Sozialgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2013 - S 15 AS 2495/11

ECLI:ECLI:DE:SGMAGDE:2013:1025.S15AS2495.11.0A
bei uns veröffentlicht am25.10.2013

Tenor

Die Bescheide vom 20. Januar 2011 und 14. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2011 und der Bescheid vom 25. Juni 2011 werden geändert. Der Beklagte wird verurteilt, den Klägern für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 monatlich weitere 91,98 EUR als Bedarfe für Unterkunft zu gewähren. Der Beklagte hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten der Kläger zu tragen. Die Berufung wird zugelassen.

Tatbestand

1

Die Kläger begehren höhere Bedarfe für Unterkunft im Zeitraum von Februar bis Juli 2011.

2

Die am ... geborene Klägerin bezieht in Bedarfsgemeinschaft mit ihrem am ... geborenen Sohn, dem Kläger, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) von dem Beklagten. Sie bewohnen ein Haus zur Miete, wofür monatlich 397,98 EUR Kosten der Unterkunft (299,00 EUR Grundmiete und 98,98 EUR Vorauszahlung auf die Betriebskosten) zu zahlen sind. Außerdem hatten die Kläger im streitigen Zeitraum einen Abschlag auf die Heizkosten von 113,00 EUR monatlich zu zahlen. Die Klägerin ist selbstständig tätig. In der vom Beklagten geforderten Schätzung ihres Gewinns im streitigen Zeitraum gab die Klägerin an, dass dieser in allen Monaten unter 100,00 EUR liegen würde.

3

Mit Bescheid vom 20. Januar 2011 gewährte der Beklagte den Klägern daraufhin vorläufig wegen der Selbstständigkeit der Klägerin Leistungen für Februar bis Juli 2011. Dabei berücksichtigte er lediglich eine Grundmiete von 240,00 EUR und eine Vorauszahlung auf die Betriebskosten von 66,00 EUR, weil die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Kläger nicht angemessen seien. Die Heizkosten berücksichtigte er nach Abzug der Kosten der Warmwasserbereitung in tatsächlicher Höhe. Mit dem am 21. Februar 2011 eingegangenen Widerspruch machten die Kläger geltend, dass ihre tatsächlichen Kosten der Unterkunft angemessen seien. Mit Änderungsbescheid vom 14. April 2011 änderte der Beklagte die den Klägern für Februar bis Juli 2011 gewährten Leistungen wegen der Erhöhung der Regelleistung und berücksichtigte die Heizkosten nunmehr in tatsächlicher Höhe ohne Abzug für die Kosten der Warmwasserbereitung. Die Grundmiete und die Vorauszahlung für die Betriebskosten berücksichtigte er allerdings weiterhin lediglich in Höhe von 306,00 EUR. Mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2011 wies er den Widerspruch zurück. Nach der Handlungsanweisung des Salzlandkreises seien die Kosten der Unterkunft der Kläger unangemessen. Mit Bescheid vom 25. Juni 2011 gewährte er den Klägern nochmals Leistungen für Juli 2011 in gleicher Höhe wie schon im Änderungsbescheid vom 14. April 2011.

4

Dagegen haben die Kläger am 20. Juli 2011 Klage vor dem Sozialgericht Magdeburg erhoben, mit der sie ihr Begehren weiterverfolgen.

5

Die Kläger beantragen sinngemäß,

6

die Bescheide vom 20. Januar 2011 und 14. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2011 und den Bescheid vom 25. Juni 2011 zu ändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für die Zeit vom 1. Februar bis 31. Juli 2011 monatlich weitere 91,98 EUR als Bedarfe für Unterkunft zu gewähren.

7

Der Beklagte beantragt sinngemäß,

8

die Klage abzuweisen.

9

Er ist der Auffassung, die tatsächlichen Kosten der Unterkunft der Kläger seien nicht angemessen.

10

Mit Eingang der Klage haben die Kläger gleichzeitig einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der bei der Kammer unter dem Aktenzeichen S 15 AS 2484/11 ER geführt worden ist. Im dortigen Verfahren haben die Beteiligten einen Vergleich dahingehend geschlossen, dass sich der Beklagte vorläufig verpflichtet hat, den Klägern höhere Leistungen unter Berücksichtigung eines monatlichen Bedarfs an Kosten für Unterkunft von 380,00 EUR für die Zeit vom 20. Juli 2011 bis 31. Januar 2012 zu gewähren.

11

Am 13. November 2012 haben die Kläger erneut einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt, der bei der Kammer unter dem Aktenzeichen S 15 AS 3743/12 ER geführt worden ist. Im dortigen Verfahren hat der Beklagte ein Konzept zur Ermittlung der angemessenen Bedarfe für Unterkunft im S.-landkreis übersendet. Dieses Konzept beruht maßgeblich auf einem Gutachten der Firma A. aus dem August 2012. Wegen der näheren Einzelheiten wird auf dieses Konzept Bezug genommen. Im dortigen Verfahren hat die Kammer den Beklagten aufgefordert, das Konzept dahingehend umzustellen, dass nur Wohnungen aus dem Wohnort der Kläger S. Berücksichtigung finden. Hierzu hat die Firma A. ausgeführt, bei einer gesonderten Mietwert-Darstellung nur für S. seien aus statistischer Sicht die Produkt-Mieten nicht ausreichend valide, weil hinsichtlich der kalten Betriebskosten bei einer Wohnungsgröße größer als 50 m² und kleiner oder gleich 60 m² lediglich 23 Wohnungen erfasst seien. Daraufhin hat die Kammer den Beklagten im dortigen Verfahren mit Beschluss vom 9. April 2013 vorläufig verpflichtet, den Klägern weitere Bedarfe für Unterkunft unter Berücksichtigung ihrer tatsächlichen Kosten zu zahlen.

12

Die Gerichtsakten zu diesem sowie zu den Verfahren S 15 AS 2484/11 ER und S 15 AS 3743/12 ER und die Verwaltungsakte des Beklagten haben vorgelegen und waren Gegenstand der mündlichen Verhandlung. Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Sachvortrages der Beteiligten wird auf den Inhalt der Gerichtsakten und der Verwaltungsakte ergänzend verwiesen.

Entscheidungsgründe

13

Die Kammer hat in der mündlichen Verhandlung entscheiden dürfen, obwohl sowohl für die Kläger als auch für den Beklagten niemand erschienen ist. Denn sowohl die Kläger sind in den ihnen ausweislich der Postzustellungsurkunden am 5. Oktober 2010 zugestellten Ladungen als auch der Beklagte ist in der ihm gegen Empfangsbekenntnis am 7. Oktober 2013 zugestellten Ladung auf diese Möglichkeit hingewiesen worden.

14

Die zulässige Klage ist begründet.

15

Die Bescheide des Beklagten vom 20. Januar 2011 und 14. April 2011 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2011 und der Bescheid vom 25. Juni 2011 sind rechtswidrig und verletzen die Kläger in ihren Rechten.

16

Die Kläger haben Anspruch auf Gewährung weiterer Bedarfe für Unterkunft in Höhe ihrer tatsächlichen Kosten der Unterkunft und damit in Höhe von weiteren 91,98 EUR monatlich bzw. 45,99 EUR für jeden der Kläger.

17

Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Angemessenheit der Kosten einer Mietwohnung kommt es auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau und die Aufwendungen für eine Wohnung dieser Größe im unteren Wohnstandard an (BSG, Urteil vom 15. April 2008 B 14/7b AS 34/06 R, zitiert nach Juris Rn. 36). Angemessen sind danach Aufwendungen für eine Wohnung nur dann, wenn diese nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 B 4 AS 30/08 R, zitiert nach Juris Rn. 14).

18

Zur Bestimmung der Angemessenheit der Wohnungsgröße ist auf die Ausführungsbestimmungen der Länder zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung (WoFG) zurückzugreifen (BSG, Urteil vom 7. November 2006 B 7b AS 18/06 R, zitiert nach Juris Rn. 19; zustimmend BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 B 4 AS 30/08 R, zitiert nach Juris Rn. 18). Als entsprechende Ausführungsbestimmung für das Land Sachsen-Anhalt legt das LSG Sachsen-Anhalt in ständiger Rechtsprechung die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung des Mietwohnungsneubaus in Sachsen-Anhalt 1995 (Ministerialblatt für das Land Sachsen-Anhalt 1995, Seite 1133) zugrunde (z. B. LSG Sachsen-Anhalt, Beschluss vom 18. September 2009 L 5 B 593/08 AS ER, zitiert nach Juris Rn. 35). Nach Nr. 2.1 Buchst. a) dieser Richtlinie ist für einen 2-Personen-Haushalt eine Wohnfläche bis zu 60 m² angemessen.

19

In einem zweiten Schritt ist der räumliche Vergleichsmaßstab zu bestimmen, innerhalb dessen das durchschnittliche Mietpreisniveau der Wohnungen ermittelt wird, wobei im Grundsatz der Wohnort des Hilfebedürftigen maßgeblich ist (BSG, Urteil vom 19. Februar 2009 B 4 AS 30/08 R, zitiert nach Juris Rn. 20). Der maßgebliche Vergleichsraum muss aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden (BSG, Urteil vom 26. Mai 2011 B 14 AS 132/10 R, Rn. 25; Urteil vom 19. Oktober 2010 B 14 AS 2/10 R, Rn. 18).

20

Schließlich ist zu ermitteln, wie viel für eine nach Größe und Standard abstrakt als angemessen eingestufte Wohnung auf dem maßgeblichen Wohnungsmarkt aufzuwenden ist (BSG, a. a. O., Rn. 24). Dieser Mietpreis darf nach Maßgabe einer Produkttheorie ermittelt werden, d. h. durch Multiplikation der angemessenen Wohnfläche mit dem als angemessen angesehenen Quadratmeterpreis. Ziel der Ermittlungen, die zunächst vom Grundsicherungsträger durchzuführen sind, ist es also, einen Quadratmeterpreis für Wohnungen einfachen Standards zu ermitteln, um diesen nach Maßgabe der Produkttheorie mit der dem Hilfeempfänger zustehenden Quadratmeterzahl zu multiplizieren und so die angemessene Miete feststellen zu können (BSG, Urteil vom 22. September 2009 B 4 AS 18/09 R, zitiert nach Juris Rn. 17). Der Grundsicherungsträger darf aber nicht nach Belieben einen seiner Meinung nach angemessenen Quadratmeterpreis zugrunde legen. Vielmehr muss die Ermittlung der regionalen Angemessenheitsgrenze auf der Grundlage eines überprüfbaren "schlüssigen Konzepts" erfolgen (BSG, Urteil vom 22. September 2009 B 4 AS 18/09 R, zitiert nach Juris Rn. 18). Das schlüssige Konzept soll die hinreichende Gewähr dafür bieten, dass die aktuellen Verhältnisse des örtlichen Mietwohnungsmarktes wiedergegeben werden (BSG, a. a. O.).

21

Dem genügt das von der Firma A. erstellte Konzept schon deshalb nicht, weil der maßgebliche Vergleichsraum falsch bestimmt ist. Zur Schlüssigkeit des Konzepts gehört es nämlich auch, dass die Datenerhebung ausschließlich in dem genau eingegrenzten und über den gesamten Vergleichsraum erfolgt ist (BSG, Urteil vom 22. September 2009 B 4 AS 18/09 R, zitiert nach Juris Rn. 19).

22

Das Konzept teilt den S.landkreis in 3 Wohnungsmarkttypen ein und bestimmt sodann die Angemessenheit ausschließlich unter Berücksichtigung von Wohnungen des jeweiligen Typs. Damit wird faktisch der maßgebliche Vergleichsraum gebildet. Bei der Bestimmung des Vergleichsraums orientiert sich das Konzept aber nicht an den Wohnorten. Auch räumliche Nähe, Infrastruktur und verkehrstechnische Verbundenheit haben keine Berücksichtigung gefunden. Die Wohnungsmarkttypen sind vielmehr anhand eines Indikatorenkatalogs, bestehend aus Bevölkerungsentwicklung, Bevölkerungsdichte, Siedlungsstruktur, Pro-Kopf-Einkommen, Neubautätigkeit und Bodenpreis bestimmt worden. Die eigentliche Einteilung in die Wohnungsmarkttypen ist dann anhand einer Clusteranalyse in der Weise erfolgt, dass diejenigen Kommunen zu einem Typ zusammengefasst worden sind, die sich nach den genannten Indikatoren am ähnlichsten sind. Ob die Kommunen, die so zusammengefasst werden, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden, wurde nicht geprüft. Das führt dazu, dass die Städte S., B. und A. zu einem Vergleichsraum zusammengefasst wurden und zudem geographisch dazwischen liegende Städte wie etwa St. oder N. einem anderen Vergleichsraum zugeordnet wurden. Die geforderte räumliche Nähe ist damit nicht mehr gegeben. Die Kammer vermag auch nicht zu erkennen, warum gerade diese 3 Städte einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden sollen. Die Firma A. führt hierzu in ihrer Stellungnahme im Verfahren S 15 AS 3743/12 ER sogar aus, dass die Wohnungsmarkttypen nicht den maßgeblichen Vergleichsraum darstellen würden. Damit räumt die Firma letztlich selbst ein, dass die Kriterien des BSG zur Bildung des maßgeblichen Vergleichsraums nicht beachtet wurden, so dass das Konzept nicht schlüssig ist. Denn damit werden Wohnungen zur Bestimmung der Angemessenheitsgrenze berücksichtigt, die außerhalb des maßgeblichen Vergleichsraums liegen. Das übersieht die Firma A., wenn sie ausgeführt, erst wenn die Miete über den Angemessenheitsgrenzen liege, müsse im Einzelfall durch Bestimmung des homogenen Wohn- und Lebensbereichs geprüft werden, bis zu welcher Entfernung Angebotsmieten zu berücksichtigen seien.

23

Das hat die Kammer bereits im Verfahren S 15 AS 3743/12 ER ausgeführt. Im vorliegenden Verfahren kommt noch hinzu, dass für den streitigen Zeitraum Februar bis Juli 2011 überhaupt keine Daten erhoben worden sind und nicht ersichtlich wird, inwieweit die für August 2012 erhobenen Daten mit denen für den streitigen Zeitraum übereinstimmen.

24

Nachdem das Konzept des Beklagten unschlüssig ist, greift die Kammer zur Ermittlung des maximal angemessenen Mietpreises auf die Tabelle zu § 12 Wohngeldgesetz in der Fassung der Bekanntmachung vom 24. September 2008 (Bundesgesetzblatt I Seite 1856, WoGG) zurück. Der Rückgriff auf diese Tabellenwerte ist zwar nach der Rechtsprechung des BSG erst zulässig, wenn das Gericht zuvor erfolglos den Versuch unternommen hat, die insoweit unzulänglichen Feststellungen der Verwaltung mit deren Unterstützung nachzubessern (BSG, Urteil vom 20. August 2009 B 14 AS 65/08 R, zitiert nach Juris Rn. 21). Diesen Versuch hat die Kammer aber unternommen, indem sie den Beklagten im Verfahren S 15 AS 3743/12 ER aufgefordert hat, als maßgeblichen Vergleichsraum S. zu Grunde zu legen. Die Stadt S. ist nach Auffassung der Kammer als maßgeblicher Vergleichsraum zu Grunde zu legen, weil es sich hierbei um den Wohnort der Kläger handelt und die Stadt einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Diesbezüglich hat die Firma A. allerdings mitgeteilt, dass bezogen allein auf S. hinsichtlich der Betriebskosten keine ausreichende Fallzahl vorliege. Die Fallzahl von lediglich 23 hält auch die Kammer nicht für ausreichend und stimmt insoweit mit der Firma A. überein. Dass sich diese geringe Fallzahl allein auf die Betriebskosten bezieht, wohingegen hinsichtlich der Grundmieten mit 2516 durchaus eine ausreichende Fallzahl vorliegt, hilft nicht weiter. Denn die Angemessenheit muss sowohl für die Grundmiete als auch für die Betriebskosten bestimmt werden. Wenn eines von beiden nicht möglich ist, bleibt nur der Rückgriff auf § 12 WoGG. Die dort festgeschriebenen Werte erfassen aber gemäß § 12 Abs. 1 WoGG die Miete und Belastung, also die Summe aus Grundmiete und kalten Betriebskosten. Eine Aufschlüsselung nur nach den Betriebskosten ist danach nicht möglich.

25

Nach § 12 Abs. 1 WoGG sind in der Mietenstufe II, in die S. nach der Anlage zu § 1 Abs. 3 der Wohngeldverordnung eingestuft ist, für 2 Personen 380,00 EUR für Grundmiete und kalte Betriebskosten zu berücksichtigen. Die tatsächlichen Kosten der Kläger mit 397,98 EUR liegen darüber. Auf den Grenzwert nach dem WoGG ist aber zur Bestimmung der angemessenen Unterkunftskosten noch ein Sicherheitszuschlag von 10 % vorzunehmen. Das hat das BSG zwar bisher nur für die Vorgängervorschrift des § 8 WoGG alte Fassung entschieden (BSG, Urteil vom 11. Dezember 2012 B 4 AS 44/12 R, zitiert nach Juris Rn. 19 mit weiteren Nachweisen). Und die Werte nach § 12 Abs. 1 WoGG stellen bereits die um 10 % erhöhten Werte von § 8 WoGG alte Fassung dar. Gleichwohl entspricht es der mittlerweile wohl herrschenden Auffassung, dass auch auf die Werte nach § 12 Abs. 1 WoGG noch ein Sicherheitszuschlag von 10 % vorzunehmen ist (so LSG Baden-Württemberg, Urteil vom 7. November 2012 L 3 AS 5600/11, zitiert nach Juris Rn. 58; Sächsisches LSG, Beschluss vom 5. April 2012 L 7 AS 425/11 B ER, zitiert nach Juris Rn. 34, 36; LSG Niedersachsen-Bremen, Beschlüsse vom 4. Januar 2012 L 11 AS 635/11 B ER, zitiert nach Juris Rn. 15, und vom 12. August 2011 - L 15 AS 173/11 B ER, zitiert nach Juris Rn. 18; offen gelassen von LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 9. Mai 2011 L 7 AS 165/11 B; zitiert nach Juris Rn. 5). Dem folgt die Kammer. Denn der Sicherheitszuschlag ist im Interesse des Leistungsberechtigten auf Sicherung des Wohnraums erforderlich, weil beim Fehlen eines schlüssigen Konzepts nicht mit Sicherheit beurteilt werden kann, wie hoch die angemessene Referenzmiete tatsächlich ist (BSG, a. a. O.). Das gilt in gleicher Weise für § 12 Abs. 1 WoGG, zumal seit dem Inkrafttreten dieser Vorschrift am 1. Januar 2009 im streitigen Zeitraum schon mehr als 2 Jahre verstrichen waren. Nach einem derart langen Zeitraum erscheint es durchaus möglich, dass es inzwischen zu einer Erhöhung der Referenzmiete gekommen ist. Dann muss auch erneut ein Sicherheitszuschlag vorgenommen werden.

26

Unter Zugrundelegung der 380,00 EUR zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 % ergeben sich 418,00 EUR, so dass die tatsächlichen Kosten der Kläger mit 397,98 EUR angemessen sind.

27

Da der Beklagte lediglich 306,00 EUR berücksichtigt hat, ergibt sich für die Kläger noch ein weiterer Bedarf von (397,98 EUR - 306,00 EUR =) 91,98 EUR.

