Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Beschluss, 16. Aug. 2011 - 5 W 189/11 - 81

bei uns veröffentlicht am16.08.2011

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Landgerichts Saarbrücken vom 29.4.2011 (Az. 6 O 123/08) wird zurückgewiesen.

2. Die Kosten des Beschwerdeverfahrens trägt der Kläger.

3. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 11.840 EUR festgesetzt.

4. Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Der Kläger macht mit seiner vor dem Landgericht Saarbrücken erhobenen Klage Ansprüche geltend auf Räumung und Herausgabe von Mieträumen sowie auf Zahlung – unter anderem – rückständigen Mietzinses. Das Landgericht hat Beweis erhoben gemäß Beweisbeschluss vom 8.1.2009 zu der Frage, ob das Dach des Gebäudes in einem Bereich im Obergeschoss undicht sei (Bl. 181/182 d. A.). Der Sachverständige, Dachdeckermeister K.G., wurde gemäß Beschluss vom 18.3.2010 mit der Erstellung eines Gutachtens beauftragt (Bl. 369 d. A.).

Ein erstes Gutachten wurde unter dem 25.9.2010 erstellt (Bl. 467 d. A.). Der Sachverständige erläuterte es im Termin vom 15.12.2010 (Bl. 563 d. A.). Die Parteien kamen überein, dass ein zweiter Ortstermin durchgeführt werden solle, entweder an einem Regentag oder unter künstlicher Beregnung des Daches (Bl. 566 d. A.). Hierzu erging unter dem 23.12.2010 ein weiterer Beweisbeschluss (S. 573 d. A.). Die Beklagtenvertreterin teilte dem Sachverständigen unter dem 7.1.2011 mit, dass wegen aktuellen Regenwetters anheim gestellt werde, sich die Örtlichkeit anzusehen (Bl. 565 d. A.). Der Sachverständige lud die Parteivertreter kurzfristig telefonisch zur Ortsbesichtigung; von beiden wurde ihm "abgesagt" (Stellungnahme des Sachverständigen vom 30.3.2011, Bl. 643 d. A.).

Der Sachverständige erstellte ein Ergänzungsgutachten vom 17.2.2011 (Bl. 610 d. A.). Das Landgericht stellte das Gutachten den Parteivertretern zu und gab Gelegenheit, binnen drei Wochen Stellung zu nehmen. Der Klägervertreter erhielt das Gutachten 25.2.2011 (Bl. 626 d. A.). Mit am 21.3.2011 eingegangenem Schriftsatz vom 18.3.2011 hat der Kläger Stellung genommen (Bl. 635 d. A.). Zugleich hat er den Sachverständigen wegen der Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Zur Begründung hat er ausgeführt, der Sachverständige habe den Ortstermin am 7.1.2011 ohne Mitwirkung des Klägers durchgeführt und damit den Anschein der Parteilichkeit erweckt. Im Rahmen der Erklärungen zum Inhalt des Ergänzungsgutachtens hat er weiter vorgetragen, das Gutachten sei überflüssig und bringe keine neuen Erkenntnisse; es könne "sogar der Verdacht aufkommen, dass es sich um ein Gefälligkeitsgutachten" handele (Bl. 637 d. A.).

Der Sachverständige hat sich mit Schreiben vom 30.3.2011 (Bl. 645 d. A.) zu dem Befangenheitsantrag geäußert.

Das Landgericht hat den Antrag mit Beschluss vom 29.4.2011 als unzulässig zurückgewiesen (Bl. 652 d. A.). Er sei am 21.2.2011 und damit nach Ablauf der vom Gericht gesetzten dreiwöchigen Frist zur Stellungnahme zum Gutachten gemäß § 411 Abs. 4 ZPO, endend mit Ablauf des 18.3.2011, gestellt worden und deshalb verfristet.

Der Kläger hat gegen den am 17.5.2011 zugestellten (Bl. 659 d. A.) Beschluss am 27.5.2011 sofortige Beschwerde eingelegt (Bl. 661 d. A.). Er behauptet, das Ablehnungsgesuch per Fax vorab schon am 18.3.2011 an das Landgericht gesandt zu haben. Wegen einer technischen Störung habe sein Faxgerät kein Protokoll ausgedruckt. Der Übertragungsvorgang sei aber ordnungsgemäß erfolgt, weil er keinen gegenteiligen Hinweis auf seinem Faxgerät gesehen habe (Bl. 667/668 d. A.). Dessen ungeachtet hält er für relevant, dass der Schriftsatz vom 18.3.2011 auch dann, wenn er an jenem Tag eingegangen wäre, nicht hätte vor dem 21.3.2011 bearbeitet werden können. Bezug nehmend auf die Stellungnahme des Sachverständigen vom 30.3.2011, stellt der Kläger in Abrede, dass sein Prozessbevollmächtigter ein oder zwei Tage nach dem durch den Sachverständigen telefonisch mitgeteilten Ortstermin vom 7.1.2011 nachgefragt habe, ob der Termin stattgefunden habe (Bl. 668 d. A.).

Das Landgericht hat die Sache nach Nichtabhilfe gemäß Beschluss vom 28.7.2011 (Bl. 682 d. A.) dem Saarländischen Oberlandesgericht vorgelegt.

II.

Die sofortige Beschwerde ist zulässig, insbesondere gemäß § 406 Abs. 5 ZPO statthaft und innerhalb der Beschwerdefrist des § 569 Abs. 1 ZPO eingelegt. Sie ist jedoch nicht begründet.

Das Landgericht hat den Befangenheitsantrag des Klägers im Ergebnis zu Recht zurückgewiesen.

Es ist höchst zweifelhaft, ob der Ablehnungsantrag zulässig gewesen ist.

