Sozialgericht Köln Beschluss, 23. Juni 2016 - S 8 R 781/16 ER
Tenor
Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17.12.2015 gegen den Bescheid vom 30.11.2015 wird angeordnet.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 57.359,53 Euro festgesetzt.
1
Gründe I:
2Die Antragstellerin begehrt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung ihres Widerspruchs gegen einen Betriebsprüfungsbescheid der Antragsgegnerin, mit dem diese sie auf Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen und Säumniszuschlägen in Höhe von 229.438,11 Euro in Anspruch nimmt.
3Die Antragstellerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), deren Stammkapital 100.000 Euro beträgt. Die Geschwister L2 und L3 und die Beigeladene halten seit 2004 jeweils 50 % der Geschäftsanteile. Die Beigeladene war vom 12.01.2000 bis zum 16.03.2006 (Veröffentlichung des Gesellschafter-Beschlusses vom 15.02.2006 im Handelsregister) Geschäftsführerin zunächst neben ihrem Vater, dann neben ihrem Bruder. Seit dem 15.02.2006 ist der Bruder L3 alleiniger Geschäftsführer. Die Beigeladene ist mit Anstellungsvertrag vom 15.02.2006 als Marketing-Direktorin angestellt worden. In diesem heißt es auszugsweise:
4„§ 2
5Die Angestellte führt nach ihrer Abberufung als Geschäftsführerin und ohne zeitliche Unterbrechung ihre bisherigen Tätigkeiten als festangestellte Mitarbeiterin fort.
6§ 3
7Die Angestellte erhält ein Gehalt in Höhe von 2.500,00 Euro. (…)
8Das Urlaubsgeld wird im Monat Juni, das Weihnachtsgeld wird im Monat November gezahlt. Es beträgt jeweils 50 % vom Grundgehalt.
9§ 4
10In Krankheitsfällen wird das Gehalt nur bis zur Dauer von sechs Wochen weitergezahlt. Im Krankheitsfall hat die Angestellte möglichst am ersten Krankheitstage bis um 12.00 Uhr den Arbeitgeber zu benachrichtigen. (…)
11§ 5
12Der Urlaub beträgt 30 Tage bei einer Arbeitswoche von fünf Tagen. (…)
13§ 8
14Das Arbeitsverhältnis kann von beiden Seiten unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist zum 15. Oder zum Ende eines Kalendermonats gekündigt werden.“
15Mit Beschluss der Gesellschafterversammlung vom 15.02.2006 wurde die Dienstaufsicht für die Beigeladene der Gesellschafterversammlung übertragen.
16Die Antragsgegnerin hatte bereits in den Jahren 2007 und 2011 bei der Antragstellerin Betriebsprüfungen nach § 28p Abs. 1 SGB VI durchgeführt für die Zeiträume 2003 bis 2006 und 2007 bis 2010 und hierbei keine Sozialversicherungspflicht der Beigeladenen festgestellt (Prüfbericht vom 27.07.2007).
17In der Zeit vom 17.03. bis 05.10.2015 führte die Antragsgegnerin bei der Antragstellerin eine Betriebsprüfung für den Prüfzeitraum 01.11.2011 bis 31.12.2014 durch und forderte nach Anhörung mit Bescheid vom 30.11.2015 Nachzahlungen von insgesamt 229.438,11 Euro inklusive Säumniszuschläge nach § 24 Abs. 1 SGB IV in Höhe von 85.238,50 Euro. Dies bezog sich auf den Zeitraum ab dem 15.02.2006.
18In der Begründung des Bescheids wurde ausgeführt, dass die Beigeladene als versicherungsfreie Gesellschafter-Geschäftsführerin abgerechnet werde, obwohl keine Geschäftsführer-Eigenschaft vorliege. Es sei von grober Fahrlässigkeit auszugehen, da in den vorhergehenden Prüfungen falsche Aussagen zu den Gesellschaftsverhältnissen gemacht, die in die jeweiligen Beschlüsse übernommen worden seien. Die Beigeladene sei abhängig beschäftigt. Die Kapitalbeteiligung von 50 % schließe ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis jedenfalls bei fehlender Geschäftsführer-Eigenschaft nicht von vornherein aus.
