Sächsisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 06. Dez. 2018 - 1 M 143/18

bei uns veröffentlicht am06.12.2018

Gründe

1

Die Beschwerde der Antragsgegnerin gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichtes Halle - 3. Kammer - vom 3. Dezember 2018, deren Prüfung gemäß § 146 Abs. 4 Satz 1 und 6 VwGO auf die dargelegten Gründe beschränkt ist, hat in der Sache keinen Erfolg. Die Einwendungen rechtfertigen die begehrte Abänderung des angefochtenen Beschlusses nicht.

2

Gemäß § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO kann das Gericht der Hauptsache auf Antrag die aufschiebende Wirkung im Falle des § 80 Abs. 2 Nr. 4 VwGO ganz oder teilweise wiederherstellen. Das Gericht trifft dabei in jedem Falle eine eigene, originäre Entscheidung, und zwar eine Ermessensentscheidung nach denselben Gesichtspunkten wie die Widerspruchsbehörde (§ 80 Abs. 3 und 4 VwGO) über die Aussetzung bzw. Aufhebung der Vollziehung.

3

Das Gericht hat bei seiner Entscheidung nach § 80 Abs. 5 Satz 1 VwGO die Interessen des Antragstellers und des Antragsgegners sowie die betroffenen Interessen Dritter und der Allgemeinheit nach denselben Grundsätzen gegeneinander abzuwägen wie die Ausgangsbehörde und die Widerspruchsbehörde nach § 80 Abs. 4 VwGO. Bei offensichtlicher Aussichtslosigkeit einer Hauptsacheklage überwiegt in der Regel das Vollzugsinteresse, umgekehrt bei offensichtlicher Erfolgsaussicht der Hauptsacheklage das Aussetzungsinteresse des Antragstellers. Die offensichtliche Rechtmäßigkeit des zugrunde liegenden Verwaltungsaktes oder fehlende Erfolgsaussichten einer Klage führen jedoch nicht dazu, dass eine Interessenabwägung entbehrlich wäre (Art. 19 Abs. 4 GG). Bei der zu treffenden Abwägung der Interessen sind dabei vor allem die Natur, Schwere und Dringlichkeit der dem Bürger auferlegten Belastungen und die Möglichkeit oder Unmöglichkeit einer etwaigen späteren Rückgängigmachung der Maßnahme und ihrer Folgen zu berücksichtigen. Der Rechtsschutzanspruch ist dabei umso stärker und darf umso weniger zurückstehen, je schwerwiegender die dem Einzelnen auferlegte Belastung ist und je mehr die Maßnahmen der Verwaltung Unabänderliches bewirken. Geltung und Inhalt dieser Leitlinien sind nicht davon abhängig, ob der Sofortvollzug eines Verwaltungsaktes einer gesetzlichen oder einer behördlichen Anordnung entspringt (siehe zum Vorstehenden: OVG LSA, Beschluss vom 10. Januar 2011 - 1 M 2/11 -, juris [m. w. N.]). Hiervon geht auch das Verwaltungsgericht in der angefochtenen Entscheidung zutreffend aus.

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Im gegebenen Fall kann nach den vorstehenden Grundsätzen ein überwiegendes Vollziehungsinteresse der Antragsgegnerin nicht festgestellt werden. Die angefochtene Allgemeinverfügung erweist sich auch mit Blick auf das Beschwerdevorbringen in Bezug auf die Ladenöffnung am 9. Dezember 2018 aller Voraussicht nach als rechtswidrig, weil es an einer hinreichenden, schlüssigen Prognose der Besucherströme fehlt.