Gemäß § 406 Abs. 2 ZPO ist der Ablehnungsantrag spätestens binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung zu stellen. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Insbesondere wenn sich Ablehnungsgründe erst aus dem Inhalt eines Gutachtens ergeben, ist naturgemäß der Ablauf der Zweiwochenfrist des § 406 Abs. 2 S. 1 ZPO unschädlich (Greger in: Zöller, ZPO, § 406 Rdnr. 11). In einem solchen Fall ist aber der Antrag unverzüglich analog § 121 BGB nach Kenntnis von dem Ablehnungsgrund zu stellen (OLG Celle, NJW-RR 1995, 128). Hat das Gericht eine Frist zur Stellungnahme zum Gutachten gemäß § 411 Abs. 4 ZPO gesetzt und muss sich eine Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinander setzen, läuft die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit im Allgemeinen gleichzeitig mit der gesetzten Stellungnahmefrist – das wären hier drei Wochen, endend am 18.3.2011 – ab (BGH, Beschluss vom 15.03.2005 - VI ZB 74/04, NJW 2005, 1869, 1870).

Der Kläger beruft sich vorliegend – abgesehen von der unsubstanziierten Vermutung, es bestehe der Verdacht eines Gefälligkeitsgutachtens – nicht auf Umstände im Zusammenhang mit dem Gutachteninhalt, sondern darauf, dass der Sachverständige den Grundsatz der Parteiöffentlichkeit gemäß § 357 ZPO missachtet habe. Die dem zu Grunde liegenden Tatsachen kannte sein Prozessbevollmächtigter aber wohl schon vor dem Ortstermin am 7.1.2011. Der Sachverständige hat in seiner Stellungnahme ausgeführt, beide Rechtsanwälte hätten erklärt, am Termin nicht teilnehmen zu können, und er habe gegenüber dem Klägervertreter zum Ausdruck gebracht, wegen der zuvor besprochenen besonderen Dringlichkeit den Termin alleine durchzuführen. Wollte der Kläger in diesem Verhalten einen Befangenheitsgrund sehen, hätte er den Sachverständigen unverzüglich und nicht erst mehr als zwei Monate später ablehnen müssen.

Ob das Gesuch verfristet gewesen ist, kann aber dahinstehen. Ebensowenig kommt es darauf an, ob für den Fall, dass man den zeitlichen Rahmen für eine zulässige Ablehnung (erst) mit dem 18.3.2011 – dem Ablauf der vom Gericht gesetzten Stellungnahmefrist – enden lassen wollte, das Vorbringen des Klägers zu technischen Problemen mit dem Telefax als Entschuldigung im Sinne des § 406 Abs. 2 S. 2 ZPO gelten kann (zu den anwaltlichen Sorgfaltsanforderungen bei der Verwendung eines Telefax vgl. BGH, Beschl. v. 20.12.2007 – III ZB 73/07 – JurBüro 2009, 168; Urt. v. 26.6.1996 – IV ZB 5/96 – VersR 1997, 84; Beschl. v. 6.3.1995 – II ZB 1/95 – NJW 1995, 1431).

Denn jedenfalls ist der Befangenheitsantrag unbegründet.

Gemäß § 406 Abs. 1 Satz 1 ZPO kann ein Sachverständiger aus denselben Gründen wie ein Richter gemäß § 42 ZPO abgelehnt werden, wenn objektive Umstände gegeben sind, auf Grund deren vom Standpunkt einer verständigen Partei aus die Befürchtung besteht, er stehe der Sache nicht unvoreingenommen gegenüber. Bereits der Anschein der Parteilichkeit rechtfertigt die Ablehnung, sofern es genügend ihn hervorrufende objektive Gründe gibt (BGH, Beschl. v. 13.1.1987 – X ZR 29/86 – NJW-RR 1987, 893).

Hieran fehlt es.

Der Kläger meint, der Sachverständige habe den Anschein der Parteilichkeit dadurch erweckt, dass er den Ortstermin am 7.1.2011 ohne Mitwirkung des Klägers durchgeführt habe (zur – analogen – Anwendbarkeit des § 357 ZPO auf den Ortstermin eines Sachverständigen zur Vorbereitung des Gutachtens siehe OLG Bremen, OLGR Bremen 1998, 422; OLG München, OLGZ 1983, 355).

Das trifft unter den gegebenen Umständen nicht zu.

Grundsätzlich kann die Durchführung eines Ortstermins in Anwesenheit nur einer Partei die Besorgnis der Befangenheit des Sachverständigen rechtfertigen. Das gilt aber nur dann, wenn sein Verhalten in irgendeiner Weise auf die Intention schließen lässt, eine Partei dadurch zu benachteiligen, dass sie von der Teilnahme – etwa durch ein (bewusstes) Absehen von einer Terminsmitteilung – ausgeschlossen wird (OLG Celle, OLGR Celle, 2009, 448; OLG München, OLGZ 1983, 355).

Eine dem vergleichbare Konstellation war hier nicht gegeben.

Der Sachverständige hat in seiner Stellungnahme vom 30.3.2011 (Bl. 645 d. A.) erklärt, er habe beide Parteivertreter telefonisch zur Ortsbesichtigung eingeladen, nachdem er von der Beklagtenvertreterin auf einen Wassereinbruch aufmerksam gemacht worden sei. Ihm sei aber abgesagt worden. Gegenüber dem Klägervertreter habe er angekündigt, den Termin allein wahrzunehmen, "so wie es im Gerichtstermin wegen der Dringlichkeit besprochen und auch von beiden Parteien abgenickt" worden sei. Das wird vom Kläger – anders als der in der Stellungnahme weiter erwähnte spätere Anruf des Klägervertreters beim Sachverständigen mit der Rückfrage zum Ortstermin – nicht bestritten. Auch in der Kurznachricht des Sachverständigen an das Landgericht vom 8.1.2011 (Bl. 608 d. A.) nimmt der Sachverständige Bezug auf im Gerichtstermin vom 15.12.2010 besprochene Dringlichkeitsgründe und darauf, dass die Rechtsanwälte telefonisch unterrichtet worden seien, beide jedoch nicht hätten kommen können.