19Mit Schreiben vom 17.12.2015 erhob die Antragstellerin Widerspruch und stellte einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung. Diesem gab die Antragsgegnerin mit Schreiben vom 27.01.2016 zunächst statt, da nachgewiesen sei, dass durch die Vollziehung eine unbillige Härte entstehe. Mit Schreiben vom 18.05.2016 widerrief die Antragsgegnerin den Bescheid über die Aussetzung der Vollziehung und teilte mit, dass der Widerspruch als Stundungsantrag bearbeitet werde. Hierzu ist ein Eilverfahren S 26 KR 1256716 ER anhängig. Das Widerspruchsverfahren gegen den Bescheid vom 30.11.2015 ist nach Mitteilung der Antragsgegnerin bis zur Entscheidung des hiesigen Verfahrens ausgesetzt.
20Die Antragstellerin erstrebt mit ihrem Antrag vom 10.06.2016 gerichtlichen Eilrechtsschutz und ist der Auffassung, dass die Beigeladene aufgrund ihrer Rechtsmacht innerhalb der Gesellschaft nicht als Angestellte angesehen werden könne. Neben der Beteiligung in Höhe von 50 % obliege die Dienstaufsicht der Gesellschafterversammlung und es bestehe eine umfassende Handlungsvollmacht. Sie könne damit Einzelanweisungen an sie jederzeit verhindern. Jedenfalls die tatsächlichen Verhältnisse ließen erkennen, dass keine persönliche Abhängigkeit, sondern eine Gleichberechtigung gegenüber ihrem Bruder vorliege und sie wie eine Geschäftsführerin agiere. Die Information, dass die Beigeladene nicht mehr Geschäftsführerin war, habe bereits bei den vorangegangenen Prüfungen vorgelegen. Die Antragstellerin nehme Vertrauensschutz in Anspruch, da sich an Art und Umfang der Tätigkeit der Beigeladenen faktisch nichts geändert habe. Die Voraussetzungen des § 45 SGB X lägen damit nicht vor. Vorsatz liege ebenfalls nicht vor, so dass die Einrede der Verjährung geltend gemacht werde. Ein Sofortvollzug des Bescheids würde dazu führen, dass Insolvenz angemeldet werden müsse. Auf das Schreiben des Steuerberaters vom 22.01.2016 wird verwiesen.
21Die Antragstellerin beantragt,
22die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 17.12.2015 gegen den Bescheid vom 30.11.2015 anzuordnen und die Wiederherstellung der Aussetzung der sofortigen Vollziehung anzuordnen.
23Die Antragsgegnerin beantragt,
24den Antrag abzulehnen.
25Nach der Abberufung als Geschäftsführerin mit Gesellschaftsbeschluss vom 15.02.2006 hätte die Antragstellerin ein Statusfeststellungsverfahren nach § 71 SGB IV veranlassen können. Dass hiermit ein Statuswechsel einhergehen könne, liege auf der Hand. Eine Rechtsmacht, mit der die Beigeladene maßgeblichen Einfluss auf die Gesellschaft ausüben und gegen sie gerichtete Beschlüsse verhindern könne, sei nicht erkennbar. Der bloße Hinweis auf eine drohende Insolvenz reiche zur Geltendmachung einer unbilligen Härte nicht aus, im Gegenteil bestehe dann ein besonderes Interesse des Antragsgegners an der Geltendmachung seiner Forderung. Es verbleibe lediglich die Möglichkeit eines Stundungsantrags.
26Gründe II:
27Der zulässige Antrag ist begründet.
28Gem. § 86b Abs. 1 S. 1 Nr. 2 SGG kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen. Mit dem Bescheid vom 30.11.2015 ist über Beitragspflichten im Sinne von § 86a Abs. 2 Nr. 1 Sozialgerichtsgesetz entschieden worden, so dass der Widerspruch keine aufschiebende Wirkung hat. Mit Anordnung der aufschiebenden Wirkung ist der Bescheid nicht vollziehbar mit der Folge, dass die Nachforderung vorerst nicht zu erbringen ist.
