Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 07. Juli 2014 - 8 WF 120/14

07.07.2014

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde der Kindesmutter und Antragsgegnerin werden der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Sangerhausen vom 17.04.2014 (Az. 2 FH 1/14) ersatzlos und der weitere Beschluss des Amtsgerichts vom 01.07.2014 aufgehoben, soweit darin der Beschwerde der Antragsgegnerin vom 30.04.2014 nicht abgeholfen wurde.

Die beteiligten Kindeseltern werden darauf hingewiesen,

1. dass gegen sie im Fall schuldhafter Zuwiderhandlung gegen die sich aus dem familiengerichtlich gebilligten Vergleich des Amtsgerichts - Familiengericht - Sangerhausen vom 10.01.2012 (Az. 2 F 442/11) ergebenden Verpflichtungen Ordnungsgeld bis zur Höhe von 25.000,00 € und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angeordnet werden kann,

2. dass, wenn die Anordnung eines Ordnungsgeldes keinen Erfolg verspricht, gegen sie Ordnungshaft bis zu sechs Monaten angeordnet werden kann,

3. dass die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn sie Gründe vortragen, aus denen sich ergibt, dass sie die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten haben.

Gerichtskosten für das Beschwerdeverfahren werden nicht erhoben.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 2.000,00 € festgesetzt.

Gründe

1

Die nach §§ 87 Abs. 4 FamFG, 567 Abs. 1 Nr. 1, 569 Abs. 1 und 2 ZPO zulässige sofortige Beschwerde ist begründet. Sie führt zur ersatzlosen Aufhebung des angefochtenen Beschlusses vom 17.04.2014 sowie der Aufhebung des weiteren Beschlusses des Familiengerichts vom 01.07.2014, soweit darin dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin nicht abgeholfen wurde.

2

Das Amtsgericht hat die Kindeseltern nämlich nach Ausspruch der Billigung des Vergleichs vom 10.01.2012, dessen Vollstreckung verfahrensgegenständlich ist, nicht in der erforderlichen Weise auf die in Frage kommenden Ordnungsmittel hingewiesen, denn es hat unerwähnt gelassen, dass sich der Sanktionsrahmen für die in Betracht kommende Ordnungshaft auf einen Zeitraum bis zu sechs Monaten beläuft (§§ 89 Abs. 3 S. 2 FamFG, 802j Abs. 1 S. 1 ZPO; vgl. Schulte-Bunert in: Schulte-Bunert/Weinreich, FamFG, 3. Aufl., § 89 Rn 10). Somit ist keine ordnungsgemäße Belehrung gemäß § 89 Abs. 2 FamFG erfolgt. Daher darf gegenwärtig kein Ordnungsmittel gegen die Kindesmutter angeordnet werden (vgl. Zöller/Feskorn, ZPO, 30. Aufl., § 89 FamFG Rn 8), weshalb der angefochtene Beschluss vom 17.04.2014 ersatzlos aufzuheben ist. Der weitere Beschluss des Familiengerichts ist insoweit aufzuheben, als darin dem Rechtsmittel der Antragsgegnerin nicht abgeholfen wurde. Die angefochtene Entscheidung kann nämlich nicht deshalb - nur mit Blick auf das festgesetzte Ordnungsgeld - als teilweise zutreffend angesehen werden, weil der Hinweis des Amtsgerichts gemäß § 89 Abs. 2 FamFG vom 10.01.2012 den zutreffenden Sanktionsrahmen für das Ordnungsgeld wiedergegeben hat. Der Hinweis des Familiengerichts vom 10.01.2012 erfüllt in seiner Gesamtheit die inhaltlichen Mindestanforderungen nicht und kann deshalb die notwendige Warnfunktion nicht übernehmen (vgl. OLG Oldenburg FamRZ 2014, 145). Diese Warnfunktion käme dem Hinweis nur dann zu, wenn er über sämtliche in Betracht zu ziehenden Ordnungsmittel ordnungsgemäß belehrt hätte. Dies ist nicht geschehen, und derjenige Teil des Hinweises nach § 89 Abs. 2 FamFG, der sich über die Möglichkeit einer Festsetzung von Ordnungsgeld verhält, kann nicht isoliert als zutreffend betrachtet werden.

3

Der Senat teilt im Übrigen die Auffassung des OLG Oldenburg (aaO), dass der maßgebliche Inhalt des von § 89 Abs. 2 FamFG vorgesehenen Hinweises im Tenor der Entscheidung des Bundesgerichtshofs vom 17.08.2011 (FamRZ 2011, 1729) wiedergegeben ist, und dass die darin getroffene Formulierung eine Richtschnur für die familiengerichtliche Praxis darstellt.

