Hamburgisches Oberverwaltungsgericht Beschluss, 03. Juli 2018 - 1 Bs 103/18

03.07.2018

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Verwaltungsgerichts Hamburg vom 14. Juni 2018 hinsichtlich des Antrags des Antragstellers zu 2 geändert.

Auch der Antrag des Antragstellers zu 2 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.

Von den Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens trägt der Antragsteller zu 2 je ein Viertel der Gerichtskosten und der außergerichtlichen Kosten der Antragsgegnerin.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller zu 2.

Der Wert des Streitgegenstandes wird für das Beschwerdeverfahren auf 2.500 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Die Antragsgegnerin wendet sich dagegen, dass das Verwaltungsgericht sie im Wege einer einstweiligen Anordnung verpflichtet hat, das Konzept des jahrgangsübergreifenden Lernens (JüL) an der ...-Schule vorläufig bis zum Abschluss der Hauptsache oder bis zu einem formal korrekten Beschluss der Schulkonferenz aufrecht zu erhalten.

2

Der erstinstanzlich obsiegende Antragsteller zu 2 gehört als Mitglied des Elternrats der Schulkonferenz der ...-Schule an. An dieser Schule wird entsprechend einem Beschluss der Schulkonferenz vom 20. Juni 2006 seit dem Schuljahr 2006/2007 JüL praktiziert. Ein Schulprogramm hat die Schule nicht.

3

Mit Schreiben vom 9. Oktober 2017 teilte die Lehrerkonferenz mit mehrheitlich entschieden zu haben, zu einer jahrgangshomogenen Organisationsform zurückzukehren und bat die Schulkonferenz, die Entscheidung der Lehrerkonferenz zu unterstützen. Die Schulkonferenz tagte am 7. November 2017 und am 5. Dezember 2017. Die Einladungen zu diesen Konferenzterminen enthielten u.a. den Hinweis, dass nächster Termin der 23. Januar 2018 mit dem Ziel “Info“ sei. Ausweislich des Protokolls der Sitzung vom 5. Dezember 2017 stellte die Schulleiterin “die Pläne der Schulleitung für den weiteren Prozess der JÜL-Entscheidung“ vor, darunter “23.01.18: Schulkonferenz“.

4

In einem Elternbrief vom 16. Januar 2018 teilte die Schulleiterin mit, sie habe von der Behörde für Schule und Berufsbildung auf Nachfrage die Auskunft erhalten, dass die Lehrerkonferenz mit ihrem Antrag bereits entschieden habe, dass die Schule zu einer jahrgangshomogenen Organisationsform zurückkehre. Bisher sei sie, die Schulleiterin, davon ausgegangen, dass die Schulkonferenz als oberstes Beratungs- und Beschlussgremium entscheide.

5

Die Schulleiterin lud mit einer u. a. an den Antragsteller zu 2 gerichteten E-Mail vom 18. Januar 2018 zur Schulkonferenz am 23. Januar 2018, 17:15 Uhr, ein. Als Ziel waren in der angehängten Tagesordnung angegeben “Austausch“ und “Stellungnahme“ zum Thema Schulentwicklung mit den Unterpunkten “Inhaltlicher Austausch zu JüL und Erstellung einer Stellungnahme zum Antrag der Kollegiumskonferenz zu JüL“ und “Austausch zu Übergangsmodellen pro und contra aus Elternschaft und Kollegium und Erstellung eines Meinungsbildes“. Im Protokoll der Schulkonferenz vom 23. Januar 2018 wurde die Anwesenheit der Teilnehmer festgestellt, davon seien sieben stimmberechtigt. Der Antragsteller und sein Vertreter waren nicht anwesend, was als entschuldigt vermerkt wurde. Ausweislich des Protokolls dieser Schulkonferenz wurde über den Antrag, es möge “keine Abstimmung/keine Stellungnahme“ der Schulkonferenz zum Antrag der Kollegiumskonferenz geben, abgestimmt mit vier Stimmen für eine “Stellungnahme“, zwei Stimmen gegen eine “Stellungnahme“ und einer Enthaltung. Sodann heißt es: “Geheime Abstimmung zum Antrag der Kollegiumskonferenz: Die Kollegiumskonferenz hat mehrheitlich entschieden zu einer jahrgangshomogenen Organisationsform zurückzukehren. Die Kollegiumskonferenz bittet die Schulkonferenz, die Entscheidung der Kollegiumskonferenz zu unterstützen. 5 Ja-Stimmen, 1 Enthaltung, 1 ungültige Stimme > Der Antrag der Kollegiumskonferenz wird mehrheitlich von den Mitgliedern der Schulkonferenz unterstützt.“ Nach Diskussion der Übergangsmodelle wurde über folgende Stellungnahme der Schulkonferenz abgestimmt: “Die THS stellt ab Sommer 2018 auf jahrgangshomogene Lerngruppen um. ... Ergebnis der geheimen Abstimmung: einstimmig.“