29Ob die aufschiebende Wirkung anzuordnen ist, richtet sich nach einer Abwägung zwischen dem öffentlichen Interesse an der sofortigen Vollziehung des Aufhebungsbescheids und dem Interesse des Antragstellers an der Aussetzung der Vollziehung. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtswidrig, so geht die Interessenabwägung in der Regel zu Gunsten des Hilfeempfängers aus und die aufschiebende Wirkung ist anzuordnen. Ist der Verwaltungsakt offensichtlich rechtmäßig, so ist in der Regel davon auszugehen, dass das öffentliche Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts überwiegt und deren Aussetzung nicht anzuordnen ist. Bei offenem Ausgang des Hauptsacheverfahrens hat das Gericht das vom Gesetzgeber generell angenommene oder im Einzelfall konkret bestehende Sofortvollzugsinteresse und das individuelle Suspensivinteresse gegeneinander abzuwägen. Überwiegt das Suspensivinteresse, was in entsprechender Anwendung von § 86a Abs. 3 Satz 2 SGG auch der Fall ist, wenn der Sofortvollzug für den Betroffenen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte, ist die aufschiebende Wirkung anzuordnen; übersteigt das Suspensivinteresse das öffentlich Vollzugsinteresse nicht, hat es bei der gesetzlich angeordneten sofortigen Vollziehbarkeit des Verwaltungsakts zu bleiben.
30Unter Berücksichtigung dieser Maßgaben konnte dem Antrag stattgegeben werden, denn nach der gebotenen summarischen Prüfung ist gegenwärtig mit überwiegender Wahrscheinlichkeit davon auszugehen, dass sich der angefochtene Bescheid im Hauptsacheverfahren als rechtswidrig erweisen wird. Denn nach gegenwärtigem Erkenntnisstand sprechen überwiegende Gesichtspunkte dafür, dass die Nachforderung der Beiträge rechtswidrig ist.
31Die Tätigkeit der Beigeladenen ist bei summarischer Prüfung auch nach dem 15.02.2006 nicht als abhängige Beschäftigung mit Versicherungspflicht in allen Zweigen der Sozialversicherung anzusehen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (BSG, Urteil vom 22. Juni 2005 - B 12 KR 28/03 R m.w.N.). Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R).
32Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt, ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist. Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht der nur formellen Vereinbarung vor, soweit eine - formlose - Abbedingung rechtlich möglich ist. Umgekehrt gilt, dass die Nichtausübung eines Rechts unbeachtlich ist, solange diese Rechtsposition nicht wirksam abbedungen ist. Zu den tatsächlichen Verhältnissen in diesem Sinne gehört daher unabhängig von ihrer Ausübung auch die einem Beteiligten zustehende Rechtsmacht (BSG, Urteil vom 08. August 1990 - 11 RAr 77/89; Urteil vom 08. Dezember 1994 - 11 RAr 49/94). In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen abweichen (BSG, Urteil vom 01. Dezember 1977; Urteil vom 10. August 2000 - B 12 KR 21/98 jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist (vgl. hierzu insgesamt BSG, Urteil vom 24. Januar 2007 - B 12 KR 31/06 R).
33Ausgangspunkt der Prüfung sind die vertraglichen Abreden. Liegen schriftliche Vereinbarungen vor, so sind deren Ernsthaftigkeit und Vereinbarkeit mit zwingendem Recht zu prüfen. Ergänzend ist zu prüfen, ob mündliche oder konkludente Änderungen erfolgt sind. Die tatsächlichen Verhältnisse geben nur im Rahmen des rechtlich Zulässigen den Ausschlag (BSG vom Urteil vom 29.08.2012, B 12 R 25/10 R, Rn. 16).
