Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 29. Nov. 2012 - 2 K 165/11

ECLI:ECLI:DE:OVGST:2012:1129.2K165.11.0A
bei uns veröffentlicht am29.11.2012

Tatbestand

1

Die Antragstellerin wendet sich im Normenkontrollverfahren gegen eine Veränderungssperre und die Verlängerung derselben für den Geltungsbereich des Bebauungsplans „Windenergiepark P.“.

2

Die Antragstellerin plant im Stadtgebiet der Antragsgegnerin, in den Gemarkungen P. und W., die Errichtung und den Betrieb eines Windparks mit mehreren Windenergieanlagen. Zur Verwirklichung dieses Vorhabens schloss sie mit mehreren Grundstückeigentümern, deren Grundstücke in diesen Gemarkungen gelegen sind, Nutzungsverträge mit einer Laufzeit über zwanzig Jahre für den Bau von Windenergieanlagen und die Sicherung der erforderlichen Abstandsflächen. Die Grundstücke liegen in einem Gebiet, das im Regionalen Entwicklungsplan für die Planungsregion Halle als Vorranggebiet für die Nutzung der Windenergie ausgewiesen ist.

3

Die Antragsgegnerin hat sich im Eingemeindungsvertrag mit der Ortschaft P. verpflichtet, darauf hinzuwirken, dass die Interessen der Bürger nicht unzulässig durch den Betrieb von Windenergieanlagen beeinträchtigt werden. Ferner verfolgt die Antragsgegnerin mit dem Domstift und dem Landkreis in einem Förderverein die Aufnahme der Stadt und der Region als Weltkulturerbe.

4

In einem Flächennutzungsplan vom 21.12.2009 setzte die Antragsgegnerin für das damalige Gebiet der Stadt C. im Bereich des Windvorranggebietes eine „Sonderbaufläche Windenergie mit max. 70 m“ fest.

5

Am 08.09.2010 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die Aufstellung des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“.

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Der Aufstellungsbeschluss wurde wie folgt begründet:

7

„Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ umfasst das durch den Regionalen Entwicklungsplan festgesetzte Vorranggebiet für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten M. in der Gemarkung P..

8

Zudem ist ein Teil der Gemarkung W., der bisher im rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Stadt C. (Saale) planungsrechtlich bezüglich der Nutzung der Windenergie nicht erfasst wurde, Bestandteil des in der Anlage 1 dargestellten Geltungsbereiches.

9

Der Bebauungsplan hat das Ziel, die Nutzung der Windenergie in diesem Areal planungsrechtlich zu ordnen.“

10

In der Sitzung des Technischen Ausschusses der Antragsgegnerin, die gleichfalls am 08.09.2010 stattfand, erläuterte der Oberbürgermeister, dass die Aufstellung eines Vorhaben- und Erschließungsplanes zu lange dauern würde und „die Situation nur durch den angestrebten Bebauungsplan und die Veränderungssperre kontrollierbar wird“. Auf Nachfrage eines Stadtrates, ob nach dem Beschluss des Bebauungsplanes ohne die Zustimmung der Gemeinde noch die Möglichkeit bestehe, andere oder höhere Anlagen in dem Gebiet zu errichten als im Bebauungsplan festgelegt, wurde erläutert, dies sei nicht möglich. Hingegen könnten ohne den Beschluss des Bebauungsplanes größere Anlagen gebaut werden, als die Antragsgegnerin dies befürworte.

11

Gleichfalls unter dem 08.09.2010 beschloss der Gemeinderat der Antragsgegnerin eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“. Diese erstreckte sich auf das Gebiet, für das die Aufstellung des Bebauungsplanes beschlossen worden war.

12

Die Bekanntmachung des Aufstellungsbeschlusses erfolgte am 16.09.2010 und die des Beschlusses über die Veränderungssperre am 02.10.2010 jeweils im Naumburger Tageblatt.

13

Mit Beschluss vom 08.12.2010 erweiterte der Stadtrat der Antragsgegnerin den Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ um eine in Anlage 1 zum Bebauungsplan zeichnerisch dargestellte Fläche „westlich der Milchviehanlage“.

14

Zur Begründung führt der Beschluss aus:

15

„Der Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ umfasst das aktuelle durch den regionalen Entwicklungsplan (REP) festgesetzte Vorranggebiet für die Nutzung der Windenergie mit der Wirkung von Eignungsgebieten M. (VRG XIII) in der Gemarkung P.. Zudem ist ein Teil der Gemarkung W. Bestandteil des Geltungsbereiches. Diese Fläche wird durch den rechtskräftigen Flächennutzungsplan der Stadt C. (Saale) aufgrund des damaligen Verfahrensstandes des REP planungsrechtlich nicht erfasst.

16

Mit dem heutigen Beschluss wird der bisherige Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ an den aktuellen Stand des regionalen Entwicklungsplanes angepasst und erweitert.

17

Er besteht nunmehr aus zwei Teilen, dem mit Beschluss vom 08.09.2010 (GR 155/10) festgesetzten Geltungsbereich und der aufgrund des aktuellen REP ergänzten Fläche westlich der Milchviehanlage in der Gemarkung P..“

18

Gleichfalls unter dem 08.12.2010 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin den Geltungsbereich der Veränderungssperre auf die Erweiterungsfläche des Geltungsbereiches des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ westlich der Milchviehanlage zu erstrecken. Zur Begründung der Erweiterung des Aufstellungsbeschlusses führte der Beschlussvorschlag für den Stadtrat aus, die Erweiterung diene der Anpassung des Geltungsbereichs des Bebauungsplans an den aktuellen Stand des Regionalen Entwicklungsplanes. Beide Beschlüsse wurden im Naumburger Tageblatt am 13. bzw. 16.12.2010 veröffentlicht.

