Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 12. Jan. 2010 - 3 UF 176/09

bei uns veröffentlicht am12.01.2010

Tenor

Auf die befristete Beschwerde des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt wird das Scheidungsverbundurteil des Amtsgerichts -Familiengerichts- Stendal vom 08.09.2009 (Az.: 5 F 591/08 S) zu Ziffer 2. (Versorgungsausgleich) abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Vom Versicherungskonto Nr. ... der Antragstellerin bei der Deutschen Rentenversicherung Bund werden auf das Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland Rentenanwartschaften von monatlich 71,27 Euro, bezogen auf den 31.10.2008, übertragen.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte (Ost) umzurechnen.

Zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin beim Kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt werden auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland Rentenanwartschaften von monatlich 22,58 Euro, bezogen auf den 31.10.2008, begründet.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Zusätzlich werden zu Lasten der Versorgung der Antragstellerin beim Kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt auf dem Versicherungskonto Nr. ... des Antragsgegners bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland Rentenanwartschaften von monatlich 4,18 Euro, bezogen auf den 31.10.2008, begründet.

Der Monatsbetrag der Rentenanwartschaften ist in Entgeltpunkte umzurechnen.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Die Rechtsbeschwerde wird nicht zugelassen.

Der Beschwerdewert beträgt 2.000,- EUR.

Gründe

1

Die Beschwerde des Kommunalen Versorgungsverbandes Sachsen-Anhalt gegen den Ausspruch zum Versorgungsausgleich im Rahmen der Entscheidung des Amtsgerichts Stendal vom 08.09.2009 ist unter Anwendung des vor dem 01.09.2009 geltenden Verfahrensrechts und des materiellen Rechts (§ 48 Abs. 1 VAAusglG) dahin begründet, dass die Anrechte bei dem Beschwerdeführer anders zu berechnen sind.

2

Hiernach ist der Ausgleich sämtlicher Ansprüche wie folgt durchzuführen:

3

Nach § 1587/I BGB sind im Versorgungsausgleich die in der Ehezeit erworbenen Versorgungen auszugleichen. Die Ehezeit beginnt mit dem ersten Tag des Eheschließungsmonats und endet mit dem letzten Tag des Monats, welcher dem Monat vorausgeht, in welchem der Scheidungsantrag zugestellt wurde (§ 1587/II BGB):

4

Die Ehezeit begann am 01.10.1988 und endete am 31.10.2008.

5

In dieser Zeit haben die Parteien folgende Anrechte erworben:

6

Anwartschaften der Antragstellerin:

7

1. Bei der Deutschen Rentenversicherung Bund

8

angleichungsdynamische Rente

        

488,39 Euro

9

Versicherungsnr. ...

10

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a/II Nr.2 BGB.

11

2. Bei der D. Allgemeinen Lebensversicherungs-AG

12

ehezeitliches Deckungskapital

        

2.110,22 Euro

13

Aus Barwert oder Deckungskapital wird eine dynamische Rente in der Weise berechnet, dass der Wert fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Somit ist der Betrag mit dem für das Ehezeitende geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte (EP) und diese mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts (ARW) nach § 1587a/III,IV BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen.

14

Umrechnungsfaktor Beiträge in EP:

        

0,0001670365

Entgeltpunkte:

        

0,3525

aktueller Rentenwert:

        

26,56 Euro

Euro dynamisch: 0,3525 * 26,56 =

        

9,36 Euro

15

Der Versorgungsträger lässt die Realteilung nicht zu. Es handelt sich um einen inländischen privatrechtlich organisierten Versorgungsträger.

16

3. Bei dem Kommunalen Versorgungsverband Sachsen-Anhalt - Zusatzversorgungskasse -

17

Es handelt sich um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung nach § 1587a/II Nr.3 BGB.

18

Monatsrente

        

146,67 Euro

19

Aus der Monatsrente ist, worauf die Beschwerde sodann zutreffend verweist, die Jahresrente zu berechnen:

20

146,67 * 12 =

        

1.760,04 Euro

21

Es handelt sich um den Ehezeitanteil der Versorgung.

22

Angenommene Altersgrenze

        

67   

23

Der Wert der Versorgung steigt entgegen der Annahme des Amtsgerichts nicht in gleicher oder nahezu gleicher Weise wie der Wert der gesetzlichen Rentenversicherung oder der Beamtenversorgung. Der Ehezeitanteil der Versorgung ist daher gem. § 1587a Abs.3, 4 BGB in eine dynamische Rente umzurechnen. Dafür ist zuerst nach der BarwVO der Barwert zu berechnen. Es sind die Werte der Tabelle 1 der BarwVO zu verwenden, weil die Versorgung für den Fall des Alters und der Invalidität zugesagt ist. Die Tabellenwerte sind um den Faktor 1,5 zu erhöhen, denn die Versorgung ist im Rententeil volldynamisch.