28

Darauf haben die Kläger auch Anspruch, weil sie im Sinne von § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II im passenden Alter, erwerbsfähig und hilfebedürftig sind sowie ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben. Insbesondere steht dem Anspruch Einkommen der Klägerin aus ihrer selbstständigen Tätigkeit bei der allein streitigen vorläufigen Bewilligung nicht entgegen, weil die Klägerin eingeschätzt hat, dass sie voraussichtlich deutlich weniger als 100,00 EUR monatlich an Einkommen haben wird. Dieses Einkommen ist aber nach § 11 b Abs. 2 Satz 1 SGB II nicht anzurechnen. Die tatsächliche Höhe ihres Einkommens für die einzelnen Monate wird die Klägerin dem Beklagten noch nachzuweisen und dieser wird es bei der endgültigen Bewilligung zu berücksichtigen haben.

29

Da die Bedarfe für Unterkunft nach Kopfteilen aufzuteilen sind (z. B. BSG, Urteil vom 27. Januar 2009 B 14/7b AS 8/07 R, zitiert nach Juris Rn. 18 mit weiteren Nachweisen), ergibt sich folglich für jeden der Kläger ein weiterer Anspruch von monatlich (91,98 EUR/2 =) 45,99 EUR.

30

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) und folgt dem Ergebnis der Hauptsache.

31

Die Berufung ist gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 SGG nicht bereits kraft Gesetzes zulässig, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes für den Beklagten 750,00 EUR nicht übersteigt. Er unterliegt mit insgesamt (91,98 EUR × 6 Monate =) 551,88 EUR. Die Kammer hat die Berufung aber nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zugelassen, weil sie jedenfalls der Frage, ob auf den Grenzwert nach § 12 Abs. 1 WoGG noch ein Sicherheitszuschlag vorzunehmen ist, grundsätzliche Bedeutung beimisst, nachdem diese Rechtsfrage vom BSG bisher nicht entschieden wurde.


ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2013 - S 15 AS 2495/11

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2013 - S 15 AS 2495/11

Referenzen - Gesetze

Sozialgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2013 - S 15 AS 2495/11 zitiert 13 §§.

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 193


(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen ha

Sozialgerichtsgesetz - SGG | § 144


(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 1. bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hier

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 7 Leistungsberechtigte


(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die1.das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,2.erwerbsfähig sind,3.hilfebedürftig sind und4.ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschla

Sozialgesetzbuch (SGB) Zweites Buch (II) - Bürgergeld, Grundsicherung für Arbeitsuchende - (Artikel 1 des Gesetzes vom 24. Dezember 2003, BGBl. I S. 2954) - SGB 2 | § 22 Bedarfe für Unterkunft und Heizung


(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Le

Wohngeldgesetz - WoGG | § 12 Höchstbeträge für Miete und Belastung sowie Entlastung bei den Heizkosten und die Klimakomponente


(1) Die monatlichen Höchstbeträge für Miete und Belastung sind vorbehaltlich des § 11 Absatz 3 nach der Anzahl der zu berücksichtigenden Haushaltsmitglieder und nach der Mietenstufe zu berücksichtigen. Sie ergeben sich aus Anlage 1. (2) Die Zugeh

Gesetz über die soziale Wohnraumförderung


Wohnraumförderungsgesetz - WoFG

Wohngeldgesetz - WoGG | § 8 Dauer des Ausschlusses vom Wohngeld und Verzicht auf Leistungen


(1) Der Ausschluss vom Wohngeld besteht vorbehaltlich des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 für die Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung von Grund und Höhe der Leistungen nach § 7 Abs. 1. Der Ausschluss besteht vorbehaltlich

Wohnraumförderungsgesetz - WoFG | § 10 Wohnungsgrößen


(1) Bei Bestimmungen der Länder über die Grenzen für Wohnungsgrößen sind folgende Grundsätze zu berücksichtigen: 1. Die Größe der zu fördernden Wohnung muss entsprechend ihrer Zweckbestimmung angemessen sein.2. Besonderheiten bei Maßnahmen im Gebäude

Wohngeldverordnung - WoGV | § 1 Anwendungsbereich


(1) Die Miete und der Mietwert im Sinne des Wohngeldgesetzes sind nach den Vorschriften des Teils 2 dieser Verordnung zu ermitteln. (2) Die Belastung im Sinne des Wohngeldgesetzes ist nach Teil 3 dieser Verordnung zu berechnen, soweit nicht nach

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Sozialgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2013 - S 15 AS 2495/11 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Sozialgericht Magdeburg Urteil, 25. Okt. 2013 - S 15 AS 2495/11 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Landessozialgericht Baden-Württemberg Urteil, 07. Nov. 2012 - L 3 AS 5600/11

bei uns veröffentlicht am 07.11.2012

Tenor Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. November 2011 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 monatlich weit

Bundessozialgericht Urteil, 26. Mai 2011 - B 14 AS 132/10 R

bei uns veröffentlicht am 26.05.2011

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 18. Februar 2009 aufgehoben.

Bundessozialgericht Urteil, 19. Okt. 2010 - B 14 AS 2/10 R

bei uns veröffentlicht am 19.10.2010

Tenor Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das

Referenzen

(1) Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt, soweit diese angemessen sind. Für die Anerkennung der Bedarfe für Unterkunft gilt eine Karenzzeit von einem Jahr ab Beginn des Monats, für den erstmals Leistungen nach diesem Buch bezogen werden. Innerhalb dieser Karenzzeit werden die Bedarfe für Unterkunft in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen anerkannt; Satz 6 bleibt unberührt. Wird der Leistungsbezug in der Karenzzeit für mindestens einen Monat unterbrochen, verlängert sich die Karenzzeit um volle Monate ohne Leistungsbezug. Eine neue Karenzzeit beginnt, wenn zuvor mindestens drei Jahre keine Leistungen nach diesem oder dem Zwölften Buch bezogen worden sind. Erhöhen sich nach einem nicht erforderlichen Umzug die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung, wird nur der bisherige Bedarf anerkannt. Soweit die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung den der Besonderheit des Einzelfalles angemessenen Umfang übersteigen, sind sie nach Ablauf der Karenzzeit als Bedarf so lange anzuerkennen, wie es der oder dem alleinstehenden Leistungsberechtigten oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Nach Ablauf der Karenzzeit ist Satz 7 mit der Maßgabe anzuwenden, dass der Zeitraum der Karenzzeit nicht auf die in Satz 7 genannte Frist anzurechnen ist. Verstirbt ein Mitglied der Bedarfs- oder Haushaltsgemeinschaft und waren die Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung davor angemessen, ist die Senkung der Aufwendungen für die weiterhin bewohnte Unterkunft für die Dauer von mindestens zwölf Monaten nach dem Sterbemonat nicht zumutbar. Eine Absenkung der nach Satz 1 unangemessenen Aufwendungen muss nicht gefordert werden, wenn diese unter Berücksichtigung der bei einem Wohnungswechsel zu erbringenden Leistungen unwirtschaftlich wäre.

(1a) (weggefallen)

(2) Als Bedarf für die Unterkunft werden auch unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur bei selbst bewohntem Wohneigentum im Sinne des § 12 Absatz 1 Satz 2 Nummer 5 anerkannt, soweit diese unter Berücksichtigung der im laufenden sowie den darauffolgenden elf Kalendermonaten anfallenden Aufwendungen insgesamt angemessen sind. Übersteigen unabweisbare Aufwendungen für Instandhaltung und Reparatur den Bedarf für die Unterkunft nach Satz 1, kann der kommunale Träger zur Deckung dieses Teils der Aufwendungen ein Darlehen erbringen, das dinglich gesichert werden soll. Für die Bedarfe nach Satz 1 gilt Absatz 1 Satz 2 bis 4 nicht.

(3) Rückzahlungen und Guthaben, die dem Bedarf für Unterkunft und Heizung zuzuordnen sind, mindern die Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach dem Monat der Rückzahlung oder der Gutschrift; Rückzahlungen, die sich auf die Kosten für Haushaltsenergie oder nicht anerkannte Aufwendungen für Unterkunft und Heizung beziehen, bleiben außer Betracht.

(4) Vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft soll die leistungsberechtigte Person die Zusicherung des für die neue Unterkunft örtlich zuständigen kommunalen Trägers zur Berücksichtigung der Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen. Innerhalb der Karenzzeit nach Absatz 1 Satz 2 bis 5 werden nach einem Umzug höhere als angemessene Aufwendungen nur dann als Bedarf anerkannt, wenn der nach Satz 1 zuständige Träger die Anerkennung vorab zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.

(5) Sofern Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, umziehen, werden Bedarfe für Unterkunft und Heizung für die Zeit nach einem Umzug bis zur Vollendung des 25. Lebensjahres nur anerkannt, wenn der kommunale Träger dies vor Abschluss des Vertrages über die Unterkunft zugesichert hat. Der kommunale Träger ist zur Zusicherung verpflichtet, wenn

1.
die oder der Betroffene aus schwerwiegenden sozialen Gründen nicht auf die Wohnung der Eltern oder eines Elternteils verwiesen werden kann,
2.
der Bezug der Unterkunft zur Eingliederung in den Arbeitsmarkt erforderlich ist oder
3.
ein sonstiger, ähnlich schwerwiegender Grund vorliegt.
Unter den Voraussetzungen des Satzes 2 kann vom Erfordernis der Zusicherung abgesehen werden, wenn es der oder dem Betroffenen aus wichtigem Grund nicht zumutbar war, die Zusicherung einzuholen. Bedarfe für Unterkunft und Heizung werden bei Personen, die das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, nicht anerkannt, wenn diese vor der Beantragung von Leistungen in eine Unterkunft in der Absicht umziehen, die Voraussetzungen für die Gewährung der Leistungen herbeizuführen.

(6) Wohnungsbeschaffungskosten und Umzugskosten können bei vorheriger Zusicherung durch den bis zum Umzug örtlich zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden; Aufwendungen für eine Mietkaution und für den Erwerb von Genossenschaftsanteilen können bei vorheriger Zusicherung durch den am Ort der neuen Unterkunft zuständigen kommunalen Träger als Bedarf anerkannt werden. Die Zusicherung soll erteilt werden, wenn der Umzug durch den kommunalen Träger veranlasst oder aus anderen Gründen notwendig ist und wenn ohne die Zusicherung eine Unterkunft in einem angemessenen Zeitraum nicht gefunden werden kann. Aufwendungen für eine Mietkaution und für Genossenschaftsanteile sollen als Darlehen erbracht werden.

(7) Soweit Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung geleistet wird, ist es auf Antrag der leistungsberechtigten Person an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte zu zahlen. Es soll an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte gezahlt werden, wenn die zweckentsprechende Verwendung durch die leistungsberechtigte Person nicht sichergestellt ist. Das ist insbesondere der Fall, wenn

1.
Mietrückstände bestehen, die zu einer außerordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses berechtigen,
2.
Energiekostenrückstände bestehen, die zu einer Unterbrechung der Energieversorgung berechtigen,
3.
konkrete Anhaltspunkte für ein krankheits- oder suchtbedingtes Unvermögen der leistungsberechtigten Person bestehen, die Mittel zweckentsprechend zu verwenden, oder
4.
konkrete Anhaltspunkte dafür bestehen, dass die im Schuldnerverzeichnis eingetragene leistungsberechtigte Person die Mittel nicht zweckentsprechend verwendet.
Der kommunale Träger hat die leistungsberechtigte Person über eine Zahlung der Leistungen für die Unterkunft und Heizung an den Vermieter oder andere Empfangsberechtigte schriftlich zu unterrichten.

(8) Sofern Bürgergeld für den Bedarf für Unterkunft und Heizung erbracht wird, können auch Schulden übernommen werden, soweit dies zur Sicherung der Unterkunft oder zur Behebung einer vergleichbaren Notlage gerechtfertigt ist. Sie sollen übernommen werden, wenn dies gerechtfertigt und notwendig ist und sonst Wohnungslosigkeit einzutreten droht. Vermögen nach § 12 Absatz 2 Satz 1 und Absatz 4 Satz 1 ist vorrangig einzusetzen. Geldleistungen sollen als Darlehen erbracht werden.

(9) Geht bei einem Gericht eine Klage auf Räumung von Wohnraum im Falle der Kündigung des Mietverhältnisses nach § 543 Absatz 1, 2 Satz 1 Nummer 3 in Verbindung mit § 569 Absatz 3 des Bürgerlichen Gesetzbuchs ein, teilt das Gericht dem örtlich zuständigen Träger nach diesem Buch oder der von diesem beauftragten Stelle zur Wahrnehmung der in Absatz 8 bestimmten Aufgaben unverzüglich Folgendes mit:

1.
den Tag des Eingangs der Klage,
2.
die Namen und die Anschriften der Parteien,
3.
die Höhe der monatlich zu entrichtenden Miete,
4.
die Höhe des geltend gemachten Mietrückstandes und der geltend gemachten Entschädigung und
5.
den Termin zur mündlichen Verhandlung, sofern dieser bereits bestimmt ist.
Außerdem kann der Tag der Rechtshängigkeit mitgeteilt werden. Die Übermittlung unterbleibt, wenn die Nichtzahlung der Miete nach dem Inhalt der Klageschrift offensichtlich nicht auf Zahlungsunfähigkeit der Mieterin oder des Mieters beruht.

(10) Zur Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und Heizung nach Absatz 1 Satz 1 ist die Bildung einer Gesamtangemessenheitsgrenze zulässig. Dabei kann für die Aufwendungen für Heizung der Wert berücksichtigt werden, der bei einer gesonderten Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für Unterkunft und der Aufwendungen für Heizung ohne Prüfung der Angemessenheit im Einzelfall höchstens anzuerkennen wäre. Absatz 1 Satz 2 bis 4 gilt entsprechend.

(11) Die für die Erstellung von Mietspiegeln nach § 558c Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs nach Landesrecht zuständigen Behörden sind befugt, die in Artikel 238 § 2 Absatz 2 Nummer 1 Buchstabe a, d und e des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche genannten Daten zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für eine Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist. Erstellen die nach Landesrecht zuständigen Behörden solche Übersichten nicht, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 auf Ersuchen an die kommunalen Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich zu übermitteln, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über die Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft erforderlich ist. Werden den kommunalen Trägern der Grundsicherung für Arbeitsuchende die Übersichten nicht zur Verfügung gestellt, so sind sie befugt, die Daten nach Satz 1 für ihren örtlichen Zuständigkeitsbereich bei den nach Landesrecht für die Erstellung von Mietspiegeln zuständigen Behörden zu erheben und in sonstiger Weise zu verarbeiten, soweit dies für die Erstellung von Übersichten über und die Bestimmung der Angemessenheit von Aufwendungen für die Unterkunft nach Absatz 1 Satz 1 erforderlich ist.

(12) Die Daten nach Absatz 11 Satz 1 und 3 sind zu löschen, wenn sie für die dort genannten Zwecke nicht mehr erforderlich sind.

(1) Bei Bestimmungen der Länder über die Grenzen für Wohnungsgrößen sind folgende Grundsätze zu berücksichtigen:

1.
Die Größe der zu fördernden Wohnung muss entsprechend ihrer Zweckbestimmung angemessen sein.
2.
Besonderheiten bei Maßnahmen im Gebäudebestand und bei selbst genutztem Wohneigentum sowie besonderen persönlichen oder beruflichen Bedürfnissen von Haushaltsangehörigen und einem nach der Lebenserfahrung in absehbarer Zeit zu erwartenden zusätzlichen Raumbedarf ist Rechnung zu tragen.

(2) Bei der Berechnung der Wohnfläche ist § 19 Abs. 1 anzuwenden.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 18. Februar 2009 aufgehoben.

Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt von dem beklagten Jobcenter Leistungen für die Unterkunft und Heizung ausgehend von der von ihm tatsächlich gezahlten Bruttokaltmiete nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II).

2

Der Kläger bewohnt seit dem Jahr 2001 eine 48 qm große Zwei-Zimmer-Wohnung in Bremen-W, für die er eine Bruttokaltmiete von 378,24 Euro zu zahlen hat. Bis zum 31.12.2004 bezog er Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz (BSHG), als Kosten der Unterkunft waren 245 Euro anerkannt, nachdem eine ihm eingeräumte insgesamt achtmonatige Frist zur Beschaffung einer sozialhilferechtlich angemessenen Wohnung abgelaufen war. Die Rechtsvorgängerin des jetzigen Beklagten (im Folgenden: "Beklagter") bewilligte dem Kläger für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.6.2005 Leistungen nach dem SGB II, darunter 245 Euro für die Unterkunft und 31 Euro für die Heizung monatlich (Bescheid vom 28.11.2004, Widerspruchsbescheid vom 2.5.2005).

3

Das Verwaltungsgericht (VG) Bremen - Kammer für Sozialgerichtssachen - hat die Klage abgewiesen (Gerichtsbescheid vom 28.7.2006). Im Laufe des Berufungsverfahrens hat der Beklagte am 22.11.2006 dem Kläger für die umstrittene Zeit Leistungen für die Unterkunft in Höhe von 265 Euro monatlich bewilligt. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) der Freien Hansestadt Bremen - Senat für Sozialgerichtssachen - hat unter Änderung der angefochtenen Bescheide den Beklagten verurteilt, dem Kläger vom 1.1. bis zum 30.6.2005 Leistungen nach dem SGB II unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft in Höhe von 291,50 Euro zu bewilligen und die Berufung im Übrigen zurückgewiesen (Urteil vom 18.2.2009). Zur Begründung hat es im Wesentlichen ausgeführt: Streitgegenstand sei nur die Bewilligung höherer Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, bei deren Prüfung in mehreren Schritten vorzugehen sei(Hinweis auf BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3).

4

Die angemessene Wohnungsgröße für Ein-Personen-Haushalte reiche in der Stadt Bremen bis 48 qm nach der Neufassung der Richtlinien zur Durchführung der vertraglich vereinbarten Förderung der Modernisierung von Mietwohnungen in der Freien Hansestadt Bremen vom 10.5.2004 (Amtsblatt der Freien Hansestadt Bremen 417). Der Wohnungsstandard müsse nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen. Der räumliche Vergleichsmaßstab sei so zu wählen, dass der Leistungsberechtigte in seinem sozialen Umfeld verbleiben könne. Bei einer Großstadt wie Bremen mit rund 548 000 Einwohnern sei eine Differenzierung geboten. Angemessen als räumlicher Vergleichsmaßstab sei vorliegend der Stadtbezirk Bremen-West, in dem der Stadtteil W liege, in dem der Kläger wohne. In Bremen-West wohnten ca 88 600 Einwohner, er umfasse 15 Ortsteile, in denen ein Umzug zumutbar sei und er sei im Hinblick auf Wohnbebauung und Mietniveau ähnlich strukturiert. Die Ortsteile seien durch öffentliche Verkehrsmittel gut miteinander verbunden.

