Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 20. Feb. 2014 - 4 U 442/12

bei uns veröffentlicht am20.02.2014

Tenor

1. Auf die Berufung des Beklagten wird das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 6. Dezember 2012 – 4 O 61/12 - abgeändert: Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Anschlussberufung der Klägerin wird zurückgewiesen.

3. Die Klägerin trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Klägerin wird nachgelassen, die Zwangsvollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe von 120 % des beizutreibenden Betrages abzuwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Zwangsvollstreckung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages Sicherheit leistet.

5. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

Im vorliegenden Rechtsstreit nimmt das klagende Telekommunikationsunternehmen den beklagten Entsorgungsverband auf Zahlung von Entgelt für die Nutzung so genannter Internet-by-call-Dienstleistungen in Anspruch.

Der Beklagte unterhält verschiedene Kläranlagen. Zur Kontrolle des Betriebs findet ein Datenaustausch via Internet statt, wobei der Verbindungsaufbau durch eine Fernwartungssoftware automatisch hergestellt wird. Zur Verbindung mit dem Internet nutzte der Beklagte Internet-by-call-Dienstleistungen, die zunächst von einer Rechtsvorgängerin der Klägerin unter der Firmierung angeboten wurden. Diese Software war im hier streitgegenständlichen Zeitraum - fehlerhaft - dergestalt programmiert, dass im Minutentakt Einwahlen vorgenommen wurden.

Hierbei wählte sich der Beklagte über ein Modem durch Anwahl einer 0800-er Nummer in das Verbindungsnetz des Dienstleisters ein, der eine Schnittstelle (Zugangsknoten) zum Internet bereitstellte und dem Kunden über eine ISDN-Verbindung den Zugang zum Internet gewährte. Die Dienstleistungen wurden ohne Voranmeldung und Registrierung des Kunden erbracht und über die Telefonrechnung der unter der Rubrik „Leistungen anderer Anbieter“ fakturiert.

Ab 1.7.2010 bot die Klägerin die unter derselben Einwahlnummer abrufbaren Dienstleistungen an, die vom Beklagten auch weiterhin genutzt wurden.

Während die Rechtsvorgängerin der Klägerin ihre Dienstleistung allein nach der Dauer der Verbindung in Rechnung stellte und pro Minute ein Entgelt von 0,0199 EUR verlangte, erhöhte die Klägerin die Minutenpreise auf 0,0249 EUR und verlangte darüber hinaus pro Einwahlvorgang ein weiteres Entgelt von 1,99 EUR. Diese Preiserhöhung führte dazu, dass das Entgelt für Nutzer, die sich - wie der Beklagte - sehr häufig in das Internet einwählten und die Verbindung nur sehr kurze Zeit aufrechterhielten, um das Fünfzig- bis Hundertfache über dem marktüblichen Niveau lag.

Gegenstand der Klage ist das Verbindungsentgelt für den Zeitraum vom 10.2. - 28.3.2011, welches die Klägerin in den Rechnungen vom 10.2.2011 bis 28.3.2011 fakturierte.

Die Klägerin hat behauptet, dass sie Anfang 2011 auch auf ihrer Internetseite die geänderten Preise veröffentlicht habe. Sie habe die Tarife an dem Nutzungsverhalten von Privatkunden orientiert, welches durch eine geringe Zahl von Einwahlen und länger anhaltende Verbindungen gekennzeichnet sei.

Auf Verlangen des Beklagten sei diesem auch erläutert worden, dass er Einzelverbindungsnachweise über eine bestimmte Internetseite einsehen könne.

Die Klägerin habe den Beklagten nicht auf die aufgelaufenen hohen Kosten hinweisen können, da die keine kundenbezogenen Daten herausgebe und auch die vom Beklagten verwendeten Rufnummern über das Festnetz nicht erreichbar seien.

Die Klägerin hat beantragt, den Beklagten zu verurteilen, an die Klägerin

1. 83.003,95 EUR nebst Zinsen hieraus in Höhe von acht Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus

1.961,44 EUR

seit dem 11.3.2011

2.921,59 EUR

seit dem 15.3.2011

3.660,92 EUR

seit dem 15.3.2011

1.001,37 EUR

seit dem 15.3.2011

6.907,57 EUR

seit dem 16.3.2011

11.719 EUR

seit dem 24.3.2011

8.384,45 EUR

seit dem 15.4.2011

661,33 EUR

seit dem 16.4.2011

15.117,49 EUR

seit dem 17.4.2011

11.534,87 EUR

seit dem 17.4.2011

2.700 EUR

seit dem 17.4.2011

361,80 EUR

seit dem 17.4.2011

818,23 EUR

seit dem 17.4.2011

9.343,33 EUR

seit dem 18.4.2011

5.910,56 EUR

seit dem 29.4.2011 zu zahlen;

2. vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 1.935,50 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 19.12.2011 zu zahlen.

Dem ist der Beklagte entgegengetreten. Der Beklagte hat die Auffassung vertreten, dass mit jeder Einwahl ein neuer Vertrag zu Stande gekommen sei. Da es an ausdrücklichen Erklärungen fehle, müsse die in der Einwahl liegende konkludente Willenserklärung ausgelegt werden. Zwar liege in dem Tarif der Klägerin ein Angebot, das der Beklagte aber wegen des eklatant überhöhten Preises nicht habe erwarten müssen. Das Angebot der Klägerin habe daher nicht im Sinne ihrer Tarifstruktur verstanden werden müssen, sondern sei dahingehend auszulegen, dass die Zugangsmöglichkeit zum Internet nur zu den üblichen Konditionen angeboten werde. Das übliche Entgelt habe pro Verbindungsminute bei 0,02 EUR gelegen. Üblicherweise lägen bei Tarifen mit Einwahlgebühr die Einwahlkosten bei 0,07 EUR bis 0,15 EUR. Auch die Annahmeerklärung der Beklagten sei nur auf die üblichen Konditionen bezogen gewesen, zumal dem Beklagten die der Üblichkeit entsprechenden Konditionen von bekannt gewesen seien.

Überdies sei die von der Klägerin verlangte Vergütung auch sittenwidrig überhöht. Bei günstigster Rechnung werde das übliche Entgelt um das 20-fache, real eher um das 50-fache überschritten. Das Geschäftsmodell der Klägerin habe darin bestanden, eine seit langem als seriös bekannte Einwahlnummer zu übernehmen und dann unbemerkt von den Kunden die Entgelte zu erhöhen. Die Klägerin habe sich dieses Modells schon in der Vergangenheit bedient.

Das Landgericht hat der Klage bis auf eine Korrektur im Zinsausspruch stattgegeben. Auf den Inhalt der angefochtenen Entscheidung wird auch hinsichtlich der darin enthaltenen Feststellungen gemäß § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO Bezug genommen.

Mit seiner Berufung erstrebt der Beklagte die Abweisung der Klage.

Der Beklagte vertieft seinen erstinstanzlichen Rechtsstandpunkt zur Auslegung der Vertragserklärungen. Er weist darauf hin, dass sich aus der Tatsache, dass die Tarife im Herbst 2012 im Internet zugänglich gewesen seien, keine Rückschlüsse darauf ziehen ließen, ob diese Tarife bereits im hier fraglichen Zeitraum zu Anfang des Jahres 2011 im Internet verfügbar gewesen seien. Auch sei es für das richtige Verständnis der Vertragserklärungen von Relevanz, dass nach dem Wechsel des Vertragspartners bzw. der Übernahme der Einwahlnummer durch die Klägerin die Tarife für mindestens sechs Monate unverändert geblieben seien.

Der Beklagte erneuert seine Rechtsauffassung, dass die Tarifstruktur sittenwidrig überhöht sei. Diese Wertung gelte auch bei einem durchschnittlichen Nutzungsverhalten. Auch habe die Klägerin selbst vorgetragen, dass sie ihre Tarifstruktur gerade im Hinblick auf das Einwahlverhalten des Beklagten in dieser Form angepasst habe.

Darüber hinaus sei nicht nachgewiesen, dass alleine das Nutzerverhalten des Beklagten zu einer wucherähnlichen Überschreitung der marktüblichen Entgelte geführt habe. Das durchschnittliche Nutzerverhalten (verstanden als die durchschnittliche Einwahldauer eines ISDN- oder Modemanschlusses) sei nicht bekannt. Es gebe keine belastbaren Studien. Selbst bei einer eher untypischen Verbindungsdauer von nur 1 Stunde übersteige das Tarifentgelt der Klägerin das durchschnittliche Niveau um das Dreifache.

Auch führe die Einwahl einiger weniger Kunden im Minutentakt weder zu einer Überlastung des Computersystems noch zu einer nennenswerten Belastung der Ressourcen des Netzwerks. Wenn die Preisgestaltung prohibitiv auf eine Veränderung des Nutzerverhaltens hätte hinwirken sollen, hätte diese Preisänderung offensiv publiziert werden müssen.

Der Beklagte beantragt,

1. unter Abänderung des Urteils der 4. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 16. Dezember 2012 - 4 O 61/12 - die Klage abzuweisen;

2. die Anschlussberufung der Klägerin zurückzuweisen.

Die Klägerin beantragt,

1. die Berufung des Beklagten zurückzuweisen;

2. auf die Anschlussberufung der Klägerin das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Saarbrücken vom 16. Dezember 2012 - 4 O 61/12 - mit der Maßgabe abzuändern, der Klägerin aus der Hauptforderung von 83.003,95 EUR auch die erstinstanzlich beantragten Zinsen zuzusprechen.

Die Klägerin verteidigt die angefochtene Entscheidung. Der Beklagte verkenne, dass er kaufmännisch desolat und fahrlässig gehandelt habe. Die automatisierte Einwahlsoftware sei vor ihrem Einsatz nicht geprüft worden.

Der Beklagte habe einen Dienst genutzt, der für Privatkunden gedacht gewesen sei. Gewerblichen Nutzern sei es verboten gewesen, sich einzuwählen. Die sich für den Beklagten ergebende Preisstruktur resultiere aus dem völlig untypischen Nutzerverhalten. Auf der Basis der Ist-Kundenzahlen der Klägerin sei die Preisstruktur nicht wucherisch.

Mit ihrer Anschlussberufung verfolgt die Klägerin ihren abgewiesenen Zinsanspruch weiter und trägt vor, dass der Beklagte bereits vor der Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten der Klägerin darauf hingewiesen worden sei, alle Einzelverbindungsnachweise unter einer bestimmten Web-Adresse beim beauftragten Dienstleister der Klägerin abzurufen.

Hinsichtlich der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der gewechselten Schriftsätze, insbesondere der Berufungsbegründung vom 6.2.2013 (GA II 256 ff.), der Berufungserwiderung vom 13.3.2013 (GA II Bl. 288 ff.) sowie des Schriftsatzes des Beklagtenvertreters vom 23.4.2013 (GA II Bl. 296 ff.) Bezug genommen. Hinsichtlich des Ergebnisses der mündlichen Verhandlung wird auf das Protokoll verwiesen.

II.

A.

Nur die Berufung des Beklagten hat Erfolg. Der Klage ist jedenfalls deshalb ein Erfolg zu versagen, weil die Verträge, die den Einwahlvorgängen zugrunde liegen, auf der Grundlage der erhöhten Entgelte nach den Rechtsgrundsätzen des wucherähnlichen Rechtsgeschäfts (§ 138 Abs. 1 BGB) nichtig sind.