6

Mit Elternbrief vom 25. Januar 2018 teilte die Schulleiterin mit, die Schulkonferenz unterstütze mehrheitlich den Antrag der Kollegiumskonferenz und empfehle einstimmig, den Übergang zu jahrgangshomogenen Klassen zum Schuljahr 2018/2019 durchzuführen. Mit Schreiben vom 12. Februar 2018 an die Schulleiterin führte die Antragsgegnerin aus, da JüL inhaltlich keinem der expliziten Entscheidungsrechte der Schulkonferenz außerhalb eines Schulprogramms zuzuordnen sei, falle es in den Entscheidungsbereich der Lehrerkonferenz oder der Schulleiterin.

7

Am 9. Mai 2018 beantragten die Antragsteller beim Verwaltungsgericht Hamburg vorläufigen Rechtsschutz. Mit Beschluss vom 14. Juni 2018 lehnte das Verwaltungsgericht die Anträge der Antragsteller zu 1, 3 und 4 ab und verpflichtete die Antragsgegnerin auf den Antrag des Antragstellers zu 2 hin, vorläufig bis zum Abschluss der Hauptsache oder bis zu einem formal korrekten Beschluss der zuständigen Schulkonferenz, das Konzept des jahrgangsübergreifenden Lernens an der ...-Schule für alle Schüler (Klasse 1-4) aufrechtzuerhalten. Zur Begründung führte das Verwaltungsgericht aus, der Antragsteller zu 2 sei als Mitglied der Schulkonferenz, das eine Verletzung subjektiver Verfahrensrechte, insbesondere die Nichteinhaltung der Ladungsfrist für die Schulkonferenz am 23. Januar 2018, geltend mache, antragsbefugt. Der Anordnungsgrund ergebe sich daraus, dass ein Hauptsacheverfahren auf Feststellung der Unwirksamkeit des Beschlusses vom 23. Januar 2018 voraussichtlich nicht vor Beginn des Schuljahres 2018/2019 rechtskräftig beendet wäre. Der Anordnungsanspruch des Antragstellers zu 2 bestehe in der Sicherung seines organschaftlichen Rechts als Mitglied der Schulkonferenz auf deren ordnungsgemäße Einberufung. Sein organschaftliches Recht auf Mitwirkung an einem ordnungsgemäß gefassten Beschluss der Schulkonferenz über die Abschaffung des JüL dürfte verletzt sein. Die Schulkonferenz habe am 23. Januar 2018 im Rahmen ihrer Zuständigkeit u. a. über die Abschaffung des JüL beschlossen. Die Zuständigkeit der Schulkonferenz bestehe gemäß § 52 Abs. 2 Satz 1 HmbSG, da es sich um eine “wichtige Angelegenheit“ handele. Zudem bestehe sie gemäß § 53 Abs. 4 Satz 2 Ziff. 2 HmbSG (schuleigene Stundentafel). Dementsprechend habe die Schulkonferenz am 20. Juni 2006 die Einführung des JüL beschlossen. Die Beendigung dieses Konzepts obliege als “actus contrarius“ ebenfalls der Schulkonferenz. Das Fehlen eines Schulprogramms führe nicht zu einer Verschiebung der Entscheidungszuständigkeit. Die Mitglieder der Schulkonferenz seien zum Sitzungstermin vom 23. Januar 2018 nicht ordnungsgemäß geladen worden. Der in der fehlenden Mitteilung der Tagesordnung liegende Verfahrensverstoß sei nicht durch die Beschlussfassung in der Sitzung geheilt worden. Das Eilrechtsschutzbegehren der Antragsteller zu 1, 3, und 4 bleibe ohne Erfolg.

