Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 17. Juni 2004 - 17 WF 55/04

17.06.2004

Tenor

I. Die Beschwerde des Prozessbevollmächtigten des Antragstellers gegen die Streitwertfestsetzung für die Ehesache im Urteil des Amtsgerichts Besigheim - Familiengericht - vom 05.02.2004 (1 F 1483/03) wird

zurückgewiesen.

II. Das Beschwerdeverfahren ist gebührenfrei.

Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

 
Die Parteien sind türkische Staatsangehörige. Auf den Antrag des Ehemannes hat das Familiengericht nach Art. 164 türk. ZGB durch Urteil die Ehefrau aufgefordert, binnen zwei Monaten ab Rechtskraft der Entscheidung in die Ehewohnung der Parteien zurückzukehren. Den Streitwert für das Verfahren hat es im Urteil auf 2.000,-- EUR festgesetzt. Mit seiner Beschwerde begehrt der Prozessbevollmächtigte des Ehemannes die Heraufsetzung des Streitwerts auf 5.700,-- EUR.
Die Beschwerde ist gemäß § 25 Abs. 3 Satz 1 GKG zulässig. Nach § 9 Abs. 2 BRAGO kann der Prozessbevollmächtigte des Antragstellers aus eigenem Recht Rechtsmittel gegen die Streitwertfestsetzung einlegen.
In der Sache hat die Beschwerde keinen Erfolg. Der Beschwerdeführer geht wie auch das Familiengericht zutreffend davon aus, dass das in Art. 164 Abs. 1 türk. ZGB vorgesehene Verfahren, den Ehegatten gerichtlich aufzufordern, in die gemeinsame Ehewohnung zurückzukehren, gebührenrechtlich als „Ehesache“ im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 2 GKG zu behandeln ist (vgl. § 606 Abs. 1 Satz 1 ZPO). Da es sich bei einer Ehesache gleichzeitig um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit im Sinne des § 12 Abs. 2 Satz 1 GKG handelt, ist der Streitwert für die Ehesache allerdings nicht allein nach den Einkommensverhältnissen der Eheleute zu bemessen, weil es sich hierbei lediglich um einen für die Streitwertfestsetzung maßgeblichen Teilaspekt handelt. In nicht vermögensrechtlichen Streitigkeiten, zu denen auch das Eheverfahren zählt, ist der Wert des Streitgegenstandes unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalles, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache sowie der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Parteien nach Ermessen zu bestimmen (ständige Rechtsprechung des Senats, u.a. Beschluss vom 01.10.2001, 17 WF 388/01; Hartmann, Kostengesetze, 32. Aufl., § 12 GKG, Rn. 22, 36).
Der tatsächliche Umfang des vorliegenden Verfahrens liegt im unteren Bereich. Die Ausführungen der Parteien zur Sach- und Rechtslage sind knapp. Das Verfahren dauerte von der Anhängigkeit bis zum Abschluss rund 2 Monate. Zwischen den Parteien war unstreitig, dass die Ehefrau den Ehemann verlassen hat und die aus der ehelichen Gemeinschaft entstehenden Pflichten nicht mehr erfüllt hat. Damit lagen die Voraussetzungen für eine gerichtliche Aufforderung an die Ehefrau, in die Ehewohnung zurückzukehren, vor. Das Familiengericht hat sich zu Recht nicht damit auseinandergesetzt, ob die Ehefrau zum Getrenntleben berechtigt ist, weil diese Frage erst bei einem nachfolgenden Scheidungsverfahren erheblich ist, bei dem der verlassene Ehegatte den Scheidungsgrund nach Art. 164 türk. ZGB geltend macht. Gerade weil die Zielrichtung der gerichtlichen Aufforderung nach Art. 164 Abs. 1 türk. ZGB nicht die Wiederaufnahme der ehelichen Lebensgemeinschaft und auch (noch) nicht die Auflösung der Ehe ist, rechtfertigt sich ein erhebliches Abweichen von dem 3-fachen Monatseinkommen der Parteien.
Unter weiterer Berücksichtigung des Umstands, dass der Antragsgegnerin für das vorliegende Verfahren Prozesskostenhilfe ohne Ratenzahlung und dem Antragsteller mit der geringsten Ratenhöhe von 15,-- EUR monatlich (trotz eines monatlichen Nettoeinkommens von 1.900,-- EUR) bewilligt worden ist, ist es nicht zu beanstanden, dass das Familiengericht für das vorliegende Verfahren den Mindeststreitwert nach § 12 Abs. 2 Satz 4 GKG mit 2.000,-- EUR festgesetzt hat. Die Beschwerde ist daher als unbegründet zurückzuweisen.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 17. Juni 2004 - 17 WF 55/04

