Oberlandesgericht München Endurteil, 18. Apr. 2016 - 21 U 3720/15

18.04.2016
vorgehend
Landgericht München I, 41 O 13238/15, 21.09.2015

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Auf die Berufung der Arrestklägerinnen wird das Urteil des Landgerichts München Ivom 22.09.2015, Az. 41 O 13238/15, abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Wegen der Verpflichtung der Arrestbeklagten, den Arrestklägerinnen sämtliche Schäden zu ersetzen, die diesen durch Pflichtverletzungen und vorsätzliche sittenwidrige Schädigungen der Arrestbeklagten und ihrer Organe und Vertreter im Zusammenhang mit dem Erwerb des A. Wohnstifts D. (Am … D.), insbesondere durch die Begehung von Straftaten ihrer Organe und Vertreter zulasten der Arrestklägerinnen, entstanden sind und noch entstehen werden, sowie wegen der Verpflichtung der Arrestbeklagten zur Herausgabe von dieser zur Finanzierung des Immobilienerwerbs gewährten Darlehen, mindestens in Höhe von 6.000.000 €, sowie wegen einer Kostenpauschale in Höhe von 136.000 € wird der dingliche Arrest in das gesamte Vermögen der Arrestbeklagten angeordnet.

Im Übrigen wird die Berufung der Arrestklägerinnen zurückgewiesen.

2. Die Arrestbeklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Die Vollziehung des Arrests wird durch Hinterlegung von 5.000.000 Euro gehemmt.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 1.000.000,00 € festgesetzt.

Tatbestand

I. Gestützt auf den Vorwurf eines vertrags- und sittenwidrigen sowie strafbaren kollusiven Zusammenwirkens mit Entscheidungsträgern der Arrestklägerinnen im Rahmen von Immobilienverkäufen und damit einhergehenden Darlehens - und Mietverträgen fordern die Arrestklägerinnen (im Folgenden: die Klägerinnen) von der Arrestbeklagten (im Folgenden: die Beklagte) Schadensersatz sowie Rückzahlung von gewährten Darlehen. Zur Sicherung dieser Ansprüche begehren die Klägerinnen einen dinglichen Arrest in das Vermögen der Beklagten.

Die Klägerin zu 1), eine 100-prozentige Tochter der Klägerin zu 2), ist zentraler Teil der gemeinnützigen A. Unternehmensgruppe, die bundesweit zahlreiche Seniorenstifte betreibt. Der Klägerin zu 2) obliegt die Leitung des A. Vorsitzender der Geschäftsführung beider Klägerinnen ist Prof. Dr. R. Bis 01.04.2014 war Herr W. weiterer Geschäftsführer der Klägerin zu 1). Er war verantwortlich für den kaufmännischen Bereich. Wegen der streitgegenständlichen Vorkommnisse wurde er zum 01.04.2014 mit sofortiger Wirkung abberufen. Die Klägerin zu 2) verfügt außerdem über einen Aufsichtsrat mit 6 Mitgliedern. Vorsitzender des Aufsichtsrates war von 2008 an bis zu seinem Tod im Januar 2014 Rechtsanwalt M. Dieser war zugleich der anwaltliche Berater beider Klägerinnen seit dem Jahr 2000.

Im Rahmen sogenannter „Sale-and-Lease-Back“ Transaktionen veräußerten die Arrestklägerinnen auf Veranlassung von Herrn M. und Herrn W. ab 2011 insgesamt elf in ihrem Eigentum stehende Wohnstiftimmobilien. Auf Käuferseite trat ein Investor, die sog. N.-Kontor- Gruppe (NK-Gruppe) unter der Leitung von Herrn S. und Herrn M.-G. auf. Die NK-Gruppe gründete jeweils Objektgesellschaften für jede zu erwerbende Immobilie, darunter auch die Beklagte. Die Geschäftsführung wird von einer Komplementär-GmbH ausgeübt, deren alleiniger Geschäftsführer und Gesellschafter Herr S. ist. Kommanditist der Beklagten ist ebenfalls Herr S. Weder die NK-Gruppe noch deren Objektgesellschaften verfügten über Eigenmittel zum Kauf der Grundstücke. Die Antragstellerinnen finanzierten den jeweiligen Objektgesellschaften den Kaufpreis für den Erwerb der Wohnstiftgrundstücke zu 100% über Darlehen. Darüber gewährten die Klägerinnen sogenannte Investitionskostendarlehen, die sämtliche - vermeintlichen - Erwerbsnebenkosten abdecken sollten. Die Antragstellerinnen mieteten zeitgleich die von ihnen veräußerten Immobilien zurück.

In der Folgezeit schlossen die Klägerinnen mit der NK-Gruppe eine Reihe von Vereinbarungen., u. a. auch sogenannte Grundlagenvereinbarungen. Bezüglich des streitgegenständlichen Wohnstifts D. schlossen die Parteien am 22./25.5.2012 einen notariellen Kaufvertrag (Anlage ASt 21) sowie am 21.5./24.5.2012 einen Darlehensvertrag in Höhe von 59.470.000,00 €, wobei davon 6.000.000,00 € „zur Vorfinanzierung von Investitionskosten einschließlich der Abdeckung aller Nebenkosten (Steuern, Gebühren, Provisionen etc.)“ dienen sollten (Anlage ASt 26). Der Zinssatz betrug 5,3% p.a. über die gesamte Laufzeit von 30 Jahren. Die Sollzinsen waren nachschüssig erstmals zum 31.12.2012, im Folgejahr halbjährlich und ab 2014 zum Ende eines jeden Kalendervierteljahres zu zahlen. Zeitgleich wurde zwischen den Parteien außerdem ein sog. Triple-Net-Mietvertrag über die verkaufte Immobilie mit einer Mietdauer von 30 Jahren (Anlage ASt 33) geschlossen. Die Klägerinnen verpflichteten sich zur Zahlung eines Mietzinses in Höhe von 5,45% der Gesamtinvestitionskosten, wobei die Miete jährlich um 50% der jährlichen Verbraucherpreisindexerhöhung ansteigen sollte und monatlich im Voraus fällig war. Darüber hinaus übernahmen die Klägerinnen sämtliche Steuern, Abgaben, Versicherungs- und Betriebskosten sowie alle Instandhaltungs- und Instandsetzungskosten.

Als Vermittler im Rahmen der Immobiliengeschäfte trat die in der Schweiz ansässige Firma Pl. R. E. AG auf, deren alleiniger Direktor Herr Oliver B. ist. Monate nach dem Abschluss der Darlehensverträge, nämlich am 15.10.2012, wurde die Firma P. VerwaltungsAG mit Sitz in der Schweiz als Treuhandgesellschaft eingesetzt. Direktor dieser Firma ist ebenfalls Herr B. Treugut stellte das Darlehen von 6.000.000,00 € dar, welches der Beklagten von den Klägerinnen zur Verfügung gestellt wurde. Ergänzend wird für die Einzelheiten der Vereinbarung auf die Anlage ASt 40 Bezug genommen.

Unmittelbar nach Abschluss der jeweiligen Immobilientransaktionen zahlte die Arrestklägerin zu 1) den als Investitionskostenvorschuss gewährten Darlehensbetrag in Höhe von zwischen 5 und 6 Mio. € aus.

Mit Schreiben vom 18.03.2013 (Anlage AST 91) teilte Herr B. im Namen der Treuhänderin mit, dass aufgrund eines Kalkulationsirrtums die Kosten für Grunderwerbssteuer und Gerichtsgebühren im Zusammenhang mit dem Erwerb der Wohnstifte deutlich höher ausgefallen wären, mithin ein Fehlbetrag von 12 Mio. € bestehe. In der Folgezeit wurden nochmals 6 Mio. € an die Beklagte bezahlt. Tatsächlich war das von der Beklagten erworbene Wohnstift von einer Grunderwerbssteuererhöhung nicht betroffen.

Nach einem anonymen Hinweis auf Korruptionsverdacht (Anlage ASt 1) erstatteten die Arrestklägerinnen Strafanzeige. Es ergingen Durchsuchungsbeschlüsse, Haftbefehle und Beschlagnahmebeschlüsse.

Die Klägerinnen erklärten am 22.08.2014 die Anfechtung der Verträge und die Kündigung der Darlehen (Anlage ASt 58). Seit 01.09.2014 werden weder Mieten noch Darlehensraten bezahlt.