1. Zwar scheitert die Klage nicht bereits deshalb, weil - so die Rechtsargumentation der Berufung - die vertragliche Einigung hinsichtlich der Höhe der Vergütungen auch im Zeitpunkt des streitgegenständlichen Leistungsbezugs auf die in den Vormonaten gültigen Tarife festgelegt gewesen sei. Dieser Argumentation vermag sich der Senat nicht anzuschließen. Vielmehr muss sich der Beklagte an den zum Zeitpunkt der Leistungserbringung auf der Website der Klägerin für den Rechtsverkehr ausgewiesenen Tarifen festhalten lassen:

a) Der Klägerin steht der geltend gemachte Anspruch auf Zahlung des Entgelts aus der allein in Betracht kommenden vertraglichen Grundlage nur dann zu, wenn hinsichtlich des abgerechneten Entgelts, das auf einer Einwahlgebühr von 1,99 EUR und einem Minutenpreis von 0,0249 EUR basiert, eine vertragliche Einigung erzielt wurde. Davon ist - die Richtigkeit des Klägervortrags unterstellt, wonach die geltend gemachten Gebühren zum Zeitpunkt des Leistungsbezugs auf der Website der Klägerin ausgewiesen waren - auszugehen:

b) Die Parteien haben keine ausdrücklichen Vertragserklärungen ausgetauscht, weshalb eine Einigung über den Inhalt der von der Klägerin erbrachten Dienstleistungen und über die Höhe des vom Beklagten geschuldeten Entgelts nur nach den modifizierten Grundsätzen der Realofferte zustande kommen konnte (zur Realofferte: Erman/Armbrüster, BGB, 13. Aufl., § 145 Rdnr. 1, Palandt/Ellenberger, BGB, 73. Aufl., § 145 Rdnr. 7; MünchKomm(BGB)/Busche, 6. Aufl., § 145 Rdnr. 13; vgl. BGHZ 166, 366, 369 zum Vertragsschluss über die Erbringung von Dienstleistungen bei so genannten R-Gesprächen). Demnach liegt es nahe, den Antrag der Klägerin in der Bereitstellung der Dienstleistungen zu erblicken, welches der Beklagte durch Nutzung der Dienstleistung in Gestalt der Anwahl der Telefonnummer über das Modem seines Computernetzes annahm.

c) Entgegen der Auffassung der Berufung war der Antrag der Klägerin hinsichtlich der Höhe der geschuldeten Vergütung nicht auf die Höhe desjenigen Tarifs beschränkt, der Grundlage der erstmaligen Nutzung der von der Rechtsvorgängerin der Klägerin erbrachten Dienstleistung war. Diese Sichtweise verkennt, dass der Rechtscharakter einer Internet- bzw. call-by-call-Dienstleistung gerade darin besteht, dass sich der Dienstleister - anders etwa als im Fall der preselection - nicht dauerhaft binden will. Vielmehr beschränkt sich die vertragliche Bindung und folglich der zeitliche Geltungsanspruch des vereinbarten Entgelts auf den jeweiligen Einwählvorgang. Der Kunde, der Internet- bzw. call-by-call-Dienstleistungen nutzt, kann sich daher nicht darauf verlassen, dass die Höhe des vom Anbieter für vergangene Dienstleistungen verlangten Entgelts unverändert bleibt.

d) Gleichwohl ist der Kunde auf der Ebene des Vertragsrechts gegen eine Erhöhung der Tarife nicht schutzlos gestellt: Die erhöhten Entgelte werden nur dann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung, wenn der potentielle Nutzer auf zumutbare Weise auch von den geänderten Tarifen Kenntnis erlangen kann:

aa) Die Interessenlage ist mit dem Vertragsschluss durch Inanspruchnahme einer Realofferte vergleichbar. Derjenige, der etwa eine Beförderungsleistung im öffentlichen Nahverkehr in Anspruch nimmt, weiß, dass der Leistungserbringer die Leistung nur gegen Zahlung eines Entgelts erbringt. Die Höhe des Entgelts wird im typischen Fall der Realofferte in Tarifen festgelegt, die auch dann Gegenstand der vertraglichen Vereinbarung werden, wenn sie der Nutzer vor Inanspruchnahme der Leistung nicht zur Kenntnis nimmt. Entscheidend ist, dass die Höhe der Entgelte aus öffentlich zugänglichen Quellen für den jeweiligen Nutzer zumindest erkennbar ist. Unter dieser Voraussetzung werden die Tarife Gegenstand des in der Leistungserbringung liegenden Angebots und der korrespondierenden Annahme durch den Kunden.

bb) Diese Wertung ist auf die vorliegend zu untersuchende Fallkonstellation zu übertragen: Der Kunde, der eine Internet- bzw. call-by-call-Dienstleistung nutzt, weiß, dass der Anbieter die Leistung nur gegen Entgelt erbringt. Da kein vernünftiger Kunde diese Dienste anwählt, ohne sich zuvor über die Höhe des Entgelts zu informieren, ist ihm auch bewusst, wo er sich diese Informationen beschaffen kann. Damit werden auch Preiserhöhungen zum Gegenstand der vertraglichen Absprache, wenn der Leistungserbringer die geänderten Tarife seinem Kundenkreis in gleicher Weise zur Kenntnis bringt. Dies ist zumindest nach dem Sachvortrag der Klägerin geschehen: Die Klägerin hat vorgetragen, die geänderten Tarife im Zeitraum der Leistungserbringung auf der Homepage eingestellt zu haben. Die Webpräsens ist für eine über Internet bereitgestellte Dienstleistung auch der richtige Platz, um Kunden über die Höhe der Entgelte zu informieren. Der Beklagte trägt keine Umstände vor, die eine andere Sichtweise erlauben.

cc) Zwar hat das Landgericht in tatsächlicher Hinsicht fehlerhaft rückgeschlossen, dass die am Vortag der mündlichen Verhandlung im Internet abrufbaren Tarife tatsächlich auch zum Zeitpunkt der Leistungserbringung im Internet veröffentlicht waren. Im Ergebnis wirkt sich die fehlerhafte Tatsachenfeststellung nicht aus: Wie sogleich dargelegt werden soll, ist dem Vertrag jedenfalls wegen Verstoßes gegen die guten Sitten eine Wirksamkeit vorzuenthalten.

e) Soweit der Beklagte die fehlende Veröffentlichung im Amtsblatt der Bundesnetzagentur unter Verweis auf § 305a Abs. 1 Nr. 2 BGB bemängelt, ist dem nicht zu folgen: Die Höhe des vertraglichen Entgelts ist keine Regelung, die den Inhalt der vertraglichen Absprache im Sinne einer Allgemeinen Geschäftsbedingung gestaltet, sondern als essentialianegotia notwendige Voraussetzung für das Zustandekommen der vertraglichen Einigung selber. Folglich ist die Veröffentlichung der aktuellen Tarife auf der Homepage der Klägerin keine AGB im Sinne von § 305 BGB. Überdies gilt § 305 Abs. 2 BGB nicht im kaufmännischen Rechtsverkehr zwischen Unternehmen (§ 310 Abs. 1 BGB).

2. Allerdings ist den Einzelverträgen gemäß § 138 Abs. 1 BGB die Rechtswirksamkeit vorzuenthalten:

a) Da der Vertrag gegenseitige Rechte und Pflichten begründet, liegt zunächst die Prüfung einer Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 2 BGB nahe. Nach dieser Vorschrift verstößt gegen die guten Sitten, wer sich unter den dort genannten, den Benachteiligten betreffenden Umständen für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zur eigenen Leistung stehen. Diese subjektiven Voraussetzungen liegen hier nicht vor:

Am ehesten kommt in Betracht, dass die Klägerin mit ihrer eklatanten Preiserhöhung die Unerfahrenheit des Beklagten in der Inanspruchnahme sog. Internet-by-Call-Dienstleister ausnutzte. Denn der Beklagte sah im Vertrauen darauf, dass die Klägerin die Preise allenfalls verkehrsüblich und moderat erhöht, von einer engmaschigen Preisabfrage vor Inanspruchnahme der Dienstleistungen ab. Jedoch wird dieses Rechtsverständnis der zu § 138 Abs. 2 BGB anerkannten Dogmatik nicht gerecht: Unerfahrenheit i.S.v. § 138 Abs. 2 BGB setzt einen allgemeinen Mangel an Lebenserfahrung voraus. Das kann der Geschäftsführung des Beklagten nicht vorgeworfen werden. Eine mangelnde Erfahrung in einzelnen Lebensbereichen oder auf einem einzelnen Wirtschaftsgebiet reicht nach verbreiteter Auffassung nicht aus (BGH, Urt. v. 26.5.1982 - VIII ZR 123/81, WM 1982, 849; Erman/Palm/Arnold, aaO, § 138 Rdnr. 23; PWW/Ahrens, BGB, 8. Aufl., § 138 Rdnr. 61; Bamberger/Roth/Wendtland, BGB, 3. Aufl., § 138 Rdnr. 52; aA Sack/Fischinger in: Staudinger BGB, Neubearbeitung 2011, § 138 Rdnr. 242; MünchKomm(BGB)/Armbrüster, aaO, § 138 Rdnr. 150).

b) In Betracht kommt jedoch eine Sittenwidrigkeit nach Maßgabe der zu § 138 Abs. 1 BGB anerkannten Fallgruppe des wucherähnlichen Geschäfts.

aa) Nach dieser Fallgruppe ist ein Rechtsgeschäft sittenwidrig, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und zumindest ein weiteres Moment hinzutritt, welches das Rechtsgeschäft bei zusammenfassender Würdigung der objektiven und subjektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt (BGHZ 146, 301; Urt. v. 8.3.2012 - IX 51/11, NJW 2012, 2099; Urt. v. 29.6.2007 - V ZR 1/06, NJW 2007, 2841; MünchKomm(BGB)/Armbrüster, aaO, § 138 Rdnr. 113 ff.; Sack/Fischinger, aaO, § 138 Rdnr. 267 ff.; Palandt/Ellenberger, aaO, § 138 Rdnr. 34). Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten nachgewiesen ist. Bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung, welches schon dann angenommen werden kann, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung (BGHZ 146, 289, 302; 141, 257, 262), ist ein Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung zulässig (BGHZ 160, 8, 14; Urt. v. 9.10.2009 - V ZR 178/08, NJW 2010, 363), sofern es dem Begünstigten nicht gelingt, diese tatsächliche Vermutung im Einzelfall zu widerlegen (BGHZ 146, 305; Urt. v. 9.10.2009 - V ZR 178/08, NJW 2010, 363).

bb) Diese Voraussetzungen liegen vor:

aaa) Die Klägerin hat ausdrücklich zugestanden, dass das im streitgegenständlichen Zeitraum verlangte Entgelt den marktüblichen Preis um das 50- bis 100-fache überstieg (Schriftsatz des Klägervertreters vom 10.4.2012, S. 5; GA I Bl. 127).

Entgegen der Auffassung des Landgerichts beruht diese Überhöhung nicht auf dem Nutzerverhalten, sondern folgt rechnerisch aus dem Verhältnis zwischen der marktüblichen Einwahlvergütung, die maximal bei 15 Cent gelegen hat (Klageerwiderung S. 10; GA I Bl. 90), und dem von der Klägerin zumindest im streitgegenständlichen Zeitintervall erhobenen Einwahlentgelt, welches sich auf 1,99 EUR belief.

bbb) Die verwerfliche Gesinnung muss im zur Entscheidung stehenden Sachverhalt nicht einmal vermutet werden. Bei genauer Würdigung gesteht die Klägerin die Umstände zu, die eine verwerfliche Gesinnung belegen:

Es kam der Klägerin gerade darauf an, horrende Forderungen zu generieren, um die ihr nicht persönlich bekannten Nutzer, die ein ähnliches Einwahlverhalten praktizierten wie der Beklagte, zu sanktionieren: Der Umstand, dass sich zahlreiche Nutzer in kurzen Intervallen für nur kurze Zeit in das Internet einwählten, ließ sich bei lebensnaher Betrachtung nur damit erklären, dass die betreffenden Einwahlvorgänge ausgeführt wurden, ohne jeweils eine Preisanfrage vorzuschalten. Damit war der Klägerin bewusst, dass die von ihr vorgenommenen Preiserhöhungen erst nach der nächsten Rechnungslegung auffallen würden, zu einem Zeitpunkt also, in dem die Forderungen bereits entstanden waren. Demnach war die Preiserhöhung, die in den Fällen der automatisierten Einwahl vom Nutzer unbemerkt vollzogen wurde, von vornherein nicht geeignet, den Nutzer von einer Nutzung abzuhalten. Vielmehr zielte die Preiserhöhung darauf ab, den Nutzer zunächst mit der krass überhöhten Forderung zu konfrontieren. Dessen ungeachtet, hätte eine lediglich auf eine Änderung des Nutzerverhaltens abzielende Preiserhöhung deutlich moderater ausfallen können.

Eine für die Klägerin günstigere Beurteilung ist nicht deshalb geboten, weil die Klägerin ihre Dienstleistungen nur für einen privaten Kundenkreis erbringen wollte, dem der beklagte Verband nicht angehört. Zwar steht es einem Anbieter nach dem Grundsatz der Privatautonomie frei, welchen Kunden gegenüber er seine Leistungen erbringt. Im Rahmen der Billigkeitskontrolle ist gleichwohl von Relevanz, dass der Klägerin aus der Nutzung der angebotenen Dienste im geschäftlichen Verkehr kein relevanter Nachteil entsteht, solange der geschäftliche Kunde die Dienste in einem Umfang nutzt, die den Rahmen einer privaten Nutzung nicht wesentlich übersteigt. Bei genauer Betrachtung leitet die Klägerin die ihr aus dem Leistungsbezug des Beklagten entstandenen Nachteile nicht aus dem geschäftlichen Charakter der Nutzung, sondern aus der Häufigkeit der Einwahl und der hieraus entstandenen Belastungen für das Leitungsnetz her. Die Häufigkeit der Nutzung ist indessen einer geschäftlichen Nutzung nicht wesenseigen: Nach Lage des Sachverhalts hat der Beklagte die Grenze einer netzverträglichen Nutzung vor dem Einsatz der neuen Software, die im Minutentakt eine Einwahl initiierte, nicht überschritten. Umgekehrt hätte sich auch bei privater Nutzung das Risiko, dass eine auf dem Computer aufgespielte Software unbemerkt und häufig Internetverbindungen herstellt, in gleicher Weise verwirklichen können.

