Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 19. Aug. 2013 - 20 A 1054/12
Tenor
Der Antrag wird abgelehnt.
Der Kläger trägt die Kosten des Berufungszulassungsverfahrens.
Der Streitwert beträgt auch im Berufungszulassungsverfahren 15.000,- Euro.
1
G r ü n d e
2Der Antrag hat keinen Erfolg.
3Die Berufung kann nur zugelassen werden, wenn einer der in § 124 Abs. 2 VwGO genannten Zulassungsgründe fristgerecht dargelegt ist und vorliegt (§ 124a Abs. 5 Satz 2 VwGO). Das ist hier nicht der Fall.
4Die sinngemäß geltend gemachten ernstlichen Zweifel an der Richtigkeit des angefochtenen Urteils (§ 124 Abs. 2 Nr. 1 VwGO) liegen nicht vor.
5Klarzustellen ist zunächst, dass entgegen dem - möglicherweise missverständlichen - Vorbringen des Klägers nicht das Verwaltungsgericht ihm das Halten und Betreuen von landwirtschaftlichen Nutztieren untersagt hat, sondern der Beklagte.
6Dementsprechend hat das Verwaltungsgericht die angefochtene Ordnungsverfügung des Beklagten vom 25. Oktober 2011, durch die dem Kläger das Halten und Betreuen von landwirtschaftlichen Nutztieren untersagt und ihm aufgegeben worden ist, seinen Rinderbestand aufzulösen, überprüft und auf der Grundlage von § 16a Satz 1 i. V. m. Satz 2 Nr. 3 TierSchG als rechtmäßig erachtet. Zur Begründung hat es Bezug genommen auf die Begründung der Ordnungsverfügung und den Beschluss vom 9. Februar 2012 im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (2 L 706/11). Ergänzend hat es ausgeführt, die vollständige Untersagung des Haltens und Betreuens landwirtschaftlicher Nutztiere sei verhältnismäßig, weil weitere Verstöße drohten und mildere Mittel zur Abwehr dieser Gefahr nicht genügend effektiv erschienen.
7Dem setzt der Kläger mit seinem Zulassungsvorbringen nichts Durchgreifendes entgegen. Seine Auffassung, die Untersagung auch des Betreuens von landwirtschaftlichen Nutztieren sei nicht gerechtfertigt, erschüttert die anderslautende Bewertung des Verwaltungsgerichts nicht.
8Das Verwaltungsgericht hat sich, auch mittels der vorgenommenen Bezugnahme auf die Ordnungsverfügung und den Beschluss im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes, die ihrerseits maßgeblich auf der tierschutzrechtlichen Beurteilung der Situation im amtstierärztlichen Gutachten vom 4. Oktober 2011 beruhen, in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht eingehend mit den Gesichtspunkten der Erforderlichkeit und Angemessenheit der Reichweite der Untersagung befasst. Es hat sich bei seiner Bewertung entscheidend daran orientiert, dass der Kläger bei seiner Nutztierhaltung über mehrere Jahre hinweg schwerwiegend gegen die tierschutzrechtlichen Anforderungen verstoßen hat, dass er sich hierbei von zahlreichen tierschutzrechtlichen Maßnahmen des Beklagten zur Verbesserung der Haltung nicht hat beeindrucken lassen und dass er eine grob tierschutzwidrige Grundeinstellung hat. Die Richtigkeit dieser Tatsachen zieht der Kläger nicht in Zweifel.
9Seine Meinung, bei einer Tätigkeit als unselbständiger Betreuer von landwirtschaftlichen Nutztieren komme es wegen der Verantwortlichkeit des Halters der Tiere nicht zu erneuten Beanstandungen, setzt eine Beschränkung der Betreuung auf die Wahrnehmung einer untergeordneten und fortwährend beaufsichtigten Hilfsfunktion bei der Haltung voraus. Letzteres ist aber schon nicht substantiiert dargetan worden und auch sonst nicht erkennbar. Objektiv nachprüfbare Umstände, die belegen, dass der Halter der Tiere seiner Verantwortlichkeit so tatsächlich gerecht wird, dass tierschutzwidrige Mängel der Betreuung nicht auftreten werden, sind nicht gegeben. Es ist ferner nicht zweifelhaft, dass Zuwiderhandlungen gegen das Tierschutzrecht auch bei der Ausübung einer in fremdem Interesse liegenden rein tatsächlichen Sorge für von Dritten gehaltene Nutztiere begangen werden können. Das ist vor allem dann der Fall, wenn, was das Verwaltungsgericht bezogen auf den Kläger angenommen hat, die Grundeinstellung des Betreffenden zur Wahrung des Wohlbefindens der Tiere verfehlt ist.
10Der Hinweis des Klägers, er könne allein durch das Betreuen von landwirtschaftlichen Nutztieren in seinem erlernten Beruf als Landwirt tätig bleiben und zugleich einen ordnungsgemäßen Umgang mit den Tieren erlernen, verdeutlicht die Schwere und Tragweite der Auswirkungen der Untersagung. Es leuchtet auch ein, dass es für den Kläger ohne praktizierten beruflichen Umgang mit landwirtschaftlichen Nutztieren in Form jedenfalls deren Betreuung schwierig ist, plausibel darzutun, dass die Gründe für die Annahme weiterer Zuwiderhandlungen entfallen sind, und auf dieser Grundlage mit Aussicht auf Erfolg einen Antrag auf Wiedergestattung des Haltens anzubringen. Abgesehen davon, dass der Beruf des Landwirts nicht zwingend den Umgang mit (Nutz-)Tieren voraussetzt ("Ackerbau"), ergibt sich daraus indessen nichts Konkretes, was die Annahme tragen könnte, die Untersagung sei, was die Erstreckung auf die Betreuung von landwirtschaftlichen Nutztieren angeht, überzogen. Die wirtschaftlich existentiellen Folgen der Untersagung des Haltens und Betreuens gehen darauf zurück, dass die Wahrung der tierschutzrechtlichen Anforderungen zum Kern einer beruflichen Tätigkeit sowohl als Halter als auch als Betreuer von Tieren gehören und dass der Kläger in diesem Kernbereich massiv sowie immer wieder versagt hat. Ferner hat der Beklagte zum Mittel des Haltungs- und Betreuungsverbots erst gegriffen, nachdem vielfach durchgeführte mildere Maßnahmen nicht zu einem wirklichen Erfolg geführt hatten und es erneut zu schwerwiegenden Mängeln gekommen war. Auch war letztlich maßgebende Ursache der begangenen Zuwiderhandlungen unwidersprochen nicht mangelndes Wissen des Klägers um die tierschutzrechtlichen Anforderungen bzw. um deren Erfüllung, sondern die innere Einstellung des Klägers zur Beachtung dieser Anforderungen im Widerstreit mit seinen eigenen Interessen. Substantielle Anhaltspunkte für ein Umdenken des Klägers sind aber nicht erkennbar. Dem Kläger musste darüber hinaus klar sein, dass er mit abermaligen Zuwiderhandlungen von Gewicht die Fortsetzung seiner bisherigen beruflichen Tätigkeit riskierte, weil der Beklagte es dann nicht wie zuvor bei Beanstandungen, Belehrungen und Aufforderungen oder Sanktionen in Gestalt der Verhängung von Geldbußen in überschaubarer Höhe belassen würde. Wenn er die wiederholten Vorhaltungen des Beklagten in ihren rechtlichen Konsequenzen nicht ausreichend ernst genommen hat, spricht das nicht für, sondern gegen die Annahme, er werde durch die Auswirkungen der Ordnungsverfügung unangemessen hart oder gar unzumutbar belastet.
11Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 2 VwGO, die Streitwertfestsetzung auf § 52 Abs. 1 GKG.
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(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Das Verwaltungsgericht lässt die Berufung in dem Urteil zu, wenn die Gründe des § 124 Abs. 2 Nr. 3 oder Nr. 4 vorliegen. Das Oberverwaltungsgericht ist an die Zulassung gebunden. Zu einer Nichtzulassung der Berufung ist das Verwaltungsgericht nicht befugt.
(2) Die Berufung ist, wenn sie von dem Verwaltungsgericht zugelassen worden ist, innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils bei dem Verwaltungsgericht einzulegen. Die Berufung muss das angefochtene Urteil bezeichnen.
(3) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 2 innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht zugleich mit der Einlegung der Berufung erfolgt, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Begründungsfrist kann auf einen vor ihrem Ablauf gestellten Antrag von dem Vorsitzenden des Senats verlängert werden. Die Begründung muss einen bestimmten Antrag enthalten sowie die im Einzelnen anzuführenden Gründe der Anfechtung (Berufungsgründe). Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Berufung unzulässig.
(4) Wird die Berufung nicht in dem Urteil des Verwaltungsgerichts zugelassen, so ist die Zulassung innerhalb eines Monats nach Zustellung des vollständigen Urteils zu beantragen. Der Antrag ist bei dem Verwaltungsgericht zu stellen. Er muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung des vollständigen Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die Berufung zuzulassen ist. Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Antrag vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Die Stellung des Antrags hemmt die Rechtskraft des Urteils.
(5) Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch Beschluss. Die Berufung ist zuzulassen, wenn einer der Gründe des § 124 Abs. 2 dargelegt ist und vorliegt. Der Beschluss soll kurz begründet werden. Mit der Ablehnung des Antrags wird das Urteil rechtskräftig. Lässt das Oberverwaltungsgericht die Berufung zu, wird das Antragsverfahren als Berufungsverfahren fortgesetzt; der Einlegung einer Berufung bedarf es nicht.
(6) Die Berufung ist in den Fällen des Absatzes 5 innerhalb eines Monats nach Zustellung des Beschlusses über die Zulassung der Berufung zu begründen. Die Begründung ist bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Absatz 3 Satz 3 bis 5 gilt entsprechend.
(1) Gegen Endurteile einschließlich der Teilurteile nach § 110 und gegen Zwischenurteile nach den §§ 109 und 111 steht den Beteiligten die Berufung zu, wenn sie von dem Verwaltungsgericht oder dem Oberverwaltungsgericht zugelassen wird.
(2) Die Berufung ist nur zuzulassen,
- 1.
wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des Urteils bestehen, - 2.
wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche Schwierigkeiten aufweist, - 3.
wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, - 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des Bundesverwaltungsgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder - 5.
wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann.
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.