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I. Die Klägerin, eine italienische Aktiengesellschaft mit Sitz in ... (Italien), vertreten durch den Vergleichsverwalter, verlangt von der Beklagten die Herausgabe einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern und die Unterlassung der Inanspruchnahme des Bürgen.
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Die Parteien streiten darüber, ob die Beklagte die ihr überlassene Bürgschaftsurkunde der ...über 92.765,65 DM an die Klägerin herauszugeben hat und ihr untersagt ist, die genannte Bank in Anspruch zu nehmen.
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Am 18.02.1994 schlossen die Parteien einen Ersten Nachunternehmervertrag (K 1) mit dem Volumen (Pauschalpreis) von 2,85 Mio. DM. Vertragsbestandteil sind neben dem Nachunternehmervertrag das Verhandlungsprotokoll vom 05.01.1994 mit Ergänzung vom 08.02.1994, die Allgemeinen Vertragsbedingungen, das Angebot der Auftragnehmerin und das Leistungsverzeichnis mit Vorbemerkung und Beschriftung, die jeweils gültige Fassung der VOB und die gesetzlichen Bestimmungen und Vorschriften, soweit sie dem Vorstehenden nicht widersprechen (und zwar in der genannten Reihenfolge).
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Darüber hinaus heißt es in Ziff. 8 des Vertrages:
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„Zahlungen auf Schlussrechnungen werden bis zu 95 % des Nettowertes geleistet. Der Rest ist durch eine kostenlose und befristete Gewährleistungsbürgschaft (Vorgabe der Befristung durch den AG) ablösbar“.
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Die Parteien haben anschließend durch 22 Nachträge das Auftragsvolumen erheblich erweitert (Anlage K 2). Das Volumen betrug insgesamt laut Abrechnung der Klägerin vom 20.05.1997 rund 23 Mio. DM. Diese Nachträge beziffern jeweils die Summe der Mehrleistungen und verweisen auf die Bestimmungen des Nachunternehmervertrages vom 18.02.1994. Für die einzelnen Nachtragsarbeiten wurden die Gewährleistungsfristen wie auch die zu stellende Gewährleistungsbürgschaft von 5 % aus der jeweiligen Nachauftragsbausumme sowie die Laufzeit der einzelnen Bürgschaften individuell festgesetzt. Die Beklagte machte auf Wunsch der Klägerin hierzu eine schriftliche Aufstellung unter dem Datum 22.05.1997 (Anlage K 4) und übersandte der Klägerin ein Formular als Muster für die von der Bank zu stellende Gewährleistungsbürgschaft (Anlage K 6).
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Mit Schreiben vom 01.06.1997 fasste die Klägerin die von ihr zu stellenden Bürgschaften unter Bezugnahme auf die Aufstellung der Beklagten vom 22.05.1997 zu insgesamt sechs „Garantien“ zusammen (Anlage K 7, Bl. 15). Dementsprechend überließ sie der Beklagten sechs Gewährleistungsbürgschaften, deren Summe die gesamte Gewährleistungssumme von 5 % des Schlussrechnungsbetrages ergab.
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Im vorliegenden Verfahren streiten die Parteien wegen einer Bürgschaftsverpflichtung der ... vom 05.06.1997 über 92.767,67 DM, mit der der Gewährleistungseinbehalt der Beklagten für die zu den Bauteilen Nrn. 14 und 15 erbrachten Leistungen über 1.855.313,-- DM abgelöst werden sollte.
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Das Landgericht hat der Klage mit Urteil vom 05.01.2001 stattgegeben, weil eine Verpflichtung zur Stellung einer Gewährleistungsbürgschaft auf erstes Anfordern weder ausdrücklich noch konkludent vereinbart sei und die Regelung unter Ziff. II 10 des in Bezug genommenen Vertrages vom 18.02.1994 als Allgemeine Geschäftsbedingung wegen Verstoßes gegen § 9 AGB-Gesetz unwirksam sei.
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Der Senat hat auf die Berufung der Beklagten mit Urteil vom 16.08.01 das Urteil des Landgerichts aufgehoben und die Klage abgewiesen, weil die Parteien sich nach Abschluss des konkreten Zusatzbauvertrags konkludent auf die Hergabe von Bürgschaften auf erstes Anfordern geeinigt hätten.
