Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 09. Mai 2016 - 3 W 102/13

bei uns veröffentlicht am09.05.2016

Tenor

1. Auf die Beschwerde des Antragstellers werden die Zwischenverfügungen des Amtsgerichts Wolgast - Grundbuchamt - vom 29.04.2013 und 24.05.2013 aufgehoben.

2. Das zuständige Amtsgericht wird angewiesen, den Antragsteller unter Beachtung der Rechtsauffassung des Senates erneut zu bescheiden.

Gründe

I.

1

In den im Rubrum näher bezeichneten Grundbüchern ist in Abt. III jeweils u. a. eine Grundschuld über 1.113.593,72 EUR eingetragen. Darüber hinaus ist jeweils die Gesamthaft bzw. die Mithaft der in den übrigen genannten Grundbüchern eingetragenen Grundstücke vermerkt.

2

Entsprechend verhält es sich mit den beiden angegebenen Erbbaugrundbüchern.

3

Unter dem 29.05.2012 hat der Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers u. a. die Löschung dieser eingetragenen Grundschulden unter Angabe der Grundbuchblätter und der jeweiligen laufenden Nummern der Eintragungen in Abt. III beantragt. Dem Antrag beigefügt war eine Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 2. In dieser heißt es u. a. hinsichtlich der hier gegenständlichen Grundschuldeintragungen:

4

„In den Grundbüchern von Z. des Amtsgerichts Wolgast sind für die D. K.bank Aktiengesellschaft, B. folgende Grundpfandrechte eingetragen:

5

Blatt

Abt.

Grundschuld über EUR

589

III/Nr. 1

1.113.593,72

388

III/Nr. 1

1.113.593,72

586

III/Nr. 1

1.113.593,72

588

III/Nr. 1

1.113.593,72

6

Die Gläubigerin bewilligt hiermit die Löschung der Grundpfandrechte im Grundbuch. Die Löschung wird auch an allen Mithaftstellen bewilligt, insbesondere den Grundbüchern von Z., Blatt 823, 1244, 589, 585, 587 und 388."

7

Mit Zwischenverfügung vom 29.04.2013 hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der beantragten Eintragung ein Hindernis entgegenstehe. Beantragt sei u. a. die Löschung der Grundschulden zugunsten der D. K.bank AG i. H. v. 1.113.593,72 EUR in den Blättern Z. 823, 1244, 585 und 587, jeweils eingetragen unter laufender Nummer 2 der Abt. III. Diesbezüglich liege jedoch keine Löschungsbewilligung vor, was noch zu veranlassen sei.

8

Nach telefonischer Rücksprache mit dem Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers hat das Amtsgericht mit Zwischenverfügung vom 24.05.2013 an seiner Auffassung in der Zwischenverfügung vom 29.04.2013 festgehalten. Die Löschungsbewilligung hinsichtlich der Grundbuchblätter 823, 1244, 585 und 587 entspreche nicht den inhaltlichen Anforderungen. Hierfür seien die allgemeinen Regeln gem. § 19 GBO maßgeblich. Erforderlich sei dabei vor allem die zweifelsfreie Bezeichnung des zu löschenden Rechts und seine Eintragungsstelle im Grundbuch. Auch sei der zu löschende Betrag der Grundschuld genau zu bezeichnen, damit zweifelsfrei zu erkennen sei, ob es sich um eine Gesamt- oder Teillöschung handele.

9

Gegen die Zwischenverfügungen wendet sich der Antragsteller mit seiner Beschwerde vom 15.07.2013. Er vertritt die Auffassung, dass entgegen den Ausführungen in den Zwischenverfügungen eine formgerechte Löschungsbewilligung vorgelegt worden sei. In der Löschungsbewilligung sei das Grundpfandrecht mit den Buchungsstellen im Grundbuch und dem Nominalbetrag angegeben worden. Außerdem enthalte diese Urkunde ausdrücklich die Bewilligung, dass das Grundpfandrecht gelöscht werden solle. Zudem enthalte es den klarstellenden - eigentlich überflüssigen - Zusatz, dass die Löschung auch an allen Mithaftstellen bewilligt werde, insbesondere in den Grundbüchern von Z., Blätter 823, 1244, 589, 585, 587 und 388. Die Löschungsbewilligung sei schließlich auch formgerecht erteilt worden.