8

Am 18. Juni 2018 hat die Antragsgegnerin Beschwerde gegen den Beschluss des Verwaltungsgerichts erhoben, “soweit mit ihm dem Antragsteller zu 2 der aus der Ausfertigung des Beschlusses ersichtliche Anspruch eingeräumt wurde“. Die Antragsgegnerin hat ihre Beschwerde gleichzeitig begründet. Auf den Schriftsatz vom 18. Juni 2018 wird verwiesen.

II.

9

Die Beschwerde der Antragsgegnerin hat Erfolg. Sie ist zulässig, insbesondere statthaft nach § 146 Abs. 1 VwGO sowie fristgerecht erhoben (vgl. § 147 Abs. 1 Satz 1 VwGO) und fristgerecht begründet (vgl. § 146 Abs. 4 Satz 1 VwGO) worden.

10

Die Beschwerde ist begründet. Mit ihrer Beschwerdebegründung, über JüL könne die Schulkonferenz nur im Rahmen eines Schulprogramms entscheiden, hat die Antragsgegnerin die Gründe des verwaltungsgerichtlichen Beschlusses erschüttert. Die daher durchzuführende Vollprüfung, die nicht gemäß § 146 Abs. 4 Satz 6 VwGO auf die dargelegten Gründe begrenzt ist, führt zur Ablehnung der begehrten einstweiligen Anordnung. Es fehlt an einem Anordnungsanspruch. Der Antragsteller zu 2 kann eine Aufrechterhaltung des JüL an der ...-Schule nicht verlangen.

11

1. Zwar gehört der Antragsteller zu 2 als gewähltes Mitglied des Elternrats der Schulkonferenz an (vgl. § 55 Abs. 1 Satz 1 HmbSG) und kann deshalb verlangen, bei der Einberufung der Schulkonferenz ordnungsgemäß geladen zu werden. Die Schulkonferenz wird von der Vorsitzenden oder dem Vorsitzenden mindestens viermal im Schuljahr unter Mitteilung einer Tagesordnung mit einer Einladungsfrist von zwei Wochen einberufen (§ 56 Abs. 1 Satz 2 HmbSG). Die am 18. Januar 2018 erfolgte Einladung zur Schulkonferenz am 23. Januar 2018 genügte dieser Zwei-Wochen-Frist nicht. Zuvor war eine Einberufung nicht erfolgt. Die Schulkonferenz am 23. Januar 2018 war nicht bereits dadurch einberufen worden, dass die Einladungen zu den Schulkonferenzen am 7. November 2017 und am 5. Dezember 2017 einen Hinweis auf den 23. Januar 2018 als dem nächsten Termin enthielten, und auch nicht durch das Protokoll der Sitzung vom 5. Dezember 2017, in dem eine Schulkonferenz am 23. Januar 2018 ausdrücklich als „Plan“ bezeichnet wurde. Eine Form der Einberufung ist im Hamburgischen Schulgesetz zwar nicht vorgeschrieben. Gleichwohl bedarf die Einberufung einer geeigneten Form (vgl. VGH München, Beschl. v. 16.10.2014, 17 P 13.91, BayVBl. 2015, 266, juris Rn. 25). Die Hinweise in den Einladungen zu den Schulkonferenzen am 7. November 2017 und am 5. Dezember 2017 - nur hierzu wurde eingeladen - sowie das Protokoll der Sitzung vom 5. Dezember 2017, ausweislich dessen lediglich der „Plan“ einer Schulkonferenz am 23. Januar 2018 bestand, sind offensichtlich nicht hinreichend. Es fehlte hierbei, worauf das Verwaltungsgericht zu Recht abgestellt hat, an der in § 56 Abs. 1 Satz 2 HmbSG vorgeschriebenen Mitteilung der Tagesordnung.

