Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 20. Feb. 2017 - 2 LA 86/16
Tenor
Der Antrag auf Zulassung der Berufung gegen das Urteil des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 11. Kammer - vom 6. Juli 2016 wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Antragsverfahrens.
Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Antragsverfahren auf 5.000,-- € festgesetzt.
Gründe
- 1
Der Antrag auf Zulassung der Berufung ist abzulehnen, da die Voraussetzungen der geltend gemachten Zulassungsgründe nicht vorliegen.
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1. Der Kläger ist Kriminalhauptkommissar im Dienst des Landes Schleswig-Holstein. Auf seinen Antrag vom Dezember 2012, das ihm zustehende Grundgehalt für den Zeitraum vom 1. Januar 2009 bis 29. Februar 2012 nach der höchsten Dienstaltersstufe seiner Besoldungsgruppe zu bemessen, hilfsweise, ihm für diesen Zeitraum eine angemessene Entschädigung von mindestens 100 € pro Monat zuzüglich Zinsen zu zahlen, hat das Verwaltungsgericht den Beklagten verurteilt, an ihn – den Kläger – für die Zeit vom 1. Januar bis 29. Februar 2012 eine monatliche Entschädigung in Höhe von 100 € zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem jeweiligen Basiszinssatz seit Rechtshängigkeit zu zahlen. Im Übrigen hat es die Klage abgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt:
- 3
Der Kläger habe keinen Anspruch auf eine Besoldung entsprechend der höchsten Dienstaltersstufe der ihm zustehenden Besoldungsgruppe. Zwar stelle die Anknüpfung an das Lebensalter bei der Zuordnung zu einer Besoldungsstufe eine Ungleichbehandlung dar. Jedoch könne die bestehende Diskriminierung nicht durch die Eingruppierung in eine höhere Dienstaltersstufe ausgeglichen werden, da das Bezugssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F. insgesamt diskriminierend wirke und daher nicht mehr herangezogen werden könne. Es bestünde auch kein Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG, da die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt worden sei. Dem Kläger stehe jedoch der unionsrechtliche Haftungsanspruch für die Monate Januar und Februar 2012 zu.
- 4
Nur soweit das Verwaltungsgericht seinen Hilfsantrag abgelehnt hat, wendet sich der Kläger hiergegen mit seinem Zulassungsantrag, mit dem er ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils und die grundsätzliche Bedeutung der Rechtssache geltend macht.
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2. Die Berufung ist nicht wegen ernstlicher Zweifel an der Richtigkeit des Urteils zuzulassen (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO).
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Der Zulassungsgrund der ernstlichen Zweifel dient der Verwirklichung der Einzelfallgerechtigkeit. Hierzu reicht nach der ständigen Rechtsprechung des Senats bereits aus, dass ein Erfolg des Rechtsmittels, dessen Zulassung erstrebt wird, mindestens ebenso wahrscheinlich ist wie ein Misserfolg (Beschluss vom 14. Mai 1999 – 2 L 244/98 –, NordÖR 1999, 285 = NVwZ 1999, 1354).
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a) Die Darlegungen in der Begründungsschrift, die Zwei-Monats-Frist des § 15 Abs. 4 AGG beginne erst mit dem Vorliegen der subjektiven Kenntnis des Klägers zu laufen und nicht bereits zum Zeitpunkt der Klärung durch das Urteil des Gerichtshofs der Union in Sachen … und … am 8. September 2011 – C-297/10 u.a. – (Slg 2011, I – 7965 ff, juris), erwecken solche Zweifel jedoch nicht.
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Das Verwaltungsgericht hat zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts und anderer Bundesgerichte (BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, juris LS 7, Rn. 51 ff; vom gleichen Tage – 2 C 3.13 –, juris Rn. 52; BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 –, juris Rn. 612; BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, juris Rn. 15; vgl. auch OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 1432/13 –, juris) darauf abgestellt, dass bei einer unsicheren und zweifelhaften Rechtslage die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG mit der objektiven Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Entscheidung zu laufen beginnt. Dies war hier der Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Union, so dass die zweimonatige Ausschlussfrist damit am 8. November 2011 endete.
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Zwar trifft es zu, dass das Gesetz in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG mehr als ein bloßes Kennen-Müssen, nämlich (tatsächlich vorhandene) „Kenntnis" - und insofern ein subjektives Moment - voraussetzt; diese Kenntnis hat sich dabei auf das Tatbestandsmerkmal "Benachteiligung" zu beziehen. Der objektiven Gesetzesfassung lässt sich aber kein Hinweis dahin entnehmen, dass der Betroffene über das positive Wissen um die anspruchsbegründenden Tatsachen hinaus auch die zutreffenden rechtlichen Schlüsse ziehen muss. Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG soll Betroffene nicht vor einer schlichten (subjektiven) Unkenntnis der Rechtslage schützen. Allein in der Sondersituation einer unklaren Rechtslage sollen Betroffene unter Zumutbarkeits- und Gleichbehandlungsaspekten keinen beachtlichen Nachteil erleiden. Ein solcher Nachteil ergäbe sich, wenn bereits vor dem Zeitpunkt der Herstellung objektiver Rechtsklarheit allein aus dem Grund der Wahrung der in Rede stehenden Ausschlussfrist eine Klageerhebung gewissermaßen „ins Blaue hinein" abverlangt würde. Der dadurch begründete Nachteil entfällt aber mit unmittelbarer Wirkung, sobald durch eine höchstrichterliche Entscheidung die Rechtslage in hinreichendem Maße objektiv geklärt wurde. Denn ab diesem Zeitpunkt befindet sich derjenige, der die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt, zugleich aber (aus welchen Gründen auch immer) noch keine subjektive Kenntnis von der erfolgten objektiven rechtlichen Klärung hat, in keiner wesentlich anderen Situation mehr als derjenige, der es bei gleichermaßen vorhandener Tatsachenkenntnis und bei einer von vornherein klaren Rechtslage aus subjektiver Rechtsunkenntnis heraus versäumt, rechtzeitig Klage zu erheben (BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, juris Rn. 15; OVG NRW, Urteil vom 20. Januar 2016 – 1 A 1432/13 –, juris Rn. 63; Hessischer VGH, Urteil vom 11. Mai 2016, – 1 A 1927/15 –, juris Rn. 56).
- 10
b) Bezüglich dieser Frist von zwei Monaten lassen sich ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des angegriffenen Urteils auch nicht im Hinblick auf den Äquivalenz- und Effektivitätsgrundsatz begründen. Der vom Kläger insoweit angeführte § 51 Abs. 1 Satz 1 SHBeamtVG stellt keine vergleichbare Anspruchsgrundlage dar.
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Das Verwaltungsgericht hat zutreffend und im Einklang mit der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts darauf abgestellt, dass es sich bei dem Entschädigungsanspruch des § 15 Abs. 2 AGG um einen neuartigen, im nationalen Recht bislang nicht ausgestalteten Anspruch handelt. Im Bereich des Beamtenrechts gibt es keinen vergleichbaren Anspruch, der auf Entschädigung zum Ausgleich eines immateriellen Schadens gerichtet ist (BVerwG, Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 145.11 –, juris Rn. 10). Im Übrigen hat auch der Gerichtshof der Union bereits entschieden, dass derart kurze Fristen für die Stellung von Anträgen auf Entschädigung den genannten Grundsätzen nicht entgegenstehen (EuGH, Urteil vom 21. Dezember 2016 – C-327/15 –, juris).
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§ 51 Abs.1 Satz 1 SHBeamtVG sieht eine Ausschlussfrist von zwei Jahren für die Meldung von Dienstunfällen, aus denen Unfallfürsorgeansprüche hergeleitet werden können, vor. Diese Fürsorgeansprüche entstehen allein aufgrund des Unfalls. Voraussetzung für einen Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG ist jedoch ein Verstoß des Dienstherrn gegen das Benachteiligungsverbot aus § 7 Abs. 1 AGG und somit – wenn auch verschuldensunabhängig – ein eigener Verursachungsbeitrag des Dienstherrn. Bereits aufgrund dieser Unterschiede sind die Ansprüche nicht vergleichbar.
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c) Die Ausführungen des Klägers, der Grundsatz der haushaltsnahen Geltendmachung sei nicht auf den unionsrechtlichen Haftungsanspruch anwendbar, da es nicht um Ansprüche aus einem Treueverhältnis, sondern um Schadensersatzansprüche gehe, können keine ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des Urteils begründen.
- 14
Das Verwaltungsgericht hat zu Recht einen Anspruch des Klägers vom 1. Januar 2009 bis zum 7. September 2011 bereits deshalb abgelehnt, weil die Vorrausetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs erst ab dem 8. September 2011 vorliegen. Erst ab dem Zeitpunkt der Verkündung des Urteils des Gerichtshofs der Union in Sachen … und … liegt ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen das Unionsrecht vor. Dies ist nämlich erst dann der Fall, wenn die einschlägige Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union offensichtlich verkannt wird (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 – Rs.C-429/09, Fuß – Slg. 2010, I-12167 – Rn. 51 f m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 3.13 –, juris Rn. 29).
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Nicht zu beanstanden ist auch, dass das Verwaltungsgericht ab dem 8. September 2011 die Voraussetzungen des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs dem Grunde nach für gegeben erachtet hat. Insoweit hat es im Einklang mit der Rechtsprechung des Gerichtshofs der Union dessen Voraussetzungen als erfüllt angesehen, nämlich dass gegen eine unionsrechtliche Norm verstoßen worden ist, die die Verleihung von Rechten an die Geschädigten bezweckt, der Verstoß hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Kausalzusammenhang besteht (stRspr; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 – Rs. C-501/12 u.a. –, juris; BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 3.13 –, juris Rn. 26).
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Der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch bedarf, wie alle Ansprüche, deren Festsetzung und Zahlung sich nicht unmittelbar aus dem Gesetz ergeben, einer vorherigen Geltendmachung (BVerwG, Urteile vom 17. September 2015 – 2 C 26.14 –, juris Rn. 26 f., zum beamtenrechtlichen Schadensersatzanspruch: BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012 – 2 C 29.11 – juris Rn. 27). Denn hier ist eine vorgängige Entscheidung über Grund und Höhe der begehrten Zahlung erforderlich.
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Das Argument des Klägers, der Gesetzgeber habe die Richtlinie 2000/78/EG verspätet umgesetzt, so dass er sich nicht seinerseits auf treuwidriges Verhalten des Betroffenen berufen kann, vermag in diesem Zusammenhang nicht weiter zu helfen. Beamte stehen zu ihrem Dienstherrn in einem öffentlich-rechtlichen Dienst- und Treueverhältnis (vgl. § 3 Abs. 1 BeamtStG). Dies bestimmt und kennzeichnet das Beamtenverhältnis. Danach ist der Beamte zum einen verpflichtet, den Dienstherrn auf (unions)rechtswidriges Verhalten hinzuweisen, damit dieser Abhilfe schaffen kann. Zum anderen, muss sich der Dienstherr darauf verlassen können, nicht nachträglich, insbesondere noch nach Ablauf des Haushaltsjahres, mit unvorhersehbaren Zahlungsbegehren konfrontiert zu werden (BVerwG, Urteile vom 21. September 2006 – 2 C 7.06 –, juris Rn. 15, und vom 17. September 2015 – 2 C 26.14 –, juris Rn. 28).
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Auch ist die Anwendung des Grundsatzes der zeitnahen Geltendmachung auf den nicht normativ geregelten unionsrechtlichen Staatshaftungsanspruch mit Unionsrecht vereinbar (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 – RS. C-501/12 u.a.–, juris LS 5, Rn. 114 f.; BVerwG, Urteil vom 29. September 2011 – 2 C 32.10 –, juris Rn. 20). Dem Gebot, dass die Modalitäten zur Durchsetzung des unionsrechtlichen Anspruchs nicht ungünstiger sein dürfen als diejenigen, die gleichartige Sachverhalte innerstaatlicher Art regeln (Äquivalenzgrundsatz), ist Rechnung getragen. Der Effektivitätsgrundsatz verlangt, dass die Ausübung der durch das Unionsrecht verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich gemacht oder übermäßig erschwert wird. Die Festsetzung angemessener Ausschlussfristen für die Rechtsverfolgung ist im Interesse der Rechtssicherheit, die zugleich den Berechtigten und die Behörde schützt, mit diesen Vorgaben des Unionsrechts vereinbar (BVerwG, Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26.14 –, juris Rn. 30 f.).
- 19
Darüber hinaus hat das Bundesverwaltungsgericht in seinem Urteil vom 17. September 2015 – 2 C 26.14 – (juris LS 1, Rn. 25 ff.) entschieden, dass der unionsrechtliche Staatshaftungsanspruch erst ab dem Folgemonat der Antragstellung besteht. Da der Kläger erst im Dezember 2012 seinen Antrag auf Entschädigung gestellt hat, könnte danach ein Anspruch auf der Grundlage dieser Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichtes nicht für davor liegende Monate bewilligt werden. Schon aus diesem Grunde stellte sich dann vorliegend die Frage der zeitnahen Geltendmachung nicht.
- 20
d) Unabhängig davon ist die vom Verwaltungsgericht gewählte Höhe der Entschädigung von monatlich 100 € vom Kläger nicht mit gewichtigen Gründen in Zweifel gezogen worden. Der insoweit vom Kläger zitierten anderen Sichtweise des Verwaltungsgerichtes Frankfurt a.M. (Urteil vom 13. November 2015 – 9 K 2555/13 F –) vermag der Senat nicht zu folgen.
- 21
So haben ebenfalls das Bundesverwaltungsgericht und andere Obergerichte mangels weiterer Anhaltspunkte eine Entschädigung in Höhe von 100 € für angemessen erachtet (BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 - 2 C 6.13 -, juris Rn. 61-63; Hessischer VGH, Urteil vom 11. Mai 2016 - 1 A 1927/15 -, juris Rn. 60). Dass dieser Wert der gesetzlichen Regelung einer Entschädigung für überlange Gerichtsverfahren (§ 198 Abs. 2 Satz 3 GVG, § 97a Abs. 2 Satz 3 BVerfGG) entnommen ist, ist rechtlich nicht zu beanstanden. Denn die Vorschriften sind lediglich zur Orientierung mangels einer eigenständigen Rechtsgrundlage und anderer Anhaltspunkte als Begründung für eine Schadensermittlung im Sinne des § 287 ZPO herangezogen worden.
- 22
3. Die Berufung ist auch nicht wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache (§ 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO) zuzulassen. Wie sich aus den obigen Ausführungen ergibt, sind die von dem Kläger aufgeworfenen Fragen entweder nicht entscheidungserheblich oder bereits durch die Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts hinreichend geklärt. Für eine erneute Klärung besteht keine Veranlassung.
- 23
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
- 24
Die Festsetzung des Streitwertes beruht auf § 52 Abs. 2 GKG.
- 25
Das Urteil des Verwaltungsgerichts ist rechtskräftig (§ 124a Abs. 5 Satz 4 VwGO).
- 26
Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, § 68 Abs. 1 Satz 5, § 66 Abs. 3 Satz 3 GKG).
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(1) Das Grundgehalt wird, soweit nicht gesetzlich etwas Anderes bestimmt ist, nach Stufen bemessen. Dabei erfolgt der Aufstieg in eine nächsthöhere Stufe nach bestimmten Dienstzeiten, in denen anforderungsgerechte Leistungen erbracht wurden (Erfahrungszeiten).
(2) Mit der ersten Ernennung mit Anspruch auf Dienstbezüge im Anwendungsbereich dieses Gesetzes wird ein Grundgehalt der Stufe 1 festgesetzt, soweit nicht Erfahrungszeiten nach § 28 Absatz 1 bis 3 anerkannt werden. Die Stufe wird mit Wirkung vom Ersten des Monats festgesetzt, in dem die Ernennung wirksam wird. Die Stufenfestsetzung ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Die Sätze 1 bis 3 gelten entsprechend für
- 1.
die Versetzung, die Übernahme und den Übertritt in den Dienst des Bundes, - 2.
den Wechsel aus einem Amt der Bundesbesoldungsordnungen B, R, W oder C in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A sowie - 3.
die Einstellung eines ehemaligen Beamten, Richters, Berufssoldaten oder Soldaten auf Zeit in ein Amt der Bundesbesoldungsordnung A.
(3) Das Grundgehalt steigt nach Erfahrungszeiten von zwei Jahren in der Stufe 1, von jeweils drei Jahren in den Stufen 2 bis 4 und von jeweils vier Jahren in den Stufen 5 bis 7. Abweichend von Satz 1 beträgt die Erfahrungszeit in den Stufen 5 bis 7 bei Beamten in den Laufbahnen des einfachen Dienstes und bei Soldaten in den Laufbahnen der Mannschaften jeweils drei Jahre. Zeiten ohne Anspruch auf Dienstbezüge verzögern den Aufstieg um diese Zeiten, soweit in § 28 Absatz 5 nicht etwas Anderes bestimmt ist. Die Zeiten sind auf volle Monate abzurunden.
(4) Wird festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten nicht den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, verbleibt er in seiner bisherigen Stufe des Grundgehaltes. Die Feststellung nach Satz 1 erfolgt auf der Grundlage einer geeigneten Leistungseinschätzung. Ist die Leistungseinschätzung älter als zwölf Monate, ist ergänzend eine aktuelle Leistungseinschätzung zu erstellen. Für die Feststellung nach Satz 1 können nur Leistungen berücksichtigt werden, auf die vor der Feststellung hingewiesen wurde.
(5) Wird auf der Grundlage einer weiteren Leistungseinschätzung festgestellt, dass die Leistungen des Beamten oder Soldaten wieder den mit dem Amt verbundenen Anforderungen entsprechen, erfolgt der Aufstieg in die nächsthöhere Stufe am ersten Tag des Monats, in dem diese Feststellung erfolgt. Wird in der Folgezeit festgestellt, dass der Beamte oder Soldat Leistungen erbringt, die die mit dem Amt verbundenen Anforderungen erheblich übersteigen, gilt der von dieser Feststellung erfasste Zeitraum nicht nur als laufende Erfahrungszeit, sondern wird zusätzlich so angerechnet, dass er für die Zukunft die Wirkung eines früheren Verbleibens in der Stufe entsprechend mindert oder aufhebt. Die für diese Anrechnung zu berücksichtigenden Zeiten sind auf volle Monate abzurunden. Maßgebender Zeitpunkt ist der Erste des Monats, in dem die entsprechende Feststellung erfolgt.
(6) Bei dauerhaft herausragenden Leistungen kann Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A für den Zeitraum bis zum Erreichen der nächsten Stufe das Grundgehalt der nächsthöheren Stufe gezahlt werden (Leistungsstufe). Die Zahl der in einem Kalenderjahr bei einem Dienstherrn vergebenen Leistungsstufen darf 15 Prozent der Zahl der bei dem Dienstherrn vorhandenen Beamten und Soldaten der Bundesbesoldungsordnung A, die das Endgrundgehalt noch nicht erreicht haben, nicht übersteigen. Die Bundesregierung wird ermächtigt, nähere Regelungen durch Rechtsverordnung zu treffen. In der Rechtsverordnung kann zugelassen werden, dass bei Dienstherren mit weniger als sieben Beamten im Sinne des Satzes 2 in jedem Kalenderjahr einem Beamten die Leistungsstufe gewährt wird.
(7) Die Entscheidung nach den Absätzen 4 bis 6 trifft die zuständige oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Sie ist dem Beamten oder Soldaten schriftlich mitzuteilen. Widerspruch, Beschwerde nach der Wehrbeschwerdeordnung und Anfechtungsklage haben keine aufschiebende Wirkung.
(8) In der Probezeit nach § 11 Absatz 1 des Bundesbeamtengesetzes erfolgt das Aufsteigen in den Stufen entsprechend den in Absatz 3 genannten Zeiträumen.
(9) Der Beamte oder Soldat verbleibt in seiner bisherigen Stufe, solange er vorläufig des Dienstes enthoben ist. Führt ein Disziplinarverfahren nicht zur Entfernung aus dem Dienst oder endet das Dienstverhältnis nicht durch Entlassung auf Antrag des Beamten oder Soldaten oder infolge strafgerichtlicher Verurteilung, regelt sich das Aufsteigen im Zeitraum seiner vorläufigen Dienstenthebung nach Absatz 3.
(1) Beamten und Soldaten werden bei der ersten Stufenfestsetzung als Erfahrungszeiten im Sinne des § 27 Absatz 2 anerkannt:
- 1.
Zeiten einer gleichwertigen hauptberuflichen Tätigkeit außerhalb eines Soldatenverhältnisses, die für Beamte nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung oder für Soldaten nicht Voraussetzung für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 sind, - 2.
Zeiten als Berufssoldat oder Soldat auf Zeit, - 3.
Zeiten von mindestens vier Monaten und insgesamt höchstens zwei Jahren, in denen Wehrdienst, soweit er nicht unter Nummer 2 fällt, Zivildienst, Bundesfreiwilligendienst, Entwicklungsdienst oder ein freiwilliges soziales oder ökologisches Jahr geleistet wurde, - 4.