Die Klägerinnen behaupten, sämtliche Verträge seien für sie einseitig belastend ausgestaltet gewesen. Die Herren M. und W. hätten die übrigen Entscheidungsträger der Arrestklägerinnen, insbesondere Herrn Prof. Dr. R., vorsätzlich getäuscht und alle Nachteile verschwiegen bzw. gezielt verschleiert. Dabei hätten die Herren M. und W. gemeinsam mit Herrn B., der im Namen und im Interesse der NK-Objektgesellschaften als Verhandlungsführer aufgetreten sei, sowie Herrn S., dem Geschäftsführer der NK-Objektgesellschaften kollusiv zum Vorteil der NK-Gesellschaften und zum Nachteil der Klägerinnen zusammengewirkt. Die Herren M. und W. hätten hierfür Bestechungsleistungen erhalten.

Die Beklagten haben erstinstanzlich bestritten, dass es sich bei den streitgegenständlichen Immobiliengeschäften um nachteilige Verträge für die Klägerinnen handele. Auf mögliche Täuschungshandlungen innerhalb der Geschäftsführung und des Aufsichtsrates der Klägerinnen habe die Beklagte keinen Einfluss gehabt. An strafbaren Handlungen sei insbesondere Herr S. nicht beteiligt gewesen. Ein kollusives Zusammenwirken sei nicht glaubhaft gemacht, auch seien der Beklagten etwaige Zahlungen an Herrn M. nicht zuzurechnen. Ebenso wenig müsse sich die Beklagte Handlungen von Herrn B. zurechnen lassen.

Das Landgericht hat zunächst mit Beschluss vom 31.07.2015 antragsgemäß einen dinglichen Arrest sowie Pfändungsbeschlüsse erlassen, diese jedoch auf Widerspruch der Arrestbeklagten aufgehoben und die Anträge mit Endurteil vom 23.09.2015 zurückgewiesen.

Das Landgericht hat die verschiedenen in Betracht kommenden Ansprüche (Rückzahlungsanspruch wegen etwaiger Nichtigkeit, Anfechtung oder Kündigung des Darlehensvertrags vom 21./24.5.2012 - Anlage Ast 26 - und Schadensersatzansprüche aus §§ 823 Abs. 2, 31 (analog) BGB in Verbindung mit §§ 263 Abs. 1, 25 Abs. 2 bzw. 27StGB oder §§ 266, 27StGB) im einzelnen geprüft. Es hat einen Arrestanspruch deshalb verneint, weil es eine Kenntnis oder Beteiligung der Arrestbeklagten in der Person ihres Geschäftsführers Herr S. von bzw. an etwaigen Untreuehandlungen der Herren W. und M. nicht für ausreichend glaubhaft erachtet hat, eine Täuschung hinsichtlich der Zugehörigkeit der Beklagten zur We.-Gruppe nicht vorliege und das Verhalten des Herrn B. der Beklagten nicht zurechenbar sei.

Ergänzend wird im Übrigen Bezug genommen auf die tatbestandlichen Feststellungen des Landgerichts im angefochtenen Urteil vom 23.09.2015.

Mit der Berufung verfolgen die Klägerinnen ihren Antrag, mit Ausnahme der in erster Instanz zusätzlich gestellten Pfändungsanträge, weiter. Sie machen geltend, das Landgericht habe die Anforderungen an die Glaubhaftmachung ihrer Ansprüche überspannt. Zudem stützen die Klägerinnen den geltend gemachten Schadensersatzanspruch in der Berufung auch auf culpa in contrahendo, weil Herr S. als Geschäftsführer der Beklagten vorvertragliche Pflichten verletzt habe. Das Landgericht habe außerdem verkannt, dass Herr B. Erfüllungsgehilfe der Beklagten gewesen, so dass sein Verhalten der Beklagten nach § 278BGB zuzurechnen sei. Auch sei nicht hinreichend gewürdigt worden, dass die Klägerinnen über die Zugehörigkeit der NK-Gruppe zum We.-Unternehmen, einem alteingesessenen Immobilieninvestor, getäuscht worden sei.

Darüber hinaus legen die Klägerinnen weitere Unterlagen vor, die ihrer Ansicht nach die erhobenen Vorwürfe nochmals untermauern. So belege das von der Staatsanwaltschaft erholte Sachverständigengutachten von Prof. Dr. O. vom 07.09.2015 (Anlage AK 4), dass die abgeschlossenen Verträge für die unerfahrene, namen- und mittellose NK-Gruppe hochprofitabel und zugleich risikofrei gewesen seien. Für die Klägerinnen seien die Verträge dagegen derart nachteilig und wirtschaftlich unschlüssig gewesen, dass deren Zustimmung zu den Vertragswerken nur durch Täuschung der Entscheidungsgremien zustande gekommen sein könne. Zudem habe Herr We., Geschäftsführer und Gesellschafter der We.-Gruppe in H, in seiner polizeilichen Vernehmung am 05.03.2015 von einem Gespräch am 4.3.2010 mit Herrn Ro., einem damaligen Geschäftspartner von Herrn B., Herrn S. und Herrn M.-G. berichtet, in dem Herr Ro. für Rechtsanwalt M. Kick-back-Zahlungen gefordert habe. Er, We., habe dies abgelehnt und daraufhin die Besprechung verlassen. Zwar könne sich Herr We. ausweislich seiner eidesstattliche Versicherung nicht mehr zuverlässig erinnern, ob Herr S. tatsächlich bei dem Gespräch anwesend gewesen sei, die Gesamtumstände, insbesondere das enge Zusammenwirken der Beteiligten und die Stellung von Mayer-Groth als damaliger Geschäftsführer diverser NK-Gesellschaften, lasse jedoch den Rückschluss auch auf entsprechende Kenntnisse von Herrn S. zu. Weitere Indizien und Zeugenaussagen, so von Herrn H., ehemaliger Geschäftsführer der GWG-Gruppe vom 14.07.2015, würden belegen, dass Herr B. für die Beklagte mit deren Wissen und Wollen tätig geworden sei und mit konkreten Vertragsverhandlungen für die Beklagte beauftragt gewesen sei.

Die Kenntnis des Geschäftsführers der Beklagten, Herrn S., ergebe sich auch aus dessen vielfältigen wirtschaftlichen Verflechtungen mit Herrn B., so sei Herr S. etwa hälftiger stiller Miteigentümer an der OHB Beteiligungsholding AG des Herrn B.. Beide seien gleichberechtigte und arbeitsteilig vorgehende Partner und hätten eine Finca auf Mallorca über dazwischengeschaltete eigens zu diesem Zweck gegründete Firmen erworben. Bezeichnend sei zudem das weitere Vorgehen von Herrn S., der trotz Beschlagnahme Grundschulden an den Immobilien bestellt und an die Firma I. abgetreten habe und zudem ohne nachvollziehbaren Grund hohe Summen an die Firma I. verschoben habe, womit er die Konten der Beklagten praktisch komplett geleert habe.

Die Klägerinnen beantragen,

das Endurteil des Landgerichts München I aufzuheben und den beantragten Arrest zu erlassen.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie stützt sich auf das landgerichtliche Urteil, ihre erstinstanzlichen Ausführungen und vertritt den Standpunkt, auch die weiteren vorgelegten Unterlagen seien lediglich ein untauglicher Versuch, eine Kenntnis der Beklagten bzw. von Herrn S. von etwaigen internen Unregelmäßigkeiten im Geschäftsbereich der Klägerinnen glaubhaft zu machen. Herrn S. sei von einem Gespräch über Kick-Back-Zahlungen nichts bekannt, auch Herr M.-G. bestreite in seiner eidesstattlichen Versicherung, dass hiervon die Rede gewesen sei. Herr We. habe persönliche Differenzen mit Herrn M.-G. und sei nicht glaubwürdig. Herr S. habe auch nicht persönlich von Zahlungen profitiert, er sei weder an der OHB Beteiligungsholding des Herrn B. beteiligt noch habe er eine Finca erworben. Die Beklagte habe im Übrigen gegenüber der GWB darauf hingewiesen, dass Herr B. nicht ihr Bevollmächtigter sei. Die Verträge mit der Firma I. seien rechtlich nicht zu beanstanden.

Ergänzend wird wegen des weiteren Vorbringens der Parteien auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Der Senat hat über den Rechtsstreit am 21.03.2016 mündlich verhandelt. Auf das Sitzungsprotokoll vom 21.03.2016 wird ebenfalls Bezug genommen.

