Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Apr. 2003 - 14 W 3/03

bei uns veröffentlicht am22.04.2003

Tenor

1. Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Landgerichts Heilbronn vom 19. Juli 2002 wird verworfen.

2. Der Beschwerdeführer trägt die Kosten seines Rechtsmittels.

Wert des Beschwerdeverfahrens: 34.000,00 EUR

Gründe

 
I.
Das Landgericht hat dem Kläger im angefochtenen Beschluss die Leistung einer Prozesskostensicherheit von 34.000 EUR auferlegt und dafür eine Frist bis 20.09.2002 gesetzt. Die Beklagten haben nach Klagezustellung 1997, mehreren mündlichen Verhandlungen und einer Beweisaufnahme die Stellung einer Prozesskostensicherheit mit Schriftsatz vom 06.05.2002 verlangt. Danach fand bis zum Erlass des Beschlusses keine mündliche Verhandlung mehr statt.
II.
Die Beschwerde ist nicht statthaft.
1. Nach § 567 Abs. 1 ZPO findet die Beschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts statt, wenn dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder es sich um eine eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidung handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist. §§ 110 ff. ZPO enthalten keine Regelung, nach denen gegen einen Beschluss, durch den die Leistung eines Prozesskostensicherheit angeordnet worden ist, die Beschwerde statthaft ist. Durch den Beschluss ist auch nicht ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden, vielmehr gerade die Sicherheitsleistung angeordnet worden.
2. Die Beschwerde ist auch nicht ausnahmsweise wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit statthaft. Zwar war es verfahrensfehlerhaft, die Entscheidung über die Prozesskostensicherheit statt durch Urteil durch Beschluss ohne mündliche Verhandlung zu treffen. Über die Anordnung einer Sicherheitsleistung nach § 110 ZPO ist regelmäßig aufgrund mündlicher Verhandlung durch Zwischenurteil und nur ausnahmsweise im Beschlussverfahren zu entscheiden, wenn nämlich zwischen den Parteien weder über die Pflicht zur Leistung der Sicherheit noch über deren Höhe Streit besteht (OLGR Hamm 1996, 237).
3. Eine außerordentliche Beschwerde wegen greifbarer Gesetzeswidrigkeit ist aber nach der Neuregelung des Beschwerderechts durch das Zivilprozessreformgesetz nicht mehr statthaft. Das Beschwerdegericht kann nur in den gesetzlich geregelten Fällen angerufen werden. Ein außerordentliches Rechtsmittel ist auch dann nicht statthaft, wenn die Entscheidung ein Verfahrensgrundrecht verletzt oder aus sonstigen Gründen greifbar gesetzeswidrig ist. In einem solchen Fall ist die angefochtene Entscheidung durch das Gericht, das sie erlassen hat, gegebenenfalls auf Gegenvorstellung zu korrigieren. Diese Grundsätze gelten nicht nur für die Rechtsbeschwerde zum Bundesgerichtshof (BGH NJW , ), sondern auch für die sofortige Beschwerde gegen Entscheidungen des Landgerichts (OLG Frankfurt NJW-RR 2003, 140; OLGR Frankfurt 2002, 350; OLG Karlsruhe Beschluss vom 12. November 2002 1 W 44/02). Auch in diesen Fällen besteht wegen der Abhilfemöglichkeit des Erstrichters kein Bedürfnis für die Zulassung einer Ausnahmebeschwerde. Eine solche Abhilfemöglichkeit ergibt sich im Beschwerderecht aus § ZPO. Zu einer Abhilfe ist das Erstgericht auch dann befugt, wenn die Beschwerde unstatthaft oder unzulässig ist (Zöller/Gummer, ZPO, § 572 Rdnr. 14; Münchner Kommentar/Lipp, Aktualisierungsband ZPO, § 567 Rdnr. 18), jedenfalls sofern die angefochtene Entscheidung nicht bindend geworden ist (§§ Abs. 1 Satz 2 ZPO, ZPO). Der Beschluss, durch den die Leistung einer Sicherheit für die Prozesskosten angeordnet wird, ist nicht bindend geworden. Die Anordnung der Leistung einer Prozesskostensicherheit ist Voraussetzung für eine Abweisung der Klage nach § 113 ZPO. In diesem Verfahren ist zu überprüfen, ob die Anordnung der Prozesskostensicherheit zu Recht erfolgte. Eine Bindung nach § 318 ZPO an die Zwischenentscheidung, nach der ein Kläger eine Sicherheit für die Prozesskosten zu leisten hat, besteht dabei nicht (BGHZ 102, 232), so dass die Zwischenentscheidung auch durch das Ausgangsgericht abgeändert werden kann.
3. Die Beschwerde ist schließlich auch nicht nach dem Grundsatz der Meistbegünstigung statthaft. Nach diesem ist sowohl das Rechtsmittel gegeben, das der Entscheidungsart entspricht, als auch dasjenige, das der Entscheidung entspricht, für die die Voraussetzungen gegeben waren, wenn ein Gericht eine Entscheidung abweichend von der im Gesetz vorgesehenen Form erlassen hat (vgl. BGH NJW 1997, 1448), hier als Beschluss statt als (Zwischen-) Urteil. Das macht die Beschwerde hier nicht - anstelle einer Berufung - statthaft. Auch gegen ein Zwischenurteil, mit dem die Leistung einer Prozesssicherheit angeordnet wird, wäre eine Berufung nicht statthaft, sondern erst gegen das Endurteil, mit dem die Klage als unzulässig abgewiesen wird (BGHZ 102, 232). Der Meistbegünstigungsgrundsatz soll nur Nachteile der durch eine inkorrekte Entscheidung beschwerten Beteiligten ausschließen, aber nicht zu einer dem korrekten Verfahren widersprechenden Erweiterung des Instanzenzuges oder sonstigen prozessualen Vorteilen führen (BGH NJW 1997, 1448).
4. Für das weitere Verfahren wird darauf hingewiesen, dass eine Entscheidung durch Zwischenurteil grundsätzlich eine mündliche Verhandlung voraussetzt. Da eine Klage ohne Leistung der Prozesskostensicherheit als unzulässig abzuweisen wäre, wenn eine Prozesskostensicherheit zu erbringen ist, sollte die Entscheidung einer (weiteren) Beweisaufnahme in der Hauptsache vorausgehen. Weil eine Prozesskostensicherheit nur auf Verlangen zu leisten ist und die Zulässigkeit der Klage betroffen ist, ist das Verlangen des Beklagten eine Rüge im Sinn des § 282 Abs. 3 ZPO. Die Rüge ist daher vor der mündlichen Verhandlung zur Hauptsache bzw. innerhalb der Klageerwiderungsfrist vorzubringen. Danach kann die Sicherheit nur unter den Voraussetzungen des § 111 ZPO verlangt werden, wobei auch hier § 282 Abs. 3 ZPO zu beachten ist.
5. Der Senat weist außerdem darauf hin, dass nach der Zwangseinziehung die GmbH und nicht die Gesellschafter die Abfindung schulden, soweit keine anderweitige Regelung getroffen ist (Baumbach/Hueck/Fastrich, GmbHG 17. Auflage § 34 Rdnr. 19; Scholz/Westermann, GmbHG, 9. Aufl. § 34 Rdnr. 22).
6. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Stuttgart Beschluss, 22. Apr. 2003 - 14 W 3/03 zitiert 9 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 282 Rechtzeitigkeit des Vorbringens