12

Aus dem Umstand, dass der Antragsteller zu 2 zu der Schulkonferenz am 23. Januar 2018 nicht rechtzeitig geladen worden ist, folgt aber nicht, dass er die Aufrechterhaltung des JüL beanspruchen kann. Das Verwaltungsgericht hatte in dem angegriffenen Beschluss vom 14. Juni 2018 einen Anordnungsanspruch zwecks Sicherung des organschaftlichen Rechts des Antragstellers zu 2 als Mitglied der Schulkonferenz auf deren ordnungsgemäße Einberufung bejaht; effektiver Rechtsschutz sei gegenwärtig nur dadurch zu gewähren, dass die Vollziehung des Beschlusses der Schulkonferenz durch die Antragsgegnerin als Vollzugsorgan verhindert werde. Ein solcher Anordnungsanspruch wegen der fehlenden ordnungsgemäßen Einberufung besteht schon deshalb nicht, weil in der Schulkonferenz vom 23. Januar 2018 ladungsgemäß nicht über die Aufrechterhaltung des JüL beschlossen wurde, sondern lediglich über eine Stellungnahme, wie der Antragsteller zu 2 in seiner Beschwerdeerwiderung zutreffend vorträgt.

13

2. Der Antragsteller zu 2 hat auch sonst keinen aus seiner Eigenschaft als Mitglied der Schulkonferenz herrührenden Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht. Dies gilt bereits, weil die Schulkonferenz im vorliegenden Fall nicht dafür zuständig sein dürfte, über eine Aufrechterhaltung des JüL zu beschließen. Die Schulkonferenz könnte über die Aufrechterhaltung des JüL nur im Zusammenhang mit einem Schulprogramm entscheiden, wenn in diesem die didaktische Methode des JüL festgelegt wäre oder wenn in diesem das JüL festgelegt werden soll. Die ...-Schule hat kein Schulprogramm entsprechenden Inhalts. Die Erarbeitung eines Schulprogramms ist in § 51 Abs. 1 Satz 1 HmbSG für die Schulen allerdings verpflichtend vorgesehen. Nach dieser Vorschrift legt die Schule die besonderen Ziele, Schwerpunkte und Organisationsformen ihrer pädagogischen Arbeit sowie Kriterien für die Zielerreichung in einem Schulprogramm fest. Zu den Festlegungen des Schulprogramms können besondere didaktisch methodische Schwerpunkte im Unterricht - wie das JüL - gehören (§ 51 Abs. 1 Satz 3, 1. Spiegelstrich HmbSG).

14

Die Durchführung des JüL lediglich aufgrund eines Beschlusses der Schulkonferenz unabhängig von einem Schulprogramm ist im Hamburgischen Schulgesetz nicht vorgesehen. Insbesondere enthält § 52 Abs. 2 Satz 1 HmbSG keine Ermächtigung der Schulkonferenz, unabhängig von einem Schulprogramm über die Durchführung des JüL zu beschließen. Nach dieser Vorschrift berät die Schulkonferenz - ohne weitere Einschränkungen - über alle wichtigen Angelegenheiten der Schule, insbesondere über das Schulprogramm sowie die Ziel- und Leistungsvereinbarungen, und beschließt darüber nach Maßgabe dieses Gesetzes. Die Beschlusskompetenz ist damit beschränkt auf die in § 53 HmbSG abschließend geregelten Fälle (vgl. Bü.-Drs 15/5553, S. 47). § 53 HmbSG regelt die Entscheidungsrechte der Schulkonferenz. Nach § 53 Abs. 1 Satz 1 HmbSG beschließt die Schulkonferenz mit einer Mehrheit von zwei Dritteln ihrer anwesenden Mitglieder, mindestens jedoch mit der Mehrheit ihrer stimmberechtigten Mitglieder, auf der Grundlage von Vorlagen der Lehrerkonferenz über das Schulprogramm gemäß § 51 Abs. 1 HmbSG. Die für Beschlüsse nach § 53 Abs. 1 HmbSG notwendigen Vorlagen erstellt die Lehrerkonferenz auf Verlangen der Schulkonferenz (§ 57 Abs. 1 Satz 3 HmbSG) oder auf eigene Initiative (Bü.-Drs. 15/5553 S. 48). Die Erstellung der Vorlagen durch die Lehrerkonferenz soll die pädagogische und fachliche Fundierung der entsprechenden Beschlüsse gewährleisten (Bü.-Drs. 15/5553 S. 48).