Hinzukommt, dass die Klägerin nach Art ihres Angebots keine Schwellen eingerichtet hatte, um eine geschäftliche Nutzung der Leistungen zu erschweren. Der Klägerin war es - daran besteht kein vernünftiger Zweifel - durchaus bewusst, dass das Internet-by-call-Verfahren auch im geschäftlichen Verkehr genutzt wurde. Bei dieser Ausgangslage stand das von der Klägerin angewandte Mittel, geschäftliche Kunden durch wucherähnliche Preisgestaltung von einer Nutzung ihrer Dienstleistung abzuhalten, außer jedem Verhältnis. Hierbei ist von Gewicht, dass die prozentuale Überhöhung in der vorliegenden Situation geeignet war, Forderungen in für die Kunden ruinöser Höhe zu generieren. Eine solche unangemessene Geschäftspraxis hat den Schutz der Rechtsordnung nicht verdient.

Schließlich erscheint bei einer Gesamtbetrachtung nicht deshalb ein anderes Ergebnis geboten, weil der Beklagte - durchaus in einer den Nachlässigkeitsvorwurf in der Wahrnehmung eigener Interessen rechtfertigenden Weise - einen eigenen Beitrag zu der Kostenexplosion leistete: Dies ändert nichts an der Wertung, dass es die Rechtsordnung nicht zulassen darf, dass ein Vertragspartner, der die Nachlässigkeit oder zumindest die objektiven Umstände, die eine Nachlässigkeit nicht fernliegend erscheinen lassen, kennt, diese unter Missachtung der vertraglichen Treuepflichten zum eigenen Vorteil ausnutzt:

Gemäß § 241 Abs. 2 BGB kann das Schuldverhältnis jeden Teil zur Rücksichtnahme auf die Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten. Dieser bereits bei der Begründung des Schuldverhältnisses im Anwendungsbereich des § 311 Abs. 2 BGB zu beachtenden Rücksichtnahmepflicht handelt zuwider, wer seinem Vertragspartner eine ruinöse Kostenfalle stellt:

Der Klägerin war bewusst, dass die häufigen Einwahlen naheliegend auf einem automatisierten Einwahlverfahren beruhten. Ohne abweichende Anhaltspunkte durfte die Klägerin indessen nicht von vornherein unterstellen, dass die Einwahlvorgänge in jedem Fall auf einer dolosen Absicht im Sinne einer Computersabotage beruhten. Es lag mindestens ebenso nahe, dass die Einwahlen von einem durchaus redlichen Nutzer veranlasst wurden, der sich etwa - wie im vorliegenden Fall geschehen - mit der Funktionsweise einer Software nicht hinreichend vertraut gemacht hatte. In einer solchen Situation verstößt der Leistungsanbieter gegen das Gebot der Rücksichtnahme, wenn er sich zu Preiserhöhungen entschließt, die in einer relevanten Anzahl von Fällen erst nach der nächsten Rechnungsstellung, mithin zu einem Zeitpunkt, wo die im Einzelfall ruinösen Forderungen bereits entstanden waren, bemerkt werden würden.

Zusammenfassend ist der Entgeltabrede gem. § 138 Abs. 1 BGB die Rechtswirksamkeit vorzuenthalten (vgl. auch das BVerfG, Beschl. v. 14.3.2013 - 1 BvR 1457/12; AG Würzburg, VuR 2011, 65; AG Hamburg-Altona, NJW-RR 2014, 121 für den Fall einer sittenwidrigen Überhöhung eines call-by-call-Tarifs).

3. Ob der Klägerin in Höhe des angemessenen Entgelts ein Bereicherungsanspruch gegen den Beklagten zusteht, kann unentschieden bleiben, da die Klägerin zu den tatsächlichen Voraussetzungen dieser Anspruchsgrundlage nicht substantiiert vorgetragen hat. Auch im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 11.2.2014 hat die Klägerin trotz des in der mündlichen Verhandlung erteilten Hinweises, wonach der Klage unter der bereicherungsrechtlichen Anspruchsgrundlage mangels Sachvortrags kein Erfolg beschieden sei, keinen Sachvortrag gehalten, weshalb eine Wiedereröffnung der mündlichen Verhandlung gem. § 156 ZPO nicht veranlasst war.

4. Unterliegt die Klage der Abweisung, bleibt auch die Anschlussberufung ohne Erfolg.

B.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1, § 97 Abs. 1 ZPO, die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 708 Nr. 10, § 711 ZPO. Die Revision war nicht zuzulassen, weil die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung besitzt und weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert (§ 543 Abs. 2 ZPO).

ra.de-Urteilsbesprechung zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 20. Feb. 2014 - 4 U 442/12

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 20. Feb. 2014 - 4 U 442/12

Referenzen - Gesetze

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 20. Feb. 2014 - 4 U 442/12 zitiert 15 §§.

Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 91 Grundsatz und Umfang der Kostenpflicht


(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung um

Zivilprozessordnung - ZPO | § 543 Zulassungsrevision


(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie1.das Berufungsgericht in dem Urteil oder2.das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassungzugelassen hat. (2) Die Revision ist zuzulassen, wenn1.die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat

Zivilprozessordnung - ZPO | § 711 Abwendungsbefugnis


In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt e

Zivilprozessordnung - ZPO | § 540 Inhalt des Berufungsurteils


(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil1.die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,2.eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufh

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 138 Sittenwidriges Rechtsgeschäft; Wucher


(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig. (2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen W

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305 Einbeziehung Allgemeiner Geschäftsbedingungen in den Vertrag


(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmung

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 241 Pflichten aus dem Schuldverhältnis


(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen. (2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Re

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 310 Anwendungsbereich


(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermöge

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 311 Rechtsgeschäftliche und rechtsgeschäftsähnliche Schuldverhältnisse


(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt. (2) Ein Schuldverhä

Zivilprozessordnung - ZPO | § 156 Wiedereröffnung der Verhandlung


(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen. (2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn 1. das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295),

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 305a Einbeziehung in besonderen Fällen


Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Erfordernisse werden einbezogen, wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist,1.die mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde oder auf Grund von internation

Referenzen - Urteile

Urteil einreichen

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 20. Feb. 2014 - 4 U 442/12 zitiert oder wird zitiert von 3 Urteil(en).

Saarländisches Oberlandesgericht Saarbrücken Urteil, 20. Feb. 2014 - 4 U 442/12 zitiert 3 Urteil(e) aus unserer Datenbank.

Bundesgerichtshof Urteil, 09. Okt. 2009 - V ZR 178/08

bei uns veröffentlicht am 09.10.2009

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 178/08 Verkündet am: 9. Oktober 2009 Lesniak Justizangestellte als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR:

Bundesgerichtshof Urteil, 29. Juni 2007 - V ZR 1/06

bei uns veröffentlicht am 29.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF IM NAMEN DES VOLKES URTEIL V ZR 1/06 Verkündet am: 29. Juni 2007 Weschenfelder, Justizhauptsekretärin als Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein B

Bundesverfassungsgericht Stattgebender Kammerbeschluss, 14. März 2013 - 1 BvR 1457/12

bei uns veröffentlicht am 14.03.2013

Tenor 1. Das Endurteil des Amtsgerichts Landau a.d. Isar vom 3. Mai 2012 - 2 C 524/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie in seinem g

Referenzen

(1) Anstelle von Tatbestand und Entscheidungsgründen enthält das Urteil

1.
die Bezugnahme auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil mit Darstellung etwaiger Änderungen oder Ergänzungen,
2.
eine kurze Begründung für die Abänderung, Aufhebung oder Bestätigung der angefochtenen Entscheidung.
Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so können die nach Satz 1 erforderlichen Darlegungen auch in das Protokoll aufgenommen werden.

(2) Die §§ 313a, 313b gelten entsprechend.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Auch ohne Einhaltung der in § 305 Abs. 2 Nr. 1 und 2 bezeichneten Erfordernisse werden einbezogen, wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist,

1.
die mit Genehmigung der zuständigen Verkehrsbehörde oder auf Grund von internationalen Übereinkommen erlassenen Tarife und Ausführungsbestimmungen der Eisenbahnen und die nach Maßgabe des Personenbeförderungsgesetzes genehmigten Beförderungsbedingungen der Straßenbahnen, Obusse und Kraftfahrzeuge im Linienverkehr in den Beförderungsvertrag,
2.
die im Amtsblatt der Bundesnetzagentur für Elektrizität, Gas, Telekommunikation, Post und Eisenbahnen veröffentlichten und in den Geschäftsstellen des Verwenders bereitgehaltenen Allgemeinen Geschäftsbedingungen
a)
in Beförderungsverträge, die außerhalb von Geschäftsräumen durch den Einwurf von Postsendungen in Briefkästen abgeschlossen werden,
b)
in Verträge über Telekommunikations-, Informations- und andere Dienstleistungen, die unmittelbar durch Einsatz von Fernkommunikationsmitteln und während der Erbringung einer Telekommunikationsdienstleistung in einem Mal erbracht werden, wenn die Allgemeinen Geschäftsbedingungen der anderen Vertragspartei nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten vor dem Vertragsschluss zugänglich gemacht werden können.

(1) Allgemeine Geschäftsbedingungen sind alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbedingungen, die eine Vertragspartei (Verwender) der anderen Vertragspartei bei Abschluss eines Vertrags stellt. Gleichgültig ist, ob die Bestimmungen einen äußerlich gesonderten Bestandteil des Vertrags bilden oder in die Vertragsurkunde selbst aufgenommen werden, welchen Umfang sie haben, in welcher Schriftart sie verfasst sind und welche Form der Vertrag hat. Allgemeine Geschäftsbedingungen liegen nicht vor, soweit die Vertragsbedingungen zwischen den Vertragsparteien im Einzelnen ausgehandelt sind.

(2) Allgemeine Geschäftsbedingungen werden nur dann Bestandteil eines Vertrags, wenn der Verwender bei Vertragsschluss

1.
die andere Vertragspartei ausdrücklich oder, wenn ein ausdrücklicher Hinweis wegen der Art des Vertragsschlusses nur unter unverhältnismäßigen Schwierigkeiten möglich ist, durch deutlich sichtbaren Aushang am Ort des Vertragsschlusses auf sie hinweist und
2.
der anderen Vertragspartei die Möglichkeit verschafft, in zumutbarer Weise, die auch eine für den Verwender erkennbare körperliche Behinderung der anderen Vertragspartei angemessen berücksichtigt, von ihrem Inhalt Kenntnis zu nehmen,
und wenn die andere Vertragspartei mit ihrer Geltung einverstanden ist.

(3) Die Vertragsparteien können für eine bestimmte Art von Rechtsgeschäften die Geltung bestimmter Allgemeiner Geschäftsbedingungen unter Beachtung der in Absatz 2 bezeichneten Erfordernisse im Voraus vereinbaren.

(1) § 305 Absatz 2 und 3, § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 finden keine Anwendung auf Allgemeine Geschäftsbedingungen, die gegenüber einem Unternehmer, einer juristischen Person des öffentlichen Rechts oder einem öffentlich-rechtlichen Sondervermögen verwendet werden. § 307 Abs. 1 und 2 findet in den Fällen des Satzes 1 auch insoweit Anwendung, als dies zur Unwirksamkeit von in § 308 Nummer 1, 2 bis 9 und § 309 genannten Vertragsbestimmungen führt; auf die im Handelsverkehr geltenden Gewohnheiten und Gebräuche ist angemessen Rücksicht zu nehmen. In den Fällen des Satzes 1 finden § 307 Absatz 1 und 2 sowie § 308 Nummer 1a und 1b auf Verträge, in die die Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen Teil B (VOB/B) in der jeweils zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses geltenden Fassung ohne inhaltliche Abweichungen insgesamt einbezogen ist, in Bezug auf eine Inhaltskontrolle einzelner Bestimmungen keine Anwendung.

(2) Die §§ 308 und 309 finden keine Anwendung auf Verträge der Elektrizitäts-, Gas-, Fernwärme- und Wasserversorgungsunternehmen über die Versorgung von Sonderabnehmern mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser aus dem Versorgungsnetz, soweit die Versorgungsbedingungen nicht zum Nachteil der Abnehmer von Verordnungen über Allgemeine Bedingungen für die Versorgung von Tarifkunden mit elektrischer Energie, Gas, Fernwärme und Wasser abweichen. Satz 1 gilt entsprechend für Verträge über die Entsorgung von Abwasser.

(3) Bei Verträgen zwischen einem Unternehmer und einem Verbraucher (Verbraucherverträge) finden die Vorschriften dieses Abschnitts mit folgenden Maßgaben Anwendung:

1.
Allgemeine Geschäftsbedingungen gelten als vom Unternehmer gestellt, es sei denn, dass sie durch den Verbraucher in den Vertrag eingeführt wurden;
2.
§ 305c Abs. 2 und die §§ 306 und 307 bis 309 dieses Gesetzes sowie Artikel 46b des Einführungsgesetzes zum Bürgerlichen Gesetzbuche finden auf vorformulierte Vertragsbedingungen auch dann Anwendung, wenn diese nur zur einmaligen Verwendung bestimmt sind und soweit der Verbraucher auf Grund der Vorformulierung auf ihren Inhalt keinen Einfluss nehmen konnte;
3.
bei der Beurteilung der unangemessenen Benachteiligung nach § 307 Abs. 1 und 2 sind auch die den Vertragsschluss begleitenden Umstände zu berücksichtigen.

