ob etwa die im Bescheid in Ziffer 3 enthaltene Zwangsgeldandrohung oder die in Ziffer 5 des Bescheides festgesetzte Gebühr von 10.000,00 EUR für sich genommen rechtswidrig wären. Auch insofern bestehen nach Ansicht der Kammer gerade auch im Hinblick auf die nicht nachvollziehbare und auch aus dem Bescheid nicht erkennbare Begründung der Höhe des Zwangsgelds wie der festgesetzten Gebühr, ebenso wie der Tatsache der Androhung eines Zwangsgelds gegen die Klägerin im Unterschied zu den unmittelbaren Handlungsstörern, nämlich den die Website www...com betreibenden Konzerngesellschaften, genauso wie die unterschiedliche Zwangsgeldhöhe und Höhe der Kostenfestsetzung hinsichtlich der einzelnen Konzerngesellschaften als nicht nachvollziehbar und damit voraussichtlich rechtswidrig.

Damit war der Klage in vollem Umfang stattzugeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 161 Abs. 1, 154 Abs. 1 VwGO. Soweit die Parteien den Rechtsstreit übereinstimmend für erledigt erklärt haben, nämlich für die Vergangenheit, ergibt sich die Kostenentscheidung aus § 161 Abs. 2 VwGO. Demgemäß entspricht es billigem Ermessen, dem Beklagten die Kosten insoweit aufzuerlegen, da die Klage bis zum Zeitpunkt der Erledigungserklärung aller Voraussicht nach erfolgreich gewesen wäre; denn der angefochtene Bescheid war, wie oben dargelegt, schon zum Zeitpunkt seines Erlasses rechtswidrig und blieb dies bis zur gerichtlichen Entscheidung.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 709 ZPO. Die Berufung war hier nicht zuzulassen, da keiner der Gründe des § 124a Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 124 Abs. 1 Nr. 3 und 4 VwGO vorliegt.

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens übersch

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(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein. (2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, w

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(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Ein Verwaltungsakt muss inhaltlich hinreichend bestimmt sein.

(2) Ein Verwaltungsakt kann schriftlich, elektronisch, mündlich oder in anderer Weise erlassen werden. Ein mündlicher Verwaltungsakt ist schriftlich oder elektronisch zu bestätigen, wenn hieran ein berechtigtes Interesse besteht und der Betroffene dies unverzüglich verlangt. Ein elektronischer Verwaltungsakt ist unter denselben Voraussetzungen schriftlich zu bestätigen; § 3a Abs. 2 findet insoweit keine Anwendung.

(3) Ein schriftlicher oder elektronischer Verwaltungsakt muss die erlassende Behörde erkennen lassen und die Unterschrift oder die Namenswiedergabe des Behördenleiters, seines Vertreters oder seines Beauftragten enthalten. Wird für einen Verwaltungsakt, für den durch Rechtsvorschrift die Schriftform angeordnet ist, die elektronische Form verwendet, muss auch das der Signatur zugrunde liegende qualifizierte Zertifikat oder ein zugehöriges qualifiziertes Attributzertifikat die erlassende Behörde erkennen lassen. Im Fall des § 3a Absatz 2 Satz 4 Nummer 3 muss die Bestätigung nach § 5 Absatz 5 des De-Mail-Gesetzes die erlassende Behörde als Nutzer des De-Mail-Kontos erkennen lassen.

(4) Für einen Verwaltungsakt kann für die nach § 3a Abs. 2 erforderliche Signatur durch Rechtsvorschrift die dauerhafte Überprüfbarkeit vorgeschrieben werden.

(5) Bei einem schriftlichen Verwaltungsakt, der mit Hilfe automatischer Einrichtungen erlassen wird, können abweichend von Absatz 3 Unterschrift und Namenswiedergabe fehlen. Zur Inhaltsangabe können Schlüsselzeichen verwendet werden, wenn derjenige, für den der Verwaltungsakt bestimmt ist oder der von ihm betroffen wird, auf Grund der dazu gegebenen Erläuterungen den Inhalt des Verwaltungsaktes eindeutig erkennen kann.

