| |
|
Die Klage ist form- und fristgerecht erhoben. Sie ist auch im Übrigen zulässig und als kombinierte Anfechtungs- und Leistungsklage gem. § 54 Abs. 4 des Sozialgerichtsgesetzes (SGG) statthaft. Die Klage ist aber nicht begründet. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf höheres Elterngeld für ihren Sohn.
|
|
|
Die Beklagte hat das Elterngeld ausgehend von zutreffenden tatsächlichen Grundlagen und unter Anwendung der maßgeblichen Vorschriften des BEEG nach dem Gesetzeswortlaut berechnet und gewährt. Dies wird auch von der Klägerin nicht in Abrede gestellt. Insoweit folgt das Ge-richt nach eigener Überprüfung der Sach- und Rechtslage den zutreffenden Ausführungen in der Begründung des angefochtenen Bescheides vom 30.4.2007 und insbesondere des Widerspruchsbescheids vom 1.10.2007. Hinsichtlich dieses Teils der Begründung wird daher auf den angefochtenen Bescheid verwiesen und gemäß § 136 Abs. 3 SGG von einer weiteren Darstellung der Entscheidungsgründe abgesehen.
|
|
|
Hieraus folgt jedoch nicht bereits die Rechtmäßigkeit des angefochtenen Bescheides. Die Kam-mer hatte darüber hinaus zum einen zu prüfen, ob das BEEG, insbesondere dessen § 2 Abs. 7 Satz 5, abweichend von dem sich aufdrängenden Verständnis des Wortlauts auszulegen ist. So hat etwa das Sozialgericht Würzburg erwogen, im Wege verfassungskonformer Auslegung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG das erste Lebensjahr eines älteren Geschwisterkindes unabhängig vom Elterngeldbezug für dieses Kind als Verlängerungstatbestand heranzuziehen (Urt. v. 28.3.2008, Az.: S 4 EG 17/07, veröff. in www.sozialgerichtsbarkeit.de > Entscheidungen). Zum anderen kam die von der Klägerin begehrte analoge, d. h. entsprechende, Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG in Betracht.
|
|
|
Entgegen der vom Sozialgericht Würzburg (a. a. O.) geäußerten Auffassung ist die von der Beklagten angewendete, dem naheliegendsten Wortlaut entsprechende Auslegung der Berech-nungsvorschriften des § 2 BEEG die allein zutreffende. Dies zeigt bereits abschließend die sprachlich-grammatikalische Auslegung. Bei dem u. a. in § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG verwendeten Terminus Elterngeld handelt es sich um einen Rechtsbegriff, der in diesem Gesetz, durch das die mit diesem Begriff bezeichnete Sozialleistung eingeführt wurde, erstmals überhaupt verwendet wird. Bis zum Beginn der zu diesem Gesetz führenden politischen Diskussion war der Begriff Elterngeld weder im allgemeinen noch im wissenschaftlichen Sprachgebrauch verankert. Auch in Nachschlagewerken des gesamten deutschen Sprachraums (Lexika, Wörterbücher) taucht er nach Stichproben des Kammervorsitzenden vor Beginn der zum BEEG führenden Beratungen nicht auf. Der Begriff wurde somit von den am Gesetzgebungsprozess Beteiligten wesentlich geprägt. Das aus diesem Prozess resultierende Gesetz definiert, was "Elterngeld" ist. Diese Definition ist - da der Gesetzgeber anders als etwa beim privatrechtlichen Rechtsbegriff "Sache" nicht auf einen im allgemeinen Sprachgebrauch bereits vorhandenen Begriff zurückgreift und anders als etwa beim Begriff "Verwaltungsakt" sich eine von der gesetzgeberischen Definition abweichende umgangssprachliche Wortbedeutung noch nicht gebildet hat - die nicht nur für den juristischen Sprachgebrauch, sondern zugleich für den allgemeinen einzig verbindliche. Damit stellt derzeit die gesetzgeberische Definition des Begriffs Elterngeld zugleich die Grenze seines juristisch und umgangssprachlich noch möglichen Bedeutungsgehalts dar. Der mögliche Wortsinn ist nach zutreffender Auffassung aber zugleich die Grenze der Auslegung, jenseits der die Rechtsfortbildung beginnt (vgl. u. a. Gern, Die Rangfolge der Auslegungsmethoden von Rechtsnormen, Verwaltungsarchiv 80 (1989), S. 415 ff., 432). Deshalb ist nach Überzeugung der Kammer die vom Sozialgericht Würzburg angeregte verfassungskonforme Auslegung (unabhängig davon, ob eine derartige Anwendung des Rechts von Verfassungs wegen geboten ist) bereits wegen Überschreitens des noch möglichen Wortsinns nicht möglich. Selbst wenn man dies anders sehen sollte, sprechen im übrigen die sogleich im Zusammenhang mit der Analogie zu Diskutierenden übrigen Auslegungsgesichtspunkte entscheidend für die Richtigkeit der wortlautgetreuen Auslegung.