5

Mit Blick auf Art. 140 GG i. V .m. Art. 139 WRV folgt für die verfassungskonforme Auslegung der vorliegend für die streitgegenständliche Erlaubnis einschlägigen Ermächtigungsgrundlage des § 7 Abs. 1 S. 1 LÖffZeitG LSA das Erfordernis, dass nur Veranstaltungen, die selbst einen beträchtlichen Besucherstrom anziehen, Anlass für eine Ladenöffnung geben können. Der Besucherstrom darf nicht umgekehrt erst durch das Offenhalten der Verkaufsstelle(n) ausgelöst werden. Um die erforderliche geringe prägende Wirkung der Ladenöffnung feststellen zu können, bedarf es einer Prognose der Gemeinde, ob der Besucherstrom, den die anlassgebende Veranstaltung (gem. § 7 Abs. 1 S. 1 LÖffZeitG LSA) für sich genommen auslöst, die Zahl der Besucher übersteigt, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstelle(n) kämen (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 2015 - 8 CN 2.14 -, juris Rn. 25; OVG LSA, Beschluss vom 8. September 2017 - 1 M 100/17 -, BA S. 3 ff.). Die gemeindliche Prognose unterliegt nur eingeschränkter verwaltungsgerichtlicher Kontrolle; insbesondere darf das Gericht keine eigene Prognose vornehmen. Es hat jedoch zu prüfen, ob die zur Freigabe der Ladenöffnung vorgenommene Prognose schlüssig und vertretbar ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 11. November 2015, a. a. O, Rn. 36; OVG LSA, Beschluss vom 23. März 2018 - 1 M 34/18 -). Hieran gemessen ist dem Verwaltungsgericht darin zu folgen, dass die Antragsgegnerin eine diesen Anforderungen genügende Prognose der Besucherströme nicht angestellt hat.

6

Eine konkrete vergleichende Gegenüberstellung der Besucherzahlen, die für sich genommen ausschließlich auf den Weihnachtsmarkt zurückzuführen und die lediglich durch die sonntägliche Öffnung der Verkaufsstellen im Altstadtgebiet der Antragsgegnerin verursacht wären, hat die Antragsgegnerin nicht vorgelegt. Sie ist entgegen dem Beschwerdevorbringen auch nicht entbehrlich.

7

Die Beschwerde trägt vor, der Dessauer Weihnachtsmarkt habe eine besondere Bedeutung für die Stadt und das Umfeld und die Adventszeit rechtfertige bereits für sich die Annahme eines besonderen Anlasses (für die Ladenöffnung). Das in der streitgegenständlichen Allgemeinverfügung und in der Antragserwiderung dargelegte Programm während des Weihnachtsmarktes sei die ausschlaggebende Komponente und der Grund, weshalb die Besucher den Weihnachtsmarkt nutzten. Die Ladenöffnung stelle sich angesichts der Bedeutung des Weihnachtsmarktes, unter Einbeziehung auch des Weihnachtsmarktes in der Marienkirche und des historischen Weihnachtsmarktes vor der Marienkirche mit überregionalem Interesse nur als Annex zu der anlassgebenden Veranstaltung dar.

8

Damit stellt die Beschwerde indes nur eine schlichte Behauptung auf, die bereits aufgrund der fehlenden Angaben von konkretem Zahlenmaterial nicht nachvollziehbar darlegt, dass der Weihnachtsmarkt als zur Ladenöffnung anlassgebende Veranstaltung einen Besucherstrom auslöst, der die Zahl der Besucher überstiege, die allein wegen einer Öffnung der Verkaufsstellen kämen. Allein die Einschätzung, dass die Veranstaltung "Weihnachtsmarkt" auf überregionales Interesse stößt, ersetzt nicht die erforderliche schlüssige Prognose der Besucherströme.

9

Auch der Vortrag, die aufgeführten Besucherzahlen ergäben sich aus der Besucherfrequenz der letzten Jahre, aus den Angaben des Veranstalters des Marktes und der Polizei, ist nicht geeignet, die Feststellungen des Verwaltungsgerichtes im angefochtenen Beschluss infrage zu stellen, wonach der Gesamtzahl der Weihnachtsmarktbesucher aus dem Vorjahr mangels Differenzierung zwischen werk- und sonntäglichen Besuchern keine Aussagekraft für die Prognose beizumessen sei, und die auf Angaben von Regionalbeamten des Polizeireviers erhobene Besucherzahl ebenfalls ungeeignet sei, weil diese (nach eigenem Bekunden) hierfür nicht geschult seien.

