SGDESSA S 1 R 551/13

ECLI:ECLI:DE:SGDESSA:2015:1204.S1R551.13.00
bei uns veröffentlicht am04.12.2015

Gericht

Sozialgericht Dessau-Roßlau

Tenor

Die Klage wird abgewiesen.

Kosten sind nicht zu erstatten.

Tatbestand

1

Der Kläger begehrt die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung.

2

Der am ...1971 geborene Kläger absolvierte von 1988 bis 1990 eine Ausbildung zum Facharbeiter für Tierproduktion, war danach bis 1991 als Tierpfleger, von 1991 bis 1995 als Heizungsmonteur, von 1996 bis 1999 als Trockenbaumaurer und in den Jahren 2000 bis 2001 als Trockenbaumaurer und Hausmeister beschäftigt. Derzeit ist er arbeitslos. Ein früheres, auf Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung gerichtetes Verfahren blieb ohne Erfolg (Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dessau-Roßlau vom 11. Juni 2008, Az.: S 1 R 196/07).

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Der Kläger beantragte am 11. Januar 2013 bei der Beklagten erneut die Zahlung einer Rente wegen Erwerbsminderung

4

Die Beklagte lehnte den Antrag nach Einholung von aktuellen Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte mit Bescheid vom 27. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 ab und gab an, der Kläger sei weder voll noch teilweise erwerbsgemindert, da er mindestens sechs Stunden täglich auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt einsatzfähig sei.

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Dagegen richten sich der Widerspruch vom 2. Juli 2013 und die am 11. November 2013 erhobene Klage, mit der der Kläger geltend macht, der Ablehnungsbescheid sei nicht hinreichend bestimmt, da er sich nicht mit den konkreten Beeinträchtigungen des Klägers auseinander setze. Er – der Kläger - halte sich für voll erwerbsgemindert, da er seit mehreren Jahren krank geschrieben sei und bereits bei körperlich leichten Belastungen im Alltag Beschwerden aufträten, die ihn zur Einlegung längerer Ruhepausen zwängen. Der Kläger leide unter Abnutzungserscheinungen der Wirbelsäule und Schmerzen in allen Bereichen der Wirbelsäule; außerdem unter rheumatischen Schmerzen in den Händen und Sprunggelenken sowie Einschränkungen in der Hüft- und Schulterbeweglichkeit.

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Der Kläger beantragt,

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den Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, ihm ab dem 1. Februar 2013 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung, hilfsweise wegen teilweiser Erwerbsminderung, zu zahlen.

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Die Beklagte beantragt,

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die Klage abzuweisen.

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Sie hält die angefochtenen Bescheide für zutreffend.

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Das Gericht hat Beweis erhoben durch Einholung von Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte, nämlich des Psychiaters/Psychotherapeuten Dr. A ..., des Internisten/Rheumatologen Dr. S ..., des Neurochirurgen Dr. A ..., der Allgemeinmedizinerin DM S ... und der Internistin Dr. D ... Weiter hat das Gericht ein Gutachten der zur Sachverständigen ernannten Orthopädin DM W ... eingeholt. In ihrem Gutachten vom 14. April 2015 hat die Sachverständige folgende Erkrankungen diagnostiziert: Coxarthrose bds. 2-3° rechts ) links mit geringern Funktionseinschränkungen und Schmerzen, lokales cervicales, thorakales und lumbales Schmerzsyndrom mit Funktionseinschränkungen und chronischen Schmerzen bei muskulären Dysbalancen, chronifiziertes Schmerzsyndrom (in nahezu allen Gelenken) bei kaum nachweisbarem funktionellem und klinischem Defizit, vielfältige Allergien. Im Vordergrund stünden die nicht beeinflussbaren Schmerzen in nahezu allen Gelenken und in der Wirbelsäule. Abnutzungsleiden bestünden vorwiegend im Bereich beider Hüftgelenke. Viele geklagte Beschwerden, wie Schwellungen im Bereich der Beine und Hände sowie Bewegungseinschränkungen ließen sich nicht verifizieren. Im Ergebnis sei der Kläger für körperlich leichte, überwiegend sitzende Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes in geschlossenen Räumen oder im Freien unter Witterungsschutz täglich mindestens sechs Stunden einsetzbar. Der Kläger müsse dabei Zwangshaltungen, Bücken, ständiges Stehen, langes Gehen (über 20 Minuten), Knien und Hocken, Überkopfarbeiten, Heben, Tragen von Lasten, Zugluft, Nässe, Temperaturschwankun-gen und Staubeinwirkung vermeiden. Als zumutbar in Betracht kämen beispielsweise leichte Sortier- oder Büroarbeiten.