Gründe

II. Der Antrag auf Erlass eines Arrestbefehls ist zulässig und weitestgehend begründet, die Berufung daher im Wesentlichen erfolgreich. Die Arrestklägerinnen haben einen Arrestanspruch hinreichend glaubhaft gemacht, lediglich in Höhe der geltend gemachten Kostenpauschale geht der Senat von einer niedrigeren Summe aus.

Anders als das Landgericht hält der Senat auf der Grundlage einer umfassenden Gesamtschau aller Aspekte für ausreichend glaubhaft gemacht, dass die geschlossenen Verträge aus nachfolgenden Gründen keinen Bestand haben und die Klägerinnen deshalb von den Beklagten Rückzahlung der ausgekehrten Darlehen bzw. Schadensersatz verlangen können. Dabei wurde der neue Vortrag der Parteien in der Berufungsinstanz vollumfänglich berücksichtigt, da § 531ZPO im Arrestverfahren keine Anwendung findet (Thomas/Putzo, ZPO, 36. Auflage, § 922 Rn.6).

Zur Glaubhaftmachung genügt ein geringerer Überzeugungswert des Beweises als im Hauptsacheverfahren. Die Behauptung ist schon dann glaubhaft gemacht, wenn eine überwiegende Wahrscheinlichkeit dafür besteht, dass sie zutrifft (vgl. nur BGH, Beschluss vom 21. Dezember 2006 - IX ZB 60/06, NJW-RR2007, 776, 777; Stein/Jonas/Leipold, ZPO, 22. Aufl., § 294 Rn. 7; jeweils m. w. N.). Diese Voraussetzung ist schon dann erfüllt, wenn bei der erforderlichen umfassenden Würdigung der Umstände des jeweiligen Falles mehr für das Vorliegen der in Rede stehenden Behauptung spricht als dagegen (BGH, Beschluss vom 11. September 2003 - IX ZB 37/03, BGHZ156, 139, 143). Die Voraussetzungen sieht der Senat als erfüllt an.

Im Einzelnen:

1. Anspruch auf Zahlung aus § 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB

Der Senat hält für überwiegend wahrscheinlich, dass den Klägerinnen im Hinblick auf den Darlehensvertrag vom 21./24.5.2012 (Anlage Ast 26) ein Zahlungsanspruch zumindest in Höhe der geleisteten Investitionskostenzuschüsse aus §§ 812 Abs. 1 S. 1 1. Alt. BGB zusteht. Denn es sprechen mehr Gründe dafür, dass der Darlehensvertrag vom 21./24.05.2012 zumindest hinsichtlich des Darlehens über einen Investitionskostenzuschuss in Höhe von 6.000.000 € nichtig ist, die Zahlung damit eine Leistung ohne Rechtsgrund war und zurückzugewähren ist.

Es ist in der Rechtsprechung anerkannt, dass Vereinbarungen, welche Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil hinter dem Rücken des Geschäftsherrn und zu dessen Schaden treffen, gegen die guten Sitten verstoßen und nichtig sind (BGH, WM1988, 1380 m. w. N.). Die Nichtigkeit erfasst auch den Hauptvertrag, hier den Darlehensvertrag, zumindest bezogen auf die Vorfinanzierung der Investitionsnebenkosten. Mit den vorgelegten Unterlagen und eidesstattlichen Versicherungen haben die Klägerinnen glaubhaft gemacht, dass kollusive Vereinbarungen zu ihren Lasten vorlagen, nämlich dass zumindest Herr M. auf Seiten der Klägerinnen, Herr B. und auch Herr S. vereinbart haben, die Klägerinnen zum Abschluss vermeintlich wirtschaftlich sinnvoller, objektiv jedoch massiv nachteiliger Verträge mit einem auf dem Markt bislang nicht aufgetretenen Investor ohne finanzielle Eigenmittel zu veranlassen, um selbst davon zu profitieren, nämlich Herr S. direkt als Geschäftsführer und Gesellschafter der NK-Gruppe, Herr B. als Direktor der Treuhänderfirma und Provisionsempfänger und Herr M. über Kick-back-Zahlungen. Bereits die Vereinbarung solcher Zahlungen ist sittenwidrig (vgl. etwa BGH WM1988, 1380). Es sprechen auch erhebliche Anhaltspunkte dafür, dass auch der frühere Geschäftsführer W. an einer solchen Vereinbarung mitgewirkt hat. Hierauf kommt es jedoch wegen der tragenden Rolle des Herrn M. auf Seiten der Klägerinnen nicht an, so dass dies hier ausdrücklich offen gelassen wird. Gleiches gilt für die Rolle des Herrn M.-G.

a. Für eine kollusive Vereinbarung spricht zunächst das für die Klägerinnen in seiner Gesamtheit extrem nachteilige Vertragswerk.

(1) Das Vertragswerk zwischen den Klägerinnen und der NK-Gruppe - Grundlagenvereinbarungen, Kaufverträge, Darlehensverträge, Mietverträge, Treuhandvereinbarungen - ist unstreitig. Weiter ist unstreitig, dass die NK-Kontor GmbH erst am 20.01.2010 gegründet wurde, über keine finanziellen Mittel zur Finanzierung der Immobilienkäufe verfügte und weder eine Tochter der We.-Gruppe in H. ist noch ihr in sonstiger Weise zugerechnet werden kann. Auch die jeweiligen Objektgesellschaften wurden neu gegründet und verfügten weder über nennenswertes Eigenkapital noch über eigene Sicherheiten, sondern waren darauf angewiesen, dass die Klägerinnen den gesamten Kaufpreis zuzüglich etwaiger Erwerbsnebenkosten zu 100% über Darlehen finanzieren. Die einzigen Sicherheiten, die die Klägerinnen erhielten, waren Grundschulden an den von ihnen verkauften Immobilien.

(2) Es ist anhand der Unterlagen, insbesondere des Gutachtens von Prof. Dr. O. glaubhaft gemacht, dass das Vertragswerk in seiner Gesamtheit, aber auch bezogen auf den hier streitgegenständlichen Fall des Objekts in D., für die Klägerinnen in wirtschaftlich nicht mehr nachvollziehbarer Weise Nachteile bzw. Risiken kumuliert.

Die Klägerinnen haben zunächst Grundlagenvereinbarungen mit der „Muttergesellschaft“ der Beklagten, nämlich der N. Kontor GmbH (im Folgenden NK GmbH) abgeschlossen. Geschäftsführer der NK GmbH waren zunächst die Herren M.-G. und S., später trat als deren Geschäftsführer allein Herr Dietmar S. auf. Für den Betrieb der einzelnen Seniorenheime wurden einzelne Betreibergesellschaften, so auch die Beklagte gegründet, deren Geschäftsführer jeweils Dietmar S. ist.

Die Klägerinnen zu 1) und 2) hatten zunächst 3 Grundstücke mit Seniorenheimen, nämlich die Objekte Bad S., H. und M.-Nord, an einen kirchlichen Investor verkauft. Die Objekte Bad S. und M.-Nord sollten gemäß Grundlagenvereinbarung vom 16.9.2010 (Anlage Ast 17) von der NK GmbH erworben werden, wobei der Kaufpreis durch Darlehen der Klägerinnen finanziert werden sollte und die Klägerinnen mit NK einen Triple-Net Mietvertrag mit einer festen Laufzeit von 30 Jahren und einer Verzinsung des Kaufpreises in Höhe von 5,450% auf 30 Jahre mit jährlicher Anpassung an die Entwicklung des Lebenshaltungskostenindex zu 50% abschließen sollten. Das Darlehen wiederum sollte auf 30 Jahre gewährt und mit 5,200% fest verzinslich sein.

Am 6./7.5.2011 unterzeichneten die Klägerinnen und NK GmbH einen Nachtrag zur Grundlagenvereinbarung (Anlage Ast 19) betreffend die Objekte in H., R. und A. Auch hier wurde ein Verkauf vereinbart, diesmal direkt von A. an NK. Mietverträge und Darlehensverträge sollten wie bei der Grundlagenvereinbarung vom 16.9.2010 abgeschlossen werden. Unter Ziffer 13. dieses Nachtrags zur Grundlagenvereinbarung vom 16.9.2010 ist geregelt, dass A. NK für die Zahlung der mit dem Erwerb der genannten Objekte verbundenen Kosten eine Investitionskostenvorauszahlung von jeweils 5 Millionen Euro, insgesamt also 15 Millionen Euro erhält. Für die Verzinsung gilt das für die Kaufpreisdarlehen vereinbarte, nämlich eine Verzinsung von 5,300% (statt wie bisher 5,200). Nur für das Objekt Bad S. sollte es bei den 5,200% verbleiben. Der Mietzins sollte sich für die Häuser H., A. und R. nach der „Höhe der Gesamtinvestitionskosten, mithin Kaufpreis und Investitionskostenvorauszahlung x 5,45000% p.a.“ richten (Anlage 19, Ziffer 13 b).