19

Die Antragstellerin ist nunmehr gemeinsam mit zwei weiteren Gesellschaften in der Rechtsform der GmbH Kommanditistin der am 25.04.2012 in das Handelsregister eingetragenen Windpark GmbH (...) mit Sitz in O.. Der Vertreter der Antragstellerin hat in einer sog. „Absichtserklärung“ vom 23.08.2012 bestätigt, dass die Antragstellerin in Kürze sämtliche Rechte aus den von ihr mit Eigentümern der in dem Windvorranggebiet gelegenen Grundstücke geschlossenen Nutzungsverträgen an die Windpark GmbH (...) abzutreten „beabsichtigt“.

20

Die Windpark C. GmbH (...) reichte unter dem 12.07.2012 einen immissionsschutzrechtlichen Genehmigungsantrag für drei Windenergieanlagen in den Gemarkungen P. und W. beim Burgenlandkreis ein.

21

In seiner Sitzung vom 18.07.2012 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin eine weitere Erweiterung des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Windenergiepark P.“ auf die gesamte ausgewiesene Fläche des Regionalen Entwicklungsplans für die Planungsregion Halle für das Vorranggebiet XXIII M.. Die Satzung wurde am 19.07.2012 ausgefertigt und am 28.07.2012 im Naumburger Tageblatt veröffentlicht.

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Zur Begründung führte die Beschlussvorlage aus:

23

„Bei der Erweiterungsfläche handelt es sich um den Teil des Vorranggebietes, der im rechtswirksamen Flächennutzungsplan der Stadt C. (Saale) als Sondergebiet Windenergie mit Höhenbeschränkung ausgewiesen ist.

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Die Erweiterung des Geltungsbereiches macht sich erforderlich, weil die Festsetzungen zur Schaffung einer städtebaulichen Ordnung, wie der Bebauungsplan es ermöglicht, und die über eine Nabenhöhenbegrenzung hinausgehen, nicht nur auf die bisherige Fläche des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ beschränkt, sondern den gesamten Bereich des Vorranggebietes der zur Stadt C. (Saale) gehörenden Gemarkung betreffen soll.

25

Ziel der Planung ist es, für den gesamten Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ eine im Kontext mit den denkmalrechtlichen Schutzansprüchen vor dem Hintergrund unserer Region zum UNESCO-Welterbe verträgliche Nutzung der Windenergie zu ermöglichen.“

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Nach eigenem Bekunden arbeitet die Stadtverwaltung der Antragsgegnerin seit 2011 an einem Ergänzungsflächennutzungsplan für die zum 01.01.2010 eingemeindeten Gebiete.

27

Gleichfalls mit Beschluss vom 18.07.2012 beschloss der Stadtrat der Antragsgegnerin die Verlängerung der Veränderungssperre um ein Jahr bis zum 16.09.2013. Nach der Ausfertigung am 19.07.2012 erfolgte die Bekanntmachung im Naumburger Tageblatt vom 11.08.2012.

28

In der Begründung des Beschlussvorschlags zur Verlängerung der Veränderungssperre heißt es:

29

„Der Ergänzungsflächennutzungsplan der Stadt C. (Saale), der u.a. die Gemarkung P. erfasst, weist das Vorranggebiet für Windenergie verbunden mit der Wirkung von Eignungsgebieten M. als Fläche für Erneuerbare Energie mit der Zweckbestimmung Windenergie aus. Gleichzeitig werden Festsetzungen bezüglich der zulässigen Höhe getroffen.

30

Weiter erforderliche rechtsverbindliche Festsetzungen, um eine städtebaulich vertretbare Ordnung am Standort zu schaffen, auch vor dem Hintergrund der Beantragung unserer Region zum Welterbe und dem damit verbundenen behutsamen Umgang mit schützenswerter Kulturlandschaft und Sichtbeziehungen, können nur auf der Ebene eines Bebauungsplans getroffen werden.

31

Da der Bebauungsplan nach § 8 Abs. 2 BauGB aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln ist oder nach § 8 Abs. 3 BauGB im Parallelverfahren aufgestellt werden kann, musste der Flächennutzungsplan erst eine gewisse Planreife aufweisen, bevor entsprechende Festsetzungen im Bebauungsplan getroffen werden konnten.

32

Inzwischen haben die Beteilung der Öffentlichkeit nach § 3 Abs. 1 und 2 BauGB und die Beteilung der Behörden nach § 4 Abs. 1 und 2 BauGB zum Vorentwurf bzw. Entwurf des Ergänzungsflächennutzungsplanes stattgefunden, so dass nunmehr die Erarbeitung der Bebauungsplans vorangetrieben werden kann.

33

Die Satzung über die Verlängerung der Geltungsdauer der Satzung über eine Veränderungssperre dient dazu diese Planung zu sichern.“

34

Ausweislich des Protokolls der Sitzung des Technischen Ausschusses der Antragsgegnerin vom 27.06.2012 erklärte dort eine Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, es gebe einen Investor, der „die Höhenbegrenzung auf 70 m akzeptiert“.

35

Bereits mit am 14.09.2011 eingegangenem Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten hat die Antragstellerin einen Antrag auf Normenkontrolle zunächst beschränkt auf die Veränderungssperre in der Satzung vom 08.09.2010 gestellt. Mit Schriftsatz ihrer Prozessbevollmächtigten vom 24.08.2012 hat sie ihren Antrag dahingehend erweitert, dass von ihm auch die Satzung über die Verlängerung der Veränderungssperre erfasst sein soll. Der künftige Inhalt des Bebauungsplanes sei zum Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre im Oktober 2010 nicht in einem Mindestmaß konkretisierbar gewesen. Positive Vorstellungen über den Inhalt des Bebauungsplanes hätten nicht existiert. Die Antragsgegnerin habe die Veränderungssperre letztlich genutzt, um das Plangebiet bis zum Inkrafttreten des Ergänzungsflächennutzungsplans von Windenergieanlagen freizuhalten. Im Hinblick auf die Verlängerung der Veränderungssperre vertritt die Antragstellerin die Ansicht, Gegenstand der Überprüfung bleibe die ursprüngliche Veränderungssperre. Die Unwirksamkeit der ursprünglich erlassenen Veränderungssperre erfasse auch den gesamten Geltungsbereich der Erweiterung. Eine im Änderungsbeschluss nachgeschobene Begründung könne die Unwirksamkeit nicht heilen. Zudem genüge auch diese Begründung nicht den Anforderungen an die Wirksamkeit einer Veränderungssperre. Es fehlten weiter Vorstellungen über die angestrebte Art der baulichen Nutzung der betroffenen Grundflächen.