5

Für die Stadt Bremen liege weder ein einfacher noch ein qualifizierter Mietspiegel vor. Der Beklagte habe auch kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des Mietniveaus für eine sozialrechtlich angemessene Wohnung für Ein-Personen-Haushalte im Stadtbezirk Bremen-West erstellt. Das vom Beklagten vorgelegte Ergebnis einer Recherche aufgrund von Wohnungsanzeigen genüge den Anforderungen für ein schlüssiges Konzept nicht. Dem "GEWOS-Gutachten", in dem eine umfassende Erhebung des Mietwohnungsbestandes in Bremen erfolgt sei, könne der zu ermittelnde abstrakt angemessene Mietzins für den Stadtbezirk Bremen-West nicht entnommen werden, denn die Angaben zum Mietniveau bezögen sich auf die ganze Stadt. Daher seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts ( Hinweis auf die Urteile vom 7.11.2006, aaO) zur Bestimmung des abstrakt angemessenen Mietzinses die Werte der Tabelle zu § 8 Wohngeldgesetz(in der Fassung des Gesetzes vom 24.12.2003, BGBl I 2954, im Folgenden: WoGG aF) zugrunde zu legen. Diese Werte seien durch die in den GEWOS-Gutachten über die Mietsituation in Bremen enthaltenen Erkenntnisse zu modifizieren. Der Beklagte habe vorliegend bei der Bemessung der Leistung für die Unterkunft § 8 WoGG aF und die Mietstufe IV angewandt, aber nicht die äußere rechte Spalte (Bezugsfertigkeit ab 1.1.1992), sondern die zweite von rechts (Bezugsfertigkeit vom 1.1.1966 bis zum 31.12.1991) und einen Betrag von 265 Euro als angemessen angesehen. Dem könne aufgrund der Untersuchungen des GEWOS-Institutes nicht gefolgt werden, weil ein unausgeglichenes Verhältnis zwischen der Anzahl der nach dem SGB II hilfebedürftigen alleinstehenden Personen und dem Bestand an Wohnraum zu diesem Mietpreis vorgelegen habe. Als angemessener Wohnungsbestand für Alleinstehende mit bis zu 50 qm seien insgesamt 16 100 Einheiten ermittelt worden, von denen 13 100 bis 14 500 von Haushalten nach dem SGB II und dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XII) bewohnt wurden und weitere 310 Wohnungen leer standen. Die Anzahl der nicht angemessen wohnenden Alleinstehenden habe 5000 bis 5500 Personen betragen, für die folglich nur 1600 bis 3000 Wohnungen zur Verfügung gestanden hätten. Nach dem GEWOS-Gutachten und den Ausführungen der Sachverständigen S würde sich durch eine Anhebung der Mietobergrenze um 10 vH die Anzahl der angemessenen Wohnungen von 16 100 auf 24 000 erhöhen und ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Nachfrage und angemessenem Wohnungsbestand für Alleinstehende ergeben. Der angemessene Mietzins für den Kläger betrage daher monatlich (265 + 26,50 =) 291,50 Euro. Zwar beziehe sich das GEWOS-Gutachten auf die gesamte Stadt Bremen, der Übertragung auf den Stadtbezirk West stünden aber keine durchgreifenden Hinderungsgründe entgegen.

6

Entgegen der Ansicht des Klägers beinhalte § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II in der Fassung des Vierten Gesetzes für moderne Dienstleistungen am Arbeitsmarkt vom 24.12.2003 (BGBl I 2954, im Folgenden: SGB II aF) keine Regel, nach der eine Absenkung der Unterkunftskosten erst sechs Monate nach Bezug von Leistungen nach dem SGB II möglich sei. Für den Kläger habe die Möglichkeit eines Umzugs bestanden, wie sich aus dem GEWOS-Gutachten und den Erläuterungen der Sachverständigen ergebe. Der Beklagte sei nicht verpflichtet gewesen, ihm günstigen Wohnraum nachzuweisen. Vielmehr sei es eine Obliegenheit des Klägers gewesen, sich um eine angemessene Unterkunft zu bemühen. Ein Umzug in eine kostengünstigere Wohnung sei dem Kläger auch zuzumuten gewesen. Dagegensprechende Gründe seien weder vorgetragen worden, noch ersichtlich.

7

Mit der - vom BSG zugelassenen - Revision rügt der Kläger die Verletzung materiellen Rechts und macht geltend: Nach den Feststellungen des OVG liege für die Stadt Bremen kein einfacher und kein qualifizierter Mietspiegel vor, auch habe der Beklagte kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des Mietniveaus. Demgemäß sei der Bemessung der Leistung für die Unterkunft des Klägers zumindest der Mietzins nach der rechten Spalte in § 8 WoGG aF in Höhe von 325 Euro zuzüglich eines Sicherheitszuschlags von 10 %, also 357,50 Euro zugrunde zu legen(Hinweis ua auf BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3). Wäre das OVG seiner Verpflichtung nachgekommen, der Bemessung der Leistung für die Unterkunft ein schlüssiges Konzept zugrunde zu legen und sich ggf von dem Beklagten vorlegen zu lassen, hätte es den Beklagten verpflichten müssen, die tatsächlichen Unterkunftskosten des Klägers zu übernehmen.

8

Der Kläger beantragt (sinngemäß),
das Urteil des Oberverwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 18. Februar 2009 und den Gerichtsbescheid des Verwaltungsgerichts der Freien Hansestadt Bremen vom 28. Juli 2006 sowie den Bescheid des Beklagten vom 28. November 2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2. Mai 2005 und den Bescheid vom 22. November 2006 zu ändern
und den Beklagten zu verurteilen, ihm Leistungen für die Unterkunft und die Heizung in Höhe von 423,24 Euro vom 1. Januar 2005 bis zum 30. Juni 2005 monatlich zu zahlen.

9

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

Entscheidungsgründe

10

Auf die Revision des Klägers ist das Urteil des OVG der Freien Hansestadt Bremen aufzuheben, weil der rechtlichen Auffassung des OVG in mehreren Punkten nicht gefolgt werden kann. Der Rechtsstreit ist zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht Niedersachsen-Bremen (LSG) zurückzuverweisen, weil eine endgültige Entscheidung seitens des BSG mangels ausreichender Feststellungen nicht möglich ist.

11

Streitgegenstand des Verfahrens ist nach den Anträgen des Klägers in den Vorinstanzen die "Übernahme seiner tatsächlichen Unterkunftskosten" und der diesen Anspruch regelnde Bescheid des Beklagten vom 28.11.2004 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 2.5.2005 und der im Laufe des Berufungsverfahrens ergangene Änderungsbescheid vom 22.11.2006. Eine Beschränkung des Streitgegenstandes auf die Leistungen für die Unterkunft und Heizung ist zulässig, soweit es sich bei der Verfügung über diese Leistungen um eine abtrennbare Verfügung (Verwaltungsakt iS des § 31 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch) des Gesamtbescheides handelt. Eine weitere Aufspaltung des Streitgegenstandes in die Leistungen für die Unterkunft und für die Heizung ist rechtlich nicht möglich, weil diese Leistungen eng miteinander verknüpft sind, zB über die Wohnungsgröße (vgl mit weiterer Begründung: BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 8/06 R - BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1 RdNr 18 ff). Hierin hat sich durch die Neufassung des § 19 Abs 1 SGB II durch das Gesetz zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des Zweiten und Zwölften Buches Sozialgesetzbuch vom 24.3.2011 (BGBl I 453), das insofern zum 1.1.2011 in Kraft getreten ist, zumindest für laufende Verfahren über frühere Bewilligungsabschnitte nichts geändert.

12

Die aufgezeigten Voraussetzungen für eine Beschränkung des Streitgegenstandes sind vorliegend erfüllt, weil insbesondere der Widerspruchsbescheid eine abtrennbare Verfügung über die Leistung für die Unterkunft und Heizung enthält. Soweit der vor dem VG und dem OVG nicht anwaltlich vertretene Kläger in seinen Sachanträgen "die tatsächlichen Unterkunftskosten" begehrt hat, ist hierin bei sachgerechter Auslegung seiner Anträge (vgl § 123 Sozialgerichtsgesetz) keine Beschränkung des Streitgegenstandes und Ausschluss der Leistung für die Heizung zu sehen, sodass sich für die streitgegenständliche Zeit aufgrund der tatsächlichen Bruttokaltmiete von 378,24 Euro plus des zu zahlenden Vorschusses für die Heizung von 45 Euro ein Betrag von 423,24 Euro ergibt.

13

Ob der Kläger zu dem dem Grunde nach anspruchsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II gehört, kann nicht abschließend beurteilt werden, weil das Urteil des OVG zu einigen Grundvoraussetzungen nach § 7 Abs 1 Satz 1 SGB II (Alter, Erwerbsfähigkeit, Hilfebedürftigkeit) keine Feststellungen hinsichtlich des Klägers enthält.

14

Die vorliegend umstrittenen Leistungen für Unterkunft und Heizung werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind (§ 22 Abs 1 Satz 1 SGB II, das insofern vom 1.1.2005 bis zum Entscheidungszeitpunkt nicht geändert wurde). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle (ständige Rechtsprechung vgl nur BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 12 mwN). Zwischen der Leistung für die Unterkunft und der Leistung für die Heizung ist zu unterscheiden, wie schon im Wortlaut der Vorschrift mit der Verwendung des Plurals Leistungen sowie der Rechtsprechung des BSG zu entnehmen ist (BSG vom 2.7.2009 - B 14 AS 36/08 R - BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23; zuletzt BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 18).

15

Die Höhe der dem Kläger zustehenden Leistung für die Heizung kann vom Senat nicht beurteilt werden, weil das Urteil des OVG insofern keine weitergehenden Feststellungen enthält, außer der dem Kläger von dem Beklagten bewilligten 31 Euro.

16

Der Kläger könnte gegen den Beklagten einen Anspruch auf eine höhere Leistungen für die Unterkunft (Nettokaltmiete plus kalte Betriebskosten) als die ihm vom OVG zugesprochenen 291,50 Euro monatlich für die Zeit vom 1.1. bis zum 30.6.2005 haben, weil die Herleitung des Betrags nicht frei von Rechtsfehlern ist.

17

Zur Ermittlung der Leistung für die Unterkunft, auf die der dem Grunde nach Leistungsberechtigte Anspruch hat, ist in mehreren Schritten vorzugehen: Zunächst ist die angemessene Leistung für die Unterkunft unter Zugrundelegung der sogenannten Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren abstrakt zu ermitteln (dazu 1.). Dann ist - falls insofern vom Leistungsberechtigten Einwände vorgebracht werden - zu prüfen, ob in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum eine solche abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte angemietet werden können (dazu 2.). Soweit die Aufwendungen des Leistungsberechtigten für seine Unterkunft die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft übersteigen, sind erstere solange zu berücksichtigen, wie es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel längstens für sechs Monate (§ 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF, der durch die Einführung des neuen Satzes 2 durch das Gesetz zur Fortentwicklung der Grundsicherung für Arbeitsuchende vom 20.7.2006, BGBl I 1706, ohne inhaltliche Änderung zu Satz 3 wurde; zu dieser Voraussetzung unter 3.; vgl zu allen Voraussetzungen ua BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19 ff; BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 12 ff; BSG vom 20.8.2009 - B 14 AS 65/08 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 26; BSG vom 22.9.2009 - B 4 AS 18/09 R - BSGE 104, 192 = SozR 4-4200 § 22 Nr 30; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 27; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29; zuletzt: BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 20 ff).

18

1. Die Höhe der abstrakt angemessenen Leistung für die Unterkunft des Klägers kann aufgrund der Feststellungen des OVG nicht beurteilt werden.

19

Die abstrakt angemessene Leistung für die Unterkunft ist entsprechend der soeben aufgezeigten Rechtsprechung in einem mehrstufigen Verfahren zu ermitteln: a) Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu bestimmen. b) Alsdann ist der maßgebliche örtliche Vergleichsraum festzulegen. c) Im nächsten Schritt ist unter Berücksichtigung des angemessenen einfachen Wohnungsstandards festzustellen, welche Nettokaltmiete pro qm Wohnfläche für die angemessene Wohnungsgröße auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraumes zu zahlen ist, um die nach der Produkttheorie angemessene Nettokaltmiete zu ermitteln. d) Zu der so ermittelten Nettokaltmiete sind noch die kalten Betriebskosten hinzuzurechnen.

20

a) Die angemessene Wohnungsgröße beträgt für Alleinstehende in Bremen 48 qm.

21

Zur Festlegung der angemessenen Wohnfläche ist auf die Wohnraumgrößen für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (ständige Rechtsprechung seit BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19; zuletzt BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsbau verweisen § 27 Abs 4, § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung vom 13.9.2001 (BGBl I 2376, "Wohnraumförderungsgesetz", im Folgenden: WoFG) wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße auf die "Bestimmungen des jeweiligen Landes".

22

Nach den Feststellungen des OVG ist nach der Neufassung der Richtlinien zur Durchführung der vertraglich vereinbarten Förderung der Modernisierung von Mietwohnungen in der Freien Hansestadt Bremen vom 20.5.2004 (Abl 417 ff) für einen Ein-Personen-Haushalt eine Wohnungsgröße bis 48 qm angemessen. An diese Regelung für die Belegung von gefördertem Wohnraum ist für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 SGB II aus den genannten Gründen anzuknüpfen.

23

b) Der für den Kläger maßgebliche örtliche Vergleichsraum kann nach den derzeitigen Feststellungen des OVG nicht auf den Stadtbezirk Bremen-West beschränkt werden.

24

Zur Begründung dieses von ihm angenommenen örtlichen Vergleichsraums hat das OVG angeführt, dass bei einer Großstadt wie Bremen mit rund 548 000 Einwohnern eine Differenzierung geboten sei. Das Mietniveau sei in den einzelnen Stadtteilen unterschiedlich hoch, es gebe Stadtteile, in denen 77 % der Mietwohnungen auf geringem Niveau liegen.

25

Nach der Rechtsprechung des BSG ist Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes zunächst der Wohnort des Leistungsberechtigten. Der Vergleichsraum muss einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung umfassen, um ein entsprechendes Wohnungsangebot aufzuweisen und die notwendigen abstrakten Ermittlungen zu ermöglichen. Des Weiteren muss er aufgrund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur, insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit, einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bilden. Das BSG hat als solche Vergleichsräume die Städte München mit rund 1,36 Mio Einwohnern (BSG vom 19.2.2009 - B 4 AS 30/08 R - BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19) und Berlin mit rund 3,4 Mio Einwohnern angesehen (BSG vom 19.10.2010 - B 14 AS 50/10 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 42 RdNr 24). Es hat darauf hingewiesen, dass eine Beschränkung auf bestimmte Bezirke oder Ortsteile mit besonders verdichteter Bebauung und damit vorwiegend günstigem Wohnraum das Risiko einer Gettoisierung birgt.

26

Dem folgend kann aus der Einwohnerzahl der Stadt Bremen kein zwingender Grund für eine weitere Unterteilung der Stadt abgeleitet werden. Dagegen spricht vielmehr die Feststellung des OVG, in bestimmten Stadtteilen würden 77 % der Mietwohnungen auf geringem Niveau liegen, was möglicherweise die Gefahr einer Gettoisierung birgt, und die weiteren Ausführungen des OVG zum maßgeblichen Datenbestand, bei denen oftmals auf die gesamte Stadt Bremen zurückgegriffen wurde. Ob die Stadt Bremen insgesamt die Voraussetzungen eines Vergleichsraumes erfüllt, wird das LSG zu prüfen haben.

27

c) Welche unter Berücksichtigung eines einfachen Wohnungsstandards angemessene Nettokaltmiete pro qm Wohnfläche auf dem Wohnungsmarkt des maßgeblichen Vergleichsraumes für den Kläger zugrunde zu legen ist, kann aufgrund der Feststellungen des OVG nicht bestimmt werden.

28

Unabhängig von der Beantwortung der Frage nach dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum (siehe zuvor) gibt es nach den Feststellungen des OVG für die Stadt Bremen weder einen einfachen noch einen qualifizierten Mietspiegel, und der Beklagte hat auch kein schlüssiges Konzept zur Ermittlung des Mietniveaus für eine angemessene Wohnung für Ein-Personen-Haushalte aufgestellt. Ob aus dem GEWOS-Gutachten, das eine umfassende Erhebung des Mietwohnungsbestandes für die gesamte Stadt Bremen enthält, entsprechende Zahlen abgeleitet werden können, ggf in Verbindung mit weiteren Ermittlungen (vgl zB die Anhörung der Sachverständigen S und ihre sehr differenzierten Angaben zum Wohnungsbestand für Alleinstehende in Bremen), kann vom Senat mangels weiterer Feststellungen nicht beurteilt werden (vgl auch BSG vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 16).

29

Nur wenn es nicht möglich ist, auf diesem Wege eine angemessene Nettokaltmiete zu bestimmen, kann zur Ermittlung der Leistung für die Unterkunft auf die Tabelle zu § 8 WoGG aF zurückgegriffen werden. Dieser Rückgriff auf § 8 WoGG führt jedoch nicht zu einem geeigneten Maßstab zur Bestimmung der angemessenen Leistung für die Unterkunft iS des § 22 SGB II, sondern beinhaltet nur eine Angemessenheitsgrenze nach oben, weswegen auch die rechte Spalte in der Tabelle zugrunde zu legen ist(BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2; BSG vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R - RdNr 15; BSG vom 17.12.2009 - B 4 AS 50/09 R - SozR 4-4200 § 22 Nr 29 RdNr 21 f, 27).

30

Gegen ein "Mischverfahren" wie es das OVG angewandt hat, bei dem von Werten aus der Tabelle nach § 8 WoGG aF ausgegangen wird und diese aufgrund bestimmter lokaler Erkenntnisse verändert werden, um ein ausgeglichenes Verhältnis zwischen Nachfrage und angemessenem Wohnungsbestand zu erreichen, spricht schon, dass ihm keine systematische Ermittlung der angemessenen Nettokaltmiete zugrunde liegt. Offen bleibt zB, warum von den Werten der zweiten Spalte von rechts in der Tabelle ausgegangen wird und nicht von denen in der ganz rechten oder dritten von rechts.

31

d) Feststellungen zu den abstrakt angemessenen kalten Betriebskosten fehlen.

32

2. Ob in dem maßgeblichen örtlichen Vergleichsraum eine solche abstrakt angemessene Wohnung auch tatsächlich hätte gemietet werden können, kann mangels entsprechender Feststellungen nicht beurteilt werden (vgl BSG vom 13.4.2011 - B 14 AS 106/10 R - , zur Veröffentlichung vorgesehen).

33

3. Ob die Aufwendungen des Klägers für seine Unterkunft (Bruttokaltmiete von 378,24 Euro), wenn sie die abstrakt angemessene Leistung für seine Unterkunft übersteigen, nach § 22 Abs 1 Satz 2 SGB II aF zu berücksichtigen sind, weil es ihm nicht möglich oder nicht zumutbar war, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder auf andere Weise die Aufwendungen zu senken, kann ebenfalls nicht abschließend entschieden werden.

34

Das OVG hat insofern zu Recht auf die schon durch den Sozialhilfeträger erfolgten Kostensenkungsinformationen hingewiesen (BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 10/06 R - BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 23; BSG vom 7.11.2006 - B 7b AS 18/06 R - BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 24). Individuelle Gründe, die seitens des Klägers einer Kostensenkung entgegenstehen, hat das OVG nicht festgestellt.