34Danach ist hier zwar festzustellen, dass der „Anstellungsvertrag“ vom 15.02.2006 alle Merkmale eines Arbeitsvertrags aufweist und auch die entsprechenden Termini verwendet. Jedoch dürfte aufgrund der gesellschaftsrechtlichen Umstände eine Weisungsgebundenheit der Beigeladenen nicht bestehen. Die Beigeladene verfügt aufgrund der Gesellschaftsanteile in Höhe von 50 % über die Rechtsmacht, ihr nicht genehme Weisungen zu verhindern. Zwar ist grundsätzlich die Dienstaufsicht und das Weisungsrecht über die Arbeitnehmer der GmbH Sache der laufenden Geschäftsführung und nicht der Gesellschafterversammlung. Jedoch liegt hier mit Beschluss der Gesellschafter-Versammlung vom 15.02.2006 eine abweichende Vereinbarung vor, nach der die Dienstaufsicht für die Beigeladene der Gesellschafterversammlung unterliegt und nicht der Geschäftsführung. Für eine einfache Mehrheit ist die Zustimmung der Beigeladenen erforderlich, so dass Weisungsgebundenheit nicht vorliegt.
35Einer Wiederherstellung der behördlichen Aussetzung der Vollziehung bedarf es nicht.
36Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 197a Abs. 1 Satz 1 SGG, 154 Abs. 1 VwGO. Das Gericht hat aufgrund des identischen Begehrens darauf verzichtet, die Antragstellerin aufgrund des – unzulässigen - Antrags zu 2) an den Gerichtskosten zu beteiligen. Die Festsetzung des Streitwerts folgt auch §§ 197a SGG, 52, 53 Gerichtskostengesetz und berücksichtigt, dass in Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes, die Beitragsstreitigkeiten betreffen, nur ein Viertel des Hauptsachestreitwertes anzusetzen ist.
37Rechtsmittelbelehrung:
38Gegen diesen Beschluss kann binnen eines Monats nach Bekanntgabe Beschwerde bei dem
39Sozialgericht Köln,
40An den Dominikanern 2,
4150668 Köln,
42schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt werden. Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem
43Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen,
44Zweigertstraße 54,
4545130 Essen
46schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.
47Die Einreichung in elektronischer Form erfolgt durch die Übertragung des elektronischen Dokuments in die elektronische Poststelle. Diese ist über die Internetseite www.sg-koeln.nrw.de erreichbar. Die elektronische Form wird nur gewahrt durch eine qualifiziert signierte Datei, die den Maßgaben der Verordnung über den elektronischen Rechtsverkehr bei den Sozialgerichten im Lande Nordrhein-Westfalen (ERVVO sg) vom 07.11.2012 (GV.NRW, 551) entspricht. Hierzu sind die elektronischen Dokumente mit einer qualifizierten Signatur nach § 2 Nummer 3 des Signaturgesetzes vom 16.05.2001 (BGBl. I, 876) in der jeweils geltenden Fassung zu versehen. Die qualifizierte elektronische Signatur und das ihr zugrunde liegende Zertifikat müssen durch das Gericht überprüfbar sein. Auf der Internetseite www.justiz.nrw.de sind die Bearbeitungsvoraussetzungen bekanntgegeben.
48Dupont
49Richterin am Sozialgericht
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(1) Für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, ist für jeden angefangenen Monat der Säumnis ein Säumniszuschlag von 1 Prozent des rückständigen, auf 50 Euro nach unten abgerundeten Betrages zu zahlen. Eine jeweils gesonderte Abrundung rückständiger Beiträge und Beitragsvorschüsse unterschiedlicher Fälligkeit ohne vorherige Addition ist zulässig. Bei einem rückständigen Betrag unter 150 Euro ist der Säumniszuschlag nicht zu erheben, wenn dieser gesondert anzufordern wäre. Für die Erhebung von Säumniszuschlägen in der gesetzlichen Unfallversicherung gilt § 169 des Siebten Buches.