36

Die Antragstellerin beantragt,

37

die Satzung der Antragsgegnerin über eine Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ vom 08.09.2010 in der Fassung der Verlängerungssatzung vom 19.07.2012 für unwirksam zu erklären.

38

Die Antragsgegnerin beantragt,

39

den Antrag zurückzuweisen.

40

Sie vertritt die Ansicht, die Normenkontrollklage sei unbegründet, denn die Veränderungssperre sei zur Sicherung der Planziele zulässig. Es handele sich nicht um eine Verhinderungsplanung. Es reiche nach der Rechtsprechung des Senats aus, dass die beabsichtigte Planung überhaupt auf ein Ziel gerichtet sei, das im konkreten Fall mit dem Mittel der Bauleitplanung zulässigerweise erreicht werden könne. Dies sei hier der Fall. Der Bebauungsplan diene der Feinsteuerung der Windenergie in dem Vorranggebiet. Es gehe um Abstandsflächen der Windkraftanlagen untereinander sowie um die Nabenhöhe und damit um Regelungen der Intensität der geplanten baulichen Nutzung. Es handele sich insoweit um städtebaulich zulässige Inhalte. Die Antragsgegnerin verfolge nicht das Ziel, die Ansiedlung von Windenergie im Bebauungsplangebiet unmöglich zu machen. Sie wolle diese bauliche Nutzung nur in Einklang bringen mit anderen relevanten städtebaulichen Rahmenfaktoren. Da der Flächennutzungsplan Voraussetzung für den Erlass eines Bebauungsplanes sei, habe sich die Antragsgegnerin entschieden, zunächst im Rahmen des Flächennutzungsplanes die entsprechenden planerischen Schritte zu verfolgen und zeitlich versetzt den Bebauungsplan zu entwickeln.

41

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte in diesem Verfahren und im Verfahren 2 R 96/12 sowie auf die jeweils beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

42

I. Der Normenkontrollantrag ist zulässig.

43

1. Der Antrag ist im Hinblick auf die Veränderungssperre in der Fassung des Beschlusses vom 08.09.2010 nicht durch Zeitablauf unzulässig geworden. Zwar ist die ursprüngliche Dauer der Veränderungssperre von zwei Jahren (vgl. § 17 Abs. 1 Satz 1 BauGB) am 03.10.2012 abgelaufen. Die Antragsgegnerin hat indes von der Möglichkeit des § 17 Abs. 1 Satz 3 BauGB Gebrauch gemacht und die Geltungsdauer der Veränderungssperre im räumlichen Geltungsbereich der Veränderungssperre vom 08.09.2010, bzw. 08.12.2010 mit Beschluss vom 18.07.2012 um ein weiteres Jahr verlängert. Bei dieser gemäß § 16 BauGB in Form einer Satzung erfolgten Verlängerung handelt es sich nicht um eine selbständige Veränderungssperre, sondern nur um die Verlängerung der Geltungsdauer der ursprünglichen Veränderungssperre. Diese bleibt als Gegenstand des Normenkontrollverfahrens erhalten, denn materiell und prozessual sind die ursprüngliche Veränderungssperre und ihre Verlängerung als Einheit anzusehen (vgl. BVerwG, Urt. v. 19.02.2004 – 4 CN 13/03 –, nach juris).

44

2. Die Antragstellerin hat die im Normenkontrollverfahren erforderliche Antragsbefugnis. Gemäß § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO kann den Normenkontrollantrag jede natürliche Person stellen, die geltend macht, durch die streitige Rechtsvorschrift in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden. Erforderlich, aber auch ausreichend für die Antragsbefugnis ist, dass der Antragsteller hinreichend substantiiert Tatsachen vorträgt, die es zumindest als möglich erscheinen lassen, dass er durch Festsetzung einer Satzung in einem Recht verletzt wird (vgl. Kopp/Schenke, VwGO, 17. Auflage, § 47, RdNr. 44,46; zum Bebauungsplan: BVerwG, Urt. v. 30.04.2004 – BVerwG 4 CN 1.03 –, NVwZ 2004, 1120; Urt. v. 24.09.1998 – BVerwG 4 CN 2.98 –, BVerwG E 107, 215). Zwar ist die Antragstellerin nicht Eigentümerin von Grundstücken im Geltungsbereich der Veränderungssperre. Gleichwohl kann sie geltend machen, durch die Veränderungssperre in ihren Rechten verletzt zu sein. Sie hat auf der Grundlage von Vereinbarungen mit den Grundeigentümern Nutzungsverträge zur Errichtung von Windkraftanlagen geschlossen, die nicht ausgenutzt werden können, weil eine Genehmigung für diese Anlagen aufgrund der Veränderungssperre nicht erteilt werden kann. Es ist ausreichend, dass der Antragstellerin als sonstige – im Einverständnis mit den Grundstückseigentümern – Nutzungsberechtigte durch die Veränderungssperre eine Beschränkung der Nutzung der Grundstücke auferlegt wird (vgl. Beschl. des erkennenden Senats v. 06.10.2004 – 2 R 488/03 –, nach juris, m. w. N.). Diese Nutzungsbefugnis besteht auch derzeit noch, denn die Erklärung vom 23.08.2012 über die Übertragung der Nutzungsrechte ist lediglich eine Absichtserklärung, die Nutzungsbefugnisse sind noch nicht auf die Windpark C. GmbH (...) übergegangen.

45

3. Der Antrag ist auch innerhalb der Jahresfrist des § 47 Abs. 2 Satz 1 VwGO eingereicht worden.

46

II. Der Antrag ist begründet. Die angefochtene Veränderungssperre vom 08.09.2010 in der Fassung vom 19.07.2012 ist unwirksam.