(4) Dieser Abschnitt findet keine Anwendung bei Verträgen auf dem Gebiet des Erb-, Familien- und Gesellschaftsrechts sowie auf Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen. Bei der Anwendung auf Arbeitsverträge sind die im Arbeitsrecht geltenden Besonderheiten angemessen zu berücksichtigen; § 305 Abs. 2 und 3 ist nicht anzuwenden. Tarifverträge, Betriebs- und Dienstvereinbarungen stehen Rechtsvorschriften im Sinne von § 307 Abs. 3 gleich.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 1/06 Verkündet am:
29. Juni 2007
Weschenfelder,
Justizhauptsekretärin
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Der bei einem besonders groben Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung
zulässige Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten kann nicht
allein deshalb als erschüttert angesehen werden, weil die benachteiligte Vertragspartei
das Missverhältnis kannte.
BGH, Urt. v. 29. Juni 2007 - V ZR 1/06 - OLG Brandenburg
LGFrankfurt(Oder)
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofes hat auf die mündliche Verhandlung
vom 29. Juni 2007 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger, den Richter
Dr. Klein, die Richterin Dr. Stresemann und die Richter Dr. Czub und Dr. Roth

für Recht erkannt:
Auf die Revision der Beklagten wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Brandenburgischen Oberlandesgerichts vom 30. November 2005 aufgehoben. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil der 4. Zivilkammer des Landgerichts Frankfurt (Oder) vom 10. März 2005 wird zurückgewiesen. Die Kosten der Rechtsmittelverfahren trägt der Kläger. Von Rechts wegen

Tatbestand:


1
Durch notariellen Vertrag vom 1. Juni 1994 verkaufte die Beklagte zu 2 ein in Brandenburg belegenes, über 63.000 qm großes Grundstück zum Preis von 50.000 DM an den Kaufmann I. A. (nachfolgend: Zedent). Eine Teilfläche dieses Grundstücks, das etwa 13.000 qm große Flurstück 27, verkaufte der Zedent mit notariellem Vertrag vom 21. Juni 1994 zum Preis von 680.000 DM an den während des Rechtsstreits verstorbenen H. K. (nachfolgend : Beklagter zu 1) weiter.
2
Mit notarieller Ergänzungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 erhöhten die Beklagte zu 2 und der Zedent in Änderung des Kaufvertrages vom 1. Juni 1994 den Kaufpreis auf 120.000 DM. In der Vereinbarung heißt es, dem Verkäufer sei der Inhalt des Vertrages vom 21. Juni 1994 zwischen dem Käufer und dem Zweiterwerber K. (dem Beklagten zu 1) bekannt.
3
Mit Vereinbarung vom 23. Dezember 1997 änderten der Zedent und der Beklagte zu 1 den Kaufvertrag vom 21. Juni 1994 dahin, dass sich die verkaufte Fläche verringern und der Beklagte zu 1 als Kaufpreis - unter Berücksichtigung bereits erbrachter 50.000 DM - noch weitere 290.000 DM zahlen sollte.
4
Mit notariellem Vertrag vom 20. April 1999 verkaufte die - weiterhin im Grundbuch eingetragene - Beklagte zu 2 das Flurstück 27 zum Preis von 120.000 DM an den Beklagten zu 1. Der beurkundende Notar wies dabei auf die Erfüllungsverpflichtung der Beklagten zu 2 aus dem Kaufvertrag vom 1. Juni 1994 und auf mögliche Schadensersatzansprüche des Ersterwerbers hin. Der Beklagte zu 1 zahlte den vereinbarten Kaufpreis und wurde im August 1999 als Eigentümer des Flurstücks 27 in das Grundbuch eingetragen.
5
Der Kläger, dem der Zedent Ende 1994 seine Rechte aus den mit den Beklagten geschlossenen Verträgen abgetreten hatte, hat von dem Beklagten zu 1 die Zahlung des Restkaufpreises von 630.000 DM aus dem Kaufvertrag vom 21. Juni 1994 verlangt. Gegenüber der Beklagten zu 2 hat er denselben Betrag als Schadensersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages vom 1. Juni 1994 beansprucht. Ferner hat er von den Beklagten die Auskehr von Einnahmen aus der Vermietung eines sich auf dem Flurstück 27 befindlichen Gebäudes in Höhe von 3.351,52 € verlangt.
6
Das Landgericht hat die Klage abgewiesen. Unter Zurückweisung der weitergehenden Berufung des Klägers hat das Oberlandesgericht die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 148.274,65 € (290.000 DM) nebst Zinsen zu zahlen. Ferner hat es die Beklagte zu 2 zur Zahlung weiterer 3.351,52 € verurteilt.
7
Mit ihrer von dem Senat zugelassenen Revision, deren Zurückweisung der Kläger beantragt, erstreben die Beklagten die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils.

Entscheidungsgründe:

I.

8
Das Berufungsgericht meint, die Beklagten seien dem Zedenten und damit dem aus dessen Recht vorgehenden Kläger gemäß § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. zu Schadensersatz in Höhe des von dem Beklagten zu 1 geschuldeten Restkaufpreises von 290.000 DM verpflichtet. Mit der Durchführung des Kaufvertrages vom 20. April 1999 hätten sie einen Eigentumserwerb des Zedenten am Flurstück 27 verhindert und es ihm damit unmöglich gemacht, seine Verpflichtungen aus dem mit dem Beklagten zu 1 geschlossenen Vertrag zu erfüllen. Der Vertrag vom 1. Juni 1994, mit dem der Zedent das Flurstück 27 von der Beklagten zu 2 gekauft habe, sei wirksam. Zwar liege - auch wenn die Kaufpreiserhöhung vom 24. Mai 1995 berücksichtigt und nur auf das Flurstück 27 bezogen werde - ein besonders grobes Missverhältnis zwischen dem Kaufpreis und dem Wert des Grundstücks vor. Die daraus folgende Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Zedenten sei jedoch entkräftet. Aus der Vereinbarung über die Kaufpreiserhöhung vom 24. Mai 1995 ergebe sich, dass der Beklagten zu 2 der Inhalt des zwischen dem Zedenten und dem Beklagten zu 1 geschlossenen Kaufvertrages vom 21. Juni 1994 bekannt gewesen sei. Somit habe die Beklagte zu 2 Kenntnis davon gehabt, dass das Flurstück 27 zu einem erheblich höheren Kaufpreis weiterveräußert worden sei. Deutlicher habe ihr das Missverhältnis zwischen dem Wert des Grundstücks und dem mit ihr vereinbarten Kaufpreis nicht vor Augen geführt werden können. Nach dem Vorbringen der Beklagten zu 2 sei auch nicht davon auszugehen, dass der Zedent ihre Unerfahrenheit oder eine Zwangslage ausgenutzt habe.

II.

9
Diese Ausführungen halten rechtlicher Nachprüfung nicht stand.
10
1. a) Im Ausgangspunkt zutreffend nimmt das Berufungsgericht allerdings an, dass der Beklagten zu 2 infolge der Übereignung des Flurstücks 27 an den Beklagten zu 1 die ihr aus dem Vertrag vom 1. Juni 1994 gegenüber dem Zedenten obliegende Leistung teilweise unmöglich geworden und die Vorschrift des § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. daher Grundlage des gegen sie gerichteten Schadensersatzanspruchs ist. Denn bei Schuldverhältnissen, die auf die Verschaffung des Eigentums an einer Sache gerichtet sind, begründet der Umstand, dass der Schuldner die rechtliche Verfügungsmacht über die Sache verloren hat, sein Unvermögen zur Leistung, solange er nicht behauptet und beweist, dass er zur Erfüllung des Vertrages durch Wiedererwerb der Sache willens und in der Lage ist (vgl. BGH, Urt. v. 21. Mai 1973, II ZR 54/72, WM 1973, 1202; Staudinger/Löwisch, BGB [1995], § 275 Rdn. 50).
11
b) Ein Anspruch aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F. setzt die Wirksamkeit des die unmöglich gewordene Leistungspflicht begründenden gegenseitigen Vertrages voraus. Dies hat das Berufungsgericht zwar nicht verkannt. Seine Annahme, der zwischen dem Zedenten und der Beklagten zu 2 geschlossene Kaufvertrag vom 1. Juni 1994 sei nicht sittenwidrig im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB, beruht jedoch auf rechtsfehlerhaften Erwägungen.
12
aa) Entgegen der Auffassung der Revision folgt dies allerdings nicht schon daraus, dass das Berufungsgericht die Sittenwidrigkeit des am 1. Juni 1994 geschlossenen Kaufvertrages aufgrund eines Umstands - der Kenntnis der Beklagten zu 2 von dem erheblich höheren Weiterverkaufspreis - verneint hat, welcher erst nach Vertragsschluss entstanden ist.
13
Zwar muss bei der Prüfung, ob ein Rechtsgeschäft sittenwidrig ist, auf den Zeitpunkt seiner Vornahme abgestellt werden (vgl. BGHZ 100, 353, 359 mwN). Wird das Rechtsgeschäft aber - wie hier - nachträglich geändert oder durch eine Zusatzvereinbarung ergänzt, können auch Umstände Bedeutung erlangen, die erst zu diesem Zeitpunkt gegeben sind. Zum einen vermögen sie die Sittenwidrigkeit des - geänderten - Rechtsgeschäfts zu begründen (vgl. BGH, Urt. v. 27. Januar 1977, VII ZR 339/74, WM 1977, 399, 400). Umgekehrt können sie aber auch dazu führen, dass bei Vertragsschluss vorhandene Gründe für die Sittenwidrigkeit des Rechtsgeschäfts entfallen. Zwar hat dies für sich genommen keine Auswirkungen auf die Wirksamkeit des Rechtsgeschäfts, weil für diese, wie dargelegt, der Zeitpunkt des Vertragsschlusses maßgeblich ist. Der Fortfall der die Sittenwidrigkeit begründenden Umstände führt aber dazu, dass eine Bestätigung des Rechtsgeschäfts (§ 141 BGB) - die ausgeschlossen ist, solange die Nichtigkeitsgründe andauern (vgl. BGHZ 60, 102, 108) - möglich wird (vgl. BGH, Urt. v. 6. Mai 1982, III ZR 11/81, NJW 1982, 1981 f.).
14
Das Berufungsgericht hat der notariellen Ergänzungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 ersichtlich eine solche Bestätigung entnehmen wollen und - im Hinblick darauf, dass diese nicht nur mit einer Vertragsänderung verbunden, sondern in der Änderungsvereinbarung selbst gesehen werden kann (Senat, BGHZ 7, 161, 163; BGH, Urt. v. 6. Mai 1982, III ZR 11/81, NJW 1982, 1981) - im Ausgangspunkt auch ohne Rechtsfehler entnehmen dürfen. Den notwendigen Bestätigungswillen, der mindestens Zweifel der Parteien an der Rechtsbeständigkeit des Rechtsgeschäfts erfordert (vgl. BGHZ 11, 59, 60; 129, 371, 377), sieht das Berufungsgericht in revisionsrechtlich nicht zu beanstandender Weise als gegeben an, weil die Beklagte zu 2 in Ziffer 9 der notariellen Ergänzungsvereinbarung vom 24. Mai 1995 erklärt hat, die gegen den Bestand des Kaufvertrages erhobenen Einwände nicht mehr geltend zu machen.
15
bb) Rechtsfehlerhaft ist aber die Annahme des Berufungsgerichts, die Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB hätten bei Abschluss der Ergänzungsvereinbarung nicht (mehr) vorgelegen.
16
(1) Gegenseitige Verträge können, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein, wenn zwischen Leistung und Gegenleistung objektiv ein auffälliges Missverhältnis besteht und mindestens ein weiterer Umstand hinzukommt, der den Vertrag bei Zusammenfassung der subjektiven und objektiven Merkmale als sittenwidrig erscheinen lässt. Das ist insbesondere der Fall, wenn eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten hervorgetreten ist, weil er etwa die wirtschaftlich schwächere Position des anderen Teils bewusst ausgenutzt oder sich zumindest leichtfertig der Erkenntnis verschlossen hat, dass sich der andere nur unter dem Zwang der Verhältnisse auf den für ihn ungünstigen Vertrag eingelassen hat (Senat, BGHZ 146, 298, 301 f.). Ist das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung besonders grob - hiervon ist bei Grundstücksgeschäften bereits dann auszugehen , wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung -, lässt dies den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zu (Senat, BGHZ 146, 298, 305; BGHZ 160, 8, 14; Urt. v. 8. No- vember 1991, V ZR 260/90, NJW 1992, 899, 900; Urt. v. 23. Juni 1995, V ZR 265/93, NJW 1995, 2635, 2636, insoweit in BGHZ 130, 101 nicht abgedruckt; Urt. v. 4. Februar 2000, V ZR 146/98, NJW 2000, 1487, 1488; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166). Diese tatsächliche Vermutung kommt nur dann nicht zum Tragen, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert ist (Senat, BGHZ 146, 298, 305).
17
(2) Das Berufungsgericht geht zwar von diesen Grundsätzen aus. Rechtsfehlerhaft sieht es die - aus dem festgestellten besonders groben Missverhältnis zwischen dem Wert der verkauften Grundstücke und dem (auch erhöhten ) Kaufpreis folgende - Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Zedenten aber allein deshalb als erschüttert an, weil dieses Missverhältnis der Beklagten zu 2 bekannt gewesen sei.
18
Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten leitet sich aus dem Erfahrungssatz her, dass außergewöhnliche Leistungen in der Regel nicht ohne Not oder einen anderen den Benachteiligten hemmenden Umstand zugestanden werden und der Begünstigte diese Erfahrung teilt (Senat, BGHZ 146, 298, 302 f.; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432 mwN). Faktoren, die den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigen, können insbesondere die in § 138 Abs. 2 BGB genannten Tatbestände sein, also eine Zwangslage, Unerfahrenheit, ein Mangel an Urteilsvermögen oder eine erhebliche Willensschwäche. Sie scheiden zwar teilweise, keineswegs aber durchgängig aus, wenn der Benachteiligte das Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung kennt. Befindet sich der Benachteiligte beispielsweise in einer Zwangslage oder leidet er an einer erheblichen Willensschwäche (vgl. dazu Senat , Urt. v. 23. Juni 2006, V ZR 147/05, WM 2006, 1915, 1918), ist ihm das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung in der Regel bewusst. Er sieht sich aber durch seine Notlage zu dem Abschluss des Rechtsgeschäfts gezwungen oder ist aufgrund seiner verminderten psychischen Widerstandsfähigkeit nicht in der Lage, diesen zu verweigern. Lässt sich aus dem Umstand, dass der Benachteiligte um das Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung weiß, aber nicht folgern, dass er in seiner Entscheidung, das Rechtsgeschäft abzuschließen , frei ist, kann dieser Umstand auch nicht ausreichen, um die Vermutung der verwerflichen Gesinnung des Begünstigten als erschüttert anzusehen.
19
Zwar ist nicht ausgeschlossen, dass die Kenntnis des Benachteiligten von dem Äquivalenzmissverhältnis zusammen mit anderen besonderen Umständen im Einzelfall Anlass gibt, die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Begünstigten als erschüttert anzusehen. Dies kommt etwa in Betracht, wenn dem benachteiligten Käufer das Wertverhältnis gleichgültig war, weil er ein besonderes Affektionsinteresse an dem Kaufgegenstand hatte (vgl. Senat, BGHZ 146, 298, 305). Es bleibt aber auch in diesem Fall Sache des Begünstigten , alle Umstände darzulegen und erforderlichenfalls zu beweisen, die zusammen genommen die Vermutung erschüttern, er habe einen den Vertragspartner in seiner Entscheidungsfreiheit beeinträchtigenden Faktor bewusst oder jedenfalls grob fahrlässig ausgenutzt (vgl. zur Beweislast, Senat, BGHZ 146, 298, 305; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166). Solche Umstände sind hier weder von dem Berufungsgericht festgestellt worden noch dem Vortrag des darlegungspflichtigen Klägers zu entnehmen.

