Zwischen den Beteiligten sind die Anerkennung weiterer Unfallfolgen und die Gewährung von Leistungen aus der Unfallversicherung über den 23.02.2014 hinaus streitig.
Der am 1970 geborene Kläger erlitt am 27.01.2014 im Rahmen seiner Tätigkeit als Gemeindearbeiter einen Verkehrsunfall, als er im Winterdienst mit dem Räumfahrzeug auf der Kreisstraße unterwegs war und beim Linksabbiegen mit einem überholenden Pkw kollidierte (vgl. Unfallanzeige vom 29.01.2014). Er wurde mit dem Krankenwagen in das Kreiskrankenhaus V. verbracht. Hier wurde nach der Röntgendiagnostik eine Prellung beider Knie, eine Schädelprellung sowie eine Prellung des linken Ellenbogens attestiert und der Kläger mit dem Verdacht einer HWK3 Fraktur kurzzeitig stationär aufgenommen. Der Verdacht einer HWK3 Fraktur wurde mittels Computertomographie vom 27.01.2014 ausgeschlossen, so dass der Kläger am 29.01.2014 aus der stationären Behandlung entlassen werden konnte (vgl. Zwischenbericht Dr. S., Chefarzt, Kreiskrankenhäuser Z.-V., Haus V., vom 29.01.2014). Es wurden Krankengymnastik und Massagen verordnet.
Wegen anhaltender Beschwerden im Sinne eines Schwindels sowie linksseitiger Kopfschmerzen wurde am 11.02.2014 eine Kernspintomographie der Halswirbelsäule durchgeführt. Hierbei kam lediglich eine initiale Unkarthrose C3/C4 sowie eine minimale Bandscheibenprotrusion C3 bis C6 ohne Hinweis auf ein Knochenödem und ohne Hinweis auf knöcherne oder ligamentäre Verletzungen zur Darstellung. Bei anhaltenden Beschwerden wurde eine durchgehende Arbeitsunfähigkeit vom 27.01.2014 bis 10.03.2014 bescheinigt (vgl. Auskunft der DAK vom 11.11.2014).
Am 17.03.2014 wurde im Rahmen einer neurologischen Untersuchung subjektiv eine Cephalgie sowie eine Benommenheit seit dem Unfallereignis berichtet. Es wurde eine HWS-Zerrung mit anhaltendem cervicocephalem Syndrom attestiert, wobei der neurologische/neurophysiologische Untersuchungsbefund kein fokales Defizit ergab.
Die Beklagte erkannte mit Bescheid vom 02.04.2014 das Unfallereignis als Versicherungsfall an, lehnte aber zugleich einen Anspruch auf Rente ab. Eine unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Heilbehandlung sei bis zum 23.02.2014 anzunehmen. Die darüber hinausgehende Arbeitsunfähigkeit und Heilbehandlung sei nicht mehr auf das Ereignis vom 27.01.2014 zurückzuführen. Eine Leistungspflicht sei daher über den 23.02.2014 nicht mehr gegeben. Durch das Ereignis vom 27.01.2014 sei es zu einer Prellung beider Kniegelenke, des Schädels und des Ellenbogens gekommen. Unfallfolgen seien nach beratungsärztlicher Stellungnahme (vgl. Stellungnahme von Dr. K. (Facharzt für Chirurgie und Unfallchirurgie) vom 28.03.2014) und Auswertung aller vorliegenden medizinischen Unterlagen nicht verblieben.
Der hiergegen gerichtete Widerspruch blieb ohne Erfolg und wurde mit Widerspruchsbescheid vom 28.05.2014 als unbegründet zurückgewiesen.
Mit der Klage vom 27.06.2014 hat der Kläger über seinen Prozessbevollmächtigten geltend gemacht, dass die über den 23.02.2014 hinaus vorliegenden Beschwerden bzw. Beeinträchtigungen Unfallfolgen darstellten. Die über den 23.02.2014 hinausgehende Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit sei als Unfallfolge anzuerkennen. Dem Kläger seien über den 23.02.2014 hinaus Leistungen nach dem SGB VII zu gewähren. Auf die weiteren Ausführungen in der Klagebegründung vom 19.11.2014 wird Bezug genommen.
