Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 07. Sept. 2009 - 3 W 145/08

bei uns veröffentlicht am07.09.2009

Tenor

Auf die Beschwerde des Beteiligten wird der Beschluss des Landgerichts Stralsund vom 13.08.2008 aufgehoben.

Gründe

1

Die analog §§ 380 Abs. 3, 567 Abs. 1 Nr. 1 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige Beschwerde ist begründet. Dabei kann der Senat die grundsätzliche Frage dahinstehen lassen, ob es für die Hinweispflicht gem. §§ 380 Abs. 1, 377 ZPO ausreichend gewesen ist, bei der Umladung auf die Hinweise der ersten Ladung Bezug zu nehmen, ohne sie zu wiederholen, und ob die Anordnung des persönlichen Erscheinens der Klägerin ermessensfehlerfrei erfolgt ist (vgl. hierzu ausf. BGH, Beschl. v. 12.06.2007, VI ZB 4/07, MDR 2007, 1090 m.w.N.). Der Senat weist allerdings darauf hin, dass die insoweit gegebene Begründung im Nichtabhilfebeschluss vom 15.09.2008, ein sinnvolles Verhandeln sei nicht möglich gewesen, nichtssagend ist und eine Überprüfung der Ermessensausübung nicht zulässt. Keine Rolle spielt es auch, ob das Landgericht das Ordnungsgeld nicht der Klägerin als Partei hätte auferlegen müssen (so OLG Rostock, Beschl. v. 18.08.2009, 1 W 64/08 [unveröff.] unter ausführlicher Diskussion des streitigen Meinungsstandes). Denn es lässt sich jedenfalls kein hinreichendes Verschulden des Beteiligten feststellen, das ein Ordnungsgeld rechtfertigen könnte. Die diesbezügliche Ermessensentscheidung des Landgerichts geht von rechtlichen Annahmen aus, die der Senat nicht teilt, weshalb sie keinen Bestand haben kann. Da es keiner weiteren Sachverhaltsaufklärung bedarf, kann der Senat eine eigene Entscheidung treffen, die zur Aufhebung des Ordnungsgeldes führt.

2

Die Verhängung eines Ordnungsgeldes gemäß §§ 278 Abs. 3, 141 Abs. 3 S. 1 ZPO verlangt ein Verschulden. Da es nicht um die Ahndung einer Missachtung geht, kann auch bei fahrlässigem Ausbleiben ein Ordnungsgeld verhängt werden (vgl. u.a. ausf. OLG Düsseldorf, Beschl. v. 14.03.1994, 5 W 5/94, OLGZ 1994, 576, 579; LAG Hessen, Beschl. v. 16.02.2006, 4 Ta 20/06, ArbuR 2006, 175; LAG Rheinland-Pfalz, Beschl. v. 07.07.2005, 11 Ta 145/05). Der Sinn des Ordnungsgeldes liegt nach richtiger Ansicht nicht in einer Bestrafung, weshalb die Folgen einer Säumnis zu berücksichtigen sind (vgl. ausf. BGH, Beschl. v. 12.06.2007, VI ZB 4/07, MDR 2007, 1090; OLG Brandenburg, Beschl. v. 24.10.2000, 12 W 49/00, NJW-RR 2001, 1649, 1650). Ein Ordnungsgeld kann deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachverhaltsaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert. Dass die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgeldes nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu fördern, versteht sich von selbst. Nach ganz überwiegender Ansicht in der ordentlichen Gerichtsbarkeit, der sich der Senat anschließt, kann ein etwaiges anwaltliches Verschulden dem Säumigen nicht gemäß § 85 Abs. 2 ZPO zugerechnet werden, weil das Ordnungsgeld gemäß § 141 Abs. 3 S.1 ZPO der Sache nach Strafcharakter hat und es deshalb auf das eigene Verschulden des Säumigen ankommt (vgl. u.a. OLG Schleswig, Beschl. v. 15.10.2002, 16 W 126/02, OLGR 2002, 259; LG Flensburg, Beschl. v. 18.11.2003, 7 T 103/03; Zöller/Greger, Komm. zur ZPO, 27. Aufl., § 141 Rn.13; a.A. LAG Schleswig-Holstein, Beschl. v. 02.02.2007, 1 Ta 202/06).

3

Vor dem Hintergrund dieser rechtlichen Maßgaben ist das Ordnungsgeld nicht gerechtfertigt gewesen. Die Säumnis hat sich auf einen Gütetermin bezogen. In der Folge dieses Termins ist der Rechtsstreit zwar zeitlich nicht unmittelbar, aber doch ohne weitere mündliche Verhandlung in der Hauptsache durch die Feststellung eines Vergleichs gemäß § 278 Abs. 6 ZPO beigelegt worden. Der Beteiligte ist nicht nochmals und explizit mit der Umladung auf die Folgen einer unentschuldigten Säumnis hingewiesen worden. Es kann deshalb nicht ausgeschlossen werden, dass seine Kenntnis von einer Sanktion im Falle einer Säumnis infolge der mit der ersten Ladung verbundenen Hinweise verblasst bzw. in den Hintergrund getreten ist. Schließlich ist - weil unwiderlegbar - davon auszugehen, dass der Beteiligte durch seinen Verfahrensbevollmächtigten unzutreffend dahin belehrt worden ist, er müsse nicht erscheinen; hierin ist ein weiteres entlastendes Moment zugunsten des Beteiligten zu sehen. Zwar ist eine Partei bzw. ein Beteiligter durch eine anwaltliche Beratung nicht gänzlich der eigenen Verantwortung und Prüfungspflicht enthoben, weshalb bei einer für das Nichterscheinen kausalen Falschberatung nicht ohne Weiteres von einem entschuldbaren Rechtsirrtum ausgegangen werden darf (Zöller/Greger, a.a.O., Rn.13; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, Komm. zur ZPO, 66. Aufl., § 141 Rn. 40). Es muss jedem einleuchten, dass eindeutige Hinweise des Gerichts nicht aus persönlichen oder prozesstaktischen Gründen missachtet werden dürfen, ohne sich beim Gericht rückzuversichern. Gleichwohl kommt einer Falschberatung durch einen Anwalt bei der Frage nach der Schuld ein relevantes entlastendes Gewicht zu. Alles in allem lässt sich deshalb eine Fahrlässigkeit, die ein Ordnungsgeld rechtfertigen kann, nicht mit einem hinreichenden Grad an Gewissheit feststellen.