47

Die Veränderungssperre für den Geltungsbereich des Bebauungsplanes „Windenergiepark P.“ entspricht nicht § 14 Abs. 1 BauGB, weil es sich jedenfalls um eine unzulässige Verhinderungsplanung handelt.

48

Nach § 14 Abs. 1 BauGB in der Fassung der Bekanntmachung vom 23.09.2004 (BGBl. I S. 2414) kann die Gemeinde, wenn ein Beschluss zur Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst ist, zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre u.a. mit dem Inhalt beschließen, dass Vorhaben im Sinne des § 29 BauGB nicht durchgeführt werden dürfen.

49

Eine Veränderungssperre darf erst erlassen werden, wenn im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre die Planung einen Stand erreicht hat, der ein Mindestmaß dessen erkennen lässt, was Inhalt des zu erwartenden Bebauungsplans sein soll (vgl. BVerwG, Urt. v. 10.09.1976 – BVerwG IV C 39.74 –, BVerwGE 51, 121; BVerwG, Urt. v. 19.02.2004 – 4 CN 13/03 –, nach juris). Dies ist nur dann erfüllt, wenn die Gemeinde für das betroffene Gebiet schon positive planerische Vorstellungen entwickelt hat; eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, ist nicht ausreichend (vgl. BVerwG, Beschl. v. 25.11.2003 – 4 BN 60.03 –, nach juris, m. w. N.). Die Veränderungssperre soll die Gemeinde nach der gesetzgeberischen Zielsetzung in die Lage versetzen, planerische Vorstellungen umzusetzen. Eine Veränderungssperre ist daher unzulässig, wenn sich der Inhalt der beabsichtigten Planung noch in keiner Weise absehen lässt (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.08.2000 – 4 BN 35.00 –, nach juris, m. w. N.). Eine Negativplanung, die sich darin erschöpft, einzelne Vorhaben auszuschließen, reicht nicht aus. Insoweit müssen gewisse Mindestanforderungen erfüllt sein. So genügt es beispielsweise, dass sich aus dem Planaufstellungsbeschluss oder weiteren Verfahrensschritten wenigstens ansatzweise ersehen lässt, was Inhalt des zukünftigen Bebauungsplanes sein soll. Es ist etwa ausreichend, wenn die Gemeinde im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre bereits einen bestimmten Baugebietstyp ins Auge gefasst hat, denn die Art der Nutzung gehört zu den für die Bauleitplanung wesentlichen Festsetzungselementen (vgl. BVerwG, Beschl. v. 15.08.2000 – 4 BN 35.00 –, nach juris). Sinn der Veränderungssperre ist es nämlich, vorhandene planerische Ziele zu sichern und deren weitere Entwicklung zu ermöglichen. Ungeeignet als Sicherungsmittel ist eine Veränderungssperre deshalb dann, wenn sich dass aus dem Aufstellungsbeschluss ersichtliche, hinreichend konkretisierende Planungsziel im Wege planerischer Festsetzung nicht erreichen lässt, wenn der beabsichtigte Bebauungsplan einer positiven Planungskonzeption entbehrt und der Förderung von Zielen dient, für deren Verwirklichung die Planungsinstrumente des Baugesetzbuchs nicht bestimmt sind oder wenn rechtliche Mängel schlechterdings nicht behebbar sind (vgl. BVerwG, Beschl. v. 21.12.1993 – BVerwG 4 BN 40.93 –, nach juris; BVerwG, Urt. v. 16.12.1988 – BVerwG 4 C 48.86 –, nach juris).

50

Vorliegend stellt sich der von der Antragsgegnerin beabsichtigte Bebauungsplan als eine gegen § 1 Abs. 3 BauGB verstoßende und daher unzulässige Verhinderungsplanung dar. Der Aufstellungsbeschluss und seine Begründung lassen nicht das Mindestmaß dessen erkennen, was Inhalt des zu erwartenden Plans sein soll. Ausweislich des Aufstellungsbeschlusses des Gemeinderates vom 08.09.2010 hat der Bebauungsplan das Ziel, „die Nutzung der Windenergie in diesem Areal planungsrechtlich zu ordnen“. Im Übrigen erschöpft sich die Begründung in der Benennung des Geltungsbereichs des aufzustellenden Bebauungsplans. Positive Planvorstellungen im Zeitpunkt des Erlasses der Veränderungssperre lassen sich diesem Beschluss nicht im Ansatz entnehmen, insbesondere nicht, ob eine planerische Feinsteuerung der Errichtung von Windkraftanlagen, u.a. bezüglich der Anzahl und der maximal zulässigen Höhe der Anlagen, beabsichtigt ist (vgl. Beschl. d. Sen. v. 06.10.2004, a.a.O.).

51

Auch den Beschlüssen des Rates der Antragsgegnerin über die Flächenerweiterung des Geltungsbereichs des Bebauungsplans „Windenergiepark P.“ und der Veränderungssperre jeweils vom 08.12.2010 sowie den Beschlüssen vom 18.07.2012 über die weitere Erweiterung des Geltungsbereichs des genannten Planes und der Veränderungssperre lässt sich kein positive Planungskonzeption entnehmen.

52

Eine solche muss nämlich im Zeitpunkt des Planaufstellungsbeschlusses vorliegen. Eine nachträgliche Konkretisierung der Planung vermag eine ungültige Veränderungssperre nicht zu heilen (vgl. auch OVG Berlin-Brandenburg, Urt, v. 15.02.2001, a.a.O., m.w.N.).

53

Im Übrigen genügen die genannten Beschlüsse vom 08.12.2010 und vom 18.07.2012 auch nicht den Anforderungen an eine positive Planungskonzeption.

54

III. Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

55

IV. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 167 VwGO, 708 Nr. 11, 711 ZPO.