Schließlich wurde am 30.10.2011 eine weitere Grundlagenvereinbarung (Anlage Ast 20) betreffend 9 Seniorenheime, darunter das hier streitgegenständliche, abgeschlossen mit identischem Geschäftsmodell. Für das Seniorenheim in D. sollte ein Darlehen von 59.470.000.- Euro gewährt werden, davon 53.470.000 Euro für den Kaufpreis, die restlichen 6 Millionen als Investitionskostenzuschuss. Mietzinsvereinbarung und Darlehensbedingungen entsprechen denen in der Grundlagenvereinbarung vom 6./7.5.2011.

Die Grundlagenvereinbarungen wurden umgesetzt, betreffend das streitgegenständliche Objekt mit Grundstückskaufvertrag vom 22.5.2012 (Anlage Ast 21), Darlehensvertrag vom 21./24.5.2012 (Anlage Ast 26) und Mietvertrag vom 21./24.5.2012 (Anlage Ast 33). In dem Darlehensvertrag wurde die Darlehenssumme ausdrücklich in den Kaufpreis und die Vorfinanzierung der Erwerbskosten von 6.000.000 Euro aufgesplittet. In § 5.2 des Darlehensvertrags (Anlage Ast 26) findet sich eine Regelung zur Fälligkeit der Darlehenszinsen, die im Jahr 2012 erstmals zum 31.12., im Jahr 2013 halbjährlich und ab 2014 jeweils nachschüssig zum Kalendervierteljahr zu zahlen sein. Die von den Klägerinnen zu zahlende Miete hingegen sollte nach § 3.2 des Mietvertrags(Anlage Ast 33) bis zum dritten Werktag eines Monats im Voraus gezahlt werden, beginnend zum 1.7.2012.

Betrachtet man diese Verträge in ihrer Gesamtheit, dann wird deutlich, dass die Sale-and -Lease-Back Konstruktion in der hier gewählten Ausgestaltung für die Klägerinnen zu nicht mehr nachvollziehbaren massiven Nachteilen führt. Sale-and-Lease-back Verträge werden zwar häufig gewählt, um dem Verkäufer Liquidität zu verschaffen. Sie sind auch im Sozialbereich durchaus üblich. Vorliegend haben die Klägerinnen jedoch keinerlei Liquidität gewonnen, da sie der Erwerberin den Kaufpreis vollständig durch Darlehen finanzierten. Die Darlehenszinsen liegen dabei unter den Mietzinsen, d. h. die Klägerinnen zahlen für die Rückanmietung der Heime mehr als sie über die Kreditzinsen einnehmen. Die Fälligkeit der Darlehenszinsen und die Fälligkeit der Mietzinsen divergieren deutlich zum Nachteil der Klägerinnen. Dies gilt vor allem für die Jahre 2012 und 2013, doch selbst ab 2014 erhalten die Klägerinnen Darlehenszinsen erst nachträglich zum Vierteljahr, während die Miete zu Beginn jeden Monats zu entrichten ist. Ohne Berücksichtigung der unterschiedlichen Fälligkeiten oder weiterer Faktoren ergibt sich beispielsweise allein für das Jahr 2012 ein Unterschied zugunsten der NK von 89.205 € (3.241.115 € Miete an NK abz. 3.151.910 € Zinseinnahmen). Der Sachverständige Prof. Dr. O. hat in seinem Gutachten darüber hinaus eindrucksvoll aufgezeigt, dass die Relationen aus dem Triple-Net Vertrag völlig unausgewogen sind, nämlich entweder die Immobilienwerte zu hoch oder die Mieten zu niedrig eingestellt (SV Gutachten, Anlage AK 4, S. 57). Er hat weiter dargelegt, dass sich allein aus den unterschiedlichen Fälligkeitszeitpunkten ein Unterschiedbetrag von Mietzahlungen und Zinserlösen von rund 380.000 € betreffend alle Objekte zulasten der Klägerinnen ergibt. Dieses Delta wächst angesichts der einseitig zugunsten der Beklagten vereinbarten Mietpreisanpassungen jährlich (SV-Gutachten, a. a. O., S. 92). Hinzu kommt, dass mehr als fraglich ist, ob die Klägerinnen eine entsprechende Erhöhung der Mieten gegenüber der Betreibergesellschaft CAG gGmbH durchsetzen könnte. In jedem Fall müssen sie das Risiko tragen, laufend höhere Mieten zahlen zu müssen, ohne dass entsprechende Anpassungen gegenüber der Betreibergesellschaft gesichert sind.

Auch der weitere in Betracht kommende Zweck solcher Sale-and-Lease-Back Verträge, nämlich die Entlastung des Eigentümers von Risiken im Immobilienbereich, wird durch die gewählte Vertragskonstruktion nicht erreicht. Aufgrund des Triple-Net Mietvertrags haben die Klägerinnen nach dem Verkauf sämtliche Kosten für Instandhaltungs- und Modernisierungsmaßnahmen zu tragen. Es wird ihnen durch die vorliegende Vertragsgestaltung also nur das Verwertungsrisiko, beispielsweise bei einem Einbruch der Immobilienpreise, und das Schließungs- und Abbruchrisiko genommen, wobei in diesem Zusammenhang die vereinbarten Vertragslaufzeiten von 30 Jahren zu berücksichtigen sind. Das in Betracht kommende, den Klägerinnen durch den Verkauf genommene Verwertungsrisiko gleicht in keiner Weise die durch die Vertragskonstruktion neu geschaffenen Risiken beispielsweise einer fehlenden Bonität der einzelnen NK-Betreibergesellschaften, hier der Beklagten aus (vgl. hierzu SV-Gutachten, a. a. O., S. 95). Die NK-Kontor GmbH war eine neu gegründete GmbH ohne finanziellen Hintergrund, und am Markt nicht bekannt. Sie verfügte unstreitig auch nicht über eine mittelbare Absicherung durch einen erfahrenen, finanzstarken Konzern.

Den Einwand der Beklagten, aus den Aufsichtsratsprotokollen würden sich relevante Beweggründe bzw. Vorteile auf Seiten der Klägerinnen ergebe, haben die Klägerinnen überzeugend mit dem Hinweis widerlegt (vgl. S. 42/43 des Schriftsatzes vom 09.09.2015), dass entgegen der dortigen Annahmen gerade keine effektive Liquidität zu gewinnen war, im Gegenteil die Klägerinnen massiv an Liquidität einbüßten ohne dass relevante Vorteile zu erwarten gewesen wären. Ergänzend ist festzustellen, dass jedenfalls im streitgegenständlichen Vertragswerk betreffend die Immobilie in D. auch nicht sichergestellt wurde, dass die Klägerinnen an etwaigen späteren Gewinnen beim Verkauf der Immobilie partizipieren.

Insgesamt lassen die Verträge - so auch der Gutachter Prof. Dr. O. (SV-Gutachten, a. a. O., S. 97 f) - keinen sinnvollen Zusammenhang erkennen. Es fehlt eine belastbare und transparente Exitlösung. Sämtliche Vorteile liegen eindeutig auf Seiten der NK-Gesellschaften, die für sich und die beteiligten Hintergrundgesellschaften ohne jegliches Risiko beträchtliche Vergütungen erzielen sowie weitere operative Gewinne aus dem Delta an Zinszahlungen und Mieterlösen erwirtschaften konnten. Hinzu kommt, dass ausweislich des vorgelegten Sachverständigengutachtens die A.-Gruppe selbst in der Lage gewesen wäre, durch entsprechende Transaktionen Risiken ihrer Immobilien zu reduzieren und zwar mit deutlich geringerem finanziellen Aufwand und Risiko und bei besser steuerbaren Erfolgen.