4

Die Entscheidung ergeht gerichtsgebührenfrei; eine Kostenentscheidung betreffend die außergerichtlichen Kosten des Beteiligten ist nicht veranlasst; die Kostenlast richtet sich nach der Kostengrundentscheidung in der Hauptsache (vgl. BGH, Beschl. v. 12.06.2007, VI ZB 4/07, MDR 2007, 1090). Auch als Dritter kann der Beteiligte seine Auslagen im Kostenfestsetzungsverfahren gem. §§ 103 ff. ZPO anmelden.

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Gesetz über den Lastenausgleich


Lastenausgleichsgesetz - LAG

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(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie

Zivilprozessordnung - ZPO | § 141 Anordnung des persönlichen Erscheinens


(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins

Zivilprozessordnung - ZPO | § 278 Gütliche Streitbeilegung, Güteverhandlung, Vergleich


(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein. (2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlun

Zivilprozessordnung - ZPO | § 380 Folgen des Ausbleibens des Zeugen


(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieb

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Bundesgerichtshof Beschluss, 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07

bei uns veröffentlicht am 12.06.2007

BUNDESGERICHTSHOF BESCHLUSS VI ZB 4/07 vom 12. Juni 2007 in dem Rechtsstreit Nachschlagewerk: ja BGHZ: nein BGHR: nein ZPO § 141 Abs. 3 Satz 1 Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts gem

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(1) Einem ordnungsgemäß geladenen Zeugen, der nicht erscheint, werden, ohne dass es eines Antrages bedarf, die durch das Ausbleiben verursachten Kosten auferlegt. Zugleich wird gegen ihn ein Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft festgesetzt.

(2) Im Falle wiederholten Ausbleibens wird das Ordnungsmittel noch einmal festgesetzt; auch kann die zwangsweise Vorführung des Zeugen angeordnet werden.

(3) Gegen diese Beschlüsse findet die sofortige Beschwerde statt.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 4/07
vom
12. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts
gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist aufzuheben, wenn im Termin zur mündlichen
Verhandlung des Rechtsstreits keine Fragen zum Sachverhalt offen geblieben
sind und der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden wird.
Die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung
nicht erschienene Partei ist in einem solchen Fall unzulässig.
Zur Entscheidung über die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels, das zur Aufhebung
eines Ordnungsgeldbeschlusses führt.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 - LG Schweinfurt
AG Schweinfurt
hier: Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juni 2007 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 3 werden der Beschluss der 1. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Schweinfurt vom 29. Dezember 2006 und der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 9. Mai 2006 aufgehoben. Gegenstandswert der Beschwerde: 200 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Schweinfurt die Zahlung von restlichem Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall von den Beklagten als Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugs verlangt. Zur mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten angeordnet. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt, die Beklagten von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu befreien. Das Amtsgericht hat daraufhin am 16. März 2006 verfügt, dass die Beklagten ihrer Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen durch Entsendung eines informierten und unbeschränkt bevollmächtigten Vertreters zum Termin nachkommen könnten. In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und die Beklagten zu 1 und zu 2 persönlich erschienen. Die Beklagte zu 3 (künftig: die Beklagte) ist nicht erschienen ; für sie ist auch kein nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung der Beklagten ein Ordnungsgeld von 200 € auferlegt. In der Sache selbst hat das Amtsgericht ohne weitere mündliche Verhandlung am 30. Mai 2006 ein Grundurteil gegen die Beklagten verkündet, das rechtskräftig geworden ist.
2
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 9. Mai 2006 hat die Beklagte am 22. Mai 2006 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 23. November 2006 hat das Amtsgericht der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und sie dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen, weil das persönliche Erscheinen der Beklagten nicht aus einem wichtigen Grund unzumutbar gewesen sei. Insbesondere sei das persönliche Erscheinen der Partei nicht wegen der Entfernung von 174,8 km zwischen dem Geschäftssitz der Beklagten und dem Gericht unzumutbar. Auch die allgemeine berufliche Belastung des Vorstandes der Beklagten führe nicht zur Unzumutbarkeit des persönlichen Erscheinens. Dass die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer eine Vielzahl von Prozessen führe, mache das persönliche Erscheinen, das nur angeordnet werde, wenn es der erkennende Richter zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten halte, ebenfalls nicht unzumutbar. Soweit die Beklagte bereits vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe, sie sei nicht vergleichsbereit , hindere dies die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht.
3
Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

II.