Bei diesem Sachverhalt bestehen aus der maßgeblichen vernünftigen Sicht der Partei keine Gründe für die Besorgnis, der Sachverständige hätte den Gutachtenauftrag nicht mit der gebotenen Neutralität erledigt. Der Sachverständige ist offenbar der Ansicht gewesen, er müsse möglichst rasch tätig werden, wenn die Wetterlage Feststellungen zum Beweisthema ermögliche, und dies sei auch im Sinne der Parteien. Der Klägervertreter hat nichts dazu vorgetragen, dass er dem Sachverständigen gegenüber in irgendeiner Weise zu verstehen gegeben hätte, mit der Durchführung des telefonisch mitgeteilten Ortstermins ohne seine oder des Klägers Anwesenheit nicht einverstanden zu sein. Der Sachverständige durfte deshalb annehmen, die Klägerseite habe kein gesteigertes Interesse an der Teilnahme (vgl. zu einem ähnlichen Fall OLG Celle, OLGR Celle, 2009, 448).

Womit er vor diesem Hintergrund den Anschein erweckt haben sollte, er agiere einseitig zum Nachteil des Klägers, ist nicht erkennbar.

Sonstige befangenheitsrelevante Einwände bringt der Kläger nicht vor. Im Schriftsatz vom 18.3.2011 nimmt er im Wesentlichen Stellung zum Inhalt des Ergänzungsgutachtens. Die Tatsache, dass Feststellungen in einem Gutachten mit der Einschätzung einer Partei nicht im Einklang stehen, ist indessen nicht geeignet, die Neutralität des Sachverständigen infrage zu stellen, selbst wenn die Feststellungen möglicherweise inhaltlich falsch sein sollten (vgl. OLG Bremen, OLGR Bremen 1998, 422). Auch dass der Kläger das Ergänzungsgutachten für "völlig überflüssig" hält, weil es keine neuen Erkenntnisse bringe, ändert daran nichts. Der Sachverständige ist tätig geworden, weil das Landgericht ihm dieses mit weiterem Beweisbeschluss vom 23.12.2010 aufgegeben hatte (Bl. 573 d. A.). Der vom Kläger geäußerte Verdacht eines "Gefälligkeitsgutachtens" (Bl. 641 d. A.) wird außer mit – insoweit unerheblichen – sachlichen Einwendungen gegen die Schlussfolgerungen des Gutachtens nicht begründet.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO.

Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens ist auf ein Drittel des Streitwerts der Hauptsache festzusetzen (vgl. BGH, Beschl. v. 15.12.2003 – II ZB 32/03, AGS 2004, 159; Senat, Beschl. v. 9.10.2007 – 5 W 253/07 – OLGR Saarbrücken 2008, 66). Der Streitwert beläuft sich gemäß der Bezifferung der Klageschrift vom 31.3.2008 in Verbindung mit der Klageerweiterung im Schriftsatz vom 7.1.2009 (Bl. 184 d. A.) auf 35.517,52 EUR. Ein Drittel hiervon entspricht 11.870 EUR.

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(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die sofortige Beschwerde ist, soweit keine andere Frist bestimmt ist, binnen einer Notfrist von zwei Wochen bei dem Gericht, dessen Entscheidung angefochten wird, oder bei dem Beschwerdegericht einzulegen. Die Notfrist beginnt, soweit nichts anderes bestimmt ist, mit der Zustellung der Entscheidung, spätestens mit dem Ablauf von fünf Monaten nach der Verkündung des Beschlusses. Liegen die Erfordernisse der Nichtigkeits- oder der Restitutionsklage vor, so kann die Beschwerde auch nach Ablauf der Notfrist innerhalb der für diese Klagen geltenden Notfristen erhoben werden.

(2) Die Beschwerde wird durch Einreichung einer Beschwerdeschrift eingelegt. Die Beschwerdeschrift muss die Bezeichnung der angefochtenen Entscheidung sowie die Erklärung enthalten, dass Beschwerde gegen diese Entscheidung eingelegt werde.

(3) Die Beschwerde kann auch durch Erklärung zu Protokoll der Geschäftsstelle eingelegt werden, wenn

1.
der Rechtsstreit im ersten Rechtszug nicht als Anwaltsprozess zu führen ist oder war,
2.
die Beschwerde die Prozesskostenhilfe betrifft oder
3.
sie von einem Zeugen, Sachverständigen oder Dritten im Sinne der §§ 142, 144 erhoben wird.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Die Anfechtung muss in den Fällen der §§ 119, 120 ohne schuldhaftes Zögern (unverzüglich) erfolgen, nachdem der Anfechtungsberechtigte von dem Anfechtungsgrund Kenntnis erlangt hat. Die einem Abwesenden gegenüber erfolgte Anfechtung gilt als rechtzeitig erfolgt, wenn die Anfechtungserklärung unverzüglich abgesendet worden ist.

(2) Die Anfechtung ist ausgeschlossen, wenn seit der Abgabe der Willenserklärung zehn Jahre verstrichen sind.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 74/04
vom
15. März 2005
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Ergibt sich der Grund zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der
Befangenheit aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, läuft im allgemeinen die
Frist zur Ablehnung des Sachverständigen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten
Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab, wenn sich die Partei zur Begründung
des Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen muß.
BGH, Beschluß vom 15. März 2005 - VI ZB 74/04 - OLG Karlsruhe
LG Freiburg
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 15. März 2005 durch die Vorsitzende
Richterin Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin
Diederichsen und die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Die Rechtsbeschwerde der Klägerin gegen den Beschluß des 13. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Karlsruhe vom 19. Oktober 2004 wird auf ihre Kosten zurückgewiesen.

Gründe:

I.