|
|
|
§ 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG ist nämlich auch nicht analog zugunsten der Klägerin anzuwenden.
|
|
|
Voraussetzungen einer derartigen analogen Anwendung wären das Vorliegen einer Unvoll-ständigkeit des Gesetzes (Regelungslücke), die Planwidrigkeit dieser Unvollständigkeit sowie die Übereinstimmung der Interessenlagen in dem gesetzlich nicht geregelten Fall und den von der analog anzuwendenden Rechtsnorm geregelten Fällen. Die Planwidrigkeit der Regelungslücke sowie die Vergleichbarkeit des gesetzlich geregelten Falles mit dem nicht geregelten - also die Eignung der heranzuziehenden Rechtsnorm zur Ausfüllung der Lücke - sind wertend unter erneuter Berücksichtigung der anerkannten Kriterien der Normauslegung festzustellen, wobei die Identität der Kriterien eine Wechselwirkung zwischen Feststellung und Schließung der planwidrigen Gesetzeslücke zur Folge hat. (vgl. etwa Larenz, Methodenlehre der Rechtswissenschaft, 6. A. 1991, S. 370 ff.; Canaris, die Feststellung von Lücken im Gesetz, 2. A. 1983, S. 16 ff., 134 ff.).
|
|
|
Diese Voraussetzungen sind nicht erfüllt. Zwar lässt sich eine Regelungslücke feststellen, da im BEEG nicht ausdrücklich geregelt ist, wie bei der Berechnung des Elterngeldes zu verfahren ist, wenn im Regelbemessungszeitraum von zwölf Monaten vor dem Geburtsmonat Zeiten liegen, in denen für ein älteres Kind Bundeserziehungsgeld bezogen oder Elternzeit in Anspruch genommen wurde. Diese Lücke ist nach Überzeugung des Gerichts aber weder planwidrig, noch ist es interessengerecht, die Lücke durch entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG zu schließen.
|
|
|
Gegen die Planwidrigkeit spricht indiziell bereits der Wortlaut von § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG, der - wie dargelegt - eindeutig ist und auf den gerade durch das BEEG erstmals gesetzgeberisch verwendeten und definierten Begriff des Elterngeldes Bezug nimmt. Gegen die Planwidrigkeit sprechen aber auch historische, systematische und teleologische (d. h. am Gesetzeszweck orientierte) Überlegungen.
|
|
|
So sah § 2 Abs. 4 des ursprünglichen Gesetzentwurfs der Regierungsfraktionen (BT-Drs. 16/1889) zum Ausgleich etwaiger Einkommensnachteile durch die Erziehung eines oder mehrerer jüngerer Geschwister in sog. Mehrkindfamilien noch eine einheitliche Zuschlagsregelung unter der Voraussetzung vor, dass zwischen den Geburten nicht mehr als 24 Monate vergangen sind. Die Berechnung des Zuschlags knüpfte zwar an die Höhe des für das ältere Kind bezogenen Elterngeldes an (Sätze 1 und 2 a. a. O.). Der Gesetzentwurf enthielt aber in § 2 Abs. 4 Sätze 3 und 4 die ausdrückliche Anordnung einer entsprechenden Anwendung der Zuschlagsregelung u. a. für den Fall, dass für das ältere Kind wegen Geburt vor dem 1. Januar 2007 kein Elterngeld bezogen wurde. Damit sollte nach der Begründung des Gesetzentwurfs eine Ungleichbehandlung von Eltern verhindert werden, deren älteres Kind bzw. ältere Kinder vor dem Inkrafttreten des BEEG geboren wurde bzw. wurden (BT-Drs. 16/1889, S. 44). Die ursprünglich beabsichtigte Regelung und ihre Begründung zeigen bereits, dass dem Gesetzgeber die Übergangsproblematik von Mehrkindfamilien mit vor dem Stichtag geborenen älteren Geschwistern von Anfang an ebenso bewusst war wie die von Eltern, die für ihre älteren Kinder aus anderen Gründen kein Elterngeld bezogen haben.