4

Den nach § 89 Abs. 2 FamFG zu erteilenden Hinweis kann der Senat - wie hier gegenüber den Kindeseltern geschehen - in zutreffender Weise im Beschlusswege nachholen (vgl. Zöller/Feskorn aaO sowie BGH FamRZ 2011, 1729). An dieser Stelle ist der Vollständigkeit halber zu ergänzen, dass auch der im Beschluss des Amtsgerichts vom 01.07.2014 mit Blick auf die in Betracht zu ziehende Ordnungshaft unzureichend ist, weil die Voraussetzungen, unter denen Ordnungsgeld als alleiniges Ordnungsmittel verhängt werden kann, nicht genannt werden.

5

Die Kostenentscheidung folgt aus § 20 Abs. 1 S. 1 FamGKG.

6

Die Festsetzung des Wertes für das Beschwerdeverfahren folgt aus § 40 Abs. 1 FamGKG in Verbindung mit einer entsprechenden Anwendung des § 35 FamGKG (vgl. OLG Nürnberg, Beschl. v. 12.07.2010 - 11 WF 522/10; 11 WF 523/10 - zitiert nach „juris“). Maßgeblich ist dabei die Höhe des festgesetzten Ordnungs- bzw. Zwangsgeldes (vgl. OLG Karlsruhe FamRZ 2005, 1698 ff.; OLGR Zweibrücken 2000, 332 f.; s. auch OLG Bamberg FamRZ 1999, 108 f. und FamRZ 2000, 489 f.; Zöller/Herget, ZPO, 29. Aufl., § 3 Rn 16, Stichwort „Ordnungs- und Zwangsmittelfestsetzung“).


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Referenzen - Gesetze

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Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 40 Rechtsmittelverfahren


(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist,

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 20 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 89 Ordnungsmittel


(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft

Gesetz über das Verfahren in Familiensachen und in den Angelegenheiten der freiwilligen Gerichtsbarkeit - FamFG | § 87 Verfahren; Beschwerde


(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 35 Geldforderung


Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist.

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(1) Das Gericht wird in Verfahren, die von Amts wegen eingeleitet werden können, von Amts wegen tätig und bestimmt die im Fall der Zuwiderhandlung vorzunehmenden Vollstreckungsmaßnahmen. Der Berechtigte kann die Vornahme von Vollstreckungshandlungen beantragen; entspricht das Gericht dem Antrag nicht, entscheidet es durch Beschluss.

(2) Die Vollstreckung darf nur beginnen, wenn der Beschluss bereits zugestellt ist oder gleichzeitig zugestellt wird.

(3) Der Gerichtsvollzieher ist befugt, ein Auskunfts- und Unterstützungsersuchen nach § 757a der Zivilprozessordnung zu stellen. § 758 Abs. 1 und 2 sowie die §§ 759 bis 763 der Zivilprozessordnung gelten entsprechend.

(4) Ein Beschluss, der im Vollstreckungsverfahren ergeht, ist mit der sofortigen Beschwerde in entsprechender Anwendung der §§ 567 bis 572 der Zivilprozessordnung anfechtbar.

(5) Für die Kostenentscheidung gelten die §§ 80 bis 82 und 84 entsprechend.

(1) Bei der Zuwiderhandlung gegen einen Vollstreckungstitel zur Herausgabe von Personen und zur Regelung des Umgangs kann das Gericht gegenüber dem Verpflichteten Ordnungsgeld und für den Fall, dass dieses nicht beigetrieben werden kann, Ordnungshaft anordnen. Verspricht die Anordnung eines Ordnungsgelds keinen Erfolg, kann das Gericht Ordnungshaft anordnen. Die Anordnungen ergehen durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der die Herausgabe der Person oder die Regelung des Umgangs anordnet, hat auf die Folgen einer Zuwiderhandlung gegen den Vollstreckungstitel hinzuweisen.

(3) Das einzelne Ordnungsgeld darf den Betrag von 25 000 Euro nicht übersteigen. Für den Vollzug der Haft gelten § 802g Abs. 1 Satz 2 und Abs. 2, die §§ 802h und 802j Abs. 1 der Zivilprozessordnung entsprechend.

(4) Die Festsetzung eines Ordnungsmittels unterbleibt, wenn der Verpflichtete Gründe vorträgt, aus denen sich ergibt, dass er die Zuwiderhandlung nicht zu vertreten hat. Werden Gründe, aus denen sich das fehlende Vertretenmüssen ergibt, nachträglich vorgetragen, wird die Festsetzung aufgehoben.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Ist Gegenstand des Verfahrens eine bezifferte Geldforderung, bemisst sich der Verfahrenswert nach deren Höhe, soweit nichts anderes bestimmt ist.