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 17. Juni 2004 - 17 WF 55/04

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 17. Juni 2004 - 17 WF 55/04 zitiert 4 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 25 Verteilungsverfahren nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung


Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 12 Verfahren nach der Zivilprozessordnung


(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche H

Zivilprozessordnung - ZPO | § 606 Musterfeststellungsklage


(1) Mit der Musterfeststellungsklage können qualifizierte Einrichtungen die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen

Referenzen

Die Kosten des Verteilungsverfahrens nach der Schifffahrtsrechtlichen Verteilungsordnung schuldet, wer das Verfahren beantragt hat.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden; dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz. Die Anmeldung zum Musterverfahren (§ 10 Absatz 2 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes) soll erst nach Zahlung der Gebühr nach Nummer 1902 des Kostenverzeichnisses zugestellt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für die Widerklage,
2.
für europäische Verfahren für geringfügige Forderungen,
3.
für Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers, soweit nach § 39 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte ausschließlich zuständig sind, und
4.
für die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung.

(3) Der Mahnbescheid soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr erlassen werden. Wird der Mahnbescheid maschinell erstellt, gilt Satz 1 erst für den Erlass des Vollstreckungsbescheids. Im Mahnverfahren soll auf Antrag des Antragstellers nach Erhebung des Widerspruchs die Sache an das für das streitige Verfahren als zuständig bezeichnete Gericht erst abgegeben werden, wenn die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gezahlt ist; dies gilt entsprechend für das Verfahren nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids unter Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten. Satz 3 gilt auch für die nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu zahlende Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen.

(4) Absatz 3 Satz 1 gilt im Europäischen Mahnverfahren entsprechend. Wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden.

(5) Über den Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr entschieden werden.

(6) Über Anträge auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 der Zivilprozessordnung) und über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829 Absatz 1, §§ 835, 839, 846 bis 848, 857, 858, 886 bis 888 oder § 890 der Zivilprozessordnung soll erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren und der Auslagen für die Zustellung entschieden werden. Dies gilt nicht bei elektronischen Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829a der Zivilprozessordnung.

(1) Mit der Musterfeststellungsklage können qualifizierte Einrichtungen die Feststellung des Vorliegens oder Nichtvorliegens von tatsächlichen und rechtlichen Voraussetzungen für das Bestehen oder Nichtbestehen von Ansprüchen oder Rechtsverhältnissen (Feststellungsziele) zwischen Verbrauchern und einem Unternehmer begehren. Qualifizierte Einrichtungen im Sinne von Satz 1 sind die in § 3 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Unterlassungsklagengesetzes bezeichneten Stellen, die

1.
als Mitglieder mindestens zehn Verbände, die im gleichen Aufgabenbereich tätig sind, oder mindestens 350 natürliche Personen haben,
2.
mindestens vier Jahre in der Liste nach § 4 des Unterlassungsklagengesetzes oder dem Verzeichnis der Europäischen Kommission nach Artikel 4 der Richtlinie 2009/22/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2009 über Unterlassungsklagen zum Schutz der Verbraucherinteressen (ABl. L 110 vom 1.5.2009, S. 30) eingetragen sind,
3.
in Erfüllung ihrer satzungsmäßigen Aufgaben Verbraucherinteressen weitgehend durch nicht gewerbsmäßige aufklärende oder beratende Tätigkeiten wahrnehmen,
4.
Musterfeststellungsklagen nicht zum Zwecke der Gewinnerzielung erheben und
5.
nicht mehr als 5 Prozent ihrer finanziellen Mittel durch Zuwendungen von Unternehmen beziehen.
Bestehen ernsthafte Zweifel daran, dass die Voraussetzungen nach Satz 2 Nummer 4 oder 5 vorliegen, verlangt das Gericht vom Kläger die Offenlegung seiner finanziellen Mittel. Es wird unwiderleglich vermutet, dass Verbraucherzentralen und andere Verbraucherverbände, die überwiegend mit öffentlichen Mitteln gefördert werden, die Voraussetzungen des Satzes 2 erfüllen.