56

V. Die Revision wird nicht zugelassen, da keiner der in § 132 Abs. 2 VwGO genannten Gründe vorliegt.


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Oberverwaltungsgericht des Landes Sachsen-Anhalt Urteil, 29. Nov. 2012 - 2 K 165/11 zitiert 16 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 167


(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs. (2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungskl

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 132


(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulas

Baugesetzbuch - BBauG | § 1 Aufgabe, Begriff und Grundsätze der Bauleitplanung


(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten. (2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und d

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 47


(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit 1. von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 de

Baugesetzbuch - BBauG | § 29 Begriff des Vorhabens; Geltung von Rechtsvorschriften


(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30

Baugesetzbuch - BBauG | § 3 Beteiligung der Öffentlichkeit


(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswir

Baugesetzbuch - BBauG | § 14 Veränderungssperre


(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass 1. Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgefüh

Baugesetzbuch - BBauG | § 8 Zweck des Bebauungsplans


(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen. (2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu e

Baugesetzbuch - BBauG | § 4 Beteiligung der Behörden


(1) Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, sind entsprechend § 3 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu unterrichten und zur Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang

Baugesetzbuch - BBauG | § 17 Geltungsdauer der Veränderungssperre


(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist

Baugesetzbuch - BBauG | § 16 Beschluss über die Veränderungssperre


(1) Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen. (2) Die Gemeinde hat die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen. Sie kann auch ortsüblich bekannt machen, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist; § 10 Ab

Referenzen

(1) Der Bebauungsplan enthält die rechtsverbindlichen Festsetzungen für die städtebauliche Ordnung. Er bildet die Grundlage für weitere, zum Vollzug dieses Gesetzbuchs erforderliche Maßnahmen.

(2) Bebauungspläne sind aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Ein Flächennutzungsplan ist nicht erforderlich, wenn der Bebauungsplan ausreicht, um die städtebauliche Entwicklung zu ordnen.

(3) Mit der Aufstellung, Änderung, Ergänzung oder Aufhebung eines Bebauungsplans kann gleichzeitig auch der Flächennutzungsplan aufgestellt, geändert oder ergänzt werden (Parallelverfahren). Der Bebauungsplan kann vor dem Flächennutzungsplan bekannt gemacht werden, wenn nach dem Stand der Planungsarbeiten anzunehmen ist, dass der Bebauungsplan aus den künftigen Darstellungen des Flächennutzungsplans entwickelt sein wird.

(4) Ein Bebauungsplan kann aufgestellt, geändert, ergänzt oder aufgehoben werden, bevor der Flächennutzungsplan aufgestellt ist, wenn dringende Gründe es erfordern und wenn der Bebauungsplan der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung des Gemeindegebiets nicht entgegenstehen wird (vorzeitiger Bebauungsplan). Gilt bei Gebiets- oder Bestandsänderungen von Gemeinden oder anderen Veränderungen der Zuständigkeit für die Aufstellung von Flächennutzungsplänen ein Flächennutzungsplan fort, kann ein vorzeitiger Bebauungsplan auch aufgestellt werden, bevor der Flächennutzungsplan ergänzt oder geändert ist.

(1) Die Öffentlichkeit ist möglichst frühzeitig über die allgemeinen Ziele und Zwecke der Planung, sich wesentlich unterscheidende Lösungen, die für die Neugestaltung oder Entwicklung eines Gebiets in Betracht kommen, und die voraussichtlichen Auswirkungen der Planung öffentlich zu unterrichten; ihr ist Gelegenheit zur Äußerung und Erörterung zu geben. Auch Kinder und Jugendliche sind Teil der Öffentlichkeit im Sinne des Satzes 1. Von der Unterrichtung und Erörterung kann abgesehen werden, wenn

1.
ein Bebauungsplan aufgestellt oder aufgehoben wird und sich dies auf das Plangebiet und die Nachbargebiete nicht oder nur unwesentlich auswirkt oder
2.
die Unterrichtung und Erörterung bereits zuvor auf anderer Grundlage erfolgt sind.
An die Unterrichtung und Erörterung schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Erörterung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Entwürfe der Bauleitpläne sind mit der Begründung und den nach Einschätzung der Gemeinde wesentlichen, bereits vorliegenden umweltbezogenen Stellungnahmen für die Dauer eines Monats, mindestens jedoch für die Dauer von 30 Tagen, oder bei Vorliegen eines wichtigen Grundes für die Dauer einer angemessenen längeren Frist im Internet zu veröffentlichen. Zusätzlich zur Veröffentlichung im Internet nach Satz 1 sind eine oder mehrere andere leicht zu erreichende Zugangsmöglichkeiten, etwa durch öffentlich zugängliche Lesegeräte oder durch eine öffentliche Auslegung der in Satz 1 genannten Unterlagen, zur Verfügung zu stellen. Die nach § 4 Absatz 2 Beteiligten sollen von der Veröffentlichung im Internet auf elektronischem Weg benachrichtigt werden. Die Internetseite oder Internetadresse, unter der die in Satz 1 genannten Unterlagen eingesehen werden können, die Dauer der Veröffentlichungsfrist sowie Angaben dazu, welche Arten umweltbezogener Informationen verfügbar sind, sind vor Beginn der Veröffentlichungsfrist ortsüblich bekannt zu machen; in der Bekanntmachung ist darauf hinzuweisen,

1.
dass Stellungnahmen während der Dauer der Veröffentlichungsfrist abgegeben werden können,
2.
dass Stellungnahmen elektronisch übermittelt werden sollen, bei Bedarf aber auch auf anderem Weg abgegeben werden können,
3.
dass nicht fristgerecht abgegebene Stellungnahmen bei der Beschlussfassung über den Bauleitplan unberücksichtigt bleiben können und
4.
welche anderen leicht zu erreichenden Zugangsmöglichkeiten nach Satz 2 bestehen.
Der Inhalt der Bekanntmachung ist zusätzlich in das Internet einzustellen; die nach Satz 1 zu veröffentlichenden Unterlagen und der Inhalt der Bekanntmachung sind über ein zentrales Internetportal des Landes zugänglich zu machen. Die fristgemäß abgegebenen Stellungnahmen sind zu prüfen; das Ergebnis ist mitzuteilen. Haben mehr als 50 Personen Stellungnahmen mit im Wesentlichen gleichem Inhalt abgegeben, kann die Mitteilung dadurch ersetzt werden, dass diesen Personen die Einsicht in das Ergebnis ermöglicht wird; die Stelle, bei der das Ergebnis der Prüfung während der Dienststunden eingesehen werden kann, ist ortsüblich und über das Internet bekannt zu machen. Bei der Vorlage der Bauleitpläne nach § 6 oder § 10 Absatz 2 sind die nicht berücksichtigten Stellungnahmen mit einer Stellungnahme der Gemeinde beizufügen.