Das Sozialgericht Landshut hat eine Aufstellung über die Arbeitsunfähigkeitszeiten von der DAK, sowie Behandlungsberichte und bildgebende Befunde von Dr. N. (Facharzt für Radiologie), Dr. St. (Facharzt für Nervenheilkunde), der dia.log Teleradiologie A. und dem Kreiskrankenhaus Z. eingeholt und die Akte der Beklagten beigezogen.
Am 15.01.2015 hat Dr. R. (Facharzt für Chirurgie, Unfallchirurgie und Orthopädie) im Auftrag des Sozialgerichts Landshut ein Gutachten nach ambulanter Untersuchung erstellt. Der Sachverständige hat zusammenfassend festgestellt, dass der Kläger im Rahmen des Unfalls eine linksseitige Schädelprellung, Prellungen beider Kniegelenke sowie des linken Ellenbogens, als auch eine Distorsion der Halswirbelsäule Grad I nach Erdmann erlitten habe. Aufgrund der schon unfallnah umfänglich und fundiert durchgeführten Diagnostik könnten keine dauerhaften Unfallfolgen auf unfallchirurgischorthopädischem Fachgebiet gesichert werden. Zur Beurteilung der anhaltenden Cephalgie als auch der moderaten Schwindelsymptomatik sei eine Zusatzbegutachtung auf neurologischpsychiatrischem Fachgebiet veranlasst. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit sei mit einem Zeitraum von vier Wochen korrekt eingeschätzt worden. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit habe zu keinem Zeitpunkt bestanden und werde sich auch zukünftig nicht darlegen lassen. Im Bereich der Halswirbelsäule hätten vor und zum Zeitpunkt des Unfalls degenerative Veränderungen bestanden, die klinisch keine wesentlichen Beschwerden verursacht hätten. Auf die weiteren Ausführungen im Gutachten vom 15.01.2015 wird Bezug genommen.
Dr. K. (Facharzt für Neurologie und Psychiatrie) hat in dem nervenärztlichem Gutachten vom 25.04.2015 dargelegt, dass sich der Untersuchte bei dem Unfallereignis aus neurologischer Sicht eine Schädelprellung zugezogen habe. Eine Gehirnerschütterung habe definitionsgemäß nicht vorgelegen, da eine Bewusstlosigkeit nicht bestanden habe. Bezüglich der Qualität der HWS-Distorsion sei von einer Distorsionsverletzung 1. Grades auszugehen. Die jetzt von dem Untersuchten angegebenen Beschwerden seien nicht im Unfallzusammenhang zu sehen. Eine Schädelprellung sei weder in der Lage zu einem andauernden Kopfschmerz-Syndrom zu führen, noch eine länger dauernde Schwindelsymptomatik hervorzurufen (vgl. Gutachten vom 25.04.2015).
Im weiteren Verlauf ist auf Antrag des Klägers gemäß § 109 SGG Dr. B. (Fachärztin für Psychiatrie und Neurologie) ebenfalls mit der Erstellung eines Sachverständigengutachtens beauftragt worden. Dr. B. hat unter Berücksichtigung des von ihr veranlassten radiologischen Zusatzgutachtens von Dr. G. (Facharzt für Radiologie, berufsgenossenschaftliche Unfallklinik M.) vom 02.10.2015 in ihrem Gutachten vom 30.11.2015 nach ambulanter Untersuchung als Gesundheitsstörung eine schmerzhafte endgradige Bewegungseinschränkung der rechten Schulter sowie ein schmerzhaftes, inzwischen positives Impingement-Syndrom beschrieben. Zudem habe sich im Bereich der linken Hand eine diskrete dorsal betonte trophische Störung mit Beeinträchtigung der Beweglichkeit der Langfinger und eingeschränkten Faustschluss gezeigt. Diese Beschwerden seien primär auf einen 1. Unfall (29.06.2010) zurückzuführen, seien jedoch durch das Erleiden des 2. Unfalls verstärkt worden. Es bestünden außerdem ein Spannungskopfschmerz nach Schädelprellung links und eine über einen längeren Zeitraum anhaltende rezidivierende Schwindelsymptomatik, die bei dem Probanden bei jeglicher Anstrengung auftreten würde. Die Schwindelsymptomatik werde durch die Distorsion der HWS Grad I nach Erdmann oder Grad I-II QTF ohne Nachweis struktureller Verletzungsfolgen gefördert. Seit dem 2. Unfall bestünde ein ausgeprägter Dauerschmerz aufgrund dessen der Proband mit viel Aufwand gerade maximal 3 h täglich arbeiten könne; zuvor habe er 5 h arbeiten können. Die Behandlungsbedürftigkeit des 2. Unfalls habe dazu geführt, dass eine chronische Verschlechterung des 1. Unfalls erfolgt sei. Die stark beeinträchtigenden chronischen Schmerzen im Bereich des Kopfes und des Armes, als auch die Schwindelattacken sowie die zusätzliche Beeinträchtigung der linken Hand, die verstärkt infolge des 1. Unfalls, jedoch durch den 2. Unfall wesentlich verstärkt worden sei, sei als Unfallfolge anzusehen. Das chronische Schmerzsyndrom sei als direkte Folge des 2. Unfalls zu werten. Die unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit würde bis zur intensiven Schmerzbehandlung bzw. bis zum jetzigen Zeitpunkt andauern. Nach dem 2. Unfall sei eine Depression aufgetreten, die in Bezug auf die Stimmung des Patienten deutlich depressiv verstärkend wirke. Durch das psychogen entstandene chronische Schmerzsyndrom sei der Proband derartig beeinträchtigt, dass eine zusätzliche MdE von 30 v. H. für den 2. Unfall gerechtfertigt sei. Auf die weiteren Ausführungen im Gutachten vom 30.11.2015 wird Bezug genommen.