Verfolgungszeiten nach dem Beruflichen Rehabilitierungsgesetz, soweit eine Erwerbstätigkeit, die einem Dienst bei einem öffentlich-rechtlichen Dienstherrn (§ 29) entspricht, nicht ausgeübt werden konnte.
- 1.
Zeiten einer Kinderbetreuung von bis zu drei Jahren für jedes Kind (Kinderbetreuungszeiten), - 2.
Zeiten der tatsächlichen Pflege von Eltern, Schwiegereltern, Ehegatten, Geschwistern oder Kindern, die nach ärztlichem Gutachten pflegebedürftig sind, von bis zu drei Jahren für jeden dieser Angehörigen (Pflegezeiten).
(2) Beamten können weitere hauptberufliche Zeiten, die nicht Voraussetzung für den Erwerb der Laufbahnbefähigung sind, ganz oder teilweise anerkannt werden, soweit diese für die Verwendung förderlich sind. Wird für die Einstellung ein mit einem Master abgeschlossenes Hochschulstudium oder ein gleichwertiger Abschluss vorausgesetzt, sind Beamten dafür zwei Jahre als Erfahrungszeit anzuerkennen. Zusätzliche Qualifikationen, die nicht im Rahmen von hauptberuflichen Zeiten erworben wurden, können Beamten in besonderen Einzelfällen, insbesondere zur Deckung des Personalbedarfs, mit bis zu drei Jahren als Erfahrungszeit im Sinne des § 27 Absatz 3 anerkannt werden. Die Entscheidungen nach den Sätzen 1 und 3 trifft die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle. Absatz 1 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.
(3) Werden Soldaten auf Grund ihrer beruflichen Qualifikation mit einem höheren Dienstgrad eingestellt, können entsprechend den jeweiligen Einstellungsvoraussetzungen als Erfahrungszeiten anerkannt werden:
- 1.
in der Laufbahngruppe der Unteroffiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 7 höchstens vier Jahre und - 2.
in der Laufbahngruppe der Offiziere für die Einstellung mit einem Dienstgrad einer Besoldungsgruppe bis A 13 höchstens sechs Jahre.
(4) Derselbe Zeitraum kann nur einmal anerkannt werden. Die Zeiten nach den Absätzen 1 bis 3 sind zu addieren und danach auf volle Monate aufzurunden.
(5) Abweichend von § 27 Absatz 3 Satz 3 wird der Aufstieg in den Stufen durch folgende Zeiten nicht verzögert:
- 1.
Kinderbetreuungs- und Pflegezeiten nach Absatz 1 Satz 4, - 2.
Zeiten einer Beurlaubung ohne Dienstbezüge, die nach gesetzlichen Bestimmungen dienstlichen Interessen dient; dies gilt auch, wenn durch die oberste Dienstbehörde oder die von ihr bestimmte Stelle schriftlich oder elektronisch anerkannt ist, dass der Urlaub dienstlichen Interessen oder öffentlichen Belangen dient, - 3.
Zeiten, die nach dem Arbeitsplatzschutzgesetz nicht zu dienstlichen Nachteilen führen dürfen, - 4.
Zeiten einer Eignungsübung nach dem Eignungsübungsgesetz und - 5.
Zeiten, die in einem kommunalen Wahlbeamtenverhältnis erbracht wurden.
(6) Zeiten, die nach § 28 Absatz 3 Nummer 1 oder 2 des Bundesbesoldungsgesetzes in der bis zum 30. Juni 2009 geltenden Fassung berücksichtigt wurden, werden auf die Zeiten nach Absatz 5 Nummer 1 angerechnet.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Tenor
-
Die Revision des Klägers gegen das Urteil des Landesarbeitsgerichts Saarland vom 17. November 2010 - 1 Sa 23/10 - wird zurückgewiesen.
-
Der Kläger hat die Kosten der Revision zu tragen.
Tatbestand
- 1
-
Die Parteien streiten über einen Entschädigungsanspruch des Klägers wegen einer Benachteiligung aufgrund einer Behinderung bei einer Bewerbung auf eine vom beklagten Land ausgeschriebene Stelle.
- 2
-
Der Kläger ist schwerbehindert. Er verfügt über Ausbildungen zum Lehrer für Grund- und Hauptschulen sowie zum Dipl.-Pädagogen. Der Kläger ist Mitglied der GEW.
-
Das beklagte Land ließ im Juni 2008 über die Bundesagentur für Arbeit zwei Stellen für Lehrkräfte an der Justizvollzugsanstalt O ausschreiben. In dieser Ausschreibung heißt es ua.:
-
„Für unser Team, das sich multiprofessionell aus Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des mittleren allgemeinen Vollzugsdienstes und der Fachdienste (Sozialarbeiter, Pädagogen, Psychologen, Seelsorger) zusammensetzt, besetzen wir alsbald zwei Stellen für
Lehrerinnen bzw. Lehrer.
Das Aufgabengebiet beinhaltet primär die Erteilung von Unterricht zur Vorbereitung von Gefangenen auf den Erwerb des Hauptschulabschlusses - insbesondere in den Fächern Deutsch, Mathematik, Geschichte, Sozialkunde und Erdkunde. Je nach Bedarf umfasst der Tätigkeitsbereich auch die intensive pädagogische Betreuung von Inhaftierten im Bereich der Elementarbildung. Dabei beschränken sich die Aufgaben nicht auf die reine Vermittlung von schulischen Lerninhalten, sondern eröffnen vielfältige Möglichkeiten individueller pädagogisch-kreativer Behandlungs- und Förderangebote. Insofern wären auch Erfahrungen im künstlerisch-gestalterischen Bereich von Vorteil.
Erforderlich sind Teamfähigkeit sowie die Bereitschaft zur Mitarbeit in Behandlungsgruppen und bei der Vollzugsplanung. Zudem wäre eine sonderpädagogische Zusatzausbildung oder Erfahrung in der Arbeit mit verhaltensauffälligen Jugendlichen wünschenswert. Die Teilnahme an Fortbildungen wird erwartet und unterstützt.
Es handelt sich um eine Vollzeitbeschäftigung. Die Stellen sind vorerst auf 2 Jahre befristet. Eine unbefristete Weiterbeschäftigung ist bei Bewährung möglich. Die Eingruppierung erfolgt je nach Qualifikation bis höchstens Entgeltgruppe 13 TV-L.
…
WIR SUCHEN
Bildungsabschluss
Wissenschaftliche Hochschule/Universität
Mobilität
Reisebereitschaft: nicht erforderlich
…
Kenntnisse und Fertigkeiten
Unterricht (schulischer Bereich): zwingend erforderlich“
-
Der Kläger bewarb sich mit Schreiben vom 11. Juli 2008 um eine dieser Stellen. Sein Bewerbungsschreiben enthielt den Hinweis:
-
„Ich bin zwar schwerbehindert (60 %), dies beeinträchtigt meine Leistungsfähigkeit aber nicht.“
-
Unter dem 29. August 2008 teilte das zuständige Ministerium für Justiz, Arbeit, Gesundheit und Soziales des beklagten Landes dem Kläger schriftlich mit:
-
„Ihre Bewerbung um die ausgeschriebene Stelle eines Lehrers/einer Lehrerin in der Justizvollzugsanstalt O
Sehr geehrter Herr G,
nach Abschluss des Auswahlverfahrens muss ich Ihnen leider mitteilen, dass Sie für eine Einstellung nicht berücksichtigt werden konnten. Die Auswahlkommission hat einer anderen Bewerbung den Vorzug gegeben.
Ich bedauere, Ihnen keine günstigere Mitteilung machen zu können. Ihre Bewerbungsunterlagen reiche ich in der Anlage zurück.
Für die Zukunft wünsche ich Ihnen alles Gute.“
- 6
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Das Schreiben ging dem Kläger am 2. September 2008 zu. Mit Schreiben vom 30. Oktober 2008 meldete der Kläger Schadensersatzansprüche/Entschädigungsleistungen wegen Benachteiligung bei der Einstellung an, da er vom beklagten Land als Schwerbehinderter nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden war. Dieses Schreiben ging dem beklagten Land am 4. November 2008 zu. Unter Hinweis auf die gesetzliche Frist zur Geltendmachung sah das beklagte Land unter dem 19. November 2008 von einer weiteren Stellungnahme ab.
- 7
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Der Kläger meint, das beklagte Land habe ihn unter Verstoß gegen § 82 Satz 2 SGB IX nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen. Auch habe es ihm keine Gründe für die Ablehnung seiner Bewerbung mitgeteilt und seine weiteren Verpflichtungen aus § 81 und § 82 SGB IX nicht erfüllt. Daraus und aus anderen Gesichtspunkten ergebe sich die Vermutung, dass er wegen seiner Schwerbehinderung benachteiligt worden sei. Da nach dem für die in Aussicht genommene Stelle geltenden Tarifvertrag des öffentlichen Dienstes (TV-L) für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine sechsmonatige Ausschlussfrist gelte (§ 37 TV-L) und weil die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG gegen Europarecht verstoße, habe er seine Ansprüche rechtzeitig geltend gemacht.
- 8
-
Die Entschädigung müsse mindestens 6.450,00 Euro betragen.
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Der Kläger hat zuletzt beantragt,
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das beklagte Land zu verurteilen, an ihn Schadensersatz, dessen Höhe in das Ermessen des Gerichts gestellt wird, nebst Zinsen iHv. fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz gemäß § 247 BGB seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
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Das beklagte Land hat seinen Klageabweisungsantrag im Wesentlichen darauf gestützt, dass eine Einladung zum Vorstellungsgespräch schon habe unterbleiben können, da das Anschreiben des Klägers farblos gewesen sei. Der Kläger sei seit 1979 in der Erwachsenenbildung und nicht an Schulen tätig. Auch die gewünschte sonderpädagogische Zusatzausbildung oder Erfahrung in der Arbeit mit verhaltensauffälligen Jugendlichen habe der Kläger nicht vorweisen können. In jedem Fall scheiterten Entschädigungsansprüche an der wirksamen Frist des § 15 Abs. 4 AGG, die der Kläger nicht eingehalten habe.
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Das Arbeitsgericht hat die Klage abgewiesen. Die Berufung des Klägers hat das Landesarbeitsgericht zurückgewiesen. Mit seiner vom Landesarbeitsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Entschädigungsbegehren weiter.
Entscheidungsgründe
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Die Revision des Klägers ist unbegründet. Ein ihm möglicherweise zustehender Entschädigungsanspruch ist verfallen.
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A. Das Landesarbeitsgericht hat seine Entscheidung im Wesentlichen wie folgt begründet: Ein etwaiger Entschädigungsanspruch des Klägers sei nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen, weil sein Geltendmachungsschreiben erst am 4. November 2008 beim beklagten Land und damit nicht innerhalb von zwei Monaten nach Kenntniserlangung von seiner Benachteiligung eingegangen sei. Die Ausschlussfrist habe mit dem Zugang der Ablehnung begonnen, da der Kläger in diesem Zeitpunkt gewusst habe, dass er bei der Stellenbesetzung nicht zum Zuge gekommen sei und entgegen der bestehenden Verpflichtung nicht zu einem Vorstellungsgespräch eingeladen worden sei. Darauf habe der Kläger in seinem Geltendmachungsschreiben ausdrücklich selbst hingewiesen. Eine ausreichende Kenntnis iSd. § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG habe beim Kläger mit Zugang des Ablehnungsschreibens vorgelegen. Es sei nicht erforderlich, dass sich die Beklagte zu weiteren Indizien einer Benachteiligung eingelassen habe, weil der Kläger für den Beginn der Frist nicht Kenntnis von allen Tatsachen haben musste, welche die Vermutung einer Benachteiligung begründen konnten. Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstoße auch in Ansehung von § 37 TV-L nicht gegen Europäisches Gemeinschaftsrecht. Soweit der Kläger auch Ansprüche wegen Verletzung seines allgemeinen Persönlichkeitsrechts anklingen lasse, habe er deren Voraussetzungen nicht schlüssig dargelegt.
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B. Die Entscheidung des Landesarbeitsgerichts hält einer revisionsrechtlichen Überprüfung stand.
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Ein etwaiger Entschädigungsanspruch des Klägers nach § 15 Abs. 2 AGG ist wegen verspäteter Geltendmachung verfallen(§ 15 Abs. 4 AGG).
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I. Streitgegenstand ist ein Anspruch auf Zahlung einer Entschädigung wegen eines immateriellen Schadens (§ 15 Abs. 2 AGG), nicht ein auf Ersatz eines Vermögensschadens gerichteter Schadensersatzanspruch (§ 15 Abs. 1 AGG). Zwar verwendet der Kläger in seinem Revisionsantrag das Wort „Schadensersatz“, jedoch macht er ausweislich der von ihm gegebenen Begründung keinen Schadensersatzanspruch geltend. Insbesondere verlangt der Kläger ausdrücklich eine der Höhe nach ins Ermessen des Gerichts gestellte „Entschädigung“ und keinen konkreten Verdienstausfall für einen bestimmten Zeitraum.
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II. Der auf Zahlung einer Entschädigung gerichtete Klageantrag ist zulässig, insbesondere hinreichend bestimmt (§ 253 Abs. 2 Nr. 2 ZPO). Der Kläger durfte die Höhe der von ihm begehrten Entschädigung in das Ermessen des Gerichts stellen. Grundlage hierfür ist § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG, der für einen Schaden, der nicht Vermögensschaden ist, eine angemessene Entschädigung in Geld vorsieht. Dem Gericht wird bei der Bestimmung der Höhe der Entschädigung ein Beurteilungsspielraum eingeräumt (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38), weshalb eine Bezifferung des Zahlungsantrags nicht notwendig ist. Erforderlich ist allein, dass der Kläger Tatsachen, die das Gericht bei der Bestimmung des Betrags heranziehen soll, benennt und die Größenordnung der geltend gemachten Forderung angibt (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11). Diese Voraussetzungen sind erfüllt. Der Kläger hat einen Sachverhalt dargelegt, der dem Gericht grundsätzlich die Bestimmung einer Entschädigung ermöglicht, und den Mindestbetrag der angemessenen Entschädigung mit 6.450,00 Euro beziffert.
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III. Die Klage ist unbegründet.
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1. Einen Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG iVm. § 81 Abs. 2 SGB IX auf eine angemessene Entschädigung in Geld kann der Kläger, unabhängig von seinem Bestehen, allein deshalb nicht mit Erfolg verfolgen, weil er den von ihm behaupteten Anspruch nicht innerhalb der in § 15 Abs. 4 AGG bestimmten Frist geltend gemacht hat und der Anspruch daher verfallen ist.
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a) Der persönliche Anwendungsbereich des AGG ist eröffnet. Der Kläger ist als Bewerber „Beschäftigter“ im Sinne des AGG. Nach § 6 Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 AGG gelten als Beschäftigte auch Bewerberinnen und Bewerber für ein Beschäftigungsverhältnis.
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b) Das beklagte Land ist als „Arbeitgeber“ passiv legitimiert. Nach § 6 Abs. 2 Satz 1 AGG ist Arbeitgeber im Sinne des Gesetzes, wer „Personen nach Absatz 1“ des § 6 AGG „beschäftigt“. Arbeitgeber ist also derjenige, der um Bewerbungen für ein von ihm angestrebtes Beschäftigungsverhältnis bittet (vgl. BAG 19. August 2010 - 8 AZR 370/09 - AP SGB IX § 81 Nr. 19 = EzA AGG § 15 Nr. 11).
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c) Der Kläger hat die nach § 15 Abs. 4 AGG für die Geltendmachung von Ansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG einzuhaltende Frist von zwei Monaten nicht gewahrt. Bei dieser Frist handelt es sich um eine materiell-rechtliche Ausschlussfrist (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 91; v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 101; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 99; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 50 Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 66), deren Einhaltung - wie bei tarifvertraglichen Ausschlussfristen - von Amts wegen zu beachten ist (vgl. GMP/Germelmann ArbGG 7. Aufl. § 61b Rn. 10; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; ErfK/Preis 12. Aufl. §§ 194 - 218 BGB Rn. 33).
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d) Anstelle der nach § 15 Abs. 4 AGG geltenden zweimonatigen Frist ist nicht die längere Frist des § 37 TV-L einschlägig. § 37 Abs. 1 TV-L sieht für die Geltendmachung von Ansprüchen aus dem Arbeitsverhältnis eine Ausschlussfrist von sechs Monaten nach Fälligkeit vor. Diese tarifliche Ausschlussfrist ist aber nicht auf einen Entschädigungsanspruch eines Stellenbewerbers nach § 15 Abs. 2 AGG anzuwenden.
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Im Falle eines behaupteten Entschädigungsanspruchs eines erfolglosen Bewerbers kommt es für die Ausschlussfrist nicht auf die für die Geltendmachung von Schadensersatzansprüchen im angestrebten Arbeitsverhältnis, dh. auf die Frist für Schadensersatzansprüche bei unterstelltem Vertragsabschluss, an.
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Voraussetzung dafür, dass nach der in § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG zugelassenen abweichenden Regelung eines Tarifvertrags die tarifvertragliche Ausschlussfrist zur Anwendung kommt, ist, dass der Tarifvertrag durch beiderseitige Tarifgebundenheit Geltung entfaltet und die tarifvertragliche Ausschlussfrist den Anspruch erfasst. Die normative und zwingende Wirkung eines Tarifvertrags erfordert nach § 4 Abs. 1 Satz 1 TVG neben der Tarifbindung der Arbeitsvertragsparteien, dass das Arbeitsverhältnis unter den Geltungsbereich des Tarifvertrags fällt.
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In § 1 TV-L haben die Tarifvertragsparteien den persönlichen Geltungsbereich des TV-L geregelt. Danach gilt der TV-L für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die in einem Arbeitsverhältnis zu einem Arbeitgeber stehen, der Mitglied der Tarifgemeinschaft deutscher Länder (TdL) oder eines Mitgliedverbandes der TdL ist. Damit haben die Tarifvertragsparteien den persönlichen Geltungsbereich auf bestehende Arbeitsverhältnisse festgelegt. Kommt es mangels Vertragsabschlusses nicht zu einem Arbeitsverhältnis, findet der TV-L keine Anwendung.
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e) Die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen Europarecht.
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aa) Ausdrücklich lassen Art. 9 Abs. 3 der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf, Art. 7 Abs. 3 der Richtlinie 2000/43/EG des Rates vom 29. Juni 2000 zur Anwendung des Gleichbehandlungsgrundsatzes ohne Unterschied der Rasse oder der ethnischen Herkunft und Art. 17 Abs. 3 der Richtlinie 2006/54/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 5. Juli 2006 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Chancengleichheit und Gleichbehandlung von Männern und Frauen in Arbeits- und Beschäftigungsfragen einzelstaatliche Regelungen über Fristen für die Rechtsverfolgung betreffend den Gleichbehandlungsgrundsatz unberührt.
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bb) Nach ständiger Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs ist es mangels einer einschlägigen Gemeinschaftsregelung Sache der innerstaatlichen Rechtsordnung der einzelnen Mitgliedstaaten, die zuständigen Gerichte und die Ausgestaltung von Verfahren, die den Schutz der dem Bürger aus dem Unionsrecht erwachsenden Rechte gewährleisten sollen, zu bestimmen. Dabei dürfen diese Verfahren nicht weniger günstig gestaltet sein als bei entsprechenden Klagen, die nur innerstaatliches Recht betreffen (Grundsatz der Äquivalenz), und die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte nicht praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren (Grundsatz der Effektivität; vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8).
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cc) § 15 Abs. 4 AGG verstößt nicht gegen den Grundsatz der Gleichwertigkeit(Äquivalenz). Nach deutschem Recht besteht keine, einer Klage auf Entschädigung infolge einer Diskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, nach ihren Verfahrensmodalitäten günstigere Klageart(vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 68; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092; Jacobs RdA 2009, 193, 200; im Ergebnis auch: Däubler/Bertzbach-Deinert § 15 2. Aufl. Rn. 102; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 51; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 101; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 46; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 101a; aA Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 189 f.; Fischinger NZA 2010, 1048, 1051; v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 104a; ders. jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 56).
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Die Wahrung des Grundsatzes der Äquivalenz setzt voraus, dass die streitige Regelung in gleicher Weise für Klagen gilt, die auf die Verletzung des Unionsrechts gestützt sind, wie für solche, die auf die Verletzung des innerstaatlichen Rechts gestützt sind, sofern diese Klagen einen ähnlichen Gegenstand und Rechtsgrund haben (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Daraus folgt aber nach der Rechtsprechung des EuGH nicht, dass der nationale Gesetzgeber verpflichtet wäre, die günstigste innerstaatliche Regelung auf alle Klagen zu erstrecken, die im Bereich des Arbeitsrechts erhoben werden (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] aaO). Das nationale Gericht hat vielmehr objektiv und abstrakt unter Berücksichtigung der Stellung der Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen, ob eine nach Gegenstand, Rechtsgrund und den wesentlichen Merkmalen vergleichbare, nach den Verfahrensmodalitäten günstigere Klage besteht (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] aaO).