35

4. Der Rechtsstreit ist an das LSG Niedersachsen-Bremen zurückzuverweisen. Zwar hat das OVG der Freien Hansestadt Bremen "das Urteil erlassen" (vgl § 170 Abs 2 Satz 2 SGG am Ende) und nicht das LSG Niedersachsen-Bremen. Die früheren §§ 50a ff SGG, nach denen aufgrund Landesrechts die Sozialgerichtsbarkeit in bestimmten sozialrechtlichen Materien durch besondere Spruchkörper der Verwaltungsgerichte ausgeübt wurde(eingeführt durch Gesetz vom 9.12.2004, BGBl I 3302), sind jedoch mit Wirkung vom 1.1.2009 aufgehoben. Die Übergangsregelung in § 206 Abs 2 SGG sieht vor, dass Verfahren, die am 1.1.2009 bei den besonderen Spruchkörpern der Verwaltungsgerichte anhängig sind, bei diesen anhängig bleiben und entsprechend der bisherigen Rechtslage fortgeführt werden; für Rechtsbehelfe gegen die Entscheidung eines besonderen Spruchkörpers, die nach dem 31.12.2008 ergehen, ist jedoch das LSG zuständig. Entsprechend dieser vom Gesetzgeber getroffenen Regel, die anhängigen Verfahren in der jeweiligen Instanz in den besonderen Spruchkörpern zu belassen, nach Abschluss einer Instanz diese aber der üblichen Zuständigkeitsregelung zu unterwerfen, ist nunmehr für das zurückverwiesene Verfahren das LSG zuständig.

36

5. Das LSG wird auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

Tenor

Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2009 aufgehoben und der Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Landessozialgericht zurückverwiesen.

Tatbestand

1

Der 1960 geborene, alleinstehende Kläger bezieht von dem beklagten Träger der Grundsicherung für Arbeitsuchende seit dem 1.1.2005 durchgehend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II). Er bewohnt seit dem 1.9.2004 eine Zwei-Zimmer-Wohnung in Berlin-Schöneberg. Für diese Altbauwohnung (bezugsfertig ca 1900) mit einer Größe von 58,31 qm, die über eine Öl-Zentralheizung beheizt (bei einer Gesamtwohnfläche von knapp 2000 qm) und mit Warmwasser versorgt wird, zahlte der Kläger im streitigen Zeitraum eine monatliche Gesamtmiete in Höhe von 438,63 Euro. Der Betrag setzte sich zusammen aus einer Nettokaltmiete von 203,63 Euro, einem Modernisierungszuschlag in Höhe von 98,36 Euro, einer Vorauszahlung für die kalten Betriebskosten in Höhe von 76,31 Euro sowie einem nach dem Mietvertrag nicht abdingbaren Betrag für den Kabelanschluss in Höhe von 14,31 Euro und schließlich einer Vorauszahlung für warme Betriebskosten in Höhe von 46,02 Euro.

2

Der Beklagte gewährte dem Kläger bis einschließlich August 2006 Leistungen unter Berücksichtigung von Kosten der Unterkunft (KdU) in Höhe von 438,63 Euro. Mit Schreiben vom 1.2.2006 teilte er dem Kläger mit, die KdU seien nicht angemessen. Für Ein-Personen-Haushalte gelte insoweit ein Richtwert von 360 Euro. Die tatsächlichen Kosten würden solange übernommen werden, wie es dem Kläger nicht möglich sei, die Kosten zu senken. Diese Zusage gelte für längstens sechs Monate. Für die Zeit vom 1.9.2006 bis zum 30.11.2006 bewilligte er mit Bescheid vom 29.5.2006 monatliche Leistungen in Höhe von 705 Euro (Regelleistung in Höhe von 345 Euro sowie KdU in Höhe von 360 Euro). Widerspruch und Klage gerichtet auf die Übernahme der KdU in Höhe von 438,63 Euro blieben ohne Erfolg (Widerspruchsbescheid vom 19.7.2006; Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15.2.2007).

3

Das hiergegen angerufene Landessozialgericht (LSG) hat die Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung zugelassen und in der Sache mit Urteil vom 26.11.2009 zurückgewiesen. Für den Kläger, der im streitigen Zeitraum Berechtigter im Sinne des § 7 Abs 1 SGB II(in der für den streitigen Zeitraum geltenden Fassung des Gesetzes zur optionalen Trägerschaft von Kommunen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch vom 30.7.2004, BGBl I 2014) gewesen sei, ergäben sich Ansprüche auf weitergehende KdU als von dem Beklagten bewilligt nach Bestimmung der abstrakt angemessenen Kosten nach der sog Produkttheorie nicht. Lediglich die geltend gemachten Heizkosten seien in Höhe von 39,80 Euro (tatsächliche Kosten abzüglich der Pauschale für die Erwärmung von Wasser) in vollem Umfang als wirtschaftlich angemessen anzusehen. Die übrigen geltend gemachten KdU in Höhe von 392,61 Euro, von denen auch die Kosten für den Kabelanschluss und der Modernisierungszuschlag zu den berücksichtigungsfähigen KdU gehörten, seien unangemessen hoch.

4

Hinsichtlich der Feststellung der angemessenen Wohnungsgröße sei die für Wohnberechtigte im sozialen Wohnungsbau anerkannte Wohnraumgröße zu Grunde zu legen, für die in Berlin - in Ermangelung von Richtlinien zu § 10 des Gesetzes über die soziale Wohnraumförderung - Wohnraumförderungsgesetz (WoFG) - weiterhin auf die (ehemals) geltenden Richtlinien für den öffentlich geförderten sozialen Wohnungsbau(Wohnungsbauförderungsbestimmungen 1990 - WFB 1990 -) vom 16.7.1990 (Amtsblatt für Berlin 1990, 1379 ff) in der Fassung der Verwaltungsvorschriften zur Änderung der WFB 1990 vom 13.12.1992 (VVÄndWFB 1990; Amtsblatt für Berlin 1993, 98 f) - dort Ziffer I.13 - und ergänzend auf die zur Umsetzung von § 5 Wohnungsbindungsgesetz (WoBindG) iVm § 27 Abs 1 bis 5 WoFG erlassenen Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15.12.2004 (Mitteilung Nr 8/2004) zur Vergabe von Wohnberechtigungsscheinen zur Belegung von nach dem WoFG belegungsgebundenen Wohnungen - dort Ziffer 8 Abs 1 Satz 3 - abzustellen sei. Maßgebend seien allein die Größen, die sich für 1-Raum Wohnungen ergäben (45 qm).

5

Für die weitere Feststellung des angemessenen Unterkunftsbedarfs seien nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) die Kosten für eine Wohnung, "die nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügt und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist", zu ermitteln. Hierfür seien die sich aus der Berliner Mietspiegeltabelle 2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3109) ergebenden durchschnittlichen Mittelwerte für einfache Wohnlagen und Ausstattungen für Neu- und Altbauten zu Grunde zu legen, der im streitigen Zeitraum gegolten habe, nicht dagegen die Werte aus dem im laufenden Berufungsverfahren veröffentlichten Mietspiegel 2007, auch wenn dieser auf den im Jahre 2006 gezahlten Mieten fuße. Für eine Wohnfläche von vierzig bis unter sechzig Quadratmetern in einfacher Lage ergebe sich eine Nettokaltmiete von gerundet 4,33 Euro pro qm (Summe aus sämtlichen Mittelwerten geteilt durch 9), und also eine monatliche Nettokaltmiete in Höhe von insgesamt 194,85 Euro (4,33 Euro x 45 qm). Weder halte der Senat insoweit nur einzelne der nach Jahren der Bezugsfertigkeit der Wohnungen und ergänzend nach deren Ausstattung mit Sammelheizung und Bad gebildeten Spalten für maßgeblich noch sehe er innerhalb der einzelnen Spalten die angegebenen Spannentiefst- oder -höchstwerte als entscheidend an. Weitere Verfeinerungen mathematisch-statistischer Art würden weder die Akzeptanz noch die Nachvollziehbarkeit erhöhen, mögliche statistisch-wissenschaftliche Ungenauigkeiten durch den Rückgriff allein auf Mittelwerte würden zur Überzeugung des Senats dadurch kompensiert, dass bereits zu Gunsten der Hilfebedürftigen als Richtwert die maximal förderungsfähige Quadratmeterzahl berücksichtigt werde.

6

Zu der Nettokaltmiete seien die angemessenen kalten Betriebskosten, die regelmäßig mit dem Mietzins zu entrichten seien, unter Zugrundelegung der vom Deutschen Mieterbund (DMB) mit dem "Betriebskostenspiegel 2005" veröffentlichten Angaben (www.mieterbund.de) zu bestimmen, die sich auf 1,79 Euro pro qm (einschließlich Steuern und Abgaben) monatlich beliefen. Es ergebe sich damit eine angemessene Bruttokaltmiete von insgesamt 275,40 Euro. Der Beklagte habe im Verwaltungsverfahren unter Abzug der maximal berücksichtigungsfähigen Heizkosten von 39,80 Euro monatlich Leistungen für eine Bruttokaltmiete in Höhe von 320,20 Euro zuerkannt und damit bereits einen Betrag, der über der angemessenen Bruttokaltmiete in Berlin für diesen Zeitraum liege.

7

Es sei davon auszugehen, dass eine konkrete Unterkunftsalternative zu diesem Mietzins tatsächlich anmietbar sei. Der Kläger habe jedenfalls Bemühungen zur Kostensenkung nicht erkennen lassen. Soweit er erstmals in der mündlichen Verhandlung ohne jede zeitliche Zuordnung und Darlegung vorgetragen habe, sich erfolglos telefonisch bei 200 bis 300 Vermietern um günstigere Wohnungen bemüht zu haben, sei dies nach Überzeugung des Senats unglaubhaft, denn es stehe in krassem Widerspruch zu seinem bisherigen Vortrag.

8

Hiergegen richtet sich der Kläger mit seiner vom LSG zugelassenen Revision. Er rügt, das LSG habe den unbestimmten Rechtsbegriff der Angemessenheit der Aufwendungen für eine Unterkunft fehlerhaft konkretisiert. Zudem habe das LSG zu Unrecht den Vortrag des Klägers, er habe vergeblich versucht angemessenen Wohnraum anzumieten, als unglaubhaft abgetan ohne eigene Ermittlungen anzustellen, inwieweit es ihm tatsächlich möglich sei, angemessenen Wohnraum anzumieten.

9

Der Kläger beantragt,
das Urteil des Landessozialgerichts Berlin-Brandenburg vom 26. November 2009 sowie das Urteil des Sozialgerichts Berlin vom 15. Februar 2007 aufzuheben und den Beklagten unter Abänderung seines Bescheides vom 29. Mai 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19. Juli 2006 zu verurteilen, ihm weitere Leistungen für die Kosten der Unterkunft und Heizung für die Zeit von September bis November 2006 in Höhe von monatlich 78,63 Euro zu gewähren.

10

Der Beklagte beantragt,
die Revision zurückzuweisen.

11

Der Beklagte hält das angefochtene Urteil für zutreffend.

Entscheidungsgründe

12

Die Revision des Klägers ist im Sinne der Aufhebung des Berufungsurteils und der Zurückverweisung der Sache an das LSG begründet (§ 170 Abs 2 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz). Auf der Grundlage der tatsächlichen Feststellungen des LSG kann nicht beurteilt werden, ob der Kläger höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung nach § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II beanspruchen kann, als sie der Beklagte bewilligt hat.

13

1. Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 29.5.2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 19.7.2006, gegen den sich die Anfechtungs- und Leistungsklage (§ 54 Abs 4 SGG) richtet. Streitgegenstand sind allein Ansprüche des Klägers auf höhere Leistungen für Unterkunft und Heizung für die Zeit von September 2006 bis November 2006, die dieser Bescheid ua regelt. Der Kläger hat den Streitstoff in der Sache schon mit Klageerhebung auf die KdU beschränkt (zur Zulässigkeit einer solchen Beschränkung vgl nur BSGE 97, 217 = SozR 4-4200 § 22 Nr 1, jeweils RdNr 18).

14

2. Der Kläger gehört nach den bindenden Feststellungen des LSG (§ 163 SGG) dem Grunde nach zum leistungsberechtigten Personenkreis nach dem SGB II, weil er das 15. Lebensjahr vollendet und das 65. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, erwerbsfähig und hilfebedürftig ist und seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland hat (§ 7 Abs 1 Satz 1 SGB II). Neben der Regelleistung hat er damit Anspruch auf Leistungen für Unterkunft und Heizung.

15

3. KdU werden in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit sie angemessen sind (vgl § 22 Abs 1 Satz 1 SGB II). Erfasst sind alle Zahlungsverpflichtungen, die sich aus dem Mietvertrag für die Unterkunft ergeben (vgl zuletzt BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 20 RdNr 20 zum Nutzungsentgelt für die Küchenmöblierung mwN). Dazu zählen hier neben der geschuldeten Nettokaltmiete in Höhe von 203,63 Euro und der Vorauszahlung für die "kalten" Betriebskosten in Höhe von 76,31 Euro auch die Kosten für den Kabelanschluss (dazu nur BSGE 102, 274 = SozR 4-4200 § 22 Nr 18) sowie der Modernisierungszuschlag in Höhe von 98,36 Euro, wie das LSG zutreffend entschieden hat. Soweit der Vermieter die Kosten einer Modernisierungsmaßnahme nach § 559 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) auf den Mieter abwälzt, gehören diese Kosten, auch wenn sie weiterhin gesondert ausgewiesen sind, zur vertraglich geschuldeten (Kalt-)Miete.

16

4. Die Angemessenheit von KdU ist (getrennt von den Kosten der Heizung, vgl nur BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23) unter Zugrundelegung der sog Produkttheorie in einem mehrstufigen Verfahren zu konkretisieren: Zunächst ist die angemessene Wohnungsgröße zu ermitteln (dazu unter a). Alsdann ist festzustellen, ob die angemietete Wohnung dem Produkt aus angemessener Wohnfläche und Standard entspricht, der sich in der Wohnungsmiete niederschlägt. Vergleichsmaßstab sind insoweit die räumlichen Gegebenheiten am Wohnort des Hilfebedürftigen (dazu unter b), wobei die örtlichen Gegebenheiten auf dem Wohnungsmarkt zu ermitteln und zu berücksichtigen sind (dazu unter c). Der Begriff der "Angemessenheit" unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Im Streitfall ist das der Bestimmung der Kosten zu Grunde liegende Konzept damit von den Gerichten in vollem Umfang zu überprüfen und ggf ein solches Konzept durch eigene Ermittlungen zu ergänzen. Diese Prüfung haben weder der Beklagte noch das LSG rechtsfehlerfrei vorgenommen.

17

a) Entgegen der Auffassung des LSG ergibt sich für einen Ein-Personen-Haushalt in Berlin eine maßgebliche Wohnfläche von 50 qm. Bei der Bestimmung der angemessenen Wohnfläche ist auf die anerkannte Wohnraumgröße für Wohnberechtigte im sozialen Mietwohnungsbau abzustellen (stRspr seit BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 19). Hinsichtlich der Überlassung von gefördertem Mietwohnungsraum gilt § 27 Abs 1 bis 5 WoFG vom 13.9.2001 (BGBI I 2376) iVm § 5 WoBindG in der im streitigen Zeitraum geltenden Fassung (neue Fassung) der Bekanntmachung vom 13.9.2001 (BGBl I 2404). Wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße verweist § 27 Abs 4 WoFG(als Nachfolgeregelung zu § 5 Abs 2 WoBindG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung) auf die nach § 10 WoFG von den Ländern festgelegten Wohnungsgrößen. Das Land Berlin hat allerdings zu § 10 WoFG keine Ausführungsvorschriften erlassen. Zu § 5 WoBindG nF und § 27 WoFG liegen nur (unveröffentlichte) Arbeitshinweise der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung vom 15.12.2004 vor, die wegen der maßgeblichen Wohnungsgröße an die zuvor ergangenen Bekanntmachungen anknüpfen (vgl Hinweis 8). Danach darf entsprechend der Bekanntmachung der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen vom 20.10.1995 (Amtsblatt für Berlin 1995, 4462) an eine Einzelperson Wohnraum von bis zu 50 qm überlassen werden. An diese Regelungen auf Grundlage des § 5 Abs 2 WoBindG aF, die auch nach Inkrafttreten von § 27 WoFG und § 5 WoBindG nF Grundlage für die Belegung von gefördertem Wohnraum sind, ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs 1 SGB II anzuknüpfen(vgl BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 14). Entgegen der Auffassung des LSG sind die weitergehenden Differenzierungen nach der Raumzahl (sofern sie überhaupt im Regel-Ausnahmeverhältnis zu verstehen wären, wie das LSG meint) für die Auslegung des § 22 Abs 1 SGB II unbeachtlich. Dies haben die für die Grundsicherung zuständigen Senate bereits für andere Bundesländer entschieden, in denen neben der Wohnungsgröße auch die Raumzahl entscheidend ist (vgl für Bayern BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24; BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 15 ff; BSG Urteil vom 20.8.2009 - B 14 AS 41/08 R, juris RdNr 15; für Rheinland-Pfalz BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26 RdNr 14 und BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 34; für Nordrhein-Westfalen BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 16). Es sind keine Gründe ersichtlich, weshalb für das Land Berlin anderes gelten sollte. Auch auf die (unterschiedlichen) Wohnungsgrößen in den (zum 31.12.1999 außer Kraft getretenen) Richtlinien der Senatsverwaltung für Bau- und Wohnungswesen für die Förderung der Neuschaffung von Wohnraum im sozialen Wohnungsbau (WFB 1990 vom 16.7.1990 in der Fassung der VVÄndWFB 1990 vom 13.12.1992) und den Richtlinien über die Förderung von eigengenutztem Wohneigentum (Eigentumsförderungssätze 1999 vom 25.5.1999) kommt es nicht an. Diese mögen Auswirkungen auf die üblichen Wohnungsgrößen im geförderten Wohnungsbau nach 1992 haben (und damit ohnehin nur für ein Teilsegment des in Bezug zu nehmenden Wohnungsmarktes), es handelt sich aber nicht um Bestimmungen auf Grundlage des § 5 Abs 2 WoBindG aF.

18

b) Zutreffend hat das LSG bei der Bestimmung der angemessenen KdU als maßgeblichen Vergleichsraum das gesamte Stadtgebiet von Berlin herangezogen. Ausgangspunkt für die Bestimmung des Vergleichsraumes ist zunächst der Wohnort des Hilfebedürftigen. Nach der Rechtsprechung des BSG muss es sich bei dem Vergleichsraum im Übrigen um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet. Es sind keine Gesichtspunkte erkennbar, die gegen die Annahme des LSG sprechen, dass es sich bei der Stadt Berlin insgesamt um einen solchen Vergleichsraum handelt. Die Stadt Berlin ist mit einer Einwohnerzahl von rund 3,4 Millionen (Stand 2006; Quelle: Amt für Statistik Berlin-Brandenburg) und einer Fläche von rund 891 qkm zwar nahezu dreimal so groß wie die Stadt München (rund 1,36 Millionen Einwohner bei einer Fläche von rund 310 qkm; Quelle: Statistisches Amt München), für die der 4. Senat des BSG einen homogenen Lebens- und Wohnbereich angenommen hat ( vgl BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19). Die einen Vergleichsraum prägenden Merkmale liegen aber - trotz dieser Größe - auch bezogen auf das Stadtgebiet von Berlin vor. Der öffentliche Nahverkehr ist auf die Erreichbarkeit des Stadtkerns von allen Stadtteilen her ausgerichtet. Von den Randlagen aus ergeben sich in die innerstädtischen Bezirke insoweit lediglich Fahrzeiten, wie sie auch erwerbstätigen Pendlern zugemutet werden (vgl § 121 Abs 4 Satz 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch). Eine Beschränkung auf bestimmte Bezirke (oder Ortsteile) mit besonders verdichteter Bebauung und damit vorwiegend günstigem Wohnraum birgt zudem das Risiko einer Gettoisierung. Außerdem zeigt die Wohnlagenkarte als Anlage zu dem vom LSG in Bezug genommenen Berliner Mietspiegel, dass ohnehin in allen Bezirken auch einfache Wohnlagen, an deren Mietniveau sich die Referenzmieten orientieren (dazu sogleich), vorhanden sind, sodass auch von daher die Bildung eines engeren Vergleichsraums nicht erforderlich erscheint. Es steht nicht zu befürchten, dass mit einem ggf zur Kostensenkung erforderlichen Umzug regelmäßig das nähere soziale Umfeld verlassen werden muss. Soweit ein solcher Umzug über die Orts- oder auch Bezirksgrenzen hinweg im Einzelfall gleichwohl notwendig wird, ist dies im Interesse einer gleichmäßigen Behandlung aller Hilfebedürftigen hinzunehmen (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 18).