(3) Bei Flächennutzungsplänen ist ergänzend zu dem Hinweis nach Absatz 2 Satz 4 zweiter Halbsatz darauf hinzuweisen, dass eine Vereinigung im Sinne des § 4 Absatz 3 Satz 1 Nummer 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes in einem Rechtsbehelfsverfahren nach § 7 Absatz 2 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes gemäß § 7 Absatz 3 Satz 1 des Umwelt-Rechtsbehelfsgesetzes mit allen Einwendungen ausgeschlossen ist, die sie im Rahmen der Veröffentlichungsfrist nicht oder nicht rechtzeitig geltend gemacht hat, aber hätte geltend machen können.

(1) Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, sind entsprechend § 3 Absatz 1 Satz 1 Halbsatz 1 zu unterrichten und zur Äußerung auch im Hinblick auf den erforderlichen Umfang und Detaillierungsgrad der Umweltprüfung nach § 2 Absatz 4 aufzufordern. Hieran schließt sich das Verfahren nach Absatz 2 auch an, wenn die Äußerung zu einer Änderung der Planung führt.

(2) Die Gemeinde holt die Stellungnahmen der Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange, deren Aufgabenbereich durch die Planung berührt werden kann, zum Planentwurf und zur Begründung ein. Die Bereitstellung der Unterlagen sowie die Mitteilung hierüber sollen elektronisch erfolgen. Die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange haben ihre Stellungnahmen innerhalb eines Monats abzugeben, wobei jedoch die Frist zur Abgabe von Stellungnahmen 30 Tage nicht unterschreiten darf; die Gemeinde soll diese Frist bei Vorliegen eines wichtigen Grundes angemessen verlängern. Die Stellungnahmen sollen elektronisch übermittelt werden. In den Stellungnahmen sollen sich die Behörden und sonstigen Träger öffentlicher Belange auf ihren Aufgabenbereich beschränken; sie haben auch Aufschluss über von ihnen beabsichtigte oder bereits eingeleitete Planungen und sonstige Maßnahmen sowie deren zeitliche Abwicklung zu geben, die für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung des Gebiets bedeutsam sein können. Verfügen sie über Informationen, die für die Ermittlung und Bewertung des Abwägungsmaterials zweckdienlich sind, haben sie diese Informationen der Gemeinde zur Verfügung zu stellen.

(3) Nach Abschluss des Verfahrens zur Aufstellung des Bauleitplans unterrichten die Behörden die Gemeinde, sofern nach den ihnen vorliegenden Erkenntnissen die Durchführung des Bauleitplans erhebliche, insbesondere unvorhergesehene nachteilige Auswirkungen auf die Umwelt hat.

(1) Die Veränderungssperre tritt nach Ablauf von zwei Jahren außer Kraft. Auf die Zweijahresfrist ist der seit der Zustellung der ersten Zurückstellung eines Baugesuchs nach § 15 Absatz 1 abgelaufene Zeitraum anzurechnen. Die Gemeinde kann die Frist um ein Jahr verlängern.

(2) Wenn besondere Umstände es erfordern, kann die Gemeinde die Frist bis zu einem weiteren Jahr nochmals verlängern.

(3) Die Gemeinde kann eine außer Kraft getretene Veränderungssperre ganz oder teilweise erneut beschließen, wenn die Voraussetzungen für ihren Erlass fortbestehen.

(4) Die Veränderungssperre ist vor Fristablauf ganz oder teilweise außer Kraft zu setzen, sobald die Voraussetzungen für ihren Erlass weggefallen sind.

(5) Die Veränderungssperre tritt in jedem Fall außer Kraft, sobald und soweit die Bauleitplanung rechtsverbindlich abgeschlossen ist.

(6) Mit der förmlichen Festlegung des Sanierungsgebiets oder des städtebaulichen Entwicklungsbereichs tritt eine bestehende Veränderungssperre nach § 14 außer Kraft. Dies gilt nicht, wenn in der Sanierungssatzung die Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 ausgeschlossen ist.

(1) Die Veränderungssperre wird von der Gemeinde als Satzung beschlossen.

(2) Die Gemeinde hat die Veränderungssperre ortsüblich bekannt zu machen. Sie kann auch ortsüblich bekannt machen, dass eine Veränderungssperre beschlossen worden ist; § 10 Absatz 3 Satz 2 bis 5 ist entsprechend anzuwenden.

(1) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet im Rahmen seiner Gerichtsbarkeit auf Antrag über die Gültigkeit

1.
von Satzungen, die nach den Vorschriften des Baugesetzbuchs erlassen worden sind, sowie von Rechtsverordnungen auf Grund des § 246 Abs. 2 des Baugesetzbuchs
2.
von anderen im Rang unter dem Landesgesetz stehenden Rechtsvorschriften, sofern das Landesrecht dies bestimmt.

