Oberlandesgericht Naumburg Beschluss, 29. Nov. 2012 - 1 AR 18/12 (Zust), 1 AR 18/12

bei uns veröffentlicht am29.11.2012

Tenor

Als örtlich zuständiges Gericht wird das Landgericht Magdeburg bestimmt.

Gründe

1

Die Voraussetzungen für eine Gerichtsstandsbestimmung gemäß §§ 37, 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO sind erfüllt.

2

1. Die vom Kläger beabsichtigte Inanspruchnahme der beiden Antragsgegner als Hauptschuldner einerseits und Bürge andererseits erfüllt den Tatbestand des § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO.

3

a) § 36 Abs. 1 Nr. 3 ZPO gilt für alle Arten der Streitgenossenschaft. Insbesondere erfüllt auch die einfache Streitgenossenschaft gemäß §§ 59, 60 ZPO den Tatbestand (vgl.BGH, MDR 2007, 45; NJW 1992, 981; NJW 1998, 668). Die Voraussetzungen des § 60 ZPO sind dabei weit auszulegen (vgl. OLG Hamm, NJW 2000, 1347). Sie liegen schon dann vor, wenn die jeweiligen Ansprüche nach der Darstellung der klagenden Partei in einem inneren Zusammenhang stehen, der sie ihrem Wesen nach als gleichwertig erscheinen lässt (vgl. BGH, NJW-RR 1991, 381; BayObLG, NJW-RR 2003, 134).

4

b) Bei Ansprüchen gegen den Hauptschuldner und einen selbstschuldnerischen Bürgen für dieselben Ansprüche bestehen an der Streitgenossenschaft keine Zweifel. Auf die jeweilige Anspruchsgrundlage kommt es dabei nicht an (vgl. Zöller-Vollkommer, 29. Aufl. 2012, § 36 Rn. 36, § 60 Rdn. 7; BayObLG, NJW-RR 1990, 742; 2003, 134). Ob hier neben der einfachen Streitgenossenschaft sogar eine notwendige Streitgenossenschaft vorliegt, was im Verhältnis zwischen Hauptschuldner und Bürge überwiegend verneint wird (vgl. die Nachweise bei Vollkommer, a. a. O. § 62 Rdn. 8) ist dabei ohne Bedeutung.

5

2. Entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin zu 2) kommt es auch nicht darauf an, ob die Klage sich gegen die richtige Partei wendet. Die von der Antragsgegnerin zu 2) bestrittene Aktivlegitimation des Klägers ist Gegenstand der Begründetheit des Hauptsacheverfahrens, gehört aber nicht zum Prüfungsumfang in Bestimmungsverfahren nach §§ 37, 36 ZPO. Hier prüft der Senat weder die Zulässigkeit noch die Schlüssigkeit der Klage (vgl. BayObLG, NJW-RR 1998, 1291; NJW-RR 2003, 134), sondern nur die Zulässigkeit des Gesuchs, im Falle des § 36 Abs. 1 Nr. 3 also vor allem, ob die §§ 559, 60 ZPO schlüssig vorgetragen sind. Dabei ist von der Darstellung des Antragstellers auszugehen (vgl. BayObLG, a. a. O.; Vollkommer a. a. O. § 36 Rdn. 18 m. w. N.).

6

3. Die Antragsgegnerin zu 2) irrt auch insoweit, als sie meint, die in der Bürgschaftsurkunde getroffene Gerichtsstandsvereinbarung am Ort des Landgerichts Wiesbaden lasse für eine gerichtliche Zustellungsbestimmung keinen Raum.

7

Derartige Gerichtsstandsvereinbarungen sind für die Frage der Verweisung eines Rechtsstreits nach § 281 ZPO von Bedeutung und können daher auch in einem Kompetenzkonflikt nach § 36 Abs. 1 Nr. 6 ZPO ausschlaggebend sein. Im vorliegenden Verfahren geht es aber um einen gemeinsamen Gerichtsstand für eine Klage gegen zwei Streitgenossen. In einem solchen Verfahren, das gemäß § 36 Abs. 1 Nr. 3 i. V. m. §§ 59, 60 ZPO zu beurteilen ist, stünde eine Gerichtsstandsvereinbarung der Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstands nur dann entgegen, wenn sie mit beiden Antragsgegnern getroffen worden wäre, was hier nicht der Fall ist. Es bedarf keiner näheren Erläuterung, dass ein mit der Antragsgegnerin zu 2) einseitig vereinbarter besonderer Gerichtsstand die Antragsgegnerin zu 1) nicht bindet. Ohnehin hindert eine örtlich oder sachlich ausschließliche Zuständigkeit die Bestimmung eines gemeinsamen Gerichtsstandes nicht (vgl. BGHZ 90, 159 f.; NJW 1998, 686; NJW-RR 2008, 1514; Vollkommer, a. a. O. Rdn. 14 m. w. N.).