(1a) (weggefallen)
(2) Wird eine Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt, ist ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
(3) Hat der Zahlungspflichtige ein Lastschriftmandat zum Einzug der Beiträge erteilt, so sind Säumniszuschläge zu erheben, wenn der Beitragseinzug aus Gründen, die vom Zahlungspflichtigen zu vertreten sind, nicht ausgeführt werden kann oder zurückgerufen wird. Zusätzlich zum Säumniszuschlag soll der Gläubiger vom Zahlungspflichtigen den Ersatz der von einem Geldinstitut erhobenen Entgelte für Rücklastschriften verlangen; dieser Kostenersatz ist wie die Gebühren, die im Zusammenhang mit der Durchsetzung von Beitragsansprüchen erhoben werden, zu behandeln.
(1) Soweit ein Verwaltungsakt, der ein Recht oder einen rechtlich erheblichen Vorteil begründet oder bestätigt hat (begünstigender Verwaltungsakt), rechtswidrig ist, darf er, auch nachdem er unanfechtbar geworden ist, nur unter den Einschränkungen der Absätze 2 bis 4 ganz oder teilweise mit Wirkung für die Zukunft oder für die Vergangenheit zurückgenommen werden.
(2) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt darf nicht zurückgenommen werden, soweit der Begünstigte auf den Bestand des Verwaltungsaktes vertraut hat und sein Vertrauen unter Abwägung mit dem öffentlichen Interesse an einer Rücknahme schutzwürdig ist. Das Vertrauen ist in der Regel schutzwürdig, wenn der Begünstigte erbrachte Leistungen verbraucht oder eine Vermögensdisposition getroffen hat, die er nicht mehr oder nur unter unzumutbaren Nachteilen rückgängig machen kann. Auf Vertrauen kann sich der Begünstigte nicht berufen, soweit
- 1.
er den Verwaltungsakt durch arglistige Täuschung, Drohung oder Bestechung erwirkt hat, - 2.
der Verwaltungsakt auf Angaben beruht, die der Begünstigte vorsätzlich oder grob fahrlässig in wesentlicher Beziehung unrichtig oder unvollständig gemacht hat, oder - 3.
er die Rechtswidrigkeit des Verwaltungsaktes kannte oder infolge grober Fahrlässigkeit nicht kannte; grobe Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der Begünstigte die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat.
(3) Ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung kann nach Absatz 2 nur bis zum Ablauf von zwei Jahren nach seiner Bekanntgabe zurückgenommen werden. Satz 1 gilt nicht, wenn Wiederaufnahmegründe entsprechend § 580 der Zivilprozessordnung vorliegen. Bis zum Ablauf von zehn Jahren nach seiner Bekanntgabe kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt mit Dauerwirkung nach Absatz 2 zurückgenommen werden, wenn
- 1.
die Voraussetzungen des Absatzes 2 Satz 3 Nr. 2 oder 3 gegeben sind oder - 2.
der Verwaltungsakt mit einem zulässigen Vorbehalt des Widerrufs erlassen wurde.
(4) Nur in den Fällen von Absatz 2 Satz 3 und Absatz 3 Satz 2 wird der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Vergangenheit zurückgenommen. Die Behörde muss dies innerhalb eines Jahres seit Kenntnis der Tatsachen tun, welche die Rücknahme eines rechtswidrigen begünstigenden Verwaltungsaktes für die Vergangenheit rechtfertigen.
(5) § 44 Abs. 3 gilt entsprechend.
(1) Der Haushaltsplan der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See ist getrennt nach knappschaftlicher Krankenversicherung, knappschaftlicher Pflegeversicherung, knappschaftlicher Rentenversicherung und allgemeiner Rentenversicherung aufzustellen. Hierbei gelten Verwaltungsausgaben der knappschaftlichen Krankenversicherung und der allgemeinen Rentenversicherung als Verwaltungsausgaben der knappschaftlichen Rentenversicherung. Die Abstimmung nach § 220 Absatz 3 des Sechsten Buches bleibt unberührt.