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Nach diesen Maßstäben ist die Klage eines erfolglosen Stellenbewerbers auf eine angemessene Entschädigung, dh. auf Ersatz eines Nichtvermögensschadens, infolge einer Diskriminierung weder vergleichbar mit Bestandsschutzklagen nach dem Kündigungsschutzgesetz oder dem Teilzeit- und Befristungsgesetz noch mit Klagen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen oder mit Klagen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auf eine Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts. Nach nationalem Recht bestand kein dem Entschädigungsanspruch des AGG vergleichbarer Anspruch eines erfolglosen Stellenbewerbers bei Verletzung des Inklusionsinteresses in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG oder vergleichbare Merkmale. Daher war der deutsche Gesetzgeber nicht nach dem Grundsatz der Gleichwertigkeit daran gehindert, vom Verjährungsrecht abweichende Ausschlussfristen einzuführen.
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Bereits mit Urteil vom 24. September 2009 (- 8 AZR 705/08 - AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1) hat der Senat die Vereinbarkeit von § 15 Abs. 4 AGG für Entschädigungsansprüche aus einem bestehenden Arbeitsverhältnis mit dem Grundsatz der Gleichwertigkeit bestätigt und zum Vergleich die § 4 Satz 1, § 12 Satz 1 KSchG, § 17 Satz 1 TzBfG, § 626 Abs. 2 BGB, § 22 Abs. 4 BBiG und § 9 Abs. 1 MuSchG herangezogen. Besteht mangels Vertragsabschlusses jedoch kein Arbeitsverhältnis, sind die zur Verwirklichung des Bestandsschutzes vorgesehenen Feststellungsklagen des deutschen Arbeitsrechts (§§ 4, 9 KSchG, § 17 TzBfG, § 256 ZPO) mit einer Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG zum Ausgleich des Nichtvermögensschadens, wegen einer Diskriminierung im Stellenbesetzungsverfahren nicht vergleichbar(vgl. Fischinger NZA 2010, 1048, 1050; Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 190; v. Roetteken jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1).
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Soweit in der Literatur Schadensersatzansprüche wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, welche regelmäßig in drei Jahren verjähren(§ 195 BGB), als mit § 15 Abs. 2 AGG vergleichbare, günstigere Ansprüche betrachtet werden(vgl. Gotthardt ZTR 2000, 448, 450 zu § 611a Abs. 4 BGB aF; Rust/Eggert-Weyand ZESAR 2011, 186, 190), ist dem nicht zu folgen.
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Bei der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB wegen Verschuldens bei Vertragsverhandlungen handelt es sich um keinen typisch arbeitsrechtlichen Anspruch, sondern um die Ausprägung eines allgemeinen Rechtsgedankens. Mit § 311 Abs. 2 BGB hat der Gesetzgeber im Rahmen der Schuldrechtsmodernisierung die culpa-in-contrahendo-Haftung normiert, die als Haftung für in Anspruch genommenes, enttäuschtes Vertrauen seit Langem anerkannt war. Die Fallgruppen der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB sind im Hinblick auf eine Vielzahl von Schutzpflichten sehr vielgestaltig und reichen bspw. von dem Abbruch von Vertragsverhandlungen (vgl. BGH 29. März 1996 - V ZR 332/94 - NJW 1996, 1884), der Verletzung von Aufklärungspflichten, wie der unrichtigen Information über wertbildende Merkmale beim Kauf von GmbH-Geschäftsanteilen (vgl. BGH 4. April 2001 - VIII ZR 32/00 - NJW 2001, 2163) oder der unterlassenen Aufklärung in Arbeitsvertragsverhandlungen über einen konkret ins Auge gefassten bevorstehenden Personalabbau (vgl. BAG 14. Juli 2005 - 8 AZR 300/04 - AP BGB § 242 Auskunftspflicht Nr. 41 = EzA BGB 2002 § 242 Nr. 1), bis hin zur Haftung wegen Verletzung von Verkehrssicherungspflichten (vgl. MüKoBGB/Emmerich 6. Aufl. § 311 BGB Rn. 63 ff.). Im Hinblick auf den in § 311 Abs. 2 BGB zum Ausdruck kommenden allgemeinen Rechtsgedanken und die vielfältigen Fallgestaltungen der Haftung nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB fehlt auch eine von der allgemeinen Verjährungsvorschrift abweichende Regelung; es gilt im Grundsatz die Regelverjährung des § 195 BGB(vgl. Palandt/Ellenberger 71. Aufl. § 195 BGB Rn. 4).
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§ 15 Abs. 2 AGG vermittelt dem erfolglosen Stellenbewerber demgegenüber einen Entschädigungsanspruch, wenn der Arbeitgeber im Stellenbesetzungsverfahren gegen das Benachteiligungsverbot(§ 7 Abs. 1 AGG) verstoßen hat. Nach § 7 Abs. 3 AGG ist eine Benachteiligung nach § 7 Abs. 1 AGG durch Arbeitgeber oder Beschäftigte eine Verletzung (vor-)vertraglicher Pflichten. Hiermit am ehesten vergleichbar ist eine culpa-in-contrahendo-Haftung des Arbeitgebers (§ 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB) bei Abbruch der Vertragsverhandlungen, da beide Ansprüche an Pflichtverletzungen im Vorfeld der Begründung eines Arbeitsverhältnisses anknüpfen (hierauf abstellend: Gotthardt ZTR 2000, 448, 450) und es zu keinem Vertragsabschluss kommt. Insoweit besteht ein vergleichbarer Rechtsgrund der Ansprüche.
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Allerdings sind Ansprüche aus § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB und solche aus § 15 Abs. 2, § 7 Abs. 1 AGG schon hinsichtlich ihres Gegenstandes nicht vergleichbar.
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Bei der Verletzung vorvertraglicher Pflichten ist nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 249 Abs. 1 BGB der Geschädigte grundsätzlich so zu stellen, wie er ohne das schädigende Verhalten des anderen Teils gestanden hätte. Soweit die Herstellung nicht möglich oder zur Entschädigung des Gläubigers nicht genügend ist, hat der Ersatzpflichtige den Gläubiger in Geld zu entschädigen, § 251 Abs. 1 BGB. Dem bei Vertragsverhandlungen Geschädigten steht ein Anspruch auf materiellen Schadensersatz zu. In der Fallgruppe des Abbruchs von Vertragsverhandlungen umfasst dieser grundsätzlich nur das negative Interesse, nicht aber das positive Interesse, da dies auf einen Kontrahierungszwang aus culpa-in-contrahendo hinausliefe (vgl. BGH 18. Juli 2001 - XII ZR 183/98 - NJW-RR 2001, 1524; MüKoBGB/Emmerich 5. Aufl. § 311 BGB Rn. 225; Bamberger/Roth/Unberath BGB 2. Aufl. Bd. 1 § 280 Rn. 60). Der Schaden besteht daher in den nutzlosen Aufwendungen (vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 311 BGB Rn. 55), wie sie der BGH bspw. in Um- und Rückbaukosten erkannt hat (vgl. BGH 22. Februar 2006 - XII ZR 48/03 - NJW 2006, 1963). Nur bei Verletzung des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung kann wegen des Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, eine billige Entschädigung in Geld verlangt werden, § 253 Abs. 2 BGB. § 253 Abs. 2 BGB gewährt keinen Ausgleichsanspruch bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies entspricht dem ausdrücklichen Willen des Gesetzgebers (vgl. BT-Drucks. 14/7752 S. 24, 25; MüKoBGB/Oetker 6. Aufl. § 253 BGB Rn. 27). Ein Anspruch bei Verletzung des Persönlichkeitsrechts kann sich daher nur aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG ergeben(vgl. Palandt/Grüneberg 71. Aufl. § 253 BGB Rn. 10).
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Nach § 15 Abs. 2 AGG hat der Arbeitgeber dem Bewerber immaterielle Schäden zu ersetzten, wenn er diesen im Stellenbesetzungsverfahren wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes benachteiligt. Die Entschädigung wird ausschließlich für immaterielle Schäden gewährt, die regelmäßig bei einer ungerechtfertigten Benachteiligung aus den in § 1 AGG genannten Gründen vorliegen, wobei § 15 Abs. 2 AGG die im Verhältnis zu § 253 Abs. 1 BGB speziellere Norm ist(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38; BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Darauf, dass das Persönlichkeitsrecht verletzt ist, kommt es für die Ausgleichspflicht nicht an. Vielmehr ordnet der Gesetzgeber in § 15 Abs. 2 AGG stets einen Ausgleich bei Beeinträchtigung des Inklusionsinteresses in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG an(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 33). Das Vorhandensein eines immateriellen Schadens wird bei einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes vermutet(vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 7). Mit der Regelung in § 15 Abs. 2 AGG hat sich der Gesetzgeber für Ersatzleistungen an das Diskriminierungsopfer als Rechtsfolge entschieden und verfolgt das Ziel, mit Rücksicht auf die Rechtsprechung des EuGH(vgl. insb. EuGH 22. April 1997 - C-180/95 - [Draehmpaehl] Slg. 1997, I-2195 = AP BGB § 611a Nr. 13 = EzA BGB § 611a Nr. 12), eine wirksame und verschuldensunabhängige Sanktion bei Verletzung des Benachteiligungsverbots durch den Arbeitgeber vorzusehen (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Bei der Festsetzung der angemessenen Entschädigung sind alle Umstände des Einzelfalls zu berücksichtigen, zu denen Art und Schwere der Benachteiligung, die Dauer und ihre Folgen, der Anlass und der Beweggrund des Handelns, der Grad der Verantwortlichkeit des Arbeitgebers, etwa geleistete Wiedergutmachung oder erhaltene Genugtuung und das Vorliegen eines Wiederholungsfalls gehören. Ferner ist der Sanktionszweck der Norm zu berücksichtigen, sodass die Höhe auch danach zu bemessen ist, was zur Erzielung einer abschreckenden Wirkung erforderlich ist. Die Entschädigung muss geeignet sein, eine wirklich abschreckende Wirkung gegenüber dem Arbeitgeber zu haben und muss in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden stehen (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - mwN, aaO).
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Danach unterscheidet sich der Gegenstand einer Klage zur Erlangung eines materiellen Schadensersatzanspruchs nach § 280 Abs. 1, § 241 Abs. 2, § 311 Abs. 2 BGB, der bei Abbruch von Vertragsverhandlungen auf das negative Interesse begrenzt ist, und der in § 15 Abs. 2 AGG vorgesehene Entschädigungsanspruch grundlegend.
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Der Entschädigungsanspruch nach § 15 Abs. 2 AGG zur Verwirklichung des Diskriminierungsschutzes ist qualitativ etwas anderes als ein Schadensersatzanspruch nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB. Ein mit dem AGG vergleichbarer, umfassender Diskriminierungsschutz bestand vor Schaffung des Gesetzes bzw. in Bezug auf die Merkmale Geschlecht bzw. Behinderung vor Schaffung von § 611a BGB aF bzw. § 81 Abs. 2 SGB IX im deutschen Recht nicht. Vielmehr ist das nationale Arbeitsrecht in Deutschland vom Grundsatz der Privatautonomie geprägt, von dem sich das europäische Antidiskriminierungsrecht fundamental unterscheidet (vgl. Richardi NZA 2006, 881 f.; Reichold/Hahn/Heinrich NZA 2005, 1270, 1272; Thüsing NZA 2001, 1061). Aufgaben, die in anderen Rechtsordnungen dem Diskriminierungsschutz zukommen, übernahm in der Vergangenheit in der deutschen Rechtsordnung für bestehende Arbeitsverhältnisse zum Teil der allgemeine Kündigungsschutz als funktionelles Äquivalent (vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. Einl. AGG Rn. 7; ders. NZA 2001, 1061), vor allem im Rahmen der Interessenabwägung (vgl. BAG 10. Oktober 2002 - 2 AZR 472/01 - BAGE 103, 111 = AP KSchG 1969 § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 44 = EzA KSchG § 1 Verhaltensbedingte Kündigung Nr. 58). Bei der Gewährung von Leistungen durch den Arbeitgeber übernahm dies der Gleichbehandlungsgrundsatz.
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Zur Umsetzung der Richtlinien 2000/43/EG, 2000/78/EG, 2002/73/EG und 2004/113/EG durch das AGG konnte der deutsche Gesetzgeber daher nicht an einen bereits im nationalen Recht bestehenden allgemeinen Diskriminierungsschutz wegen der Merkmale des § 1 AGG anknüpfen(vgl. Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1092; Kolbe EuZA 2011, 65, 68), sondern nur an die Diskriminierungsverbote des § 611a BGB aF und § 81 Abs. 2 SGB IX aF, die ihrerseits der Richtlinienumsetzung dienten und deshalb keine taugliche Vergleichsgrundlage für die Einhaltung der Grundsätze der Äquivalenz und Effektivität bilden. Der Gesetzgeber hat sich zur Normierung des Entschädigungsanspruchs in § 15 Abs. 2 AGG ausdrücklich darauf berufen, dass der aus § 611a BGB aF bekannte Grundgedanke in § 15 Abs. 2 AGG auf alle Tatbestände(des § 1 AGG) einer Benachteiligung übertragen werden solle (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Mit dem Inkrafttreten des AGG besteht erstmals ein umfassender Diskriminierungsschutz in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG. Dabei hat sich der Gesetzgeber für zivilrechtliche Sanktionen entschieden, die er aber bezüglich der Fristen für die Rechtsverfolgung nicht ebenso wie Ansprüche nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2 BGB ausgestalten musste.
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Auch Klagen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG zur Erlangung einer Geldentschädigung wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts sind nicht mit Entschädigungsklagen nach § 15 Abs. 2 AGG vergleichbar(aA v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 104a ff.; ders. jurisPR-ArbR 1/2011 Anm. 1; Fischinger NZA 2010, 1048, 1050). Der Gesetzgeber hat mit § 15 Abs. 4 AGG keine(ausschließlich) zulasten der Diskriminierungsopfer wirkende Sonderregelung getroffen (so aber v. Roetteken aaO Rn. 106a). Denn mit der Entschädigungsklage nach § 15 Abs. 2 AGG wurde erstmals ein umfassender Diskriminierungsschutz zugunsten Beschäftigter geschaffen, der in seinen Merkmalen vom bisherigen nationalen Recht wesentlich abweicht.
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Das allgemeine Persönlichkeitsrecht ist in der Rechtsprechung als ein durch Art. 1 und Art. 2 GG verfassungsmäßig garantiertes Grundrecht und zugleich zivilrechtlich nach § 823 Abs. 1 BGB geschütztes „sonstiges Recht” anerkannt(vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG gewähren im deutschen Recht einen Anspruch auf Ersatz des immateriellen Schadens bei Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts. Dies gilt auch im Arbeitsrecht. Voraussetzung ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - aaO). Ein Anspruch kommt nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht. Nach allgemeinen Regeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen (vgl. BAG 14. November 1991 - 8 AZR 145/91 -).
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Demgegenüber hat das AGG erstmals einen umfassenden Diskriminierungsschutz geschaffen, für dessen Entschädigungsanspruch es nicht auf die Verletzung des Persönlichkeitsrechts ankommt. Eine Entschädigung nach § 15 Abs. 2 AGG setzt keine Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in der Weise einer „Herabwürdigung“ des Beschäftigten voraus, soweit nicht das entsprechende Merkmal in § 3 Abs. 3 oder Abs. 4 AGG zur Anwendung kommen soll, noch bedarf es neben der Feststellung eines Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot jeweils einer gesonderten Feststellung eines immateriellen Schadens(vgl. BAG 18. März 2010 - 8 AZR 1044/08 - AP AGG § 15 Nr. 3 = EzA AGG § 15 Nr. 7). § 15 Abs. 2 AGG gewährt vielmehr bereits dann einen Entschädigungsanspruch, wenn gegen das Benachteiligungsverbot verstoßen, also das Inklusionsinteresse des Bewerbers beeinträchtigt ist(vgl. Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 33). Richtig ist zwar, dass die Rechtsprechung besonders bei geschlechtsspezifischen Benachteiligungen eine Verletzung des Persönlichkeitsrechts und einen Entschädigungsanspruch angenommen hat (vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 447/87 - BAGE 61, 209 = AP BGB § 611a Nr. 5 = EzA BGB § 611a Nr. 4; 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - BAGE 61, 219 = AP BGB § 611a Nr. 6 = EzA BGB § 611a Nr. 5). Zu berücksichtigen ist jedoch, dass § 611a BGB in der damaligen Fassung nur einen materiellen Schadensersatz begrenzt auf das negative Interesse vorsah und der Senat sich zur Begründung eines Entschädigungsanspruchs auf die Richtlinie 76/207/EWG und eine richtlinienkonforme Auslegung zur Gewährleistung einer ausreichenden Sanktion, die in einem angemessenen Verhältnis zum erlittenen Schaden steht und über einen rein symbolischen Schadensersatz hinausgeht, gestützt hat(vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 447/97 - aaO; 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - zu B 3 b der Gründe, aaO). Damit hat der Senat die Grundlage für einen Entschädigungsanspruch des Stellenbewerbers bei einer nicht geschlechtsneutralen Stellenausschreibung schon damals nicht allein im nationalen Recht, sondern auch im Gemeinschaftsrecht erkannt. Ein Entschädigungsanspruch eines Stellenbewerbers scheiterte auch nach dieser Rechtsprechung dann, wenn es am Verschulden fehlte (vgl. BAG 5. März 1996 - 1 AZR 590/92 - BAGE 82, 211 = AP GG Art. 3 Nr. 226 = EzA GG Art. 3 Nr. 52), oder das Verschulden geringfügig war (vgl. BAG 14. März 1989 - 8 AZR 351/86 - aaO).
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Mit Inkrafttreten des AGG kommt es für den Entschädigungsanspruch allein auf einen Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot und grundsätzlich nicht auf ein Verschulden an (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1). Insbesondere erweitert das AGG den Schutz auch insoweit in ganz erheblicher Weise, als eine Benachteiligung nach § 3 Abs. 2 AGG auch bei einer mittelbaren Benachteiligung vorliegt. Bei solchen mittelbaren Benachteiligungen wird es regelmäßig an einer schwerwiegenden Verletzung des Persönlichkeitsrechts als Voraussetzung für die Gewährung eines Entschädigungsanspruchs nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG fehlen. § 15 Abs. 2 AGG gewährleistet auch einen umfassenden Schutz des Inklusionsinteresses im vorvertraglichen Bereich in Bezug auf die Merkmale des § 1 AGG. Vor allem ist auch im Vergleich mit Ansprüchen wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts zu beachten, dass § 22 AGG mit seiner Beweislastverteilung eine wesentliche Vorschrift enthält, die bei einem Vergleich der verschiedenen Klagen nicht unberücksichtigt bleiben darf. Mit dem AGG hat der Gesetzgeber erstmals ein umfassendes Antidiskriminierungsrecht geschaffen, welches in seinen wesentlichen Merkmalen nicht mit Ansprüchen nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 GG vergleichbar ist.
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dd) § 15 Abs. 4 AGG verstößt auch nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.
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Was den Effektivitätsgrundsatz betrifft, sind nach der Rechtsprechung des EuGH alle Fälle, in denen sich die Frage stellt, ob eine nationale Verfahrensvorschrift die Ausübung der den Bürgern durch die Gemeinschaftsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich macht oder übermäßig erschwert, unter Berücksichtigung der Stellung dieser Vorschrift im gesamten Verfahren, des Verfahrensablaufs und der Besonderheiten des Verfahrens vor den verschiedenen nationalen Stellen zu prüfen. Dabei sind gegebenenfalls die Grundsätze zu berücksichtigen, die dem nationalen Rechtsschutzsystem zugrunde liegen, wie zB der Schutz der Verteidigungsrechte, der Grundsatz der Rechtssicherheit und der ordnungsgemäße Ablauf des Verfahrens (EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Slg. 2009, I-10467 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 10 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 92/85 Nr. 4).
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Unter Berücksichtigung dessen sind nach der Rechtsprechung des EuGH angemessene Ausschlussfristen grundsätzlich mit dem Erfordernis der Effektivität vereinbar, weil die Normierung solcher Ausschlussfristen einen Anwendungsfall des grundlegenden Prinzips der Rechtssicherheit darstellt (vgl. EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8). Angemessene Ausschlussfristen sind nicht geeignet, die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich zu machen oder übermäßig zu erschweren. Es ist daher Sache der Mitgliedstaaten, für nationale Regelungen, die in den Anwendungsbereich des Gemeinschaftsrechts fallen, Fristen festzulegen, die insbesondere der Bedeutung der zu treffenden Entscheidung für den Betroffenen, der Komplexität der Verfahren und der anzuwendenden Rechtsvorschriften, der Zahl der potenziell Betroffenen und den anderen zu berücksichtigenden öffentlichen oder privaten Belangen entsprechen (vgl. EuGH 29. Oktober 2009 - C-63/08 - [Pontin] Slg. 2009, I-10467 = AP EWG-Richtlinie Nr. 92/85 Nr. 10 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 92/85 Nr. 4).