24

Alter bei Ehezeitende:

        

45   

Barwertfaktor bei geringerem Prozentsatz bei der Berechnung:

        

4,8 * 90% * 1,5 =   

6,48

Barwert:

        

11.405,06 Euro

25

Aus Barwert oder Deckungskapital wird eine dynamische Rente in der Weise berechnet, dass der Wert fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Somit ist der Betrag mit dem für das Ehezeitende geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte (EP) und diese mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts (ARW) nach § 1587a/III,IV BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen.

26

Umrechnungsfaktor Beiträge in EP:

        

0,0001670365

Entgeltpunkte:

        

1,9051

aktueller Rentenwert:

        

26,56 Euro

Euro dynamisch: 1,9051 * 26,56 =

        

50,60 Euro

27

Der Versorgungsträger lässt die Realteilung nicht zu. Es handelt sich um einen inländischen öffentlichrechtlich organisierten Versorgungsträger.

28

Das ergibt folgende Übersicht:

29

Schuldr.Ausgl. § 2 VAHRG, inländisch:

        

59,96 Euro

                          

dazu angleichungsdynamisch:

                 

splittingfähig gem. § 1587b/I BGB mit EP:

        

488,39 Euro

30

Anwartschaften des Antragsgegners:

31

1. Bei der Deutschen Rentenversicherung Mitteldeutschland

32

angleichungsdynamische Rente

        

345,86 Euro

33

Versicherungsnr. ...

34

Die Bewertung erfolgt nach § 1587a/II Nr.2 BGB.

35

2. Bei der D. Allgemeinen Lebensversicherungs-AG

36

ehezeitliches Deckungskapital

        

1.452,39 Euro

37

Aus Barwert oder Deckungskapital wird eine dynamische Rente in der Weise berechnet, dass der Wert fiktiv in die gesetzliche Rentenversicherung eingezahlt wird. Somit ist der Betrag mit dem für das Ehezeitende geltenden Umrechnungsfaktor der Rechengrößenbekanntmachung in Entgeltpunkte (EP) und diese mit Hilfe des aktuellen Rentenwerts (ARW) nach § 1587a/III,IV BGB in eine Rente der gesetzlichen Rentenversicherung umzurechnen.

38

Umrechnungsfaktor Beiträge in EP:

        

0,0001670365

Entgeltpunkte:

        

0,2426

aktueller Rentenwert:

        

26,56 Euro

Euro dynamisch: 0,2426 * 26,56 =

        

6,44 Euro

39

Der Versorgungsträger lässt die Realteilung nicht zu. Es handelt sich um einen inländischen privatrechtlich organisierten Versorgungsträger.

40

3. Bei der Agrargenossenschaft Q. e.G.

41

Es handelt sich um ein Anrecht der betrieblichen Altersversorgung nach § 1587a/II Nr.3 BGB. Diese ist noch nicht unverfallbar und daher nach § 1587a/II Nr.3 S.3 BGB dem schuldrechtlichen Versorgungsausgleich vorbehalten.

42

Das ergibt folgende Übersicht:

43

Schuldr.Ausgl. § 2 VAHRG, inländisch:

        

6,44 Euro

                          

dazu angleichungsdynamisch:

                 

splittingfähig gem. § 1587b/I BGB mit EP:

        

345,86 Euro

44

Ausgleich:

45

Nach § 1587a/I BGB ist der Ehegatte mit den höheren Anrechten ausgleichspflichtig:

46

Die Bilanz der angleichungsdynamischen Anrechte ergibt:

47

488,39 - 345,86 =

        

142,53 Euro

48

Die Bilanz der anderen Versorgungen ergibt:

49

59,96 - 6,44 =

        

53,52 Euro

Ausgleichspflicht der Antragstellerin:

        

71,27 Euro

und:

        

26,76 Euro

50

Getrennter Ausgleich nach § 3/I VAÜG: Nach § 1587b/I BGB, § 3 VAÜG hat der Versorgungsausgleich durch Rentensplitting (Ost) zu erfolgen in Höhe von:

51

71,27 Euro

52

Das Gericht wendet für die Verrechnung von Gegenrechten die Quotierungsmethode an (vgl.Hahne/Glockner FamRZ 83,221, 225, BGH FamRZ 94, 90).