19

c) Ausgehend von dem gesamten Stadtgebiet Berlin als dem räumlichen Vergleichsmaßstab lässt sich der den Wohnungsstandard widerspiegelnde angemessene Quadratmeterpreis (die Angemessenheitsgrenze) im streitgegenständlichen Zeitraum mangels ausreichender Feststellungen revisionsgerichtlich nicht abschließend bestimmen. Zu Grunde zu legen ist ein einfacher, im unteren Marktsegment liegender Standard (BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr 2, jeweils RdNr 24); die Wohnung muss hinsichtlich ihrer Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen genügen (BSGE 97, 254 = SozR 4-4200 § 22 Nr 3, jeweils RdNr 20). Die festgestellte angemessene Referenzmiete oder die Mietobergrenze muss mithin so gewählt werden, dass es dem Hilfebedürftigen möglich ist, im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten. Die Mietobergrenze ist nach der Rechtsprechung des BSG auf Grundlage eines diese Vorgaben beachtenden schlüssigen Konzepts zu ermitteln ( vgl BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R ).

20

aa) Die Träger der Grundsicherung entscheiden in Berlin über die Angemessenheit von Unterkunftskosten auf Grundlage der Ausführungsvorschriften zur Ermittlung angemessener Kosten der Wohnung gemäß § 22 SGB II der Senatsverwaltung für Gesundheit, Soziales und Verbraucherschutz des Landes Berlin vom 7.6.2005 (Amtsblatt für Berlin 2005, 3743), für den streitigen Zeitraum geändert mit Verwaltungsvorschriften vom 30.5.2006 (Amtsblatt für Berlin 2006, 2062; im Folgenden: AV-Wohnen). Es handelt sich dabei um bloße Verwaltungsvorschriften, die keine unmittelbare Rechtswirkung für die Betroffenen entfalten. Weder aus den AV-Wohnen selbst noch aus dem Vortrag des Beklagten wird erkennbar, dass den dort genannten Oberwerten (360 Euro für einen Ein-Personen-Haushalt) ein schlüssiges Konzept im Sinne der zitierten Rechtsprechung des BSG zu Grunde liegt. Ob zur Ermittlung des Wertes die Produkttheorie unter Zugrundelegung der oben genannten Wohnungsgrößen angewandt und bezogen auf die verschiedenen Wohnungsgrößen Daten gesammelt und ausgewertet worden sind, wird nicht erkennbar und ist von dem Beklagten nicht vorgetragen. Im Übrigen ist der in den AV-Wohnen genannte Referenzwert schon deshalb zur Bewertung angemessener Wohnkosten ungeeignet, weil er eine Bruttowarmmiete ausweist, obwohl die Beurteilung von Unterkunftskosten von der Beurteilung der Heizkosten unabhängig zu erfolgen hat (ausdrücklich bereits BSGE 104, 41 = SozR 4-4200 § 22 Nr 23, jeweils RdNr 19).

21

bb) Im Ausgangspunkt zutreffend hat das LSG daher in einem dritten Schritt die angemessene Referenzmiete auf Grundlage des Berliner Mietspiegels 2005 (vom 22.8.2005, Amtsblatt für Berlin 2005, 3109) bestimmt. Bei diesem Mietspiegel handelt es sich um einen qualifizierten Mietspiegel iS des § 558d BGB. Grundlage für die vorliegende Entscheidung ist dabei der Mietspiegel für das Jahr 2005, denn ein "schlüssiges Konzept", das vorrangig der Grundsicherungsträger vorzulegen hat, muss bereits im Zeitpunkt der Verwaltungsentscheidung vorliegen (anders etwa SG Berlin Urteil vom 30.6.2010 - S 174 AS 21949/07 - juris RdNr 43). Da ein solches Konzept im Rahmen der Angemessenheitsprüfung in der Folge gerichtlich voll überprüfbar ist, sind Ausgangsdaten allerdings zu korrigieren, soweit sich in Verwaltungs- und Gerichtsverfahren herausstellt, dass es zu nicht vorhersehbaren Preissprüngen gekommen ist. Diese Prüfung wird das LSG ggf nachzuholen haben.

22

Qualifizierte Mietspiegel können - wie auch einfache Mietspiegel - Grundlage der Bestimmung der Referenzmiete nach §22 Abs 1 SGB II sein (vgl bereits BSG Urteil vom 18.6.2008 - B 14/7b AS 44/06 R, juris RdNr 16; BSGE 102, 263 = SozR 4-4200 § 22 Nr 19, jeweils RdNr 25 und zuletzt BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 27 RdNr 25). Es ergeben sich aus der Funktion von einfachen und qualifizierten Mietspiegeln im Anwendungsbereich des Mieterhöhungsverfahrens nach §§ 558 ff BGB zwar einige Vorgaben, die für die Ermittlung der grundsicherungsrelevanten Vergleichsmiete nicht in gleichem Maße Bedeutung haben(zum Folgenden auch Butzer/Keller, NZS 2009, 65). Vor allem dürfen bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete nach § 558 Abs 2 BGB, zu deren Darstellung Mietspiegel dienen, nur diejenigen Wohnungen berücksichtigt werden, bei denen die Miete in den letzten vier Jahren neu vereinbart oder, von Veränderungen der Betriebskosten nach § 560 BGB abgesehen, geändert worden ist. Daran orientiert sollen (wie dies auch bezogen auf den Berliner Mietspiegel der Fall ist) nur solche Wohnungen zur Erstellung eines qualifizierten Mietspiegels herangezogen werden (vgl Hinweise zur Erstellung von Mietspiegeln, herausgegeben vom Bundesministerium für Verkehr, Bau- und Wohnungswesen, Berlin 2002, S 17). Zudem darf bei der Erstellung eines Mietspiegels Wohnraum nicht berücksichtigt werden, bei dem die Miethöhe durch Gesetz oder im Zusammenhang mit einer Förderzusage festgelegt worden ist, denn §§ 558 ff BGB finden nur auf frei vermieteten Wohnraum Anwendung. Aus diesem Grund kann gegen die Heranziehung einfacher und qualifizierter Mietspiegel im Anwendungsbereich des § 22 SGB II vor allem eingewandt werden, sie bildeten das Mietniveau hinsichtlich der Bestandsmieten im einfachen Marktsegment nur teilweise, nämlich lediglich bezogen auf sog Neuvertragswohnungen und geänderte Bestandswohnungen auf dem freien Wohnungsmarkt ab. Allerdings ist - wie bereits ausgeführt - auch bei der Prüfung nach § 22 Abs 1 SGB II letztlich entscheidend, ob im konkreten Vergleichsraum eine "angemessene" Wohnung anzumieten wäre für den Fall, dass die Bestandswohnung unangemessen teuer ist. Im Hinblick auf das mit dem Mietspiegel nicht erfasste Marktsegment der preisgebundenen Wohnungen bestehen - jedenfalls bezogen auf Berlin - keine weitergehende Bedenken. Mit dem Wegfall der Anschlussförderung für Objekte des Sozialen Wohnungsbaus, bei denen die 15jährige Grundförderung ab dem 1.1.2003 endet (dazu BVerwGE 126, 33), und dem Verzicht auf die entsprechenden Belegungsbindungen sank der Anteil mietpreisgebundener Sozialwohnungen bis Ende 2006 auf knapp 12 % des Gesamtwohnungsbestandes (vgl Wohnungsmarktbericht der Investitionsbank Berlin 2007, S 30 unter Bezugnahme auf Daten der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung). Hilfebedürftige werden damit in erster Linie auf die Wohnungssuche auf dem freien Wohnungsmarkt angewiesen sein.

23

Sollen aus Daten eines qualifizierten Mietspiegels grundsicherungsrelevante Schlüsse abgeleitet werden, ist eine Beschränkung auf Daten bestimmter Bauklassen grundsätzlich nicht zulässig, wovon das LSG im Ausgangspunkt zutreffend ausgegangen ist (vgl bereits BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25). Über das Baualter können zwar sehr vergröbernd Rückschlüsse auf die Bauweise und den Baustandard gezogen werden. Insbesondere liegt der Ausstattungsgrad von Neubauten im Regelfall über dem Ausstattungsgrad in Gebäuden älterer Bauklassen. Gerade Wohnungen, die in der Nachkriegszeit erbaut worden sind, haben häufig einen wesentlich geringeren Ausstattungsgrad. Aus dem Mietspiegel allein lässt sich jedoch nicht ersehen, inwieweit gerade Wohnungen einer bestimmten Baualtersklasse in einem Umfang zur Verfügung stehen, die den Rückschluss zulassen, im konkreten Vergleichsraum sei eine "angemessene" Wohnung tatsächlich anmietbar. Zudem birgt die Verweisung auf bestimmte Bauklassen verdeckt die Gefahr einer Gettoisierung. Solange nicht statistisch valides Material vorliegt, das eine Aussage darüber zulässt, welche Bauklassen in welchem Umfang tatsächlich die gesamte Stadt als Vergleichsraum - und nicht lediglich ganz bestimmte, als sozial problematisch einzuschätzende Teile einer Stadt - prägen, erscheint es nicht zulässig, allein bestimmte Bauklassen in Bezug zu nehmen. Dies gilt auch hinsichtlich der Bauklassen, die den Standard von Neubauten abbilden. Zwar werden eine ganze Anzahl von Neubauten einen Ausstattungsgrad haben, der über das in Bezug zu nehmende Segment nach § 22 SGB II hinausgeht. Eine generelle Festlegung, der Hilfeempfänger sei schlechterdings von der Anmietung einer solchen Wohnung ausgeschlossen, lässt sich aber nicht treffen (vgl auch BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 19 RdNr 25). Erst wenn weitergehendes Material erkennen lässt, dass Gebäude dieser Bauklassen den Mietmarkt des unteren Marktsegments nicht maßgeblich mitprägen, kommt eine Außerachtlassung der Mietpreise für solche Bauklassen in Betracht.

24

Allerdings weist der Berliner Mietspiegel in den Spalten 1 und 3 innerhalb der Bauklassen bis 1918 und bis 1949 Wohnungen mit besonders niedrigem Ausstattungsgrad (Wohnungen ohne Sammelheizung und/oder ohne Bad) gesondert aus. Es handelt sich einerseits um Wohnungen mit "Ofenheizung", bei denen sich der Mieter der Wohnung mit der Versorgung mit Kohlen und der Entsorgung der Asche befassen muss (vgl LG Berlin Urteil vom 15.1.2007 - 67 S 305/06 - juris RdNr 13), und andererseits oder kumulativ um Wohnungen ohne Bad (mit Innen-WC), in denen sich die Bewohner nur mit fließendem Wasser am Waschbecken (sei es in WC oder Küche) waschen, aber nicht duschen können. Zur Bildung eines grundsicherungsrelevanten Mietwertes sind diese Werte nicht mit heranzuziehen, denn auf Wohnungen mit diesem untersten Ausstattungsgrad können Hilfebedürftige bei der Wohnungssuche grundsätzlich nicht verwiesen werden. Dem lässt sich nicht mit dem LSG entgegenhalten, diese Werte seien einzubeziehen, um eine möglichst breite Datenbasis zu erhalten. Wenn solche Wohnungen nicht den unteren, sondern den untersten Standard abbilden, gehören sie von vornherein nicht zu dem Wohnungsbestand, der überhaupt für die Bestimmung einer Vergleichsmiete abzubilden ist. Deshalb dürfen sie in eine Auswertung des qualifizierten Mietspiegels unter dem Blickwinkel des § 22 SGB II nicht einfließen, unabhängig davon, ob sich in diesem Mietsegment (noch) eine nennenswerte Zahl an Wohnungen findet.

25

cc) Die Bildung eines arithmetischen Mittelwerts aus den (verbleibenden) Mittelwerten der Bauklassen als abschließenden Schritt zur Berechnung einer grundsicherungsrelevanten Nettokalt-Vergleichsmiete, wie ihn das LSG vorgenommen hat, erfüllt die Anforderungen an ein mathematisch-statistisch nachvollziehbares Konzept nicht. Die Bildung arithmetischer Werte bietet gerade bei einem so weitgehend ausdifferenzierten Tabellen-Mietspiegel wie dem Berliner Mietspiegel nicht die Gewähr dafür, dass der abgebildete Wert als solcher tatsächlich den Schwerpunkt eines Mietpreises im einfachen Segment abbildet. Die sog Tabellenmethode, nach der der Berliner Mietspiegel erstellt ist, stellt die Daten als Mietspannen nach den einzelnen Wohnwertmerkmalen (hier Bauklassen, Größe der Wohnungen und Lage) in Rasterfeldern zusammen. Zwischen den einzelnen (insgesamt 113 besetzten) Rasterfeldern bestehen keine Beziehungen. Sie spiegeln allein die Datenerhebung in dem einzelnen, mit den drei Parametern beschriebenen Teilmietmarkt wider. Einzelne Felder haben also je nach der Anzahl von Wohnungen, die in diesem Segment vertreten sind, eine unterschiedliche Aussagekraft für den Gesamtmarkt. Weil die Rasterfelder nicht (im Sinne einer gleichmäßigen Verteilung der hier wiedergegebenen Mietpreise) aufeinander aufbauen, bleiben arithmetische Mittelwerte mit einem hohen Grad an Zufälligkeit belastet, besonders wenn einzelne Werte - wie vorliegend der Wert für Neubauwohnungen der letzten 15 Jahre - stark von den übrigen Werten abweichen. Das arithmetische Mittel für sich genommen bietet damit nicht die Gewähr, dass das einfache Mietsegment realistisch abgebildet wird.

26

Das LSG wird daher nach Wiedereröffnung des Berufungsverfahrens zu prüfen haben, ob sich aus den Grundlagendaten des qualifizierten Mietspiegels oder anderen Quellen weitergehende Schlüsse grundsicherungsspezifischer Art ziehen lassen. Solche Rückschlüsse, die aus weitergehendem Material (das etwa auch der Träger der Grundsicherung auf Grund eigener Erhebungen einführen könnte) getroffen werden, müssen gerichtlich überprüfbar sein. Dies trifft aber auf die Grundlagendaten für qualifizierte Mietspiegel entgegen der Auffassung des LSG zu. Für einen qualifizierten Mietspiegel ist immer eine Primärdatenerhebung erforderlich, also die Erhebung von Daten, die ausschließlich zum Zweck der Mietspiegelerstellung erhoben wurden. Die Daten der Primärdatenerhebung müssen repräsentativ sein, die gezogene Stichprobe muss ein realistisches Abbild des Wohnungsmarktes abgeben (vgl im Einzelnen Börstinghaus in Blank/Börstinghaus, Miete, 3. Aufl 2008, § 558d RdNr 7). Die Einhaltung der anerkannten wissenschaftlichen Grundsätze muss in einer öffentlich zugänglichen Dokumentation niedergelegt sein (aaO RdNr 10). Es erscheint damit durchaus sinnvoll, solche Grundlagendaten bei Erstellung eines grundsicherungsrelevanten Konzepts heranzuziehen. Es ist auch nicht erkennbar, dass die Auswertung dieser bereits vorhandenen Daten zu einem erhöhten (über einfache Rechenschritte hinausgehenden) Aufwand bei den Gerichten führen muss. Wie der Senat bereits entschieden hat, ist in erster Linie der kommunale Träger für solche notwendig erscheinenden Auswertungen im Rahmen der Mitwirkungspflichten heranzuziehen (grundlegend dazu BSG SozR 4-4200 § 22 Nr 26). Dies gilt erst recht dann, wenn die vom Grundsicherungsträger bei seiner Entscheidung herangezogenen Daten als Entscheidungsgrundlage ungeeignet sind, wie dies in Berlin der Fall ist.

27

Es könnten sich im Ergebnis weitergehender Auswertungen durch den Träger der Grundsicherung durchaus Anhaltspunkte ergeben, dass eine bestimmte Baualtersklasse statistisch nachvollziehbar über alle Bezirke hinweg so häufig vorhanden ist und zugleich den einfachen Standard nachvollziehbar abbildet, dass allein auf diesen Wert (ggf um einen Aufschlag erhöht) zurückzugreifen ist. Lassen sich solche weitergehenden Schlüsse aus vorhandenem Datenmaterial nicht ziehen, bietet es sich an, einen gewichteten arithmetischen Mittelwert nach Verteilung der in der Grundgesamtheit abgebildeten Wohnungen in den jeweiligen Bauklassen zu bilden (dazu Schifferdecker/Irgang/Silbermann, Archiv für Wissenschaft und Praxis der sozialen Arbeit 2010, 28; SG Berlin Urteil vom 30.6.2010 - S 174 AS 21949/07 - juris RdNr 46). Ein solcher Mittelwert böte immerhin die Gewähr, dass ein einzelner Wert für eine bestimmte Baualtersklasse entsprechend seiner tatsächlichen Häufigkeit auf dem Markt in einen grundsicherungsrelevanten Mittelwert einfließt. Dabei erscheint es - wovon auch das LSG ausgegangen ist - zulässig, einen Wert auf Grundlage der jeweiligen Mittelwerte der Rasterfelder zu bilden. Er bestimmt eine nach den weiteren Ausstattungsmerkmalen, die im Mietspiegel nicht schon in den Rasterfeldern ihren Niederschlag finden (Bad, Küche, Wohnung, Gebäude, Wohnumfeld), durchschnittliche Wohnung. Also gibt der Mittelwert sowohl die schlecht ausgestatteten Wohnungen in einer bevorzugten, einfachen Wohnlage als auch die gut ausgestatteten Wohnungen in sehr einfachen Wohnlagen (zB an einer Durchgangsstraße) wieder. Mit dem Mittelwert aus der einfachen Wohnlage werden schließlich auch schlechter ausgestattete Wohnungen in mittlerer und guter Wohnlage erfasst.

28

d) Zutreffend geht das LSG davon aus, dass neben der Nettokaltmiete auch die angemessenen Betriebskosten iS des § 556 BGB - mit Ausnahme der Heizkosten - abstrakt zu bestimmen und als Faktor in das Produkt mit einzubeziehen sind. Schon der Wortlaut des § 22 Abs 1 SGB II zeigt, dass diese Kosten zu den KdU für einen Hilfebedürftigen gehören und nicht - wie die Heizkosten - getrennt erfasst werden sollen. Zur realistischen Abbildung eines abstrakt angemessenen Mietpreises ist die Einbeziehung des Faktors "kalte Betriebskosten" erforderlich. Dies entspricht den mietrechtlichen Vorgaben im Mietwohnungsbau, an denen sich der Gesetzgeber des SGB II wegen der KdU orientiert. Eine vertragliche Vereinbarung über die Umlage der Betriebskosten auf den Mieter erfolgt bei Abschluss eines Mietvertrages nahezu ausnahmslos, denn ohne eine solche Regelung können die in § 556 BGB genannten Betriebskosten vom Vermieter nicht auf den Mieter umgelegt werden (vgl nur Blank in Blank/Börstinghaus, aaO, § 556 RdNr 1). Auch der Vermieter von preisgebundenem Wohnraum kann Betriebskosten nur als gesondert abzurechnende Kosten auf den Mieter abwälzen (vgl § 20 der Verordnung über die Ermittlung der zulässigen Miete für preisgebundene Wohnungen - Neubaumietenverordnung - BGBl 1990, 2204 idF BGBl I 2003, 2346).