4
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
5
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gewahrt sind.
6
a) Allerdings geht es fehl, wenn die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Beklagte sei verfahrensfehlerhaft , weil in der Anordnung des persönlichen Erscheinens Rechtsgrund und Zweck der persönlichen Anhörung nicht angegeben seien. Die Beklagte wurde gemäß § 141 Abs. 1 ZPO und damit "zur Aufklärung des Sachverhalts" geladen , wie der Terminsverfügung vom 2. März 2006 zu entnehmen ist. Wenn das Beschwerdegericht insoweit eine ordnungsgemäße Ladung feststellt, findet das in diesem Punkt eine Entsprechung in der Gerichtsakte.
7
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass für die Beklagte kein gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen sei, hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar mag - auch ohne Vorlage der Untervollmacht - zugunsten der Beklagten davon auszugehen sein, dass der im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits aufgetretene Unterbevollmächtigte in vollem Umfang Prozessvollmacht besaß. Ausweislich der Sitzungsniederschrift war er von der Beklagten jedoch nicht gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO bevollmächtigt. Eine solche Ermächtigung wird schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht ohne weitere Umstände von der Prozessvollmacht umfasst (vgl. KG JR 1983, 156, 157; OLG Frankfurt NJW 1991, 2090; OLG München MDR 1992, 513; OLG Köln OLGR Köln 2004, 256, 257). Zwar enthält die Prozessvollmacht regelmäßig auch die Vollmacht zu einem Vergleichsabschluss (§§ 81, 83 ZPO). Darüber hinaus muss der Vertreter nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO aber auch in der Lage sein, über den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt Auskunft zu geben. Das wird häufig die Kenntnisse eines Sachbearbeiters erfordern und regelmäßig über die nur aus mittelbaren Informationen abgeleiteten, lediglich punktuellen Kenntnisse eines Prozessbevollmächtigten (vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1963, 602 f.) und erst recht über die eines mit der Sache in der Regel nicht näher befassten Unterbevollmächtigten hinausgehen.
8
c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, dass eine ordnungsgemäße Ladung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gefehlt habe (§ 141 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
9
Das Amtsgericht hat das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 2. März 2006 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 3. März 2006 zeigt. Das war an sich ausreichend (§ 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In gleicher Weise sind die Parteien am 9. März 2006 zu dem auf 9. Mai 2006 verlegten Termin umgeladen worden.
10
Aus den Unterlagen ist jedoch die Rüge der Rechtsbeschwerde, dass die Beklagte nicht - wie erforderlich - in Person eines gesetzlichen Vertreters (vgl. § 170 Abs. 2 ZPO) geladen worden sei, nicht zu widerlegen, weil ein Doppel des Schreibens nicht zur Akte gelangt ist. Die Beklagte hat zwar ihrerseits das Ladungs- und Umladungsschreiben nicht vorgelegt. Das gereicht ihr jedoch nicht zum Nachteil, weil ihr die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist. Feststellungen zur Ladung der Beklagten hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
11
Nicht nachvollziehbar ist die nicht näher begründete Feststellung des Beschwerdegerichts, es sei ein Vorstandsmitglied der Beklagten geladen und in der Ladung auf die Folgen eines Ausbleibens im Termin hingewiesen worden. Ein Vermerk darüber, dass Ladung und Umladung eines bestimmten Vorstandsmitglieds mit einem entsprechenden Vordruck erfolgt sei, ist den Akten nur für die - von der Ladung der Beklagten zum persönlichen Erscheinen zu unterscheidende - erstmalige Ladung der Partei zum Termin zur mündlichen Verhandlung vermerkt. Lediglich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist zusätzlich mit Verfügung vom 16. März 2006 auf die Vertretungsmöglichkeit gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO hingewiesen worden. Das steht der von § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO geforderten Belehrung der Partei über die Folgen ihres Ausbleibens nicht gleich (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854).
12
Nicht ersichtlich ist ferner, dass die Beklagte zu 3 unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens umgeladen worden ist (vgl. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
13
Von einer Aufhebung des Beschlusses unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung kann jedoch abgesehen werden, weil die Sache aus anderen Gründen selbst dann zur Endentscheidung reif ist, wenn die Ladung der Beklagten ordnungsgemäß erfolgt wäre.
14
2. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist ermessensfehlerhaft.
15
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Partei im Ermessen des Gerichts steht. Das Amtsgericht hat aber entgegen der Ansicht des Landgerichts sein Ermessen fehlerhaft gebraucht.
16
a) § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgeldes , wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG NJW 1998, 892, 893; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 72, 73; OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 576, 577 f.; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339 und OLGR Köln 2004, 256, 257; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1649, 1650; OLG Hamm MDR 1997, 1061 und OLGR Hamm 2004, 233, 234; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 141 Rn. 12; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 63, 68; a.A. OLG München MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 997 und FamRZ 1992, 72, 73; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339; OLG Köln OLGR 2004, 256, 257; OLG Brandenburg aaO; OLG Hamm aaO; OLG Stuttgart MDR 2004, 1020; LAG Niedersachsen MDR 2002, 1333, 1334; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Musielak/Stadler, ZPO; 5. Aufl., § 141 Rn. 13; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 141 Rn. 40; a.A. KG JR 1983, 156, 157; Zöller/Greger, aaO).
17
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei steht hiernach zwar im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen ist aber pflichtgemäß auszuüben. Nach der gesetzlichen Regelung ist von der Anordnung des persönlichen Erscheinens abzusehen, wenn einer Partei aus wichtigem Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist (§ 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dem ist zu entnehmen, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens und dementsprechend auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes nur nach Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zulässig sind (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854 f. für eine Güteverhandlung).
18
Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgeldes darf im Übrigen nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (vgl. OLG Brandenburg aaO; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 18; Zöller/Greger, aaO, Rn. 3, 19).
19
b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Erstgericht ist den angefochtenen Beschlüssen nicht zu entnehmen.
20
Nachdem die Beklagte schon vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hatte, dass Vergleichsbereitschaft nicht bestehe, kam eine Anordnung des persönlichen Erscheinens - wie geschehen - allenfalls noch zur Aufklärung des Sachverhalts in Betracht. Insoweit mag zwar nicht zweifelhaft sein, dass ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sich die Sachverhaltskenntnisse eines Sachbearbeiters der Anstalt aneignen muss. Im hier zu entscheidenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass das Erstgericht in der mündlichen Verhandlung Sachverhaltsfragen hätte erörtern wollen, deren vorherige (auch schriftliche) Erfragung nicht zweckmäßig, deren Beantwortung aber zu einer umfassenden Erledigung des Rechtsstreits erforderlich gewesen wäre (vgl. OLG Frankfurt NJW 1991, 2090).
21
Das Beschwerdegericht hat hierzu nichts festgestellt und weder die Sitzungsniederschrift noch das rechtskräftige (Grund-)Urteil des Erstgerichts, das ohne weiteren Vortrag und ohne weitere Verhandlung erlassen werden konnte, lassen hierzu etwas erkennen. Es ist daher davon auszugehen, dass weiterer Anlass zur Sachverhaltsaufklärung nach Ansicht des Erstgerichts nicht bestand.
Die erforderliche Abwägung vor Verhängung des Ordnungsgeldes hätte daher zur Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beklagten führen müssen mit der Folge, dass das Ordnungsgeld nicht verhängt werden durfte.
22
3. Nach allem ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), ist auch der Beschluss über die Verhängung eines Ordnungsgeldes aufzuheben.
23
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) jedoch nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm MDR 1980, 322; OLG Bamberg MDR 1982, 585; LG Heilbronn MDR 1995, 753, 754; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rn. 58; MünchKommZPO/Damrau; 2. Aufl., § 380 Rn. 13; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 380 Rn. 12), denn diese ist nicht am Rechtsstreit beteiligt. Derartige Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1977, 97, 98; OLG Zweibrücken MDR 1996, 533; OLG Düsseldorf MDR 1985, 60; OLG Celle NdsRPfl 1982, 45; OLG Frankfurt MDR 1984, 322; OLG Brandenburg aaO; LAG Frankfurt MDR 1982, 612; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 15; Zöller/Greger aaO, § 380 Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann , aaO, § 380 Rn. 18). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812). Einer Kostenentscheidung bedarf es daher nicht. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Schweinfurt, Entscheidung vom 09.05.2006 - 3 C 1674/05 -
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 29.12.2006 - 11 T 237/06 -