8

4. Die Bestimmung des zuständigen Gerichts richtet sich nach Zweckmäßigkeitsgesichtspunkten (vgl. BGHZ 90, 157; 2007, 1365 f.). Diese sprechen hier für eine Verhandlung beim Landgericht Magdeburg, in dessen Bezirk sowohl der Antragsteller als auch die Antragsgegnerin zu 1) ihren Sitz haben, und in dem auch der örtliche Schwerpunkt des Vertragsverhältnisses liegt, auf dem die beabsichtigte Klage beruht.


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(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss. (2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

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(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

(1) Die Entscheidung über das Gesuch um Bestimmung des zuständigen Gerichts ergeht durch Beschluss.

(2) Der Beschluss, der das zuständige Gericht bestimmt, ist nicht anfechtbar.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

(1) Der Beurteilung des Revisionsgerichts unterliegt nur dasjenige Parteivorbringen, das aus dem Berufungsurteil oder dem Sitzungsprotokoll ersichtlich ist. Außerdem können nur die in § 551 Abs. 3 Nr. 2 Buchstabe b erwähnten Tatsachen berücksichtigt werden.

(2) Hat das Berufungsgericht festgestellt, dass eine tatsächliche Behauptung wahr oder nicht wahr sei, so ist diese Feststellung für das Revisionsgericht bindend, es sei denn, dass in Bezug auf die Feststellung ein zulässiger und begründeter Revisionsangriff erhoben ist.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.

(1) Ist auf Grund der Vorschriften über die örtliche oder sachliche Zuständigkeit der Gerichte die Unzuständigkeit des Gerichts auszusprechen, so hat das angegangene Gericht, sofern das zuständige Gericht bestimmt werden kann, auf Antrag des Klägers durch Beschluss sich für unzuständig zu erklären und den Rechtsstreit an das zuständige Gericht zu verweisen. Sind mehrere Gerichte zuständig, so erfolgt die Verweisung an das vom Kläger gewählte Gericht.

(2) Anträge und Erklärungen zur Zuständigkeit des Gerichts können vor dem Urkundsbeamten der Geschäftsstelle abgegeben werden. Der Beschluss ist unanfechtbar. Der Rechtsstreit wird bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht mit Eingang der Akten anhängig. Der Beschluss ist für dieses Gericht bindend.

(3) Die im Verfahren vor dem angegangenen Gericht erwachsenen Kosten werden als Teil der Kosten behandelt, die bei dem im Beschluss bezeichneten Gericht erwachsen. Dem Kläger sind die entstandenen Mehrkosten auch dann aufzuerlegen, wenn er in der Hauptsache obsiegt.

(1) Das zuständige Gericht wird durch das im Rechtszug zunächst höhere Gericht bestimmt:

1.
wenn das an sich zuständige Gericht in einem einzelnen Fall an der Ausübung des Richteramtes rechtlich oder tatsächlich verhindert ist;
2.
wenn es mit Rücksicht auf die Grenzen verschiedener Gerichtsbezirke ungewiss ist, welches Gericht für den Rechtsstreit zuständig sei;
3.
wenn mehrere Personen, die bei verschiedenen Gerichten ihren allgemeinen Gerichtsstand haben, als Streitgenossen im allgemeinen Gerichtsstand verklagt werden sollen und für den Rechtsstreit ein gemeinschaftlicher besonderer Gerichtsstand nicht begründet ist;
4.
wenn die Klage in dem dinglichen Gerichtsstand erhoben werden soll und die Sache in den Bezirken verschiedener Gerichte belegen ist;
5.
wenn in einem Rechtsstreit verschiedene Gerichte sich rechtskräftig für zuständig erklärt haben;
6.
wenn verschiedene Gerichte, von denen eines für den Rechtsstreit zuständig ist, sich rechtskräftig für unzuständig erklärt haben.

(2) Ist das zunächst höhere gemeinschaftliche Gericht der Bundesgerichtshof, so wird das zuständige Gericht durch das Oberlandesgericht bestimmt, zu dessen Bezirk das zuerst mit der Sache befasste Gericht gehört.

(3) Will das Oberlandesgericht bei der Bestimmung des zuständigen Gerichts in einer Rechtsfrage von der Entscheidung eines anderen Oberlandesgerichts oder des Bundesgerichtshofs abweichen, so hat es die Sache unter Begründung seiner Rechtsauffassung dem Bundesgerichtshof vorzulegen. In diesem Fall entscheidet der Bundesgerichtshof.

Mehrere Personen können als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn sie hinsichtlich des Streitgegenstandes in Rechtsgemeinschaft stehen oder wenn sie aus demselben tatsächlichen und rechtlichen Grund berechtigt oder verpflichtet sind.

Mehrere Personen können auch dann als Streitgenossen gemeinschaftlich klagen oder verklagt werden, wenn gleichartige und auf einem im Wesentlichen gleichartigen tatsächlichen und rechtlichen Grund beruhende Ansprüche oder Verpflichtungen den Gegenstand des Rechtsstreits bilden.