Dr. K. hat zum Gutachten von Dr. B. ergänzend Stellung genommen und dargelegt, dass die Sachverständige nicht explizit auf die Folgen des 2. Unfalls eingegangen und immer wieder auf den 1. Unfall aus dem Jahr 2010 zurückgekommen sei. Dabei habe sie die Folgen des 1. Unfalls mit den Folgen des 2. Unfalls vermischt, ohne auf die eigentliche Fragestellung einzugehen. Ein großes Problem sei zudem, dass sie im Wesentlichen die von dem Kläger angegebenen Beschwerden zu Befunden umfunktioniert und letztendlich in der Beurteilung die von dem Untersuchten angegebenen Beschwerden als Fakten dargestellt habe, ohne zu differenziert, ob es sich denn nun um Befunde oder um Beschwerden gehandelt habe. Ganz problematisch sei in dem Gutachten von Dr. B. die Zuordnung der von ihr beschriebenen Befunde. Tatsache sei, dass die beiden Unfälle aus dem Jahr 2010 und 2014 unterschiedliche Organsysteme betroffen hätten. Es sei in keinster Weise nachvollziehbar, dass sich die Folgen des 1. Unfalls durch den 2. Unfall in irgendeiner Weise hätte verstärken können. Der Kläger habe sich bei dem 2. Unfall eine Schädelprellung ohne Hinweis auf eine Schädel-Hirn-Trauma zugezogen und eine Distorsionsverletzung der Halswirbelsäule Grad I. Es sei davon auszugehen, dass es sich um eine leichte Verletzung gehandelt habe. Der Kläger sei bei der Untersuchung im April 2014 deutlich darauf fixiert gewesen, dass sämtliche seiner vorgebrachten Beschwerden Folgen des Unfalls aus dem Jahr 2014 seien. Diese subjektive Einschätzung des Klägers könne allerdings durch die objektiven Befunde nicht bestätigt werden (vgl. nervenärztliche Stellungnahme vom 03.03.2016).
Das Sozialgericht Landshut hat weiter Beweis erhoben und auf Antrag des Prozessbevollmächtigten die Akte des Amtsgerichts Viechtach Az.: 4 C 620/14, beigezogen. Im Rahmen des dem Unfall vom 27.01.2014 betreffenden Zivilrechtsstreits war Dr. W. (Facharzt für Orthopädie) mit der Erstellung eines Gutachtensbeauftragung worden. Der Sachverständige hat sich in seinem Gutachten vom 06.02.2016 bei seiner Bewertung der Beurteilung von Dr. B. angeschlossen und dies damit begründet, dass vor dem 2. Unfallereignis keinerlei Beschwerdesymptomatik bezüglich des cervicocephalen Syndroms mit Kopfschmerzen und Schwindelerscheinungen dokumentiert gewesen seien und darüber hinaus bei dem Kläger keine weiteren Erkrankungen im Bereich der Halswirbelsäule feststellbar sei. Es sei daher davon auszugehen, dass die jetzt noch vorhandenen Beschwerden auf das Unfallereignis vom 27.01.2014 zurückzuführen seien.