15

Dass die Schulkonferenz nicht unabhängig von einem Schulprogramm über die Durchführung des JüL entscheiden darf, wird deutlich anhand des Gesetzgebungsverfahrens. Während in der Senatsvorlage vom 28. Mai 1996 zunächst Entscheidungen der Schulkonferenz “zum Schulprogramm“ mit einem nicht abschließenden Katalog von Beschlussthemen in § 53 Abs. 1 HmbSG vorgesehen waren (Bü.-Drs. 15/5553 S. 15, 47), wurde durch die Gesetz gewordene Fokussierung des § 53 Abs. 1 Satz 1 HmbSG auf eine Entscheidung “über das Schulprogramm“ verdeutlicht, dass Gegenstand der Entscheidungskompetenz der Schulkonferenz das Schulprogramm ist und es sich bei den in § 51 Abs. 1 Satz 3 HmbSG aufgeführten “Festlegungen“ um mögliche Inhalte des Schulprogramms handelt, für die keine gesonderte Entscheidungskompetenz der Schulkonferenz besteht (vgl. Bü.-Drs. 15/7000 S. 36, 37; GVBl. 1997, 97 <110>).

16

Eine gesonderte Entscheidungskompetenz über die Einführung oder Abschaffung von JüL ist demgemäß in der in § 53 Abs. 2 und 4 HmbSG enthaltenen Aufzählung von Beschluss- und Entscheidungsthemen auch nicht enthalten. Das gilt auch für § 53 Abs. 4 Satz 2 Nr. 2 HmbSG, wonach die Schulkonferenz - nur - über die schuleigene Stundentafel entscheidet (vgl. auch § 8 Abs. 1 Satz 3 HmbSG). Diese Entscheidungskompetenz ist beschränkt auf die Umsetzung der Gestaltungsmöglichkeiten, die den Schulen in den Stundentafeln eröffnet wird (vgl. § 8 Abs. 1 Satz 2 HmbSG). Der Umstand, dass sich jahrgangsübergreifendes Lernen gegebenenfalls auch in der schuleigenen Stundentafel abbildet (vgl. Bü.-Drs. 20/13218, S. 3), ändert daran nichts. Bei der didaktischen Unterrichtsmethode des JüL handelt es sich auch nicht um einen Schulversuch.

17

Dass der Schulkonferenz die Beendigung des JüL als actus contrarius obliegt, ist nicht zutreffend. Eine actus-contrarius-Kompetenz setzte voraus, dass JüL durch einen zuständigkeitskonformen Beschluss der Schulkonferenz eingeführt worden ist. Dies ist nicht der Fall. Der Schulkonferenz hat entsprechend den obigen Darlegungen bereits bei Beschlussfassung über die Einführung des JüL im Jahr 2006 mangels Schulprogramms die Entscheidungskompetenz gefehlt. Das schließt allerdings nicht aus, dass die Einführung von JüL damals wirksam durch die Lehrerkonferenz beschlossen worden ist (zur Entscheidungskompetenz der Lehrerkonferenz siehe unten zu 3.). Dafür, dass es einen solchen Beschluss der Lehrerkonferenz gegeben hat, spricht das Protokoll der Schulkonferenz vom 20. Juni 2006, ausweislich dessen die damalige Schulleiterin zum Tagesordnungspunkt Beschlussfassung über die Einführung des jahrgangsübergreifenden Lernens in der Grundschule ab Sommer 2007 “im Namen des Kollegiums“ um Zustimmung gebeten hat.

18

3. Solange die ...-Schule kein Schulprogramm hat, in dem das JüL festgelegt ist, dürfte die Lehrerkonferenz zuständig für Entscheidungen betreffend JüL sein. Die Aufgaben der Lehrerkonferenz ergeben sich aus § 57 HmbSG. Die Lehrerkonferenz ist das Beratungs- und Beschlussgremium der Lehrerinnen und Lehrer der Schule. Sie berät über die Gestaltung der Bildungs- und Erziehungsarbeit der Schule und entscheidet darüber unter Berücksichtigung der von der Schulkonferenz oder dem Schulvorstand beschlossenen Grundsätze (§ 57 Abs. 1 Satz 1, 2 HmbSG). Die Lehrerkonferenz beschließt insbesondere u. a. über Grundsätze der Unterrichtsgestaltung und der Unterrichtsmethoden (§ 57 Abs. 2 Nr. 1 HmbSG) und damit auch über das JüL. Das JüL dürfte eine Unterrichtsmethode sein, die Auswirkungen auf die Unterrichtsgestaltung hat. Das JüL dürfte außerdem eine Organisationsform des Unterrichts darstellen, die sich bei Beibehaltung der Klassenstufen 1-4 - wie hier - im Rahmen des § 11 HmbSG hält (vgl. Bü.-Drs. 19/3195 S. 15). Die Organisation des Unterrichts kann unabhängig von der Zugehörigkeit einer Schülerin oder eines Schülers zu einer Klasse erfolgen (§ 11 Abs. 3 Satz 3 HmbSG). Die Lehrerkonferenz hat hier entschieden, zu einer jahrgangshomogenen Organisationsform zurückzukehren.