Die Klägerin begehrt aus übergegangenem Recht von den Beklagten die Zahlung des hälftigen Betrages der Schadensersatzleistungen, die sie als Berufshaftpflichtversicherer des Dr. E. an die Witwe des Patienten F. erbracht hat. F., dessen Hausarzt Dr. E. war, ließ sich im Januar 1995 wegen einer erektilen Dysfunktion in der andrologischen Sprechstunde der Urologischen Abteilung der Beklagten zu 1 durch den Beklagten zu 2 beraten. Im Dezember 1995 wurde bei F. ein Darmkarzinom in fortgeschrittenem Stadium diagnostiziert, an dem er inzwischen verstorben ist. Die Klägerin behauptet, unter den gegebenen Umständen hätte der Beklagte zu 2 differentialdiagnostische Erwägungen anstellen und weitere Befunde erheben müssen. Mit hinreichender Sicherheit wäre im Januar 1995 bereits
das Rektumkarzinom erkannt worden. Das Verkennen dieses Befundes oder das Unterlassen einer Reaktion hierauf wäre auf jeden Fall als grober Behandlungsfehler zu werten. Die Beklagten wenden ein, daß in dem fraglichen Zeitraum das Dickdarmkarzinom noch nicht vorgelegen habe. Durch Beweisbeschluß vom 5. Dezember 2003 hat das Landgericht Prof. Dr. S. mit der Erstattung eines schriftlichen medizinischen Gutachtens beauftragt. Durch Verfügung vom 1. März 2004 hat das Gericht das Gutachten den Parteien zugeleitet und Frist zur Stellungnahme bis 30. März 2004 gesetzt. Die Frist ist auf Antrag der Klägerin bis 15. April 2004 verlängert worden. Mit am 15. April 2004 beim Landgericht eingegangenem Schriftsatz hat die Klägerin Einwände gegen das Gutachten vorgebracht und unter Bezugnahme darauf den Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Das Landgericht hat den Befangenheitsantrag mit Beschluß vom 17. Mai 2004 als unbegründet zurückgewiesen. Dagegen hat die Klägerin sofortige Beschwerde eingelegt. Das Oberlandesgericht hat mit Beschluß vom 19. Oktober 2004 die sofortige Beschwerde zurückgewiesen. Zur Begründung hat es ausgeführt, daß der Ablehnungsantrag verspätet und deshalb unzulässig sei, weil die Geltendmachung des Befangenheitsgrundes keine inhaltliche Auseinandersetzung mit dem Gutachten erfordert habe. Das Oberlandesgericht hat im Hinblick auf den uneinheitlichen Meinungsstand in der obergerichtlichen Rechtsprechung zur Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO die Rechtsbeschwerde zugelassen. Die Klägerin verfolgt mit dem von ihr eingelegten Rechtsmittel die Ablehnung des Sachverständigen Prof. Dr. S. wegen Besorgnis der Befangenheit weiter.

II.

Die Beschwerde der Klägerin ist statthaft nach § 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 ZPO; sie ist auch im übrigen zulässig, § 575 ZPO. Die Beschwerde hat jedoch im Ergebnis keinen Erfolg. 1. Der Antrag auf Ablehnung des gerichtlichen Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit ist allerdings entgegen der Auffassung des Beschwerdegerichts nicht bereits als unzulässig - weil verspätet - zurückzuweisen.
a) Nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO ist der Ablehnungsantrag grundsätzlich spätestens binnen zwei Wochen nach der Zustellung des Beschlusses über die Ernennung des Sachverständigen anzubringen. Ergeben sich die Gründe, auf die die Ablehnung des Sachverständigen gestützt wird, aus dessen Gutachten, ist die Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO maßgebend. Die Ablehnungsgründe sind in diesem Falle nicht binnen einer kalendermäßigen Frist, sondern grundsätzlich unverzüglich (§ 121 Abs. 1 Nr. 1 BGB) nach Kenntnis des Gutachtens geltend zu machen. Das bedeutet, daß der Ablehnungsantrag zwar nicht sofort, wohl aber ohne schuldhaftes Zögern, das heißt innerhalb einer den Umständen des Einzelfalls angepaßten Prüfungs- und Überlegungsfrist anzubringen ist (vgl. Palandt/Heinrichs, BGB, 63. Aufl. § 121 Rn. 3). Zugleich hat der Antragsteller glaubhaft zu machen, daß er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. In einem einfach gelagerten Fall können bereits wenige Tage ausreichend sein, um die das Ablehnungsgesuch stützenden Tatsachen zu erkennen und vorzutragen. Hingegen kann sich die Frist je nach Sachlage verlängern, wenn der Ablehnungsgrund erst nach sorgfältiger Prüfung des Gutachtens zu erkennen ist. Von diesen Grundsätzen geht auch das Beschwerdegericht aus.