10

Soweit die Beschwerde unter Verweis auf den Beschluss des OVG NRW vom 28. September 2017 (- 4 B 1218/17 -) vorträgt, dass es für die Besucherprognose nicht auf exakte Zahlen ankomme, sondern ungefähre Größenordnungen ausreichen würden, hat das Verwaltungsgericht die Möglichkeit einer Schätzung nicht in Abrede gestellt. Allerdings kann auch bei einer Schätzung nicht darauf verzichtet werden, dass ihre Grundlagen angegeben werden, damit nachvollzogen werden kann, ob sie auf belastbarem Tatsachenmaterial beruht und vertretbare Schlussfolgerungen hieraus gezogen wurden. Ebenso muss erkennbar sein, dass derjenige, der die Schätzung vornimmt, hierzu konkret in der Lage war und entsprechend befähigt ist. Es genügt deshalb in aller Regel nicht, lediglich auf einen "optischen Eindruck" des Schätzenden zu verweisen, wenn dieser nicht plausibel machen kann, aufgrund welcher Umstände er zur Erhebung des Zahlenmaterials "auf Sicht" in der Lage ist. Der Schlussfolgerung der Beschwerde, dass bei einer Schätzung nicht allein ausschlaggebend sei, wie die Besucherströme seien, sondern ob die öffentliche Wirkung der Veranstaltung oder die typisch werktägige Geschäftstätigkeit der Ladenöffnung im Vordergrund stehe, ist deshalb nicht zu folgen.

11

Auch der Beschwerdevortrag, die Attraktivität der abwechslungsreichen Veranstaltungen biete an den Sonntagen den hauptsächlichen Grund für den Aufenthalt von Besuchern in der Stadt, ist eine bloße Behauptung, deren Richtigkeit nicht nachvollziehbar aufgezeigt ist. Der Verweis auf Besucher aus dem Umfeld ist aufgrund seiner Allgemeinheit nicht hinreichend aussagekräftig und auch kein Beleg dafür, dass diese Besucher auch ohne die sonntägliche Ladenöffnung allein wegen des Weihnachtsmarktes kämen.

12

Soweit die Beschwerde der Auffassung ist, dass das Erfordernis einer Prognose der Besucherströme am Gesetzeszweck vorbei gehe und das gesetzliche Tatbestandsmerkmal des "besonderen Anlasses" für eine Ladenöffnung "ins Leere laufen" würde, verkennt die Beschwerde, dass Art, Grund und Ausmaß einer Veranstaltung, die einen "besonderen Anlass" im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 LÖffZeitG zu bilden vermag, nicht automatisch bzw. zwingend die weitere Annahme rechtfertigt, dass sich im Verhältnis zu dieser Veranstaltung die Ladenöffnung als bloßer "Annex" erweisen wird und deshalb Veranstaltung und Annex-Charakter der Ladenöffnung dazu führen, dass das gesetzliche Tatbestandsmerkmal "aus besonderem Anlass" im Sinne des § 7 Abs. 1 S. 1 LÖffZeitG bejaht werden kann. Die Prognose der Besucherströme mit ihrer Gegenüberstellung der Besucherströme in Bezug auf die Veranstaltung und die Ladenöffnung dient dazu, die behauptete Auswirkung der Veranstaltung bzw. der Ladenöffnung zu bestätigen oder zu widerlegen. Sie ist weder verzichtbar noch durch allgemeine Einschätzungen zur Bedeutung der anlassgebenden Veranstaltung ersetzbar.

13

Soweit der angefochtene Beschluss im Übrigen einem räumlichen Zusammenhang zwischen dem auf den Innenstadtbereich konzentrierten Weihnachtsmarkt und einer Ladenöffnung im gesamten Stadtgebiet verneint, geht die Beschwerde auf diesen gegen die Rechtmäßigkeit der Allgemeinverfügung sprechenden Aspekt nicht ein und stellt die Richtigkeit der Feststellung des Verwaltungsgerichtes nicht infrage.

14

Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO.

15

Die Festsetzung des Streitwertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus den §§ 53 Abs. 2 Nr. 2, 52 Abs. 2, 40, 47 GKG und folgt der erstinstanzlichen Wertfestsetzung.

16

Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§§ 152 Abs. 1 VwGO, 68 Abs. 1 Satz 5 i. V. m. 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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Referenzen - Gesetze

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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 80


(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a). (2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur 1. bei der

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 146


(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 19


(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 140


Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Die Verfassung des Deutschen Reichs - WRV | Art 139


Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

Referenzen

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Widerspruch und Anfechtungsklage haben aufschiebende Wirkung. Das gilt auch bei rechtsgestaltenden und feststellenden Verwaltungsakten sowie bei Verwaltungsakten mit Doppelwirkung (§ 80a).