(3) Abgesehen davon, dass diese Vertragskonstruktion bereits für sich genommen für die Klägerinnen von nicht mehr nachvollziehbarem Nachteil ist, ist der nachgeschaltete Treuhandvertrag ein weiteres Indiz für ein kollusives Vertragswerk zum Nachteil der Klägerinnen. Mit diesem Vertrag vom 15.10.2012 (Anlage Ast 40) wurde die P. Verwaltungs AG, deren Direktor Herr Oliver B. ist, zur Treuhänderin bestellt. Letztlich ist sie Treuhänderin für die von den Klägerinnen stammenden Mittel. Tatsächlich verwaltet die Treuhänderin aber nach Ziffer 2 des Treuhandvertrags das Treugut nach eigenem Ermessen und hat nur der Beklagten (!), nicht aber den Darlehensgebern, den Klägerinnen, Rechnung zu legen. Zudem übernimmt die Treuhänderin nach Ziffer 5 des Vertrags keine Haftung und wird von der Beklagten nach Ziffer 6 mit einer Vergütung in Höhe von 0,4 bis maximal 1% des Treugutes entlohnt. Dieser Vertrag wäre dann noch nachvollziehbar, wenn die Treuhänderin einen Vertrag mit der Beklagten geschlossen hätte, also die Beklagte die Treuhänderin bei der Verwaltung ihres Vermögens zu Hilfe genommen hätte. Der Vertrag wurde aber mit den Klägerinnen geschlossen, die die Darlehenssumme von 6.000.000 Euro ausgekehrt haben. Die Klägerinnen erhalten in diesem Vertrag keinerlei Rechte. Weder hat die Treuhänderin ihnen gegenüber abzurechnen noch übernimmt sie irgendeine Haftung. Auch wird durch die vertraglichen Vereinbarungen für die Klägerinnen unmöglich, nachzuvollziehen, welche konkreten Kosten im Zusammenhang mit dem Erwerb der Immobilien tatsächlich anfallen und wer ansonsten in welcher Höhe von dem geleisteten „Investionskostendarlehen“ von 6 Mio. € finanziell profitiert. Der Treuhandvertrag macht für die Klägerinnen keinerlei Sinn. Diese Wertung teilt auch der Sachverständige Prof. Dr. O., der hierzu in seinem Gutachten ausgeführt hat: „Rätselhaft bleibt, aus welchen Gründen A. die Treuhandlösung überhaupt angestrebt hat. Sie war völlig entbehrlich. Die Bezahlung der gesetzlichen Erwerbsnebenkosten hätte durch eine simple Regelung in den Kaufverträgen sichergestellt werden können, wonach sämtliche Nebenkosten vom Verkäufer getragen werden.“ (SV-Gutachten, a. a. O., S. 99).

(4) Eine weitere Auffälligkeit betrifft die Erwerbsnebenkosten. Anhand der vorgelegten Unterlagen haben die Klägerinnen glaubhaft gemacht, dass die Darlehensverträge jeweils einen erheblichen Betrag, hier 6.000.000 €, für „Vorfinanzierung der Investitionsnebenkosten einschließlich der Abdeckung aller Nebenkosten (Steuern, Gebühren, Provisionen etc.)“ vorsehen, dass aber bezogen auf alle Verträge nur der geringste Teil Steuern und Gebühren, sondern über 59% der Investitionskosten Provisionen an B.-Gesellschaften waren. Bezogen auf den hier streitgegenständlichen Darlehensvertrag belief sich die Provision auf 3.760.000 € (Anlage ASt 42), also auf über 62% der „Investitionsnebenkosten“, was den Klägerinnen bei einer transparenteren Vertragsgestaltung deutlich geworden wäre. Auch wenn sich aus den Verträgen ergab, dass die „Investitionsnebenkosten“ auch zur Deckung von Provisionen dienten, erschloss sich nicht die gänzliche Unausgewogenheit zwischen den vereinnahmten Provisionen und sonstigen Erwerbsnebenkosten wie Steuern und Gebühren.

b. Darüber hinaus haben die Klägerinnen glaubhaft gemacht, dass Herr M. als Aufsichtsratsvorsitzender den Aufsichtsrat unter Täuschung über die wirtschaftliche Sinnhaftigkeit des Geschäfts zur Zustimmung zum Vertragsschluss bewegte. Herr M. war der langjährige anwaltliche Berater der Klägerinnen und genoss - wie sich aus den vorgelegten Unterlagen, insbesondere den Vernehmungsprotokollen der Staatsanwaltschaft ergibt, - bei deren Verantwortlichen hohes persönliches Vertrauen. Er war maßgeblich an der Ausarbeitung des für die Klägerinnen nachteiligen Vertragswerks mit einem unerfahrenen Vertragspartner ohne eigene finanzielle Absicherung beteiligt und vermittelte dennoch den Eindruck, die Transaktionen seien für die Klägerinnen wirtschaftlich empfehlenswert. Insbesondere täuschte er aber auch zusammen mit Herrn S. den Aufsichtsrat der Klägerinnen über die Zugehörigkeit der Beklagten zur We.-Gruppe:

Dafür, dass die NK-Gruppe bei den Klägerinnen als bonitätsstarke Firma mit liquidem Hintergrund dargestellt wurde, spricht das Schreiben von 4.8.2010, in dem Alexander M.-G. und Dietmar S. unter dem Rubrum „N. Kontor GmbH“ auf die geführten Gespräche „in unserem Hause (We. Unternehmensgruppe H.)“ zurückkommen (Anlage Ast 93). Auch wenn die Herren M.-G. und S. zu diesem Zeitpunkt noch Mitarbeiter der W.-Gruppe waren, haben sie mit diesem Schreiben fälschlich suggeriert, dass die N. Kontor GmbH zu dieser Gruppe gehört.

Diese Fehlvorstellung, die bei den Klägerinnen geweckt wurde, wurde nicht dadurch richtig gestellt, dass Rechtsanwalt Dr. K. in seinem Anschreiben vom 15.9.2010 (Anlage Ast 16), vermerkt hat, „Ich meine, Unternehmensgruppe We. muss durch N. Kontor GmbH und im Fortlauf durch N. ersetzt werden“. Zum einen ging dieses Schreiben nicht an die Klägerinnen, sondern an Rechtsanwalt M. persönlich. Zum andern und vor allem aber ergibt sich aus dem Austausch der Namen nichts über eine etwaige Zugehörigkeit oder Nichtzugehörigkeit der NK GmbH und deren Objektgesellschaften zur We.-Gruppe. Es ist in Verträgen immer der Name des Vertragspartner einzusetzen, unabhängig davon welche bzw. ob eine Unternehmensgruppe dahinter steht.

Dafür, dass diese Fehlvorstellung der Zugehörigkeit der NK zur We.-Gruppe aufrecht erhalten wurde, spricht auch die glaubhaft gemachte Äußerung des Herrn M. in der Aufsichtsratssitzung vom 10.11.2011, in der er zugesagt hat, „in den nächsten Wochen auf entsprechenden Wunsch hin die Mitglieder des Aufsichtsrats den Jahresabschluss der H. We.-Gruppe, die hinter N.-Kontor stehe einsehen zu lassen. Hinzu kam das Versprechen von Herrn M. auf ein diesbezüglich einwandfreies Standing der Geschäftspartner und ein „stolzes“ Schreiben der H. Sparkasse“ (Anlage Ast 29 S. 4). Tatsächlich ging in der Folgezeit ein Schreiben der Sparkasse bei den Klägerinnen ein, in dem zwar vordergründig eine einwandfreie Bonität der NK bestätigt wird, inhaltlich jedoch wenig Substantielles enthält (Anlage Ast 68.3). Aus dem vorgelegten Protokoll der Aufsichtsratssitzung ergibt sich außerdem, dass die Zugehörigkeit des Investors zu einer finanzstarken Unternehmensgruppe mit Markterfahrung für den Aufsichtsrat, der dem Vertragsschluss zustimmen musste, bedeutsam war. So hat beispielsweise Herr Bo., in der Aufsichtsratssitzung vom 10.11.2011 die Frage aufgeworfen, „wie nachhaltig der Erwerber sei; er ist darum ebenfalls sehr interessiert daran, ein papierbasiertes Gefühl für die Finanzkraft von N.-Kontor zu erhalten, die Leute, die dahinter stehen, deren Eigenkapital und deren gesamte Unternehmensperformance.“ (Protokoll, Anlage ASt 29, S. 4). Tatsächlich gehörten die NK-GmbH bzw. die Objektgesellschaften zu keinem Zeitpunkt einer finanzstarken Unternehmensgruppe mit Markterfahrung - sei es dem We. Unternehmen oder einem sonstigen bekannten Unternehmen - an. Die einzige Verbindung zum We. Unternehmen war die Tatsache, dass die Herren M.-G. und S. in früheren Jahren für die We.-Unternehmensgruppe gearbeitet hatten.