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 4/07
vom
12. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts
gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist aufzuheben, wenn im Termin zur mündlichen
Verhandlung des Rechtsstreits keine Fragen zum Sachverhalt offen geblieben
sind und der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden wird.
Die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung
nicht erschienene Partei ist in einem solchen Fall unzulässig.
Zur Entscheidung über die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels, das zur Aufhebung
eines Ordnungsgeldbeschlusses führt.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 - LG Schweinfurt
AG Schweinfurt
hier: Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juni 2007 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 3 werden der Beschluss der 1. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Schweinfurt vom 29. Dezember 2006 und der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 9. Mai 2006 aufgehoben. Gegenstandswert der Beschwerde: 200 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Schweinfurt die Zahlung von restlichem Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall von den Beklagten als Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugs verlangt. Zur mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten angeordnet. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt, die Beklagten von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu befreien. Das Amtsgericht hat daraufhin am 16. März 2006 verfügt, dass die Beklagten ihrer Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen durch Entsendung eines informierten und unbeschränkt bevollmächtigten Vertreters zum Termin nachkommen könnten. In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und die Beklagten zu 1 und zu 2 persönlich erschienen. Die Beklagte zu 3 (künftig: die Beklagte) ist nicht erschienen ; für sie ist auch kein nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung der Beklagten ein Ordnungsgeld von 200 € auferlegt. In der Sache selbst hat das Amtsgericht ohne weitere mündliche Verhandlung am 30. Mai 2006 ein Grundurteil gegen die Beklagten verkündet, das rechtskräftig geworden ist.
2
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 9. Mai 2006 hat die Beklagte am 22. Mai 2006 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 23. November 2006 hat das Amtsgericht der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und sie dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen, weil das persönliche Erscheinen der Beklagten nicht aus einem wichtigen Grund unzumutbar gewesen sei. Insbesondere sei das persönliche Erscheinen der Partei nicht wegen der Entfernung von 174,8 km zwischen dem Geschäftssitz der Beklagten und dem Gericht unzumutbar. Auch die allgemeine berufliche Belastung des Vorstandes der Beklagten führe nicht zur Unzumutbarkeit des persönlichen Erscheinens. Dass die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer eine Vielzahl von Prozessen führe, mache das persönliche Erscheinen, das nur angeordnet werde, wenn es der erkennende Richter zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten halte, ebenfalls nicht unzumutbar. Soweit die Beklagte bereits vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe, sie sei nicht vergleichsbereit , hindere dies die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht.
3
Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

II.

