Schleswig Holsteinisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 18. Jan. 2011 - 1 MB 29/10

ECLI:ECLI:DE:OVGSH:2011:0118.1MB29.10.0A
18.01.2011

Tenor

Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Schleswig-Holsteinischen Verwaltungsgerichts - 8. Kammer - vom 06.12.2010 wird zurückgewiesen.

Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.

Der Streitwert wird auf 6.000,-- Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Der Antragsteller wendet sich gegen den Sofortvollzug des Bescheides vom 08.10.2010, in dem die Nutzung von „Räumlichkeiten im Erdgeschoss des Hauses … für den Betrieb eines Wettbüros“ untersagt wird.

2

Das Verwaltungsgericht hat den Antrag auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs gegen den o. g. Bescheid durch Beschluss vom 06.12.2010 abgelehnt.

3

Der Antragsteller vertritt zur Begründung seiner Beschwerde die Ansicht, die Variationsbreite der einer Spielhalle eigenen Nutzung werde nicht verlassen. Der Kundenkreis einer Spielhalle unterscheide sich in städtebaulicher Hinsicht nicht von dem einer Wettannahmestelle; der wettende Kunde halte sich typischerweise kürzer in dem Betrieb auf als der spielende Kunde. Die Verfolgung von Live-Übertragungen sei nicht möglich.

4

Die Antragsgegnerin behauptet, die neu hinzugekommene gewerbliche Nutzungsart ermögliche Live-Wetten und locke damit neue Kunden an. Darum gehe es dem Antragsteller auch. Über den Umweg eines Wettbüros dürfe der genehmigte Bestand nicht erweitert werden. Die Fläche des betroffenen Raums sei für die Spielhalle schon verbraucht.

II.

5

Die zulässige Beschwerde ist unbegründet.

6

Nach der im vorliegenden Verfahren gebotenen summarischen Prüfung der Sach- und Rechtslage spricht Überwiegendes dafür, dass die Aufstellung von zwei sog. Wettterminals und zwei Internet-PC-Plätzen eine genehmigungspflichtige Nutzungsänderung der Spielhalle darstellt.

7

Die Baugenehmigung vom 30.06.1981 betrifft eine Spielhalle mit Spielgeräten in vier Räumen. Aufgrund dieser Genehmigung sind die Räume anschließend genutzt worden, indem Geldspiel- und sog. „Token“-Geräte installiert und betrieben worden sind. Auf die Frage, in welchen Räumen welche Geräte (wie lange) betrieben worden sind, kommt es nicht an, weil die Baugenehmigung der Nutzung der Spielhalle als Ganzes betrifft.

8

Die Installation von zwei Wettterminals weicht von diesem - bisher genehmigten - Bestand der Spielhalle ab. Die Abweichung führt im vorliegenden Fall auch zu einer genehmigungsbedürftigen Nutzugsänderung. Abgesehen davon, dass der Antragsteller mit der Installation der Wettterminals eine Nutzung ins Werk gesetzt hat, die bisher in der Spielhalle nicht vorhanden war, spricht Überwiegendes dafür, dass diese - neue - Nutzung in bodenrechtlich relevanter Weise andere Nutzer- und Kundengruppen anspricht als die bisherige Nutzung. Die (aufgrund des Vertrages mit dem Anbieter „…“) aufgestellten Geräte sollen - so die im Internet nachzulesende Beschreibung - „Live-Sportwetten in Echtzeit“ und die „Teilnahme an Live Ereignissen“ ermöglichen und als „Vorteil“ die „spielbezogene kontinuierliche Anpassung der Quoten an den gesamten Spielverlauf“ durch sog. „Live-Oddsmaker“, die die Wettlinien bzw. Quoten festlegen, gewährleisten. Daraus ist abzuleiten, dass die Kunden, die an den angebotenen Live-Wetten teilnehmen, sich jeweils so lange in der Spielhalle aufhalten werden, wie es für sie interessante Live-Sportereignisse gibt, auf die sie Wetteinsätze leisten können. Für Kunden, die „Token“- oder Geldspielgeräte nutzen möchten, spielt dies von vornherein keine Rolle. Mit der Installation der Wettterminals wird folglich eine andere Kundengruppe als bisher angesprochen. Es mag Überschneidungen geben, also Kunden, die sowohl „Token“- und Geldspielgeräte als auch Wettterminals nutzen. Es mag auch bei Wettterminals Spielformen geben, die denen an Geldspielgeräten ähnlich sind. Für die „Live-Sportwetten in Echtzeit“ trifft dies aber nicht zu; durch die Erschließung neuer, bisher nicht angesprochener (zusätzlicher) Kundengruppen wird - baurechtlich - der bisher genehmigte „Bestand“ verlassen.