(2) Die knappschaftliche Krankenversicherung und die allgemeine Rentenversicherung haben der knappschaftlichen Rentenversicherung die Verwaltungsausgaben ihrer Eigeneinrichtungen sowie die nach einem von der Aufsichtsbehörde zu genehmigenden Schlüssel auf sie entfallenden Verwaltungsausgaben zu erstatten.
(3) Der Haushaltsplan bedarf der Genehmigung durch die Bundesregierung. Er soll so rechtzeitig festgestellt werden, dass er bis zum 1. November vor Beginn des Kalenderjahrs, für das er gelten soll, der Bundesregierung vorgelegt werden kann. Diese kann die Genehmigung auch für einzelne Ansätze versagen, wenn der Haushaltsplan gegen Gesetz oder sonstiges für den Versicherungsträger maßgebendes Recht verstößt oder die Leistungsfähigkeit der Deutschen Rentenversicherung Knappschaft-Bahn-See zur Erfüllung ihrer Verpflichtungen gefährdet oder wenn bei Ansätzen für die knappschaftliche oder allgemeine Rentenversicherung die Bewertungs- oder Bewirtschaftungsmaßstäbe des Bundes nicht beachtet sind.
(1) Das Gericht der Hauptsache kann auf Antrag
- 1.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage aufschiebende Wirkung haben, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise anordnen, - 2.
in den Fällen, in denen Widerspruch oder Anfechtungsklage keine aufschiebende Wirkung haben, die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen, - 3.
in den Fällen des § 86a Abs. 3 die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise wiederherstellen.
(2) Soweit ein Fall des Absatzes 1 nicht vorliegt, kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag eine einstweilige Anordnung in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des bestehenden Zustands die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich erschwert werden könnte. Einstweilige Anordnungen sind auch zur Regelung eines vorläufigen Zustands in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Das Gericht der Hauptsache ist das Gericht des ersten Rechtszugs und, wenn die Hauptsache im Berufungsverfahren anhängig ist, das Berufungsgericht. Die §§ 920, 921, 923, 926, 928, 929 Absatz 1 und 3, die §§ 930 bis 932, 938, 939 und 945 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.
(3) Die Anträge nach den Absätzen 1 und 2 sind schon vor Klageerhebung zulässig.
(4) Das Gericht entscheidet durch Beschluss.
(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Drittwirkung.
(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt
- 1.
bei der Entscheidung über Versicherungs-, Beitrags- und Umlagepflichten sowie der Anforderung von Beiträgen, Umlagen und sonstigen öffentlichen Abgaben einschließlich der darauf entfallenden Nebenkosten, - 2.
in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts und der Bundesagentur für Arbeit bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung entziehen oder herabsetzen, - 3.
für die Anfechtungsklage in Angelegenheiten der Sozialversicherung bei Verwaltungsakten, die eine laufende Leistung herabsetzen oder entziehen, - 4.
in anderen durch Bundesgesetz vorgeschriebenen Fällen, - 5.
in Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten ist und die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung mit schriftlicher Begründung des besonderen Interesses an der sofortigen Vollziehung anordnet.
(3) In den Fällen des Absatzes 2 kann die Stelle, die den Verwaltungsakt erlassen oder die über den Widerspruch zu entscheiden hat, die sofortige Vollziehung ganz oder teilweise aussetzen. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 1 soll die Aussetzung der Vollziehung erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsaktes bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte. In den Fällen des Absatzes 2 Nr. 2 ist in Angelegenheiten des sozialen Entschädigungsrechts die nächsthöhere Behörde zuständig, es sei denn, diese ist eine oberste Bundes- oder eine oberste Landesbehörde. Die Entscheidung kann mit Auflagen versehen oder befristet werden. Die Stelle kann die Entscheidung jederzeit ändern oder aufheben.
(4) Die aufschiebende Wirkung entfällt, wenn eine Erlaubnis nach Artikel 1 § 1 des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes in der Fassung der Bekanntmachung vom 3. Februar 1995 (BGBl. I S. 158), das zuletzt durch Artikel 2 des Gesetzes vom 23. Juli 2001 (BGBl. I S. 1852) geändert worden ist, aufgehoben oder nicht verlängert wird. Absatz 3 gilt entsprechend.