Dem steht nicht entgegen, dass die Klägerinnen der Beklagten wie allen anderen NK-Objektgesellschaften den Kaufpreis für den Erwerb der Immobilien zu 100% kreditierten und darüber hinaus noch hohe Darlehen für Investitions- bzw. Erwerbsnebenkosten gewährten. Viel eher erklärt sich die Bereitschaft der Klägerinnen zum Abschluss der streitgegenständlichen Vereinbarungen vor dem Hintergrund einer gezielt hervorgerufenen und aufrecht erhaltenen Fehlvorstellung über einen Rückhalt der Beklagten innerhalb eines finanzstarken, vertrauenswürdigen und branchenkundigen Konzerns.

c. Des Weiteren haben die Klägerinnen glaubhaft gemacht, dass der frühere Aufsichtsratsvorsitzende M. für sein Engagement für das Zustandekommen der Verträge unzulässiger Weise Zahlungen über Firmen von Herrn B. erhalten hat. Aus der Anlage ASt 2 ergeben sich Zahlungen der Pl. R. E. AG, Direktor Herr B., an die Rechtsanwaltskanzlei M. in Millionenhöhe, entsprechende Rechnungen der Kanzlei wurden in ASt 45 ff vorgelegt. Nach dem Ergebnis der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen handelt es sich dabei um Scheinrechnungen, denn die Rechnungen betreffen Tätigkeiten im Rahmen des Verkaufs der A. Wohnstifte. Für diese Tätigkeit durfte Rechtsanwalt M. aber keine Rechnung an Dritte stellen, da er als Aufsichtsratsvorsitzender im Lager der Klägerinnen stand, § 43 a Abs. 4BRAO, 356 StGB und im Übrigen einen Beratervertrag mit den Klägerinnen hatte, Anlage ASt 10. Die Pl. R. E. wiederum hatte, wie ausgeführt, aus sämtlichen Verträgen mit der NK eine Provision aus der „Vermittlung der Finanzierung“ von insgesamt 35.584.000 €, mithin 53,96% der insgesamt von den Klägerinnen gezahlten Investitionskostenvorauszahlungen (Anlage ASt 39), erhalten. Dabei entfallen auf den hier streitgegenständlichen Vertrag eine Provision in Höhe von 3.760.000 € gemäß Bestätigung in Anlage Ast 42. Damit haben die Klägerinnnen glaubhaft gemacht, dass letztlich Mittel der Klägerinnen über die Treuhänderin und die Pl. R. E. wieder an den Aufsichtsratsvorsitzenden geflossen sind. Es erscheint bei dieser Sachlage überwiegend wahrscheinlich, dass Herr M., der zweifelsfrei ein hohes Vertrauen der Klägerinnen genoss, den Aufsichtsrat und Herrn Prof. Dr. R. nur deshalb zum Vertragsschuss bewegte, um selbst Kick-back-Zahlungen in erheblicher Höhe zu erhalten.

d. Die überwiegende Wahrscheinlichkeit einer Beteiligung des Herrn B. an einer Vereinbarung zulasten der Klägerinnen ergibt sich aus seiner Mitwirkung beim Aushandeln der Verträge, der außergewöhnlichen Vertragsgestaltung für seine Treuhandfirma P., den großzügigen Provisionszahlungen an seine Firma Pl. R. E. und aus den von ihm veranlassten Zahlungen an Herrn M. All dies ist anhand der vorgelegten Unterlagen glaubhaft gemacht.

e. Der Senat verkennt nicht, dass sich bei einer sorgfältigen rechtlichen und wirtschaftlichen Prüfung der Verträge die unter Ziffer a. dargestellte einseitige Vertragsgestaltung zulasten der Klägerinnen für weiteren Verantwortlichen im Aufsichtsrat und der Geschäftsleitung hätte erschließen können und müssen. Insbesondere hätte Prof. Dr. R., der die vertraglichen Vereinbarungen auf Seiten der Klägerinnen unterzeichnet hat, die Regelungen und Hintergründe der Vereinbarungen kritischer hinterfragen müssen und nicht - wie er eidesstattlich versichert hat - „blind“ den Aussagen und Einschätzungen von Herrn M., wonach es sich für die Klägerinnen um wirtschaftlich empfehlenswerte und vorteilhafte Transaktionen handele, vertrauen dürfen. Allerdings gibt es keine Anhaltspunkte dafür, dass der weitere Aufsichtsrat und/oder Prof. Dr. R. Hinweise auf unzulässige Kick-Back-Zahlungen an Herrn M. über die von Herrn B. geleiteten Schweizer Firmen hatten. Wären ihnen solche Zahlungen bzw. Zahlungsvereinbarungen bekannt gewesen oder hätten sie diesbezüglich Verdacht geschöpft, wäre dem - übereinstimmend von den Zeugen im Ermittlungsverfahren und von Prof. Dr. R. in den eidesstattlichen Versicherungen geschilderten - übermäßigen Vertrauen in die Einschätzungen und die Tätigkeit von Rechtsanwalt M. der Boden entzogen gewesen. Auch der von der Beklagten vorgelegte Vermerk von Prof. Dr. R. vom 24.05.2013 ändert hieran nichts. Zum einen wurden die streitgegenständlichen Verträge vorher abgeschlossen, zum anderen äußert sich Prof. Dr. R. im Vermerk zu möglichen Provisionszahlungen an einen Vermittler. Dass er dabei unzulässige Kick-Back Zahlungen an Rechtsanwalt M. in Betracht gezogen hat, der die Verträge ausgearbeitet und als Aufsichtsratsvorsitzender den Vertragsschluss mit der NK-Gruppe forciert hat, ist nicht ersichtlich. Insoweit ist auch das Argument der Beklagten, die Klägerinnen hätten doch gewusst, dass der Investitionskostenzuschuss auch Provisionszahlungen abdecke, unbehelflich.

In Betracht kommende Versäumnisse von Prof. Dr. R., möglicherweise auch von weiteren Mitgliedern des Aufsichtsrats, ändern mithin nichts daran, dass die Klägerinnen ein kollusives Zusammenwirken der Herrn M., B. und S. zu ihren Lasten nicht gegen sich gelten lassen müssen. Wie dargelegt, verstoßen Vereinbarungen, welche Angestellte, Bevollmächtigte oder sonstige Vertreter einer Partei im Einverständnis mit dem Vertragsgegner zum eigenen Vorteil hinter dem Rücken des Geschäftsherrn und zu dessen Schaden treffen, gegen die guten Sitten verstoßen und sind nichtig (BGH, WM1988, 1380 m. w. N.).

f. Beteiligung des Herrn S.

Zwar sprechen lediglich Indizien für eine Beteiligung des Herrn S. an der Vereinbarung zulasten der Klägerinnen, dennoch hält der Senat - anders als das Landgericht - eine Beteiligung von Herrn S. aus folgenden Gründen für überwiegend wahrscheinlich und damit für hinreichend glaubhaft gemacht:

(1) Schon die für die Beklagte wie für alle anderen NK-Gesellschaften einseitig vorteilhafte und für die Klägerinnen einseitig nachteilige Vertragsgestaltung legt nahe, dass Herr S. als Geschäftsführer der Beklagten, mithin einer der Hauptnutznießer dieser Verträge, in die Täuschung mit eingebunden war und von den Kick-back-Zahlungen an M. zumindest Kenntnis hatte. Von den Verträgen selbst hatte er unstreitig Kenntnis. Bei dem Treuhandvertrag war er zwar nicht Vertragspartner, hat aber den Vertrag mit „Kenntnis genommen“ unterschrieben. Er hatte also Kenntnis von allen für die Beklagte günstigen und für die Klägerinnen nachteiligen Vereinbarungen. Dies allein würde für eine Glaubhaftmachung einer Mitwirkung an einer sittenwidrigen Vereinbarung allerdings noch nicht ausreichen. Schließlich liegt es grundsätzlich im Rahmen der Vertragsfreiheit, wirtschaftlich nachträgliche Verträge abzuschließen.

(2) Es ist aber, wie bereits dargestellt, glaubhaft gemacht, dass Herr S. an der Täuschung des Aufsichtsrats und Herrn Rückert über die Zugehörigkeit der NK-Gruppe zur We. Gruppe in H. beteiligt war, denn am 4.8.2010 hatten Alexander M.-G. und Dietmar S. in einem Schreiben an die Klägerin zu 1), Herrn Aufsichtsratsvorsitzenden Senator Artur M. unter dem Rubrum „N. Kontor GmbH“ geschrieben, dass sie auf die geführten Gespräche „in unserem Hause (We. Unternehmensgruppe H.“ zurückkommen (Anlage Ast 93). Es erscheint dem Senat als nicht überzeugend, dass Herr S. in seinem Schreiben vom 4.8.2010 nur zufällig aufgrund seiner früheren Tätigkeit bei der We. Gruppe auf diese Bezug genommen hat, ohne dass dies mit Herrn M. abgesprochen gewesen wäre. Vielmehr legt der Gesamtablauf nahe, dass Herr M. im Einvernehmen mit Herrn S. ganz bewusst eine Darstellung der NK wählte und aufrecht erhielt, die eine Zugehörigkeit zur We.-Gruppe suggeriert, um die übrigen Aufsichtsratsmitglieder zum Vertragsschluss mit der NK zu motivieren.