4
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
5
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gewahrt sind.
6
a) Allerdings geht es fehl, wenn die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Beklagte sei verfahrensfehlerhaft , weil in der Anordnung des persönlichen Erscheinens Rechtsgrund und Zweck der persönlichen Anhörung nicht angegeben seien. Die Beklagte wurde gemäß § 141 Abs. 1 ZPO und damit "zur Aufklärung des Sachverhalts" geladen , wie der Terminsverfügung vom 2. März 2006 zu entnehmen ist. Wenn das Beschwerdegericht insoweit eine ordnungsgemäße Ladung feststellt, findet das in diesem Punkt eine Entsprechung in der Gerichtsakte.
7
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass für die Beklagte kein gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen sei, hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar mag - auch ohne Vorlage der Untervollmacht - zugunsten der Beklagten davon auszugehen sein, dass der im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits aufgetretene Unterbevollmächtigte in vollem Umfang Prozessvollmacht besaß. Ausweislich der Sitzungsniederschrift war er von der Beklagten jedoch nicht gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO bevollmächtigt. Eine solche Ermächtigung wird schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht ohne weitere Umstände von der Prozessvollmacht umfasst (vgl. KG JR 1983, 156, 157; OLG Frankfurt NJW 1991, 2090; OLG München MDR 1992, 513; OLG Köln OLGR Köln 2004, 256, 257). Zwar enthält die Prozessvollmacht regelmäßig auch die Vollmacht zu einem Vergleichsabschluss (§§ 81, 83 ZPO). Darüber hinaus muss der Vertreter nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO aber auch in der Lage sein, über den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt Auskunft zu geben. Das wird häufig die Kenntnisse eines Sachbearbeiters erfordern und regelmäßig über die nur aus mittelbaren Informationen abgeleiteten, lediglich punktuellen Kenntnisse eines Prozessbevollmächtigten (vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1963, 602 f.) und erst recht über die eines mit der Sache in der Regel nicht näher befassten Unterbevollmächtigten hinausgehen.
8
c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, dass eine ordnungsgemäße Ladung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gefehlt habe (§ 141 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
9
Das Amtsgericht hat das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 2. März 2006 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 3. März 2006 zeigt. Das war an sich ausreichend (§ 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In gleicher Weise sind die Parteien am 9. März 2006 zu dem auf 9. Mai 2006 verlegten Termin umgeladen worden.
10
Aus den Unterlagen ist jedoch die Rüge der Rechtsbeschwerde, dass die Beklagte nicht - wie erforderlich - in Person eines gesetzlichen Vertreters (vgl. § 170 Abs. 2 ZPO) geladen worden sei, nicht zu widerlegen, weil ein Doppel des Schreibens nicht zur Akte gelangt ist. Die Beklagte hat zwar ihrerseits das Ladungs- und Umladungsschreiben nicht vorgelegt. Das gereicht ihr jedoch nicht zum Nachteil, weil ihr die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist. Feststellungen zur Ladung der Beklagten hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
11
Nicht nachvollziehbar ist die nicht näher begründete Feststellung des Beschwerdegerichts, es sei ein Vorstandsmitglied der Beklagten geladen und in der Ladung auf die Folgen eines Ausbleibens im Termin hingewiesen worden. Ein Vermerk darüber, dass Ladung und Umladung eines bestimmten Vorstandsmitglieds mit einem entsprechenden Vordruck erfolgt sei, ist den Akten nur für die - von der Ladung der Beklagten zum persönlichen Erscheinen zu unterscheidende - erstmalige Ladung der Partei zum Termin zur mündlichen Verhandlung vermerkt. Lediglich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist zusätzlich mit Verfügung vom 16. März 2006 auf die Vertretungsmöglichkeit gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO hingewiesen worden. Das steht der von § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO geforderten Belehrung der Partei über die Folgen ihres Ausbleibens nicht gleich (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854).
12
Nicht ersichtlich ist ferner, dass die Beklagte zu 3 unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens umgeladen worden ist (vgl. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
13
Von einer Aufhebung des Beschlusses unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung kann jedoch abgesehen werden, weil die Sache aus anderen Gründen selbst dann zur Endentscheidung reif ist, wenn die Ladung der Beklagten ordnungsgemäß erfolgt wäre.
14
2. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist ermessensfehlerhaft.
15
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Partei im Ermessen des Gerichts steht. Das Amtsgericht hat aber entgegen der Ansicht des Landgerichts sein Ermessen fehlerhaft gebraucht.
16
a) § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgeldes , wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG NJW 1998, 892, 893; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 72, 73; OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 576, 577 f.; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339 und OLGR Köln 2004, 256, 257; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1649, 1650; OLG Hamm MDR 1997, 1061 und OLGR Hamm 2004, 233, 234; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 141 Rn. 12; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 63, 68; a.A. OLG München MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 997 und FamRZ 1992, 72, 73; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339; OLG Köln OLGR 2004, 256, 257; OLG Brandenburg aaO; OLG Hamm aaO; OLG Stuttgart MDR 2004, 1020; LAG Niedersachsen MDR 2002, 1333, 1334; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Musielak/Stadler, ZPO; 5. Aufl., § 141 Rn. 13; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 141 Rn. 40; a.A. KG JR 1983, 156, 157; Zöller/Greger, aaO).
17
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei steht hiernach zwar im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen ist aber pflichtgemäß auszuüben. Nach der gesetzlichen Regelung ist von der Anordnung des persönlichen Erscheinens abzusehen, wenn einer Partei aus wichtigem Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist (§ 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dem ist zu entnehmen, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens und dementsprechend auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes nur nach Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zulässig sind (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854 f. für eine Güteverhandlung).
18
Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgeldes darf im Übrigen nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (vgl. OLG Brandenburg aaO; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 18; Zöller/Greger, aaO, Rn. 3, 19).
19
b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Erstgericht ist den angefochtenen Beschlüssen nicht zu entnehmen.
20
Nachdem die Beklagte schon vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hatte, dass Vergleichsbereitschaft nicht bestehe, kam eine Anordnung des persönlichen Erscheinens - wie geschehen - allenfalls noch zur Aufklärung des Sachverhalts in Betracht. Insoweit mag zwar nicht zweifelhaft sein, dass ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sich die Sachverhaltskenntnisse eines Sachbearbeiters der Anstalt aneignen muss. Im hier zu entscheidenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass das Erstgericht in der mündlichen Verhandlung Sachverhaltsfragen hätte erörtern wollen, deren vorherige (auch schriftliche) Erfragung nicht zweckmäßig, deren Beantwortung aber zu einer umfassenden Erledigung des Rechtsstreits erforderlich gewesen wäre (vgl. OLG Frankfurt NJW 1991, 2090).
21
Das Beschwerdegericht hat hierzu nichts festgestellt und weder die Sitzungsniederschrift noch das rechtskräftige (Grund-)Urteil des Erstgerichts, das ohne weiteren Vortrag und ohne weitere Verhandlung erlassen werden konnte, lassen hierzu etwas erkennen. Es ist daher davon auszugehen, dass weiterer Anlass zur Sachverhaltsaufklärung nach Ansicht des Erstgerichts nicht bestand.
Die erforderliche Abwägung vor Verhängung des Ordnungsgeldes hätte daher zur Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beklagten führen müssen mit der Folge, dass das Ordnungsgeld nicht verhängt werden durfte.
22
3. Nach allem ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), ist auch der Beschluss über die Verhängung eines Ordnungsgeldes aufzuheben.
23
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) jedoch nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm MDR 1980, 322; OLG Bamberg MDR 1982, 585; LG Heilbronn MDR 1995, 753, 754; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rn. 58; MünchKommZPO/Damrau; 2. Aufl., § 380 Rn. 13; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 380 Rn. 12), denn diese ist nicht am Rechtsstreit beteiligt. Derartige Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1977, 97, 98; OLG Zweibrücken MDR 1996, 533; OLG Düsseldorf MDR 1985, 60; OLG Celle NdsRPfl 1982, 45; OLG Frankfurt MDR 1984, 322; OLG Brandenburg aaO; LAG Frankfurt MDR 1982, 612; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 15; Zöller/Greger aaO, § 380 Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann , aaO, § 380 Rn. 18). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812). Einer Kostenentscheidung bedarf es daher nicht. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Schweinfurt, Entscheidung vom 09.05.2006 - 3 C 1674/05 -
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 29.12.2006 - 11 T 237/06 -

(1) Die von dem Bevollmächtigten vorgenommenen Prozesshandlungen sind für die Partei in gleicher Art verpflichtend, als wenn sie von der Partei selbst vorgenommen wären. Dies gilt von Geständnissen und anderen tatsächlichen Erklärungen, insoweit sie nicht von der miterschienenen Partei sofort widerrufen oder berichtigt werden.

(2) Das Verschulden des Bevollmächtigten steht dem Verschulden der Partei gleich.

(1) Das Gericht soll das persönliche Erscheinen beider Parteien anordnen, wenn dies zur Aufklärung des Sachverhalts geboten erscheint. Ist einer Partei wegen großer Entfernung oder aus sonstigem wichtigen Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten, so sieht das Gericht von der Anordnung ihres Erscheinens ab.

(2) Wird das Erscheinen angeordnet, so ist die Partei von Amts wegen zu laden. Die Ladung ist der Partei selbst mitzuteilen, auch wenn sie einen Prozessbevollmächtigten bestellt hat; der Zustellung bedarf die Ladung nicht.

(3) Bleibt die Partei im Termin aus, so kann gegen sie Ordnungsgeld wie gegen einen im Vernehmungstermin nicht erschienenen Zeugen festgesetzt werden. Dies gilt nicht, wenn die Partei zur Verhandlung einen Vertreter entsendet, der zur Aufklärung des Tatbestandes in der Lage und zur Abgabe der gebotenen Erklärungen, insbesondere zu einem Vergleichsabschluss, ermächtigt ist. Die Partei ist auf die Folgen ihres Ausbleibens in der Ladung hinzuweisen.

(1) Das Gericht soll in jeder Lage des Verfahrens auf eine gütliche Beilegung des Rechtsstreits oder einzelner Streitpunkte bedacht sein.

(2) Der mündlichen Verhandlung geht zum Zwecke der gütlichen Beilegung des Rechtsstreits eine Güteverhandlung voraus, es sei denn, es hat bereits ein Einigungsversuch vor einer außergerichtlichen Gütestelle stattgefunden oder die Güteverhandlung erscheint erkennbar aussichtslos. Das Gericht hat in der Güteverhandlung den Sach- und Streitstand mit den Parteien unter freier Würdigung aller Umstände zu erörtern und, soweit erforderlich, Fragen zu stellen. Die erschienenen Parteien sollen hierzu persönlich gehört werden. § 128a Absatz 1 und 3 gilt entsprechend.