Der Bevollmächtigte des Klägers beantragt,
die Beklagte unter Abänderung des Bescheides vom 02.04.2014 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28.05.2014 zu verpflichten, unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 23.02.2014 hinaus festzustellen und entsprechende Leistungen zu gewähren, sowie die Unfallfolgen, wie von Frau Dr. B. im Gutachten vom 30.11.2015 auf S. 40-42 festgestellt, anzuerkennen und mit einer MdE von 30 v. H. zu bewerten.
Die Vertreterin der Beklagten beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Ergänzung des Tatbestandes wird im Übrigen gem. § 136 Absatz 2 SGG auf das Vorbringen der Beteiligten und den gesamten Akteninhalt Bezug genommen, die zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht worden sind und bei der Entscheidung vorgelegen haben.
Die form- und fristgerecht erhobene Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der Kläger hat anlässlich des Arbeitsunfalls vom 27.01.2014 keinen Anspruch Leistungen aufgrund einer unfallbedingten Arbeitsunfähigkeit und Behandlungsbedürftigkeit über den 23.02.2014 hinaus sowie auf Gewährung einer Verletztenrente nach einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) um 30 v. H., da unfallbedingte Gesundheitsstörungen über den genannten Zeitpunkt hinaus nicht verblieben sind.
Die Anerkennung einer Gesundheitsstörung als Folge eines Arbeitsunfalls und gegebenenfalls die Entschädigung durch Zahlung von Verletztengeld, Behandlungskosten oder Verletztenrente setzt voraus, dass die Gesundheitsstörung Folge eines Versicherungsfalles, hier also des Ereignisses vom 27.01.2014, ist (§§ 7, 8 SGB VII). Das Unfallereignis muss wesentliche Bedingung für die Entstehung bzw. Verschlimmerung des Gesundheitsschaden gewesen sein und gegenüber sonstigen schädigungsfremden Faktoren wie z.B. einer Vorerkrankung von überragender Bedeutung oder zumindest annähernd gleichwertiger Bedeutung sein (Theorie der wesentlichen Bedingung, ständige Rechtsprechung, vgl. z.B. BSGE 3,277). Eine naturwissenschaftliche Ursache, die nicht als wesentlich anzusehen und damit keine Ursache im Sinne der Theorie der wesentlichen Bedingung ist, kann als Gelegenheitsursache bezeichnet werden.
Die anspruchsbegründenden Tatsachen, d.h. neben dem Arbeitsunfall auch die unfallbedingte Gesundheitsstörung, müssen mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit bewiesen sein. Bei vernünftiger Abwägung des Gesamtergebnisses des Verfahrens muss der volle Beweis für das Vorliegen der genannten Tatsachen als erbracht angesehen werden können (vgl. BSG, Urteil vom 30.04.1985 - 2 RU 43/84). Für den ursächlichen Zusammenhang zwischen dem schädigenden Ereignis und dem Gesundheitsschaden (haftungsbegründende Kausalität) sowie Folgeschäden (haftungsausfüllende Kausalität) ist demgegenüber hinreichende Wahrscheinlichkeit ausreichend. Dies liegt dann vor, wenn mehr für als gegen den Ursachenzusammenhang spricht und ernste Zweifel ausscheiden. Die bloße Möglichkeit eines Zusammenhanges genügt jedoch nicht.
Unter Anwendung dieser Grundsätze geht die Kammer zweifelsfrei davon aus, dass der Kläger im Januar 2014 keine Gesundheitsstörungen erlitten hat, die bleibende Schäden hervorgerufen haben. Nach der unfallnah umfänglich und fundiert durchgeführten Diagnostik hat der Kläger sich bei dem Unfall im Jahr 2014 lediglich Prellungen bzw. eine Zerrung zugezogen, die nach wenigen Wochen ohne Folgen ausgeheilt sind. Ein kausaler Zusammenhang mit den anhaltenden Beschwerden des Klägers ist nicht zu begründen. Die Beklagte hat zu Recht einen Anspruch auf Rente bzw. eine Leistungspflicht über den 23.02.2014 hinaus abgelehnt. Von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe wird diesbezüglich abgesehen, da die Kammer die Klage aus den Gründen der angefochtenen Entscheidung als unbegründet zurückweist (§ 136 Abs. 3 SGG).