(6) Einem schriftlichen oder elektronischen Verwaltungsakt, der der Anfechtung unterliegt, ist eine Erklärung beizufügen, durch die der Beteiligte über den Rechtsbehelf, der gegen den Verwaltungsakt gegeben ist, über die Behörde oder das Gericht, bei denen der Rechtsbehelf einzulegen ist, den Sitz und über die einzuhaltende Frist belehrt wird (Rechtsbehelfsbelehrung). Die Rechtsbehelfsbelehrung ist auch der schriftlichen oder elektronischen Bestätigung eines Verwaltungsaktes und der Bescheinigung nach § 42a Absatz 3 beizufügen.

(1) Die Bundesrepublik Deutschland ist ein demokratischer und sozialer Bundesstaat.

(2) Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus. Sie wird vom Volke in Wahlen und Abstimmungen und durch besondere Organe der Gesetzgebung, der vollziehenden Gewalt und der Rechtsprechung ausgeübt.

(3) Die Gesetzgebung ist an die verfassungsmäßige Ordnung, die vollziehende Gewalt und die Rechtsprechung sind an Gesetz und Recht gebunden.

(4) Gegen jeden, der es unternimmt, diese Ordnung zu beseitigen, haben alle Deutschen das Recht zum Widerstand, wenn andere Abhilfe nicht möglich ist.

Bei der Auslegung einer Willenserklärung ist der wirkliche Wille zu erforschen und nicht an dem buchstäblichen Sinne des Ausdrucks zu haften.

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Soweit die Verwaltungsbehörde ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, prüft das Gericht auch, ob der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung des Verwaltungsakts rechtswidrig ist, weil die gesetzlichen Grenzen des Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist. Die Verwaltungsbehörde kann ihre Ermessenserwägungen hinsichtlich des Verwaltungsaktes auch noch im verwaltungsgerichtlichen Verfahren ergänzen.

(1) Alle Deutschen haben das Recht, Beruf, Arbeitsplatz und Ausbildungsstätte frei zu wählen. Die Berufsausübung kann durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes geregelt werden.

(2) Niemand darf zu einer bestimmten Arbeit gezwungen werden, außer im Rahmen einer herkömmlichen allgemeinen, für alle gleichen öffentlichen Dienstleistungspflicht.

(3) Zwangsarbeit ist nur bei einer gerichtlich angeordneten Freiheitsentziehung zulässig.

(1) Alle Menschen sind vor dem Gesetz gleich.

(2) Männer und Frauen sind gleichberechtigt. Der Staat fördert die tatsächliche Durchsetzung der Gleichberechtigung von Frauen und Männern und wirkt auf die Beseitigung bestehender Nachteile hin.

(3) Niemand darf wegen seines Geschlechtes, seiner Abstammung, seiner Rasse, seiner Sprache, seiner Heimat und Herkunft, seines Glaubens, seiner religiösen oder politischen Anschauungen benachteiligt oder bevorzugt werden. Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden.

Das Gericht kann, wenn die Entscheidung des Rechtsstreits ganz oder zum Teil von dem Bestehen oder Nichtbestehen eines Rechtsverhältnisses abhängt, das den Gegenstand eines anderen anhängigen Rechtsstreits bildet oder von einer Verwaltungsbehörde festzustellen ist, anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des anderen Rechtsstreits oder bis zur Entscheidung der Verwaltungsbehörde auszusetzen sei.

(1) Das Gericht hat im Urteil oder, wenn das Verfahren in anderer Weise beendet worden ist, durch Beschluß über die Kosten zu entscheiden.

(2) Ist der Rechtsstreit in der Hauptsache erledigt, so entscheidet das Gericht außer in den Fällen des § 113 Abs. 1 Satz 4 nach billigem Ermessen über die Kosten des Verfahrens durch Beschluß; der bisherige Sach- und Streitstand ist zu berücksichtigen. Der Rechtsstreit ist auch in der Hauptsache erledigt, wenn der Beklagte der Erledigungserklärung des Klägers nicht innerhalb von zwei Wochen seit Zustellung des die Erledigungserklärung enthaltenden Schriftsatzes widerspricht und er vom Gericht auf diese Folge hingewiesen worden ist.

(3) In den Fällen des § 75 fallen die Kosten stets dem Beklagten zur Last, wenn der Kläger mit seiner Bescheidung vor Klageerhebung rechnen durfte.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.