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Auf die Revision der Klägerin hat der BGH mit Urteil vom 10.04.03 das Urteil des Senats vom 16.08.01 aufgehoben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurückverwiesen.
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Der BGH hat das Vorliegen einer dem Bauvertrag nachfolgenden Vereinbarung über die Hergabe von Bürgschaften auf erstes Anfordern verneint und sich an einer abschließenden Entscheidung mangels tragender Feststellungen dazu, ob Ziff. II 8 des Bauvertrages Allgemeine Geschäftsbedingung sei, gehindert gesehen.
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Handele es sich um eine Allgemeine Geschäftsbedingung, sei die Vereinbarung wegen Verstoßes gegen § 9 AGB-Gesetz unwirksam mit der Folge, dass die Klage Erfolg habe. Handele es sich aber um eine Individualvereinbarung, sei sie wirksam. Auch wenn sie dann die besondere Vergünstigung nicht enthalte, dass auf die Bürgschaft auf erstes Anfordern geleistet werden müsse, wobei es sich nicht um eine besondere Art einer Bürgschaft handele, müsse sie nicht herausgegeben werden. Vielmehr könne sie als normale Bürgschaft verwendet werden, lediglich die Klägerin könne dann die schriftliche Erklärung der Beklagten ihr und der Bürgin gegenüber verlangen, dass sie (die Beklagte) die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend machen werde.
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Die Beklagte bringt, nachdem sie in der Klagerwiderung (Bl. 26) allgemein vorgetragen hatte, zur Hingabe der Bürgschaft sei es aufgrund einer nachvertraglichen Individualvereinbarung gekommen, jetzt vor, die Bestimmung im Ersten Nachunternehmervertrag, auf den alle Ergänzungen Bezug nehmen, sei ausgehandelt worden. Zusätzlich sei schon damals vereinbart worden, dass die Bürgschaften als solche auf erstes Anfordern erteilt werden.
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Ursprünglich habe die Beklagte eine unbefristete Bürgschaft verlangt und die Klägerin nur eine befristete angeboten. In der dem ursprünglichen Vertragsschluss vom 18.02.94 vorausgehenden Besprechung habe man sich darauf geeinigt, dass die Bürgschaft entsprechend den jeweiligen Gewährleistungsfristen befristet sein könne, wenn sie als Bürgschaft auf erstes Anfordern erteilt werde. So habe es der Zeuge ... als damaliger Geschäftsführer der Klägerin akzeptiert.
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unter Abänderung des am 05.01.2001 verkündeten Urteils des Landgerichts Stuttgart, Az. 16 O 88/2000, die Klage abzuweisen.
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die Berufung zurückzuweisen.
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Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze und die vorgelegten Urkunden sowie die Verhandlungsprotokolle Bezug genommen.
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Der Senat hat am 05.02.2004 Beweis erhoben durch Vernehmung der Zeugen ...
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Wegen des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf das Protokoll vom 05.02.2004 verwiesen.
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II. Die Berufung der Beklagten ist zulässig und hat Erfolg.
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Die Klägerin kann der Beklagten weder untersagen, die Bürgin auf den Betrag der Bürgschaft in Höhe von 92.765,65 DM (47.430,32 EUR) in Anspruch zu nehmen, noch die Bürgschaft herausverlangen; denn die Sicherungsabrede in Ziff. II 8 des Nachunternehmervertrags vom 18.02.1994, den die Parteien auch bei der vorliegenden Bürgschaftsvereinbarung zum Vertragsinhalt gemacht haben, ist wirksam.
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Der Senat hatte nach dem Revisionsurteil des BGH vom 10.04.2003 (s. dort S. 9 - 11) zu prüfen, ob die Sicherungsabrede in II. Nr. 8 Allgemeine Geschäftsbedingungen enthält oder individuell vereinbart ist.
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Sollte sie Allgemeine Geschäftsbedingung sein, wäre die Abrede unwirksam mit der Folge, dass die Klage Erfolg hätte, sollte sie individuell vereinbart sein, wäre die Klage unbegründet.
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Da sich die Abrede in der Beweisaufnahme als individuell vereinbart herausgestellt hat, ist dementsprechend die Berufung der Beklagten erfolgreich, mithin die Klage abzuweisen.