19

Zur Aufrechterhaltung des JüL wäre die Schulkonferenz gehalten, gemäß § 57 Abs. 1 Satz 3 HmbSG die für einen Beschluss über ein Schulprogramm nach § 53 Abs. 1 Satz 1 HmbSG notwendige Vorlage von der Lehrerkonferenz zu verlangen. Auf den Willen der Lehrerkonferenz kommt es im Rahmen des § 53 Abs. 1 Satz 1 HmbSG nicht an. Die für den Beschluss über das Schulprogramm von § 53 Abs. 1 Satz 1 HmbSG geforderte Mehrheit von zwei Dritteln der anwesenden Mitglieder der Schulkonferenz kann allein lehrerseitig nur dann verhindert werden, wenn die gewählten Mitglieder der Lehrerkonferenz einheitlich zusammen mit der Schulleiterin gegen die Einführung des Schulprogramms stimmen.

20

4. Der Antrag des Antragstellers zu 2 auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat auch insoweit keinen Erfolg, als er den Antrag unabhängig von seiner Organstellung als Mitglied der Schulkonferenz stellt, also als Elternteil seiner zwei Kinder, die die ...-Schule besuchen. Zulässig könnte allenfalls der erste Hilfsantrag sein, soweit dieser dahingehend aufzufassen ist, dass der Antragsteller zu 2 damit Elternrechte geltend macht. Jedenfalls scheidet aber ein Anordnungsanspruch aus. Insoweit gelten die Ausführungen des Verwaltungsgerichts zu den Anträgen der Antragsteller zu 3 und zu 4 hier entsprechend. Das Verwaltungsgericht hat zu Recht entschieden, dass Elternrechte auf schulorganisatorische oder didaktische Maßnahmen nicht weiter greifen als die Rechte der betroffenen Schüler und Schülerinnen. Es hat einen Anspruch des Antragstellers zu 1, der Schüler der ...-Schule ist, abgelehnt und ausgeführt, dass die Fortführung des JüL zum schulorganisatorischen Gestaltungsspielraum der Antragsgegnerin gehöre und nicht von den Schülern beansprucht werden könne (BA S. 14-15). Dagegen ist nichts zu erinnern. Aus Gründen des Vertrauensschutzes einen Anordnungsanspruch zu haben, hat der Antragsteller zu 2 nicht glaubhaft gemacht. Substantiierter Vortrag hierzu fehlt. Angesichts des Umstands, dass ausweislich eines in der Behördenakte befindlichen Handouts vom 17. Januar 2018 das JüL an der ...-Schule seit der Schulinspektion im Januar 2014 kritisch hinterfragt wird und 2016 sowie 2017 unter Eltern- und Schülerbeteiligung evaluiert wurde, ist schon fraglich, ob ein Vertrauen in die Fortführung des JüL bei dem Antragsteller zu 2 überhaupt entstanden ist.

III.

21

Der Antragsteller zu 2 trägt die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens gemäß §§ 154 Abs. 1, 159 Satz 1 VwGO i. V. m. § 100 Abs. 1 ZPO zu einem Viertel. Im Übrigen bleibt die Kostenentscheidung des Verwaltungsgerichts ungeändert; demnach tragen nunmehr die Antragsteller zu 1-4 die Kosten des erstinstanzlichen Verfahrens zu je einem Viertel. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Antragsteller zu 2 gemäß § 154 Abs. 2 VwGO.

22

Die Festsetzung des Streitwerts beruht auf §§ 47 Abs. 1, 52 Abs. 1 und 2, 53 Abs. 2 Nr. 1 GKG unter Berücksichtigung von Ziffer 1.5 des Streitwertkatalogs.

