Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 19. Apr. 2006 - 1 Q 63/05

bei uns veröffentlicht am19.04.2006

Tenor

Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das aufgrund mündlicher Verhandlung vom 21. Juni 2005 ergangene Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes - 12 K 24/04 - wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Zulassungsverfahrens fallen dem Kläger zur Last.

Der Streitwert wird für das Zulassungsverfahren auf 5000 Euro festgesetzt.

Gründe

Der Antrag des Klägers, die Berufung gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts des Saarlandes vom 21.6.2005 zuzulassen, ist zwar zulässig, aber unbegründet.

Durch die genannte Entscheidung wurde das Begehren des Klägers zurückgewiesen, die mit Bescheid vom 12.6.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 23.1.2004 gegen ihn ausgesprochene schriftliche Missbilligung aufzuheben. Das den Prüfungsumfang im Zulassungsverfahren begrenzende Vorbringen im Schriftsatz vom 8.8.2005 gibt keine Veranlassung, das genannte Urteil einer Überprüfung in einem Berufungsverfahren zuzuführen. Aus der Antragsbegründung ergeben sich weder ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des erstinstanzlichen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO), noch stellt sich eine Frage grundsätzlicher Bedeutung im Verständnis des § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO.

Die Richtigkeit des klageabweisenden Urteils kann nicht ernstlich in Zweifel gezogen werden. Das Verwaltungsgericht hat mit insgesamt überzeugenden Erwägungen, die sich der Senat zu eigen macht, dargelegt, dass die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Missbilligung (§ 6 Satz 2 BDG) rechtmäßig ist, und zwar sowohl verfahrensrechtlich als auch in der Sache.

In Übereinstimmung mit den Ausführungen im angegriffenen Urteil (Seiten 8, 9) liegen keine konkreten gewichtigen Anhaltspunkte dafür vor, dass der die Missbilligung aussprechende Dienstvorgesetzte des Klägers dabei nicht mehr unvoreingenommen und unparteilich eine nach den objektiven Gegebenheiten veranlasste Pflichtenmahnung verfügt hat. Allein die Tatsache, dass Grundlage der Missbilligung eine Dienstaufsichtsbeschwerde des Klägers gegen seinen Dienstvorgesetzten war, kann dessen objektive Unvoreingenommenheit bei einer dadurch veranlassten dienstaufsichtsrechtlichen Maßnahme nicht generell in Frage stellen. Völlig zutreffend hat das Verwaltungsgericht dabei hervorgehoben, dass der Dienstvorgesetzte des Klägers sich bei seiner in der Form sehr sachlich gehaltenen Missbilligung auf die zuvor durchgeführte rechtliche Prüfung durch das Bundesministerium der Finanzen gemäß dessen Schreiben vom 27.1.2003 bezogen hat. Nicht anders als bei dienstlichen Beurteilungen, bei denen allein aus dienstbezogenen Konflikten zwischen Beurteiler und zu beurteilendem Beamten während des Beurteilungszeitraums keine Befangenheit des Beurteilers hergeleitet werden kann

vgl. dazu u.a. BVerwG, Urteile vom 23.4.1998 - 2 C 16/97 -, BVerwGE 106, 318 (319 f) = ZBR 2000, 417 = DÖD 1998, 282 = IÖD 1999, 2 = NVwZ 1998, 1302, und vom 12.3.1987 - 2 C 36/86 -, ZBR 1988, 63 = NVwZ 1988, 66 = DÖD 1987, 178; siehe auch BVerfG, Beschluss vom 6.8.2002 - 2 BvR 2357/00 -, NVwZ-RR 2002, 802 = ZBR 2003, 31,

kann im hier gegebenen Regelungsbereich nicht bereits die Besorgnis der Befangenheit aus der subjektiven Sicht des betroffenen Beamten genügen. Vielmehr ist - auch hier - die tatsächliche Voreingenommenheit des Dienstvorgesetzten aus der Sicht eines objektiven Dritten festzustellen. Anhaltspunkte dafür hat der Kläger indes auch in der Zulassungsbegründung vom 8.8.2005 (Seite 2 f.) nicht andeutungsweise aufgezeigt.

Sodann hat das Verwaltungsgericht die gegenüber dem Kläger ausgesprochene Missbilligung auch der Sache nach für gerechtfertigt, das heißt für rechtmäßig erachtet. Dabei hat das Verwaltungsgericht - gleichermaßen wie die Beklagte - das grundsätzliche Recht des Klägers, gegenüber seinem Dienstvorgesetzten eine Dienstaufsichtsbeschwerde zu erheben, nicht in Frage gestellt. Es hat allerdings zu Recht die Pflicht des Beamten herausgestellt, dabei Beleidigungen, Verleumdungen und üble Nachreden in Bezug auf Vorgesetzte zu unterlassen, das heißt sich bei Beschwerden über Vorgesetzte auf sachliche Ausführungen zu beschränken und jede verächtliche oder beleidigende Äußerung zu unterlassen. Genau dieser Verpflichtung ist der Kläger nicht nachgekommen. Bereits der gegenüber seinem Dienstvorgesetzten erhobene Vorwurf,

„vorsätzlich die Einhaltung von Erlassen missachtet,

vorsätzlich die AROB, das Schwerbehindertengesetz und die zugehörige Rahmenintegrationsvereinbarung missachtet “

zu haben, wird durch das auch einem Beamten innerdienstlich von Verfassungs wegen zustehende Recht der freien Meinungsäußerung (Art. 5 Abs. 1 Satz 1 GG) eindeutig nicht mehr gedeckt. Der in dem an den damaligen Bundesminister der Finanzen gerichteten Schreiben vom 27.11.2002 erhobene Vorwurf, vorsätzlich die Einhaltung von Rechts- und Verwaltungsvorschriften missachtet zu haben, beinhaltet zu Lasten des Präsidenten des Bundesamtes für Finanzen eine üble Nachrede, nämlich eine beleidigende Tatsachenbehauptung gegenüber einem Dritten, die geeignet ist, den Beleidigten verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzusetzen

vgl. dazu § 186 StGB sowie Creifelds, Rechtswörterbuch, 16. Aufl., Seite 184.