(3) Der Senat hält es auch für ausreichend glaubhaft gemacht, dass Herr S. Kenntnis davon hatte, dass zumindest Herr M. Zuwendungen in Gestalt von Kick-back-Zahlungen erhielt und dies seine Motivation war, in Aufsichtsratssitzungen und gegenüber dem Geschäftsführer R. den Vertragsschluss voranzutreiben.

Der Beklagten ist insoweit zuzugeben, dass es keinerlei schriftliches Dokument oder belastbare Zeugenaussagen gibt, aus denen sich dies eindeutig belegen lässt. Zutreffend ist auch, dass wirtschaftliche Vorteile ein zulässiges und übliches Motiv für Vertragsabschlüsse und als solche nicht verwerflich sind, vielmehr wird als Erfolg empfunden, wenn bei Vertragsschluss „möglichst viel herausgeholt“ wird. Anderes gilt jedoch, wenn Verträge deshalb einseitig begünstigend geschlossen werden, weil die Verhandlungsführer auf Seiten der benachteiligten Vertragspartei Kick-back-Zahlungen erhält. Die Aussage des Zeugen We., der in seiner Vernehmung vom 5.3.2015 (Anlage AK 2) zunächst angegeben hatte, dass Herr S. bei Gesprächen, in denen von Kickback-Zahlungen an M. die Rede war, anwesend war, kann im Rahmen der Glaubhaftmachung allerdings nicht berücksichtigt werden, da sich der Zeuge bei seiner eidesstattlichen Versicherung vom 30.9.2015 (Anlage AK 3) nicht mehr sicher war, ob Herr S. bei dem Gespräch tatsächlich dabei war, so dass es auf die von der Beklagten vorgelegte eidesstattliche Versicherung des Herrn M.-G. nicht ankommt. Dennoch ergibt sich aus dem gesamten Geschehensablauf ein Bild, das eine umfassende Beteiligung des Herrn S. nahelegt, was die Zahlungen an M. mit einschließt:

Herr Sc. war von Anfang an zentral in das ganze Vorhaben eingebunden. Er hat im Januar 2010 die NK gegründet und auch - so der Zeuge Re. von der Ha. (Anlage Ast 68.2) in seiner Einvernahme vom 15.1.2015 - an einem ersten Gespräch in den Räumlichkeiten der Z. AG neben Herr M.und Herr M.-G. teilgenommen. Der Senat verkennt dabei nicht, dass der Beweiswert der Urkunde zunächst nur besagt, dass der Zeuge entsprechend ausgesagt hat, im Rahmen der Beweiswürdigung des § 286ZPO wird der Inhalt der Aussage aber zumindest als Indiz dafür gewertet, dass die Herren M. und S. bei der Ausarbeitung des Vertragskonzepts zusammen gearbeitet haben. Herr S. war auch an Formulierungen von Verträgen selbst beteiligt, wie sich aus seinem Fax an Herrn B., vorgelegt als Anlage AK 9, ergibt, in dem er Herrn B. bezogen auf die Objekte K. und B. Hinweise und Anweisungen zur Vertragsgestaltung gibt. Es profitierten die NK-Gesellschaften des Herrn S. massiv von den Verträgen, die außergewöhnlich hohe Volumina hatten und den NK-Gesellschafen ohne besondere Qualifikation und ohne jedes wirtschaftliches Risiko und nennenswerte Gegenleistung innerhalb kurzer Zeit beträchtliche Liquidität verschafften (so auch der Sachverständige Prof. Dr. O., SV-Gutachten, Anlage AK 4, S. 93). Bei Herrn S. liefen die Fäden aus allen NK-Gesellschaften zusammen. Für ihn lag auch auf der Hand, dass eine neu gegründete Firma NK trotz seiner und Herrn M.-G. Erfahrungen innerhalb der We.-Gruppe als neue Gesellschaft ohne Track-Record und ohne ausgewiesene Bonität keine realistische Chance hatte, in den Markt großer Wohnstifte, auf dem sich Gesellschaften wie Commerz R. oder die GWG bewegen, hineinzukommen, insbesondere aber als Vertragspartner für Transaktionen in der Größenordnung und Komplexität wie den Streitgegenständlichen akzeptiert zu werden. Insoweit hatte die Beklagte bzw. Herr S. sehr wohl einen gänzlich anderen Informationsstand als die Klägerinnen, denen suggeriert wurde, der Investor habe finanziellen Rückhalt und Erfahrung in entsprechenden Geschäften. Auch gab es auf Seiten der Beklagten keine Personen, die die Unausgewogenheit der vertraglichen Regelungen verschleierten. Es gab aus Sicht der Beklagten bzw. Herrn S. - abgesehen von unzulässigen finanziellen Vorteilen für die Verhandlungsführer der Klägerinnen - wirtschaftlich gesehen keinen Anlass für Herrn M., geplante Sale- and Lease-Back Verträge ausgerechnet mit der NK-Gruppe abzuschließen. Es gab - abgesehen von den Kick-back-Zahlungen - erst recht keinen plausiblen Anlass für Herrn M., für seine Partei derart ungünstige Verträge mit Herrn S. auszuhandeln. Gerade auch die Konzeption des für die Klägerinnen sinnlosen und intransparenten Treuhandvertrages (Anlage Ast 40), der von Herrn S. mit unterzeichnet wurde, ist ein Anhalt für die Einbindung von Herrn S. in das kollusive Vorgehen der Beteiligten (vgl. oben). Es ist von den Klägerinnen glaubhaft gemacht, dass mit der Treuhandvereinbarung die Verteilung der Kick-Back Zahlungen an Rechtsanwalt M. über die Firma von Herrn B. ermöglicht wurde. Aus Sicht der Beklagten sind keine nachvollziehbaren Gründe dargetan, die das Zustandekommen der Verträge aus Sicht der Beklagten bzw. deren Geschäftsführer als Ergebnis „normaler“ Vertragsverhandlungen zwischen Geschäftspartnern erscheinen lassen.

Trotz der im Verfahren vorgelegten eidesstattlichen Versicherung des Herrn S. spricht eine größere Wahrscheinlichkeit dafür, dass er, dessen Gesellschaften neben den Gesellschaften des Herrn B. Hauptprofiteure des Vorhabens waren, von der eigennützigen, ungetreuen (ggf. auch betrügerischen Motivation) des Herrn M. wusste und von Anfang an in das Gesamtvorhaben eingebunden war, als dafür, dass Herr S. ein argloser, seriöser Vertragspartner ohne Ahnung von unlauteren Hintergründen war. Dabei kommt es nicht darauf an, dass er die genaue Höhe und den genauen Weg der Zahlungen an Herrn M. kannte. Wesentlich ist vielmehr, dass das gesamte Vorhaben von vornherein durch das - sehr verkürzt dargestellte - Zusammenspiel von Kick-back-Zahlungen an Herrn M. über B.-Firmen, finanziellen Vorteilen der NK durch Ausreichung von Mitteln und ebenso großen Vorteilen der B.-Firmen P. und Pl. R. E. über hohe Provisionen aus den Investitionskostendarlehen unter Einbindung der NK-Gesellschaften ins Laufen kam. Nachdem Herr S. von Anfang an sowohl mit Herrn M. als auch Herrn B. in engem Kontakt stand und einer der wesentlichen Nutznießer dieses Systems ist, ist überwiegend wahrscheinlich, dass er davon auch Kenntnis hatte. Andernfalls wäre für ihn der Vertragsschluss mit den Klägerinnen nicht erklärlich.