29

Eine Umlagevereinbarung bei der Miete über Wohnraum muss die in § 556 Abs 1 und 2 BGB iVm der Verordnung zur Berechnung der Wohnfläche, über die Aufstellung von Betriebskosten und zur Änderung anderer Verordnungen(BetrKV; vom 25.11.2003, BGBl I 2346 ) normierten Vorgaben beachten. Wegen der abstrakt angemessenen Kosten iS des § 22 Abs 1 SGB II sind die dort genannten Betriebskosten maßgebend. Auch insoweit erscheint es zulässig, zur Erstellung eines Konzepts auf bereits vorliegende Daten aus Betriebskostenübersichten zurückzugreifen, im Ausgangspunkt allerdings auf örtliche Übersichten und insoweit auf die sich daraus ergebenden Durchschnittswerte. Insbesondere bei Ver- und Entsorgungsdienstleistungen ergeben sich regional deutliche Unterschiede, auf die Rücksicht genommen werden muss. Eine weitergehende Gewichtung scheint dagegen nicht notwendig, da nicht erkennbar ist, welche zuverlässigen (weitergehenden) Aussagen sich hieraus ableiten lassen sollten. Neben den (nichtamtlichen) Übersichten in Mietspiegeln kommen auch Übersichten der örtlichen Interessenverbände in Betracht, die an der Anerkennung des Mietspiegels beteiligt waren. Zutreffend geht das LSG davon aus, dass solche Werte möglichst aktuell sein müssen, um sichere Rückschlüsse auf das Preisniveau im jeweiligen Vergleichsraum zu geben. Soweit die örtlich erfassten Werte nicht aktuell sind, liegt es nahe, vom Träger der Grundsicherung entsprechende Rückfragen bei den örtlichen Interessenverbänden durchführen zu lassen bzw die Werte an die allgemeine Preisentwicklung anzupassen. Nur wenn sich konkret Anhaltspunkte dafür ergeben, dass vom Deutschen Mieterbund für das gesamte Bundesgebiet aufgestellte Übersichten gerade das örtliche Niveau besser abbilden, kann auf diese zurückgegriffen werden. Solche Gründe, weshalb die Werte des Deutschen Mieterbundes ein realistischeres Bild des örtlichen Preisniveaus von Berlin abgeben sollten, sind bislang nicht ersichtlich.

30

5. Zutreffend hat das LSG die Prüfung der Angemessenheit der Heizkosten getrennt von den übrigen Unterkunftskosten auf Grundlage der dazu ergangenen Rechtsprechung des BSG durchgeführt und die tatsächlichen Aufwendungen als angemessen angesehen.

31

6. Sollten sich die Aufwendungen des Klägers für Unterkunft und Heizung als unangemessen erweisen, könnten dem Kläger höhere Leistungen nach § 22 Abs 1 Satz 3 SGB II zustehen. Soweit danach die Aufwendungen für die Unterkunft den den Besonderheiten des Einzelfalls angemessenen Umfang übersteigen, sind sie als Bedarf des alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft so lange zu berücksichtigen, wie es dem alleinstehenden Hilfebedürftigen oder der Bedarfsgemeinschaft nicht möglich oder nicht zuzumuten ist, durch einen Wohnungswechsel, durch Vermieten oder in sonstiger Weise die Aufwendungen zu senken, in der Regel jedoch längstens für sechs Monate. Diese Prüfung wird das LSG auf Grundlage der hierzu ergangenen Rechtsprechung abschließend erneut durchzuführen haben, wobei nicht erkennbar ist, dass die entsprechende Prüfung im angefochtenen Urteil für sich genommen rechtsfehlerhaft war. Die bislang vorgenommenen tatrichterlichen Würdigungen entziehen sich einer eigenständigen Bewertung durch das Revisionsgericht.

32

Das LSG wird abschließend auch über die Kosten des Revisionsverfahrens zu entscheiden haben.

(1) Die Miete und der Mietwert im Sinne des Wohngeldgesetzes sind nach den Vorschriften des Teils 2 dieser Verordnung zu ermitteln.

(2) Die Belastung im Sinne des Wohngeldgesetzes ist nach Teil 3 dieser Verordnung zu berechnen, soweit nicht nach § 10 Abs. 2 Satz 2 des Wohngeldgesetzes von einer vollständigen Wohngeld-Lastenberechnung abgesehen werden kann.

(3) Die Mietenstufen für Gemeinden ergeben sich aus der dieser Verordnung beigefügten Anlage.

(1) Der Ausschluss vom Wohngeld besteht vorbehaltlich des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 für die Dauer des Verwaltungsverfahrens zur Feststellung von Grund und Höhe der Leistungen nach § 7 Abs. 1. Der Ausschluss besteht vorbehaltlich des § 7 Abs. 1 Satz 3 Nr. 2 und Abs. 2 Satz 2 Nr. 2

1.
nach der Antragstellung auf eine Leistung nach § 7 Abs. 1 ab dem Ersten
a)
des Monats, für den der Antrag gestellt worden ist, oder
b)
des nächsten Monats, wenn die Leistung nach § 7 Abs. 1 nicht vom Ersten eines Monats an beantragt wird,
2.
nach der Bewilligung einer Leistung nach § 7 Abs. 1 ab dem Ersten
a)
des Monats, für den die Leistung nach § 7 Abs. 1 bewilligt wird, oder
b)
des nächsten Monats, wenn die Leistung nach § 7 Abs. 1 nicht vom Ersten eines Monats an bewilligt wird,
3.
bis zum Letzten
a)
des Monats, wenn die Leistung nach § 7 Abs. 1 bis zum Letzten eines Monats bewilligt wird, oder
b)
des Vormonats, wenn die Leistung nach § 7 Abs. 1 nicht bis zum Letzten eines Monats bewilligt wird.
Der Ausschluss gilt für den Zeitraum als nicht erfolgt, für den
1.
der Antrag auf eine Leistung nach § 7 Absatz 1 zurückgenommen wird,
2.
die Leistung nach § 7 Absatz 1 abgelehnt, versagt, entzogen oder ausschließlich als Darlehen gewährt wird,
3.
der Bewilligungsbescheid über eine Leistung nach § 7 Absatz 1 zurückgenommen oder aufgehoben wird,
4.
der Anspruch auf eine Leistung nach § 7 Absatz 1 nachträglich im Sinne des § 103 Absatz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch ganz entfallen ist oder nach § 104 Absatz 1 oder 2 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch oder nach § 40a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch nachrangig ist oder
5.
die Leistung nach § 7 Absatz 1 nachträglich durch den Übergang eines Anspruchs in vollem Umfang erstattet wird.

(2) Verzichten Haushaltsmitglieder auf die Leistungen nach § 7 Abs. 1, um Wohngeld zu beantragen, gilt ihr Ausschluss vom Zeitpunkt der Wirkung des Verzichts an als nicht erfolgt; § 46 Abs. 2 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch ist in diesem Fall nicht anzuwenden.

Tenor

Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. November 2011 wird zurückgewiesen mit der Maßgabe, dass der Beklagte verurteilt wird, dem Kläger für die Zeit vom 01. Dezember 2009 bis 31. Mai 2010 monatlich weitere EUR 69,84 und für den Monat Juni 2012 weitere EUR 71,64 zu gewähren.

Der Beklagte trägt auch die außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.

Die Revision wird zugelassen.

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des klägerischen Anspruchs auf Leistungen für Unterkunft und Heizung vom 01.12.2009 bis 30.06.2010 nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am 14.08.1947 geborene Kläger übte eine selbständige Tätigkeit aus. Als Tätigkeit hatte der Kläger in der Gewerbeanmeldung angegeben „Overnight-Transport-Service“ sowie „Markforschung und Service für verschiedene Institute“.
Mit Mietvertrag vom 11.08.2008 mietete der bis dahin in A./Landkreis Lindau wohnhafte Kläger ab dem 01.12.2008 eine Wohnung in B. mit einer Größe von 75 qm. Hierfür waren monatlich eine Kaltmiete von 380,- EUR sowie eine Betriebskostenvorauszahlung in Höhe von 80,- EUR zu entrichten.
Am 22.12.2008 erlitt der Kläger einen Herzinfarkt und befand sich sodann bis zum 30.12.2008 in stationärer Behandlung im Klinikum Kempten-Oberallgäu. Am 08.01.2009 meldete er seine Gewerbe zum 31.12.2008 ab.
Gleichfalls am 08.01.2009 beantragte der Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Hierzu teilte er mit, er habe seine selbständige Tätigkeit wegen des Herzinfarkts aufgegeben. Die Kaltmiete für seine bisherige Wohnung in A. habe 725,- EUR betragen. Zum Zeitpunkt der Wohnungsanmietung am 08.11.2008 sei er davon ausgegangen, seinen Lebensunterhalt selbst bestreiten zu können. Bisher habe er keine staatlichen Leistungen beantragt. Mit Bescheid vom 21.01.2009 bewilligte ihm der damals im Rahmen der getrennten Aufgabenwahrnehmung nur für die Kosten der Unterkunft zuständige Beklagte, der zum 01.01.2012 Optionskommune nach § 6a Abs. 2 SGB II geworden ist, Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts durch Übernahme der Unterkunftskosten für die Zeit vom 30.12.2008 bis 31.12.2008 in Höhe von 31,38 EUR, vom 01.01.2009 bis 31.07.2009 in Höhe von monatlich 470,77 EUR und vom 01.08.2009 bis 31.12.2009 in Höhe von monatlich 335,77 EUR. Zur Begründung führte er aus, ab 01.08.2009 könne nur noch die angemessene Mietobergrenze (Kaltmiete) von 245,- EUR anerkannt werden.
Mit Schreiben gleichfalls vom 21.01.2009 forderte der Beklagte den Kläger zur Senkung der Unterkunftskosten auf und führte aus, mit einer Kaltmiete von 380,- EUR liege er um 135,- EUR über den angemessenen Unterkunftskosten.
Den hiergegen am 26.02.2009 erhobenen Widerspruch nahm der Kläger am 05.08.2009 zurück, nachdem der Beklagte mit Änderungsbescheid vom 07.04.2009 wegen gesunkener Heizkosten die Leistungshöhe für die Zeit vom 01.05.2009 bis 31.07.2009 mit monatlich 457,61 EUR und vom 01.08.2009 bis 31.12.2009 mit monatlich 322,61 EUR festgesetzt hatte.
Mit Änderungsbescheid vom 10.08.2009 hob der Beklagte den Bescheid vom 07.04.2009 mit Wirkung ab 01.08.2009 auf und bewilligte vom 01.08.2009 bis 30.11.2009 rückwirkend Unterkunftskosten in Höhe von monatlich 457,61 EUR. Für den Monat Dezember 2009 verbleibe es bei den bewilligten 322,61 EUR. Der Kläger hat diesen Bescheid nicht angefochten.
Mit Bescheid vom 16.11.2009 hob der Beklagte den Bescheid vom 10.08.2009 mit Wirkung ab 01.12.2009 auf und bewilligte dem Kläger für Dezember 2009 Kosten der Unterkunft in Höhe von 330,71 EUR. Hiergegen legte der Kläger am 20.11.2009 Widerspruch ein.
10 
Mit Bescheid vom 10.12.2009 bewilligte der Beklagte dem Kläger für die Zeit vom 01.01.2010 bis 31.12.2010 Kosten der Unterkunft in Höhe von monatlich 330,71 EUR. Auch hiergegen legte der Kläger am 16.12.2009 Widerspruch ein.
11 
Nach Anhörung des Klägers am 20.01.2010 wies der Beklagte die Widersprüche mit Widerspruchsbescheid vom 06.04.2010 zurück. Zur Begründung führte er u.a. aus, der Landkreis Ravensburg habe in jedem Einzelfall den unbestimmten Rechtsbegriff „Aufwendungen in angemessenem Umfang“ im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II ausgelegt und auf der Basis der örtlichen Mietpreisspiegel aus dem Jahre 2009 eine angemessene Mietobergrenze für jede Gemeinde im Landkreis Ravensburg bestimmt. Als räumlicher Vergleichsmaßstab sei eine Region mit ca. 75.000 Einwohnern, die Region Wangen, Leutkirch und B. umfassend, gebildet worden. Innerhalb dieses Vergleichsmaßstabes sei ein Umzug grundsätzlich zumutbar und möglich.
12 
Hiergegen hat der Kläger am 21.04.2010 Klage zum Sozialgericht Konstanz (SG) erhoben.
13 
Mit Änderungsbescheid vom 10.05.2010 hat der Beklagte den Bescheid vom 10.12.2009 mit Wirkung ab 01.06.2010 aufgehoben und die Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 01.06.2010 bis 31.12.2010 in Höhe von monatlich 328,91 EUR neu festgesetzt. Zur Begründung hat er ausgeführt, zum 01.06.2010 würden die Nebenkosten Wasser/Abwasser und Müll angepasst.
14 
Nachdem die Vermieterin des Klägers das Mietverhältnis wegen Mietrückständen gekündigt hatte, zog dieser zum 01.07.2010 um in eine Wohnung außerhalb des Zuständigkeitsbereichs des Beklagten.
15 
Mit Bescheid vom 02.06.2010 hat der Beklagte die Einstellung der Zahlung von Leistungen für die Unterkunft mit Wirkung vom 01.07.2010 verfügt.
16 
Mit Urteil vom 22.11.2011 hat das SG die Bescheide des Beklagten vom 16.11.2009 und 10.12.2009 sowie den Widerspruchsbescheid vom 06.04.2010 abgeändert und den Beklagten verurteilt, dem Kläger für die Zeit vom 01.12.2009 bis 30.06.2010 weitere Kosten der Unterkunft bis zu einem Betrag von 338,80 EUR monatlich zuzüglich Heizkosten zu gewähren. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, die vom Beklagten zugrunde gelegte Mietobergrenze sei unzutreffend, da der Beklagte nicht über ein schlüssiges Konzept zur Ermittlung der angemessenen Mietkosten verfüge. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts sei ein Konzept dann schlüssig, wenn es mindestens die folgenden Voraussetzungen erfülle:
17 
·Die Datenerhebung dürfe ausschließlich in dem genau eingrenzten und muss über den gesamten Vergleichsraum erfolgen (keine Ghettobildung).
18 
·Es bedürfe einer nachvollziehbaren Definition des Gegenstandes der Beobachtung, z.B. welche Art von Wohnungen - Differenzierung nach Standard der Wohnungen, Brutto- und Nettomiete (Vergleichbarkeit), Differenzierung nach Wohnungsgröße.
19 
·Das Konzept müsse Angaben über den Beobachtungszeitraum enthalten.
20 
·Es bedürfe einer Festlegung der Art und Weise der Datenerhebung (Erkenntnisquellen, z.B. Mietspiegel).
21 
·Der Umfang der einbezogenen Daten müsse repräsentativ sein.
22 
·Die Validität der Datenerhebung müsse sichergestellt sein.
23 
·Die anerkannten mathematisch-statistischen Grundsätze der Datenauswertung seien einzuhalten.
24 
·Das Konzept müsse Angaben über die gezogenen Schlüsse (z.B. Spannenoberwert und Kappungsgrenze) enthalten.
25 
Der Beklagte habe nicht dargetan, auf welchen konkreten Daten der seinem Konzept zugrunde liegende Mietspiegel beruhe. Er könne auch nicht als qualifizierter Mietpreisspiegel im Sinne von § 585 d Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) angesehen werden, da er weder sich selbst so bezeichne noch ersichtlich sei, dass er nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt sei. Es sei bereits nicht nachgewiesen, dass die benutzte Datenbasis auf mindestens 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes beruhe. Entsprechende Angaben über die Fallzahl an Wohnungen fänden sich weder im Mietspiegel für Ravensburg, Weingarten, Leutkirch, Wangen und Umgebung noch seien sie vom Beklagten nachgeliefert worden. Es sei auch unklar, mit welchen Methoden das Datenmaterial ausgewertet worden sei. Es könne deshalb offen bleiben, ob das Konzept des Beklagten darüber hinaus auch deshalb unzureichend sei, weil nicht hinreichend nach Wohnungsgrößen differenziert worden sei. Das Konzept der Beklagten differenziere bei der Wohnungsgröße lediglich nach vier Kategorien. Es sei auch keine andere den Anforderungen des BSG genügende Datenbasis ersichtlich, aufgrund derer Erkenntnisse über die angemessene Kaltmiete in B. gewonnen werden könnten. Die eigene Datensammlung des Beklagten komme hierfür schon deshalb nicht in Betracht, weil in sie nur „in öffentlichen Medien“ angebotene Wohnungen aufgenommen seien und der vermietete Wohnungsbestand unberücksichtigt bleibe. Unbeachtlich sei, dass nach einer Entscheidung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg (L 13 AS 2067/09) die Stadt Biberach über einen qualifizierten Mietpreisspiegel verfüge. Da es mangels hinreichender Datenbasis nicht mehr möglich sei, die angemessene Kaltmiete für die streitige Zeit zu ermitteln, seien die tatsächlichen Kosten der Unterkunft zu übernehmen, begrenzt auf die Tabellenwerte nach dem Wohngeldgesetz und der Wohngeldverordnung einschließlich eines Zuschlags von 10 %. Die Gemeinde B. sei im gesamten streitgegenständlichen Zeitraum der Mietenstufe 2 nach dem Wohngeldrecht zugeordnet, für die Ermittlung der absoluten Mietobergrenze sei der dieser Mietenstufe für einen Ein-Personen-Haushalt gemäß § 12 Abs. 1 Wohngeldgesetz (WoGG) zugeordnete Tabellenwert von 308,- EUR heranzuziehen und um einen Sicherheitszuschlag von 10 % zu erhöhen, was zu einer berücksichtigungsfähigen Referenzmiete von 338,80 EUR führe. Hiervon sei die Kaltmiete einschließlich der Nebenkosten, jedoch ohne Heizung, abgedeckt. Eine weitergehende Leistung in Höhe der tatsächlichen Kosten der Unterkunft komme nicht in Betracht, denn es könne nicht davon ausgegangen werden, dass in der fraglichen Zeit keine adäquate Wohnung konkret verfügbar gewesen wäre.
26 
Gegen das am 29.11.2011 zugestellte Urteil hat der Beklagte am 20.12.2011 die vom SG zugelassene Berufung eingelegt. Zur Begründung trägt er vor, den zugrunde gelegten angemessenen Unterkunftskosten liege ein schlüssiges Konzept zugrunde. Zur Feststellung der angemessenen Unterkunftskosten werde der Mietpreisspiegel 2009 herangezogen. Dieser sei auf der Basis des Mietpreisspiegels 2006 vom Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Weingarten und Umgebung e.V., dem Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümerverein Ravensburg e.V. und dem deutschen Mieterbund Großmieterverein Oberschwaben e.V. unter Mitwirkung der Stadtverwaltungen Ravensburg, Weingarten, Leutkirch und Wangen erstellt worden. Diese vier Großen Kreisstädte würden rund 45 % (122.335 Einwohner) der Einwohner im Landkreis Ravensburg (276.820 Einwohner) vertreten. Insoweit sei der Umfang der einbezogenen Daten repräsentativ und die zur Erstellung des Mietpreisspiegels benutzte Datenbasis erheblich größer als 10 % des regional in Betracht zu ziehenden Mietwohnungsbestandes. Der Mietpreisspiegel 2009 unterscheide nach Wohnlage, Ausstattung, Wohnungsgröße, Wohnart sowie Ortszu- und -abschlägen. Die Fortschreibung des Mietpreisspiegels im Jahr 2009 sei vereinbart durch die Interessenverbände der Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümer und Mieter, beruhend auf gemeinsamen Erhebungen und Beobachtungen der beteiligten Verbände über die im Bereich der Städte und der umgebenden Gemeinden innerhalb der letzten drei Jahre neu verlangten und bezahlten Mieten. Hierbei seien extrem abweichende hohe und niedrige Werte außer Betracht geblieben. Der Mietspiegel erfüllte jedenfalls die Voraussetzungen eines (einfachen) Mietspiegels nach § 558 c BGB.
27 
Der Beklagte hat den Mietpreisspiegel 2009 für Ravensburg, Weingarten, Leutkirch, Wangen und Umgebung für nicht preisgebundenen Wohnraum, ausgehend vom Mietpreisniveau der Stadt Weingarten, Stand 31. Dezember 2008, vorgelegt. Auf diesen wird Bezug genommen.
28 
Nachdem der Beklagte aufgefordert worden ist mitzuteilen, auf welchem Datenmaterial der Mietpreisspiegel 2009 beruhe, hat er ein Schreiben des Vorsitzenden des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. vom 01.03.2012 vorgelegt, in welchem dieser ausführt, der Mietpreisspiegel 2009 sei auf folgender Grundlage entstanden:
29 
1. Bei den Verhandlungen über den Mietpreisspiegel zwischen den beteiligten Interessenverbänden (Mieterverein, Wohnungseigentümervereine Ravensburg und Weingarten) sei zunächst eine Überprüfung der einzelnen Tabellenwerte im Blick auf die vom statistischen Landesamt ermittelten Mietpreisindizes für Wohnungen erfolgt.
30 
2. Darüber hinaus sei ein Vergleich der einzelnen Tabellenwerte in Bezug auf den zu diesem Zeitpunkt vorliegenden qualifizierten Mietpreisspiegel der Stadt Friedrichshafen erfolgt, welcher einen auf statistischer Grundlage ermittelten regionalen Anhaltspunkt für die ortsüblichen Mieten darstelle.
31 
3. Danach sei - vereinsintern - seitens der Haus- und Grundeigentümervereine auf dort bekanntes Datenmaterial zurückgegriffen worden. Dieses Datenmaterial sei aus Datenschutzgründen zwar nicht fixiert, tatsächlich verfügten die an der Erstellung des Mietpreisspiegels beteiligten Vorsitzenden der Vereine und der ebenfalls beteiligte stellvertretende Vorsitzende des Vereins in Weingarten aus ihrer Beratungspraxis, welche sich unter anderem auch auf den Neuabschluss von Mietverträgen für freiwerdende und neu entstandene Wohnungen beziehe, eine breit gestützte Kenntnis des örtlichen Mietmarktes. Insgesamt würden durch die beiden Vereine mehr als 4000 Mitglieder mit einem durchschnittlichen Wohnungs- bzw. Mietwohnungsbestand von deutlich mehr als zwei Mietwohnungen pro Mitglied vertreten. Allein der von ihm vertretene Verein verkaufe jährlich ca. 1.000 Mietvertragsformulare und sei bei deren Verwendung behilflich. Dies begründe eine so präzise Kenntnis des örtlichen Mietmarktes und des örtlichen Mietzinsniveaus, dass bereits deswegen die Durchführung weiterer Erhebungen nicht zu wesentlich anderen Ergebnissen führen könne. Ob und in welchem Umfang die den Mietpreisspiegel abschließend unterzeichnenden Gemeinden selbst Erhebungen durchgeführt hätten sei ihm nicht bekannt. Diese hätten den durch die drei Vereine vorbereiteten Entwurf des Mietpreisspiegels gegengezeichnet und Einwendungen nicht erhoben.
32 
Der Beklagte hat ergänzend vorgetragen, selbst wenn ein schlüssiges Konzept zur Berechnung der Mietobergrenzen nicht vorläge sei die Hinzurechnung eines Sicherheitszuschlags von 10 % zu den Tabellenwerten des WoGG nicht gerechtfertigt. Grundlage dieser Rechtsprechung sei § 8 WoGG a.F. gewesen. Nachdem diese Werte seit 2001 nicht mehr erhöht worden seien, sei der Zuschlag in den ab 01.01.2009 nunmehr in § 12 WoGG gefassten Werten bereits enthalten.
33 
Der Beklagte beantragt,
34 
das Urteil des Sozialgerichts Konstanz vom 22. November 2011 aufzuheben und die Klage abzuweisen.
35 
Der Kläger beantragt,
36 
die Berufung des Beklagten zurückzuweisen.
37 
Er hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend.
38 
Zur weiteren Darstellung des Sachverhalts wird auf den Inhalt der Beklagtenakten sowie der Gerichtsakten, welche Gegenstand der mündlichen Verhandlung waren, ergänzend Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