(3) Für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche soll das persönliche Erscheinen der Parteien angeordnet werden. § 141 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 und 3 gilt entsprechend.

(4) Erscheinen beide Parteien in der Güteverhandlung nicht, ist das Ruhen des Verfahrens anzuordnen.

(5) Das Gericht kann die Parteien für die Güteverhandlung sowie für weitere Güteversuche vor einen hierfür bestimmten und nicht entscheidungsbefugten Richter (Güterichter) verweisen. Der Güterichter kann alle Methoden der Konfliktbeilegung einschließlich der Mediation einsetzen.

(6) Ein gerichtlicher Vergleich kann auch dadurch geschlossen werden, dass die Parteien dem Gericht einen schriftlichen Vergleichsvorschlag unterbreiten oder einen schriftlichen oder zu Protokoll der mündlichen Verhandlung erklärten Vergleichsvorschlag des Gerichts durch Schriftsatz oder durch Erklärung zu Protokoll der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht annehmen. Das Gericht stellt das Zustandekommen und den Inhalt eines nach Satz 1 geschlossenen Vergleichs durch Beschluss fest. § 164 gilt entsprechend.

BUNDESGERICHTSHOF

BESCHLUSS
VI ZB 4/07
vom
12. Juni 2007
in dem Rechtsstreit
Nachschlagewerk: ja
BGHZ: nein
BGHR: nein
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei zur Aufklärung des Sachverhalts
gemäß § 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO ist aufzuheben, wenn im Termin zur mündlichen
Verhandlung des Rechtsstreits keine Fragen zum Sachverhalt offen geblieben
sind und der Rechtsstreit ohne weiteren Vortrag durch Urteil entschieden wird.
Die Verhängung eines Ordnungsgelds gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung
nicht erschienene Partei ist in einem solchen Fall unzulässig.
Zur Entscheidung über die Kosten eines erfolgreichen Rechtsmittels, das zur Aufhebung
eines Ordnungsgeldbeschlusses führt.
BGH, Beschluss vom 12. Juni 2007 - VI ZB 4/07 - LG Schweinfurt
AG Schweinfurt
hier: Rechtsbeschwerde gegen die Festsetzung eines Ordnungsgeldes
Der VI. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat am 12. Juni 2007 durch die Vizepräsidentin
Dr. Müller, den Richter Dr. Greiner, die Richterin Diederichsen und
die Richter Pauge und Zoll

beschlossen:
Auf die Rechtsbeschwerde der Beklagten zu 3 werden der Beschluss der 1. Zivilkammer - Beschwerdekammer - des Landgerichts Schweinfurt vom 29. Dezember 2006 und der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt vom 9. Mai 2006 aufgehoben. Gegenstandswert der Beschwerde: 200 €

Gründe:

I.

1
Der Kläger hat mit seiner Klage vor dem Amtsgericht Schweinfurt die Zahlung von restlichem Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall von den Beklagten als Fahrer, Halter und Haftpflichtversicherer des am Unfall beteiligten Kraftfahrzeugs verlangt. Zur mündlichen Verhandlung hat das Amtsgericht das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten angeordnet. Der damalige Prozessbevollmächtigte der Beklagten hat beantragt, die Beklagten von der Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen zu befreien. Das Amtsgericht hat daraufhin am 16. März 2006 verfügt, dass die Beklagten ihrer Verpflichtung zum persönlichen Erscheinen durch Entsendung eines informierten und unbeschränkt bevollmächtigten Vertreters zum Termin nachkommen könnten. In der mündlichen Verhandlung sind der Kläger und die Beklagten zu 1 und zu 2 persönlich erschienen. Die Beklagte zu 3 (künftig: die Beklagte) ist nicht erschienen ; für sie ist auch kein nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen. Das Amtsgericht hat daraufhin in der mündlichen Verhandlung der Beklagten ein Ordnungsgeld von 200 € auferlegt. In der Sache selbst hat das Amtsgericht ohne weitere mündliche Verhandlung am 30. Mai 2006 ein Grundurteil gegen die Beklagten verkündet, das rechtskräftig geworden ist.
2
Gegen den Ordnungsgeldbeschluss vom 9. Mai 2006 hat die Beklagte am 22. Mai 2006 Beschwerde eingelegt. Mit Beschluss vom 23. November 2006 hat das Amtsgericht der Beschwerde der Beklagten nicht abgeholfen und sie dem Landgericht vorgelegt. Dieses hat die Beschwerde zurückgewiesen, weil das persönliche Erscheinen der Beklagten nicht aus einem wichtigen Grund unzumutbar gewesen sei. Insbesondere sei das persönliche Erscheinen der Partei nicht wegen der Entfernung von 174,8 km zwischen dem Geschäftssitz der Beklagten und dem Gericht unzumutbar. Auch die allgemeine berufliche Belastung des Vorstandes der Beklagten führe nicht zur Unzumutbarkeit des persönlichen Erscheinens. Dass die Beklagte als Kraftfahrzeughaftpflichtversicherer eine Vielzahl von Prozessen führe, mache das persönliche Erscheinen, das nur angeordnet werde, wenn es der erkennende Richter zur Aufklärung des Sachverhalts für geboten halte, ebenfalls nicht unzumutbar. Soweit die Beklagte bereits vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt habe, sie sei nicht vergleichsbereit , hindere dies die Anordnung des persönlichen Erscheinens nicht.
3
Das Landgericht hat die Rechtsbeschwerde wegen rechtsgrundsätzlicher Bedeutung zugelassen.

II.