|
|
|
Der Gesetzentwurf hat im weiteren Verfahren hinsichtlich dieser Regelung aus zwei gegensätzlichen Richtungen Kritik erfahren. Einerseits wurde bemängelt, dass der Zuschlagszeitraum mit 24 Monaten kürzer als die mögliche Elternzeit von 36 Monaten angesetzt war (so etwa wie Stellungnahmen des Prof. Dr. Seiler und des Familienbundes der Katholiken gegenüber dem Bundestagsausschuss für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, Ausschuss-Drs. 16(13)81g bzw. 16(13)81i, im Internet u. a. veröffentlicht unter http://www.aus-portal.de/aktuell/gesetze/01/ index_8126.htm). Dieser Kritik wurde im später verabschiedeten Gesetz durch den Geschwister-bonus des § 2 Abs. 4 BEEG Rechnung getragen, der tatbestandlich allein an das Lebensalter des oder der Geschwister anknüpft und sich an der Elternzeit orientiert. Im Gegensatz zu § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG kommt es in diesem Zusammenhang weder auf den Bezug von Elterngeld noch auf die Frage an, ob das ältere Kind vor oder nach dem Stichtag geboren wurde. Dementsprechend wurde auch der Klägerin dieser Geschwisterbonus mit dem angefochtenen Bescheid gewährt. Zum anderen wurde der ursprünglichen Geschwisterzuschlagsregelung vorgehalten, sie sei zu kompliziert und verwirkliche dabei nicht optimal den Zweck, die bei schneller Geburtenfolge durch Elterngeldbezug im Bemessungszeitraum drohenden Nachteile in der Leistungshöhe auszugleichen. So führe einerseits die Zuschlagsregelung der Höhe nach nicht zu einer vollen Angleichung an das vor der Geburt des älteren Kindes bezogene Erwerbseinkommen, andererseits sei der Zeitraum von 24 Monaten unnötig lang und erhöhe so gegen den Gesetzeszweck die Attraktivität eines langfristigen Ausstiegs aus dem Berufsleben (vgl. etwa die Äußerungen der Dr. Fuchsloch für den Deutschen Juristinnenbund, Ausschuss-Drs. 16(13)81e und Wortprotokoll des Ausschusses vom 3.7.2006, Protokoll-Nr. 16/16, S. 32 ff., a. a. O. sowie die Begründung des Änderungsantrags der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen, BT-Drs. 16/2785, S. 35). Diesen Bedenken hat der Gesetzgeber durch die Verlängerungstatbestände des § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG Rechnung zu tragen gesucht und dabei anders als im ursprünglichen Entwurf und anders als bei der § 2 Abs. 4 des Gesetzentwurfs unmittelbar ersetzenden neuen Geschwisterbonusregelung Formulierungen gewählt, durch die Eltern ohne Elterngeldbezug für das ältere Geschwisterkind - gleich aus welchen Gründen - von der Verlängerung des Bemessungszeitraums ausgeschlossen werden.
|
|
|
Dass diese Konsequenz in der Absicht des Gesetzgebers lag, wird zum einen durch die dargestellte Gesetzgebungsgeschichte indiziert: Neben der Form und Leistungshöhe der Förderung von Mehrkindfamilien waren besonders die Frage, an welche Tatbestände diese anknüpfen solle (z. B. Lebensalter des älteren Kindes, Elternzeit oder Elterngeldbezug) und die sich gegebenenfalls daraus ergebenden Übergangs- und Gleichbehandlungsprobleme seit dem Gesetzentwurf immer wieder Gegenstand der Beratungen. Dem Gesetzgeber müssen daher diese Aspekte in hohem Maße bewusst gewesen sein, zumal er erklärtermaßen mit dem BEEG eine grundlegende Neukonzeption der staatlichen Familienförderung anstrebte.