(2) Den Antrag kann jede natürliche oder juristische Person, die geltend macht, durch die Rechtsvorschrift oder deren Anwendung in ihren Rechten verletzt zu sein oder in absehbarer Zeit verletzt zu werden, sowie jede Behörde innerhalb eines Jahres nach Bekanntmachung der Rechtsvorschrift stellen. Er ist gegen die Körperschaft, Anstalt oder Stiftung zu richten, welche die Rechtsvorschrift erlassen hat. Das Oberverwaltungsgericht kann dem Land und anderen juristischen Personen des öffentlichen Rechts, deren Zuständigkeit durch die Rechtsvorschrift berührt wird, Gelegenheit zur Äußerung binnen einer zu bestimmenden Frist geben. § 65 Abs. 1 und 4 und § 66 sind entsprechend anzuwenden.

(2a) (weggefallen)

(3) Das Oberverwaltungsgericht prüft die Vereinbarkeit der Rechtsvorschrift mit Landesrecht nicht, soweit gesetzlich vorgesehen ist, daß die Rechtsvorschrift ausschließlich durch das Verfassungsgericht eines Landes nachprüfbar ist.

(4) Ist ein Verfahren zur Überprüfung der Gültigkeit der Rechtsvorschrift bei einem Verfassungsgericht anhängig, so kann das Oberverwaltungsgericht anordnen, daß die Verhandlung bis zur Erledigung des Verfahrens vor dem Verfassungsgericht auszusetzen sei.

(5) Das Oberverwaltungsgericht entscheidet durch Urteil oder, wenn es eine mündliche Verhandlung nicht für erforderlich hält, durch Beschluß. Kommt das Oberverwaltungsgericht zu der Überzeugung, daß die Rechtsvorschrift ungültig ist, so erklärt es sie für unwirksam; in diesem Fall ist die Entscheidung allgemein verbindlich und die Entscheidungsformel vom Antragsgegner ebenso zu veröffentlichen wie die Rechtsvorschrift bekanntzumachen wäre. Für die Wirkung der Entscheidung gilt § 183 entsprechend.

(6) Das Gericht kann auf Antrag eine einstweilige Anordnung erlassen, wenn dies zur Abwehr schwerer Nachteile oder aus anderen wichtigen Gründen dringend geboten ist.

(1) Ist ein Beschluss über die Aufstellung eines Bebauungsplans gefasst, kann die Gemeinde zur Sicherung der Planung für den künftigen Planbereich eine Veränderungssperre mit dem Inhalt beschließen, dass

1.
Vorhaben im Sinne des § 29 nicht durchgeführt oder bauliche Anlagen nicht beseitigt werden dürfen;
2.
erhebliche oder wesentlich wertsteigernde Veränderungen von Grundstücken und baulichen Anlagen, deren Veränderungen nicht genehmigungs-, zustimmungs- oder anzeigepflichtig sind, nicht vorgenommen werden dürfen.

(2) Wenn überwiegende öffentliche Belange nicht entgegenstehen, kann von der Veränderungssperre eine Ausnahme zugelassen werden. Die Entscheidung über Ausnahmen trifft die Baugenehmigungsbehörde im Einvernehmen mit der Gemeinde.

(3) Vorhaben, die vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre baurechtlich genehmigt worden sind, Vorhaben, von denen die Gemeinde nach Maßgabe des Bauordnungsrechts Kenntnis erlangt hat und mit deren Ausführung vor dem Inkrafttreten der Veränderungssperre hätte begonnen werden dürfen, sowie Unterhaltungsarbeiten und die Fortführung einer bisher ausgeübten Nutzung werden von der Veränderungssperre nicht berührt.

(4) Soweit für Vorhaben im förmlich festgelegten Sanierungsgebiet oder im städtebaulichen Entwicklungsbereich eine Genehmigungspflicht nach § 144 Absatz 1 besteht, sind die Vorschriften über die Veränderungssperre nicht anzuwenden.

(1) Für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, und für Aufschüttungen und Abgrabungen größeren Umfangs sowie für Ausschachtungen, Ablagerungen einschließlich Lagerstätten gelten die §§ 30 bis 37.

(2) Die Vorschriften des Bauordnungsrechts und andere öffentlich-rechtliche Vorschriften bleiben unberührt.

(1) Aufgabe der Bauleitplanung ist es, die bauliche und sonstige Nutzung der Grundstücke in der Gemeinde nach Maßgabe dieses Gesetzbuchs vorzubereiten und zu leiten.

(2) Bauleitpläne sind der Flächennutzungsplan (vorbereitender Bauleitplan) und der Bebauungsplan (verbindlicher Bauleitplan).

(3) Die Gemeinden haben die Bauleitpläne aufzustellen, sobald und soweit es für die städtebauliche Entwicklung und Ordnung erforderlich ist; die Aufstellung kann insbesondere bei der Ausweisung von Flächen für den Wohnungsbau in Betracht kommen. Auf die Aufstellung von Bauleitplänen und städtebaulichen Satzungen besteht kein Anspruch; ein Anspruch kann auch nicht durch Vertrag begründet werden.

(4) Die Bauleitpläne sind den Zielen der Raumordnung anzupassen.

(5) Die Bauleitpläne sollen eine nachhaltige städtebauliche Entwicklung, die die sozialen, wirtschaftlichen und umweltschützenden Anforderungen auch in Verantwortung gegenüber künftigen Generationen miteinander in Einklang bringt, und eine dem Wohl der Allgemeinheit dienende sozialgerechte Bodennutzung unter Berücksichtigung der Wohnbedürfnisse der Bevölkerung gewährleisten. Sie sollen dazu beitragen, eine menschenwürdige Umwelt zu sichern, die natürlichen Lebensgrundlagen zu schützen und zu entwickeln sowie den Klimaschutz und die Klimaanpassung, insbesondere auch in der Stadtentwicklung, zu fördern, sowie die städtebauliche Gestalt und das Orts- und Landschaftsbild baukulturell zu erhalten und zu entwickeln. Hierzu soll die städtebauliche Entwicklung vorrangig durch Maßnahmen der Innenentwicklung erfolgen.

