Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 18. Dez. 2008 - 2 W 51/08

18.12.2008

Tenor

Auf die Beschwerde der Antragsteller wird der Beschluss der 7. Zivilkammer -Einzelrichterin - des Landgerichts Stralsund vom 23.09.2008, Az: 7 OH 3/05, aufgehoben. Dem Verfahren ist Fortgang zu geben.

Gründe

I.

1

Die Antragsteller betreiben gegen die Antragsgegnerin ein Beweissicherungsverfahren. Sie haben den seitens des Gerichts festgesetzten weiteren Auslagenvorschuss in Höhe von 2.000,00 € nicht innerhalb der gesetzten Frist von einem Monat nach Zustellung des Beweisbeschlusses vom 16.06.2008 eingezahlt. Auf eine neue Fristsetzung des Gerichts bis zum 19.09.2008 war ein fristgerechter Eingang bei der Landeszentralkasse nicht festzustellen.

2

Die 7. Zivilkammer - Einzelrichterin - des Landgerichts Stralsund hat daraufhin durch Beschluss vom 23.09.2008 das selbstständige Beweisverfahren für beendet erklärt und zur Begründung ausgeführt, der Antrag der Antragsteller auf ergänzende Befragung des Gutachters gemäß Ziffer II. des Beweisbeschlusses vom 16.06.2008 gelte infolge Nichteinzahlung des Auslagenvorschusses als zurückgenommen.

3

Hiergegen richtet sich die Beschwerde der Antragsteller vom 29.09.2008, der Einzahlungsbelege in einer Gesamthöhe von 2.000,00 Euro beigefügt wurden. Die Einzahlungen datierten auf den 15. und 16.09.2008. Die Antragsteller baten um Aufhebung des Beschlusses.

4

Das Landgericht Stralsund hat der Beschwerde nicht abgeholfen und diese dem Oberlandesgericht Rostock zur Entscheidung vorgelegt.

II.

5

Die Beschwerde der Antragsteller ist gemäß § 567 Abs. 1 ZPO zulässig. Sie ist auch begründet. Das Landgericht hat das selbstständige Beweisverfahren zu Unrecht für beendet erklärt. Ihm ist Fortgang zu geben.

6

Im selbstständigen Beweisverfahren kann gemäß den §§ 485, 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO ein Vorschuss zur ergänzenden Befragung des Sachverständigen angeordnet werden. Den Umstand, dass der mit Beweisbeschluss vom 16.06.2008 festgesetzte weitere Auslagenvorschuss in Höhe von 2.000,00 Euro weder binnen vier Wochen nach Zustellung des Beschlusses noch bis zum Ablauf der gesetzten Nachfrist 19.09.2008 bei der Landeszentralkasse eingegangen war, konnte das Gericht weder als Antragsrücknahme hinsichtlich des selbstständigen Beweisverfahrens mit der Folge einer dortigen Kostenentscheidung (so Zöller/Herget, ZPO, 27. Aufl. 2009, § 91 Rn. 13 zu "Selbstständiges Beweisverfahren"; OLG Frankfurt NJW-RR 1995, 1150; OLG Celle NJW-RR 1998, 1079) noch - wie vorliegend - als Antragsrücknahme hinsichtlich der ergänzenden Befragung des Sachverständigen auslegen. Die denkbaren Beweggründe für die Nichteinzahlung eines Auslagenvorschusses im selbstständigen Beweisverfahrens sind vielfältig und nicht notwendig von dem Willen eines Antragstellers getragen, das Verfahren nicht weiterzubetreiben und durch Rücknahme seines Antrages beenden zu wollen. So kommt es in Betracht, dass bei mehreren Antragstellern zumindest einer der Antragsteller vorübergehend nicht in der Lage ist, den angeforderten Betrag aufzubringen, dessen ungeachtet könnten auch Abstimmungsschwierigkeiten zwischen den Antragstellern untereinander oder mit ihren Verfahrensbevollmächtigten eine Ursache darstellen. In Anwendung der für die Auslegung von Willenserklärungen allgemein geltenden Grundsätze kann aus dem - kommentarlosen - Ausbleiben des Vorschusses nicht mit der erforderlichen Sicherheit auf den Rücknahmewillen eines Antragstellers geschlossen werden (vgl. OLG Düsseldorf NJW-RR 2002, 864; OLG Köln NJW-RR 2001, 1650).

7

Dass ein solcher nicht vorliegt, haben die Antragsteller in ihrer Beschwerdebegründung vorgetragen und Überweisungsmitteilungen vom 15. und 16.09.2008 vorgelegt. Wenn diese auch, wie das Landgericht zutreffend ausgeführt hat, den Eingang des Vorschusses bei Gericht nicht zu belegen vermögen, so stehen diese Unterlagen doch der Annahme eines Willens zur Antragsrücknahme entgegen.

8

Die Nichteinzahlung des Vorschusses durch eine Wertung als Antragsrücknahme zu sanktionieren steht mit den §§ 485, 492 Abs. 1, 402, 379 ZPO nicht im Einklang.

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Oberlandesgericht Rostock Beschluss, 18. Dez. 2008 - 2 W 51/08 zitiert 4 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 567 Sofortige Beschwerde; Anschlussbeschwerde


(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn1.dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder2.es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde E

Zivilprozessordnung - ZPO | § 485 Zulässigkeit


(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen is

Zivilprozessordnung - ZPO | § 492 Beweisaufnahme


(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften. (2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren. (3) Das Gericht ka

Referenzen

(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.

(1) Während oder außerhalb eines Streitverfahrens kann auf Antrag einer Partei die Einnahme des Augenscheins, die Vernehmung von Zeugen oder die Begutachtung durch einen Sachverständigen angeordnet werden, wenn der Gegner zustimmt oder zu besorgen ist, dass das Beweismittel verloren geht oder seine Benutzung erschwert wird.

(2) Ist ein Rechtsstreit noch nicht anhängig, kann eine Partei die schriftliche Begutachtung durch einen Sachverständigen beantragen, wenn sie ein rechtliches Interesse daran hat, dass

1.
der Zustand einer Person oder der Zustand oder Wert einer Sache,
2.
die Ursache eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels,
3.
der Aufwand für die Beseitigung eines Personenschadens, Sachschadens oder Sachmangels
festgestellt wird. Ein rechtliches Interesse ist anzunehmen, wenn die Feststellung der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann.

(3) Soweit eine Begutachtung bereits gerichtlich angeordnet worden ist, findet eine neue Begutachtung nur statt, wenn die Voraussetzungen des § 412 erfüllt sind.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.