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Auf die von dem Klägerbevollmächtigten mit Schriftsatz vom 22. Juni 2015 erhobenen Einwendungen gegen das Gutachten hat das Gericht eine ergänzende Stellungnahme der Sachverständigen eingeholt. In ihrer Stellungnahme vom 16. Juli 2015 hat die Sachverständige angegeben, sie verbleibe auch unter Berücksichtigung der Einwendungen bei ihren gutachterlichen Feststellungen. Der Prozessbevollmächtigte des Klägers hat abschließend den Befund der Elektroneurographie vom 13. August 2015 und die MRT-Befunde des rechten Schultergelenkes vom 24. Juni 2015 und des linken Schultergelenkes vom 26. Juni 2015 vorgelegt.

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Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten der Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Befundberichte nebst Anlagen und den Inhalt des Sachverständigengutachtens nebst ergänzender Stellungnahme der DM W ... und auf die weiteren medizinischen Unterlagen Bezug genommen. Hinsichtlich des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und den Inhalt der beigezogenen Verwaltungsakte der Beklagten, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung und Beratung gewesen ist, Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

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Die zulässige Klage ist nicht begründet.

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Der Bescheid der Beklagten vom 27. Juni 2013 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 10. Oktober 2013 ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten. Die Beklagte hat es mit den angefochtenen Bescheiden zu Recht abgelehnt, dem Kläger eine Rente wegen Erwerbsminderung zu gewähren. Der Kläger ist nach Maßgabe des ab 1. Januar 2001 anzuwendenden § 43 Sozialgesetzbuch Sechstes Buch – Gesetzliche Rentenversicherung – (SGB VI) in der Fassung des Gesetzes zur Reform der Renten wegen verminderter Erwerbsfähigkeit vom 20. Dezember 2000 (BGBl. Seite 1827) weder voll erwerbsgemindert noch teilweise erwerbsgemindert.

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Gemäß § 43 Abs. 1 Satz 1 SGB VI haben Versicherte bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind, 2. in den letzten 5 Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung 3 Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und 3. vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.

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Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 1 Satz 2 SGB VI).

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Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung haben Versicherte bei ansonsten gleichlautenden versicherungsrechtlichen Voraussetzungen, die voll erwerbsgemindert sind. Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 3 Stunden täglich erwerbstätig zu sein (§ 43 Abs. 2 Satz 2 SGB VI). Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen (§ 43 Abs. 3 SGB VI). Für vor dem 2. Januar 1961 geborene und berufsunfähige Versicherte enthält § 240 SGB VI eine Vertrauensschutzregelung dahingehend, dass diese Versicherten eine Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung erhalten können. Berufsunfähig sind Versicherte dann, wenn ihre Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als 6 Stunden gesunken ist (§ 240 Abs. 2 Satz 1 SGB VI).

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Nach Durchsicht der vorliegenden Behandlungsberichte, des Sachverständigengutachtens und der in der Verwaltungsakte befindlichen medizinischen Unterlagen ist die erkennende Kammer der Auffassung, dass beim Kläger, der im übrigen die versicherungsrechtlichen Voraussetzungen des § 43 Abs. 1 Satz 1 Nrn. 2 und 3 SGB VI erfüllt, bereits die medizinischen Voraussetzungen für die Gewährung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht vorliegen.