Ergänzend ist lediglich anzumerken, dass das Ergebnis der Beweisaufnahme im gerichtlichen Verfahren eine andere Entscheidung nicht rechtfertigt. Die Kammer stützt sich hierbei auf die schlüssigen und aufgrund der vorliegenden Beweisunterlagen nachvollziehbaren Ausführungen der gerichtlichen Sachverständigen Dr. K. und Dr. R.
Der Kläger ist unstrittig am 27.01.2014 in einen Verkehrsunfall verwickelt worden, in deren Rahmen er beim Linksabbiegen mit einem ihn überholenden Fahrzeug kollidierte. Er hat als Gesundheitserstschaden ausschließlich Prellungen im Bereich beider Kniegelenke und des linken Ellenbogens, sowie eine Schädelprellung erlitten, die folgenlos ausgeheilt sind. Außerdem zog es sich eine Distorsion (Zerrung) der HWS Grad I nach Erdmann bzw. nach Quebec Task Force zu (vgl. zur Einteilung in Schweregraden: Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 462 ff.).
Eine höhergradige HWS-Distorsion oder ein sonstiger gravierender Gesundheitserstschaden konnte trotz zahlreicher Begutachtung nie objektiviert werden und kann daher nicht festgestellt werden. Dies steht in Einklang mit den vorliegenden medizinischen Befunden. Denn bei der Untersuchung kurz nach dem Unfall im Kreiskrankenhaus V. bestanden zwar ein Druckschmerz und Bewegungsschmerzen im Nacken sowie ein leichter Schwindel und leichte Kopfschmerzen. Die neurologische Überwachung blieb jedoch unauffällig. Eine Bewusstlosigkeit hatte nicht vorgelegen. Hirnbedingte (zentralnervöse) Ausfälle in Form neurologischer und geistiger Störungen sowie psychoorganische Symptome als etwaige Zeichen einer Hirnbeteiligung sind weder im Akteninhalt dokumentiert, noch wurden sie von dem Kläger angegeben. Nach den vorliegenden Untersuchungsbefunden ist lediglich von einer leichtgradigen unfallbedingten HWS-Distorsion auszugehen. Denn ein Hinweis auf eine knöcherne Verletzung oder Verletzungen der ligamentären Strukturen (Muskeln, Bänder, Kapselbandapparat), die über bloße Zerrungen bzw. Dehnungen hinausgehen, hat sich in den radiologischen Befunden in den Wochen und Monaten nach dem Unfall nicht ergeben. Der anfängliche Verdacht einer HWS-3 Fraktur konnte durch die computertomographische Untersuchung am Unfalltag ausgeräumt werden. Auch im MRT-Befund vom 11.02.2014 kamen im Bereich der Halswirbelsäule keine frischen traumatischen morphologischen Schäden bei mäßigen degenerativen Veränderungen zur Darstellung. Damit kann eine schwerergradige Verletzung der Halswirbelsäule Grad 3 nach Erdmann ausgeschlossen werden (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 464 f.).
Ausgehend von diesem Gesundheitserstschaden ergibt sich aus der unfallversicherungsrechtlichen Begutachtungsliteratur, dass mit überdauernden Unfallfolgen nicht gerechnet werden kann (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 464 f.).
Weitere, bislang nicht genannte Unfallfolgen liegen nicht vor.
Traumatische Kopfschmerzen nach einer Schädelprellung bzw. HWS-Distorsion sind zwar nicht ungewöhnlich, treten aber grundsätzlich nur vorübergehend auf. Zu anhaltenden Kopfschmerzen kann es nur bei Schädel-Hirnverletzung mit Gewebeschäden kommen, die bei dem Kläger jedoch nicht belegt ist. Grundlegende Anknüpfungstatsachen einer intracerebraler Verletzung, z. B. eine dezidierte Prellmarke am Schädel, eine sonstige relevante äußere Verletzung oder eine klinischneurologische Symptomatik in diesem Sinn, hat ausweislich der unfallnah vorliegenden Befunde in dokumentationswürdiger Weise nicht bestanden. Bei Kopfschmerzen handelt es sich im Übrigen um eine sehr häufige Erkrankung, bei der zudem wiederum sehr häufig, u. a. Depressionen bestehen.
Ähnlich verhält es sich mit der Schwindelsymptomatik. Soweit eine solche weiterhin besteht, muss sie einer unfallunabhängigen Genese zugeordnet werden. Ein wesentlicher unfallbedingter Anteil kann nicht angenommen werden, da weder eine periphere vestibuläre Störung noch eine zentrale Schwindelursache belegt sind.