b) Von den Oberlandesgerichten werden zur Länge der Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO unterschiedliche Auffassungen vertreten. aa) Einige Oberlandesgerichte (OLG Koblenz, OLGR Koblenz 1998, 470; OLG Köln, OLGR Köln 1995, 147; OLG Naumburg, 10 W 23/01, juris-Abfrage; OLG München, OLGR München 2004, 117; 2003, 58) sind in Übereinstimmung mit Stimmen im Schrifttum (Musielak/Huber ZPO, 4. Aufl., § 406 Rn. 14; Reichold in: Thomas/Putzo ZPO, 26. Aufl., § 406 Rn. 7) der Meinung, die ZweiWochen -Frist nach § 406 Abs. 2 Satz 1 ZPO gelte grundsätzlich auch für § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Sie bilde im Interesse des Prozessgegners die Obergrenze und gelte auch dann, wenn eine längere Frist zur Stellungnahme zu einem Gutachten nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzt worden sei. Durch letztere solle die sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens ermöglicht werden. Eine solche sei für die Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit regelmäßig nicht erforderlich. bb) Teilweise wird in der Rechtsprechung die Auffassung des Beschwerdegerichts vertreten, eine allgemeine Fristbindung sei zwar nicht sachgerecht. Es sei vielmehr ausschließlich auf die Umstände des jeweiligen Einzelfalles abzustellen und jeweils zu prüfen, welche Zeit im konkreten Fall erforderlich sei, um den Ablehnungsgrund erkennen und unverzüglich geltend machen zu können. Doch entspreche die Frist auch nicht der vom Gericht gemäß § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist zur Stellungnahme zum Inhalt des Gutachtens, da die Geltendmachung des Ablehnungsgrundes eine sachliche Auseinandersetzung mit dem Inhalt des Gutachtens gerade nicht erfordere (vgl. BayObLGZ 1994, 183; KG, KGR Berlin 2001, 183; OLG Nürnberg, VersR 2001, 391; OLG Frankfurt, OLGR Frankfurt 1995, 139; OLG München, OLGR München 1994, 237; OLG München, OLGR München 2000, 211; Thüringer OLG, OLGR Jena 2000, 113, 115 f.; OLG Brandenburg, OLGR Brandenburg 2000, 275 und
OLG-NL 2003, 92; Stein-Jonas/Leipold ZPO, 21. Aufl. § 406 Rn. 19; Zöller/Greger ZPO, 25. Aufl., § 406 Rn. 11). cc) Das Oberlandesgericht Düsseldorf vertritt die Auffassung (OLGR Düsseldorf 2001, 469; ebenso [MünchKomm/Damrau ZPO, 2. Aufl., § 406 Rn. 7]), daß ein Befangenheitsantrag, der innerhalb der zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist eingereicht wird, zumindest dann nicht nach § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO verspätet sei, wenn sich die Besorgnis der Befangenheit erst aus einer inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten ergebe. Die am Rechtsstreit beteiligten Parteien müßten sich innerhalb der nach § 411 Abs. 4 ZPO gesetzten Frist abschließend mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen und mitteilen, ob und gegebenenfalls in welchen Punkten Ergänzungsbedarf gesehen werde. Komme hierbei eine Partei aufgrund der inhaltlichen Prüfung des Gutachtens nicht nur zu dem Ergebnis , daß dieses unrichtig oder ergänzungsbedürftig sei, sondern daß bestimmte Ausführungen des Sachverständigen in seinem schriftlichen Gutachten auf Voreingenommenheit ihr gegenüber zurück zu führen seien, sei auch diese Besorgnis Ergebnis der inhaltlichen Auseinandersetzung mit dem schriftlichen Gutachten. Die Länge der Frist, binnen derer die Partei das Ergebnis ihrer Prüfung des Gutachtens in Antragsform anzubringen habe, könne in einem solchen Fall nicht davon abhängig sein, ob lediglich ein Ergänzungsantrag oder auch ein Befangenheitsantrag oder - wie im vorliegenden Fall - eine Kombination aus beiden Anträgen eingereicht werde. Der Antragsteller könne nicht gezwungen sein, binnen kürzerer Frist eine Vorprüfung des Gutachtens vorzunehmen, nur um feststellen zu können, ob das Gutachten Mängel enthalte, die aus seiner Sicht nicht nur einen Ergänzungsantrag nötig machten, sondern sogar die Besorgnis der Befangenheit rechtfertigten. Das Oberlandesgericht Düsseldorf (aaO) weist darauf hin, daß die Anwendung einer gegenüber der Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO verkürzten Frist zur Einreichung des Befangen-