10

Das Amtsgericht hat der Beschwerde unter Bezugnahme auf die Zwischenverfügungen nicht abgeholfen. Die Löschungsbewilligung entspreche nicht dem Bestimmtheitsgrundsatz und sei nicht geeignet, die Löschung der in den Blättern 823, 1244, 585 und 587 eingetragenen Grundschuld i. H. v. 1.113.593,72 EUR zu veranlassen. Sie sei auch nicht auslegungsfähig.

II.

11

Die Beschwerde ist gem. §§ 71 Abs. 1, 73 GBO zulässig und auch in der Sache begründet.

1.

12

Zu Unrecht hat das Amtsgericht die angefochtenen Zwischenverfügungen gem. § 18 GBO erlassen, denn das von ihm aufgezeigte Eintragungshindernis besteht nicht. Vielmehr genügt die vom Antragsteller zur Akte gereichte Löschungsbewilligung der Beteiligten zu 2. hinsichtlich der beantragten Löschung der Grundschuld i. H. v. 1.113.593,72 EUR in sämtlichen antragsgegenständlichen Grundbuchblättern.

13

Die Bewilligung liegt zum einen in der erforderlichen Form gem. §§ 19, 29 GBO vor.

14

Zum anderen sind die von der Grundschuldlöschung betroffenen Grundstücke in der Löschungsbewilligung auch ausreichend i. S. v. § 28 S. 1 GBO bezeichnet. Nach dieser Vorschrift ist in der Eintragungsbewilligung das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Dadurch soll der Bedeutung des Grundbuches für den Grundstücksverkehr Rechnung getragen und sicher gestellt werden, dass Eintragungen bei dem richtigen Grundstück vorgenommen werden. Die Vorschrift verlangt daher eine eindeutige und zweifelsfreie Bezeichnung des von einer Eintragung betroffenen Grundstücks. Andererseits darf § 28 S. 1 GBO aber auch nicht formalistisch überspannt werden. Die Eintragungsbewilligung ist vielmehr auch im Hinblick auf § 28 GBO nach allgemeiner Auffassung auslegungsfähig (vgl. nur BayObLG, Beschl. v. 24.08.1995, 2Z BR 83/95, DNotZ 1997, 319 m. w. N.).

15

Vorliegend sind in der Löschungsbewilligung ausdrücklich die in den Grundbuchblättern 589, 388, 586 und 588 eingetragenen Grundstücke mit der Bezeichnung der Grundbuchstelle aufgeführt. Die in den Grundbuchblättern 823, 1244, 585 und 587 eingetragenen Grundstücke sind aber ebenfalls eindeutig bezeichnet, indem die Löschung „auch an allen Mithaftstellen" und damit an den in den jeweiligen Mithaftvermerken genannten Grundstücken in den Blättern 823, 1244, 585 und 587 bewilligt worden ist. Das § 28 GBO zugrunde liegende Erfordernis, dass das betroffene Grundstück eindeutig und zweifelsfrei bezeichnet ist, wird dadurch erfüllt. Die Löschungsbewilligung erstreckt sich über das ausdrücklich genannte Grundstück hinaus auch auf alle in der Eintragung als mithaftend aufgeführten weiteren Grundstücke (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 29.05.2012, 15 W 791/12, FGPrax 2012, 195; Demharter, GBO, 29. Aufl., § 28 Rn. 8). Soweit in der Rechtsprechung und Literatur in diesem Zusammenhang überwiegend vertreten wird, dass eine Löschungsbewilligung mit dem Zusatz „und allerorts" zu unbestimmt und damit unzureichend ist, um die weiteren Grundstücke zu bezeichnen (vgl. BayObLG a. a. O., m. w. N.; OLG Köln, Beschl. v. 17.05.1976, 2 Wx 60/75, DNotZ 1976, 746; Demharter a. a. O., m. w. N.), so steht dies den obigen Ausführungen nicht entgegen. Im Falle der letztgenannten Formulierung nimmt die Bewilligung nicht Bezug auf eine Grundbuchstelle, an der die - auch - betroffenen Grundstücke im Einzelnen genannt sind, sondern überlässt es dem Grundbuchamt, die einzelnen betroffenen Grundstücke erst zu ermitteln. Die nächstgelegene Auslegung dieses Zusatzes ist nämlich nicht, dass das Recht außer an der ausdrücklich angegebenen Grundbuchstelle nur an der dort im Mithaftvermerk genannten Stelle gelöscht werden soll, sondern vielmehr, dass das Recht ohne eine solche Einschränkung an jeder betroffenen Stelle gelöscht werden soll (vgl. OLG Nürnberg a. a. O., m. w. N.).