(2) Die aufschiebende Wirkung entfällt nur

1.
bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten,
2.
bei unaufschiebbaren Anordnungen und Maßnahmen von Polizeivollzugsbeamten,
3.
in anderen durch Bundesgesetz oder für Landesrecht durch Landesgesetz vorgeschriebenen Fällen, insbesondere für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die Investitionen oder die Schaffung von Arbeitsplätzen betreffen,
3a.
für Widersprüche und Klagen Dritter gegen Verwaltungsakte, die die Zulassung von Vorhaben betreffend Bundesverkehrswege und Mobilfunknetze zum Gegenstand haben und die nicht unter Nummer 3 fallen,
4.
in den Fällen, in denen die sofortige Vollziehung im öffentlichen Interesse oder im überwiegenden Interesse eines Beteiligten von der Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, besonders angeordnet wird.
Die Länder können auch bestimmen, daß Rechtsbehelfe keine aufschiebende Wirkung haben, soweit sie sich gegen Maßnahmen richten, die in der Verwaltungsvollstreckung durch die Länder nach Bundesrecht getroffen werden.

(3) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ist das besondere Interesse an der sofortigen Vollziehung des Verwaltungsakts schriftlich zu begründen. Einer besonderen Begründung bedarf es nicht, wenn die Behörde bei Gefahr im Verzug, insbesondere bei drohenden Nachteilen für Leben, Gesundheit oder Eigentum vorsorglich eine als solche bezeichnete Notstandsmaßnahme im öffentlichen Interesse trifft.

(4) Die Behörde, die den Verwaltungsakt erlassen oder über den Widerspruch zu entscheiden hat, kann in den Fällen des Absatzes 2 die Vollziehung aussetzen, soweit nicht bundesgesetzlich etwas anderes bestimmt ist. Bei der Anforderung von öffentlichen Abgaben und Kosten kann sie die Vollziehung auch gegen Sicherheit aussetzen. Die Aussetzung soll bei öffentlichen Abgaben und Kosten erfolgen, wenn ernstliche Zweifel an der Rechtmäßigkeit des angegriffenen Verwaltungsakts bestehen oder wenn die Vollziehung für den Abgaben- oder Kostenpflichtigen eine unbillige, nicht durch überwiegende öffentliche Interessen gebotene Härte zur Folge hätte.

(5) Auf Antrag kann das Gericht der Hauptsache die aufschiebende Wirkung in den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3a ganz oder teilweise anordnen, im Falle des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 4 ganz oder teilweise wiederherstellen. Der Antrag ist schon vor Erhebung der Anfechtungsklage zulässig. Ist der Verwaltungsakt im Zeitpunkt der Entscheidung schon vollzogen, so kann das Gericht die Aufhebung der Vollziehung anordnen. Die Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung kann von der Leistung einer Sicherheit oder von anderen Auflagen abhängig gemacht werden. Sie kann auch befristet werden.

(6) In den Fällen des Absatzes 2 Satz 1 Nummer 1 ist der Antrag nach Absatz 5 nur zulässig, wenn die Behörde einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung ganz oder zum Teil abgelehnt hat. Das gilt nicht, wenn

1.
die Behörde über den Antrag ohne Mitteilung eines zureichenden Grundes in angemessener Frist sachlich nicht entschieden hat oder
2.
eine Vollstreckung droht.

(7) Das Gericht der Hauptsache kann Beschlüsse über Anträge nach Absatz 5 jederzeit ändern oder aufheben. Jeder Beteiligte kann die Änderung oder Aufhebung wegen veränderter oder im ursprünglichen Verfahren ohne Verschulden nicht geltend gemachter Umstände beantragen.

(8) In dringenden Fällen kann der Vorsitzende entscheiden.

(1) Soweit nach diesem Grundgesetz ein Grundrecht durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes eingeschränkt werden kann, muß das Gesetz allgemein und nicht nur für den Einzelfall gelten. Außerdem muß das Gesetz das Grundrecht unter Angabe des Artikels nennen.

(2) In keinem Falle darf ein Grundrecht in seinem Wesensgehalt angetastet werden.

(3) Die Grundrechte gelten auch für inländische juristische Personen, soweit sie ihrem Wesen nach auf diese anwendbar sind.

(4) Wird jemand durch die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt, so steht ihm der Rechtsweg offen. Soweit eine andere Zuständigkeit nicht begründet ist, ist der ordentliche Rechtsweg gegeben. Artikel 10 Abs. 2 Satz 2 bleibt unberührt.

Die Bestimmungen der Artikel 136, 137, 138, 139 und 141 der deutschen Verfassung vom 11. August 1919 sind Bestandteil dieses Grundgesetzes.

Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.