III.

20
1. Das angefochtene Urteil ist daher aufzuheben (§ 562 Abs. 1 ZPO). Die Sache ist zur Endentscheidung reif (§ 563 Abs. 3 ZPO), weil weitere tatsächliche Feststellungen nicht zu erwarten sind, nachdem die Sittenwidrigkeit des mit der Beklagten zu 2 geschlossenen Vertrages bereits Gegenstand der erstinstanzlichen Entscheidung war und der Kläger keine Umstände vorgetragen hat, die - allein oder zusammen mit der Kenntnis der Beklagten zu 2 von dem Äquivalenzmissverhältnis - geeignet wären, die Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des Zedenten zu erschüttern. Dies gilt auch unter Berücksichtigung der Feststellung des Berufungsgerichts, die Beklagte zu 2 habe die mit dem Zedenten geschlossenen Verträge vom 1. Juni 1994 und 24. Mai 1995 durch Vertrag vom 5. März 1997 nochmals bekräftigt. Denn der Kläger hat auch keine Umstände dargelegt, die die - fortbestehende - Vermutung für diesen Zeitpunkt erschüttern könnten.
21
2. Die Berufung des Klägers war zurückzuweisen, weil das Landgericht die Klage im Ergebnis zu Recht insgesamt abgewiesen hat.
22
a) Infolge der Sittenwidrigkeit des zwischen dem Zedenten und der Beklagten zu 2 geschlossenen Kaufvertrages fehlt nicht nur dem gegen sie gerichteten Schadensersatzanspruch, sondern auch einem Anspruch auf Auskehr der von ihr vereinnahmten Mieten die Grundlage.
23
b) Die Sittenwidrigkeit des Vertrages steht ferner dem gegen den Rechtsnachfolger des Beklagten zu 1 gerichteten Anspruch - der sich entgegen der Auffassung des Berufungsgerichts allerdings nicht aus § 325 Abs. 1 Satz 1 BGB a.F., sondern nur aus § 324 Abs. 1 BGB a.F. ergeben kann - entgegen.
24
Zwar könnte der Kläger gemäß § 324 Abs. 1 BGB a.F. die Zahlung des Kaufpreises aus dem zwischen dem Zedenten und dem Beklagten zu 1 am 21. Juni 1994 geschlossenen und am 23. Dezember 1997 geänderten Vertrag verlangen, wenn die Erfüllung dieses Vertrages nur daran gescheitert wäre, dass der Beklagte zu 1 das Eigentum an dem Flurstück 27 auf andere Weise, nämlich aufgrund des mit der Beklagten zu 2 im Jahr 1999 geschlossenen Vertrages , erworben hat. Grundsätzlich hat es der Gläubiger im Sinne des § 324 Abs. 1 BGB zu vertreten, wenn er dem Schuldner die Leistung dadurch unmöglich macht, dass er sich die Sache von dem Eigentümer selbständig verschafft (vgl. Staudinger/Otto, BGB [1995], § 324 Rdn. 12). Etwas anderes gilt aber, wenn sich im Nachhinein herausstellt, dass es dem Schuldner aus anderen, von dem Gläubiger nicht zu vertretenden Gründen unmöglich war, die ihm obliegende Leistung zu erbringen. Steht nämlich fest, dass die Durchführung des Vertrages auch ohne die Obliegenheitsverletzung des Gläubigers gescheitert wäre, hat der Gläubiger die Unmöglichkeit nicht verursacht und damit auch nicht zu vertreten. Die Gegenleistungsgefahr verbleibt in diesem Fall nach der Grundregel des § 323 BGB a.F. bei dem Schuldner.
25
So verhält es sich hier. Da der Vertrag, mit dem der Zedent unter anderem das Flurstück 27 erwerben wollte, sittenwidrig und damit nichtig ist, steht fest, dass er auf diesem Wege die - für die Erfüllung des mit dem Beklagten zu 1 notwendige - rechtliche Verfügungsmacht über das Flurstück 27 nicht erlangen konnte. Da der Kläger auch nicht behauptet, dass der Zedent willens und in der Lage gewesen wäre, sich die Verfügungsmacht über das Grundstück anderweit zu beschaffen, ist davon auszugehen, dass ihm die Erfüllung des Vertrages mit dem Beklagten zu 1 schon aus diesem Grund, also unabhängig von dem Verhalten des Beklagten zu 1, unmöglich war.

IV.

26
Die Kostenentscheidung beruht auf den Vorschriften der §§ 91 Abs. 1, 97 Abs. 1 ZPO. Krüger Klein Stresemann Czub Roth
Vorinstanzen:
LG Frankfurt (Oder), Entscheidung vom 10.03.2005 - 14 O 122/02 -
OLG Brandenburg, Entscheidung vom 30.11.2005 - 4 U 57/05 -

BUNDESGERICHTSHOF

IM NAMEN DES VOLKES
URTEIL
V ZR 178/08 Verkündet am:
9. Oktober 2009
Lesniak
Justizangestellte
als Urkundsbeamtin
der Geschäftsstelle
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: ja
Die tatsächliche Vermutung, nach der von einem groben Missverhältnis von Leistung
und Gegenleistung auf die verwerfliche Gesinnung des hiervon begünstigten
Vertragsteils zu schließen ist, erleichtert der davon nachteilig betroffenen Partei zwar
die Darlegung und die Beweisführung für das Vorliegen des subjektiven Merkmals
eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts, befreit sie aber nicht von ihrer
Behauptungslast.
BGH, Urteil vom 9. Oktober 2009 - V ZR 178/08 - KG Berlin
LG Berlin
Der V. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat auf die mündliche Verhandlung
vom 9. Oktober 2009 durch den Vorsitzenden Richter Prof. Dr. Krüger und die
Richter Dr. Lemke, Dr. Schmidt-Räntsch, die Richterin Dr. Stresemann und den
Richter Dr. Czub

für Recht erkannt:
Auf die Revision des Klägers wird das Urteil des 4. Zivilsenats des Kammergerichts in Berlin vom 1. Juli 2008 aufgehoben. Die Sache wird zur neuen Verhandlung und Entscheidung, auch über die Kosten des Revisionsverfahrens, an das Berufungsgericht zurückverwiesen.
Von Rechts wegen

Tatbestand:

1
Der Kläger und seine Ehefrau machten der Beklagten mit notarieller Urkunde vom 13. Februar 1998 das Angebot zum Kauf einer vermieteten, zu sanierenden Eigentumswohnung in B. zu einem Gesamtpreis von 135.500 DM (97.560 DM Kaufpreis für die Wohnung und 37.940 DM Werklohn für Bauleistungen), das die Beklagte mit notarieller Erklärung vom 24. Februar 1998 annahm. Die Vermarktung der Wohnungen der Beklagten erfolgte über eine von dieser beauftragte Vermittlerin.
2
Mit der Klage hat der Kläger aus eigenem und von seiner Ehefrau abgetretenem Recht die schadensersatzrechtliche Rückabwicklung des Kauf- vertrags wegen falscher Beratung über die mit der Finanzierung zu übernehmenden Belastungen des Erwerbs verlangt. Das Landgericht hat der Klage im Wesentlichen stattgegeben. Das Kammergericht hat sie unter Zurückweisung des Vorbringens des Klägers zu einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB abgewiesen. Mit der von dem Senat zugelassenen Revision verfolgt der Kläger diesen Anspruch weiter.

Entscheidungsgründe:

I.

3
Das Berufungsgericht verneint Schadensersatzansprüche aus jedem in Betracht kommenden Rechtsgrund, weil der Kläger nach Würdigung der von dem Berufungsgericht erneut durchgeführten Beweisaufnahme nicht bewiesen habe, dass der Vermittler über die Kosten der Finanzierung des Erwerbs der Wohnung fehlerhaft beraten oder den Käufern andere falsche Auskünfte erteilt habe.
4
Dem Kläger stehe auch kein Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung nach § 812 Abs. 1 Satz 1 Fall 1 BGB zu. Er habe zwar in zweiter Instanz vorgetragen, dass der Kaufvertrag wegen Wuchers nach § 138 Abs. 2 BGB oder als wucherähnliches Geschäft nach § 138 Abs. 1 BGB nichtig sei. Dieses Vorbringen sei aber neu und stelle nicht lediglich eine Substantiierung erstinstanzlichen Vorbringens dar. Der Kläger habe zwar in erster Instanz behauptet, dass ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung vorliege, er habe aber nicht zu den subjektiven Merkmalen des § 138 BGB vorgetragen. Das neue Vorbringen sei nicht zuzulassen, weil keiner der in § 531 Abs. 2 ZPO bestimmten Ausnahmegründe vorliege.

II.