(1) Beschäftigung ist die nichtselbständige Arbeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis. Anhaltspunkte für eine Beschäftigung sind eine Tätigkeit nach Weisungen und eine Eingliederung in die Arbeitsorganisation des Weisungsgebers.
(1a) Eine Beschäftigung besteht auch in Zeiten der Freistellung von der Arbeitsleistung von mehr als einem Monat, wenn
- 1.
während der Freistellung Arbeitsentgelt aus einem Wertguthaben nach § 7b fällig ist und - 2.
das monatlich fällige Arbeitsentgelt in der Zeit der Freistellung nicht unangemessen von dem für die vorausgegangenen zwölf Kalendermonate abweicht, in denen Arbeitsentgelt bezogen wurde.
(1b) Die Möglichkeit eines Arbeitnehmers zur Vereinbarung flexibler Arbeitszeiten gilt nicht als eine die Kündigung des Arbeitsverhältnisses durch den Arbeitgeber begründende Tatsache im Sinne des § 1 Absatz 2 Satz 1 des Kündigungsschutzgesetzes.
(2) Als Beschäftigung gilt auch der Erwerb beruflicher Kenntnisse, Fertigkeiten oder Erfahrungen im Rahmen betrieblicher Berufsbildung.
(3) Eine Beschäftigung gegen Arbeitsentgelt gilt als fortbestehend, solange das Beschäftigungsverhältnis ohne Anspruch auf Arbeitsentgelt fortdauert, jedoch nicht länger als einen Monat. Eine Beschäftigung gilt auch als fortbestehend, wenn Arbeitsentgelt aus einem der Deutschen Rentenversicherung Bund übertragenen Wertguthaben bezogen wird. Satz 1 gilt nicht, wenn Krankengeld, Krankentagegeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld, Übergangsgeld, Pflegeunterstützungsgeld oder Mutterschaftsgeld oder nach gesetzlichen Vorschriften Erziehungsgeld oder Elterngeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen oder Wehrdienst oder Zivildienst geleistet wird. Satz 1 gilt auch nicht für die Freistellung nach § 3 des Pflegezeitgesetzes.
(4) Beschäftigt ein Arbeitgeber einen Ausländer ohne die nach § 284 Absatz 1 des Dritten Buches erforderliche Genehmigung oder ohne die nach § 4a Absatz 5 des Aufenthaltsgesetzes erforderliche Berechtigung zur Erwerbstätigkeit, wird vermutet, dass ein Beschäftigungsverhältnis gegen Arbeitsentgelt für den Zeitraum von drei Monaten bestanden hat.
(1) Gehört in einem Rechtszug weder der Kläger noch der Beklagte zu den in § 183 genannten Personen oder handelt es sich um ein Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2), werden Kosten nach den Vorschriften des Gerichtskostengesetzes erhoben; die §§ 184 bis 195 finden keine Anwendung; die §§ 154 bis 162 der Verwaltungsgerichtsordnung sind entsprechend anzuwenden. Wird die Klage zurückgenommen, findet § 161 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung keine Anwendung.
(2) Dem Beigeladenen werden die Kosten außer in den Fällen des § 154 Abs. 3 der Verwaltungsgerichtsordnung auch auferlegt, soweit er verurteilt wird (§ 75 Abs. 5). Ist eine der in § 183 genannten Personen beigeladen, können dieser Kosten nur unter den Voraussetzungen von § 192 auferlegt werden. Aufwendungen des Beigeladenen werden unter den Voraussetzungen des § 191 vergütet; sie gehören nicht zu den Gerichtskosten.
(3) Die Absätze 1 und 2 gelten auch für Träger der Sozialhilfe einschließlich der Leistungen nach Teil 2 des Neunten Buches Sozialgesetzbuch, soweit sie an Erstattungsstreitigkeiten mit anderen Trägern beteiligt sind.