(2) Die Klageschrift muss Angaben und Nachweise darüber enthalten, dass

1.
die in Absatz 1 Satz 2 genannten Voraussetzungen vorliegen;
2.
von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen.
Die Klageschrift soll darüber hinaus für den Zweck der Bekanntmachung im Klageregister eine kurze Darstellung des vorgetragenen Lebenssachverhaltes enthalten. § 253 Absatz 2 bleibt unberührt.

(3) Die Musterfeststellungsklage ist nur zulässig, wenn

1.
sie von einer qualifizierten Einrichtung im Sinne des Absatzes 1 Satz 2 erhoben wird,
2.
glaubhaft gemacht wird, dass von den Feststellungszielen die Ansprüche oder Rechtsverhältnisse von mindestens zehn Verbrauchern abhängen und
3.
zwei Monate nach öffentlicher Bekanntmachung der Musterfeststellungsklage mindestens 50 Verbraucher ihre Ansprüche oder Rechtsverhältnisse zur Eintragung in das Klageregister wirksam angemeldet haben.

(1) In bürgerlichen Rechtsstreitigkeiten soll die Klage erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen zugestellt werden. Wird der Klageantrag erweitert, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden; dies gilt auch in der Rechtsmittelinstanz. Die Anmeldung zum Musterverfahren (§ 10 Absatz 2 des Kapitalanleger-Musterverfahrensgesetzes) soll erst nach Zahlung der Gebühr nach Nummer 1902 des Kostenverzeichnisses zugestellt werden.

(2) Absatz 1 gilt nicht

1.
für die Widerklage,
2.
für europäische Verfahren für geringfügige Forderungen,
3.
für Rechtsstreitigkeiten über Erfindungen eines Arbeitnehmers, soweit nach § 39 des Gesetzes über Arbeitnehmererfindungen die für Patentstreitsachen zuständigen Gerichte ausschließlich zuständig sind, und
4.
für die Restitutionsklage nach § 580 Nummer 8 der Zivilprozessordnung.

(3) Der Mahnbescheid soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr erlassen werden. Wird der Mahnbescheid maschinell erstellt, gilt Satz 1 erst für den Erlass des Vollstreckungsbescheids. Im Mahnverfahren soll auf Antrag des Antragstellers nach Erhebung des Widerspruchs die Sache an das für das streitige Verfahren als zuständig bezeichnete Gericht erst abgegeben werden, wenn die Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen gezahlt ist; dies gilt entsprechend für das Verfahren nach Erlass eines Vollstreckungsbescheids unter Vorbehalt der Ausführung der Rechte des Beklagten. Satz 3 gilt auch für die nach dem Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen zu zahlende Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen.

(4) Absatz 3 Satz 1 gilt im Europäischen Mahnverfahren entsprechend. Wird ein europäisches Verfahren für geringfügige Forderungen ohne Anwendung der Vorschriften der Verordnung (EG) Nr. 861/2007 fortgeführt, soll vor Zahlung der Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen keine gerichtliche Handlung vorgenommen werden.

(5) Über den Antrag auf Abnahme der eidesstattlichen Versicherung soll erst nach Zahlung der dafür vorgesehenen Gebühr entschieden werden.

(6) Über Anträge auf Erteilung einer weiteren vollstreckbaren Ausfertigung (§ 733 der Zivilprozessordnung) und über Anträge auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829 Absatz 1, §§ 835, 839, 846 bis 848, 857, 858, 886 bis 888 oder § 890 der Zivilprozessordnung soll erst nach Zahlung der Gebühr für das Verfahren und der Auslagen für die Zustellung entschieden werden. Dies gilt nicht bei elektronischen Anträgen auf gerichtliche Handlungen der Zwangsvollstreckung gemäß § 829a der Zivilprozessordnung.