9

Eine offensichtliche Genehmigungsfähigkeit der Nutzungsänderung ist infolge der Veränderungssperre Nr. 73 vom 14.07.2010 nicht gegeben.

10

Die Beschwerde ist nach alledem mit der Kostenfolge aus § 154 Abs. 2 VwGO zurückzuweisen.

11

Die Streitwertfestsetzung beruht auf den §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 1 und 2 GKG. Dieser Beschluss ist unanfechtbar (§ 152 Abs. 1 VwGO, §§ 68 Abs. 1 S. 5, 66 Abs. 3 S. 3 GKG).


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Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 154


(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO | § 152


(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochte

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 53 Einstweiliger Rechtsschutz und Verfahren nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes


(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung: 1. über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlas

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 68 Beschwerde gegen die Festsetzung des Streitwerts


(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Geri

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:

1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen,
2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts,
3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung),
4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und
5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.

(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:

1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung,
2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung,
3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung,
4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und
5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.

(1) Entscheidungen des Oberverwaltungsgerichts können vorbehaltlich des § 99 Abs. 2 und des § 133 Abs. 1 dieses Gesetzes sowie des § 17a Abs. 4 Satz 4 des Gerichtsverfassungsgesetzes nicht mit der Beschwerde an das Bundesverwaltungsgericht angefochten werden.

(2) Im Verfahren vor dem Bundesverwaltungsgericht gilt für Entscheidungen des beauftragten oder ersuchten Richters oder des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle § 151 entsprechend.

(1) Gegen den Beschluss, durch den der Wert für die Gerichtsgebühren festgesetzt worden ist (§ 63 Absatz 2), findet die Beschwerde statt, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt. Die Beschwerde findet auch statt, wenn sie das Gericht, das die angefochtene Entscheidung erlassen hat, wegen der grundsätzlichen Bedeutung der zur Entscheidung stehenden Frage in dem Beschluss zulässt. Die Beschwerde ist nur zulässig, wenn sie innerhalb der in § 63 Absatz 3 Satz 2 bestimmten Frist eingelegt wird; ist der Streitwert später als einen Monat vor Ablauf dieser Frist festgesetzt worden, kann sie noch innerhalb eines Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses eingelegt werden. Im Fall der formlosen Mitteilung gilt der Beschluss mit dem dritten Tage nach Aufgabe zur Post als bekannt gemacht. § 66 Absatz 3, 4, 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden. Die weitere Beschwerde ist innerhalb eines Monats nach Zustellung der Entscheidung des Beschwerdegerichts einzulegen.

(2) War der Beschwerdeführer ohne sein Verschulden verhindert, die Frist einzuhalten, ist ihm auf Antrag von dem Gericht, das über die Beschwerde zu entscheiden hat, Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren, wenn er die Beschwerde binnen zwei Wochen nach der Beseitigung des Hindernisses einlegt und die Tatsachen, welche die Wiedereinsetzung begründen, glaubhaft macht. Ein Fehlen des Verschuldens wird vermutet, wenn eine Rechtsbehelfsbelehrung unterblieben oder fehlerhaft ist. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt werden. Gegen die Ablehnung der Wiedereinsetzung findet die Beschwerde statt. Sie ist nur zulässig, wenn sie innerhalb von zwei Wochen eingelegt wird. Die Frist beginnt mit der Zustellung der Entscheidung. § 66 Absatz 3 Satz 1 bis 3, Absatz 5 Satz 1, 2 und 5 sowie Absatz 6 ist entsprechend anzuwenden.

(3) Die Verfahren sind gebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.