4
Die nach §§ 574 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3 Satz 2 ZPO statthafte und auch im Übrigen zulässige (§ 575 ZPO) Rechtsbeschwerde ist begründet. Der Ordnungsgeldbeschluss des Amtsgerichts Schweinfurt entspricht nicht den gesetzlichen Anforderungen.
5
1. Es ist bereits zweifelhaft, ob die formellen Voraussetzungen für die Festsetzung eines Ordnungsgeldes gewahrt sind.
6
a) Allerdings geht es fehl, wenn die Rechtsbeschwerde geltend macht, die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen die Beklagte sei verfahrensfehlerhaft , weil in der Anordnung des persönlichen Erscheinens Rechtsgrund und Zweck der persönlichen Anhörung nicht angegeben seien. Die Beklagte wurde gemäß § 141 Abs. 1 ZPO und damit "zur Aufklärung des Sachverhalts" geladen , wie der Terminsverfügung vom 2. März 2006 zu entnehmen ist. Wenn das Beschwerdegericht insoweit eine ordnungsgemäße Ladung feststellt, findet das in diesem Punkt eine Entsprechung in der Gerichtsakte.
7
b) Die Rüge der Rechtsbeschwerde, das Landgericht habe zu Unrecht festgestellt, dass für die Beklagte kein gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO ermächtigter Vertreter erschienen sei, hat ebenfalls keinen Erfolg. Zwar mag - auch ohne Vorlage der Untervollmacht - zugunsten der Beklagten davon auszugehen sein, dass der im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits aufgetretene Unterbevollmächtigte in vollem Umfang Prozessvollmacht besaß. Ausweislich der Sitzungsniederschrift war er von der Beklagten jedoch nicht gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO bevollmächtigt. Eine solche Ermächtigung wird schon nach dem Wortlaut der gesetzlichen Regelung nicht ohne weitere Umstände von der Prozessvollmacht umfasst (vgl. KG JR 1983, 156, 157; OLG Frankfurt NJW 1991, 2090; OLG München MDR 1992, 513; OLG Köln OLGR Köln 2004, 256, 257). Zwar enthält die Prozessvollmacht regelmäßig auch die Vollmacht zu einem Vergleichsabschluss (§§ 81, 83 ZPO). Darüber hinaus muss der Vertreter nach § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO aber auch in der Lage sein, über den aufklärungsbedürftigen Sachverhalt Auskunft zu geben. Das wird häufig die Kenntnisse eines Sachbearbeiters erfordern und regelmäßig über die nur aus mittelbaren Informationen abgeleiteten, lediglich punktuellen Kenntnisse eines Prozessbevollmächtigten (vgl. auch OLG Düsseldorf MDR 1963, 602 f.) und erst recht über die eines mit der Sache in der Regel nicht näher befassten Unterbevollmächtigten hinausgehen.
8
c) Die Rechtsbeschwerde beanstandet jedoch mit Erfolg, dass eine ordnungsgemäße Ladung des Vorstandsvorsitzenden der Beklagten gefehlt habe (§ 141 Abs. 2 Satz 1 ZPO).
9
Das Amtsgericht hat das persönliche Erscheinen des Klägers und der Beklagten mit Terminsverfügung vom 2. März 2006 angeordnet. Die Ladung ist mit einfachem Brief zur Post erfolgt, wie der Erledigungsvermerk vom 3. März 2006 zeigt. Das war an sich ausreichend (§ 141 Abs. 2 Satz 2 ZPO). In gleicher Weise sind die Parteien am 9. März 2006 zu dem auf 9. Mai 2006 verlegten Termin umgeladen worden.
10
Aus den Unterlagen ist jedoch die Rüge der Rechtsbeschwerde, dass die Beklagte nicht - wie erforderlich - in Person eines gesetzlichen Vertreters (vgl. § 170 Abs. 2 ZPO) geladen worden sei, nicht zu widerlegen, weil ein Doppel des Schreibens nicht zur Akte gelangt ist. Die Beklagte hat zwar ihrerseits das Ladungs- und Umladungsschreiben nicht vorgelegt. Das gereicht ihr jedoch nicht zum Nachteil, weil ihr die ordnungsgemäße Ladung eines gesetzlichen Vertreters als Voraussetzung für den Ordnungsgeldbeschluss nachzuweisen ist. Feststellungen zur Ladung der Beklagten hat das Beschwerdegericht nicht getroffen.
11
Nicht nachvollziehbar ist die nicht näher begründete Feststellung des Beschwerdegerichts, es sei ein Vorstandsmitglied der Beklagten geladen und in der Ladung auf die Folgen eines Ausbleibens im Termin hingewiesen worden. Ein Vermerk darüber, dass Ladung und Umladung eines bestimmten Vorstandsmitglieds mit einem entsprechenden Vordruck erfolgt sei, ist den Akten nur für die - von der Ladung der Beklagten zum persönlichen Erscheinen zu unterscheidende - erstmalige Ladung der Partei zum Termin zur mündlichen Verhandlung vermerkt. Lediglich der Prozessbevollmächtigte der Beklagten ist zusätzlich mit Verfügung vom 16. März 2006 auf die Vertretungsmöglichkeit gemäß § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO hingewiesen worden. Das steht der von § 141 Abs. 3 Satz 3 ZPO geforderten Belehrung der Partei über die Folgen ihres Ausbleibens nicht gleich (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854).
12
Nicht ersichtlich ist ferner, dass die Beklagte zu 3 unter Hinweis auf die Folgen ihres Ausbleibens umgeladen worden ist (vgl. § 141 Abs. 3 Satz 2 ZPO).
13
Von einer Aufhebung des Beschlusses unter Zurückverweisung der Sache an das Beschwerdegericht zur weiteren Aufklärung kann jedoch abgesehen werden, weil die Sache aus anderen Gründen selbst dann zur Endentscheidung reif ist, wenn die Ladung der Beklagten ordnungsgemäß erfolgt wäre.
14
2. Die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist ermessensfehlerhaft.
15
Im rechtlichen Ausgangspunkt zutreffend geht das Landgericht davon aus, dass die Verhängung eines Ordnungsgeldes gegen eine trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienene Partei im Ermessen des Gerichts steht. Das Amtsgericht hat aber entgegen der Ansicht des Landgerichts sein Ermessen fehlerhaft gebraucht.