5
Das hält rechtlicher Prüfung nicht stand. Die Revision, welche die Abweisung des auf die Schlechterfüllung eines Beratungsvertrags gestützten Schadensersatzanspruchs (vgl. dazu Senat, BGHZ 140, 111, 117; Urt. v. 14. März 2003, V ZR 308/02, NJW 2003, 1811, 1814) hinnimmt, rügt mit Erfolg, dass das Berufungsgericht den Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung (§ 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB) nicht ohne eine sachliche Prüfung hätte verneinen dürfen.
6
1. Unbegründet ist allerdings die Sachrüge, dass das Berufungsgericht die materiell-rechtlichen Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB verkannt habe. Das Berufungsgericht hat nicht übersehen, dass ein Kaufvertrag, auch wenn der Wuchertatbestand des § 138 Abs. 2 BGB nicht in allen Voraussetzungen erfüllt ist, als wucherähnliches Rechtsgeschäft nach § 138 Abs. 1 BGB sittenwidrig sein kann (vgl. Senat, BGHZ 146, 298, 301 m.w.N.). Es hat beide Tatbestände des § 138 BGB behandelt und auch die Voraussetzungen für die Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags nach § 138 BGB richtig erkannt. Zu dem objektiv auffälligen Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung muss stets ein subjektiver Umstand hinzukommen, damit der Vertrag sich als sittenwidrig darstellt. Das gilt für beide Tatbestände des § 138 BGB gleichermaßen. Zur Feststellung der Sittenwidrigkeit eines Vertrags als wucherähnlichen Geschäfts nach § 138 Abs. 1 BGB ist das subjektive Merkmal eines Handelns des Begünstigten in verwerflicher Gesinnung unerlässlich (Senat, BGHZ 160, 8, 14; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166).
7
2. Im Ergebnis begründet ist jedoch die auf eine Verletzung des § 531 ZPO gestützte Verfahrensrüge, dass das Berufungsgericht dem unter Beweis gestellten streitigen Vortrag zum Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung hätte nachgehen müssen.
8
a) Das Berufungsgericht hat allerdings - entgegen der Ansicht der Revision - kein erstinstanzliches Vorbringen des Klägers zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB übergangen. Die Rüge einer Verletzung des Art. 103 Abs. 1 GG ist unbegründet, weil der Kläger dazu in erster Instanz nichts vorgetragen hat.
9
Soweit die Revision auf die Behauptung in der Klageschrift hinweist, die Käufer hätten wegen ihrer Unerfahrenheit in immobilien- und steuerrechtlichen Dingen die Lücken in der durch den Vermittler erteilten Beratung nicht erkannt, kommt diesem Vortrag nicht die Bedeutung zu, die ihm die Revision beilegen möchte. Der erstinstanzliche Vortrag zur Unerfahrenheit der Käufer diente der Begründung des in der Klageschrift allein geltend gemachten Schadensersatzanspruchs wegen Schlechterfüllung eines Beratungsvertrags. Aus dem Umstand , dass ein Käufer in Angelegenheiten der Finanzierung unerfahren ist, ergibt sich nicht zugleich, dass er auch keine Kenntnisse über die für vergleichbare Immobilien am Markt geforderten Preise hatte und der Verkäufer das ausgenutzt hat. Dieser darf vielmehr grundsätzlich davon ausgehen, dass sein künftiger Vertragspartner sich insoweit selbst im eigenen Interesse Klarheit verschafft hat (Senat, Urt. v. 14. März 2003, V ZR 308/02, NJW 2002, 1811, 1812; Urt. v. 8. Oktober 2004, V ZR 18/04, NJW 2005, 820, 821).
10
Für die Annahme einer Sittenwidrigkeit des Kaufvertrages nach § 138 Abs. 1 BGB ist erforderlich, dass der von einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung begünstigte Verkäufer in verwerflicher Gesinnung handelt. Das setzt voraus, dass diesem bewusst ist oder er sich grob fahrlässig der Einsicht verschließt, dass der Käufer nur unter dem Zwang der Verhältnisse oder aus anderen, die freie Willensentschließung beeinträchtigenden Umständen , wie einem Mangel an Urteilsvermögen oder wegen einer erheblicher Willensschwäche, sich auf den für ihn ungünstigen Vertrag einlässt (Senat, BGHZ 146, 298, 302; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432). Die Revision zeigt nicht auf, dass so etwas von dem Kläger in der ersten Instanz vorgebracht worden wäre.
11
b) Ein Vortrag zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB war entgegen der Ansicht der Revision auch nicht angesichts dessen entbehrlich, dass schon in der Klageschrift (wenngleich ebenfalls in einem anderen Zusammenhang, nämlich zur Darlegung einer behaupteten Aufklärungspflichtverletzung zu ungewöhnlich hohen, 35 bis 40 % des Kaufpreises ausmachenden Innenprovisionen) das Vorliegen eines groben Missverhältnisses zwischen dem vereinbarten Preis und dem Wert der Wohnung behauptet worden ist.
12
Zwar trifft es zu, dass ein besonders grobes Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung - wovon bei Grundstücksgeschäften bereits dann auszugehen ist, wenn der Wert der Leistung knapp doppelt so hoch ist wie der Wert der Gegenleistung - den Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des Begünstigten zulässt (Senat, BGHZ 146, 298, 305; Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841, 2842). Zu Unrecht leitet die Revision jedoch daraus ab, dass - wenn ein solches Äquivalenzmissverhältnis dargelegt wird - es keines Vortrags mehr zu den subjektiven Voraussetzungen des § 138 BGB bedarf. Damit legt sie einer tatsächlichen Vermutung eine zu weitgehende, nämlich einer gesetzlichen Vermutung nach § 292 ZPO gleichkommende Wirkung bei.
13
aa) Bei einer gesetzlichen Vermutung hat die begünstigte Partei nur die diese begründenden Tatsachen (die Vermutungsbasis) darzulegen, muss je- doch nicht (auch) die vom Gesetz vermutete Tatsache vortragen (MünchKommZPO /Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 21; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 292 Rdn. 4; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl. § 292, Rdn. 14; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl. § 292, Rdn. 21). Eine solche Vermutung enthebt die Partei nicht nur von der Beweis-, sondern auch von der Darlegungslast für die vermutete Tatsache (BGH, Urt. v. 19. Januar 1977, VIII ZR 42/75, JR 1978, 18, 20; Urt. v. 4. Februar 2002, II ZR 37/00, NJW 2002, 2101, 2102). Der Gegner, zu dessen Lasten die Vermutung wirkt, hat nach § 292 Satz 1 ZPO das Gegenteil vorzutragen, einen Beweis dafür anzutreten und zu führen.
14
bb) Der Schluss von dem besonders groben Äquivalenzmissverhältnis auf eine verwerfliche Gesinnung der davon begünstigten Partei beruht hingegen auf einer tatsächlichen Vermutung.
15
(1) Auf tatsächliche Vermutungen, die nicht auf gesetzlicher Anordnung, sondern auf allgemeinen Erfahrungssätzen beruhen, findet § 292 ZPO nach ganz herrschender, wenn auch nicht völlig unbestrittener Meinung im Schrifttum keine Anwendung (MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 27; Musielak/Huber, ZPO, 6. Aufl., § 292 Rdn. 1; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 292 Rdn. 7; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 292 Rdn. 13; Zöller/Greger, ZPO, 27. Aufl., v. § 284 Rdn. 33; Baumgärtel, Festschrift für Karl Heinz Schwab, 43, 47; Prütting, Gegenwartsprobleme der Beweislast, 57; a.A. Bruns, Zivilprozessrecht, 2. Aufl., Rdn. 171 c; Hirte, MDR 1998, 182, 185). Den tatsächlichen Vermutungen wird nur eine Bedeutung bei der Beweiswürdigung zugemessen, als sie einen Anscheins- oder Indizienbeweis für die behauptete Tatsache begründen können (MünchKomm-ZPO/Prütting, 3. Aufl., § 292 Rdn. 27; Wieczorek/Schütze/Assmann, ZPO, 3. Aufl., § 292 Rdn. 13; Baumgärtel, aaO, 57; Prütting, aaO, 58).
16
(2) Das gilt auch für den aus einem groben Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung zu ziehenden Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des hiervon begünstigten Vertragsteils. Dieser Schluss leitet sich von dem Erfahrungssatz her, dass außergewöhnliche Leistungen in der Regel nicht ohne Not oder einen anderen den Benachteiligenden hemmenden Umstand zugestanden werden und der Begünstigte diese Erfahrung teilt (Senat, BGHZ 146, 298, 302 f.; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841). Das trägt die den Beweis der subjektiven Voraussetzungen des § 138 Abs. 1 BGB erleichternde tatsächliche Vermutung, die von dem Tatrichter bei der Beweiswürdigung berücksichtigt werden muss und nur dann nicht zur Anwendung kommt, wenn sie im Einzelfall durch besondere Umstände erschüttert ist (Senat, BGHZ 146, 296, 305; Urt. v. 5. Okt. 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 432; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841, 2842; ebenso BGH, Urt. v. 18. Dezember 2002, VIII ZR 123/02, NJW-RR 2003, 558).
17
Die tatsächliche Vermutung hilft der von einem groben Äquivalenzmissverhältnis nachteilig betroffenen Vertragspartei allerdings auch bei ihrem Vortrag zu den subjektiven Voraussetzungen des wucherähnlichen Geschäfts. Deren Darlegung wird wesentlich erleichtert, wenn hierfür der Hinweis auf das besonders grobe Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ausreicht, weil das in der Regel einen Schluss auf eine verwerfliche Gesinnung des begünstigten Vertragsteils zulässt (vgl. Senat, Urt. v. 5. Oktober 2001, V ZR 237/00, NJW 2002, 429, 430; Urt. v. 29. Juni 2007, V ZR 1/06, NJW 2007, 2841, 2842).
18
Das ändert jedoch nichts daran, dass die Vermutung die von dem groben Missverhältnis nachteilig betroffene Partei nicht von der Behauptungslast für das Vorliegen des subjektiven Merkmals eines wucherähnlichen Rechtsgeschäfts befreit. Ein bei der Beweiswürdigung anzuwendender Erfahrungssatz setzt streitiges Vorbringen zum subjektiven Tatbestand voraus.
19
An den Vortrag der benachteiligten Partei sind zwar keine hohen Anforderungen zu stellen. Diese muss die verwerfliche Gesinnung der anderen Vertragspartei nicht ausdrücklich behaupten; es genügt, wenn aus dem Kontext mit dem Vortrag zu einem groben objektiven Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung ersichtlich ist, dass die davon benachteiligte Vertragspartei sich auf die daraus begründete Vermutung einer verwerflichen Gesinnung der anderen Vertragspartei beruft (Senat, Beschl. v. 2. April 2009, V ZR 177/08, NJW-RR 2009, 1236, 1237). Darauf kann aber nicht verzichtet werden, weil ein grobes Äquivalenzmissverhältnis allein nicht zur Nichtigkeit des Vertrags nach § 138 BGB führt und die tatsächliche Vermutung einer verwerflichen Gesinnung des davon begünstigten Vertragsteils durch den Vortrag besonderer Umstände erschüttert werden kann (Senat, BGHZ 160, 8, 15; Urt. v. 19. Juli 2002, V ZR 240/01, NJW 2002, 3165, 3166; Urt. v. 27. September 2002, V ZR 218/01, NJW 2003, 283, 284). Der von dem objektiven Äquivalenzmissverhältnis begünstigte Vertragsteil hat deshalb erst dann Anlass, auf den Vortrag der benachteiligten Vertragspartei zu erwidern, wenn diese zugleich ein die Sittenwidrigkeit nach § 138 Abs. 1 BGB begründendes Handeln in verwerflicher Gesinnung behauptet.
20
c) Im Ergebnis hat die Revision jedoch Erfolg. Das Berufungsgericht durfte den neuen Vortrag des Klägers zum Vorliegen eines wucherähnlichen Tatbestands nicht nach § 531 Abs. 2 ZPO zurückweisen.
21
aa) Die Verweigerung der Zulassung neuen Vorbringens kann von dem Revisionsgericht nur auf eine Verfahrensrüge hin überprüft werden. Eine solche Rüge liegt hier - entgegen der Auffassung der Revisionserwiderung - vor.
22
Richtig ist zwar deren Hinweis, dass die Revision den Verfahrensmangel nicht richtig begründet, indem sie - wie ausgeführt - zu Unrecht von einem bereits in erster Instanz vorgetragenen, in zweiter Instanz nur konkretisierten Vortrag ausgeht. Diese fehlerhafte Begründung bindet das Revisionsgericht jedoch nicht. § 557 Abs. 3 Satz 2 ZPO setzt allein die ordnungsgemäße Rüge des Verfahrensmangels nach § 551 Abs. 3 Nr. 2 ZPO voraus, verlangt jedoch keinen schlüssigen Vortrag des Revisionsklägers (vgl. BGH, Urt. v. 24. November 1980, VIII ZR 208/79, NJW 1981, 1453; Beschl. v. 26. Juni 2003, III ZB 71/02, NJW 2003, 2532, 2533).
23
Den förmlichen Anforderungen an eine ordnungsgemäße Rüge nach §§ 551 Abs. 3, 554 Abs. 3 Satz 1 Nr. 2 ZPO genügt das Vorbringen in der Revisionsbegründung, wenn die Verletzung des § 531 Abs. 2 ZPO durch die Zurückweisung des Vorbringens in zweiter Instanz gerügt wird und die den Verfahrensfehler ergebenden Tatsachen benannt werden, indem auf das Vorbringen in dem in zweiter Instanz eingereichten Schriftsatz (unter Angabe der Aktenstelle) hingewiesen wird, welches das Berufungsgericht zurückgewiesen hat. Die rechtliche Beurteilung, ob sich aus den angeführten Umständen die von der Revision geltend gemachte Verletzung des § 531 Abs. 2 ZPO ergibt, hat der Senat selbst vorzunehmen.
24
bb) Die Zurückweisung des neuen Vorbringens war rechtsfehlerhaft. Das neue Vorbringen des in erster Instanz siegreichen Klägers zu dem Anspruch aus ungerechtfertigter Bereicherung war zuzulassen, weil das Berufungsgericht die Sach- und Rechtslage anders als das Gericht des ersten Rechtszuges beurteilt hat.
25
Nach ständiger Rechtsprechung darf der siegreiche Berufungsbeklagte darauf vertrauen, nicht nur rechtzeitig darauf hingewiesen zu werden, dass und aufgrund welcher Erwägungen das Berufungsgericht der Beurteilung der Vorinstanz nicht folgen will, sondern dann auch Gelegenheit zu erhalten, seinen Tatsachenvortrag sachdienlich zu ergänzen oder weiteren Beweis anzutreten (BVerfG NJW 2003, 2524; BGH, Urt. v. 21. Dezember 2004, XI ZR 17/03, Rz. 11, juris; Beschl. v. 15. März 2006, IV ZR 32/05, NJW-RR 2006, 937; Senat, Beschl. v. 26. Juni 2008, V ZR 225/07, Rz. 5, juris).
26
Das Gericht muss sachdienlichen Vortrag der Partei auf einen nach der Prozesslage gebotenen Hinweis nach § 139 ZPO zulassen (vgl. BGHZ 127, 254, 260; Urt. v. 27. November 1996, VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441). Die Hinweispflicht des Berufungsgerichts und die Berücksichtigung neuen Vorbringens gehören insoweit zusammen, woran auch die Vorschrift des § 531 Abs. 2 Satz 1 ZPO, die die Zulässigkeit neuer Angriffs- und Verteidigungsmittel in der Berufungsinstanz einschränkt, nichts geändert hat. Die Hinweispflicht auf eine von der ersten Instanz abweichende Beurteilung liefe nämlich leer, wenn ein von dem Berufungsbeklagten darauf vorgebrachtes entscheidungserhebliches Vorbringen bei der Entscheidung über das Rechtsmittel unberücksichtigt bliebe (vgl. BGH, Urt. v. 21. Dezember 2004, XI ZR 17/03, aaO). Neues Vorbringen des Berufungsbeklagten, das auf einen solchen Hinweis des Berufungsgerichts erfolgt und den Prozessverlust wegen einer von der ersten Instanz abweichenden rechtlichen oder tatsächlichen Beurteilung durch das Berufungsgericht vermeiden soll, ist zuzulassen, ohne dass es darauf ankommt, ob es schon in erster Instanz hätte vorgebracht werden können (vgl. BGH, Beschl. v. 27. November 1996, VIII ZR 311/95, NJW-RR 1997, 441; Urt. v. 21. Dezember 2004, XI ZR 17/03, Rz. 11, juris; Senat, Beschl. v. 26. Juni 2008, V ZR 225/07, Rz. 5, juris).