39 
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung ist zulässig, insb. statthaft, da das SG die Berufung zugelassen hat (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG).
40 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 16.11.2009 und 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010. Gemäß § 96 SGG sind auch der Bescheid vom 10.05.2010, mit dem der Beklagte die Kosten der Unterkunft von Juni bis Dezember auf monatlich 328,91 EUR festgesetzt hat, und der Bescheid vom 02.06.2010, mit dem die Leistung ab dem 01.07.2010 eingestellt worden ist, Gegenstand des Verfahrens geworden. Gegenstand des Verfahrens sind Leistungen der Unterkunft und Heizung, da eine weitere Aufspaltung in die jeweiligen Leistungen Unterkunft und Heizung rechtlich nicht möglich ist (BSG, Urteil v. 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - juris).
41 
Streitig ist damit der Zeitraum vom 01.12.2009 bis 30.06.2010, nachdem der Kläger zum 01.07.2010 aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen ist und Leistungen über den 30.06.2010 hinaus nicht geltend gemacht hat. Vom Beklagten bewilligt waren in diesem Zeitraum Unterkunftskosten inklusive Heizkosten für die Monate Dezember 2009 bis Mai 2010 von monatlich 330,71 EUR und für den Monat Juni 2010 von 328,91 EUR. Das SG hat dem Kläger im angefochtenen Urteil Leistungen in Höhe von 338,80 EUR monatlich zuzüglich Heizkosten zugesprochen. Letztere hat das SG, wie der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit monatlich 61,75 EUR berücksichtigt. Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht vorgetragen, dieser Betrag entspricht auch den vorgelegten Unterlagen, so dass dieser Betrag zugrunde zu legen ist. Das SG hat damit im Ergebnis eine Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 400,55 EUR zugesprochen. Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung mithin gegen die Verurteilung, für die Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 monatliche weitere 69,84 EUR und für Juni 2010 weitere 71,64 EUR erbringen zu müssen.
42 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
43 
1. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Leistungsberechtigt sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die
44 
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a noch nicht erreicht haben,
45 
2. erwerbsfähig sind,
46 
3. hilfebedürftig sind
47 
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
48 
Der am 14.08.1947 geborene Kläger hatte im streitigen Zeitraum die Altersgrenze von 65 Jahren und einem Monat noch nicht erreicht, war mangels Einkommens und Vermögens hilfebedürftig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Der Kläger war auch erwerbsfähig. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Kläger hat zwar am 22.12.2008 einen Herzinfarkt erlitten und befand sich deshalb bis zum 28.12.2008 in stationärer Behandlung. Er war jedoch in der Folgezeit in der Lage, mehrere tausend Kilometer mit dem PKW zur Wohnungssuche zurückzulegen, so dass zur Überzeugung des Senats ein Leistungsvermögen von mindestens drei Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten vorgelegen hat. Auch von Seiten des Beklagten bestand kein Anlass, an der Leistungsfähigkeit des Klägers zu zweifeln.
49 
2. Die Leistungen nach dem SGB II umfassen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung. Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der „Angemessenheit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil v. 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - juris).
50 
3. Als angemessene Wohnungsgröße hat der Beklagte zutreffend eine Wohnfläche von 45 qm für eine alleinstehende Person zugrunde gelegt. Das Land Baden-Württemberg hat keine gesetzlichen Ausführungsvorschriften erlassen, jedoch ist nach der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung vom 12.02.2002 (GABl. S. 240 in der Fassung vom 22.01.2004, GABl. S. 248) für Einpersonenhaushalte von einer Wohnfläche von 45 qm auszugehen. An diese Regelung für die Belegung von gefördertem Wohnraum ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 SGB II anzuknüpfen.
51 
4. Bereits fraglich ist, ob der Beklagte einen zutreffend festgelegten Vergleichsraum zugrunde gelegt hat. Bei dem Vergleichsraum muss es sich um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (BSG, Urteil v. 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rn.18 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris Rn. 21) darf bei der Bildung der Referenzmieten zwar auf Mieten für „Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt“ abgestellt werden, es dürfen jedoch nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher „billige“ Stadtteile herausgegriffen werden. Vielmehr ist auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abzustellen. Danach ist für den Vergleichsraum ein einheitlicher Wert der angemessenen Kosten der Unterkunft zu bilden.
52 
Als Vergleichsraum hat der Beklagte den Bereich der Region Wangen, Leutkirch und B. mit ca. 75.000 Einwohnern zugrunde gelegt. Für diesen Vergleichsraum ist jedoch in der Anlage 4 zum Mietpreisspiegel 2009 keine einheitliche angemessene Mietobergrenze vorgesehen. Diese wird vielmehr für eine Person für B. mit 245,00 EUR, für Leutkirch mit 255,00 EUR und für Wangen mit 270,00 EUR festgesetzt. Ob von dem Erfordernis eines einheitlichen Wertes der angemessenen Miete in Bereichen des ländlichen Raumes abgewichen und Vergleichsräume mit nach Gemeinden differenzierten Mietobergrenzen gebildet werden dürfen, kann dahingestellt bleiben, da jedenfalls dem vom Beklagten im streitigen Zeitraum als angemessen erachteten Quadratmeterpreis jedoch kein schlüssiges Konzept zugrunde gelegen hat.
53 
5. Der Mietpreisspiegel 2009, den der Beklagte zugrunde gelegt hat, erfüllt nicht die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept. Gem. § 558 c BGB ist ein Mietspiegel eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist (sog. einfacher Mietspiegel). Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O. - juris Rn. 27) bedarf auch der einfache Mietspiegel nach § 558 c BGB, wenn er als Grundlage für die Ermittlung der Angemessenheit der Mietkosten dienen soll, einer Erhebung und nach objektiven Kriterien erfolgten statistisch aufgearbeiteten Zusammenstellung der vorkommenden Mieten. Zwar ist insoweit keine bestimmte Methode festgelegt, sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel ist jedoch, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des § 558 BGB zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beruht. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Werte des Mietspiegels auf einer ausreichenden Anzahl von aus Wohnwertmerkmalen vergleichbarer Wohnungen der betreffenden Gemeinde oder einer vergleichbaren Wohngemeinde gewonnener Daten beruhen.
54 
Eine entsprechende statistisch aufgearbeitete Zusammenstellung der vorkommenden Mieten liegt dem von dem Beklagten zugrunde gelegten Mietpreisspiegel nicht zugrunde. Ausweislich der Auskunft des Vorsitzenden des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. vom 01.03.2012 war Grundlage des Mietpreisspiegels vielmehr das - lediglich vereinsintern zugängliche und nicht schriftlich fixierte - Datenmaterial der Haus- und Grundeigentümervereine sowie die - individuelle - Kenntnis der an der Erstellung des Mietpreisspiegels beteiligten Personen von den Mietpreisen bei Neuabschlüssen. Von den beteiligten Gemeinden sind keine eigenen Erhebungen durchgeführt worden. Damit liegt dem Mietpreisspiegel keine ausreichende, insbesondere nachprüfbare Datenbasis zugrunde. Insbesondere ist hierfür nicht ausreichend, dass der Vorsitzende des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. angegeben hat, von den am Zustandekommen des Mietpreisspiegels beteiligten Vereinen würden mehr als 4000 Mitglieder mit einem durchschnittlichen Wohnungs- bzw. Mietwohnungsbestand von deutlich mehr als zwei Mietwohnungen pro Mitglied vertreten. Denn auch insoweit fehlt es an nachprüfbaren Zahlen. Hieraus folgt nicht, dass der Mietpreisspiegel unzutreffend wäre in dem Sinne, dass er die ortsüblichen Mieten nicht wiedergäbe. Mangels Nachprüfbarkeit ist er jedoch nicht ausreichend für die Begründung eines schlüssigen Konzepts.
55 
Darüber hinaus ist die Gemeinde B., in welcher der Kläger gewohnt hat, in Tabelle 4 des Mietpreisspiegels 2009, in welchem die jeweiligen Ortszu- bzw. -abschläge bezogen auf das Referenzniveau der Stadt Weingarten aufgelistet sind, nicht aufgeführt. Insoweit ist bereits nicht aus dem Mietpreisspiegel heraus nachvollziehbar, wie die Mietobergrenzen für den damaligen Wohnort des Klägers ermittelt worden sind.
56 
Dem Senat ist es auch nicht mehr möglich, aufgrund eigener Ermittlungen ein schlüssiges Konzept für den streitigen Zeitraum zu erstellen. Denn hierzu fehlt es an der erforderlichen Datenbasis, da das Datenmaterial, das dem Mietpreisspiegel zugrunde gelegt worden ist, ausweislich der vorgelegten Auskunft des Vorsitzenden des Haus- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. nicht fixiert worden ist, so dass die darin niedergelegten Werte lediglich auf der Kenntnis und den Erfahrungswerten der an der Erstellung des Mietpreisspiegels beteiligten Personen beruhten.
57 
6. Der Kläger ist mit Bescheid vom 21.01.2009 über die aus Sicht des Beklagten angemessenen Unterkunftskosten informiert und zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufgefordert worden. Damit lag eine wirksame Kostensenkungsaufforderung vor.
58 
Da ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten nicht vorgelegen hat und auch nicht mehr erarbeitet werden kann, sind die tatsächlichen Aufwendungen bis zur Angemessenheitsübergrenze der Tabellenwerte in § 12 WoGG zu übernehmen. Das SG hat im angefochtenen Urteil auch zutreffend zu den Tabellenwerten nach § 12 WoGG einen Zuschlag von 10 % hinzugerechnet. Bei diesem Zuschlag handelt es sich - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - nicht um den Ausgleich der Teuerungsrate zwischen den Tabellenwerten nach § 8 WoGG a.F. und den mit Wirkung ab 01.01.2009 nunmehr in § 12 WoGG gefassten, dem aktuellen Niveau angepassten Tabellenwerten. Maßgeblich für die Berücksichtigung eines Zuschlages von 10 % auch bei den angepassten Tabellenwerten ist vielmehr, dass es sich bei der Bestimmung des Zuschlags nicht um eine einzelbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt handelt. Vielmehr ist dieser unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien festzulegen. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil gerade erst der Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet zur Anwendung der Tabellenwerte des WoGG führt. Bereits durch die jeweiligen im WoGG verankerten Mietenstufen fließen regionale Unterschiede in die Bestimmung der zu übernehmenden Kosten der Unterkunft ein (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - juris Rn. 22 zu § 8 WoGG a.F.). In Anbetracht dessen hält der Senat auch für die seit dem 01.01.2009 geltenden Tabellenwerte des § 12 WoGG (rechte Spalte) einen Zuschlag in Höhe von 10 % für angemessen, aber auch ausreichend (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2011 - L 7 AS 165/11 B).
59 
Der Tenor der angefochtenen Entscheidung ist ohne inhaltliche Änderung lediglich zur Klarstellung neu gefasst worden.
60 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
61 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), da eine Entscheidung des BSG zur Höhe des Zuschlags zu den Tabellenwerten von § 12 WoGG bisher nicht ergangen ist.