|
|
|
Das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens ist eine im Gegensatz zum Gesetzentwurf hinsichtlich Voraussetzungen und Höhe der Förderung stärker differenzierende Regelung (Geschwisterbonus, § 2 Abs. 4 BEEG, und Verlängerung des Bemessungszeitraums, § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG), die eine systematische Gesamtbetrachtung der Förderung von Mehrkindfamilien ermöglicht. Dabei fällt auf, dass der Gesetzgeber die Verlängerung des Bemessungszeitraums anders als den "einfachen" Geschwisterbonus des § 2 Abs. 4 BEEG gerade nicht an das Lebensalter des älteren Geschwisterkinds anknüpft und in § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG anders als in § 2 Abs. 4 des ursprünglichen Gesetzentwurfs keine Übergangsregelung oder entsprechende Anwendung anordnet. Dies spricht für eine bewusste Beschränkung der Verlängerung des Bemessungszeitraums auf die in § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG enumerativ und konkret bezeichneten Tatbestände durch den Gesetzgeber. Auch der Umstand, dass § 2 Abs. 7 Sätze 5 und 6 BEEG sich gesetzestechnisch ersichtlich an § 130 Abs. 2 des Dritten Buches des Sozialgesetzbuches (SGB III) orientiert, aber - als Konsequenz der unterschiedlichen Funktionen von Elterngeld und Arbeitslosengeld - komplett andere tatbestandliche Voraussetzungen hat, spricht für eine sorgfältige und die Konsequenzen bedenkende Zusammenstellung des Katalogs der Verlängerungstatbestände.
|
|
|
Entscheidend gegen eine analoge Anwendung sprechen aber nach Überzeugung der Kammer die folgenden systematisch-teleologischen Überlegungen:
|
|
|
§ 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG bezweckt - wie sich aus den Gesetzgebungsmaterialien schließen lässt (vgl. insbesondere die Begründungen der insoweit inhaltlich gleichgerichteten Änderungsanträge der Fraktionen Bündnis 90/Die Grünen und Die Linke, BT-Drs. 16/2785, S. 35 u. 38) - die Lösung des folgenden Problems: Der zwölfmonatige Regelbemessungszeitraum nach § 2 Abs. 1 Satz 1 BEEG führt dazu, dass bei Geburt eines weiteren Kindes innerhalb von zwölf Monaten nach dem Ende des Bezuges von Elterngeld für das erste Kind (also maximal innerhalb von 24 Monaten nach der Geburt des ersten Kindes) ein voller neuer Elterngeldanspruch für das zweite Kind aus logischen Gründen nicht erworben werden könnte. Dies würde zu einer Benachteiligung von Eltern mit derart schneller Geburtenfolge führen und - nach Auffassung des Gesetzgebers - bei geplanter schneller Geburtenfolge den politisch erwünschten raschen Wiedereinstieg ins Berufsleben unattraktiv machen. Bei diesem Problem handelt es sich um ein spezifisch durch die Einführung des Elterngeldes neu auftretendes, da das Elterngeld anders als das Bundeserziehungsgeld nach dem Einkommen vor der Geburt des Kindes berechnet wird. Das Problem entsteht in dieser Form daher auch nur, wenn für mehr als ein Kind Elterngeld bezogen wird. Die Herausnahme von Zeiten des Elterngeldbezuges - und nur solchen des Elterngeldbezuges - aus dem Bemessungszeitraum ist ein geeignetes gesetzestechnisches Mittel, dieses Problem zu lösen. An dieser sachlichen Begründung der Verlängerungstatbestandes fehlt es, wenn für das ältere Kind Bundeserziehungsgeld oder keine Leistung bezogen wurde.