(6) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind insbesondere zu berücksichtigen:

1.
die allgemeinen Anforderungen an gesunde Wohn- und Arbeitsverhältnisse und die Sicherheit der Wohn- und Arbeitsbevölkerung,
2.
die Wohnbedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere auch von Familien mit mehreren Kindern, die Schaffung und Erhaltung sozial stabiler Bewohnerstrukturen, die Eigentumsbildung weiter Kreise der Bevölkerung und die Anforderungen kostensparenden Bauens sowie die Bevölkerungsentwicklung,
3.
die sozialen und kulturellen Bedürfnisse der Bevölkerung, insbesondere die Bedürfnisse der Familien, der jungen, alten und behinderten Menschen, unterschiedliche Auswirkungen auf Frauen und Männer sowie die Belange des Bildungswesens und von Sport, Freizeit und Erholung,
4.
die Erhaltung, Erneuerung, Fortentwicklung, Anpassung und der Umbau vorhandener Ortsteile sowie die Erhaltung und Entwicklung zentraler Versorgungsbereiche,
5.
die Belange der Baukultur, des Denkmalschutzes und der Denkmalpflege, die erhaltenswerten Ortsteile, Straßen und Plätze von geschichtlicher, künstlerischer oder städtebaulicher Bedeutung und die Gestaltung des Orts- und Landschaftsbildes,
6.
die von den Kirchen und Religionsgesellschaften des öffentlichen Rechts festgestellten Erfordernisse für Gottesdienst und Seelsorge,
7.
die Belange des Umweltschutzes, einschließlich des Naturschutzes und der Landschaftspflege, insbesondere
a)
die Auswirkungen auf Tiere, Pflanzen, Fläche, Boden, Wasser, Luft, Klima und das Wirkungsgefüge zwischen ihnen sowie die Landschaft und die biologische Vielfalt,
b)
die Erhaltungsziele und der Schutzzweck der Natura 2000-Gebiete im Sinne des Bundesnaturschutzgesetzes,
c)
umweltbezogene Auswirkungen auf den Menschen und seine Gesundheit sowie die Bevölkerung insgesamt,
d)
umweltbezogene Auswirkungen auf Kulturgüter und sonstige Sachgüter,
e)
die Vermeidung von Emissionen sowie der sachgerechte Umgang mit Abfällen und Abwässern,
f)
die Nutzung erneuerbarer Energien sowie die sparsame und effiziente Nutzung von Energie,
g)
die Darstellungen von Landschaftsplänen sowie von sonstigen Plänen, insbesondere des Wasser-, Abfall- und Immissionsschutzrechts,
h)
die Erhaltung der bestmöglichen Luftqualität in Gebieten, in denen die durch Rechtsverordnung zur Erfüllung von Rechtsakten der Europäischen Union festgelegten Immissionsgrenzwerte nicht überschritten werden,
i)
die Wechselwirkungen zwischen den einzelnen Belangen des Umweltschutzes nach den Buchstaben a bis d,
j)
unbeschadet des § 50 Satz 1 des Bundes-Immissionsschutzgesetzes, die Auswirkungen, die aufgrund der Anfälligkeit der nach dem Bebauungsplan zulässigen Vorhaben für schwere Unfälle oder Katastrophen zu erwarten sind, auf die Belange nach den Buchstaben a bis d und i,
8.
die Belange
a)
der Wirtschaft, auch ihrer mittelständischen Struktur im Interesse einer verbrauchernahen Versorgung der Bevölkerung,
b)
der Land- und Forstwirtschaft,
c)
der Erhaltung, Sicherung und Schaffung von Arbeitsplätzen,
d)
des Post- und Telekommunikationswesens, insbesondere des Mobilfunkausbaus,
e)
der Versorgung, insbesondere mit Energie und Wasser, einschließlich der Versorgungssicherheit,
f)
der Sicherung von Rohstoffvorkommen,
9.
die Belange des Personen- und Güterverkehrs und der Mobilität der Bevölkerung, auch im Hinblick auf die Entwicklungen beim Betrieb von Kraftfahrzeugen, etwa der Elektromobilität, einschließlich des öffentlichen Personennahverkehrs und des nicht motorisierten Verkehrs, unter besonderer Berücksichtigung einer auf Vermeidung und Verringerung von Verkehr ausgerichteten städtebaulichen Entwicklung,
10.
die Belange der Verteidigung und des Zivilschutzes sowie der zivilen Anschlussnutzung von Militärliegenschaften,
11.
die Ergebnisse eines von der Gemeinde beschlossenen städtebaulichen Entwicklungskonzeptes oder einer von ihr beschlossenen sonstigen städtebaulichen Planung,
12.
die Belange des Küsten- oder Hochwasserschutzes und der Hochwasservorsorge, insbesondere die Vermeidung und Verringerung von Hochwasserschäden,
13.
die Belange von Flüchtlingen oder Asylbegehrenden und ihrer Unterbringung,
14.
die ausreichende Versorgung mit Grün- und Freiflächen.

(7) Bei der Aufstellung der Bauleitpläne sind die öffentlichen und privaten Belange gegeneinander und untereinander gerecht abzuwägen.

(8) Die Vorschriften dieses Gesetzbuchs über die Aufstellung von Bauleitplänen gelten auch für ihre Änderung, Ergänzung und Aufhebung.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Soweit sich aus diesem Gesetz nichts anderes ergibt, gilt für die Vollstreckung das Achte Buch der Zivilprozeßordnung entsprechend. Vollstreckungsgericht ist das Gericht des ersten Rechtszugs.

(2) Urteile auf Anfechtungs- und Verpflichtungsklagen können nur wegen der Kosten für vorläufig vollstreckbar erklärt werden.

(1) Gegen das Urteil des Oberverwaltungsgerichts (§ 49 Nr. 1) und gegen Beschlüsse nach § 47 Abs. 5 Satz 1 steht den Beteiligten die Revision an das Bundesverwaltungsgericht zu, wenn das Oberverwaltungsgericht oder auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung das Bundesverwaltungsgericht sie zugelassen hat.

(2) Die Revision ist nur zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
2.
das Urteil von einer Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3.
ein Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(3) Das Bundesverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden.