Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen Beschluss, 28. März 2014 - 13 C 1/14
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Gelsenkirchen vom 20. November 2013 geändert.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Die Kosten beider Rechtszüge trägt der Antragsteller. Der Streitwert wird auch für das Beschwerdeverfahren auf 5.000 € festgesetzt.
1
Gründe:
2Die zulässige Beschwerde der Antragsgegnerin ist begründet. Die von ihr fristgerecht dargelegten Gründe, auf deren Prüfung der Senat beschränkt ist, § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO, geben Anlass, den angefochtenen Beschluss abzuändern. Mit diesem hat das Verwaltungsgericht die Antragsgegnerin verpflichtet, den Antragsteller nach den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen des Wintersemesters 2012/2013 vorläufig zum Bachelor-Studiengang "Bildungswissenschaften- Lehramt an Grundschulen" zuzulassen, weil zumindest 5 Studienplätze mehr als die festgesetzten Studienplätze zur Verfügung stünden. Die Antragsgegnerin habe ohne den Nachweis entsprechender Kapazitäten 90 zusätzliche Studienplätze zur Verfügung gestellt. Die von ihr errechnete Kapazität stelle deshalb keine ernst zu nehmende Größe dar.
3Hiergegen wendet die Antragsgegnerin zu Recht ein, der Antragsteller habe keinen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Ein Anspruch auf Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität bestehe schon deshalb nicht, weil der Antrag nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW genüge. Bis zum Ablauf der Ausschlussfrist (1. Oktober 2012) sei weder das Original noch die beglaubigte Abschrift des Hochschulzeugnisses eingereicht worden.
4Diese Auffassung steht im Einklang mit der ständigen Senatsrechtsprechung zu § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW in der bis zum Inkrafttreten der Siebten Verordnung zur Änderung der Vergabeverordnung vom 24. Juni 2013 (GV. NRW. 2013, S. 383) geltenden Fassung (im Folgenden: § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a.F).
5Vgl. OVG NRW, Beschlüsse vom 8. Oktober 2013 ‑ 13 B 981/13 - und vom 21. Mai 2013 - 13 B 341/13 ‑, jeweils juris.
6An dieser Rechtsprechung hält der Senat fest.
7Zwar wird der Begriff der erforderlichen Unterlagen, der auch in § 3 Abs. 6 Satz 4, § 26 Abs. 3 und 6 sowie § 29 Abs. 1 VergabeVO NRW Verwendung findet, in der Verordnung nicht näher bestimmt. Dies stellt aber keinen Verstoß gegen das rechtsstaatliche Bestimmtheitsgebot dar, weil er sich durch Auslegung für den jeweiligen Regelungsbereich bestimmen lässt. Dabei sind insbesondere der Sinn und Zweck der jeweiligen Regelung sowie systematische Gesichtspunkte zu berücksichtigen. Erforderliche Unterlagen im Sinne des § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. sind danach diejenigen Unterlagen, die dazu geeignet sind, das Vorliegen der Voraussetzungen für die Zulassung zum Studium außerhalb der festgesetzten Kapazität nachzuweisen.
8Hierzu gehört der Nachweis der Hochschulzugangsberechtigung nach § 49 Abs. 2 Satz 1 HG NRW. Fehlt es schon hieran, besteht kein Anlass, den Bewerber gleichwohl am aufwändigen außerkapazitären Zulassungsverfahren zu beteiligen. Die in der Praxis übliche Differenzierung zwischen Hochschulzugang und Hochschulzulassung ändert hieran nichts.
9Soweit das Hochschulzeugnis nach den einschlägigen Regelungen der Hochschulen im innerkapazitären Verfahren regelmäßig erst bei der Einschreibung im Original oder in beglaubigter Kopie vorzulegen ist, kommt dem im Rahmen des hier anwendbaren § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. keine Relevanz zu. Regelungen, die die Hochschule im außerkapazitären Verfahren zu einer entsprechenden Verfahrensweise ermächtigen könnten, enthält die Vergabeverordnung nicht. Insoweit unterscheidet sich das außerkapazitäre vom innerkapazitären Verfahren, für das in § 3 Abs. 6 Satz 2 und § 23 Abs. 2 Satz 1 VergabeVO NRW, der § 3 Abs. 6 Satz 2 VergabeVO NRW in Bezug nimmt, entsprechende Regelungen enthalten sind.
10Die Erwägungen, die die Hochschulen im innerkapazitären Verfahren auf die Vorlage des Hochschulzeugnisses verzichten lassen, sind auch nicht ohne Weiteres auf das außerkapazitäre Verfahren übertragbar. Während es im innerkapazitären Massenverfahren angezeigt sein kann, aus verwaltungsökonomischen Gründen auf die Vorlage der Hochschulzugangsberechtigung zu verzichten, trifft dies wegen der vergleichsweise niedrigeren Bewerberzahl auf das außerkapazitäre Verfahren nicht zu.
11Schließlich setzte die Geltendmachung eines außerkapazitären Zulassungsanspruchs nach § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. auch nicht die Stellung eines innerkapazitären Antrags voraus. Der außerkapazitäre Weg zur Studienzulassung, der auf dem grundrechtlich begründeten Anspruch auf Hochschulzugang beruht, stand vielmehr selbstständig neben dem gesetzlich normierten Vergabeverfahren.
12Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 20. März 2013, - 13 C 91/12 -, juris.
13Die Möglichkeit, auf im innerkapazitären Verfahren vorgelegte Unterlagen zurückzugreifen, sah § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a.F. dementsprechend auch nicht vor. Vielmehr war der Antrag auf außerkapazitäre Zulassung „mit“ den erforderlichen Unterlagen zu stellen. Soweit der Verordnungsgeber eine andere Vorstellung gehabt haben sollte, ist dies unbeachtlich, denn eine solche ist in der hier anwendbaren Fassung des § 23 Abs. 5 VergabeVO NRW a. F. nicht zum Ausdruck gekommen.
14Dahinstehen kann deshalb, ob der Antragsteller sein Hochschulzeugnis im innerkapazitären Bewerbungsverfahren an die Antragsgegnerin übersandt hat. Dies könnte jedenfalls deshalb zweifelhaft sein, weil – wie dem Internetauftritt der Antragsgegnerin zu entnehmen und dem Senat auch durch Erkenntnisse aus anderen Verfahren bekannt ist -, ein solches im innerkapazitären Zulassungsverfahren regelmäßig nicht vorzulegen ist
15Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über den Streitwert beruht auf § 47 Abs. 1, § 53 Abs. 2 Nr. 1, § 52 Abs. 2 GKG.
16Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.
(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.
(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.
(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.
(5) u. (6) (weggefallen)
(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.
(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.
(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.
(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.
(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.
(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.
(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.
(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.
(1) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 3 der Zivilprozessordnung:
- 1.
über die Anordnung eines Arrests, zur Erwirkung eines Europäischen Beschlusses zur vorläufigen Kontenpfändung, wenn keine Festgebühren bestimmt sind, und auf Erlass einer einstweiligen Verfügung sowie im Verfahren über die Aufhebung, den Widerruf oder die Abänderung der genannten Entscheidungen, - 2.
über den Antrag auf Zulassung der Vollziehung einer vorläufigen oder sichernden Maßnahme des Schiedsgerichts, - 3.
auf Aufhebung oder Abänderung einer Entscheidung auf Zulassung der Vollziehung (§ 1041 der Zivilprozessordnung), - 4.
nach § 47 Absatz 5 des Energiewirtschaftsgesetzes über gerügte Rechtsverletzungen, der Wert beträgt höchstens 100 000 Euro, und - 5.
nach § 148 Absatz 1 und 2 des Aktiengesetzes; er darf jedoch ein Zehntel des Grundkapitals oder Stammkapitals des übertragenden oder formwechselnden Rechtsträgers oder, falls der übertragende oder formwechselnde Rechtsträger ein Grundkapital oder Stammkapital nicht hat, ein Zehntel des Vermögens dieses Rechtsträgers, höchstens jedoch 500 000 Euro, nur insoweit übersteigen, als die Bedeutung der Sache für die Parteien höher zu bewerten ist.
(2) In folgenden Verfahren bestimmt sich der Wert nach § 52 Absatz 1 und 2:
- 1.
über einen Antrag auf Erlass, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung oder § 114 der Finanzgerichtsordnung, - 2.
nach § 47 Absatz 6, § 80 Absatz 5 bis 8, § 80a Absatz 3 oder § 80b Absatz 2 und 3 der Verwaltungsgerichtsordnung, - 3.
nach § 69 Absatz 3, 5 der Finanzgerichtsordnung, - 4.
nach § 86b des Sozialgerichtsgesetzes und - 5.
nach § 50 Absatz 3 bis 5 des Wertpapiererwerbs- und Übernahmegesetzes.
(1) In Verfahren vor den Gerichten der Verwaltungs-, Finanz- und Sozialgerichtsbarkeit ist, soweit nichts anderes bestimmt ist, der Streitwert nach der sich aus dem Antrag des Klägers für ihn ergebenden Bedeutung der Sache nach Ermessen zu bestimmen.
(2) Bietet der Sach- und Streitstand für die Bestimmung des Streitwerts keine genügenden Anhaltspunkte, ist ein Streitwert von 5 000 Euro anzunehmen.
(3) Betrifft der Antrag des Klägers eine bezifferte Geldleistung oder einen hierauf bezogenen Verwaltungsakt, ist deren Höhe maßgebend. Hat der Antrag des Klägers offensichtlich absehbare Auswirkungen auf künftige Geldleistungen oder auf noch zu erlassende, auf derartige Geldleistungen bezogene Verwaltungsakte, ist die Höhe des sich aus Satz 1 ergebenden Streitwerts um den Betrag der offensichtlich absehbaren zukünftigen Auswirkungen für den Kläger anzuheben, wobei die Summe das Dreifache des Werts nach Satz 1 nicht übersteigen darf. In Verfahren in Kindergeldangelegenheiten vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit ist § 42 Absatz 1 Satz 1 und Absatz 3 entsprechend anzuwenden; an die Stelle des dreifachen Jahresbetrags tritt der einfache Jahresbetrag.
(4) In Verfahren
- 1.
vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit, mit Ausnahme der Verfahren nach § 155 Satz 2 der Finanzgerichtsordnung und der Verfahren in Kindergeldangelegenheiten, darf der Streitwert nicht unter 1 500 Euro, - 2.
vor den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und bei Rechtsstreitigkeiten nach dem Krankenhausfinanzierungsgesetz nicht über 2 500 000 Euro, - 3.
vor den Gerichten der Verwaltungsgerichtsbarkeit über Ansprüche nach dem Vermögensgesetz nicht über 500 000 Euro und - 4.
bei Rechtsstreitigkeiten nach § 36 Absatz 6 Satz 1 des Pflegeberufegesetzes nicht über 1 500 000 Euro
(5) Solange in Verfahren vor den Gerichten der Finanzgerichtsbarkeit der Wert nicht festgesetzt ist und sich der nach den Absätzen 3 und 4 Nummer 1 maßgebende Wert auch nicht unmittelbar aus den gerichtlichen Verfahrensakten ergibt, sind die Gebühren vorläufig nach dem in Absatz 4 Nummer 1 bestimmten Mindestwert zu bemessen.
(6) In Verfahren, die die Begründung, die Umwandlung, das Bestehen, das Nichtbestehen oder die Beendigung eines besoldeten öffentlich-rechtlichen Dienst- oder Amtsverhältnisses betreffen, ist Streitwert
- 1.
die Summe der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen, wenn Gegenstand des Verfahrens ein Dienst- oder Amtsverhältnis auf Lebenszeit ist, - 2.
im Übrigen die Hälfte der für ein Kalenderjahr zu zahlenden Bezüge mit Ausnahme nicht ruhegehaltsfähiger Zulagen.
(7) Ist mit einem in Verfahren nach Absatz 6 verfolgten Klagebegehren ein aus ihm hergeleiteter vermögensrechtlicher Anspruch verbunden, ist nur ein Klagebegehren, und zwar das wertmäßig höhere, maßgebend.
(8) Dem Kläger steht gleich, wer sonst das Verfahren des ersten Rechtszugs beantragt hat.