III.

27
Das Berufungsurteil ist danach aufzuheben und die Sache zur neuen Entscheidung auch unter Berücksichtigung des neuen Vorbringens des Klägers zu einem Anspruch aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alternative 1 BGB zurückzuverweisen.
28
1. Für die neue Verhandlung wird darauf hingewiesen, dass der Kläger die Berechnung seiner Klageforderung im Hinblick auf einen Anspruch nach § 812 Abs. 1 BGB zu überprüfen haben wird.
29
2. Für die Feststellung eines Missverhältnisses von Leistung und Gegenleistung bei dem zusammengesetzten Vertrag, aus dem Kaufvertrag über die Wohnung und dem Werkvertrag zu deren Modernisierung, verweist der Senat auf die Ausführungen in seinem Urteil vom 6. Juli 2007 (V ZR 274/06, Rz. 22 bis 24, juris). Krüger Lemke Schmidt-Räntsch Stresemann Czub
Vorinstanzen:
LG Berlin, Entscheidung vom 28.06.2006 - 23 O 667/04 -
KG Berlin, Entscheidung vom 01.07.2008 - 4 U 190/06 -

(1) Kraft des Schuldverhältnisses ist der Gläubiger berechtigt, von dem Schuldner eine Leistung zu fordern. Die Leistung kann auch in einem Unterlassen bestehen.

(2) Das Schuldverhältnis kann nach seinem Inhalt jeden Teil zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des anderen Teils verpflichten.

(1) Zur Begründung eines Schuldverhältnisses durch Rechtsgeschäft sowie zur Änderung des Inhalts eines Schuldverhältnisses ist ein Vertrag zwischen den Beteiligten erforderlich, soweit nicht das Gesetz ein anderes vorschreibt.

(2) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 entsteht auch durch

1.
die Aufnahme von Vertragsverhandlungen,
2.
die Anbahnung eines Vertrags, bei welcher der eine Teil im Hinblick auf eine etwaige rechtsgeschäftliche Beziehung dem anderen Teil die Möglichkeit zur Einwirkung auf seine Rechte, Rechtsgüter und Interessen gewährt oder ihm diese anvertraut, oder
3.
ähnliche geschäftliche Kontakte.

(3) Ein Schuldverhältnis mit Pflichten nach § 241 Abs. 2 kann auch zu Personen entstehen, die nicht selbst Vertragspartei werden sollen. Ein solches Schuldverhältnis entsteht insbesondere, wenn der Dritte in besonderem Maße Vertrauen für sich in Anspruch nimmt und dadurch die Vertragsverhandlungen oder den Vertragsschluss erheblich beeinflusst.

(1) Ein Rechtsgeschäft, das gegen die guten Sitten verstößt, ist nichtig.

(2) Nichtig ist insbesondere ein Rechtsgeschäft, durch das jemand unter Ausbeutung der Zwangslage, der Unerfahrenheit, des Mangels an Urteilsvermögen oder der erheblichen Willensschwäche eines anderen sich oder einem Dritten für eine Leistung Vermögensvorteile versprechen oder gewähren lässt, die in einem auffälligen Missverhältnis zu der Leistung stehen.

Tenor

1. Das Endurteil des Amtsgerichts Landau a.d. Isar vom 3. Mai 2012 - 2 C 524/10 - verletzt den Beschwerdeführer in seinem Grundrecht aus Artikel 3 Absatz 1 des Grundgesetzes sowie in seinem grundrechtsgleichen Recht aus Artikel 103 Absatz 1 des Grundgesetzes. Das Urteil wird aufgehoben. Der Beschluss des Amtsgerichts Landau a.d. Isar vom 11. Juni 2012 - 2 C 524/10 - wird damit gegenstandslos. Die Sache wird an einen anderen Richter desAmtsgerichts- Zivilabteilung - zurückverwiesen.

2. ...

3. Der Wert des Gegenstandes der anwaltlichen Tätigkeit wird auf 8.000 € (in Worten: achttausend Euro) festgesetzt.

Gründe

I.

1

Gegenstand des Ausgangsverfahrens ist eine Streitigkeit über die Vergütung von Kommunikationsdienstleistungen.

2

1. Der Beschwerdeführer hatte über sogenannte Internet-by-call-Einwahlverbindungen Kommunikationsdienstleistungen in Anspruch genommen. Einer Zahlungsklage der Rechtsnachfolgerin der Dienstanbieterin (im Folgenden: Klägerin) war er mit dem Vortrag entgegengetreten, dass er zwar die abgerechneten Dienste genutzt habe, allerdings nicht zu den berechneten Tarifen von bis zu 0,25 € pro Minute, sondern zu 0,001 € (0,1 Cent) pro Minute. Der von der Klägerin vorgelegte Einzelverbindungsnachweis sei nicht zum Beweis geeignet, da dieser die letzten drei Stellen der jeweiligen Einwahlnummer nicht angebe; allein aus den letzten drei Stellen lasse sich jedoch der gewählte Tarif ablesen. Hilfsweise müsse von einer nachträglichen Änderung der Tarife ausgegangen werden. Jedenfalls sei eine Tarifänderung weder dem Beschwerdeführer mitgeteilt noch im Internet publiziert worden. Darüber hinaus seien die abgerechneten Tarife sittenwidrig überhöht, da sie um 900 % bis 1.400 % über den marktüblichen Tarifen lägen.

3

Das Amtsgericht hatte der Klage stattgegeben und den Beschwerdeführer antragsgemäß zur Zahlung von insgesamt rund 500 € zuzüglich Zinsen verurteilt. Auf die hierauf erhobene Verfassungsbeschwerde des Beschwerdeführers hob das Bundesverfassungsgericht das Urteil auf und verwies die Sache an das Amtsgericht zurück (BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 885/11 -, juris).

4

2. Hiernach wurde die Sache vor dem Amtsgericht erneut verhandelt. Dort erging noch im Termin das nunmehr angegriffene stattgebende Urteil. Zur Begründung heißt es dort, dass die Klägerin den Anspruch schlüssig dargelegt habe. Soweit der Beschwerdeführer vortrage, das Angebot wissentlich nur zu einem Tarif von 0,1 Cent pro Minute in Anspruch genommen zu haben, sei es ihm zuzumuten gewesen, sich über den jeweils aktuellen Tarif zu informieren; dass die aktuellen Tarife jeweils auf der Internetseite der Dienstanbieterin veröffentlicht seien, habe der Beschwerdeführer nicht wirksam bestritten. Soweit nicht mehr nachvollzogen werden könne, ob die abgerechneten Tarife mit den veröffentlichten Tarifen übereinstimmten, liege dies nur daran, dass der Beschwerdeführer von seinem Recht Gebrauch gemacht habe, die angewählten Rufnummern nur teilweise - das heißt ohne die letzten drei Ziffern - speichern zu lassen. Die Verträge seien auch nicht gemäß § 138 Abs. 2 BGB nichtig. Zwar habe der Beschwerdeführer vorgetragen, dass der durchschnittliche Marktpreis bei maximal 1,0 Cent pro Minute liege. Dem sei die Klägerin jedoch substantiiert mit der Behauptung entgegengetreten, dass sich die üblichen Preise zwischen 0,1 und 15,0 Cent pro Minute bewegten. Eine Inaugenscheinnahme vergleichbarer Angebote durch das Gericht habe ergeben, dass die Preise bei einzelnen Anbietern erheblichen Schwankungen ausgesetzt seien und durchaus auch höhere Preise als vom Beschwerdeführer angegeben gefordert würden. Damit sei schon der objektive Tatbestand des Wuchers nicht gegeben; im Übrigen lägen auch die subjektiven Tatbestandsmerkmale nicht vor, wobei es bereits an substantiiertem Vortrag hierzu fehle. Eine Nichtigkeit wegen Sittenwidrigkeit gemäß § 138 Abs. 1 BGB scheitere bereits am Fehlen eines auffälligen Missverhältnisses zwischen Leistung und Gegenleistung.

5

Eine Gehörsrüge des Beschwerdeführers wies das Amtsgericht mit der Begründung zurück, dass das Gericht das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Kenntnis genommen habe und sowohl in der mündlichen Verhandlung als auch im Urteil ausreichend darauf eingegangen sei.

6

3. Mit seiner neuerlichen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer wiederum einen Verstoß gegen Art. 3 Abs. 1 GG in seiner Bedeutung als Willkürverbot sowie eine Verletzung seines grundrechtsgleichen Rechts auf rechtliches Gehör aus Art. 103 Abs. 1 GG.

7

4. Die Verfassungsbeschwerde wurde dem Bayerischen Staatsministerium der Justiz und für Verbraucherschutz sowie der Klägerin zugestellt. Es wurden keine Stellungnahmen abgegeben. Die Akte des Ausgangsverfahrens lag der Kammer vor.

II.

8

Die Kammer nimmt die Verfassungsbeschwerde zur Entscheidung an und gibt ihr statt, weil dies zur Durchsetzung des Grundrechts des Beschwerdeführers aus Art. 3 Abs. 1 GG sowie seines grundrechtsgleichen Rechts aus Art. 103 Abs. 1 GG angezeigt ist (§ 93a Abs. 2 Buchstabe b BVerfGG). Auch die weiteren Voraussetzungen des § 93c Abs. 1 Satz 1 BVerfGG liegen vor. Das Bundesverfassungsgericht hat die hier maßgeblichen verfassungsrechtlichen Fragen bereits entschieden. Die Verfassungsbeschwerde ist danach offensichtlich begründet.

9

1. Die angegriffenen Entscheidungen verletzen den Beschwerdeführer in seinem grundrechtsgleichen Recht auf rechtliches Gehör, Art. 103 Abs. 1 GG.

10

a) Der Gehörsgrundsatz verpflichtet die Gerichte, die Ausführungen der Prozessbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen, nicht jedoch, der von dem Beteiligten vertretenen Rechtsansicht zu folgen (vgl. BVerfGE 64, 1 <12>; 87, 1 <33>). Auch gewährt Art. 103 Abs. 1 GG keinen Schutz dagegen, dass das Gericht das Vorbringen der Beteiligten aus Gründen des formellen oder materiellen Rechts ganz oder teilweise unberücksichtigt lässt (vgl. BVerfGE 60, 1 <5>; 60, 305 <310>; 62, 249 <254>; 69, 141 <143 f.>); dies kann aber nicht mehr gelten, wenn die Nichtberücksichtigung von Vortrag oder von Beweisanträgen im Prozessrecht keine Stütze mehr findet (vgl. BVerfGE 50, 32 <36>; 60, 250 <252>; 65, 305 <307>; 69, 141 <144>). Aus Art. 103 Abs. 1 GG folgt indes keine Pflicht der Gerichte, sich mit jedem Vorbringen in den Entscheidungsgründen ausdrücklich zu befassen, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht mehr angreifbaren Entscheidungen, für die es keine verfassungsrechtliche Begründungspflicht gibt (vgl. BVerfGE 50, 287 <289 f.>). Denn grundsätzlich geht das Bundesverfassungsgericht davon aus, dass die Gerichte das Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung gezogen haben. Art. 103 Abs. 1 GG ist daher erst dann verletzt, wenn sich im Einzelfall aus besonderen Umständen klar ergibt, dass tatsächliches Vorbringen eines Beteiligten entweder überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder doch bei der Entscheidung nicht erwogen worden ist (vgl. BVerfGE 65, 293 <295>; 70, 288 <293>; 86, 133 <145 f.>; stRspr). Geht das Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags einer Partei zu einer Frage, die für das Verfahren von zentraler Bedeutung ist, in den Entscheidungsgründen nicht ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern er nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich unsubstantiiert war (vgl. BVerfGE 47, 182 <189>; 86, 133 <146>).

