Sozialgericht Detmold Urteil, 29. Juli 2014 - S 8 SB 747/12
Tenor
Der Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 23.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2012 verurteilt, bei dem Kläger ab dem 21.02.2012 einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen. Der Beklagte trägt die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers.
1
Tatbestand:
2Die Beteiligten streiten im vorliegenden Verfahren darum, ob der Kläger von dem Beklagten die Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 beanspruchen kann.
3Der Kläger wurde am 00.00.1958 geboren. Mit Bescheid vom 21.04.2010 stellte der Beklagte bei dem Kläger einen Grad der Behinderung von 30 unter Berücksichtigung von Funktionseinschränkungen der Kniegelenke, Wirbelsäule und Ellenbogengelenke sowie einer Zuckerstoffwechselstörung fest. Am 21.02.2012 beantragte der Kläger die Feststellung eines Grades der Behinderung von 50. Mit Bescheid vom 23.04.2012 lehnte der Beklagte die Feststellung eines höheren Grades der Behinderung ab. Hiergegen legte der Kläger am 04.05.2012 Widerspruch ein, den die Bezirksregierung N mit Widerspruchsbescheid vom 16.05.2012 als unbegründet zurückwies.
4Hiergegen hat der Kläger am 29.05.2012 Klage erhoben. Es sei eine Verschlechterung des Bluthochdrucks eingetreten. Zudem habe er erheblich größere Beeinträchtigungen in der Funktionseinschränkung der Kniegelenke. Sein rechtes Knie könne so gut wie gar nicht mehr belastet werden, sodass auch insofern eine erhebliche Verschlechterung eingetreten sei, die eine Höherstufung des Grades der Behinderung mit sich führe.
5Der Kläger beantragt,
6den Beklagten unter Abänderung des Bescheides vom 23.04.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2012 zu verurteilen, bei ihm ab Antragstellung einen Grad der Behinderung von 50 festzustellen.
7Der Beklagte beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Zur Begründung führt er aus: Art und Ausmaß der Beeinträchtigungen seien entsprechend den aktenkundigen Befundunterlagen unter Beachtung der maßgebenden VersMedV mit einem Gesamt-GdB von 30 angemessen beurteilt worden.
10Das Gericht hat zur Aufklärung des Sachverhaltes zunächst Behandlungs- und Befundberichte der behandelnden Ärzte Dres. H und C vom 12.07.2012, Dr. E vom 18.07.2012 sowie Dr. X vom 23.07.2012 eingeholt. Sodann hat das Gericht gemäß § 106 SGG Gutachten des Orthopäden Dr. P vom 14.01.2013 und des Internisten Dr. A vom 22.01.2013 sowie eine ergänzende Stellungnahme des Dr. A vom 18.10.2013 eingeholt.
11Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsakte des Beklagten sowie der genannten medizinischen Unterlagen Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen sind.
12Entscheidungsgründe:
13Die zulässige Klage ist begründet.
14Der Kläger ist durch den angefochtenen Bescheid vom 23.04.2012 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 16.05.2012 beschwert im Sinne des § 54 Abs. 2 S. 1 SGG, da der Bescheid rechtswidrig ist. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Feststellung eines Grades der Behinderung von 50.
15Gemäß § 48 Abs. 1 Satz 1 des Zehnten Buches Sozialgesetzbuch (SGB X) ist ein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben, soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei seinem Erlass vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt. Nach Teil A Nr. 7 a) der Versorgungsmedizinischen Grundsätze gemäß der Anlage zu § 2 der Versorgungsmedizin-Verordnung (VMG) liegt eine wesentliche Änderung im Ausmaß der Behinderung dann vor, wenn der veränderte Gesundheitszustand mehr als sechs Monate angehalten hat oder voraussichtlich anhalten wird und die Änderung des GdB wenigstens 10 beträgt.