|
|
|
Diese Erkenntnis wird durch eine weitere Überlegung bestätigt. Die hier zur Debatte stehende analoge Anwendung einer einzelnen Rechtsnorm (sog. Einzel- oder Gesetzesanalogie; vgl. Palandt-Heinrichs, BGB, 64. A. 2005, Einl Rnr. 48; Wolff/Bachof/Stober, Verwaltungsrecht,11. A. 1999, § 28 V 6 ) bedeutet, dass der in Betracht kommende Rechtssatz nach einem allgemeinen Prinzip auf ebenso allgemein definierbare vergleichbare Fälle angewendet wird. Dies beinhaltet die Möglichkeit, eine Rechtsnorm in verschiedener Weise analog anzuwenden, je nachdem, wie das allgemeine Prinzip ihrer entsprechenden Anwendung formuliert wird. Die analoge Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG zugunsten der Klägerin könnte auf dreierlei Weise verwirklicht werden: So könnten a) der Bezug von Bundeserziehungsgeld oder b) die Inanspruchnahme von Elternzeit für ein älteres Geschwisterkind oder die c) Erziehung bzw. Haushaltszugehörigkeit eines älteren Geschwisterkindes ohne Elterngeldanspruch bis zum vollendeten ersten Lebensjahr dem Bezug von Elterngeld mit der Rechtsfolge einer Verlängerung des Bemessungszeitraums gleichgestellt werden. Eine Analogie ist aber nur dann gerechtfertigt, wenn durch sie eine dem Gesetzeszweck und der Rechtsordnung besser entsprechende Rechtsfolge als ohne die analoge Anwendung erreicht wird. Andernfalls kann weder die Planwidrigkeit der Regelungslücke noch die Angemessenheit der entsprechenden Anwendung unter Berücksichtigung der Vergleichbarkeit der Interessenlage bejaht werden. Die in Betracht kommenden Varianten der analogen Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG sind der auf den Wortsinn beschränkten Anwendung nicht in diesem Sinne vorzuziehen.
|
|
|
Die entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG im Sinne eines "Bezug von Elterngeld für ein älteres Kind i. S. des Gesetzes ist auch der Bezug von Bundeserziehungsgeld" würde das Problem aufwerfen, dass der Kreis der Anspruchsberechtigten und die Leistungsdauer nach dem Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) mit dem nach dem BEEG nicht übereinstimmen. Bundeserziehungsgeld wurde abhängig von gestaffelten Einkommensgrenzen maximal bis zu 24 Monaten gewährt. Demgegenüber beträgt der Bezugszeitraum für das Elterngeld (abgesehen von einer im Rahmen des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG nicht zu berücksichtigenden Verlängerung nach § 6 Satz 2 BEEG) für einen Elternteil maximal 12 Monate und es bestehen keine Einkommensgrenzen; das vor der Geburt bezogene Einkommen ist im Gegenteil für die Höhe des Elterngeldes maßgeblich. Würde der Bezug von Bundeserziehungsgeld eine Verlängerung des Bemessungszeitraums bewirken, ergäbe sich eine verfassungsrechtlich kaum zu rechtfertigende Benachteiligung der Eltern, die für das ältere Geschwisterkind wegen Überschreitens der Einkommensgrenze kein Bundeserziehungsgeld oder lediglich für sechs Monate erhalten haben. Umgekehrt würden die Bezieher von Elterngeld für das ältere Geschwisterkind ungerechtfertigterweise gegenüber denjenigen schlechter gestellt, die Bundeserziehungsgeld für länger als 12 Monate bezogen haben.
|
|
|
Die Anknüpfung der Verlängerung des Bemessungszeitraums an die Elternzeit stünde in unüberwindbarem Widerspruch dazu, dass Verlängerungsmonate gem. § 6 Satz 2 BEEG außer Betracht bleiben (§ 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG). Diese ausdrückliche gesetzliche Regelung wäre in diesem Fall sinnlos. Sie dokumentiert außerdem die auch durch die Gesetzgebungsgeschichte und den systematischen Vergleich mit § 2 Abs. 4 BEEG belegte Absicht des Gesetzgebers, den Bemessungszeitraum gerade nicht um die Elternzeit zu verlängern, um keinen Anreiz für ein langfristiges und so die Chancen auf den Wiedereinstieg verringerndes Ausscheiden aus dem Berufsleben zu schaffen.