11

b) Nach den genannten Maßstäben hat das Amtsgericht hier das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt.

12

aa) So hat das Amtsgericht den Vortrag des Beschwerdeführers, dass er tatsächlich die Internetseite der Dienstanbieterin regelmäßig besucht und die dort angegebenen Tarife in Augenschein genommen habe, offenbar nicht zur Kenntnis genommen; denn anderenfalls ergäbe die Feststellung, dass es dem Beschwerdeführer zuzumuten gewesen wäre, sich im Internet über die jeweils gültigen Tarife zu informieren, keinen Sinn. Das genannte Vorbringen war auch erheblich, da der Beschwerdeführer gegen die verlangten Entgelte unter anderem eingewandt hat, dass die abgerechneten Preise schon nicht ordnungsgemäß zur Kenntnis gebracht worden seien und damit nicht Grundlage des Vertragsverhältnisses geworden sein könnten.

13

bb) Ebenfalls hat das Amtsgericht das Vorbringen des Beschwerdeführers zur Speicherung der angewählten Rufnummern im Einzelverbindungsnachweis zumindest nicht erwogen. Der Beschwerdeführer hat hierzu vorgetragen, dass Internetverbindungen in jedem Fall vollständig im Einzelverbindungsnachweis aufzuführen seien. Dabei sei die Frage, welche Daten zu Abrechnungszwecken zu speichern seien, aber ohnehin unabhängig davon, welche Daten dem Anschlussinhaber regelmäßig im Wege des Einzelverbindungsnachweises mitgeteilt würden. Zu Letzterem habe er im Übrigen keine Erklärung abgegeben; die Unkenntlichmachung der letzten drei Stellen auf dem Einzelverbindungsnachweis sei die Standardeinstellung des Netzbetreibers. In jedem Fall sei nicht ersichtlich, warum die Darstellung der angerufenen Telefonanschlüsse auf dem durch den Netzbetreiber erstellten Einzelverbindungsnachweis die Klägerin von ihrer Darlegungs- und Beweislast entbinden könnte. Das Amtsgericht hat seiner Entscheidung dennoch die klägerische Behauptung zugrunde gelegt, dass der Beschwerdeführer von seinem Recht Gebrauch gemacht habe, die angewählten Rufnummern nur teilweise zu speichern. Des Weiteren ist es auf den Vortrag des Beschwerdeführers, dass die Darstellung der Rufnummern auf dem Einzelverbindungsnachweis für die Frage, welche Daten zu Abrechnungszwecken gespeichert würden, ohne Bedeutung sei, nicht eingegangen. Dabei handelte es sich bei dem genannten Vortrag des Beschwerdeführers um Kernvorbringen. Denn auch nach der Rechtsauffassung des Amtsgerichts wäre die Klägerin für die behauptete Anwahl der angeblich mit den abgerechneten Tarifen verknüpften Nummern beweisfällig geblieben, wenn sich die klägerseits geltend gemachten Beweisschwierigkeiten nicht auf eine Entscheidung des Beschwerdeführers zurückführen lassen sollten.

14

cc) Darüber hinaus hat das Amtsgericht auch insoweit das Recht des Beschwerdeführers auf rechtliches Gehör verletzt, als dieser vorgetragen hat, dass die abgerechneten Preise sittenwidrig überhöht seien. Dabei hat sich der Beschwerdeführer ausdrücklich auf § 138 Abs. 1 BGB bezogen und auf die hierzu ergangene höchstrichterliche Rechtsprechung verwiesen; er hat darüber hinaus Vergleichspreise genannt, aus denen der durchschnittliche Marktpreis zu bilden sei, und das Verhältnis der von der Klägerin berechneten Preise zu dem von ihm ermittelten durchschnittlichen Marktpreis errechnet. Nach Ergehen des ersten - vom Bundesverfassungsgericht aufgehobenen - Urteils, aber vor erneuter Verhandlung hat er darüber hinaus die Einholung eines Sachverständigengutachtens beantragt. Das Amtsgericht hat indes lediglich festgestellt, dass die Klägerin den Tatsachenbehauptungen des Beschwerdeführers zum auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung "substantiiert entgegengetreten" sei, ohne auf den Antrag, zur Ermittlung eines Marktpreises ein Sachverständigengutachten einzuholen, einzugehen. Insoweit findet sich lediglich der nicht näher spezifizierte Hinweis, das Amtsgericht habe "vergleichbare Angebote" in Augenschein genommen. Dabei ist auch nicht ersichtlich, dass es nach der Rechtsmeinung des Amtsgerichts hierauf nicht angekommen wäre, da es zu § 138 Abs. 1 BGB lediglich ausführt, dass es "bereits" an einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehle.

15

2. Des Weiteren hat das Amtsgericht auch gegen das Verbot objektiver Willkür verstoßen.

16

a) Willkürlich ist ein Richterspruch nur dann, wenn er unter keinem denkbaren Aspekt rechtlich vertretbar ist und sich daher der Schluss aufdrängt, dass er auf sachfremden Erwägungen beruht. Das ist anhand objektiver Kriterien festzustellen. Schuldhaftes Handeln des Richters ist nicht erforderlich. Fehlerhafte Rechtsanwendung allein macht eine Gerichtsentscheidung nicht willkürlich. Willkür liegt vielmehr erst dann vor, wenn eine offensichtlich einschlägige Norm nicht berücksichtigt oder der Inhalt einer Norm in krasser Weise missverstanden wird. Von einer willkürlichen Missdeutung kann jedoch nicht gesprochen werden, wenn das Gericht sich mit der Rechtslage eingehend auseinandersetzt und seine Auffassung nicht jeden sachlichen Grundes entbehrt (vgl. BVerfGE 89, 1 <13 f.>; 96, 189 <203>).

17

b) Hier drängt sich auf, dass der Inhalt des § 138 Abs. 1 BGB in krasser Weise missverstanden wurde.

18

aa) Der objektive Tatbestand des § 138 Abs. 1 BGB setzt ein auffälliges Missverhältnis von Leistung und Gegenleistung voraus; dabei ist jeweils der objektive Wert (Verkehrswert, Marktwert) anzusetzen (BGHZ 80, 153 <160 f.>; 141, 257 <262 f.>; 146, 298 <301 ff.>; Armbrüster, in: Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl. 2012, § 138 Rn. 113; Ellenberger, in: Palandt, BGB, 71. Auflage 2012, § 138 Rn. 34 ff.). Im Prozess genügt es, wenn die darlegungspflichtige Partei einen bestimmten Betrag als objektiven Wert behauptet und durch Sachverständigengutachten unter Beweis stellt (vgl. BGH, Urteil vom 5. Oktober 2001 - V ZR 237/00 -, NJW 2002, S. 429 <431>; Beschluss vom 2. April 2009 - V ZR 177/08 -, NZM 2009, S. 797; Armbrüster, a.a.O.). Zu dem auffälligen Missverhältnis als objektiver Tatbestandsvoraussetzung müssen in der Regel weitere subjektive Merkmale hinzutreten, etwa eine verwerfliche Gesinnung; diese wird jedoch indiziert, wenn nicht nur ein auffälliges, sondern ein besonders auffälliges, besonders grobes oder besonders krasses Missverhältnis festzustellen ist (BGHZ 125, 135 <139 f.>; 144, 343 <346>; 146, 298 <301 ff.>; 154, 47 <52>; BGH, Urteil vom 14. Juli 2004 - XII ZR 352/00 -, NJW 2004, S. 3553 <3555>; Urteil vom 26. Februar 2008 - XI ZR 74/06 -, NJW 2008, S. 1585 <1588>). Dies wurde in der bisherigen Rechtsprechung vielfach dann angenommen, wenn die vom Schuldner zu erbringende Leistung um mehr als 100 % über dem Marktpreis liegt (BGHZ 141, 257 <262 f.>; 146, 298 <301 ff.>; 154, 47 <52>).

19

bb) Das Urteil des Amtsgerichts führt zu § 138 Abs. 1 BGB zunächst nur aus, dass es "auch insoweit" an einem auffälligen Missverhältnis zwischen Leistung und Gegenleistung fehle. Dies bezieht sich offenbar auf die Ausführungen zu § 138 Abs. 2 BGB, lässt aber erkennen, dass dem Amtsgericht zumindest bewusst war, dass die Vorschrift eine vergleichende Betrachtung erfordert. Die Art und Weise, mit der das Amtsgericht sich dem vorzunehmenden Vergleich genähert hat, offenbart jedoch ein krasses Fehlverständnis. So hat der Beschwerdeführer einen durchschnittlichen Marktpreis behauptet und unter Beantragung eines Sachverständigengutachtens unter Beweis gestellt (vgl. oben); wäre der Beweis der - bestrittenen - Behauptung gelungen, lägen die von der Klägerin abgerechneten Preise um 900 % bis 1.400 % über dem durchschnittlichen Marktpreis, so dass sich ein Verstoß gegen die guten Sitten im Sinne des § 138 Abs. 1 BGB geradezu aufdrängen würde (vgl. BVerfG, Beschluss der 2. Kammer des Ersten Senats vom 17. Januar 2012 - 1 BvR 885/11 -, juris Rn. 12). Das Amtsgericht ist dem Beweisangebot jedoch nicht nachgegangen. Zwar wäre es dem Amtsgericht unbenommen gewesen, bei Darlegung eigener Sachkunde anstelle der Einholung eines Sachverständigengutachtens selbst den objektiven Wert der von der Internetdienstanbieterin erbrachten Leistung zu ermitteln. Demgegenüber behauptet das Urteil jedoch lediglich, nicht näher benannte "vergleichbare Angebote" in Augenschein genommen zu haben, was "Schwankungen" und "auch deutlich höhere Preise" ergeben habe. Daraus wird ersichtlich, dass das Amtsgericht völlig verkannt hat, dass eine hinreichend belastbare Vergleichsgrundlage zu erarbeiten gewesen wäre. Denn dass die zitierten, in keiner Weise nachvollziehbaren und letztlich völlig vagen Angaben keinen "Marktpreis" darstellen, mit dem die durch die Klägerin abgerechneten Preise verglichen werden könnten, liegt auf der Hand. Darüber hinaus ist auch nicht verständlich, was das Amtsgericht damit gemeint haben mag, dass auch "deutlich höhere Preise" als der vom Beschwerdeführer angegebene  durchschnittliche Marktpreis gefordert würden.

20

3. Das Urteil des Amtsgerichts ist hiernach gemäß § 93c Abs. 2 in Verbindung mit § 95 Abs. 2 BVerfGG aufzuheben und die Sache an einen anderen Richter des Amtsgerichts zurückzuverweisen.

21

Die Entscheidung über die Auslagenerstattung beruht auf § 34a Abs. 2 BVerfGG. Der nach § 37 Abs. 2 in Verbindung mit § 14 Abs. 1 RVG festzusetzende Gegenstandswert für die anwaltliche Tätigkeit beträgt 8.000 €.

(1) Das Gericht kann die Wiedereröffnung einer Verhandlung, die geschlossen war, anordnen.

(2) Das Gericht hat die Wiedereröffnung insbesondere anzuordnen, wenn

1.
das Gericht einen entscheidungserheblichen und rügbaren Verfahrensfehler (§ 295), insbesondere eine Verletzung der Hinweis- und Aufklärungspflicht (§ 139) oder eine Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, feststellt,
2.
nachträglich Tatsachen vorgetragen und glaubhaft gemacht werden, die einen Wiederaufnahmegrund (§§ 579, 580) bilden, oder
3.
zwischen dem Schluss der mündlichen Verhandlung und dem Schluss der Beratung und Abstimmung (§§ 192 bis 197 des Gerichtsverfassungsgesetzes) ein Richter ausgeschieden ist.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

In den Fällen des § 708 Nr. 4 bis 11 hat das Gericht auszusprechen, dass der Schuldner die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung abwenden darf, wenn nicht der Gläubiger vor der Vollstreckung Sicherheit leistet. § 709 Satz 2 gilt entsprechend, für den Schuldner jedoch mit der Maßgabe, dass Sicherheit in einem bestimmten Verhältnis zur Höhe des auf Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages zu leisten ist. Für den Gläubiger gilt § 710 entsprechend.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.