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Der medizinische Sachverhalt ist als geklärt anzusehen. Unter Zugrundelegung des Sachverständigengutachtens der Orthopädin DM W ... geht die Kammer von einem Leistungsvermögen des Klägers für körperlich leichte Arbeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes aus. Bei Beachtung der weiteren qualitativen Einschränkungen (überwiegend sitzende Arbeiten in zeitweiligem Wechsel von Stehen und Gehen, in geschlossenen Räumen oder im Freien unter Witterungsschutz, ohne Zwangshaltungen, Bücken, ständiges Stehen, langes Gehen (über 20 Minuten), Knien und Hocken, Überkopfarbeiten, Heben, Tragen von Lasten, Zugluft, Nässe, Temperaturschwankungen und Staubeinwirkung) ist der Kläger in einem zeitlichen Umfang von täglich mindestens sechs Stunden einsetzbar. Die Leistungseinschätzung durch die Sachverständige ist nachvollziehbar und schlüssig und beruht auf den anlässlich der Untersuchung erhobenen objektiven Befunden. Die Sachverständige konnte – was sie in ihrer ergänzenden Stellungnahme auch nochmals betont hat – bei der Untersuchung nur mäßige Funktionseinschränkungen objektivieren. Für das Vorliegen einer Erwerbsminderung im Sinne des SGB VI sind in erster Linie die Funktionseinschränkungen quantitativer und qualitativer Art entscheidend, nicht jedoch das Vorliegen einer bestimmten Erkrankung oder Diagnose. Die Hände wurden entgegen dem Vortrag der Klägerseite untersucht, wie sich aus den Befunden auf Seite 10 des Gutachtens ergibt. Die Sachverständige konnte keine Funktionseinschränkung, keine Schwellung und keine Umfangsdifferenz der Hände feststellen. Die von der Sachverständigen festgestellten qualitativen Einschränkungen des mehr als sechsstündigen Leistungsvermögens resultieren aus den erhobenen Funktionsbefunden. Abweichende Anhaltspunkte ergeben sich aus den eingeholten Befundberichten der den Kläger behandelnden Ärzte nicht. Diese haben im Wesentlichen die bekannten Beschwerden in den Extremitäten und in der Wirbelsäule bzw. der Hüfte bestätigt. Aus den Befunden des am 24. Juni und 26. Juni 2015 durchgeführten MRT der Schultergelenke lässt sich ein Impingementsyndrom der Schultern ableiten. Die empfohlene Rheuma-Serologie der Hände wurde noch nicht eingeleitet. Bei der am 13. August 2015 durchgeführten Elektroneurographie ergab sich ein unauffälliger neurologischer Befund ohne Anhaltspunkte für ein Carpaltunnelsyndrom. Weitergehende Einschränkungen ergeben sich aus den Befunden demnach nicht.

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Da der Kläger nach alledem in der Lage ist, körperlich leichte Tätigkeiten des allgemeinen Arbeitsmarktes mit den genannten qualitativen Einschränkungen mindestens sechs Stunden täglich zu verrichten, besteht ein Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung nicht. Zugleich hat der Kläger danach erst Recht keinen Anspruch auf Bewilligung einer Rente wegen voller Erwerbsminderung, da diese eine noch weitergehende Leistungseinschränkung voraussetzt. Der allgemeine Arbeitsmarkt ist angesichts der beim Kläger vorliegenden Funktionsbehinderungen auch nicht als verschlossen anzusehen. Insbesondere liegt weder eine schwere spezifische Leistungsbehinderung noch eine Summierung ungewöhnlicher Leistungseinschränkungen im Sinne der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG, z. B. Urteil vom 10. Dezember 2003 – B 5 RJ 64/02 R-; Juris) vor. Das Restleistungsvermögen des Klägers reicht nämlich noch aus, körperliche Verrichtungen (wie z. B. Zureichen, Abnehmen, Transportieren, Reinigen, Kleben, Sortieren, Verpacken, einfaches Zusammensetzen von Teilen) täglich mindestens sechs Stunden auszuführen, die in ungelernten Tätigkeiten gefordert zu werden pflegen (vgl. BSG, SozR 3-2600 § 44 Nr. 8; BSG, Urteil vom 4. November 1998 – B 13 RJ 13/98 R = SozR 2200 § 1246 Nr. 62). Nach den schlüssigen Feststellungen der Sachverständigen kommen als zumutbar in Betracht insbesondere leichte Sortierarbeiten oder Arbeiten als Bürogehilfe. Aufgrund des noch jungen Lebensalters des Klägers dürfte auch die Absolvierung einer Umschulung erfolgversprechend sein.

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Weiter hat der Kläger auch keinen Anspruch auf Zahlung einer Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit i. S. des § 240 Abs. 1 SGB VI. Denn er erfüllt bereits aufgrund seines Geburtsdatums die Voraussetzungen für eine Anwendung dieser Bestimmung nicht. Es kommt daher nicht darauf an, ob er mit dem festgestellten Leistungsvermögen noch in der zuletzt versicherungspflichtig ausgeübten Tätigkeit einsetzbar ist.

23

Schließlich ist unerheblich, ob der Kläger Aussicht auf Vermittlung eines seinem Leistungsvermögen entsprechenden Arbeitsplatzes durch die zuständige Arbeitsagentur hat. Wie sich aus § 43 Abs. 3, 2. Halbsatz SGB VI ergibt, ist die jeweilige Arbeitsmarktlage bei einem mindestens sechsstündigen Leistungsvermögen nicht zu berücksichtigen. Das Risiko der Vermittlung eines dem (Rest-) Leistungsvermögen des Versicherten entsprechenden Arbeitsplatzes trägt danach nicht die gesetzliche Rentenversicherung, sondern die Arbeitslosenversicherung.

24

Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Sozialgerichtsgesetz.


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Referenzen - Gesetze

SGDESSA S 1 R 551/13 zitiert 3 §§.