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Nach der Beweisaufnahme stellt sich der Sachverhalt für den Senat folgendermaßen dar:
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Keinesfalls ist - als mündliche Nebenabrede zum Nachunternehmervertrag - von vornherein vereinbart worden, dass die Klägerin eine Bürgschaft auf erstes Anfordern zu stellen hatte. Dies hatte die Beklagte in Abänderung ihres erstinstanzlichen Vortrags in der Klagerwiderung, wo sie noch eine nachträgliche dahingehende Änderung behauptet hatte, zuletzt vorgebracht. Dies war aber nach der Erinnerung keines der vier Zeugen Gegenstand der dem Vertragsabschluss vom 18.02.1994 vorausgehenden Gespräche. Auch der Zeuge ... war lediglich der Meinung, auch der Klägerin seien schon vor Vertragsabschluss Bürgschaftsformulare mit diesem Inhalt übergeben worden, weil dies der übliche Vorgang sei.
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Danach kann die Klägerin - außerhalb des Rechtsstreits - von der Beklagten entsprechend den vorsorglichen Ausführungen des BGH (Revisionsurteil S. 11, 2. Abs.) die Abgabe einer schriftlichen Verpflichtungserklärung dahin verlangen, dass sie die Bürgschaft nicht auf erstes Anfordern, sondern nur als selbstschuldnerische Bürgschaft geltend machen werde.
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Im Hauptpunkt hat sich dagegen der Sachverhalt so erwiesen, wie ihn die Beklagte vorgetragen hatte:
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Der Hergang bezüglich der Bürgschaft war so, dass die Beklagte ursprünglich eine unbefristete Bürgschaft verlangt hat, in den Vorgesprächen aber insoweit der Klägerin nachgeben musste, weil beide den Vertrag wollten, die Klägerin aber nur Bürgschaften italienischer Banken, mithin befristete Bürgschaften, anbieten konnte. Die Parteien haben sich in den Verhandlungen vor Vertragsabschluss sogar über die Befristung entsprechend Ziff. II 9 des Nachunternehmervertrags geeinigt. Dies ergibt sich aus den übereinstimmenden Aussagen der Zeugen ... und ..., die den Ablauf sinngemäß so geschildert haben.
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Der Senat gründet seine Überzeugung auf die Angaben dieser beiden Zeugen, weil sie den Vorgang nachvollziehbar so geschildert haben. Ihre Erinnerung verdient auch am ehesten Vertrauen, da beide u. a. auch für diesen Problemkreis zuständig waren und sich deshalb für ihn besonders interessierten.
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Demgegenüber konnte der Zeuge ... aus seiner Erinnerung zum Beweisthema nichts Wesentliches beitragen. Kaum mehr ist der Aussage des Zeugen ... zu entnehmen, der sich an die Vorgänge nur noch schwach zu erinnern schien.
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Bezüglich beider Zeugen ist dies aus der großen zeitlichen Entfernung der Vorgänge und den Tatsachen erklärlich, dass sowohl für den Zeugen ... als Techniker als auch für den Zeugen ... als Akquisiteur die Sicherungsabrede nicht im Mittelpunkt ihrer Aufmerksamkeit stand.
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Für die Klägerin war diese Art der Befristung auch keine ungewöhnliche Abrede, die ausführlicher Verhandlungen bedurfte, sondern die für gewerbliche, auf dem Bausektor tätige Unternehmen, die übliche und angemessen erscheinende.
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Der Aussage des Zeugen ... war zu entnehmen, dass ihm der jetzt bewiesene Inhalt der Klausel sozusagen als eine bare Selbstverständlichkeit vorkam.
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Da danach die von der Klägerin geltend gemachten Ansprüche nicht bestanden, hatte die Berufung den Erfolg, dass die Klage abgewiesen werden musste.
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Die Klägerin hat gemäß §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO die gesamten Kosten des Rechtsstreits einschließlich der Kosten der Revision zu tragen, da sie unterlegen ist.
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Eine über die Nichtzulassungsbeschwerde hinausgehende Revisionsmöglichkeit konnte nicht gegeben werden, weil die Voraussetzungen des § 543 ZPO nicht vorliegen.
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