16Nach dem Ergebnis der durchgeführten Beweisaufnahme ist in den tatsächlichen Verhältnissen, die dem Bescheid vom 21.04.2010 zu Grunde gelegen haben, eine wesentliche Änderung im Sinne einer Verschlimmerung eingetreten, die im Ergebnis die Feststellung eines Grades der Behinderung von 50 und nicht lediglich die Feststellung eines Grades der Behinderung von 30 rechtfertigt.
17Dies steht zur Überzeugung der Kammer fest aufgrund der nachvollziehbar und in sich schlüssig begründeten Gutachten der Sachverständigen Dr. A und Dr. P gemäß § 106 SGG unter Berücksichtigung der übrigen in den Akten befindlichen medizinischen Unterlagen. Die Kammer hält die medizinische Einschätzung der Sachverständigen für überzeugend, weil sie diese auf eine ausführlich erhobene Anamnese sowie auf eingehende und sorgfältige Untersuchungen stützen. Die Ausführungen dieser Sachverständigen lassen Unrichtigkeiten, Widersprüche oder Fehlschlüsse nicht erkennen und stimmen hinsichtlich der vorgenommenen Bewertungen mit den hier zu berücksichtigenden Versorgungsmedizinischen Grundsätzen (VMG) überein.
18Nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme leidet der Kläger unter einem Bluthochdruck mit Herzmuskelbeteiligung und Herzleistungsminderung, der gemäß Teil B Ziff. 9.3 VMG mit einem GdB von 30 zu bewerten ist, wobei die verstärkende Auswirkung der vorliegenden Adipositas gemäß Teil B Ziff. 15.3 VMG mitberücksichtigt ist. Der Sachverständige Dr. A führt aus, dass der seit mehreren Jahren bekannte erhöhte Blutdruck medikamentös behandelt wird. Bei schwieriger Einstellbarkeit wurde die Medikation mehrfach umgestellt und kombiniert. Die selbst gemessenen Blutdruckwerte betragen dabei ca. 160-180 / 80-100 mmHg. Es kommt zu häufigen Blutdruckschwankungen mit dadurch bedingten Schwindelerscheinungen, letztere auch lagebedingt. Ein Belastungs-EKG konnte wegen der schmerzhaften Minderbelastbarkeit der Kniegelenke nicht durchgeführt werden. Echokardiografisch ergaben sich Hinweiszeichen für eine funktionelle und auch strukturelle Herzmuskelbeteiligung. Der linke Vorhof und die linke Herzkammer waren leicht vergrößert, die Muskulatur der linken Herzkammer war leicht verdickt, wobei auch eine diastolische Dehnbarkeitsstörung auffiel. Die systolische Pumpfunktion war unter Ruhebedingungen nicht eingeschränkt. Unter Ruhebedingungen und bei leichten körperlichen Belastungen hat der Kläger ausreichend Luft. Sobald er sich jedoch etwas mehr anstrengt, schneller geht, bergauf geht oder Treppen steigt, nehmen die Atembeschwerden zu, sodass er mitunter erst mal eine kurze Pause einlegen muss. Vom klinischen Gesamteindruck liegt eine Belastungsherzleistungsminderung NYHA II-III vor. Soweit der Beklagte den Feststellungen des Sachverständigen eine relevante Herzleistungsminderung nicht zu entnehmen vermag, führt der Sachverständige hierzu für die Kammer überzeugend in seiner ergänzenden Stellungnahme vom 18.10.2013 aus, dass im Rahmen der Farbdopplerechokardiographie sowohl eine Vergrößerung des linken Vorhofs, als auch eine Compliancestörung objektiviert werden konnte, wobei letztere auch bei ambulanten kardialen Voruntersuchungen in den vergangenen Jahren bereits festgestellt worden waren. Er verweist weiter darauf, dass auch die grenzwertige Verdickung der linksventrikulären Muskulatur und der Herztrennwand sich klassisch in das Bild der hypertensiven Herzkrankheit einfügten. Soweit der Beklagte weiter darauf verweist, dass die funktionellen Auswirkungen wie Einschränkung der Atmungsbreite und Luftnot bei Belastung ausschließlich auf die Übergewichtigkeit zurückzuführen seien, folgt hieraus kein anderes Ergebnis. Zutreffend hat der Sachverständige diese bei der Bewertung des Grades der Behinderung erhöhend berücksichtigt, denn gemäß Teil B Ziff. 15.3 VMG sind die funktionellen Auswirkungen einer Adipositas per magna bei der Einschätzung eines aus anderen Gesundheitsstörungen folgenden Grades der Behinderung erhöhend zu berücksichtigen. Lediglich die Adipositas allein bedingt keinen Grad der Behinderung; die funktionellen Auswirkungen sind jedoch aufgrund der in der VMG gebotenen finalen Betrachtungsweise erhöhend im Rahmen der jeweiligen Einzel-GdBs zu berücksichtigen.