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 43 Rente wegen Erwerbsminderung


(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie 1. teilweise erwerbsgemindert sind,2. in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge

Sozialgesetzbuch (SGB) Sechstes Buch (VI) - Gesetzliche Rentenversicherung - (Artikel 1 des Gesetzes v. 18. Dezember 1989, BGBl. I S. 2261, 1990 I S. 1337) - SGB 6 | § 240 Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung bei Berufsunfähigkeit


(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die 1. vor dem 2. Januar 1961 geboren und2. berufsunfähigsind. (2) Berufsunfähig

Referenzen

(1) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung, wenn sie

1.
teilweise erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Teilweise erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig zu sein.

(2) Versicherte haben bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie

1.
voll erwerbsgemindert sind,
2.
in den letzten fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung drei Jahre Pflichtbeiträge für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit haben und
3.
vor Eintritt der Erwerbsminderung die allgemeine Wartezeit erfüllt haben.
Voll erwerbsgemindert sind Versicherte, die wegen Krankheit oder Behinderung auf nicht absehbare Zeit außerstande sind, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich erwerbstätig zu sein. Voll erwerbsgemindert sind auch
1.
Versicherte nach § 1 Satz 1 Nr. 2, die wegen Art oder Schwere der Behinderung nicht auf dem allgemeinen Arbeitsmarkt tätig sein können, und
2.
Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren, in der Zeit einer nicht erfolgreichen Eingliederung in den allgemeinen Arbeitsmarkt.

(3) Erwerbsgemindert ist nicht, wer unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens sechs Stunden täglich erwerbstätig sein kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.

(4) Der Zeitraum von fünf Jahren vor Eintritt der Erwerbsminderung verlängert sich um folgende Zeiten, die nicht mit Pflichtbeiträgen für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit belegt sind:

1.
Anrechnungszeiten und Zeiten des Bezugs einer Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit,
2.
Berücksichtigungszeiten,
3.
Zeiten, die nur deshalb keine Anrechnungszeiten sind, weil durch sie eine versicherte Beschäftigung oder selbständige Tätigkeit nicht unterbrochen ist, wenn in den letzten sechs Kalendermonaten vor Beginn dieser Zeiten wenigstens ein Pflichtbeitrag für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit oder eine Zeit nach Nummer 1 oder 2 liegt,
4.
Zeiten einer schulischen Ausbildung nach Vollendung des 17. Lebensjahres bis zu sieben Jahren, gemindert um Anrechnungszeiten wegen schulischer Ausbildung.

(5) Eine Pflichtbeitragszeit von drei Jahren für eine versicherte Beschäftigung oder Tätigkeit ist nicht erforderlich, wenn die Erwerbsminderung aufgrund eines Tatbestandes eingetreten ist, durch den die allgemeine Wartezeit vorzeitig erfüllt ist.

(6) Versicherte, die bereits vor Erfüllung der allgemeinen Wartezeit voll erwerbsgemindert waren und seitdem ununterbrochen voll erwerbsgemindert sind, haben Anspruch auf Rente wegen voller Erwerbsminderung, wenn sie die Wartezeit von 20 Jahren erfüllt haben.

(1) Anspruch auf Rente wegen teilweiser Erwerbsminderung haben bei Erfüllung der sonstigen Voraussetzungen bis zum Erreichen der Regelaltersgrenze auch Versicherte, die

1.
vor dem 2. Januar 1961 geboren und
2.
berufsunfähig
sind.

(2) Berufsunfähig sind Versicherte, deren Erwerbsfähigkeit wegen Krankheit oder Behinderung im Vergleich zur Erwerbsfähigkeit von körperlich, geistig und seelisch gesunden Versicherten mit ähnlicher Ausbildung und gleichwertigen Kenntnissen und Fähigkeiten auf weniger als sechs Stunden gesunken ist. Der Kreis der Tätigkeiten, nach denen die Erwerbsfähigkeit von Versicherten zu beurteilen ist, umfasst alle Tätigkeiten, die ihren Kräften und Fähigkeiten entsprechen und ihnen unter Berücksichtigung der Dauer und des Umfangs ihrer Ausbildung sowie ihres bisherigen Berufs und der besonderen Anforderungen ihrer bisherigen Berufstätigkeit zugemutet werden können. Zumutbar ist stets eine Tätigkeit, für die die Versicherten durch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben mit Erfolg ausgebildet oder umgeschult worden sind. Berufsunfähig ist nicht, wer eine zumutbare Tätigkeit mindestens sechs Stunden täglich ausüben kann; dabei ist die jeweilige Arbeitsmarktlage nicht zu berücksichtigen.