16
a) § 141 Abs. 3 Satz 1 ZPO gestattet die Festsetzung eines Ordnungsgeldes , wenn eine nach § 141 Abs. 2 ZPO ordnungsgemäß geladene Partei im Termin zur mündlichen Verhandlung des Rechtsstreits trotz richterlicher Anordnung nicht erscheint. Zweck der Vorschrift ist nicht, eine vermeintliche Missachtung des Gerichts zu ahnden, sondern die Aufklärung des Sachverhalts zu fördern (vgl. BVerfG NJW 1998, 892, 893; OLG Frankfurt FamRZ 1992, 72, 73; OLG Düsseldorf OLGZ 1994, 576, 577 f.; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339 und OLGR Köln 2004, 256, 257; OLG Brandenburg NJW-RR 2001, 1649, 1650; OLG Hamm MDR 1997, 1061 und OLGR Hamm 2004, 233, 234; Zöller/Greger, ZPO, 26. Aufl., § 141 Rn. 12; Thomas/Putzo/Reichold, ZPO, 28. Aufl., § 141 Rn. 5; Wieczorek/Smid, ZPO, 3. Aufl., § 141 Rn. 63, 68; a.A. OLG München MDR 1992, 513). Ein Ordnungsgeld kann deshalb nur festgesetzt werden, wenn das unentschuldigte Ausbleiben der Partei die Sachaufklärung erschwert und dadurch den Prozess verzögert (vgl. OLG Frankfurt NJW-RR 1986, 997 und FamRZ 1992, 72, 73; OLG Köln FamRZ 1993, 338, 339; OLG Köln OLGR 2004, 256, 257; OLG Brandenburg aaO; OLG Hamm aaO; OLG Stuttgart MDR 2004, 1020; LAG Niedersachsen MDR 2002, 1333, 1334; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 141 Rn. 55; Musielak/Stadler, ZPO; 5. Aufl., § 141 Rn. 13; Baumbach/Lauterbach/Hartmann, ZPO, 65. Aufl., § 141 Rn. 40; a.A. KG JR 1983, 156, 157; Zöller/Greger, aaO).
17
Die Anordnung des persönlichen Erscheinens einer Partei steht hiernach zwar im Ermessen des Gerichts. Dieses Ermessen ist aber pflichtgemäß auszuüben. Nach der gesetzlichen Regelung ist von der Anordnung des persönlichen Erscheinens abzusehen, wenn einer Partei aus wichtigem Grund die persönliche Wahrnehmung des Termins nicht zuzumuten ist (§ 141 Abs. 1 Satz 2 ZPO). Dem ist zu entnehmen, dass die Anordnung des persönlichen Erscheinens und dementsprechend auch die Verhängung eines Ordnungsgeldes nur nach Abwägung unter Berücksichtigung der Umstände des Einzelfalls zulässig sind (vgl. OLG Düsseldorf VersR 2005, 854 f. für eine Güteverhandlung).
18
Die Androhung und Verhängung eines Ordnungsgeldes darf im Übrigen nicht dazu verwendet werden, einen Vergleichsabschluss zu erzwingen (vgl. OLG Brandenburg aaO; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 18; Zöller/Greger, aaO, Rn. 3, 19).
19
b) Eine diesen Grundsätzen entsprechende Abwägung durch das Erstgericht ist den angefochtenen Beschlüssen nicht zu entnehmen.
20
Nachdem die Beklagte schon vor der mündlichen Verhandlung mitgeteilt hatte, dass Vergleichsbereitschaft nicht bestehe, kam eine Anordnung des persönlichen Erscheinens - wie geschehen - allenfalls noch zur Aufklärung des Sachverhalts in Betracht. Insoweit mag zwar nicht zweifelhaft sein, dass ein Vorstandsmitglied einer öffentlich-rechtlichen Anstalt sich die Sachverhaltskenntnisse eines Sachbearbeiters der Anstalt aneignen muss. Im hier zu entscheidenden Fall ist aber nicht ersichtlich, dass das Erstgericht in der mündlichen Verhandlung Sachverhaltsfragen hätte erörtern wollen, deren vorherige (auch schriftliche) Erfragung nicht zweckmäßig, deren Beantwortung aber zu einer umfassenden Erledigung des Rechtsstreits erforderlich gewesen wäre (vgl. OLG Frankfurt NJW 1991, 2090).
21
Das Beschwerdegericht hat hierzu nichts festgestellt und weder die Sitzungsniederschrift noch das rechtskräftige (Grund-)Urteil des Erstgerichts, das ohne weiteren Vortrag und ohne weitere Verhandlung erlassen werden konnte, lassen hierzu etwas erkennen. Es ist daher davon auszugehen, dass weiterer Anlass zur Sachverhaltsaufklärung nach Ansicht des Erstgerichts nicht bestand.
Die erforderliche Abwägung vor Verhängung des Ordnungsgeldes hätte daher zur Aufhebung der Anordnung des persönlichen Erscheinens der Beklagten führen müssen mit der Folge, dass das Ordnungsgeld nicht verhängt werden durfte.
22
3. Nach allem ist der angefochtene Beschluss des Beschwerdegerichts aufzuheben. Da weitere Feststellungen nicht erforderlich sind (§ 577 Abs. 5 Satz 1 ZPO), ist auch der Beschluss über die Verhängung eines Ordnungsgeldes aufzuheben.
23
4. Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst. Die Auseinandersetzung über die Verhängung eines Ordnungsgeldes ist nicht kontradiktorisch ausgestaltet. Gemäß §§ 141 Abs. 3 Satz 1, 380 Abs. 3 ZPO sind die Kosten der erfolgreichen Beschwerde der Partei (Auslagen) jedoch nicht in entsprechender Anwendung des § 46 OWiG der Staatskasse aufzuerlegen (so aber OLG Hamm MDR 1980, 322; OLG Bamberg MDR 1982, 585; LG Heilbronn MDR 1995, 753, 754; Stein/Jonas/Leipold, aaO, Rn. 58; MünchKommZPO/Damrau; 2. Aufl., § 380 Rn. 13; Thomas/Putzo/Reichold, aaO, § 380 Rn. 12), denn diese ist nicht am Rechtsstreit beteiligt. Derartige Auslagen gehen vielmehr zu Lasten der nach dem Schlussurteil kostenpflichtigen Partei (§ 91 ZPO; vgl. OLG Karlsruhe Die Justiz 1977, 97, 98; OLG Zweibrücken MDR 1996, 533; OLG Düsseldorf MDR 1985, 60; OLG Celle NdsRPfl 1982, 45; OLG Frankfurt MDR 1984, 322; OLG Brandenburg aaO; LAG Frankfurt MDR 1982, 612; Musielak/Stadler, aaO, Rn. 15; Zöller/Greger aaO, § 380 Rn. 10; Baumbach/Lauterbach/Hartmann , aaO, § 380 Rn. 18). Gerichtskosten entstehen nicht (vgl. Kostenverzeichnis Nr. 1812). Einer Kostenentscheidung bedarf es daher nicht. Müller Greiner Diederichsen Pauge Zoll
Vorinstanzen:
AG Schweinfurt, Entscheidung vom 09.05.2006 - 3 C 1674/05 -
LG Schweinfurt, Entscheidung vom 29.12.2006 - 11 T 237/06 -