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Nach § 15 Abs. 4 AGG sind Entschädigungsansprüche binnen einer Frist von zwei Monaten gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich geltend zu machen. Dem Arbeitgeber soll angesichts der Regelung in § 22 AGG nicht zugemutet werden, Dokumentationen über Einstellungsverfahren bis zum Ablauf der allgemeinen Verjährungsfrist von drei Jahren aufbewahren zu müssen(vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Der Arbeitgeber wird sich im Hinblick auf die in § 22 AGG getroffene Beweislastverteilung in der Regel nur dann entlasten können, wenn er die Kriterien und Grundlagen der Einstellungsentscheidung dokumentiert hat. Der Arbeitgeber soll sich darauf verlassen können, dass nach Fristablauf solche Ansprüche nicht mehr gegen ihn erhoben werden (vgl. BAG 19. Februar 2002 - 1 AZR 342/01 - EzA TVG § 4 Ausschlussfristen Nr. 149). Damit dient die Ausschlussfrist der Rechtssicherheit, dem Rechtsfrieden und der Rechtsklarheit. Ohne Belang ist in diesem Zusammenhang, ob das Ziel der Schaffung von Rechtssicherheit umfassend erreicht wird, weil § 15 Abs. 2 AGG Ansprüche, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt lässt(§ 15 Abs. 5 AGG). Entscheidend ist allein, dass der Gesetzgeber mit Hilfe der Ausschlussfrist die Schaffung von Rechtsfrieden bezüglich einzelner Ansprüche (hier der Ansprüche nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG) beabsichtigt. Es ist nämlich nicht ungewöhnlich, dass Ausschlussfristen nur bestimmte Ansprüche erfassen.
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So hat auch der EuGH entschieden (EuGH 8. Juli 2010 - C-246/09 - [Bulicke] Slg. 2010, I-7003 = AP Richtlinie 2000/78/EG Nr. 16 = EzA AGG § 15 Nr. 8), es sei nicht ersichtlich, dass die Frist des § 15 Abs. 4 AGG die Ausübung der vom Unionsrecht verliehenen Rechte unmöglich macht oder übermäßig erschweren könnte. Insbesondere auch unter Berücksichtigung der niedrigschwelligen Anforderungen an die Geltendmachung (Schriftform) begegnet die Länge der Frist des § 15 Abs. 4 AGG keinen Bedenken(vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 51; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 8; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 102; Schaub/Linck ArbR-Hdb. 14. Aufl. § 36 Rn. 101a; Jacobs RdA 2009, 193, 200; Wagner/Potsch JZ 2006, 1085, 1093).
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ee) Schließlich verstößt auch der in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG geregelte Fristbeginn im Falle einer Bewerbung oder beruflichen Aufstiegs nicht gegen den Effektivitätsgrundsatz.
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Nach dem Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung mit dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Ein bloßes Abstellen auf den Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung könnte die Ausübung der durch die Unionsrechtsordnung verliehenen Rechte praktisch unmöglich machen oder übermäßig erschweren, da der Beschäftigte mit der Ablehnung nicht notwendigerweise auch Kenntnis von einer Benachteiligung und dem Bestehen eines Anspruchs nach dem AGG hat (vgl. KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 58; Walker NZA 2009, 5, 10; Kamanabrou RdA 2006, 321, 338).
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Ein Anspruch nach § 15 Abs. 2 AGG setzt voraus, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist. Hierüber gibt die Ablehnung des Arbeitgebers nicht zwingend Auskunft. Allerdings kann § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG unionsrechtskonform dahin gehend ausgelegt werden, dass die Frist nicht vor dem Zeitpunkt beginnt, zu dem der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt(vgl. MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 46; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 53; Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 74; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 102; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 60; Kock NJW 2010, 2713, 2716; Kolbe EuZA 2011, 65, 70; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Jacobs RdA 2009, 193, 201; Walker NZA 2009, 5, 10; Kamanabrou RdA 2006, 321, 338).
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Eine solche unionsrechtskonforme Auslegung scheitert nicht am Wortlaut und dem Willen des nationalen Gesetzgebers (aA Roloff in BeckOK AGG § 15 Rn. 13).
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Eine unionsrechtskonforme Auslegung ist dann nicht zulässig, wenn sie mit dem eindeutigen Wortlaut und dem klaren Willen des nationalen Gesetzgebers nicht mehr vereinbar wäre, also contra legem erfolgen würde (vgl. EuGH 15. April 2008 - C-268/06 - [Impact] mwN, Slg. 2008, I-2483; 4. Juli 2006 - C-212/04 - [Adeneler] Slg. 2006, I-6057 = AP Richtlinie 99/70/EG Nr. 1 = EzA EG-Vertrag 1999 Richtlinie 99/70 Nr. 1). Der Wortlaut des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG steht einer Auslegung nicht entgegen, die im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs neben dem Zugang der Ablehnung zusätzlich auf die Kenntniserlangung von der Benachteiligung abstellt. Aus dem Wortlaut ergibt sich nicht, dass der Gesetzgeber davon ausgegangen ist, bei einer Bewerbung oder einem beruflichen Aufstieg komme es auf die Kenntnis von der Benachteiligung nicht an. Der Wortlaut legt nahe, dass der Gesetzgeber die Kenntnis von der Benachteiligung mit dem Zugang der Ablehnung unterstellt hat. Tatsächlich hat auch der Gesetzgeber angenommen, dass die Ausschlussfrist erst mit der Kenntnis von der Benachteiligung zu laufen beginnt. Im Gesetzesentwurf heißt es nämlich: „Die Frist beginnt mit dem Zeitpunkt, an dem der oder die Benachteiligte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt. Im Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs ist das der Zeitpunkt der Ablehnung durch den Arbeitgeber“ (vgl. BT-Drucks. 16/1780 S. 38). Auch die Beschlussempfehlung und der Bericht des Rechtsausschusses zum Gesetzesentwurf gehen hiervon aus. Dort heißt es, dass die Verkürzung der Frist auf zwei Monate für Arbeitnehmer hinnehmbar sei, weil die Frist ohnehin erst mit der Kenntnis von dem Verstoß beginne (vgl. BT-Drucks. 16/2022 S. 12). Daraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber für den Fristbeginn auf die Kenntnis von der Benachteiligung abstellen wollte. Ein der unionsrechtskonformen Auslegung entgegenstehender gesetzgeberischer Wille lässt sich somit nicht feststellen (vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 102; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Walker NZA 2009, 5, 10).
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Damit ist für den Fall einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs § 15 Abs. 4 AGG dahin auszulegen, dass die Ausschlussfrist mit dem Zeitpunkt beginnt, zu dem dem Beschäftigten die Ablehnung zugegangen ist und er zusätzlich Kenntnis von der Benachteiligung erlangt hat. Der Zeitpunkt des Zugangs der Ablehnung stellt damit den frühestmöglichen Zeitpunkt des Fristbeginns dar (vgl. Kolbe EuZA 2011, 65, 70; Fischinger NZA 2010, 1048, 1052; Jacobs RdA 2009, 193, 201).
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2. Die Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen nach § 15 Abs. 2 AGG durch den Kläger mit Schreiben vom 30. Oktober 2008, bei dem beklagten Land am 4. November 2008 eingegangen, hat die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht gewahrt.
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a) Das Ablehnungsschreiben vom 29. August 2008 war dem Kläger am 2. September 2008 zugegangen. Zwar beginnt in unionsrechtskonformer Auslegung die Frist des § 15 Abs. 4 AGG erst mit der Kenntniserlangung von der Benachteiligung, frühestens mit dem Zugang der Ablehnung. Vorliegend hatte der Kläger jedoch mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens auch die Kenntnis von der geltend gemachten Benachteiligung. Deshalb begann die Zweimonatsfrist des § 15 Abs. 4 AGG am 3. September 2008 (§ 187 Abs. 1 BGB)und endete am 3. November 2008 (§ 188 Abs. 2, § 193 BGB). Der Eingang des Geltendmachungsschreibens des Klägers beim beklagten Land am 4. November 2008 wahrte deshalb nicht die Frist des § 15 Abs. 4 AGG.
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b) Hinsichtlich der Frage, wann Kenntniserlangung von der Benachteiligung vorliegt, kann auf die Maßstäbe des § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB mit der Maßgabe zurückgegriffen werden, dass wegen des Wortlauts von § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG eine grob fahrlässige Unkenntnis nicht genügt(vgl. Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 75; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 111; Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 51; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 57; Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 107; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 59; Jacobs RdA 2009, 193, 201; aA MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 15 AGG Rn. 47). Kenntnis von der Benachteiligung hat der Beschäftigte daher dann, wenn er Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen hat (vgl. BAG 22. Januar 2009 - 8 AZR 906/07 - BAGE 129, 181 = AP AGG § 15 Nr. 1 = EzA AGG § 15 Nr. 1).
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c) Für Schadensersatzansprüche ist anerkannt, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist darauf ankommt, ob der Geschädigte aufgrund der ihm bekannten Tatsachen gegen eine bestimmte Person eine Schadensersatzklage - sei es auch nur in der Form einer Feststellungsklage - erheben kann, die bei verständiger Würdigung der ihm bekannten Tatsachen soviel Aussicht auf Erfolg bietet, dass sie für ihn zumutbar ist (BAG 24. Oktober 2001 - 5 AZR 32/00 - AP BGB § 823 Schutzgesetz Nr. 27 = EzA BGB § 852 Nr. 1). Diese Grundsätze können im Wesentlichen auf den Fristbeginn nach § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG bzgl. eines Entschädigungsanspruchs nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG übertragen werden.
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Der Entschädigungsanspruch ist auf den Ersatz des Nichtvermögensschadens gerichtet und muss nicht beziffert werden. Neben der Kenntnis des Anspruchsgegners, dh. des Arbeitgebers, ist Voraussetzung eines Entschädigungsanspruchs, dass der Benachteiligte auch Kenntnis von der Benachteiligung hat. Ein Entschädigungsanspruch besteht aber nur dann, wenn die Benachteiligung wegen eines Grundes im Sinne von § 1 AGG erfolgt ist, § 7 Abs. 1 AGG. Ob das Motiv für die Benachteiligung von der Kenntnis umfasst sein muss, hat der Senat bislang offengelassen (BAG 24. September 2009 - 8 AZR 705/08 - AP AGG § 3 Nr. 2 = EzA AGG § 3 Nr. 1).
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Grundsätzlich setzt der Beginn der Ausschlussfrist nicht voraus, dass der Beschäftigte von den Motiven des Benachteiligenden positive Kenntnis haben muss. Der Gesetzgeber hat zugunsten des Arbeitnehmers in § 22 AGG eine Beweislastregelung getroffen, die es genügen lässt, dass der Beschäftigte Tatsachen(Indizien) vorträgt, die mit überwiegender Wahrscheinlichkeit darauf schließen lassen, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist. Hinsichtlich dieser Vermutungstatsachen sind die Anforderungen an das Beweismaß abgesenkt. Ausreichend ist es, dass Tatsachen dargelegt und ggf. bewiesen werden, die eine Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG vermuten lassen(vgl. BAG 12. September 2006 - 9 AZR 807/05 - BAGE 119, 262 = AP SGB IX § 81 Nr. 13 = EzA SGB IX § 81 Nr. 14). Zwar kann der Beschäftigte auch den Vollbeweis führen und nachweisen, dass die Benachteiligung wegen eines Merkmals nach § 1 AGG erfolgt ist, jedoch wird ihm dies nach § 22 AGG zur Durchsetzung eines Entschädigungsanspruchs nicht abverlangt.
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Kennt der Beschäftigte solche Indizien, die zur Beweislastumkehr führen, kann er initiativ werden. Er kennt dann die Tatsachen, die die Voraussetzungen der anspruchsbegründenden Norm erfüllen, was den Fristbeginn nach § 15 Abs. 4 AGG auslöst(vgl. Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 112; Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 59; Roloff in BeckOK AGG § 15 Rn. 13; Kolbe EuZA 2011, 65, 71; Kock NJW 2010, 2713, 2716). Auch der Bundesgerichtshof geht bei Ansprüchen, die das Vorliegen bestimmter innerer Tatsachen voraussetzen, davon aus, dass es für den Beginn der Verjährungsfrist auf die Kenntnis der äußeren Umstände ankommt, aus denen auf die innere Tatsache geschlossen werden kann (vgl. BGH 27. November 1963 - Ib ZR 49/62 - NJW 1964, 493). Dem entspricht es, bei Ansprüchen nach § 15 Abs. 1 oder Abs. 2 AGG für den Fristbeginn auf die Kenntnis des Beschäftigten von Hilfstatsachen abzustellen, die auf eine anspruchsauslösende Motivlage des Arbeitgebers schließen lassen. Dadurch wird dem Beschäftigten auch nicht unzumutbar das Risiko eines Anspruchsverlustes aufgebürdet, wenn er nicht erkannt hat, dass die Tatsachen bereits für eine Benachteiligung wegen eines verpönten Merkmals sprechen (so aber: Stein in Wendeling-Schröder/Stein AGG § 15 Rn. 75), denn entscheidend ist die Tatsachenkenntnis, nicht aber eine juristisch zutreffende Bewertung dahin gehend, dass die Tatsache taugliches Indiz im Sinne von § 22 AGG ist(vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 15 Rn. 105). Dies entspricht der Rechtsprechung zum Verjährungsbeginn bei Schadensersatzansprüchen (vgl. BGH 3. März 2005 - III ZR 353/04 - NJW-RR 2005, 1148). Daraus folgt aber auch, dass die Frist des § 15 Abs. 4 AGG nicht beginnen kann, bevor dem Beschäftigten Tatsachen positiv bekannt geworden sind, die tatsächlich geeignet sind, die Beweislastumkehr nach § 22 AGG zu bewirken. Notwendig, aber auch ausreichend ist, dass der Beschäftigte aufgrund seiner Tatsachenkenntnis eine hinreichend aussichtsreiche, wenn auch nicht risikolose (nicht notwendig zu beziffernde) Entschädigungsklage erheben kann. Deshalb beginnt die Frist mit der Kenntniserlangung von solchen Hilfstatsachen, die einen Prozess hinreichend aussichtsreich erscheinen lassen. Dies ist jedenfalls dann der Fall, wenn der jeweilige Umstand oder Verfahrensmangel für sich allein die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer merkmalsbedingten Benachteiligung begründet. Bei Verstößen gegen Normen, die der besonderen verfahrensmäßigen Absicherung vor Diskriminierungen wegen verpönter Merkmale dienen, wird dies regelmäßig der Fall sein. Liegt demgegenüber eine Situation vor, bei der Einzeltatsachen keinen Rückschluss auf das Bestehen einer verpönten Motivlage zulassen, jedoch eine Gesamtschau mehrerer Einzeltatsachen die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Kausalbeziehung zu dem verpönten Merkmal begründet, so beginnt die Frist erst mit Kenntniserlangung der letzten, die Gesamtschau iSv. § 22 AGG ermöglichenden Einzeltatsachen.
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Im Übrigen kann der Beschäftigte auch noch weitere Indizien, die ihm später bekannt geworden sind, in den Prozess einführen, insbesondere kann er sich auch auf Indizien berufen, die ein weiteres Merkmal im Sinne von § 1 AGG betreffen. Auch dann, wenn die Benachteiligung auf einem Bündel unterschiedlicher Motive iSd. § 1 AGG beruht, liegt nur eine Benachteiligung im Sinne von § 3 AGG vor. Dies ergibt sich schon aus dem Wortlaut des § 4 AGG, der von einer unterschiedlichen Behandlung wegen mehrerer in § 1 AGG genannter Gründe spricht(vgl. HWK/Rupp 5. Aufl. § 4 AGG Rn. 1; AnwK-ArbR/v. Steinau-Steinrück/Schneider 2. Aufl. § 4 AGG Rn. 4; aA v. Roetteken AGG Stand März 2012 § 15 Rn. 59a).
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d) Mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens am 2. September 2008 hatte der Kläger Kenntnis von den anspruchsbegründenden Tatsachen.
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Er wusste, dass das Auswahlverfahren abgeschlossen war, ohne dass er Berücksichtigung im Auswahlverfahren gefunden hatte. Ein Nachteil im Sinne einer unmittelbaren Benachteiligung nach § 3 Abs. 1 Satz 1 AGG liegt im Falle einer Auswahlentscheidung bereits dann vor, wenn der Beschäftigte nicht in die Auswahl einbezogen, sondern vorab ausgeschieden wird. Die Benachteiligung liegt in der Versagung einer Chance (vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - AP AGG § 15 Nr. 4 = EzA SGB IX § 81 Nr. 21). Damit lag im Streitfalle die benachteiligende Handlung in der im Vorfeld der eigentlichen Besetzungsentscheidung stattfindenden Verfahrenshandlung, dem Ausscheiden aus dem Bewerbungsverfahren bzw. in der Versagung einer Chance, nicht aber in jedem einzelnen vom Kläger vorgetragenen Verstoß gegen eine Verfahrensvorschrift. Deshalb lief auch nicht für jeden einzelnen Verstoß gesondert eine Frist nach § 15 Abs. 4 AGG und war auch nicht jeder Verstoß gesondert zu entschädigen. Die einzelnen Verstöße gegen Verfahrensvorschriften, die zur Förderung der Chancen schwerbehinderter Menschen in konkreten Stellenbesetzungsverfahren geschaffen wurden, bilden vielmehr Indizien im Sinne von § 22 AGG(vgl. BAG 17. August 2010 - 9 AZR 839/08 - aaO) und gewinnen bei der Bemessung der Entschädigungshöhe Bedeutung (vgl. BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1).
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Nach § 82 Satz 2 SGB IX hat der öffentliche Arbeitgeber den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen. Diese Pflicht besteht nach § 82 Satz 3 SGB IX nur dann nicht, wenn dem schwerbehinderten Bewerber die fachliche Eignung offensichtlich fehlt.
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Unterlässt es der öffentliche Arbeitgeber entgegen § 82 Satz 2 SGB IX, den schwerbehinderten Bewerber zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so ist dies eine geeignete Hilfstatsache nach § 22 AGG(vgl. BVerwG 3. März 2011 - 5 C 16/10 - BVerwGE 139, 135; BAG 21. Juli 2009 - 9 AZR 431/08 - BAGE 131, 232 = AP SGB IX § 82 Nr. 1 = EzA SGB IX § 82 Nr. 1). Unterstellt man zugunsten des Klägers, dass das beklagte Land verpflichtet gewesen wäre, ihn zu einem Vorstellungsgespräch einzuladen, so hätte er mit dem Zugang des Ablehnungsschreibens am 2. September 2008 Kenntnis von den Tatsachen gehabt, die ein Indiz im Sinne von § 22 AGG begründen. Durch die Mitteilung des Abschlusses des Auswahlverfahrens und die damit verbundene Rücksendung der Bewerbungsunterlagen wusste der Kläger, dass er zu einem Vorstellungsgespräch nicht eingeladen worden und das Besetzungsverfahren abgeschlossen war.
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Für eine hinreichend aussichtsreiche Entschädigungsklage und damit den Fristbeginn war es nicht notwendig, dass der Kläger Kenntnis weiterer Einzelheiten bzw. Hilfstatsachen hatte. Er musste nicht zusätzlich zu der ihm bereits bekannten Tatsache der unterlassenen Einladung zum Vorstellungsgespräch wissen, dass das beklagte Land möglicherweise gegen die Pflicht verstoßen hatte, der Agentur für Arbeit frühzeitig frei werdende und neu zu besetzende sowie neue Arbeitsplätze zu melden (§ 82 Satz 1 SGB IX).
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§ 15 Abs. 4 AGG senkt das in der Bundesrepublik Deutschland bereits garantierte Schutzniveau in Bezug auf Diskriminierungen wegen einer Behinderung im Sinne der Richtlinie 2000/78/EG nicht ab. Ein Verstoß gegen Art. 8 Abs. 2 der Richtlinie liegt deshalb nicht vor. Vor Inkrafttreten des § 81 Abs. 2 Satz 2 SGB IX aF, der seinerseits der Umsetzung der Richtlinie 2000/78/EG diente(vgl. BT-Drucks. 14/5074 S. 113), gab es kein Benachteiligungsverbot zur Bekämpfung der Diskriminierung behinderter Menschen. In Übereinstimmung mit § 81 Abs. 2 Satz 2 Nr. 4 SGB IX aF sieht § 15 Abs. 4 AGG eine Ausschlussfrist zur Geltendmachung von Entschädigungsansprüchen von zwei Monaten vor.
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3. Der Kläger hat gegen das beklagte Land auch keinen Anspruch auf Ersatz des Nichtvermögensschadens wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts gem. § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG.
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a) Dabei kann vorliegend dahinstehen, ob ein etwaiger Anspruch wegen Verletzung des Persönlichkeitsrechts schon deshalb scheitern muss, weil er ebenso wie der Anspruch aus § 15 Abs. 2 AGG nach § 15 Abs. 4 AGG verfallen ist. Die umstrittene Frage, ob § 15 Abs. 4 AGG auch Ansprüche aus § 823 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG erfasst(dafür: Bauer/Göpfert/Krieger AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 67; Adomeit/Mohr AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 135; Schleusener/Suckow/Voigt AGG 3. Aufl. § 15 Rn. 70; dagegen: Schiek/Kocher AGG § 15 Rn. 63; HWK/Rupp 5. Aufl. § 15 AGG Rn. 14; Däubler/Bertzbach-Deinert AGG 2. Aufl. § 15 Rn. 97; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 15 AGG Rn. 18; KR-Treber 9. Aufl. § 15 AGG Rn. 52; Palandt/Weidenkaff 71. Aufl. § 15 AGG Rn. 10; Jacobs RdA 2009, 193, 195), ist nicht entscheidungserheblich, da der Kläger einen Anspruch aus § 823 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG nicht schlüssig dargelegt hat.