19Weiter leidet der Kläger auf internistischem Fachgebiet unter einer Blutzuckerstoffwechselstörung, die gemäß Teil B Ziff. 15.1 VMG mit einem Grad der Behinderung von 20 zu bewerten ist. Der Sachverständige Dr. A verweist diesbezüglich auf die völlig unbefriedigende diabetische Stoffwechsellage unter der gegebenen Medikation. Soweit der Beklagte hierzu einwendet, dass die Medikation die Unterzuckerung nicht fördere und daher ein Einzel-GdB von 20 nicht festgestellt werden könne, verweist der Sachverständige auf die Besonderheiten des Einzelfalles, die hier in der schwer regulierbaren Einstellung sowie der mangelnden Stoffwechselgüte und dem Therapieaufwand mit Injektion zu sehen sind. Der Sachverständige weist darauf hin, dass anhand der Blutzuckermessungen in der Akte von einer befriedigenden Stoffwechseleinstellung nicht gesprochen werden kann. Die Bewertung des Einzel-GdB für die Zuckerstoffwechselstörung mit einem GdB von 0 - 10 wird dem Gesamtbild nicht gerecht. Dies entspricht den Vorgaben der VMG. Zunächst einmal sieht Teil B Ziff. 15.1 VMG bezüglich der Beurteilung des Diabetes mellitus vor, dass außergewöhnlich schwer regulierbare Stoffwechsellagen jeweils höhere GdB-Werte bedingen können. Entscheidend ist also nicht allein, ob die Therapie eine Hypoglykämie auslösen kann. Es ist nicht zutreffend, dass ein höherer GdB als 0 nur bei einer Therapie mit Hypoglykämieneigung festgestellt werden kann. Vielmehr kann auch bei einer Therapie, die keine Hypoglykämien auslösen kann, unter Berücksichtigung der individuellen Stoffwechsellage im Einzelfall ein höherer GdB festzustellen sein. Hier begründet der Sachverständige für die Kammer überzeugend, dass ein derartiger Einzelfall vorliegt. Darüber hinaus sieht auch Teil A Ziff. 2. d) VMG eine Abweichung von den in der Tabelle aufgeführten Werten mit einer die besonderen Gegebenheiten darstellenden Begründung vor. Eine solche Begründung hat der Sachverständige hier ausführlich dargestellt.
20Weiter leidet der Kläger auf internistischem Fachgebiet an einer Funktionsstörung des Magens und der Speiseröhre sowie einer Blasenentleerungsstörung bei Veränderung der Vorsteherdrüse, die jeweils mit einem Grad der Behinderung von 10 zu bewerten sind.