Bezüglich der Kopfschmerzen, der Schwindelsymptomatik sowie der von der Schulter/Nacken-Region ausstrahlenden Schmerzen ist zusätzlich zu berücksichtigen, dass bei dem Kläger degenerative, unfallunabhängige Veränderungen im Bereich der HWS vorliegen, die ebenfalls entsprechende Beschwerden verursachen können.
Den Ausführungen von Dr. B. in ihrem Gutachten nach § 109 SGG vom 30.11.2015 wird nicht gefolgt. Dr. B. bejahte bezüglich der Kopfschmerz- und Schwindelproblematik einen Unfallzusammenhang und attestierte insbesondere eine unfallbedingte Verschlimmerung der Folgen des Unfalls aus dem Jahr 2010 sowie ein chronisches Schmerzsyndrom. Hierbei lässt sie jedoch jegliche Auseinandersetzung mit den Grundsätzen der gesetzlichen Unfallversicherung vermissen. Die in der gesetzlichen Unfallversicherung geltende Theorie der wesentlichen Bedingung beruht zwar, ebenso wie die im Zivilrecht geltende Adäquanztheorie, auf der naturwissenschaftlichphilosophischen Bedingungstheorie (conditiosinequanon) als Ausgangsbasis. Aufgrund der Unbegrenztheit der naturwissenschaftlichphilosophischen Ursachen für einen Erfolg für die praktische Rechtsanwendung ist aber in einer 2. Prüfungsstufe die Unterscheidung zwischen solchen Ursachen notwendig, die rechtlich für den Erfolg verantwortlich gemacht werden bzw. denen der Erfolg zu gerechnet wird und den anderen, für den Erfolg rechtlich unerheblichen Ursachen (vgl. BSG, Urteil vom 09.05.2006 - B 2 U 1/05 R). Allein aus dem rein zeitlichen Aufeinanderfolgen der HWS-Distorsion bzw. Schädelprellung und der später auftretenden Gesundheitsstörungen sowie der mangelnden Feststellung konkurrierender Ursachen kann nicht gefolgert werden, dass die anhaltenden Beschwerden des Klägers wesentlich durch den Unfall verursacht wurden. Der Stand der medizinischen wissenschaftlichen Erkenntnis zeigt vielmehr, dass leichtgradige Distorsionen der Halswirbelsäule, wie im vorliegenden Fall, folgenlos ausheilen (vgl. Schönberger/Mehrtens/Valentin, Arbeitsunfall und Berufskrankheit, 8. Aufl., S. 472). Ebenso verhält es sich mit der Schädelprellung. Die Bewertung von Dr. B. kann in Übereinstimmung mit den Ausführungen von Dr. K. auch deshalb nicht überzeugen, da sie in dem sehr ausführlichen Gutachten Beschwerden und Befunde miteinander verwechselt bzw. Beschwerden zu Befunden umfunktioniert und den von ihr angenommenen Unfallzusammenhang nicht plausibel begründet. Dadurch wird der gesamte Aussagewert erheblich geschmälert. Das Gutachten von Dr. W. vom 06.02.2016, das im Rahmen der zivilgerichtlichen Auseinandersetzung erstellt worden war, kann in diesem Zusammenhang zu keiner anderen Bewertung führen. Dr. W. bejaht unter Verweis auf das Gutachten von Dr. B. ebenfalls einen Unfallzusammenhang; allerdings begründet er dies lediglich mit dem zeitlichen Zusammenhang, was - wie bereits ausgeführt - für die Anerkennung eines Kausalzusammenhangs im Rahmen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht ausreicht.
Im Ergebnis steht zur Überzeugung des Gerichts zweifelsfrei fest, dass es anlässlich des angeschuldigten Ereignisses zu einer linksseitigen Schädelprellung, Prellungen beider Kniegelenke sowie des linken Ellenbogens, als auch zu einer leichten Distorsion der Halswirbelsäule bei vorbestehendem HWS-Syndrom gekommen ist, die in einem Zeitraum von vier Wochen folgenlos ausgeheilt sind. Eine unfallbedingte Minderung der Erwerbsfähigkeit hat zu keinem Zeitpunkt vorgelegen.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 183, 193 Sozialgerichtsgesetz.