16

Vorliegend kommt hinzu, dass die Löschung nicht nur „auch an allen Mithaftstellen bewilligt" worden ist, sondern dass die in Betracht kommenden und auch tatsächlich betroffenen Grundbuchblätter ausdrücklich angegeben sind, was insbesondere auf die vom Amtsgericht vermisste Angabe der Grundbuchblätter 823, 1244, 585 und 587 zutrifft.

2.

17

Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst; Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren fallen nicht an (Nr. 14510 KV-GNotKG).

3.

18

Zur Zulassung der Rechtsbeschwerde besteht keine Veranlassung, da deren Voraussetzungen gem. § 78 Abs. 2 S. 1 GBO nicht erfüllt sind (vgl. auch insoweit OLG Nürnberg a. a. O.).

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Grundbuchordnung - GBO | § 71


(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt. (2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53

Grundbuchordnung - GBO | § 29


(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Ei

Grundbuchordnung - GBO | § 78


(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat. (2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat ode

Grundbuchordnung - GBO | § 19


Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.

Grundbuchordnung - GBO | § 18


(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fal

Grundbuchordnung - GBO | § 28


In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrag ist das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Einzutragende Geldbeträge sind in inlä

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Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.

(1) Gegen die Entscheidungen des Grundbuchamts findet das Rechtsmittel der Beschwerde statt.

(2) Die Beschwerde gegen eine Eintragung ist unzulässig. Im Wege der Beschwerde kann jedoch verlangt werden, daß das Grundbuchamt angewiesen wird, nach § 53 einen Widerspruch einzutragen oder eine Löschung vorzunehmen.

(1) Steht einer beantragten Eintragung ein Hindernis entgegen, so hat das Grundbuchamt entweder den Antrag unter Angabe der Gründe zurückzuweisen oder dem Antragsteller eine angemessene Frist zur Hebung des Hindernisses zu bestimmen. Im letzteren Fall ist der Antrag nach dem Ablauf der Frist zurückzuweisen, wenn nicht inzwischen die Hebung des Hindernisses nachgewiesen ist.

(2) Wird vor der Erledigung des Antrags eine andere Eintragung beantragt, durch die dasselbe Recht betroffen wird, so ist zugunsten des früher gestellten Antrags von Amts wegen eine Vormerkung oder ein Widerspruch einzutragen; die Eintragung gilt im Sinne des § 17 als Erledigung dieses Antrags. Die Vormerkung oder der Widerspruch wird von Amts wegen gelöscht, wenn der früher gestellte Antrag zurückgewiesen wird.

Eine Eintragung erfolgt, wenn derjenige sie bewilligt, dessen Recht von ihr betroffen wird.

(1) Eine Eintragung soll nur vorgenommen werden, wenn die Eintragungsbewilligung oder die sonstigen zu der Eintragung erforderlichen Erklärungen durch öffentliche oder öffentlich beglaubigte Urkunden nachgewiesen werden. Andere Voraussetzungen der Eintragung bedürfen, soweit sie nicht bei dem Grundbuchamt offenkundig sind, des Nachweises durch öffentliche Urkunden.

(2) (weggefallen)

(3) Erklärungen oder Ersuchen einer Behörde, auf Grund deren eine Eintragung vorgenommen werden soll, sind zu unterschreiben und mit Siegel oder Stempel zu versehen. Anstelle der Siegelung kann maschinell ein Abdruck des Dienstsiegels eingedruckt oder aufgedruckt werden.

In der Eintragungsbewilligung oder, wenn eine solche nicht erforderlich ist, in dem Eintragungsantrag ist das Grundstück übereinstimmend mit dem Grundbuch oder durch Hinweis auf das Grundbuchblatt zu bezeichnen. Einzutragende Geldbeträge sind in inländischer Währung anzugeben; durch Rechtsverordnung des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz im Einvernehmen mit dem Bundesministerium der Finanzen kann die Angabe in einer einheitlichen europäischen Währung, in der Währung eines Mitgliedstaats der Europäischen Union oder des Europäischen Wirtschaftsraums oder einer anderen Währung, gegen die währungspolitische Bedenken nicht zu erheben sind, zugelassen und, wenn gegen die Fortdauer dieser Zulassung währungspolitische Bedenken bestehen, wieder eingeschränkt werden.

(1) Gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Auf das weitere Verfahren finden § 73 Absatz 2 Satz 2 dieses Gesetzes sowie die §§ 71 bis 74a des Gesetzes über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit entsprechende Anwendung.