Gründe

39 
Die form- und fristgerecht (vgl. § 151 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]) eingelegte Berufung ist zulässig, insb. statthaft, da das SG die Berufung zugelassen hat (§ 144 Abs. 1 Satz 1 SGG).
40 
Gegenstand des Verfahrens sind die Bescheide vom 16.11.2009 und 10.12.2009 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 06.04.2010. Gemäß § 96 SGG sind auch der Bescheid vom 10.05.2010, mit dem der Beklagte die Kosten der Unterkunft von Juni bis Dezember auf monatlich 328,91 EUR festgesetzt hat, und der Bescheid vom 02.06.2010, mit dem die Leistung ab dem 01.07.2010 eingestellt worden ist, Gegenstand des Verfahrens geworden. Gegenstand des Verfahrens sind Leistungen der Unterkunft und Heizung, da eine weitere Aufspaltung in die jeweiligen Leistungen Unterkunft und Heizung rechtlich nicht möglich ist (BSG, Urteil v. 13.04.2011 - B 14 AS 106/10 R - juris).
41 
Streitig ist damit der Zeitraum vom 01.12.2009 bis 30.06.2010, nachdem der Kläger zum 01.07.2010 aus dem Zuständigkeitsbereich des Beklagten verzogen ist und Leistungen über den 30.06.2010 hinaus nicht geltend gemacht hat. Vom Beklagten bewilligt waren in diesem Zeitraum Unterkunftskosten inklusive Heizkosten für die Monate Dezember 2009 bis Mai 2010 von monatlich 330,71 EUR und für den Monat Juni 2010 von 328,91 EUR. Das SG hat dem Kläger im angefochtenen Urteil Leistungen in Höhe von 338,80 EUR monatlich zuzüglich Heizkosten zugesprochen. Letztere hat das SG, wie der Beklagte in den angefochtenen Bescheiden mit monatlich 61,75 EUR berücksichtigt. Einwendungen hiergegen hat der Kläger nicht vorgetragen, dieser Betrag entspricht auch den vorgelegten Unterlagen, so dass dieser Betrag zugrunde zu legen ist. Das SG hat damit im Ergebnis eine Leistung für Kosten der Unterkunft und Heizung in Höhe von monatlich 400,55 EUR zugesprochen. Der Beklagte wendet sich mit seiner Berufung mithin gegen die Verurteilung, für die Zeit von Dezember 2009 bis Mai 2010 monatliche weitere 69,84 EUR und für Juni 2010 weitere 71,64 EUR erbringen zu müssen.
42 
Die Berufung ist jedoch nicht begründet.
43 
1. Der Kläger hat dem Grunde nach Anspruch auf Gewährung von Leistungen nach dem SGB II. Leistungsberechtigt sind gemäß § 7 Abs. 1 Satz 1 SGB II Personen, die
44 
1. das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7 a noch nicht erreicht haben,
45 
2. erwerbsfähig sind,
46 
3. hilfebedürftig sind
47 
4. ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
48 
Der am 14.08.1947 geborene Kläger hatte im streitigen Zeitraum die Altersgrenze von 65 Jahren und einem Monat noch nicht erreicht, war mangels Einkommens und Vermögens hilfebedürftig und hatte seinen gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland im Zuständigkeitsbereich des Beklagten. Der Kläger war auch erwerbsfähig. Erwerbsfähig ist gemäß § 8 Abs. 1 SGB II, wer nicht wegen Krankheit oder Behinderung auf absehbare Zeit außerstande ist, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Der Kläger hat zwar am 22.12.2008 einen Herzinfarkt erlitten und befand sich deshalb bis zum 28.12.2008 in stationärer Behandlung. Er war jedoch in der Folgezeit in der Lage, mehrere tausend Kilometer mit dem PKW zur Wohnungssuche zurückzulegen, so dass zur Überzeugung des Senats ein Leistungsvermögen von mindestens drei Stunden täglich für leichte körperliche Tätigkeiten vorgelegen hat. Auch von Seiten des Beklagten bestand kein Anlass, an der Leistungsfähigkeit des Klägers zu zweifeln.
49 
2. Die Leistungen nach dem SGB II umfassen auch die Kosten für Unterkunft und Heizung. Gem. § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II werden Leistungen für Unterkunft und Heizung in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen erbracht, soweit diese angemessen sind. Der Begriff der „Angemessenheit“ unterliegt als unbestimmter Rechtsbegriff der uneingeschränkten richterlichen Kontrolle. Zur Festlegung der abstrakt angemessenen Leistungen für die Unterkunft ist zunächst die angemessene Wohnungsgröße und der maßgebliche örtliche Vergleichsraum zu ermitteln. Angemessen ist eine Wohnung nur dann, wenn sie nach Ausstattung, Lage und Bausubstanz einfachen und grundlegenden Bedürfnissen entspricht und keinen gehobenen Wohnstandard aufweist, wobei es genügt, dass das Produkt aus Wohnfläche und Standard, das sich in der Wohnungsmiete niederschlägt, angemessen ist (BSG, Urteil v. 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - juris).
50 
3. Als angemessene Wohnungsgröße hat der Beklagte zutreffend eine Wohnfläche von 45 qm für eine alleinstehende Person zugrunde gelegt. Das Land Baden-Württemberg hat keine gesetzlichen Ausführungsvorschriften erlassen, jedoch ist nach der Verwaltungsvorschrift des Wirtschaftsministeriums Baden-Württemberg zur Sicherung von Bindungen in der sozialen Wohnraumförderung vom 12.02.2002 (GABl. S. 240 in der Fassung vom 22.01.2004, GABl. S. 248) für Einpersonenhaushalte von einer Wohnfläche von 45 qm auszugehen. An diese Regelung für die Belegung von gefördertem Wohnraum ist auch für die Bestimmung der Angemessenheitsgrenze nach § 22 Abs. 1 SGB II anzuknüpfen.
51 
4. Bereits fraglich ist, ob der Beklagte einen zutreffend festgelegten Vergleichsraum zugrunde gelegt hat. Bei dem Vergleichsraum muss es sich um einen ausreichend großen Raum der Wohnbebauung handeln, der auf Grund seiner räumlichen Nähe, seiner Infrastruktur und insbesondere seiner verkehrstechnischen Verbundenheit einen insgesamt betrachtet homogenen Lebens- und Wohnbereich bildet (BSG, Urteil v. 17.12.2009 - B 4 AS 27/09 R - juris Rn.18 m.w.N.). Nach der Rechtsprechung des BSG (Urteil v. 19.02.2009 - B 4 AS 30/08 R - juris Rn. 21) darf bei der Bildung der Referenzmieten zwar auf Mieten für „Wohnungen mit bescheidenem Zuschnitt“ abgestellt werden, es dürfen jedoch nicht einzelne, besonders heruntergekommene und daher „billige“ Stadtteile herausgegriffen werden. Vielmehr ist auf Durchschnittswerte des unteren Mietpreisniveaus im gesamten räumlichen Vergleichsraum abzustellen. Danach ist für den Vergleichsraum ein einheitlicher Wert der angemessenen Kosten der Unterkunft zu bilden.
52 
Als Vergleichsraum hat der Beklagte den Bereich der Region Wangen, Leutkirch und B. mit ca. 75.000 Einwohnern zugrunde gelegt. Für diesen Vergleichsraum ist jedoch in der Anlage 4 zum Mietpreisspiegel 2009 keine einheitliche angemessene Mietobergrenze vorgesehen. Diese wird vielmehr für eine Person für B. mit 245,00 EUR, für Leutkirch mit 255,00 EUR und für Wangen mit 270,00 EUR festgesetzt. Ob von dem Erfordernis eines einheitlichen Wertes der angemessenen Miete in Bereichen des ländlichen Raumes abgewichen und Vergleichsräume mit nach Gemeinden differenzierten Mietobergrenzen gebildet werden dürfen, kann dahingestellt bleiben, da jedenfalls dem vom Beklagten im streitigen Zeitraum als angemessen erachteten Quadratmeterpreis jedoch kein schlüssiges Konzept zugrunde gelegen hat.
53 
5. Der Mietpreisspiegel 2009, den der Beklagte zugrunde gelegt hat, erfüllt nicht die Anforderungen an ein schlüssiges Konzept. Gem. § 558 c BGB ist ein Mietspiegel eine Übersicht über die ortsübliche Vergleichsmiete, soweit die Übersicht von der Gemeinde oder von Interessenvertretern der Vermieter und der Mieter gemeinsam erstellt oder anerkannt worden ist (sog. einfacher Mietspiegel). Mietspiegel können für das Gebiet einer Gemeinde oder mehrerer Gemeinden oder für Teile von Gemeinden erstellt werden. Nach der Rechtsprechung des BSG (a.a.O. - juris Rn. 27) bedarf auch der einfache Mietspiegel nach § 558 c BGB, wenn er als Grundlage für die Ermittlung der Angemessenheit der Mietkosten dienen soll, einer Erhebung und nach objektiven Kriterien erfolgten statistisch aufgearbeiteten Zusammenstellung der vorkommenden Mieten. Zwar ist insoweit keine bestimmte Methode festgelegt, sachliche Wirksamkeitsvoraussetzung für den Mietspiegel ist jedoch, dass er den Anforderungen der Statistik genügt und auf einer ausreichenden empirischen Grundlage unter Beachtung der gesetzlichen Vorgaben des § 558 BGB zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete beruht. Dazu gehört auch, dass die einzelnen Werte des Mietspiegels auf einer ausreichenden Anzahl von aus Wohnwertmerkmalen vergleichbarer Wohnungen der betreffenden Gemeinde oder einer vergleichbaren Wohngemeinde gewonnener Daten beruhen.
54 
Eine entsprechende statistisch aufgearbeitete Zusammenstellung der vorkommenden Mieten liegt dem von dem Beklagten zugrunde gelegten Mietpreisspiegel nicht zugrunde. Ausweislich der Auskunft des Vorsitzenden des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. vom 01.03.2012 war Grundlage des Mietpreisspiegels vielmehr das - lediglich vereinsintern zugängliche und nicht schriftlich fixierte - Datenmaterial der Haus- und Grundeigentümervereine sowie die - individuelle - Kenntnis der an der Erstellung des Mietpreisspiegels beteiligten Personen von den Mietpreisen bei Neuabschlüssen. Von den beteiligten Gemeinden sind keine eigenen Erhebungen durchgeführt worden. Damit liegt dem Mietpreisspiegel keine ausreichende, insbesondere nachprüfbare Datenbasis zugrunde. Insbesondere ist hierfür nicht ausreichend, dass der Vorsitzende des Haus-, Wohnungs- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. angegeben hat, von den am Zustandekommen des Mietpreisspiegels beteiligten Vereinen würden mehr als 4000 Mitglieder mit einem durchschnittlichen Wohnungs- bzw. Mietwohnungsbestand von deutlich mehr als zwei Mietwohnungen pro Mitglied vertreten. Denn auch insoweit fehlt es an nachprüfbaren Zahlen. Hieraus folgt nicht, dass der Mietpreisspiegel unzutreffend wäre in dem Sinne, dass er die ortsüblichen Mieten nicht wiedergäbe. Mangels Nachprüfbarkeit ist er jedoch nicht ausreichend für die Begründung eines schlüssigen Konzepts.
55 
Darüber hinaus ist die Gemeinde B., in welcher der Kläger gewohnt hat, in Tabelle 4 des Mietpreisspiegels 2009, in welchem die jeweiligen Ortszu- bzw. -abschläge bezogen auf das Referenzniveau der Stadt Weingarten aufgelistet sind, nicht aufgeführt. Insoweit ist bereits nicht aus dem Mietpreisspiegel heraus nachvollziehbar, wie die Mietobergrenzen für den damaligen Wohnort des Klägers ermittelt worden sind.
56 
Dem Senat ist es auch nicht mehr möglich, aufgrund eigener Ermittlungen ein schlüssiges Konzept für den streitigen Zeitraum zu erstellen. Denn hierzu fehlt es an der erforderlichen Datenbasis, da das Datenmaterial, das dem Mietpreisspiegel zugrunde gelegt worden ist, ausweislich der vorgelegten Auskunft des Vorsitzenden des Haus- und Grundeigentümervereins Ravensburg e.V. nicht fixiert worden ist, so dass die darin niedergelegten Werte lediglich auf der Kenntnis und den Erfahrungswerten der an der Erstellung des Mietpreisspiegels beteiligten Personen beruhten.
57 
6. Der Kläger ist mit Bescheid vom 21.01.2009 über die aus Sicht des Beklagten angemessenen Unterkunftskosten informiert und zur Senkung seiner Unterkunftskosten aufgefordert worden. Damit lag eine wirksame Kostensenkungsaufforderung vor.
58 
Da ein schlüssiges Konzept für die Ermittlung angemessener Unterkunftskosten nicht vorgelegen hat und auch nicht mehr erarbeitet werden kann, sind die tatsächlichen Aufwendungen bis zur Angemessenheitsübergrenze der Tabellenwerte in § 12 WoGG zu übernehmen. Das SG hat im angefochtenen Urteil auch zutreffend zu den Tabellenwerten nach § 12 WoGG einen Zuschlag von 10 % hinzugerechnet. Bei diesem Zuschlag handelt es sich - entgegen der Rechtsauffassung des Beklagten - nicht um den Ausgleich der Teuerungsrate zwischen den Tabellenwerten nach § 8 WoGG a.F. und den mit Wirkung ab 01.01.2009 nunmehr in § 12 WoGG gefassten, dem aktuellen Niveau angepassten Tabellenwerten. Maßgeblich für die Berücksichtigung eines Zuschlages von 10 % auch bei den angepassten Tabellenwerten ist vielmehr, dass es sich bei der Bestimmung des Zuschlags nicht um eine einzelbezogene Anwendung auf einen konkreten, tatsächlichen Sachverhalt handelt. Vielmehr ist dieser unter Berücksichtigung genereller, abstrakter Kriterien festzulegen. Ein Rückgriff auf die regionalen Verhältnisse kommt bereits deshalb nicht in Betracht, weil gerade erst der Ausfall der Erkenntnismöglichkeiten im räumlichen Vergleichsgebiet zur Anwendung der Tabellenwerte des WoGG führt. Bereits durch die jeweiligen im WoGG verankerten Mietenstufen fließen regionale Unterschiede in die Bestimmung der zu übernehmenden Kosten der Unterkunft ein (BSG, Urteil vom 22.03.2012 - B 4 AS 16/11 R - juris Rn. 22 zu § 8 WoGG a.F.). In Anbetracht dessen hält der Senat auch für die seit dem 01.01.2009 geltenden Tabellenwerte des § 12 WoGG (rechte Spalte) einen Zuschlag in Höhe von 10 % für angemessen, aber auch ausreichend (ebenso LSG Nordrhein-Westfalen, Beschluss vom 09.05.2011 - L 7 AS 165/11 B).
59 
Der Tenor der angefochtenen Entscheidung ist ohne inhaltliche Änderung lediglich zur Klarstellung neu gefasst worden.
60 
Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 193 SGG.
61 
Die Revision wird wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache zugelassen (§ 160 Abs. 2 Nr. 1 SGG), da eine Entscheidung des BSG zur Höhe des Zuschlags zu den Tabellenwerten von § 12 WoGG bisher nicht ergangen ist.

(1) Leistungen nach diesem Buch erhalten Personen, die

1.
das 15. Lebensjahr vollendet und die Altersgrenze nach § 7a noch nicht erreicht haben,
2.
erwerbsfähig sind,
3.
hilfebedürftig sind und
4.
ihren gewöhnlichen Aufenthalt in der Bundesrepublik Deutschland haben (erwerbsfähige Leistungsberechtigte).
Ausgenommen sind
1.
Ausländerinnen und Ausländer, die weder in der Bundesrepublik Deutschland Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer oder Selbständige noch aufgrund des § 2 Absatz 3 des Freizügigkeitsgesetzes/EU freizügigkeitsberechtigt sind, und ihre Familienangehörigen für die ersten drei Monate ihres Aufenthalts,
2.
Ausländerinnen und Ausländer,
a)
die kein Aufenthaltsrecht haben oder
b)
deren Aufenthaltsrecht sich allein aus dem Zweck der Arbeitsuche ergibt,
und ihre Familienangehörigen,
3.
Leistungsberechtigte nach § 1 des Asylbewerberleistungsgesetzes.
Satz 2 Nummer 1 gilt nicht für Ausländerinnen und Ausländer, die sich mit einem Aufenthaltstitel nach Kapitel 2 Abschnitt 5 des Aufenthaltsgesetzes in der Bundesrepublik Deutschland aufhalten. Abweichend von Satz 2 Nummer 2 erhalten Ausländerinnen und Ausländer und ihre Familienangehörigen Leistungen nach diesem Buch, wenn sie seit mindestens fünf Jahren ihren gewöhnlichen Aufenthalt im Bundesgebiet haben; dies gilt nicht, wenn der Verlust des Rechts nach § 2 Absatz 1 des Freizügigkeitsgesetzes/EU festgestellt wurde. Die Frist nach Satz 4 beginnt mit der Anmeldung bei der zuständigen Meldebehörde. Zeiten des nicht rechtmäßigen Aufenthalts, in denen eine Ausreisepflicht besteht, werden auf Zeiten des gewöhnlichen Aufenthalts nicht angerechnet. Aufenthaltsrechtliche Bestimmungen bleiben unberührt.

(2) Leistungen erhalten auch Personen, die mit erwerbsfähigen Leistungsberechtigten in einer Bedarfsgemeinschaft leben. Dienstleistungen und Sachleistungen werden ihnen nur erbracht, wenn dadurch Hemmnisse bei der Eingliederung der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten beseitigt oder vermindert werden. Zur Deckung der Bedarfe nach § 28 erhalten die dort genannten Personen auch dann Leistungen für Bildung und Teilhabe, wenn sie mit Personen in einem Haushalt zusammenleben, mit denen sie nur deshalb keine Bedarfsgemeinschaft bilden, weil diese aufgrund des zu berücksichtigenden Einkommens oder Vermögens selbst nicht leistungsberechtigt sind.

(3) Zur Bedarfsgemeinschaft gehören

1.
die erwerbsfähigen Leistungsberechtigten,
2.
die im Haushalt lebenden Eltern oder der im Haushalt lebende Elternteil eines unverheirateten erwerbsfähigen Kindes, welches das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, und die im Haushalt lebende Partnerin oder der im Haushalt lebende Partner dieses Elternteils,
3.
als Partnerin oder Partner der erwerbsfähigen Leistungsberechtigten
a)
die nicht dauernd getrennt lebende Ehegattin oder der nicht dauernd getrennt lebende Ehegatte,
b)
die nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartnerin oder der nicht dauernd getrennt lebende Lebenspartner,
c)
eine Person, die mit der erwerbsfähigen leistungsberechtigten Person in einem gemeinsamen Haushalt so zusammenlebt, dass nach verständiger Würdigung der wechselseitige Wille anzunehmen ist, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen.
4.
die dem Haushalt angehörenden unverheirateten Kinder der in den Nummern 1 bis 3 genannten Personen, wenn sie das 25. Lebensjahr noch nicht vollendet haben, soweit sie die Leistungen zur Sicherung ihres Lebensunterhalts nicht aus eigenem Einkommen oder Vermögen beschaffen können.

(3a) Ein wechselseitiger Wille, Verantwortung füreinander zu tragen und füreinander einzustehen, wird vermutet, wenn Partner

1.
länger als ein Jahr zusammenleben,
2.
mit einem gemeinsamen Kind zusammenleben,
3.
Kinder oder Angehörige im Haushalt versorgen oder
4.
befugt sind, über Einkommen oder Vermögen des anderen zu verfügen.

(4) Leistungen nach diesem Buch erhält nicht, wer in einer stationären Einrichtung untergebracht ist, Rente wegen Alters oder Knappschaftsausgleichsleistung oder ähnliche Leistungen öffentlich-rechtlicher Art bezieht. Dem Aufenthalt in einer stationären Einrichtung ist der Aufenthalt in einer Einrichtung zum Vollzug richterlich angeordneter Freiheitsentziehung gleichgestellt. Abweichend von Satz 1 erhält Leistungen nach diesem Buch,

1.
wer voraussichtlich für weniger als sechs Monate in einem Krankenhaus (§ 107 des Fünften Buches) untergebracht ist oder
2.
wer in einer stationären Einrichtung nach Satz 1 untergebracht und unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 15 Stunden wöchentlich erwerbstätig ist.
Die Sätze 1 und 3 Nummer 2 gelten für Bewohner von Räumlichkeiten im Sinne des § 42a Absatz 2 Satz 1 Nummer 2 und Satz 3 des Zwölften Buches entsprechend.

(4a) (weggefallen)

(5) Auszubildende, deren Ausbildung im Rahmen des Bundesausbildungsförderungsgesetzes dem Grunde nach förderungsfähig ist, haben über die Leistungen nach § 27 hinaus keinen Anspruch auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts. Satz 1 gilt auch für Auszubildende, deren Bedarf sich nach § 61 Absatz 2, § 62 Absatz 3, § 123 Nummer 2 sowie § 124 Nummer 2 des Dritten Buches bemisst.

(6) Absatz 5 Satz 1 ist nicht anzuwenden auf Auszubildende,

1.
die aufgrund von § 2 Absatz 1a des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben,
2.
deren Bedarf sich nach den §§ 12, 13 Absatz 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 1 oder nach § 13 Absatz 1 Nummer 1 in Verbindung mit Absatz 2 Nummer 2 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes bemisst und die Leistungen nach dem Bundesausbildungsförderungsgesetz
a)
erhalten oder nur wegen der Vorschriften zur Berücksichtigung von Einkommen und Vermögen nicht erhalten oder
b)
beantragt haben und über deren Antrag das zuständige Amt für Ausbildungsförderung noch nicht entschieden hat; lehnt das zuständige Amt für Ausbildungsförderung die Leistungen ab, findet Absatz 5 mit Beginn des folgenden Monats Anwendung, oder
3.
die eine Abendhauptschule, eine Abendrealschule oder ein Abendgymnasium besuchen, sofern sie aufgrund des § 10 Absatz 3 des Bundesausbildungsförderungsgesetzes keinen Anspruch auf Ausbildungsförderung haben.

(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.

(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.

(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.

(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.

(1) Die Berufung bedarf der Zulassung in dem Urteil des Sozialgerichts oder auf Beschwerde durch Beschluß des Landessozialgerichts, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes

1.
bei einer Klage, die eine Geld-, Dienst- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 Euro oder
2.
bei einer Erstattungsstreitigkeit zwischen juristischen Personen des öffentlichen Rechts oder Behörden 10.000 Euro
nicht übersteigt. Das gilt nicht, wenn die Berufung wiederkehrende oder laufende Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft.

(2) Die Berufung ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Landessozialgericht ist an die Zulassung gebunden.

(4) Die Berufung ist ausgeschlossen, wenn es sich um die Kosten des Verfahrens handelt.