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b) Voraussetzung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG ist, dass der Arbeitgeber das allgemeine Persönlichkeitsrecht schwerwiegend verletzt hat oder dem Arbeitgeber ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf zu machen ist; geringfügige Eingriffe lösen keine Entschädigungsansprüche aus (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3). Weitere Voraussetzung ist, dass die Beeinträchtigung nicht in anderer Weise befriedigend ausgeglichen werden kann (vgl. BGH 1. Dezember 1999 - I ZR 49/97 - BGHZ 143, 214). Ob eine schwerwiegende Verletzung vorliegt, hängt von Art, Bedeutung und Tragweite des Eingriffs, Anlass und Beweggrund des Handelnden sowie dem Grad seines Verschuldens ab, wobei zu berücksichtigen ist, in welche geschützten Bereiche eingegriffen wurde (vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - aaO). Eine Haftung kommt insbesondere nur bei einem Verschulden (§ 276 BGB) in Betracht.
- 75
-
Nach den allgemeinen Darlegungs- und Beweislastregeln hat der Geschädigte sämtliche anspruchsbegründenden Tatsachen darzulegen und ggf. zu beweisen. § 22 AGG bietet für die Geltendmachung eines Anspruchs aus § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts keine Erleichterungen(vgl. Windel RdA 2011, 193, 198; ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 22 AGG Rn. 11; aA Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 22 Rn. 22e; vgl. zum Streitstand: Grobys NZA 2006, 898, 899).
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Soweit es in § 22 AGG heißt, „…im Streitfall…“, ist der Wortlaut für die Frage unergiebig, auf welche Streitigkeiten sich die Norm bezieht. Allerdings ergibt sich aus dem Wortlaut weiter, dass „im Streitfall“ iSv. § 22 AGG die andere Partei die Beweislast dafür trägt, dass kein Verstoß gegen die Bestimmungen zum Schutz vor Benachteiligungen vorgelegen hat, wenn Indizien bewiesen werden, die eine Benachteiligung „wegen eines in § 1 genannten Grundes“ vermuten lassen. Folglich bezieht sich § 22 AGG schon seinem Wortlaut nach(nur) auf solche Streitigkeiten, in denen das Vorliegen einer Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes streitig ist(vgl. Däubler/Bertzbach-Deinert 2. Aufl. § 22 Rn. 22a; MüKoBGB/Thüsing 6. Aufl. § 22 AGG Rn. 6; KR-Treber 9. Aufl. § 22 AGG Rn. 5).
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Die Beweislastregel des § 22 AGG gilt deshalb zunächst für die spezifischen, sich aus dem AGG ergebenden Ansprüche, also insbesondere für Prozesse um Schadensersatz und Entschädigung nach § 15 Abs. 1 und Abs. 2 AGG. Nach § 15 Abs. 5 AGG bleiben hingegen Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt. Insoweit kommt ein Schadensersatzanspruch nach § 823 Abs. 1 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Betracht, weil dieser nicht an eine Benachteiligung wegen eines Grundes iSd. § 1 AGG anknüpft. Für einen solchen Anspruch gilt § 22 AGG nicht, da dieser zwar parallel zu einem spezifischen Anspruch des AGG gegeben sein kann, nicht aber von einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot abhängt. Hierfür spricht auch, dass § 16 Abs. 3 AGG die Geltung der Beweislastverteilung des § 22 AGG ausdrücklich für den Verstoß gegen das Maßregelungsverbot wegen der Inanspruchnahme von Rechten nach dem AGG für anwendbar erklärt. Einer solchen Regelung hätte es nicht bedurft, wenn § 22 AGG auch auf Ansprüche Anwendung fände, die keine Benachteiligung wegen eines in § 1 AGG genannten Grundes voraussetzen(vgl. Grobys NZA 2006, 898).
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§ 22 AGG ist auch nicht entsprechend auf Ansprüche aus § 823 BGB wegen Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts anzuwenden. Es fehlt schon an einer planwidrigen Regelungslücke. Der Gesetzgeber hat in § 15 Abs. 5 AGG und § 32 AGG ausdrücklich angeordnet, dass es bei den allgemeinen Bestimmungen verbleibt, soweit das AGG nichts Abweichendes bestimmt.
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Auch erfordern es Art. 10 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, Art. 8 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 19 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG nicht, die Beweisregelungen auf Ansprüche zu erstrecken, die keine Benachteiligung aufgrund eines in der jeweiligen Richtlinie geregelten Merkmals zur Voraussetzung haben. Dies folgt bereits aus Art. 9 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG, Art. 7 Abs. 1 der Richtlinie 2000/43/EG und Art. 17 Abs. 1 der Richtlinie 2006/54/EG, aus denen sich jeweils ergibt, dass sich die sicherzustellenden Rechtsschutzmöglichkeiten und damit auch die Beweisregelung nur jeweils auf die Ansprüche aus der Richtlinie bezieht(vgl. ErfK/Schlachter 12. Aufl. § 22 AGG Rn. 11).
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c) Weder aus den Feststellungen des Landesarbeitsgerichts noch aus den Behauptungen des Klägers ergibt sich eine schwerwiegende Verletzung seines Persönlichkeitsrechts oder ein schwerwiegender Verschuldensvorwurf, der dem beklagten Land zu machen wäre. Auch wenn dieses gegen Verfahrensvorschriften zur Förderung schwerbehinderter Menschen (§ 81 Abs. 1, § 82 SGB IX)verstoßen haben sollte, genügte das nicht, um eine Entschädigungspflicht nach § 823 Abs. 1 BGB iVm. Art. 2 Abs. 1, Art. 1 Abs. 1 GG auszulösen, wie es bei einer „Herabwürdigung“(vgl. BAG 24. September 2009 - 8 AZR 636/08 - AP BGB § 611 Persönlichkeitsrecht Nr. 41 = EzA AGG § 15 Nr. 3) ggf. anzunehmen wäre. Insbesondere ergibt sich eine Herabwürdigung nicht aus Form oder Inhalt des Ablehnungsschreibens vom 29. August 2008. Auch der Kläger behauptet nichts Gegenteiliges.
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C. Der Kläger hat nach § 97 Abs. 1 ZPO die Kosten seiner erfolglosen Revision zu tragen.
-
Hauck
Böck
Breinlinger
Schulz
Andreas Henniger
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 9. Januar 1970 geborene Kläger ist Bundesbeamter auf Lebenszeit. Seine letzte Beförderung zum Verwaltungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) erfolgte am 27. April 2003.
3Unter dem 20. Dezember 2011 beantragte der Kläger, sein Grundgehalt rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 nach der höchsten Stufe der Grundgehaltstabelle A 11 zu bemessen, weil dessen bisherige Bemessung ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) altersdiskriminierend wirke.
4Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Widerspruch gegen die dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum gezahlte Besoldung und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012 zurück.
5Mit seiner am 20. Juli 2012 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und (sinngemäß) beantragt,
6die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 die Differenz zwischen der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe und der ihm in diesem Zeitraum gezahlten Besoldung zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012.
7Die Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie hat vorgetragen, die §§ 27, 28 BBesG a.F. hätten nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen, andernfalls wäre diese Diskriminierung jedenfalls gerechtfertigt und folglich nicht rechtswidrig. Im Übrigen stehe dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch das beamtenrechtliche Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung entgegen. Schließlich gäben die hier in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlagen in ihrer Rechtsfolge keinen Anspruch des Beamten darauf, aus der Endstufe der innegehabten Besoldungsgruppe besoldet zu werden.
10Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 weitere Besoldung in Höhe von insgesamt 5.500,20 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012. Nach Auffassung des Gerichts widersprächen die §§ 27, 28 BBesG a.F. ohne eine Rechtfertigung dem sich aus einer gebotenen unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ergebenden unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot wegen des Alters und seien insofern unanwendbar. Dieser Gleichheitsverstoß könne allein dadurch beseitigt werden, dass Betroffene wie hier der Kläger einen Besoldungsanspruch aus der Endstufe ihres Grundgehalts hätten. Eine zeitnahe Geltendmachung sei keine Voraussetzung für diesen Anspruch.
11Der Senat hat auf Antrag der Beklagten die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.
12Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte (fristgerecht) vor: Auch für den Fall, dass die Bestimmungen des BBesG a.F. hinsichtlich der Zuordnung des Beamten zu den Besoldungsstufen zu einer Diskriminierung wegen des Alters führten, ergäbe sich daraus kein Anspruch auf Besoldung nach der Endstufe. Das habe das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 – und vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 – in diesem Sinne entschieden, weil das seinerzeitige Bezugssystem insgesamt diskriminierend wirke. Auch ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch sei nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Hinsichtlich des allenfalls in Betracht kommenden Anspruchs auf eine Entschädigung auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AGG habe der Kläger sein erstmals mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2011 gestelltes Begehren nicht innerhalb der im Absatz 4 jener Vorschrift bestimmten Zwei-Monats-Frist angebracht. Der dabei grundsätzlich an die Kenntniserlangung von den anspruchsbegründenden Tatsachen anknüpfende Fristbeginn verschiebe sich in der besonderen Konstellation einer unsicheren Rechtslage. Dann sei an den Zeitpunkt der objektiven Klärung dieser Rechtslage anzuknüpfen. Davon ausgehend habe die Frist hier am Tage der Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai – C-297/10 und C-298/10–, also am 8. September 2011, zu laufen begonnen. Schon durch diese Entscheidung und nicht erst durch das spätere Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. – sei eine ausreichende Klärung der sich hier stellenden Rechtsfragen erfolgt.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Er führt dazu im Wesentlichen aus: Mit dem Ergehen des Urteils des EuGH vom 8. September 2011 zur vormaligen Tarifregelung des § 27 BAT sei die Rechtslage in Bezug auf Beamte noch nicht abschließend geklärt gewesen. Ansonsten hätte es auch nicht verschiedener erneuter Vorlagen von Verwaltungsgerichten an den EuGH und dessen weiterer Entscheidung vom 19. Juni 2014 bedurft. Erst in der letztgenannten Entscheidung sei schlussendlich noch einmal definitiv festgestellt worden, dass die Grundsätze der unzulässigen Altersdiskriminierung nicht nur im Rahmen der angesprochenen Tarifregelung zur Anwendung kämen, sondern auch in Bezug auf das davon strukturell abweichende, nur mittelbar lebensaltersabhängige System des § 27 BBesG a. F., also die Stufenzuordnung nach dem Besoldungsdienstalter.
18Im Übrigen verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren. Dort hat er die Auffassung vertreten, er habe die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch schon aus dem Grunde nicht versäumt, dass er die für den Fristbeginn maßgebliche Kenntnis von der Benachteiligung im konkreten Fall erst durch eine an ihn weitergeleitete E-Mail eines (Haupt-)Personalratsmitglieds erhalten habe. Das sei am 20. Dezember 2011 geschehen. Den Antrag auf rückwirkende Bemessung seines Grundgehalts habe er dann noch am selben Tag gestellt. Die nach dem Gesetz erforderliche Kenntnis als individueller, einzelfallbezogener Umstand könne mit Blick auf die Zielsetzung der Frist, dem Betroffenen Zeit zu geben, darüber zu befinden, inwieweit er unter Einbeziehung der Frage der Erfolgsaussichten seine Rechte durch eine Klage geltend machen wolle, nicht einfach am Datum einer bestimmten Gerichtsentscheidung festgemacht werden. Zumindest müsse der Betroffene auch im Fall einer „objektiven Klärung der Rechtslage“ die Möglichkeit haben, vom Inhalt der in Rede stehenden Entscheidung tatsächlich Kenntnis zu nehmen. Das setze jedenfalls eine hinreichende Publikation voraus.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, denn die Leistungsklage des Klägers ist nicht begründet.
22Der Kläger hat unter dem hier (allein) im Streit stehenden Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung weder einen Anspruch auf eine sich nach der Endstufe seiner Besoldungsgruppe bemessende Besoldung noch einen Anspruch auf Schadensersatz oder auf Entschädigung.
231. Der Kläger hat wegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates im Hinblick auf die Bemessung seiner Besoldung keinen Anspruch auf die ihm durch das erstinstanzliche Urteil zugesprochene weitere Besoldung in Höhe von insgesamt 5.500 Euro brutto. Der in dieser Höhe ausgeurteilte Betrag ergibt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zufolge aus der Differenz zwischen der dem Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum tatsächlich gezahlten Besoldung und derjenigen Besoldung, welche der Kläger nach der Endstufe der seinerzeit für ihn maßgeblichen Besoldungsgruppe (A 11) hätte erhalten müssen. Auf eine Besoldung nach der Endstufe hat der Kläger auch bei Anerkennung einer altersdiskriminierenden Wirkung der ihm in dem streitbefangenen Zeitraum gezahlten Besoldung aber keinen Anspruch.
24Nach den insoweit einschlägigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts,
25siehe namentlich die Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = NVwZ 2015, 812 = ZBR 2015, 160 = juris, Rn. 15 ff., sowie vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 –, juris, Rn. 10,
26benachteiligte die Besoldung der Beamten der Besoldungsordnung A nach den §§ 27 und 28 BBesG (Fassung 2002; im Folgenden: BBesG a.F.) die davon betroffenen Beamten – wie hier in dem streitgegenständlichen Zeitraum den Kläger – unmittelbar aufgrund ihres Lebensalters und verstieß insofern gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Dieser Verstoß führt in der Rechtsfolge aber auch unter Beachtung des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes nicht auf eine „modifizierende“ Anwendung des seinerzeit geltenden Besoldungsgesetzes dahin, dass der Kläger zum Ausgleich in eine andere, nämlich die höchste Dienstaltersstufe (Endstufe) eingruppiert werden könnte. Vielmehr kann das Bezugssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F., da es insgesamt diskriminierend wirkt, bereits als solches nicht mehr herangezogen werden.
27Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang (Rn. 33 bis 35 der juris-Fassung des o.g. Urteils vom 30. Oktober 2014) ausgeführt:
28„Zwar verlangt das Gebot der unionskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass das nationale Gericht unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles ihm Mögliche tut, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel in Einklang steht (stRspr; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 bis C 403/01, Pfeiffer u.a. – Slg. 2004, I-8835, Rn. 114). Eine entsprechend unionskonforme Auslegung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. ist hier aber nicht möglich. Die diesem Besoldungssystem innewohnende Ungleichbehandlung gilt für jeden Beamten bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis, sodass die hieraus resultierende unmittelbare Diskriminierung potenziell alle Beamten betrifft. Es existiert damit bereits kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O., Rn. 96).
29Eine höhere Einstufung des Klägers innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. würde zudem zu einer Entwertung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Honorierung bereits erworbener Berufserfahrung führen. Nach der Rechtsprechung des EuGH darf die tatsächlich abgeleistete Dienstzeit Anknüpfungspunkt einer besoldungsrechtlichen Differenzierung sein. Der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters ist in der Regel zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2006 – Rs. C 17/05, Cadman – Slg. 2006 I-9583 Rn. 34 ff.). Mit der Höherstufung eines Beamten innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. zum Ausgleich der Altersdiskriminierung würden aber diejenigen Beamten benachteiligt, die diese höhere Stufe unionsrechtlich zulässig aufgrund ihrer Berufserfahrung erlangt haben (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 – Rs. C-501/12, Specht – Rn. 100).
30Mangels gültigem Bezugssystem kann auch die vom EuGH zur Wahrung des Gleichheitssatzes entwickelte Rechtsprechung, nach der bis zur Abhilfe der Ungleichbehandlung den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden müssen wie denjenigen der privilegierten Gruppe (EuGH, Urteile vom 26. Januar 1999 – Rs. C-18/95, Terhoeve – Slg. 1999, I-349 Rn. 57 m.w.N. und vom 22. Juni 2011 – Rs C-399/09, Landtová – Slg. 2011, I-5573 Rn. 51), nicht angewandt werden.“
31Dem schließt sich der erkennende Senat auch für das vorliegende Verfahren an, zumal der Kläger der betreffenden Argumentation im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten ist.
322. Das erstinstanzliche Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen (teilweise) als richtig dar. So ergibt sich der vom Kläger geltend gemachte und ihm vom Verwaltungsgericht zuerkannte Zahlungsanspruch wegen Diskriminierung aufgrund seines Lebensalters auch nicht aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch (nachfolgend a) oder aus § 15 AGG (nachfolgend b).
33a) Aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 keine Ansprüche herleiten, weil die Voraussetzungen dieses Anspruchs erst mit der Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 (Rs. C-297/10 und C-298/10, Slg. 2011, I-7965) erfüllt gewesen sind.
34Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in dem hier bereits angeführten Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, Rn. 26 bis 30 der juris-Fassung, ausgeführt:
35„Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an den Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (stRspr.; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O. Rn. 99).
36Die erste und die dritte Voraussetzung sind hier gegeben. ….
37Die Voraussetzung des hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht ist dagegen nicht erfüllt.
38Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des EuGH offenkundig verkannt wird (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 – Rs. C-429/09, Fuß – Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012– BVerwG 2 C 29.11 –, BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Dementsprechend ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht für den Zeitraum ab Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 anzunehmen. Denn in diesem Urteil ist den Mitgliedstaaten der Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG in Bezug auf ein mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem verdeutlicht worden (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2004 a.a.O. Rn. 104).
39Die Bestimmung des Zeitpunktes, ab dem der Verstoß gegen Unionsrecht hinreichend qualifiziert ist, ist Sache des nationalen Gerichts. Es liegen hier aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, bereits vor Verkündung des Urteils des EuGH am 8. September 2011 sei der Verstoß gegen Unionsrecht hinreichend qualifiziert gewesen. Für die Frage, ob ein Verstoß eines Mitgliedstaates im genannten Sinne bereits hinreichend qualifiziert ist, ist nach der Spruchpraxis des EuGH auch der jeweilige Stand der Rechtsprechung der nationalen Gerichte von Bedeutung (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 – Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame – SDlg. 1996, I-1029 Rn. 63). Noch im Jahr 2010 hat das Bundesarbeitsgericht in der Sache Hennings und Mai in einem Verfahren, das die vergleichbare Bemessung der Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen betrifft, den EuGH zur Auslegung von Bestimmungen der RL 2000/78/EG angerufen (BAG, Beschluss vom 20. Mai 2010 – 6 AZR 148/09 (A) –, BAGE 134, 327). Im Jahr 2010 und auch noch danach haben deutsche Verwaltungsgerichte wiederholt entschieden, das Lebensalter stelle im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalen Berechnungsfaktor dar, sodass es bereits an einer Altersdiskriminierung fehle (z.B. VG Berlin, Urteil vom 24., Juni 2010 – 5 K 17/09 –, juris Rn. 16 und VG Lüneburg, Urteil vom 15. Februar 2012 – 1 A 106/10 –, juris Rn. 19).“
40Auch dem folgt der erkennende Senat. Das Vorbringen des Klägers steht dem nicht entgegen, weil dieser die Auffassung vertritt, eine hinreichende und abschließende Klärung der hier interessierenden Rechtsfragen sei in Bezug auf die Besoldung der Beamten sogar erst durch das Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. – erfolgt.
41b) Der Kläger kann das streitgegenständliche Begehren im Ergebnis auch nicht erfolgreich auf einen Anspruch aus § 15 AGG stützen.
42aa) Zwar gereicht es ihm nicht zum Nachteil, dass er sich im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren erster Instanz nicht auf diese Norm als Anspruchsgrundlage berufen hat. Denn das Gericht ist nicht an die bezeichneten Rechtsnormen gebunden, sondern hat den geltend gemachten Anspruch im Rahmen des Streitgegenstandes aus jedem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (iura novit curia).
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 32.
44Dabei ist – sinngemäß der vorzitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit zugrunde liegend – davon auszugehen, dass die unter dem Gesichtspunkt einer altersdiskriminierenden Beamtenbesoldung erfolgende Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nach § 15 AGG nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes führt, wenn als Kompensation für einen derartigen Rechtsverstoß wie hier zunächst eine Zahlung auf der Grundlage der Endstufe der von dem betroffenen Beamten innegehabten Besoldungsgruppe begehrt worden war.