21Auf orthopädischem Fachgebiet leidet der Kläger an einer Funktionseinschränkung der Wirbelsäule mit Hohlrundrücken, muskulär-statischer Insuffizienz bei Übergewicht und pseudoradikulärem Lendenwirbelsäulensyndrom, die gemäß Teil B Ziff. 18.9 VMG als Funktionseinschränkung der Lendenwirbelsäule mit mittelgradigen Auswirkungen mit einem GdB von 20 zu bewerten ist. Der Sachverständige Dr. P bestätigt funktionell eine mäßige Einschränkung der Lendenwirbelsäule; in weiteren Wirbelsäulenabschnitten konnte er keine Funktionseinschränkungen feststellen. Darüber hinaus diagnostiziert der Sachverständige Dr. P eine Funktionseinschränkung der Ellenbogengelenke, die er gemäß Teil B Ziff. 18.13 VMG mit einem Grad der Behinderung von 20 bewertet unter Hinweis auf ein leichtes Streckdefizit und eine Beugeeinschränkung beider Ellenbogengelenke mit deutlicher Einschränkung der Außendrehfähigkeit bei intakter Innendrehfähigkeit. Darüber hinaus diagnostiziert Dr. P eine Funktionseinschränkung des rechten Kniegelenkes, die er gemäß Teil B Ziff. 18.14 VMG mit einem GdB von 20 bewertet, wobei er darauf hinweist, dass eine fortschreitende Chondromalzie des inneren Kniegelenkfaches in Verbindung mit einer entzündlichen Aktivierung und Einschränkung der Beweglichkeit vorliegt, wobei die Situation in ihrer Gesamtheit noch deutlich besser ist als eine Kniegelenksversteifung.
22Das Gesamtausmaß der bei dem Kläger vorliegenden Behinderung rechtfertigt nach alledem die Feststellung eines Grades der Behinderung von 50.
23Nach § 69 Abs. 3 S. 1 SGB IX ist bei Vorliegen mehrerer Gesundheitsstörungen, die eine Beeinträchtigung der Teilhabe am Leben in der Gesellschaft verursachen, der Grad der Behinderung nach den Auswirkungen der Beeinträchtigungen in ihrer Gesamtheit unter Berücksichtigung ihrer wechselseitigen Beziehungen festzustellen. Gemäß Teil A Nr. 3 c) VMG ist bei der Beurteilung des Gesamtgrades der Behinderung dabei in der Regel von der Funktionsbeeinträchtigung auszugehen, die den höchsten Einzelwert bedingt und dann im Hinblick auf eine weitere Funktionsbeeinträchtigung zu prüfen, ob und inwieweit hierdurch das Ausmaß der Behinderung größer wird. Eine Addition der Einzelwerte ist dabei nach Teil A Nr. 3 a) VMG nicht zulässig. Zu berücksichtigen ist weiterhin, dass gemäß Teil A Nr. 3 d) ee) VMG - von Ausnahmefällen abgesehen - leichte Gesundheitsstörungen, die nur einen Grad der Behinderung von 10 bedingen, nicht zu einer Zunahme des Ausmaßes der Gesamtbeeinträchtigung führen. Dies gilt selbst dann, wenn mehrere derartig leichte Gesundheitsstörungen nebeneinander bestehen.
24Im Vordergrund steht bei dem Kläger der Bluthochdruck mit Herzmuskelbeteiligung und Herzleistungsminderung, der mit einem GdB von 30 zu bewerten ist. Weiter bestehen ein Diabetes, eine Funktionseinschränkung der Wirbelsäule, der Ellenbogengelenke und des rechten Kniegelenkes, die mit einem GdB von 20 zu bewerten sind. Unter Berücksichtigung dieser weiteren Funktionseinschränkungen ist der Grad der Behinderung angemessen auf 50 zu erhöhen. Alle weiteren Gesundheitsbeeinträchtigungen wirken sich nicht erhöhend auf den Gesamt-GdB aus.
25ra.de-Urteilsbesprechung zu Sozialgericht Detmold Urteil, 29. Juli 2014 - S 8 SB 747/12
Urteilsbesprechung schreiben0 Urteilsbesprechungen zu Sozialgericht Detmold Urteil, 29. Juli 2014 - S 8 SB 747/12
Referenzen - Gesetze
(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
- 1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen, - 2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen, - 3.