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(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens. (2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat. (3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, we

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(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, inn

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltun

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(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

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(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Die Beschwerde ist bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, schriftlich oder zu Protokoll des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle innerhalb von zwei Wochen nach Bekanntgabe der Entscheidung einzulegen. § 67 Abs. 4 bleibt unberührt.

(2) Die Beschwerdefrist ist auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist bei dem Beschwerdegericht eingeht.

(1) Gegen die Entscheidungen des Verwaltungsgerichts, des Vorsitzenden oder des Berichterstatters, die nicht Urteile oder Gerichtsbescheide sind, steht den Beteiligten und den sonst von der Entscheidung Betroffenen die Beschwerde an das Oberverwaltungsgericht zu, soweit nicht in diesem Gesetz etwas anderes bestimmt ist.

(2) Prozeßleitende Verfügungen, Aufklärungsanordnungen, Beschlüsse über eine Vertagung oder die Bestimmung einer Frist, Beweisbeschlüsse, Beschlüsse über Ablehnung von Beweisanträgen, über Verbindung und Trennung von Verfahren und Ansprüchen und über die Ablehnung von Gerichtspersonen sowie Beschlüsse über die Ablehnung der Prozesskostenhilfe, wenn das Gericht ausschließlich die persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen der Prozesskostenhilfe verneint, können nicht mit der Beschwerde angefochten werden.

(3) Außerdem ist vorbehaltlich einer gesetzlich vorgesehenen Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Revision die Beschwerde nicht gegeben in Streitigkeiten über Kosten, Gebühren und Auslagen, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands zweihundert Euro nicht übersteigt.

(4) Die Beschwerde gegen Beschlüsse des Verwaltungsgerichts in Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes (§§ 80, 80a und 123) ist innerhalb eines Monats nach Bekanntgabe der Entscheidung zu begründen. Die Begründung ist, sofern sie nicht bereits mit der Beschwerde vorgelegt worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht einzureichen. Sie muss einen bestimmten Antrag enthalten, die Gründe darlegen, aus denen die Entscheidung abzuändern oder aufzuheben ist, und sich mit der angefochtenen Entscheidung auseinander setzen. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, ist die Beschwerde als unzulässig zu verwerfen. Das Verwaltungsgericht legt die Beschwerde unverzüglich vor; § 148 Abs. 1 findet keine Anwendung. Das Oberverwaltungsgericht prüft nur die dargelegten Gründe.

(5) u. (6) (weggefallen)

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Besteht der unterliegende Teil aus mehreren Personen, so haften sie für die Kostenerstattung nach Kopfteilen.

(2) Bei einer erheblichen Verschiedenheit der Beteiligung am Rechtsstreit kann nach dem Ermessen des Gerichts die Beteiligung zum Maßstab genommen werden.

(3) Hat ein Streitgenosse ein besonderes Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend gemacht, so haften die übrigen Streitgenossen nicht für die dadurch veranlassten Kosten.

(4) Werden mehrere Beklagte als Gesamtschuldner verurteilt, so haften sie auch für die Kostenerstattung, unbeschadet der Vorschrift des Absatzes 3, als Gesamtschuldner. Die Vorschriften des bürgerlichen Rechts, nach denen sich diese Haftung auf die im Absatz 3 bezeichneten Kosten erstreckt, bleiben unberührt.

(1) Der unterliegende Teil trägt die Kosten des Verfahrens.

(2) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen demjenigen zur Last, der das Rechtsmittel eingelegt hat.

(3) Dem Beigeladenen können Kosten nur auferlegt werden, wenn er Anträge gestellt oder Rechtsmittel eingelegt hat; § 155 Abs. 4 bleibt unberührt.

(4) Die Kosten des erfolgreichen Wiederaufnahmeverfahrens können der Staatskasse auferlegt werden, soweit sie nicht durch das Verschulden eines Beteiligten entstanden sind.

(5) Soweit der Antragsteller allein auf Grund von § 80c Absatz 2 unterliegt, fallen die Gerichtskosten dem obsiegenden Teil zur Last. Absatz 3 bleibt unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Streitwert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Streitwert ist durch den Wert des Streitgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Das gilt nicht, soweit der Streitgegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung des Rechtsmittels und im Verfahren über die Beschwerde gegen die Nichtzulassung des Rechtsmittels ist Streitwert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.