45bb) Der Heranziehung des § 15 AGG als (gegenüber dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch eigenständige) Grundlage für einen Zahlungsanspruch des Klägers steht ferner nicht entgegen, dass die Benachteiligung durch den korrekten Vollzug einer gesetzlichen Regelung (hier: §§ 27 und 28 BBesG a.F.) eingetreten, also auf sog. legislatives Unrecht zurückzuführen ist. Denn die §§ 7 und 15 AGG, welche Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 sowie Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG in nationales Recht umsetzen, stellen nach ihrer objektiven Gesetzesfassung nicht auf die Art oder Form der diskriminierenden Maßnahme des Mitgliedstaates ab. Dem entspricht es, dass auch die betreffenden Vorgaben der Richtlinie umfassend gelten. Diese erfassen die Tätigkeit des privaten Arbeitgebers ebenso wie die Maßnahmen des staatlichen Normgebers.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 36 f.; möglicherweise anderer Ansicht (ausschließlich in Betracht kommende Geltung des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs, auf den § 15 Abs. 4 AGG nicht entsprechend anwendbar sei, bei Benachteiligungen durch legislatives Unrecht), aber letztlich eher unklar: BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR 4/15 –, MDR 2015, 1078 = juris, Rn. 13 f.; siehe dazu auch VG Aachen, Urteil vom 12. Oktober 2015 – 1 K 1115/13 –, juris, einerseits Rn. 44, 54 und andererseits Rn. 122 f., 152 f. (Bedeutung des o.g. BGH-Urteils danach wohl nur für den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angenommen, ohne diesem vom Anwendungsbereich her im Verhältnis zu Ansprüchen aus § 15 AGG Exklusivität einzuräumen).
47cc) Nach § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsgebot (siehe § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG) verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Geht es um einen Nichtvermögensschaden, so kann der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG – verschuldensunabhängig – eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Für ein Beamtendienstverhältnis gilt dies unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung jeweils entsprechend (§ 24 Nr. 1 AGG).
48(1) Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 15Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG scheitert hier bereits daran, dass die Beklagte den Rechtsverstoß bezogen auf den streitgegenständlichen, bis zum 30. Juni 2009 reichenden Zeitraum nicht zu vertreten hatte. Denn die nicht einfach zu beurteilende, hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG war zu jener Zeit weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden.
49Vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 42 f.
50(2) Ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung nach § 15Abs. 2 i.V.m. Nr. 1 AGG kam in der vorliegenden Situation auch ohne den Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens zwar in Betracht. Ein solcher Anspruch besteht hier schlussendlich aber deswegen nicht, weil er nicht fristgerecht geltend gemacht wurde.
51Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 (dieser Vorschrift) innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, (was bei der Benachteiligung von Beamten allerdings keine Rolle spielt) die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Dem sich anschließenden Satz 2 zufolge beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung – was hier allein von Bedeutung ist – zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt (Hervorhebung durch den Senat).
52Die betreffende Ausschlussfrist ist mit Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 145.11 –, juris, Rn. 7 ff.; BAG, Urteile vom 15. März 2012– 8 AZR 160/11 –, USK 2012-174 = juris,Rn. 27 ff., und vom 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 –, BAGE 142, 143 = juris, Rn. 20 ff.
54Die Anwendbarkeit der Fristbestimmung ist – dabei die bereits zuvor angesprochene Anwendbarkeit der (Gesamt-)Norm des § 15 AGG auf Fälle der vorliegenden Art zugrunde gelegt (siehe oben unter 2. b) bb)) – auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil diese Frist bei Benachteiligungen durch legislatives Unrecht nicht gelten würde.
55So jedenfalls im Ergebnis auch BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 46 ff.
56Denn für eine nur teilweise Anwendbarkeit des § 15 AGG auf legislatives Unrecht unter spezieller Ausklammerung des Absatzes 4 findet sich im Gesetz erst recht keine Stütze; das bezieht die zu berücksichtigende „besondere Rechtsstellung“ (vgl. § 24 Nr. 1 AGG) von Beamten ein. Insbesondere der Umstand, dass sich die Ansprüche aus § 15 AGG nach dem Gesetzeswortlaut gegen den „Arbeitgeber“ richten, schließt es nicht aus, dass (entsprechend einem Arbeitgeber) auch der Dienstherr eines Beamten Gegner des in Rede stehenden Anspruchs sein kann. Das gilt unabhängig davon, ob sein Handeln selbstgesteuert oder gesetzlich gebunden ist. Der Dienstherr des jeweils betroffenen Beamten steht insofern selbst dann in der Haftung für begangenes Unrecht, wenn nicht eigene Gesetze, sondern Gesetze eines anderen Rechtsträgers dafür den Maßstab gebildet haben bzw. bilden.
57Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 58, und – 2 C 3.13 –, BVerwGE 150, 255 = juris, Rn. 58.
58Im Übrigen ist es nicht ungewöhnlich, dass auch der Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers bestimmten rechtlichen Bindungen unterliegt, etwa dann, wenn tarifrechtliche Verpflichtungen bestehen. Keine maßgebliche Bedeutung kann in diesem Zusammenhang dem Umstand beigemessen werden, dass nach den (nur subjektiven) Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren zu § 15 AGG mit der in Rede stehenden Frist namentlich der einzelfallbezogene Schutz des Arbeitgebers und dies vor allem hinsichtlich der Aufbewahrungszeiten von Dokumentationen bezweckt worden ist.
59Vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BR-Drucks. 329/06, S. 40 f., sowie auch BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR 4/15 –, MDR 2015, 1078 = juris, Rn. 13.
60Denn eine entsprechende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm ist in der objektiven Gesetzesfassung nicht zum Ausdruck gekommen.
61Hinsichtlich der näheren Anforderungen an das für den Zeitpunkt des Fristbeginns nach § 15 Abs. 4 Satz 2 Fall 2 AGG maßgebliche Kenntniserlangen gilt Folgendes:
62Grundsätzlich hat der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann (dem Fall des Beginns der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB entsprechend) zu einem hinausgeschobenen Zeitpunkt, nämlich zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Danach ist in diesen Fällen die objektive Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich;
63vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234, und (z.B.) vom gleichen Tage – 2 C 3.13 –, BVerwGE 150, 255 = juris, Rn. 52; siehe auch BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 –, juris, Rn. 612; BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, NJW-RR 2009, 547 = juris, Rn. 15;
64auf den Zeitpunkt, in dem die Betroffenen jeweils tatsächlich Kenntnis vom Ergehen bzw. vom Inhalt der die Klärung herbeiführenden Gerichtsentscheidung erlangt haben, kommt es dagegen nicht an.
65Diese gefestigte Auffassung nicht nur des Bundesverwaltungsgerichts sondern (wie angeführt) in vergleichbarem Zusammenhang auch anderer oberster Bundesgerichte ist keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Namentlich lässt sie nicht den Wortlaut der Norm außer Acht. Zwar trifft es zu, dass das Gesetz in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG mehr als ein bloßes Kennen-Müssen, nämlich (tatsächlich vorhandene) „Kenntnis“ – und insofern ein subjektives Moment – voraussetzt; diese Kenntnis hat sich dabei auf das Tatbestandsmerkmal „Benachteiligung“ zu beziehen. Der objektiven Gesetzesfassung lässt sich aber kein Hinweis dahin entnehmen, dass sich der Betroffene über das positive Wissen um die anspruchsbegründenden Tatsachen hinaus (in der Regel) auch darüber im Klaren sein müsste, dass ihm bei dieser Tatsachenlage das geltende Recht einen Anspruch gibt. Mit anderen Worten: Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG soll Betroffene nicht vor einer schlichten (subjektiven) Unkenntnis der Rechtslage schützen. Allein in der Sondersituation einer schon nach objektiven Maßstäben (noch) bestehenden unklaren bzw. unsicheren Rechtslage sollen Betroffene unter Zumutbarkeits- und Gleichbehandlungsaspekten keinen beachtlichen Nachteil erleiden. Ein solcher Nachteil ergäbe sich freilich im Verhältnis zum „Normalfall“ einer geklärten Rechtssituation, wenn ihnen bereits vor dem Zeitpunkt der Herstellung objektiver Rechtsklarheit allein aus dem Grund der Wahrung der in Rede stehenden, an die Tatsachenkenntnis anknüpfenden Ausschlussfrist eine Klageerhebung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ abverlangt würde. Der dadurch begründete Nachteil entfällt aber mit unmittelbarer Wirkung, sobald durch eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen die Rechtslage in hinreichendem Maße objektiv geklärt wurde. Denn ab diesem Zeitpunkt befindet sich derjenige, der die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt, zugleich aber (aus welchen Gründen auch immer) noch keine subjektive Kenntnis von der erfolgten objektiven rechtlichen Klärung hat, in keiner wesentlich anderen Situation mehr als derjenige, der es bei gleichermaßen vorhandener Tatsachenkenntnis und bei einer von vornherein klaren Rechtslage aus subjektiver Rechtsunkenntnis heraus versäumt, rechtzeitig Klage zu erheben.
66Vgl. dazu entsprechend BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, MDR 2008, 1405 = juris, Rn. 19, am Ende.
67Höchstrichterlich entschieden ist weiterhin, dass im vorliegenden Zusammenhang die entscheidungserhebliche Rechtslage durch die Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai (C-297/10 und C-298/10) am 8. September 2011 geklärt worden ist. Aus diesem Urteil, welches den Mitgliedstaaten den Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in Bezug auf ein mit den §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem erläutert habe, ergebe sich, dass ein mit diesen Vorschriften vergleichbares System zur Entlohnung von Beschäftigten unionsrechtswidrig sei und wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot Ausgleichsansprüche entstehen könnten.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 –, juris, Rn. 13, und vom 30. Oktober 2014– 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 52 f.
69Dieselbe Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht betreffend die Besoldung von Soldaten zu der dem § 15 Abs. 5 AGG vergleichbaren Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 SGG in weiteren Urteilen vom 30. Oktober 2014 vertreten.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 36.13 –, ZBR 2015, 275 = juris, Rn. 20; entsprechende Entscheidungen ergingen am gleichen Tag in den parallel geführten Revisionsverfahren 2 C 38.13, 2 C 39.13 und 2 C 47.13 (Vorinstanz jeweils OVG Rheinland-Pfalz).
71Die gegen drei der letztgenannten Urteile eingelegten Verfassungsbeschwerden (2 BvR 756/15; 2 BvR 757/15; 2 BvR 758/15) hat das Bundesverfassungsgericht durch einstimmige Beschlüsse vom 30. Juni 2015 ohne eine Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Darüber ist der Kläger des vorliegenden Verfahrens informiert worden.
72Soweit der Kläger wohl meint, eine hinreichende objektive Klärung der hier entscheidungserheblichen Rechtslage sei erst später erfolgt, nämlich aufgrund des die Beamtenbesoldung betreffenden Urteils des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. –, überzeugt dies schon gemessen an seinem eigenen Verhalten nicht. Denn der Kläger hat seinen Antrag vom 20. Dezember 2011 auf rückwirkende Bemessung seines Grundgehalts nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ausdrücklich unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 8. September 2011 in Sachen Hennings und Mai begründet. Er hat damit sinngemäß schon dieses Urteil als geeignet eingestuft, als Grundlage auch für sein auf die Beamtenbesoldung bezogenes Begehren zu dienen, und hat gerade nicht die spätere Entscheidung aus dem Jahr 2014 abgewartet. Im Übrigen ist an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, dass der hier interessierende Fristbeginn in der Fallgruppe der objektiven Klärung einer zunächst unsicheren Rechtslage keine Sicherheit des Obsiegens in einem nunmehr eingeleiteten Rechtsstreit, sondern nur die Zumutbarkeit einer ggf. nicht risikolosen Klageerhebung verlangt.
73Schließlich kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG erforderliche Kenntnis in den Fällen einer zunächst unsicheren und sodann höchstrichterlich geklärten Rechtslage voraussetzt, dass die betreffende höchstrichterliche Entscheidung nicht nur in ihrem Ausspruch verkündet wurde, sondern auch bereits ihre wesentlichen Gründe (in einer der führenden Fachzeitschriften) veröffentlicht wurden.
74Vgl. in diesem Sinne zur vergleichbaren Problematik in Bezug auf den Verjährungsbeginn BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, MDR 2008, 1405 = juris, Rn. 19.
75Denn Urteile des EuGH liegen – anders als dies in der Regel etwa bei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder auch des Bundesverwaltungsgerichts der Fall ist – bereits am Tage ihrer Verkündung mit ihren vollständigen Gründen vor; die schriftliche Urteilsfassung steht nämlich an eben diesem Tage im Internet im Volltext bereit (www.curia.europa.eu). Damit ist jedenfalls für Urteile des EuGH sichergestellt, dass das Rechtspublikum sie bereits am Tage der Verkündung vollumfänglich zur Kenntnis nehmen kann. Dabei erscheint der Verweis der Betroffenen auf die vom EuGH selbst betriebene Internetseite sachgerecht und hinsichtlich der Zielsetzung einer geeigneten und zumutbaren Kenntnisverschaffung auch ausreichend. Das gilt jedenfalls für solche Entscheidungen, die – wie hier das Urteil in Sachen Hennings und Mai – mit Blick auf die Klärung bedeutsamer Rechtsfragen allgemein erwartet wurden. In einer solchen Situation obliegt es den an der jeweiligen Entscheidung Interessierten, sich dieser allgemein zugänglichen Informationsquelle zu bedienen. Somit ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem hier einschlägigen Zusammenhang für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Verkündung des EuGH-Urteils in Sachen Hennings und Mai abgehoben hat.
76Hiervon ausgehend hat der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG versäumt. Sein sinngemäß auch eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG umfassender schriftlicher Antrag vom 20. Dezember 2011 ist am 28. Dezember 2011 und damit nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Kenntniserlangung von der Benachteiligung (8. September 2011 als Datum der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai) bei der Beklagten eingegangen.
77An diesem Ergebnis würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn man für den Fristbeginn erst auf das Datum der Veröffentlichung des EuGH-Urteils in Sachen Hennings und Mai in Deutschland abheben würde. Mangels einer Veröffentlichung dieses Urteils in der NJW würde sich insoweit ein Rückgriff auf die– einen „Ableger“ der NJW darstellende – Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) anbieten, welche das Urteil am 10. Oktober 2011 (Heft 19, S. 1100) veröffentlicht hat. Die Frist wäre dann am 10. Dezember 2011 – also immer noch deutlich vor Eingang des Antrags des Klägers – abgelaufen.
78Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
80Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
Tenor
Das angefochtene Urteil wird geändert.
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 vom Hundert des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 vom Hundert des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.
Die Revision wird nicht zugelassen.
1
Tatbestand
2Der am 9. Januar 1970 geborene Kläger ist Bundesbeamter auf Lebenszeit. Seine letzte Beförderung zum Verwaltungsamtmann (Besoldungsgruppe A 11 BBesO) erfolgte am 27. April 2003.
3Unter dem 20. Dezember 2011 beantragte der Kläger, sein Grundgehalt rückwirkend ab dem 1. Januar 2008 nach der höchsten Stufe der Grundgehaltstabelle A 11 zu bemessen, weil dessen bisherige Bemessung ausgehend von der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (im Folgenden: EuGH) altersdiskriminierend wirke.
4Die Beklagte wertete dieses Schreiben als Widerspruch gegen die dem Kläger in dem in Rede stehenden Zeitraum gezahlte Besoldung und wies ihn mit Widerspruchsbescheid vom 20. Juni 2012 zurück.
5Mit seiner am 20. Juli 2012 erhobenen Klage hat der Kläger sein Begehren weiterverfolgt und (sinngemäß) beantragt,
6die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 zu verpflichten, ihm für die Zeit vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 die Differenz zwischen der Besoldung nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe und der ihm in diesem Zeitraum gezahlten Besoldung zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012.
7Die Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Sie hat vorgetragen, die §§ 27, 28 BBesG a.F. hätten nicht gegen das Verbot der Altersdiskriminierung verstoßen, andernfalls wäre diese Diskriminierung jedenfalls gerechtfertigt und folglich nicht rechtswidrig. Im Übrigen stehe dem vom Kläger geltend gemachten Anspruch das beamtenrechtliche Erfordernis der zeitnahen Geltendmachung entgegen. Schließlich gäben die hier in Betracht zu ziehenden Rechtsgrundlagen in ihrer Rechtsfolge keinen Anspruch des Beamten darauf, aus der Endstufe der innegehabten Besoldungsgruppe besoldet zu werden.
10Mit dem angefochtenen Urteil hat das Verwaltungsgericht der Klage stattgegeben und die Beklagte unter Aufhebung ihres Widerspruchsbescheides vom 20. Juni 2012 verurteilt, dem Kläger für den Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 weitere Besoldung in Höhe von insgesamt 5.500,20 Euro brutto zu zahlen nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem jeweils geltenden Basiszinssatz seit dem 20. Juli 2012. Nach Auffassung des Gerichts widersprächen die §§ 27, 28 BBesG a.F. ohne eine Rechtfertigung dem sich aus einer gebotenen unmittelbaren Anwendung der Richtlinie 2000/78/EG ergebenden unionsrechtlichen Diskriminierungsverbot wegen des Alters und seien insofern unanwendbar. Dieser Gleichheitsverstoß könne allein dadurch beseitigt werden, dass Betroffene wie hier der Kläger einen Besoldungsanspruch aus der Endstufe ihres Grundgehalts hätten. Eine zeitnahe Geltendmachung sei keine Voraussetzung für diesen Anspruch.
11Der Senat hat auf Antrag der Beklagten die Berufung gegen dieses Urteil zugelassen.
12Zur Begründung ihrer Berufung trägt die Beklagte (fristgerecht) vor: Auch für den Fall, dass die Bestimmungen des BBesG a.F. hinsichtlich der Zuordnung des Beamten zu den Besoldungsstufen zu einer Diskriminierung wegen des Alters führten, ergäbe sich daraus kein Anspruch auf Besoldung nach der Endstufe. Das habe das Bundesverwaltungsgericht mit Urteilen vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 – und vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 – in diesem Sinne entschieden, weil das seinerzeitige Bezugssystem insgesamt diskriminierend wirke. Auch ein unionsrechtlicher Haftungsanspruch sei nach den genannten Urteilen des Bundesverwaltungsgerichts nicht gegeben. Hinsichtlich des allenfalls in Betracht kommenden Anspruchs auf eine Entschädigung auf der Grundlage des § 15 Abs. 2 AGG habe der Kläger sein erstmals mit Schriftsatz vom 20. Dezember 2011 gestelltes Begehren nicht innerhalb der im Absatz 4 jener Vorschrift bestimmten Zwei-Monats-Frist angebracht. Der dabei grundsätzlich an die Kenntniserlangung von den anspruchsbegründenden Tatsachen anknüpfende Fristbeginn verschiebe sich in der besonderen Konstellation einer unsicheren Rechtslage. Dann sei an den Zeitpunkt der objektiven Klärung dieser Rechtslage anzuknüpfen. Davon ausgehend habe die Frist hier am Tage der Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai – C-297/10 und C-298/10–, also am 8. September 2011, zu laufen begonnen. Schon durch diese Entscheidung und nicht erst durch das spätere Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. – sei eine ausreichende Klärung der sich hier stellenden Rechtsfragen erfolgt.
13Die Beklagte beantragt,
14das angefochtene Urteil zu ändern und die Klage abzuweisen.
15Der Kläger beantragt,
16die Berufung zurückzuweisen.
17Er führt dazu im Wesentlichen aus: Mit dem Ergehen des Urteils des EuGH vom 8. September 2011 zur vormaligen Tarifregelung des § 27 BAT sei die Rechtslage in Bezug auf Beamte noch nicht abschließend geklärt gewesen. Ansonsten hätte es auch nicht verschiedener erneuter Vorlagen von Verwaltungsgerichten an den EuGH und dessen weiterer Entscheidung vom 19. Juni 2014 bedurft. Erst in der letztgenannten Entscheidung sei schlussendlich noch einmal definitiv festgestellt worden, dass die Grundsätze der unzulässigen Altersdiskriminierung nicht nur im Rahmen der angesprochenen Tarifregelung zur Anwendung kämen, sondern auch in Bezug auf das davon strukturell abweichende, nur mittelbar lebensaltersabhängige System des § 27 BBesG a. F., also die Stufenzuordnung nach dem Besoldungsdienstalter.
18Im Übrigen verweist der Kläger auf sein Vorbringen im Berufungszulassungsverfahren. Dort hat er die Auffassung vertreten, er habe die Frist des § 15 Abs. 4 AGG auch schon aus dem Grunde nicht versäumt, dass er die für den Fristbeginn maßgebliche Kenntnis von der Benachteiligung im konkreten Fall erst durch eine an ihn weitergeleitete E-Mail eines (Haupt-)Personalratsmitglieds erhalten habe. Das sei am 20. Dezember 2011 geschehen. Den Antrag auf rückwirkende Bemessung seines Grundgehalts habe er dann noch am selben Tag gestellt. Die nach dem Gesetz erforderliche Kenntnis als individueller, einzelfallbezogener Umstand könne mit Blick auf die Zielsetzung der Frist, dem Betroffenen Zeit zu geben, darüber zu befinden, inwieweit er unter Einbeziehung der Frage der Erfolgsaussichten seine Rechte durch eine Klage geltend machen wolle, nicht einfach am Datum einer bestimmten Gerichtsentscheidung festgemacht werden. Zumindest müsse der Betroffene auch im Fall einer „objektiven Klärung der Rechtslage“ die Möglichkeit haben, vom Inhalt der in Rede stehenden Entscheidung tatsächlich Kenntnis zu nehmen. Das setze jedenfalls eine hinreichende Publikation voraus.
19Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird ergänzend auf den Inhalt der Gerichtsakte und der beigezogenen Verwaltungsvorgänge (2 Hefte) Bezug genommen.
20E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e
21Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache Erfolg, denn die Leistungsklage des Klägers ist nicht begründet.
22Der Kläger hat unter dem hier (allein) im Streit stehenden Gesichtspunkt der Altersdiskriminierung weder einen Anspruch auf eine sich nach der Endstufe seiner Besoldungsgruppe bemessende Besoldung noch einen Anspruch auf Schadensersatz oder auf Entschädigung.
231. Der Kläger hat wegen einer unmittelbaren Diskriminierung wegen des Alters im Sinne von Art. 1 und Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates im Hinblick auf die Bemessung seiner Besoldung keinen Anspruch auf die ihm durch das erstinstanzliche Urteil zugesprochene weitere Besoldung in Höhe von insgesamt 5.500 Euro brutto. Der in dieser Höhe ausgeurteilte Betrag ergibt sich den Entscheidungsgründen des angefochtenen Urteils zufolge aus der Differenz zwischen der dem Kläger in dem streitbefangenen Zeitraum tatsächlich gezahlten Besoldung und derjenigen Besoldung, welche der Kläger nach der Endstufe der seinerzeit für ihn maßgeblichen Besoldungsgruppe (A 11) hätte erhalten müssen. Auf eine Besoldung nach der Endstufe hat der Kläger auch bei Anerkennung einer altersdiskriminierenden Wirkung der ihm in dem streitbefangenen Zeitraum gezahlten Besoldung aber keinen Anspruch.
24Nach den insoweit einschlägigen Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts,
25siehe namentlich die Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = NVwZ 2015, 812 = ZBR 2015, 160 = juris, Rn. 15 ff., sowie vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 –, juris, Rn. 10,
26benachteiligte die Besoldung der Beamten der Besoldungsordnung A nach den §§ 27 und 28 BBesG (Fassung 2002; im Folgenden: BBesG a.F.) die davon betroffenen Beamten – wie hier in dem streitgegenständlichen Zeitraum den Kläger – unmittelbar aufgrund ihres Lebensalters und verstieß insofern gegen Art. 2 Abs. 1 und 2 Buchst. a der Richtlinie 2000/78/EG des Rates vom 27. November 2000 zur Festlegung eines allgemeinen Rahmens für die Verwirklichung der Gleichbehandlung in Beschäftigung und Beruf. Dieser Verstoß führt in der Rechtsfolge aber auch unter Beachtung des unionsrechtlichen Effektivitätsgrundsatzes nicht auf eine „modifizierende“ Anwendung des seinerzeit geltenden Besoldungsgesetzes dahin, dass der Kläger zum Ausgleich in eine andere, nämlich die höchste Dienstaltersstufe (Endstufe) eingruppiert werden könnte. Vielmehr kann das Bezugssystem der §§ 27, 28 BBesG a.F., da es insgesamt diskriminierend wirkt, bereits als solches nicht mehr herangezogen werden.
27Das Bundesverwaltungsgericht hat in diesem Zusammenhang (Rn. 33 bis 35 der juris-Fassung des o.g. Urteils vom 30. Oktober 2014) ausgeführt:
28„Zwar verlangt das Gebot der unionskonformen Auslegung des nationalen Rechts, dass das nationale Gericht unter Berücksichtigung des gesamten innerstaatlichen Rechts und unter Anwendung der dort anerkannten Auslegungsmethoden alles ihm Mögliche tut, um die volle Wirksamkeit des Unionsrechts zu gewährleisten und zu einem Ergebnis zu gelangen, das mit dem mit der Richtlinie verfolgten Ziel in Einklang steht (stRspr; EuGH, Urteil vom 5. Oktober 2004 – Rs. C-397/01 bis C 403/01, Pfeiffer u.a. – Slg. 2004, I-8835, Rn. 114). Eine entsprechend unionskonforme Auslegung der §§ 27 und 28 BBesG a.F. ist hier aber nicht möglich. Die diesem Besoldungssystem innewohnende Ungleichbehandlung gilt für jeden Beamten bei seiner erstmaligen Berufung in ein Beamtenverhältnis, sodass die hieraus resultierende unmittelbare Diskriminierung potenziell alle Beamten betrifft. Es existiert damit bereits kein gültiges Bezugssystem, an dem sich die diskriminierungsfreie Behandlung des Klägers orientieren könnte (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O., Rn. 96).
29Eine höhere Einstufung des Klägers innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. würde zudem zu einer Entwertung der vom Gesetzgeber beabsichtigten Honorierung bereits erworbener Berufserfahrung führen. Nach der Rechtsprechung des EuGH darf die tatsächlich abgeleistete Dienstzeit Anknüpfungspunkt einer besoldungsrechtlichen Differenzierung sein. Der Rückgriff auf das Kriterium des Dienstalters ist in der Regel zur Erreichung des legitimen Ziels geeignet die Berufserfahrung zu honorieren, die den Arbeitnehmer befähigt, seine Arbeit besser zu verrichten (EuGH, Urteil vom 3. Oktober 2006 – Rs. C 17/05, Cadman – Slg. 2006 I-9583 Rn. 34 ff.). Mit der Höherstufung eines Beamten innerhalb des Systems der §§ 27 und 28 BBesG a.F. zum Ausgleich der Altersdiskriminierung würden aber diejenigen Beamten benachteiligt, die diese höhere Stufe unionsrechtlich zulässig aufgrund ihrer Berufserfahrung erlangt haben (vgl. Schlussanträge des Generalanwalts Bot vom 28. November 2013 – Rs. C-501/12, Specht – Rn. 100).
30Mangels gültigem Bezugssystem kann auch die vom EuGH zur Wahrung des Gleichheitssatzes entwickelte Rechtsprechung, nach der bis zur Abhilfe der Ungleichbehandlung den Angehörigen der benachteiligten Gruppe dieselben Vorteile gewährt werden müssen wie denjenigen der privilegierten Gruppe (EuGH, Urteile vom 26. Januar 1999 – Rs. C-18/95, Terhoeve – Slg. 1999, I-349 Rn. 57 m.w.N. und vom 22. Juni 2011 – Rs C-399/09, Landtová – Slg. 2011, I-5573 Rn. 51), nicht angewandt werden.“
31Dem schließt sich der erkennende Senat auch für das vorliegende Verfahren an, zumal der Kläger der betreffenden Argumentation im Berufungsverfahren nicht entgegen getreten ist.
322. Das erstinstanzliche Urteil stellt sich auch nicht aus anderen Gründen (teilweise) als richtig dar. So ergibt sich der vom Kläger geltend gemachte und ihm vom Verwaltungsgericht zuerkannte Zahlungsanspruch wegen Diskriminierung aufgrund seines Lebensalters auch nicht aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch (nachfolgend a) oder aus § 15 AGG (nachfolgend b).
33a) Aus dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch kann der Kläger für den streitgegenständlichen Zeitraum vom 1. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2009 keine Ansprüche herleiten, weil die Voraussetzungen dieses Anspruchs erst mit der Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 (Rs. C-297/10 und C-298/10, Slg. 2011, I-7965) erfüllt gewesen sind.
34Hierzu hat das Bundesverwaltungsgericht in dem hier bereits angeführten Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, Rn. 26 bis 30 der juris-Fassung, ausgeführt:
35„Der unionsrechtliche Haftungsanspruch setzt voraus, dass die unionsrechtliche Norm, gegen die verstoßen worden ist, die Verleihung von Rechten an den Geschädigten bezweckt, der Verstoß gegen diese Norm hinreichend qualifiziert ist und dass zwischen diesem Verstoß und dem den Geschädigten entstandenen Schaden ein unmittelbarer Zusammenhang besteht (stRspr.; EuGH, Urteil vom 19. Juni 2014 a.a.O. Rn. 99).
36Die erste und die dritte Voraussetzung sind hier gegeben. ….
37Die Voraussetzung des hinreichend qualifizierten Verstoßes gegen das Unionsrecht ist dagegen nicht erfüllt.
38Ein Verstoß gegen das Unionsrecht ist hinreichend qualifiziert, wenn die einschlägige Rechtsprechung des EuGH offenkundig verkannt wird (EuGH, Urteil vom 25. November 2010 – Rs. C-429/09, Fuß – Slg. 2010, I-12167 Rn. 51 f. m.w.N.; BVerwG, Urteil vom 26. Juli 2012– BVerwG 2 C 29.11 –, BVerwGE 143, 381 Rn. 18). Dementsprechend ist ein hinreichend qualifizierter Verstoß gegen Unionsrecht für den Zeitraum ab Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai am 8. September 2011 anzunehmen. Denn in diesem Urteil ist den Mitgliedstaaten der Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 RL 2000/78/EG in Bezug auf ein mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem verdeutlicht worden (EuGH, Urteil vom 19. Juni 2004 a.a.O. Rn. 104).
39Die Bestimmung des Zeitpunktes, ab dem der Verstoß gegen Unionsrecht hinreichend qualifiziert ist, ist Sache des nationalen Gerichts. Es liegen hier aber keine ausreichenden Anhaltspunkte für die Annahme vor, bereits vor Verkündung des Urteils des EuGH am 8. September 2011 sei der Verstoß gegen Unionsrecht hinreichend qualifiziert gewesen. Für die Frage, ob ein Verstoß eines Mitgliedstaates im genannten Sinne bereits hinreichend qualifiziert ist, ist nach der Spruchpraxis des EuGH auch der jeweilige Stand der Rechtsprechung der nationalen Gerichte von Bedeutung (EuGH, Urteil vom 5. März 1996 – Rs. C-46/93 und C-48/93, Brasserie du Pêcheur und Factortame – SDlg. 1996, I-1029 Rn. 63). Noch im Jahr 2010 hat das Bundesarbeitsgericht in der Sache Hennings und Mai in einem Verfahren, das die vergleichbare Bemessung der Grundvergütungen in den einzelnen Vergütungsgruppen nach Lebensaltersstufen betrifft, den EuGH zur Auslegung von Bestimmungen der RL 2000/78/EG angerufen (BAG, Beschluss vom 20. Mai 2010 – 6 AZR 148/09 (A) –, BAGE 134, 327). Im Jahr 2010 und auch noch danach haben deutsche Verwaltungsgerichte wiederholt entschieden, das Lebensalter stelle im System der §§ 27 und 28 BBesG a.F. lediglich einen pauschalen Berechnungsfaktor dar, sodass es bereits an einer Altersdiskriminierung fehle (z.B. VG Berlin, Urteil vom 24., Juni 2010 – 5 K 17/09 –, juris Rn. 16 und VG Lüneburg, Urteil vom 15. Februar 2012 – 1 A 106/10 –, juris Rn. 19).“
40Auch dem folgt der erkennende Senat. Das Vorbringen des Klägers steht dem nicht entgegen, weil dieser die Auffassung vertritt, eine hinreichende und abschließende Klärung der hier interessierenden Rechtsfragen sei in Bezug auf die Besoldung der Beamten sogar erst durch das Urteil des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. – erfolgt.
41b) Der Kläger kann das streitgegenständliche Begehren im Ergebnis auch nicht erfolgreich auf einen Anspruch aus § 15 AGG stützen.
42aa) Zwar gereicht es ihm nicht zum Nachteil, dass er sich im Verwaltungsverfahren und im gerichtlichen Verfahren erster Instanz nicht auf diese Norm als Anspruchsgrundlage berufen hat. Denn das Gericht ist nicht an die bezeichneten Rechtsnormen gebunden, sondern hat den geltend gemachten Anspruch im Rahmen des Streitgegenstandes aus jedem in Betracht kommenden rechtlichen Gesichtspunkt zu prüfen (iura novit curia).
43Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 32.
44Dabei ist – sinngemäß der vorzitierten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts mit zugrunde liegend – davon auszugehen, dass die unter dem Gesichtspunkt einer altersdiskriminierenden Beamtenbesoldung erfolgende Geltendmachung von Schadensersatz- oder Entschädigungsansprüchen nach § 15 AGG nicht zu einer Änderung des Streitgegenstandes führt, wenn als Kompensation für einen derartigen Rechtsverstoß wie hier zunächst eine Zahlung auf der Grundlage der Endstufe der von dem betroffenen Beamten innegehabten Besoldungsgruppe begehrt worden war.
45bb) Der Heranziehung des § 15 AGG als (gegenüber dem unionsrechtlichen Haftungsanspruch eigenständige) Grundlage für einen Zahlungsanspruch des Klägers steht ferner nicht entgegen, dass die Benachteiligung durch den korrekten Vollzug einer gesetzlichen Regelung (hier: §§ 27 und 28 BBesG a.F.) eingetreten, also auf sog. legislatives Unrecht zurückzuführen ist. Denn die §§ 7 und 15 AGG, welche Art. 2 Abs. 1 und Art. 1 sowie Art. 17 der Richtlinie 2000/78/EG in nationales Recht umsetzen, stellen nach ihrer objektiven Gesetzesfassung nicht auf die Art oder Form der diskriminierenden Maßnahme des Mitgliedstaates ab. Dem entspricht es, dass auch die betreffenden Vorgaben der Richtlinie umfassend gelten. Diese erfassen die Tätigkeit des privaten Arbeitgebers ebenso wie die Maßnahmen des staatlichen Normgebers.
46Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 36 f.; möglicherweise anderer Ansicht (ausschließlich in Betracht kommende Geltung des unionsrechtlichen Haftungsanspruchs, auf den § 15 Abs. 4 AGG nicht entsprechend anwendbar sei, bei Benachteiligungen durch legislatives Unrecht), aber letztlich eher unklar: BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR 4/15 –, MDR 2015, 1078 = juris, Rn. 13 f.; siehe dazu auch VG Aachen, Urteil vom 12. Oktober 2015 – 1 K 1115/13 –, juris, einerseits Rn. 44, 54 und andererseits Rn. 122 f., 152 f. (Bedeutung des o.g. BGH-Urteils danach wohl nur für den unionsrechtlichen Haftungsanspruch angenommen, ohne diesem vom Anwendungsbereich her im Verhältnis zu Ansprüchen aus § 15 AGG Exklusivität einzuräumen).
47cc) Nach § 15 Abs. 1 AGG ist der Arbeitgeber bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsgebot (siehe § 7 Abs. 1 i.V.m. § 1 AGG) verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen, es sei denn, er hat die Pflichtverletzung nicht zu vertreten. Geht es um einen Nichtvermögensschaden, so kann der Beschäftigte gemäß § 15 Abs. 2 Satz 1 AGG – verschuldensunabhängig – eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Für ein Beamtendienstverhältnis gilt dies unter Berücksichtigung der besonderen Rechtsstellung jeweils entsprechend (§ 24 Nr. 1 AGG).
48(1) Ein Anspruch auf Schadensersatz nach § 15Abs. 1 i.V.m. § 24 Nr. 1 AGG scheitert hier bereits daran, dass die Beklagte den Rechtsverstoß bezogen auf den streitgegenständlichen, bis zum 30. Juni 2009 reichenden Zeitraum nicht zu vertreten hatte. Denn die nicht einfach zu beurteilende, hier entscheidungserhebliche Rechtsfrage der Vereinbarkeit eines mit §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbaren Entlohnungssystems mit der Richtlinie 2000/78/EG war zu jener Zeit weder durch die Rechtsprechung geklärt noch im Schrifttum abschließend behandelt worden.
49Vgl. dazu näher BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 42 f.
50(2) Ein Anspruch des Klägers auf Entschädigung nach § 15Abs. 2 i.V.m. Nr. 1 AGG kam in der vorliegenden Situation auch ohne den Nachweis eines konkreten immateriellen Schadens zwar in Betracht. Ein solcher Anspruch besteht hier schlussendlich aber deswegen nicht, weil er nicht fristgerecht geltend gemacht wurde.
51Gemäß § 15 Abs. 4 Satz 1 AGG muss ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 (dieser Vorschrift) innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, (was bei der Benachteiligung von Beamten allerdings keine Rolle spielt) die Tarifvertragsparteien hätten etwas anderes vereinbart. Dem sich anschließenden Satz 2 zufolge beginnt die Frist im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung – was hier allein von Bedeutung ist – zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt (Hervorhebung durch den Senat).
52Die betreffende Ausschlussfrist ist mit Art. 9 der Richtlinie 2000/78/EG vereinbar.
53Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 48, und Beschluss vom 16. April 2013 – 2 B 145.11 –, juris, Rn. 7 ff.; BAG, Urteile vom 15. März 2012– 8 AZR 160/11 –, USK 2012-174 = juris,Rn. 27 ff., und vom 21. Juni 2012 – 8 AZR 188/11 –, BAGE 142, 143 = juris, Rn. 20 ff.
54Die Anwendbarkeit der Fristbestimmung ist – dabei die bereits zuvor angesprochene Anwendbarkeit der (Gesamt-)Norm des § 15 AGG auf Fälle der vorliegenden Art zugrunde gelegt (siehe oben unter 2. b) bb)) – auch nicht deswegen ausgeschlossen, weil diese Frist bei Benachteiligungen durch legislatives Unrecht nicht gelten würde.
55So jedenfalls im Ergebnis auch BVerwG, Urteil vom 30. Juni 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 46 ff.
56Denn für eine nur teilweise Anwendbarkeit des § 15 AGG auf legislatives Unrecht unter spezieller Ausklammerung des Absatzes 4 findet sich im Gesetz erst recht keine Stütze; das bezieht die zu berücksichtigende „besondere Rechtsstellung“ (vgl. § 24 Nr. 1 AGG) von Beamten ein. Insbesondere der Umstand, dass sich die Ansprüche aus § 15 AGG nach dem Gesetzeswortlaut gegen den „Arbeitgeber“ richten, schließt es nicht aus, dass (entsprechend einem Arbeitgeber) auch der Dienstherr eines Beamten Gegner des in Rede stehenden Anspruchs sein kann. Das gilt unabhängig davon, ob sein Handeln selbstgesteuert oder gesetzlich gebunden ist. Der Dienstherr des jeweils betroffenen Beamten steht insofern selbst dann in der Haftung für begangenes Unrecht, wenn nicht eigene Gesetze, sondern Gesetze eines anderen Rechtsträgers dafür den Maßstab gebildet haben bzw. bilden.
57Vgl. Bundesverwaltungsgericht, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 58, und – 2 C 3.13 –, BVerwGE 150, 255 = juris, Rn. 58.
58Im Übrigen ist es nicht ungewöhnlich, dass auch der Entscheidungsspielraum des Arbeitgebers bestimmten rechtlichen Bindungen unterliegt, etwa dann, wenn tarifrechtliche Verpflichtungen bestehen. Keine maßgebliche Bedeutung kann in diesem Zusammenhang dem Umstand beigemessen werden, dass nach den (nur subjektiven) Erwägungen im Gesetzgebungsverfahren zu § 15 AGG mit der in Rede stehenden Frist namentlich der einzelfallbezogene Schutz des Arbeitgebers und dies vor allem hinsichtlich der Aufbewahrungszeiten von Dokumentationen bezweckt worden ist.
59Vgl. die Begründung der Bundesregierung zum Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung europäischer Richtlinien zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung, BR-Drucks. 329/06, S. 40 f., sowie auch BGH, Urteil vom 23. Juli 2015 – III ZR 4/15 –, MDR 2015, 1078 = juris, Rn. 13.
60Denn eine entsprechende Einschränkung des Anwendungsbereichs der Norm ist in der objektiven Gesetzesfassung nicht zum Ausdruck gekommen.
61Hinsichtlich der näheren Anforderungen an das für den Zeitpunkt des Fristbeginns nach § 15 Abs. 4 Satz 2 Fall 2 AGG maßgebliche Kenntniserlangen gilt Folgendes:
62Grundsätzlich hat der Beschäftigte Kenntnis von der Benachteiligung erlangt, wenn er die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt. Dass er aus diesen Tatsachen die zutreffenden rechtlichen Schlüsse zieht, ist nicht erforderlich. Von diesem Grundsatz ist eine Ausnahme für den Fall einer unsicheren Rechtslage geboten. Der Lauf der Ausschlussfrist beginnt dann (dem Fall des Beginns der Verjährung nach § 199 Abs. 1 Nr. 2 BGB entsprechend) zu einem hinausgeschobenen Zeitpunkt, nämlich zu dem Zeitpunkt, ab dem die Erhebung einer Klage für den Betroffenen zumutbar ist, d.h. die Klage hinreichend aussichtsreich, wenn auch nicht risikolos ist. Danach ist in diesen Fällen die objektive Klärung der Rechtslage durch höchstrichterliche Entscheidungen maßgeblich;
63vgl. BVerwG, Urteile vom 30. Oktober 2014 – 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234, und (z.B.) vom gleichen Tage – 2 C 3.13 –, BVerwGE 150, 255 = juris, Rn. 52; siehe auch BAG, Urteil vom 15. März 2012 – 8 AZR 160/11 –, juris, Rn. 612; BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, NJW-RR 2009, 547 = juris, Rn. 15;
64auf den Zeitpunkt, in dem die Betroffenen jeweils tatsächlich Kenntnis vom Ergehen bzw. vom Inhalt der die Klärung herbeiführenden Gerichtsentscheidung erlangt haben, kommt es dagegen nicht an.