Auskünfte jeder Art einholen, - 4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen, - 5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen, - 6.
andere beiladen, - 7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.
(1) Durch Klage kann die Aufhebung eines Verwaltungsakts oder seine Abänderung sowie die Verurteilung zum Erlaß eines abgelehnten oder unterlassenen Verwaltungsakts begehrt werden. Soweit gesetzlich nichts anderes bestimmt ist, ist die Klage zulässig, wenn der Kläger behauptet, durch den Verwaltungsakt oder durch die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts beschwert zu sein.
(2) Der Kläger ist beschwert, wenn der Verwaltungsakt oder die Ablehnung oder Unterlassung eines Verwaltungsakts rechtswidrig ist. Soweit die Behörde, Körperschaft oder Anstalt des öffentlichen Rechts ermächtigt ist, nach ihrem Ermessen zu handeln, ist Rechtswidrigkeit auch gegeben, wenn die gesetzlichen Grenzen dieses Ermessens überschritten sind oder von dem Ermessen in einer dem Zweck der Ermächtigung nicht entsprechenden Weise Gebrauch gemacht ist.
(3) Eine Körperschaft oder eine Anstalt des öffentlichen Rechts kann mit der Klage die Aufhebung einer Anordnung der Aufsichtsbehörde begehren, wenn sie behauptet, daß die Anordnung das Aufsichtsrecht überschreite.
(4) Betrifft der angefochtene Verwaltungsakt eine Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, so kann mit der Klage neben der Aufhebung des Verwaltungsakts gleichzeitig die Leistung verlangt werden.
(5) Mit der Klage kann die Verurteilung zu einer Leistung, auf die ein Rechtsanspruch besteht, auch dann begehrt werden, wenn ein Verwaltungsakt nicht zu ergehen hatte.
(1) Soweit in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die beim Erlass eines Verwaltungsaktes mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt soll mit Wirkung vom Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse aufgehoben werden, soweit
- 1.
die Änderung zugunsten des Betroffenen erfolgt, - 2.
der Betroffene einer durch Rechtsvorschrift vorgeschriebenen Pflicht zur Mitteilung wesentlicher für ihn nachteiliger Änderungen der Verhältnisse vorsätzlich oder grob fahrlässig nicht nachgekommen ist, - 3.
nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsaktes Einkommen oder Vermögen erzielt worden ist, das zum Wegfall oder zur Minderung des Anspruchs geführt haben würde, oder - 4.
der Betroffene wusste oder nicht wusste, weil er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat, dass der sich aus dem Verwaltungsakt ergebende Anspruch kraft Gesetzes zum Ruhen gekommen oder ganz oder teilweise weggefallen ist.
(2) Der Verwaltungsakt ist im Einzelfall mit Wirkung für die Zukunft auch dann aufzuheben, wenn der zuständige oberste Gerichtshof des Bundes in ständiger Rechtsprechung nachträglich das Recht anders auslegt als die Behörde bei Erlass des Verwaltungsaktes und sich dieses zugunsten des Berechtigten auswirkt; § 44 bleibt unberührt.
(3) Kann ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt nach § 45 nicht zurückgenommen werden und ist eine Änderung nach Absatz 1 oder 2 zugunsten des Betroffenen eingetreten, darf die neu festzustellende Leistung nicht über den Betrag hinausgehen, wie er sich der Höhe nach ohne Berücksichtigung der Bestandskraft ergibt. Satz 1 gilt entsprechend, soweit einem rechtmäßigen begünstigenden Verwaltungsakt ein rechtswidriger begünstigender Verwaltungsakt zugrunde liegt, der nach § 45 nicht zurückgenommen werden kann.
(4) § 44 Abs. 3 und 4, § 45 Abs. 3 Satz 3 bis 5 und Abs. 4 Satz 2 gelten entsprechend. § 45 Abs. 4 Satz 2 gilt nicht im Fall des Absatzes 1 Satz 2 Nr. 1.