|
|
|
Die Verlängerung des Bemessungszeitraums um im Regelbemessungszeitraum liegende Lebenszeit oder Haushaltsangehörigkeit eines älteren Geschwisterkindes bis zum vollendeten ersten Lebensjahr schließlich würde nur scheinbar eine Gleichbehandlung der Eltern ohne Elterngeldbezug für das ältere Kind herbeiführen. Zum einen ist nicht ersichtlich, warum die Verlängerung bei Elterngeldbeziehern tatbestandlich an den tatsächlichen Bezug dieser Leistung anknüpfen sollte (der im Einzelfall durchaus auch unter 12 Monate liegen kann), während Bundeserziehungsgeldbezieher oder andere Personen ohne Elterngeldanspruch für das ältere Kind ohne Rücksicht auf tatsächliche Einbußen beim Erwerbseinkommen von einer Verschiebung des Bemessungszeitraums um ein volles Jahr profitieren könnten. Ohne tatsächlichen Elterngeldbezug für das ältere Kind fehlt es am sachlichen Anknüpfungspunkt für den Zeitraum, um den der Bemessungszeitraum verlängert wird. Eine pauschale Festlegung des Verlängerungszeitraums auf das erste Lebensjahr des älteren Kindes wäre im Lichte des Gesetzeszwecks nicht zu begründen. Beim Bezug von Elterngeld für das ältere Kind dient die Verlängerung um die Zeit des Elterngeldbezuges wie dargelegt dazu, den Eltern bei schneller Geburtenfolge innerhalb von weniger als 12 Monaten seit dem Ende des vorangegangenen Elterngeldbezuges die Chance auf einen vollen neuen Elterngeldanspruch zu geben. Die daraus resultierende maximale Dauer der Verschiebung des Bemessungszeitraums um 12 Monate ist Konsequenz des übereinstimmend 12 Monate betragenden Regelbezugszeitraums gem. § 4 BEEG und des Regelbemessungszeitraums gem. § 2 BEEG und wird dadurch sachlich gerechtfertigt. An dieser sachlichen Verknüpfung fehlt es, wenn für das ältere Kind kein Elterngeld bezogen wurde. Sie fehlt insbesondere, wenn für das ältere Kind Bundeserziehungsgeld gezahlt wurde: Bundeserziehungsgeld konnte zwischen einem und 24 Monaten bezogen werden, so dass eine (zur Gleichbehandlung der nach dem Stichtag erstmals Gebärenden gebotene) Beschränkung auf 12 Monate willkürlich wäre.
|
|
|
Zusammenfassend ist festzustellen, dass eine entsprechende Anwendung des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG ohne verfassungsrechtlich nicht zu rechtfertigende Ungleichbehandlung oder Wertungs-widersprüche zum Gesetzeszweck nicht möglich ist. Demgegenüber ist die vom Gesetzgeber in § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG tatsächlich getroffene Regelung in unmittelbarer Anwendung geeignet, die spezifisch durch Anspruchsvoraussetzungen und -berechnung des Elterngeldes drohenden Nachteile einer schnellen Geburtenfolge bei Mehrkindfamilien mit Elterngeldanspruch für ältere Geschwister zu mildern. Der Ausschluss von Eltern ohne Elterngeldanspruch für das ältere Kind bzw. die älteren Kinder von dieser Regelung ist sachlich gerechtfertigt, da es sich bei ihr um die Reaktion des Gesetzgebers auf ein in dieser Form erstmals und nur beim Bezug von Elterngeld für mehrere Kinder in schneller Geburtenfolge auftretendes Problem handelt.
|
|
|
Da sachlich gerechtfertigt, verstößt die damit gleichwohl verbundene Ungleichbehandlung von Eltern mit mehreren Kindern mit oder ohne Elterngeldanspruch für das ältere Kind bzw. ältere Kinder auch nicht gegen das Grundgesetz (GG), insbesondere nicht gegen den allgemeinen Gleichheitssatz (Art. 3 Abs. 1 GG), zumal der Gesetzgeber der Situation von Mehrkindfamilien im allgemeinen ohne Rücksicht auf den Stichtag mit dem Geschwisterbonus des § 2 Abs. 4 BEEG Rechnung getragen hat. Im übrigen ist der Ausschluss der Klägerin und von Eltern in vergleichbarer Situation von der Verlängerungsregel des § 2 Abs. 7 Satz 5 BEEG ein Reflex der mit der Einführung des Elterngeldes verbundenen Stichtagsregelung, die das BSG mit Urteil vom 23.1.2008 (Az.: B 10 EG 3/07 R, im Zeitpunkt der vorliegenden Entscheidung noch nicht veröffentlicht, zit. nach Terminsbericht des BSG, www.bundessozialgericht.de > Termine) für mit dem Grundgesetz vereinbar erklärt hat und deren Verfassungsmäßigkeit auch die Klägerin nicht in Zweifel gezogen hat.
|
|
|
|