(4) „Nachtatverhalten“

Hinzu kommt das „Nachtatverhalten“ des Geschäftsführers der Beklagten. Mit Beschluss des Amtsgerichts München vom 1.8.2014 hatte die Staatsanwaltschaft München I die von der Beklagten erworbene Immobilie in D. beschlagnahmt (vgl. Eintrag im Grundbuch am 13.8.2014, Anlage Ast 11). Daraufhin schloss die Beklagte am 21.8.2014 einen Dienstleistungsvertrag mit der N. Kontor GmbH und der IP. Projektentwicklungsgesellschaft mbH (im Folgenden IP.), deren Geschäftsführer bis zum 25.8.2014 ebenfalls Herr S. war, in dem sich die Beklagte verpflichtete, Briefgrundschulden auf 14 Grundstücken eintragen zu lassen und an die IP. abzutreten, die im Gegenzug die Auseinandersetzung zwischen der NK-Gruppe und den Klägerin „effektiv gebündelt“ betreuen sollte. Am 25.8.2014, eingetragen am 28.8.2014, bestellte die Beklagte bezüglich des streitgegenständlichen Objekts eine Grundschuld über 12 Millionen € und trat diese mit Vereinbarung vom selben Tag an die IPSORUM ab. Zudem veranlasste der Geschäftsführer der Beklagten am 22.8.2014 eine Zahlung von 874.000 € und am 26.9.2014 eine Zahlung von 71.232,59 € an die IP., so dass am 26.9.2014 lediglich ein Restbetrag von 500,00 € auf dem Konto der Beklagten übrig blieb. Alle NK Gesellschaften zusammen haben einen Betrag in Höhe von 9.945.241,48 € an die IP. übertragen. Im November 2014 wurden vom Konto der IP. 3.500.000 € auf das Konto der NK 14 Liquiditätspool GbR und am 27.11.2014 von dort weiter auf das Konto der NK Gruppenunterstützungskasse e.V. bei der Volksbank H. eG übertragen. Nachdem das noch vorhandene Guthaben der IP. gepfändet worden war, überwies der Geschäftsführer der Beklagten am 26.3.2015 weitere 5.000.000 € vom Konto der IP. auf das Konto der NK-Gruppenunterstützungskasse e.V. Diese hat als Unterstützungszweck die betriebliche Altersversorgung der Mitarbeiter der NK Unternehmensgruppe in H. Weder ist zu erwarten, dass die IP. Rechtsbeistandsleistungen für die NK-Gesellschaften in Millionenhöhe erbringt, noch hat die NK-Gruppe Arbeitnehmer in einer Anzahl, die eine Unterstützungskasse rechtfertigt. Ein hinreichender sachlicher Grund für die Umbuchungen ist daher nicht ersichtlich. Auch die von den Beklagten vorgetragene Tatsache, dass die Klägerinnen in den letzten Monaten die Mietzahlungen eingestellt haben, rechtfertigt keine derartige Umbuchung. Vielmehr stellt das Umbuchen der Beträge in unmittelbarem Zusammenhang mit staatsanwaltschaftlichen Ermittlungstätigkeiten den Versuch dar, die Gelder vor staatlichem Zugriff und dem Zugriff der Klägerinnen als potentielle Gläubigerinnen zu sichern. Ein solches Verhalten des Geschäftsführers der Beklagten ist ein weiteres Indiz dafür, dass er sich von Anfang an bewusst war, dass die Verträge nicht ordnungsgemäß zustande gekommen waren. Andernfalls hätte es solcher Verschiebungen nicht bedurft. Ergänzend ist festzustellen, dass die Klägerinnen wegen dieser Vorgänge beim Landgericht München I einen dinglichen Arrest erwirkt haben (Az. 6 O 14207/15, vorgelegt als Anlage AK-1). Die Berufung gegen das Urteil wurde mit Urteil des Oberlandesgerichts München vom 08.03.2016 zurückgewiesen (Az. 5 U 3769/15), wobei die Beklagten auf Gründe verzichteten.

(6) Der Senat stützt sich nicht auf den neuen Tatsachenvortrag der Klägerinnen in der Berufungsinstanz hinsichtlich einer wirtschaftlichen Verflechtung des Herrn S. mit Herrn B. (Finca auf Mallorca etc.) Dies wurde bestritten und kann offen bleiben.

(5) Schlussendlich spricht auch die Tatsache, dass nach wie vor wegen der streitgegenständlichen Vorwürfe ein Haftbefehl gegen den Geschäftsführer der Beklagten, Herrn S., existiert, für einen dringenden Tatverdacht, mögen auch die Meldeauflagen in Anbetracht der andauernden Ermittlungen mittlerweile entfallen sein.

Zusammenfassend hält es der Senat somit für überwiegend wahrscheinlich, das Herr S. kollusiv mit Herrn M. und Herrn B. zulasten der Klägerinnen gehandelt hat, weist aber darauf hin, dass es hier lediglich um Glaubhaftmachung einer kollusiven Vereinbarung geht. Darüber, ob ein entsprechender Nachweis in einem Hauptsache- oder auch einem Strafverfahren gelingt, ist damit noch nichts ausgesagt.

2. Schadensersatzanspruch aus § 823 Abs. 2BGB i. V. m. §§ 263 Abs. 1 oder 266StGB

Nachdem der Senat es für überwiegend wahrscheinlich hält, dass eine Vereinbarung zwischen Herrn S., Herrn M. und Herrn B. zulasten der Klägerinnen bestand, besteht auch eine überwiegende Wahrscheinlichkeit, dass dem ein strafbares Verhalten zugrunde liegt. In Betracht kommt eine Strafbarkeit des früheren, verstorbenen Aufsichtsratsvorsitzenden M. wegen Betruges nach § 263 Abs. 1BGB, wenn der Geschäftsführer R. getäuscht wurde, oder wegen Untreue gemäß § 266StGB. Eine Beteiligung des Geschäftsführers der Beklagten Herr S. an diesen Taten erscheint überwiegend wahrscheinlich, da er, wie unter 1. ausgeführt, an dem gesamten Vorhaben von Anfang an daran beteiligt war. Von einem Gehilfenvorsatz ist daher auszugehen.

Der Schaden liegt in der Ausreichung des Darlehens in Höhe von 6.000.000 €

Im Wege der Naturalrestitution, § 249BGB sind die Klägerinnen so zu stellen, als sei der Vertrag nicht geschlossen worden. Es besteht daher ein entsprechender Schadensersatzanspruch.

3. Anspruch auf Schadensersatz aus § 826BGB

Aus den dargelegten Gründen hält der Senat für überwiegend wahrscheinlich, dass den Klägerinnen gegen die Beklagte ein Schadensersatzanspruch gemäß §§ 826, 830 S. 1, 840 Abs. 1BGB wegen Mitwirkung an einer sittenwidrigen vorsätzlichen Schädigung der Klägerinnen zusteht.

4. Es besteht auch ein Arrestgrund. Bereits der Arrestanspruch legt dies nahe. Zudem haben die Klägerinnen glaubhaft gemacht, dass erhebliche Vermögenswerte der Beklagten nach Bekanntwerden der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungen auf andere Gesellschaften übertragen wurden (vgl. oben unter Ziffer 1. E, Unterpunkt (4)). Die Konten der Beklagten wurden praktisch vollständig geleert. Die Vereitelung der Zwangsvollstreckung ist daher zu besorgen.

Der Arrestgrund entfällt auch nicht durch eine ausreichende Sicherung der Klägerinnen. Die Eintragung der Beschlagnahme des Grundstücks in D. durch die Staatsanwaltschaft ebenso wie der eingetragene Widerspruch gegen die Auflassung an die Beklagte betreffen jeweils das Eigentum am Grundstück (zum Arrestgrund im Fall der Rückgewinnungshilfe vgl. im Übrigen OLG Bamberg, NStZ2010, 348). Hier geht es jedoch um das über den Grundstückskaufpreis hinausgehende ausgereichte Darlehen in Höhe von 6.000.000 € sowie mögliche weitere Schadensersatzansprüche aus unerlaubter Handlung. Eine hinreichende Sicherung dieser Ansprüche ist nicht ersichtlich.

5. Die ebenfalls beantragte Kostenpauschale hat der Senat nur in einer Höhe von 136.000 € zugesprochen. Die Kostenpauschale erfasst die Kosten des Hauptsacheverfahrens. Für den klägerischen Rechtsanwalt und die Verfahrenskosten fallen bei einem Streitwert der Hauptsache von 6.000.000 € etwa Kosten in dieser Höhe an. Für den weitergehenden Antrag war die Berufung der Klägerinnen zurückzuweisen.

6. Für die nach § 926ZPO beantragte Anordnung der Klageerhebung ist nach § 20 Nr. 14RPflG der Rechtspfleger zuständig.

7. Die Beklagten tragen die Kosten des Rechtsstreits, §§ 91, 92 Abs. 2ZPO.

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