(1) Der Vorsitzende hat darauf hinzuwirken, daß Formfehler beseitigt, unklare Anträge erläutert, sachdienliche Anträge gestellt, ungenügende Angaben tatsächlicher Art ergänzt sowie alle für die Feststellung und Beurteilung des Sachverhalts wesentlichen Erklärungen abgegeben werden.
(2) Der Vorsitzende hat bereits vor der mündlichen Verhandlung alle Maßnahmen zu treffen, die notwendig sind, um den Rechtsstreit möglichst in einer mündlichen Verhandlung zu erledigen.
(3) Zu diesem Zweck kann er insbesondere
- 1.
um Mitteilung von Urkunden sowie um Übermittlung elektronischer Dokumente ersuchen, - 2.
Krankenpapiere, Aufzeichnungen, Krankengeschichten, Sektions- und Untersuchungsbefunde sowie Röntgenbilder beiziehen, - 3.
Auskünfte jeder Art einholen, - 4.
Zeugen und Sachverständige in geeigneten Fällen vernehmen oder, auch eidlich, durch den ersuchten Richter vernehmen lassen, - 5.
die Einnahme des Augenscheins sowie die Begutachtung durch Sachverständige anordnen und ausführen, - 6.
andere beiladen, - 7.
einen Termin anberaumen, das persönliche Erscheinen der Beteiligten hierzu anordnen und den Sachverhalt mit diesen erörtern.
(4) Für die Beweisaufnahme gelten die §§ 116, 118 und 119 entsprechend.
Haben Leistungsempfänger Krankengeld, Verletztengeld, Versorgungskrankengeld oder Übergangsgeld bezogen und wird im Anschluss daran eine Leistung zur medizinischen Rehabilitation oder zur Teilhabe am Arbeitsleben ausgeführt, so wird bei der Berechnung der diese Leistungen ergänzenden Leistung zum Lebensunterhalt von dem bisher zugrunde gelegten Arbeitsentgelt ausgegangen; es gilt die für den Rehabilitationsträger jeweils geltende Beitragsbemessungsgrenze.
Das Verfahren vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist für Versicherte, Leistungsempfänger einschließlich Hinterbliebenenleistungsempfänger, behinderte Menschen oder deren Sonderrechtsnachfolger nach § 56 des Ersten Buches Sozialgesetzbuch kostenfrei, soweit sie in dieser jeweiligen Eigenschaft als Kläger oder Beklagte beteiligt sind. Nimmt ein sonstiger Rechtsnachfolger das Verfahren auf, bleibt das Verfahren in dem Rechtszug kostenfrei. Den in Satz 1 und 2 genannten Personen steht gleich, wer im Falle des Obsiegens zu diesen Personen gehören würde. Leistungsempfängern nach Satz 1 stehen Antragsteller nach § 55a Absatz 2 Satz 1 zweite Alternative gleich. § 93 Satz 3, § 109 Abs. 1 Satz 2, § 120 Absatz 1 Satz 2 und § 192 bleiben unberührt. Die Kostenfreiheit nach dieser Vorschrift gilt nicht in einem Verfahren wegen eines überlangen Gerichtsverfahrens (§ 202 Satz 2).
(1) Das Gericht hat im Urteil zu entscheiden, ob und in welchem Umfang die Beteiligten einander Kosten zu erstatten haben. Ist ein Mahnverfahren vorausgegangen (§ 182a), entscheidet das Gericht auch, welcher Beteiligte die Gerichtskosten zu tragen hat. Das Gericht entscheidet auf Antrag durch Beschluß, wenn das Verfahren anders beendet wird.
(2) Kosten sind die zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendigen Aufwendungen der Beteiligten.
(3) Die gesetzliche Vergütung eines Rechtsanwalts oder Rechtsbeistands ist stets erstattungsfähig.
(4) Nicht erstattungsfähig sind die Aufwendungen der in § 184 Abs. 1 genannten Gebührenpflichtigen.