65Diese gefestigte Auffassung nicht nur des Bundesverwaltungsgerichts sondern (wie angeführt) in vergleichbarem Zusammenhang auch anderer oberster Bundesgerichte ist keinen durchgreifenden Einwänden ausgesetzt. Namentlich lässt sie nicht den Wortlaut der Norm außer Acht. Zwar trifft es zu, dass das Gesetz in § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG mehr als ein bloßes Kennen-Müssen, nämlich (tatsächlich vorhandene) „Kenntnis“ – und insofern ein subjektives Moment – voraussetzt; diese Kenntnis hat sich dabei auf das Tatbestandsmerkmal „Benachteiligung“ zu beziehen. Der objektiven Gesetzesfassung lässt sich aber kein Hinweis dahin entnehmen, dass sich der Betroffene über das positive Wissen um die anspruchsbegründenden Tatsachen hinaus (in der Regel) auch darüber im Klaren sein müsste, dass ihm bei dieser Tatsachenlage das geltende Recht einen Anspruch gibt. Mit anderen Worten: Die Frist des § 15 Abs. 4 AGG soll Betroffene nicht vor einer schlichten (subjektiven) Unkenntnis der Rechtslage schützen. Allein in der Sondersituation einer schon nach objektiven Maßstäben (noch) bestehenden unklaren bzw. unsicheren Rechtslage sollen Betroffene unter Zumutbarkeits- und Gleichbehandlungsaspekten keinen beachtlichen Nachteil erleiden. Ein solcher Nachteil ergäbe sich freilich im Verhältnis zum „Normalfall“ einer geklärten Rechtssituation, wenn ihnen bereits vor dem Zeitpunkt der Herstellung objektiver Rechtsklarheit allein aus dem Grund der Wahrung der in Rede stehenden, an die Tatsachenkenntnis anknüpfenden Ausschlussfrist eine Klageerhebung gewissermaßen „ins Blaue hinein“ abverlangt würde. Der dadurch begründete Nachteil entfällt aber mit unmittelbarer Wirkung, sobald durch eine oder mehrere höchstrichterliche Entscheidungen die Rechtslage in hinreichendem Maße objektiv geklärt wurde. Denn ab diesem Zeitpunkt befindet sich derjenige, der die anspruchsbegründenden Tatsachen kennt, zugleich aber (aus welchen Gründen auch immer) noch keine subjektive Kenntnis von der erfolgten objektiven rechtlichen Klärung hat, in keiner wesentlich anderen Situation mehr als derjenige, der es bei gleichermaßen vorhandener Tatsachenkenntnis und bei einer von vornherein klaren Rechtslage aus subjektiver Rechtsunkenntnis heraus versäumt, rechtzeitig Klage zu erheben.
66Vgl. dazu entsprechend BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, MDR 2008, 1405 = juris, Rn. 19, am Ende.
67Höchstrichterlich entschieden ist weiterhin, dass im vorliegenden Zusammenhang die entscheidungserhebliche Rechtslage durch die Verkündung des Urteils des EuGH in Sachen Hennings und Mai (C-297/10 und C-298/10) am 8. September 2011 geklärt worden ist. Aus diesem Urteil, welches den Mitgliedstaaten den Bedeutungsgehalt von Art. 2 Abs. 2 und Art. 6 Abs. 1 der Richtlinie 2000/78/EG in Bezug auf ein mit den §§ 27 und 28 BBesG a.F. vergleichbares Besoldungssystem erläutert habe, ergebe sich, dass ein mit diesen Vorschriften vergleichbares System zur Entlohnung von Beschäftigten unionsrechtswidrig sei und wegen Verstoßes gegen das Benachteiligungsverbot Ausgleichsansprüche entstehen könnten.
68Vgl. BVerwG, Urteile vom 20. Mai 2015 – 2 A 9.13 –, juris, Rn. 13, und vom 30. Oktober 2014– 2 C 6.13 –, BVerwGE 150, 234 = juris, Rn. 52 f.
69Dieselbe Auffassung hat das Bundesverwaltungsgericht betreffend die Besoldung von Soldaten zu der dem § 15 Abs. 5 AGG vergleichbaren Ausschlussfrist des § 12 Abs. 3 SGG in weiteren Urteilen vom 30. Oktober 2014 vertreten.
70Vgl. BVerwG, Urteil vom 30. Oktober 2014 – 2 C 36.13 –, ZBR 2015, 275 = juris, Rn. 20; entsprechende Entscheidungen ergingen am gleichen Tag in den parallel geführten Revisionsverfahren 2 C 38.13, 2 C 39.13 und 2 C 47.13 (Vorinstanz jeweils OVG Rheinland-Pfalz).
71Die gegen drei der letztgenannten Urteile eingelegten Verfassungsbeschwerden (2 BvR 756/15; 2 BvR 757/15; 2 BvR 758/15) hat das Bundesverfassungsgericht durch einstimmige Beschlüsse vom 30. Juni 2015 ohne eine Begründung nicht zur Entscheidung angenommen. Darüber ist der Kläger des vorliegenden Verfahrens informiert worden.
72Soweit der Kläger wohl meint, eine hinreichende objektive Klärung der hier entscheidungserheblichen Rechtslage sei erst später erfolgt, nämlich aufgrund des die Beamtenbesoldung betreffenden Urteils des EuGH vom 19. Juni 2014 – C-501/12 u.a. –, überzeugt dies schon gemessen an seinem eigenen Verhalten nicht. Denn der Kläger hat seinen Antrag vom 20. Dezember 2011 auf rückwirkende Bemessung seines Grundgehalts nach der höchsten Stufe seiner Besoldungsgruppe ausdrücklich unter Bezugnahme auf das Urteil des EuGH vom 8. September 2011 in Sachen Hennings und Mai begründet. Er hat damit sinngemäß schon dieses Urteil als geeignet eingestuft, als Grundlage auch für sein auf die Beamtenbesoldung bezogenes Begehren zu dienen, und hat gerade nicht die spätere Entscheidung aus dem Jahr 2014 abgewartet. Im Übrigen ist an dieser Stelle in Erinnerung zu rufen, dass der hier interessierende Fristbeginn in der Fallgruppe der objektiven Klärung einer zunächst unsicheren Rechtslage keine Sicherheit des Obsiegens in einem nunmehr eingeleiteten Rechtsstreit, sondern nur die Zumutbarkeit einer ggf. nicht risikolosen Klageerhebung verlangt.
73Schließlich kommt es vorliegend nicht darauf an, ob die im Sinne des § 15 Abs. 4 Satz 2 AGG erforderliche Kenntnis in den Fällen einer zunächst unsicheren und sodann höchstrichterlich geklärten Rechtslage voraussetzt, dass die betreffende höchstrichterliche Entscheidung nicht nur in ihrem Ausspruch verkündet wurde, sondern auch bereits ihre wesentlichen Gründe (in einer der führenden Fachzeitschriften) veröffentlicht wurden.
74Vgl. in diesem Sinne zur vergleichbaren Problematik in Bezug auf den Verjährungsbeginn BGH, Urteil vom 23. September 2008 – XI ZR 262/07 –, MDR 2008, 1405 = juris, Rn. 19.
75Denn Urteile des EuGH liegen – anders als dies in der Regel etwa bei Entscheidungen des Bundesgerichtshofs oder auch des Bundesverwaltungsgerichts der Fall ist – bereits am Tage ihrer Verkündung mit ihren vollständigen Gründen vor; die schriftliche Urteilsfassung steht nämlich an eben diesem Tage im Internet im Volltext bereit (www.curia.europa.eu). Damit ist jedenfalls für Urteile des EuGH sichergestellt, dass das Rechtspublikum sie bereits am Tage der Verkündung vollumfänglich zur Kenntnis nehmen kann. Dabei erscheint der Verweis der Betroffenen auf die vom EuGH selbst betriebene Internetseite sachgerecht und hinsichtlich der Zielsetzung einer geeigneten und zumutbaren Kenntnisverschaffung auch ausreichend. Das gilt jedenfalls für solche Entscheidungen, die – wie hier das Urteil in Sachen Hennings und Mai – mit Blick auf die Klärung bedeutsamer Rechtsfragen allgemein erwartet wurden. In einer solchen Situation obliegt es den an der jeweiligen Entscheidung Interessierten, sich dieser allgemein zugänglichen Informationsquelle zu bedienen. Somit ist rechtlich nicht zu beanstanden, dass das Bundesverwaltungsgericht in dem hier einschlägigen Zusammenhang für den Fristbeginn auf den Zeitpunkt der Verkündung des EuGH-Urteils in Sachen Hennings und Mai abgehoben hat.
76Hiervon ausgehend hat der Kläger die Ausschlussfrist des § 15 Abs. 4 AGG versäumt. Sein sinngemäß auch eine Entschädigung wegen Altersdiskriminierung nach § 15 Abs. 2 AGG umfassender schriftlicher Antrag vom 20. Dezember 2011 ist am 28. Dezember 2011 und damit nicht innerhalb der Frist von zwei Monaten nach Kenntniserlangung von der Benachteiligung (8. September 2011 als Datum der Verkündung des Urteils in Sachen Hennings und Mai) bei der Beklagten eingegangen.
77An diesem Ergebnis würde sich im Übrigen auch dann nichts ändern, wenn man für den Fristbeginn erst auf das Datum der Veröffentlichung des EuGH-Urteils in Sachen Hennings und Mai in Deutschland abheben würde. Mangels einer Veröffentlichung dieses Urteils in der NJW würde sich insoweit ein Rückgriff auf die– einen „Ableger“ der NJW darstellende – Neue Zeitschrift für Arbeitsrecht (NZA) anbieten, welche das Urteil am 10. Oktober 2011 (Heft 19, S. 1100) veröffentlicht hat. Die Frist wäre dann am 10. Dezember 2011 – also immer noch deutlich vor Eingang des Antrags des Klägers – abgelaufen.
78Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
79Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 VwGO, 708 Nr. 10, 711 ZPO.
80Die Revision ist nicht zuzulassen, weil die Voraussetzungen der §§ 132 Abs. 2 VwGO, 127 BRRG nicht gegeben sind.
(1) Bei einem Verstoß gegen das Benachteiligungsverbot ist der Arbeitgeber verpflichtet, den hierdurch entstandenen Schaden zu ersetzen. Dies gilt nicht, wenn der Arbeitgeber die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.
(2) Wegen eines Schadens, der nicht Vermögensschaden ist, kann der oder die Beschäftigte eine angemessene Entschädigung in Geld verlangen. Die Entschädigung darf bei einer Nichteinstellung drei Monatsgehälter nicht übersteigen, wenn der oder die Beschäftigte auch bei benachteiligungsfreier Auswahl nicht eingestellt worden wäre.
(3) Der Arbeitgeber ist bei der Anwendung kollektivrechtlicher Vereinbarungen nur dann zur Entschädigung verpflichtet, wenn er vorsätzlich oder grob fahrlässig handelt.
(4) Ein Anspruch nach Absatz 1 oder 2 muss innerhalb einer Frist von zwei Monaten schriftlich geltend gemacht werden, es sei denn, die Tarifvertragsparteien haben etwas anderes vereinbart. Die Frist beginnt im Falle einer Bewerbung oder eines beruflichen Aufstiegs mit dem Zugang der Ablehnung und in den sonstigen Fällen einer Benachteiligung zu dem Zeitpunkt, in dem der oder die Beschäftigte von der Benachteiligung Kenntnis erlangt.
(5) Im Übrigen bleiben Ansprüche gegen den Arbeitgeber, die sich aus anderen Rechtsvorschriften ergeben, unberührt.
(6) Ein Verstoß des Arbeitgebers gegen das Benachteiligungsverbot des § 7 Abs. 1 begründet keinen Anspruch auf Begründung eines Beschäftigungsverhältnisses, Berufsausbildungsverhältnisses oder einen beruflichen Aufstieg, es sei denn, ein solcher ergibt sich aus einem anderen Rechtsgrund.
(1) Beschäftigte dürfen nicht wegen eines in § 1 genannten Grundes benachteiligt werden; dies gilt auch, wenn die Person, die die Benachteiligung begeht, das Vorliegen eines in § 1 genannten Grundes bei der Benachteiligung nur annimmt.
(2) Bestimmungen in Vereinbarungen, die gegen das Benachteiligungsverbot des Absatzes 1 verstoßen, sind unwirksam.
(3) Eine Benachteiligung nach Absatz 1 durch Arbeitgeber oder Beschäftigte ist eine Verletzung vertraglicher Pflichten.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Gerichtsverfahrens als Verfahrensbeteiligter einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles, insbesondere nach der Schwierigkeit und Bedeutung des Verfahrens und nach dem Verhalten der Verfahrensbeteiligten und Dritter.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Gerichtsverfahren unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise gemäß Absatz 4 ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Gericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(3) Entschädigung erhält ein Verfahrensbeteiligter nur, wenn er bei dem mit der Sache befassten Gericht die Dauer des Verfahrens gerügt hat (Verzögerungsrüge). Die Verzögerungsrüge kann erst erhoben werden, wenn Anlass zur Besorgnis besteht, dass das Verfahren nicht in einer angemessenen Zeit abgeschlossen wird; eine Wiederholung der Verzögerungsrüge ist frühestens nach sechs Monaten möglich, außer wenn ausnahmsweise eine kürzere Frist geboten ist. Kommt es für die Verfahrensförderung auf Umstände an, die noch nicht in das Verfahren eingeführt worden sind, muss die Rüge hierauf hinweisen. Anderenfalls werden sie von dem Gericht, das über die Entschädigung zu entscheiden hat (Entschädigungsgericht), bei der Bestimmung der angemessenen Verfahrensdauer nicht berücksichtigt. Verzögert sich das Verfahren bei einem anderen Gericht weiter, bedarf es einer erneuten Verzögerungsrüge.
(4) Wiedergutmachung auf andere Weise ist insbesondere möglich durch die Feststellung des Entschädigungsgerichts, dass die Verfahrensdauer unangemessen war. Die Feststellung setzt keinen Antrag voraus. Sie kann in schwerwiegenden Fällen neben der Entschädigung ausgesprochen werden; ebenso kann sie ausgesprochen werden, wenn eine oder mehrere Voraussetzungen des Absatzes 3 nicht erfüllt sind.
(5) Eine Klage zur Durchsetzung eines Anspruchs nach Absatz 1 kann frühestens sechs Monate nach Erhebung der Verzögerungsrüge erhoben werden. Die Klage muss spätestens sechs Monate nach Eintritt der Rechtskraft der Entscheidung, die das Verfahren beendet, oder einer anderen Erledigung des Verfahrens erhoben werden. Bis zur rechtskräftigen Entscheidung über die Klage ist der Anspruch nicht übertragbar.
(6) Im Sinne dieser Vorschrift ist
- 1.
ein Gerichtsverfahren jedes Verfahren von der Einleitung bis zum rechtskräftigen Abschluss einschließlich eines Verfahrens auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes und zur Bewilligung von Prozess- oder Verfahrenskostenhilfe; ausgenommen ist das Insolvenzverfahren nach dessen Eröffnung; im eröffneten Insolvenzverfahren gilt die Herbeiführung einer Entscheidung als Gerichtsverfahren; - 2.
ein Verfahrensbeteiligter jede Partei und jeder Beteiligte eines Gerichtsverfahrens mit Ausnahme der Verfassungsorgane, der Träger öffentlicher Verwaltung und sonstiger öffentlicher Stellen, soweit diese nicht in Wahrnehmung eines Selbstverwaltungsrechts an einem Verfahren beteiligt sind.
(1) Wer infolge unangemessener Dauer eines Verfahrens vor dem Bundesverfassungsgericht als Verfahrensbeteiligter oder als Beteiligter in einem zur Herbeiführung einer Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts ausgesetzten Verfahren einen Nachteil erleidet, wird angemessen entschädigt. Die Angemessenheit der Verfahrensdauer richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles unter Berücksichtigung der Aufgaben und der Stellung des Bundesverfassungsgerichts.
(2) Ein Nachteil, der nicht Vermögensnachteil ist, wird vermutet, wenn ein Verfahren vor dem Bundesverfassungsgericht unangemessen lange gedauert hat. Hierfür kann Entschädigung nur beansprucht werden, soweit nicht nach den Umständen des Einzelfalles Wiedergutmachung auf andere Weise, insbesondere durch die Feststellung der Unangemessenheit der Verfahrensdauer, ausreichend ist. Die Entschädigung gemäß Satz 2 beträgt 1 200 Euro für jedes Jahr der Verzögerung. Ist der Betrag gemäß Satz 3 nach den Umständen des Einzelfalles unbillig, kann das Bundesverfassungsgericht einen höheren oder niedrigeren Betrag festsetzen.
(1) Ist unter den Parteien streitig, ob ein Schaden entstanden sei und wie hoch sich der Schaden oder ein zu ersetzendes Interesse belaufe, so entscheidet hierüber das Gericht unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung. Ob und inwieweit eine beantragte Beweisaufnahme oder von Amts wegen die Begutachtung durch Sachverständige anzuordnen sei, bleibt dem Ermessen des Gerichts überlassen. Das Gericht kann den Beweisführer über den Schaden oder das Interesse vernehmen; die Vorschriften des § 452 Abs. 1 Satz 1, Abs. 2 bis 4 gelten entsprechend.
(2) Die Vorschriften des Absatzes 1 Satz 1, 2 sind bei vermögensrechtlichen Streitigkeiten auch in anderen Fällen entsprechend anzuwenden, soweit unter den Parteien die Höhe einer Forderung streitig ist und die vollständige Aufklärung aller hierfür maßgebenden Umstände mit Schwierigkeiten verbunden ist, die zu der Bedeutung des streitigen Teiles der Forderung in keinem Verhältnis stehen.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
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die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.
(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.
(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.
(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.
(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
(1) Über Erinnerungen des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den Kostenansatz entscheidet das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind. Sind die Kosten bei der Staatsanwaltschaft angesetzt, ist das Gericht des ersten Rechtszugs zuständig. War das Verfahren im ersten Rechtszug bei mehreren Gerichten anhängig, ist das Gericht, bei dem es zuletzt anhängig war, auch insoweit zuständig, als Kosten bei den anderen Gerichten angesetzt worden sind. Soweit sich die Erinnerung gegen den Ansatz der Auslagen des erstinstanzlichen Musterverfahrens nach dem Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetz richtet, entscheidet hierüber das für die Durchführung des Musterverfahrens zuständige Oberlandesgericht.
(2) Gegen die Entscheidung über die Erinnerung findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde ist auch zulässig, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt.
(3) Soweit das Gericht die Beschwerde für zulässig und begründet hält, hat es ihr abzuhelfen; im Übrigen ist die Beschwerde unverzüglich dem Beschwerdegericht vorzulegen. Beschwerdegericht ist das nächsthöhere Gericht. Eine Beschwerde an einen obersten Gerichtshof des Bundes findet nicht statt. Das Beschwerdegericht ist an die Zulassung der Beschwerde gebunden; die Nichtzulassung ist unanfechtbar.
(4) Die weitere Beschwerde ist nur zulässig, wenn das Landgericht als Beschwerdegericht entschieden und sie wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zugelassen hat. Sie kann nur darauf gestützt werden, dass die Entscheidung auf einer Verletzung des Rechts beruht; die §§ 546 und 547 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend. Über die weitere Beschwerde entscheidet das Oberlandesgericht. Absatz 3 Satz 1 und 4 gilt entsprechend.
(5) Anträge und Erklärungen können ohne Mitwirkung eines Bevollmächtigten schriftlich eingereicht oder zu Protokoll der Geschäftsstelle abgegeben werden; § 129a der Zivilprozessordnung gilt entsprechend. Für die Bevollmächtigung gelten die Regelungen der für das zugrunde liegende Verfahren geltenden Verfahrensordnung entsprechend. Die Erinnerung ist bei dem Gericht einzulegen, das für die Entscheidung über die Erinnerung zuständig ist. Die Erinnerung kann auch bei der Staatsanwaltschaft eingelegt werden, wenn die Kosten bei dieser angesetzt worden sind. Die Beschwerde ist bei dem Gericht einzulegen, dessen Entscheidung angefochten wird.
(6) Das Gericht entscheidet über die Erinnerung durch eines seiner Mitglieder als Einzelrichter; dies gilt auch für die Beschwerde, wenn die angefochtene Entscheidung von einem Einzelrichter oder einem Rechtspfleger erlassen wurde. Der Einzelrichter überträgt das Verfahren der Kammer oder dem Senat, wenn die Sache besondere Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art aufweist oder die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat. Das Gericht entscheidet jedoch immer ohne Mitwirkung ehrenamtlicher Richter. Auf eine erfolgte oder unterlassene Übertragung kann ein Rechtsmittel nicht gestützt werden.
(7) Erinnerung und Beschwerde haben keine aufschiebende Wirkung. Das Gericht oder das Beschwerdegericht kann auf Antrag oder von Amts wegen die aufschiebende Wirkung ganz oder teilweise anordnen; ist nicht der Einzelrichter zur Entscheidung berufen, entscheidet der Vorsitzende des Gerichts.
(8) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.