(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 318 Bindung des Gerichts


Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 110 Prozesskostensicherheit


(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherhe

Zivilprozessordnung - ZPO | § 113 Fristbestimmung für Prozesskostensicherheit


Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die

Zivilprozessordnung - ZPO | § 111 Nachträgliche Prozesskostensicherheit


Der Beklagte kann auch dann Sicherheit verlangen, wenn die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung erst im Laufe des Rechtsstreits eintreten und nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.

Referenzen

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Kläger, die ihren gewöhnlichen Aufenthalt nicht in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder einem Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum haben, leisten auf Verlangen des Beklagten wegen der Prozesskosten Sicherheit.

(2) Diese Verpflichtung tritt nicht ein:

1.
wenn auf Grund völkerrechtlicher Verträge keine Sicherheit verlangt werden kann;
2.
wenn die Entscheidung über die Erstattung der Prozesskosten an den Beklagten auf Grund völkerrechtlicher Verträge vollstreckt würde;
3.
wenn der Kläger im Inland ein zur Deckung der Prozesskosten hinreichendes Grundvermögen oder dinglich gesicherte Forderungen besitzt;
4.
bei Widerklagen;
5.
bei Klagen, die auf Grund einer öffentlichen Aufforderung erhoben werden.

Das Gericht hat dem Kläger bei Anordnung der Sicherheitsleistung eine Frist zu bestimmen, binnen der die Sicherheit zu leisten ist. Nach Ablauf der Frist ist auf Antrag des Beklagten, wenn die Sicherheit bis zur Entscheidung nicht geleistet ist, die Klage für zurückgenommen zu erklären oder, wenn über ein Rechtsmittel des Klägers zu verhandeln ist, dieses zu verwerfen.

Das Gericht ist an die Entscheidung, die in den von ihm erlassenen End- und Zwischenurteilen enthalten ist, gebunden.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

Der Beklagte kann auch dann Sicherheit verlangen, wenn die Voraussetzungen für die Verpflichtung zur Sicherheitsleistung erst im Laufe des Rechtsstreits eintreten und nicht ein zur Deckung ausreichender Teil des erhobenen Anspruchs unbestritten ist.

(1) Jede Partei hat in der mündlichen Verhandlung ihre Angriffs- und Verteidigungsmittel, insbesondere Behauptungen, Bestreiten, Einwendungen, Einreden, Beweismittel und Beweiseinreden, so zeitig vorzubringen, wie es nach der Prozesslage einer sorgfältigen und auf Förderung des Verfahrens bedachten Prozessführung entspricht.

(2) Anträge sowie Angriffs- und Verteidigungsmittel, auf die der Gegner voraussichtlich ohne vorhergehende Erkundigung keine Erklärung abgeben kann, sind vor der mündlichen Verhandlung durch vorbereitenden Schriftsatz so zeitig mitzuteilen, dass der Gegner die erforderliche Erkundigung noch einzuziehen vermag.

(3) Rügen, die die Zulässigkeit der Klage betreffen, hat der Beklagte gleichzeitig und vor seiner Verhandlung zur Hauptsache vorzubringen. Ist ihm vor der mündlichen Verhandlung eine Frist zur Klageerwiderung gesetzt, so hat er die Rügen schon innerhalb der Frist geltend zu machen.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)