Demgemäß bestimmt Art. 5 Abs. 2 GG, dass die Meinungsäußerungsfreiheit ihre Schranken (u.a.) in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze und dem Recht der persönlichen Ehre findet. Diese von Verfassungs wegen vorgegebene Beschränkung der Meinungsäußerungsfreiheit hat der Kläger bei seiner Dienstaufsichtsbeschwerde vom 27.11.2002 nach Diktion und Inhalt nicht beachtet. Die mit Hinweisen und Zitaten der Rechtsprechung versehenen umfangreichen Ausführungen des Klägers in der Zulassungsbegründung (Seiten 4 bis 8) vermögen die Richtigkeit der vom Verwaltungsgericht vertretenen und - vorstehend - vom Senat gebilligten Auffassung nicht durchgreifend zu erschüttern.

Nach den vorangegangenen Ausführungen ist die vom Kläger als grundsätzlich klärungsbedürftig gestellte Frage, „ob die Meinungsfreiheit im Beschwerdeweg eingeschränkt werden kann“, bereits allgemein und einzelfallbezogen beantwortet, so dass es auch unter diesem Zulassungsgesichtspunkt (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) nicht der Durchführung eines Berufungsverfahrens bedarf.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 63 Abs. 2, 52 Abs. 2, 47 Abs. 3 GKG.

Dieser Beschluss ist nicht anfechtbar.

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Referenzen - Gesetze

Oberverwaltungsgericht des Saarlandes Beschluss, 19. Apr. 2006 - 1 Q 63/05 zitiert 6 §§.

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 124


(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird. (2) Die B

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 63 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anh

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 5


(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Fi

Strafgesetzbuch - StGB | § 186 Üble Nachrede


Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe

Bundesdisziplinargesetz - BDG | § 6 Verweis


Der Verweis ist der schriftliche Tadel eines bestimmten Verhaltens des Beamten. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.

Referenzen

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

Der Verweis ist der schriftliche Tadel eines bestimmten Verhaltens des Beamten. Missbilligende Äußerungen (Zurechtweisungen, Ermahnungen oder Rügen), die nicht ausdrücklich als Verweis bezeichnet werden, sind keine Disziplinarmaßnahmen.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

Wer in Beziehung auf einen anderen eine Tatsache behauptet oder verbreitet, welche denselben verächtlich zu machen oder in der öffentlichen Meinung herabzuwürdigen geeignet ist, wird, wenn nicht diese Tatsache erweislich wahr ist, mit Freiheitsstrafe bis zu einem Jahr oder mit Geldstrafe und, wenn die Tat öffentlich, in einer Versammlung oder durch Verbreiten eines Inhalts (§ 11 Absatz 3) begangen ist, mit Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren oder mit Geldstrafe bestraft.

(1) Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. Die Pressefreiheit und die Freiheit der Berichterstattung durch Rundfunk und Film werden gewährleistet. Eine Zensur findet nicht statt.

(2) Diese Rechte finden ihre Schranken in den Vorschriften der allgemeinen Gesetze, den gesetzlichen Bestimmungen zum Schutze der Jugend und in dem Recht der persönlichen Ehre.

(3) Kunst und Wissenschaft, Forschung und Lehre sind frei. Die Freiheit der Lehre entbindet nicht von der Treue zur Verfassung.

(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.

(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,

1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen,
2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist,
3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat,
4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Sind Gebühren, die sich nach dem Streitwert richten, mit der Einreichung der Klage-, Antrags-, Einspruchs- oder Rechtsmittelschrift oder mit der Abgabe der entsprechenden Erklärung zu Protokoll fällig, setzt das Gericht sogleich den Wert ohne Anhörung der Parteien durch Beschluss vorläufig fest, wenn Gegenstand des Verfahrens nicht eine bestimmte Geldsumme in Euro ist oder gesetzlich kein fester Wert bestimmt ist. Einwendungen gegen die Höhe des festgesetzten Werts können nur im Verfahren über die Beschwerde gegen den Beschluss, durch den die Tätigkeit des Gerichts aufgrund dieses Gesetzes von der vorherigen Zahlung von Kosten abhängig gemacht wird, geltend gemacht werden. Die Sätze 1 und 2 gelten nicht in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit.

(2) Soweit eine Entscheidung nach § 62 Satz 1 nicht ergeht oder nicht bindet, setzt das Prozessgericht den Wert für die zu erhebenden Gebühren durch Beschluss fest, sobald eine Entscheidung über den gesamten Streitgegenstand ergeht oder sich das Verfahren anderweitig erledigt. In Verfahren vor den Gerichten für Arbeitssachen oder der Finanzgerichtsbarkeit gilt dies nur dann, wenn ein Beteiligter oder die Staatskasse die Festsetzung beantragt oder das Gericht sie für angemessen hält.

(3) Die Festsetzung kann von Amts wegen geändert werden

1.
von dem Gericht, das den Wert festgesetzt hat, und
2.
von dem Rechtsmittelgericht, wenn das Verfahren wegen der Hauptsache oder wegen der Entscheidung über den Streitwert, den Kostenansatz oder die Kostenfestsetzung in der Rechtsmittelinstanz schwebt.
Die Änderung ist nur innerhalb von sechs Monaten zulässig, nachdem die Entscheidung in der Hauptsache Rechtskraft erlangt oder das Verfahren sich anderweitig erledigt hat.