heitsantrags auch nicht geboten sei, um zu verhindern, daß Ablehnungsanträge aus prozeßtaktischen Gründen zurückgehalten würden. Zum einen ergebe sich die Möglichkeit des Antragstellers, binnen längerer Frist zulässigerweise einen Ablehnungsantrag stellen zu können, ohnehin nur in den Fällen, in denen die Stellungnahmefrist nach § 411 Abs. 4 ZPO länger sei als die angemessene Frist des § 406 Abs. 2 Satz 2 ZPO. Zum anderen könne das Gericht prozeßleitende Maßnahmen erst dann treffen, wenn die Stellungnahmefrist des § 411 Abs. 4 ZPO abgelaufen sei. Deshalb verfange nicht der Einwand, die Prozeßförderungspflicht der Parteien gebiete eine schnellere Geltendmachung des entsprechenden Ablehnungsgrundes. dd) Dieser Auffassung schließt sich der Senat an. Die Ablehnung eines Sachverständigen findet statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Mißtrauen gegen seine Unparteilichkeit zu rechtfertigen, §§ 406 Abs. 1, 42 Abs. 2 ZPO. Es muß sich dabei um Tatsachen oder Umstände handeln, die vom Standpunkt des Ablehnenden aus bei vernünftiger Betrachtung die Befürchtung wecken können, der Sachverständige stehe der Sache nicht unvoreingenommen und damit nicht unparteiisch gegenüber (vgl. BGH, Urteil vom 13. Januar 1987 - X ZR 29/86 - NJW-RR 1987, 893). Eine solche Befürchtung fehlender Unparteilichkeit kann berechtigt sein, wenn der Sachverständige seine gutachterlichen Äußerungen in einer Weise gestaltet, daß s ie als Ausdruck einer unsachlichen Grundhaltung gegenüber einer Partei gedeutet werden können. Ergibt sich der Ablehnungsgrund aus dem Inhalt des schriftlichen Gutachtens, muß der Partei eine angemessene Zeit zur Überlegung und zur Einholung von rechtlichem Rat zur Verfügung stehen. Auch wenn durch die zeitliche Begrenzung des Ablehnungsrechts gemäß § 406 Abs. 2 ZPO bezweckt werden soll, der Verzögerung von Prozessen durch verspätete Ablehnungsanträge entgegenzuwirken (vgl. Jeßnitzer/Frieling, Der gerichtliche Sachverständige, 10. Aufl., Rn. 223), ist andererseits zu bedenken, daß der Anspruch einer Pro-
zeßpartei auf einen aus ihrer Sicht unparteiischen Sachverständigen unmittelbarer Ausfluß des Rechtsstaatsprinzips ist und die Durchsetzung dieses Anspruchs nicht durch verfahrensrechtliche Hürden unangemessen erschwert werden darf. Darauf weist die Rechtsbeschwerde mit Recht hin. Vor diesem Hintergrund darf die Frage nach der Rechtzeitigkeit eines Ablehnungsantrags nicht ausschließlich von der Beurteilung der Umstände des Einzelfalles durch das Prozeßgericht abhängig gemacht werden. Schon aus Gründen der Rechtssicherheit muß die Partei wissen, welcher Zeitraum ihr zur Prüfung des Gutachtens in jedweder Hinsicht zur Verfügung steht. Muß sich die Partei zur Begründung ihres Antrags mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen, läuft die Frist zur Ablehnung des Sachverständigen wegen Besorgnis der Befangenheit im allgemeinen gleichzeitig mit der vom Gericht gesetzten Frist zur Stellungnahme nach § 411 Abs. 4 ZPO ab. ee) Nach den dargestellten Grundsätzen hat die Klägerin den Befangenheitsantrag gegen den gerichtlichen Sachverständigen am letzten Tag der verlängerten Frist zur Stellungnahme, dem 15. April 2004, noch rechtzeitig gestellt. Die Klägerin hat den Antrag damit begründet, daß der Sachverständige eine einseitige Beweiswürdigung zugunsten des Beklagten zu 2 vorgenommen habe. Diesen Vorwurf hat die Klägerin anhand des Gutachtens im einzelnen belegt. Dafür mußte sie sich offensichtlich mit dem Inhalt des Gutachtens auseinandersetzen. 2. Der Antrag ist aber unbegründet. Er wird ausschließlich auf Umstände gestützt, die ihre Ursache in einer Auseinandersetzung mit dem sachlichen Inhalt des schriftlichen Gutachtens des gerichtlichen Sachverständigen haben. Mangel an Sachkunde, Unzulänglichkeiten oder Fehlerhaftigkeit mögen das Gutachten entwerten, rechtfertigen für sich allein aber nicht die Ablehnung des Sachverständigen wegen Befangenheit (vgl. BGH, Urteil vom 5. November
2002 - X ZR 178/01 - FF 2003, Sonderheft 1, 101). Die Klägerin rügt, der Sachverständige habe das Gutachten erstellt, ohne daß ihm originale Krankenunterlagen oder ärztliche Dokumentationen vorgelegen hätten; er habe die Tatsachen unzureichend erfasst und sei deshalb von einem unrichtigen Sachverhalt ausgegangen. Damit erhebt sie den Vorwurf einer fehlerhaften Gutachtenserstattung aufgrund mangelnder Sorgfalt. Dieser Vorwurf begründet aber regelmäßig nicht die Besorgnis der Befangenheit, weil er nicht die Unparteilichkeit des Sachverständigen betrifft. Der mangelnden Sorgfalt eines Sachverständigen sehen sich beide Parteien in gleicher Weise ausgesetzt. Das Prozeßrecht gibt in den §§ 411, 412 ZPO dem Gericht und den Parteien ausreichende Mittel an die Hand, solche Mängel zu beseitigen und auf ein Gutachten hinzuwirken, das als Grundlage für die gerichtliche Entscheidung geeignet ist. 3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.
Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll

(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.

(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
III ZB 73/07
vom
20. Dezember 2007
in dem Rechtsstreit
Der III. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 20. Dezember 2007 durch
den Vorsitzenden Richter Schlick und die Richter Dr. Wurm, Dr. Kapsa,
Dr. Herrmann und Wöstmann

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten wird der Beschluss der 13. Zivilkammer des Landgerichts Stuttgart vom 8. August 2007 - 13 S 98/07 - aufgehoben.
Die Sache wird zur erneuten Entscheidung auch über die Kosten des Rechtsbeschwerdeverfahrens an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Der Wert des Beschwerdegegenstandes wird auf 4.257 € festgesetzt.

Gründe:


1
Die nach § 574 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 i.V.m. § 522 Abs. 1 Satz 4, § 238 Abs. 2 Satz 1 ZPO statthafte Rechtsbeschwerde der Beklagten ist zulässig, weil die Voraussetzungen des § 574 Abs. 2 ZPO erfüllt sind. Die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung erfordert eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichtes , weil das Berufungsgericht die Glaubhaftmachung der Tatsachen für die beantragte Wiedereinsetzung in die Berufungsbegründungsfrist ohne hinreichende Auseinandersetzung mit den von der Beklagten vorgetragenen Umständen verneint und damit die Grenzen tatrichterlicher Würdigung überschritten hat. Dies verletzt den Anspruch der Beklagten auf wirkungsvollen Rechtsschutz (Art. 2 Abs. 1 i.V.m. Art. 20 Abs. 3 GG).
2
1. Die Umstände für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand sind glaubhaft gemacht, wenn die zur Glaubhaftmachung vorgelegte eidesstattliche Versicherung (§ 234 ZPO) eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für den in ihr dargestellten Sachverhalt ergibt (vgl. BGH, Beschluss vom 17. Januar 2002 - VII ZB 32/01 - NJW 2002, 1429 f).
3
Das Berufungsgericht hat die Zurückweisung des Wiedereinsetzungsgesuches der Beklagten wegen mangelnder Glaubhaftmachung insbesondere damit begründet, dass die Angaben der Mitarbeiterin ihres Prozessbevollmächtigten in der eidesstattlichen Versicherung nicht mit dem beigelegten Journalausdruck des Faxgerätes in Übereinstimmung zu bringen sind. Dabei hat es sich rechtsfehlerhaft nicht mit dem Vorbringen der Beklagten in ihrem Wiedereinsetzungsgesuch auseinandergesetzt, dass die fünf fehlgeschlagenen Übermittlungsversuche in dem mit dem Gesuch vorgelegten Faxjournal in der fraglichen Zeit dadurch dokumentiert seien, dass die für einen Sendeauftrag vergebenen fortlaufenden Nummerierungen des Faxgerätes zwischen # 451 und # 456 fehlen. Wenn dieses Vorbringen den technischen Gegebenheiten entsprechen sollte und das Faxgerät weiterhin - wie mit der Rechtsbeschwerde geltend gemacht - bei Anwahlversuchen, bei denen es zu einer Verbindung mit der Gegenseite nicht gekommen ist, keinen Sendebericht ausdruckt, konnte das Berufungsgericht nicht zur Grundlage seiner Beurteilung der Glaubhaftmachung der zur Wiedereinsetzung vorgetragenen Tatsachen machen, dass weitere Journalausdrucke oder Faxsendeberichte von der Beklagten nicht vorgelegt wurden.
4
2. Die Entscheidung des Berufungsgerichts stellt sich auch nicht aus anderen Gründen als richtig dar (§ 577 Abs. 3 ZPO). Insbesondere kann der Beklagten nicht entgegengehalten werden, dass sie mit der Faxübermittlung bis 9 Minuten vor Ablauf der Berufungsbegründungsfrist zugewartet hat, denn Fristen können voll ausgenutzt werden (vgl. BVerfGE 69, 381, 385). Mit der ordnungsgemäßen Nutzung eines funktionsfähigen Sendegeräts und der korrekten Eingabe der Empfängernummer ist das Erforderliche zur Fristwahrung getan, wenn so rechtzeitig mit der Faxübermittlung begonnen wird, dass unter normalen Umständen mit ihrem Abschluss bis 24.00 Uhr zu rechnen ist (BVerfG NJW 1996, 2857). Davon ist hier auszugehen, da die Faxübermittlung am Folgetag lediglich 1 Minute 33 Sekunden gedauert hat und die Übermittlung nach den Angaben in der eidesstattlichen Versicherung der Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Beklagten nicht daran gescheitert ist, dass die Telefonleitung besetzt war.
5
3. Der Senat ist an einer eigenen Entscheidung gehindert (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO). Das Berufungsgericht wird erneut zu prüfen haben, ob die eidesstattliche Versicherung der Mitarbeiterin des Prozessbevollmächtigten der Beklagten eine ausreichende Wahrscheinlichkeit für die unverschuldete Säumnis der Berufungsbegründungsfrist ergibt. Hierbei wird das Berufungsgericht genauer in den Blick zu nehmen haben, ob die von der Beklagten behaupteten Funktionen des Faxgerätes ihres Prozessbevollmächtigten zutreffen und ob die Feststellungen zur Funktionstüchtigkeit der Faxgeräte des Landgerichtes hin- reichenden Anlass geben, die Richtigkeit der Angaben in der eidesstattlichen Versicherung in Zweifel zu ziehen.
Schlick Wurm Kapsa
Herrmann Wöstmann
Vorinstanzen:
AG Nürtingen, Entscheidung vom 03.04.2007 - 16 C 2084/06 -
LG Stuttgart, Entscheidung vom 08.08.2007 - 13 S 98/07 -

(1) Ein Sachverständiger kann aus denselben Gründen, die zur Ablehnung eines Richters berechtigen, abgelehnt werden. Ein Ablehnungsgrund kann jedoch nicht daraus entnommen werden, dass der Sachverständige als Zeuge vernommen worden ist.

(2) Der Ablehnungsantrag ist bei dem Gericht oder Richter, von dem der Sachverständige ernannt ist, vor seiner Vernehmung zu stellen, spätestens jedoch binnen zwei Wochen nach Verkündung oder Zustellung des Beschlusses über die Ernennung. Zu einem späteren Zeitpunkt ist die Ablehnung nur zulässig, wenn der Antragsteller glaubhaft macht, dass er ohne sein Verschulden verhindert war, den Ablehnungsgrund früher geltend zu machen. Der Antrag kann vor der Geschäftsstelle zu Protokoll erklärt werden.

(3) Der Ablehnungsgrund ist glaubhaft zu machen; zur Versicherung an Eides statt darf die Partei nicht zugelassen werden.

(4) Die Entscheidung ergeht von dem im zweiten Absatz bezeichneten Gericht oder Richter durch Beschluss.

(5) Gegen den Beschluss, durch den die Ablehnung für begründet erklärt wird, findet kein Rechtsmittel, gegen den Beschluss, durch den sie für unbegründet erklärt wird, findet sofortige Beschwerde statt.

(1) Ein Richter kann sowohl in den Fällen, in denen er von der Ausübung des Richteramts kraft Gesetzes ausgeschlossen ist, als auch wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt werden.

(2) Wegen Besorgnis der Befangenheit findet die Ablehnung statt, wenn ein Grund vorliegt, der geeignet ist, Misstrauen gegen die Unparteilichkeit eines Richters zu rechtfertigen.

(3) Das Ablehnungsrecht steht in jedem Fall beiden Parteien zu.

(1) Den Parteien ist gestattet, der Beweisaufnahme beizuwohnen.

(2) Wird die Beweisaufnahme einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht übertragen, so ist die Terminsbestimmung den Parteien ohne besondere Form mitzuteilen, sofern nicht das Gericht die Zustellung anordnet. Bei Übersendung durch die Post gilt die Mitteilung, wenn die Wohnung der Partei im Bereich des Ortsbestellverkehrs liegt, an dem folgenden, im Übrigen an dem zweiten Werktage nach der Aufgabe zur Post als bewirkt, sofern nicht die Partei glaubhaft macht, dass ihr die Mitteilung nicht oder erst in einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
II ZB 32/03
vom
15. Dezember 2003
in dem Rechtsstreit
Der II. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat am 15. Dezember 2003
durch den Vorsitzenden Richter Dr. h.c. Röhricht und die Richter
Prof. Dr. Goette, Kraemer, Dr. Graf und Dr. Strohn

beschlossen:
Die Beschwerde gegen den Beschluß des 14. Zivilsenats des Oberlandesgerichts Stuttgart vom 27. Juni 2003 wird auf Kosten des Beschwerdeführers als unzulässig verworfen.
Beschwerdewert: 81.806,00

Gründe:


I. Die Parteien streiten in der Berufungsinstanz um Schadensersatz nach Beendigung ihrer Zusammenarbeit in der von der Klägerin betriebenen ärztlichen Gemeinschaftspraxis. Das Oberlandesgericht hat die Einholung eines Sachverständigengutachtens beschlossen und den Sachverständigen F. mit der Erstellung eines schriftlichen Gutachtens beauftragt. Der Beschwerdeführer hat den Sachverständigen wegen Befangenheit abgelehnt. Mit Beschluß vom 27. Juni 2003 hat das Berufungsgericht die Ablehnung für unbegründet erklärt; die Rechtsbeschwerde wurde nicht zugelassen. Gegen den Beschluß legte der Beschwerdeführer sofortige Beschwerde ein, die er
nach Hinweis durch das Berufungsgericht als außerordentliches Rechtsmittel wegen der Verletzung rechtlichen Gehörs bezeichnet. Das Oberlandesgericht hat vor der Weiterleitung an den Bundesgerichtshof mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden, eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung komme weder nach § 321 a ZPO n.F. analog noch auf Grund einer Umdeutung der Beschwerde in eine Gegenvorstellung in Betracht.
II. Die Beschwerde ist weder als Rechtsbeschwerde noch als außerordentliche Beschwerde statthaft.
1. Die Statthaftigkeit einer Rechtsbeschwerde scheitert im gegebenen Fall schon daran, daß eine solche weder gesetzlich vorgesehen noch in der angefochtenen Entscheidung zugelassen wurde (§ 574 Abs. 1 Ziff. 1 und 2 ZPO n.F.).
2. Eine außerordentliche Beschwerde zum Bundesgerichtshof ist nach der Neugestaltung des Beschwerderechts und der Einführung der Rechtsbeschwerde durch das Zivilprozeßreformgesetz vom 27. Juli 2001 (BGBl. I S. 1887, 1902 ff.) nicht mehr gegeben. Dies gilt selbst dann, wenn die Entscheidung des Beschwerdegerichts greifbar gesetzwidrig ist, insbesondere ein Verfahrensgrundrecht des Beschwerdeführers verletzt (BGH, Beschl. v. 7. März 2002 - IX ZB 11/02, BGHZ 150, 133; Beschl. v. 23. Juli 2003 - XII ZB 91/03, BB 2003, 2314). Vielmehr hat der Gesetzgeber, indem er eine Nichtzulassungsbeschwerde gegen die Entscheidungen der Beschwerdegerichte nicht eröffnet hat, unter Hinweis auf die regelmäßig geringere Bedeutung des Beschwerdeverfahrens für die Parteien und aus Gründen der Entlastung des Bundesgerichtshofs (BT-Drucks. 14/4722 S. 116 re.Sp.) bewußt davon abgesehen, eine dem § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO n.F. vergleichbare Regelung - Zulassung der Re-
vision auch bei der Verletzung von Verfahrensgrundrechten (BT-Drucks. 14/4722 S. 104 re.Sp.) - zu schaffen, obwohl die Zulassungsgründe sich bei Revision und Rechtsbeschwerde nicht unterscheiden (BGHZ 150, 133).
3. Die Verletzung von Verfahrensgrundrechten, zu denen vor allem das Recht auf rechtliches Gehör zählt, dessen Verletzung der Beschwerdeführer hier rügt, ist daher vor dem Gericht, das den Verfahrensfehler begangen haben soll, im Wege der Gegenvorstellung zu rügen; die Einräumung einer Rechtsschutzmöglichkeit bei einem anderen oder gar höheren Gericht ist dahingegen verfassungsrechtlich nicht geboten (BVerfG, ZIP 2003, 1102). Der Beklagte ist daher auf die von ihm bereits erhobene Gegenvorstellung, über die das Berufungsgericht mit Beschluß vom 10. November 2003 entschieden hat, zu verweisen.
4. Der Beschwerdewert ist nach § 3 ZPO auf ein Drittel des Hauptsache- "! !$#% % "& ! ' streitwertes von 245.420,00 Bamberg, BauR 2000, 773). Die Gegenauffassung, die Festsetzung richte sich nach § 12 Abs. 2 GKG, weil es sich bei der Ablehnung des Sachverständigen um eine nicht vermögensrechtliche Streitigkeit handele (OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222 m.w.N.), vermag schon deshalb nicht zu überzeugen, weil es sich bei der Entscheidung nach § 406 Abs. 4 und 5 ZPO nicht um eine eigenständige Streitigkeit, sondern eine das Verfahren betreffende Entscheidung im Rahmen des Rechtsstreits handelt, der keine selbständige Bedeutung zukommt. Bemißt sich somit der Beschwerdewert nach § 3 ZPO nach dem Interesse an der begehrten Entscheidung, ist dieses nicht mit dem Hauptsachestreitwert gleichzusetzen (a.A. OLG Naumburg, OLGR 1998, 323; OLG Koblenz, NJW-RR 1998, 1222), sondern nur mit einem Bruchteil von etwa einem Drittel (OLG Celle, OLGR 1994, 109; OLG Bamberg, BauR 2000, 773; a.A. OLG
Dresden, JurBüro 1998, 318: 1/10), weil dies der eingeschränkten Bedeutung und Rolle des Sachverständigen im Prozeß entspricht: Sein Gutachten bestimmt nicht allein den Ausgang des Verfahrens, sondern dient dem Gericht lediglich als Entscheidungshilfe, indem es ihm die für die Entscheidung notwendigen Fachkenntnisse vermittelt; das Gericht wiederum ist an die Meinung des Sachverständigen nicht gebunden, sondern kann weitere Sachverständige beauftragen. Daran ändert es nichts, daß in vielen Verfahren, in denen es um spezielle und schwierige Fachfragen geht, die Stellung des Sachverständigen so stark sein mag, daß das Gericht kaum umhin kommt, seiner Auffassung zu folgen, weil dies an seiner nach dem Gesetz beschränkten Aufgabe nichts ändert (OLG Bamberg aaO).
Röhricht Goette Kraemer
Graf Strohn