53

Die Summe der der ausgleichsfähigen Anrechte beträgt:

54

50,6 + 9,36 =

        

59,96 Euro

55

Der Ausgleich erfolgt durch analoges Quasisplitting nach § 1/III VAHRG in Höhe von:

56

50,6 / 59,96 * 26,76 =

        

22,58 Euro

57

Für die Erhöhung des Ausgleichs nach BGH FamRZ 1994, 90 noch verfügbar

58
                 

2,72 Euro

59

Der Höchstbetrag nach § 1587b Abs.5 BGB wird nach BGH FamRZ 2005, 432 nach den zu begründenden EP bestimmt.

60

Höchstausgleich (West)

        

673,25 Euro

Höchstausgleich (Ost)

        

591,63 Euro

61

Er ist nicht überschritten.

62

Soweit Splitting, Quasisplitting und Realteilung nicht möglich sind, ist der schuldrechtliche Ausgleich nach § 2 VAHRG vorgesehen.

63

Dem schuldrechtlichen Ausgleich bleiben demnach:

        

4,18 Euro

64

Anstelle des schuldrechtlichen Ausgleichs nach § 2 VAHRG können nach § 3b/I Nr.1 VAHRG bis zu Höhe von 2 % der allgemeinen Bezugsgröße nach SGB IV § 18 auch andere in oder vor der Ehe erworbene Versorgungen, die durch Übertragung oder Begründung von Anwartschaften ausgeglichen werden können, herangezogen werden, und zwar im Höchstwert von:

65

49,70 Euro

66

das Anrecht bei der Zusatzversorgungskasse soll herangezogen werden in Höhe von

67

4,18 Euro

68

Für die Erhöhung des Ausgleichs nach BGH FamRZ 1994, 90 kein weiterer Betrag verfügbar

69

Die Anordnung der Umrechnung in Entgeltpunkte und Entgeltpunkte (Ost) folgt § 3/I VAÜG.

70

Bei der Kostenentscheidung ist nach § 21 GKG von der Erhebung von Gerichtskosten der Beschwerdeinstanz und im Übrigen nach § 13 a FGG von einer Erstattungspflicht außergerichtlicher Kosten abzusehen. Die Wertfestsetzung folgt aus §§ 47,49 GKG.

71

Die Entscheidung über die Nichtzulassung der Rechtsbeschwerde beruht auf § 621 e Abs. 2 ZPO.


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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 12. Jan. 2010 - 3 UF 176/09 zitiert 6 §§.

Gerichtskostengesetz - GKG 2004 | § 21 Nichterhebung von Kosten


(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für ab

Sozialgesetzbuch (SGB) Viertes Buch (IV) - Gemeinsame Vorschriften für die Sozialversicherung - (Artikel I des Gesetzes vom 23. Dezember 1976, BGBl. I S. 3845) - SGB 4 | § 18 Bezugsgröße


(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vo

Referenzen

(1) Bezugsgröße im Sinne der Vorschriften für die Sozialversicherung ist, soweit in den besonderen Vorschriften für die einzelnen Versicherungszweige nichts Abweichendes bestimmt ist, das Durchschnittsentgelt der gesetzlichen Rentenversicherung im vorvergangenen Kalenderjahr, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag.

(2) Die Bezugsgröße für das Beitrittsgebiet (Bezugsgröße [Ost]) verändert sich zum 1. Januar eines jeden Kalenderjahres auf den Wert, der sich ergibt, wenn der für das vorvergangene Kalenderjahr geltende Wert der Anlage 1 zum Sechsten Buch durch den für das Kalenderjahr der Veränderung bestimmten Wert der Anlage 10 zum Sechsten Buch geteilt wird, aufgerundet auf den nächsthöheren, durch 420 teilbaren Betrag. Für die Zeit ab 1. Januar 2025 ist eine Bezugsgröße (Ost) nicht mehr zu bestimmen.

(3) Beitrittsgebiet ist das in Artikel 3 des Einigungsvertrages genannte Gebiet.

(1) Kosten, die bei richtiger Behandlung der Sache nicht entstanden wären, werden nicht erhoben. Das Gleiche gilt für Auslagen, die durch eine von Amts wegen veranlasste Verlegung eines Termins oder Vertagung einer Verhandlung entstanden sind. Für abweisende Entscheidungen sowie bei Zurücknahme eines Antrags kann von der Erhebung von Kosten abgesehen werden, wenn der Antrag auf unverschuldeter Unkenntnis der tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnisse beruht.

(2) Die Entscheidung trifft das Gericht. Solange nicht das Gericht entschieden hat, können Anordnungen nach Absatz 1 im Verwaltungsweg erlassen werden. Eine im Verwaltungsweg getroffene Anordnung kann nur im Verwaltungsweg geändert werden.