Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Okt. 2016 - 10 U 2269/16

bei uns veröffentlicht am14.10.2016
vorgehend
Landgericht Landshut, 83 O 2363/15, 15.04.2016

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

I. Auf die Berufung der Beklagten vom 23.05.2016 wird das Endurteil des LG Landshut vom 15.04.2016 abgeändert und wie folgt neu gefasst:

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits erster Instanz hat der Kläger zu tragen.

II. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

IV. Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

A. Die Parteien streiten um ergänzende Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall in Höhe von 42.669,56 €. Diese beruhen ausschließlich auf der Einkommenssteuerlast der Jahre 2008 bis 2011, sowie der Kirchensteuerlast der Jahre 2008 bis 2010, die nachträglich auf zunächst nicht versteuerte Entschädigungszahlungen für Verdienstentgang festgesetzt worden waren.

I. Zugrunde liegen ein Verkehrsunfall vom 31.05.2004 in der Theresienstraße in L., und ein rechtskräftiges Urteil des Landgerichts Landshut vom 08.02.2007, Az. 41 O 396/05. Der Kläger war als Halter und Fahrer des Motorrads Yamaha XC 600, amtliches Kennzeichen DGF - ..., wegen einer Vorfahrtsverletzung des Versicherungsnehmers der Beklagten, der als Halter und Fahrer des Pkw VW Passat, amtliches Kennzeichen DGF - ..., die Fahrbahn des Klägers queren wollte, zu Sturz gekommen. Er erlitt dabei schwere Verletzungen, die eine vollständige Erwerbsunfähigkeit zur Folge hatten.

Die Beklagte wurden verurteilt, den Verdienstausfall des Klägers unter Berücksichtigung einer Haftungsquote von 75% nach der modifizierten Nettolohnmethode zu erstatten, also jährlich den fiktiven, um die Mithaftung des Klägers bereinigten Nettoverdienst zu leisten. Nach Festsetzung und Zahlung von Einkommens- und Kirchensteuer auf diese Beträge wäre die Beklagte verpflichtet gewesen, diese Steuerbeträge gegen Vorlage des jeweiligen Steuerbescheides nachträglich zu erstatten. Diese künftig und regelmäßig wiederkehrende Leistungsverpflichtung war durch einen Feststellungsausspruch (mit gleicher Haftungsverteilung) gesichert.

Die Beklagte bezahlte in den Jahren 2008 bis 2011 Verdienstausfallentschädigungen von 175.812,13 € (38.491,89 €, 42.816,95 €, 45.236,24 € und 49.267,05 €), die der Kläger zunächst nicht in seiner Einkommenssteuererklärung auflistete. Folgerichtig ergingen Einkommenssteuerbescheide, die deutlich niedrigere Einkünfte zugrunde legten und in Verbindung mit der zusammen veranlagten Ehefrau zu Steuererstattungen führten.

Der Kläger erhielt auf eine steuerrechtliche Selbstanzeige vom 29.12.2014 am 07.08.2015 berichtigte Einkommenssteuerbescheide für die Jahre 2008 bis 2011, die Nachzahlungen von 13.414,89 € für das Jahr 2008, 12.081,85 € für das Jahr 2009, 7.420,87 € für das Jahr 2010 und 7.746,86 € für das Jahr 2011 festgesetzt hatten. Danach folgten Kirchensteuerfestsetzungen von 1.018,08 € für das Jahr 2008, von 815,60 € für das Jahr 2009 und von 171,41 € für das Jahr 2010 gemäß Bescheiden vom 02.10.2015 (Anlagen K 8-10).

Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird ergänzend auf das angefochtene Urteil vom 15.04.2016 (Bl. 52/65 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

II. Das LG Landshut hat der Klage ohne Beweisaufnahme stattgegeben. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe des angefochtenen Urteils (Bl. 60/65 d. A.) Bezug genommen.

III. Gegen dieses ihr am 24.04.2016 zugestellte Urteil hat die Beklagte mit einem beim Oberlandesgericht München am 23.05.2016 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt (Bl. 78/792 d. A.) und diese - nach Verlängerung der Berufungsbegründungsfrist gemäß Verfügung des Senatsvorsitzenden vom 24.06.2016 (Bl. 85 d. A.) - mit einem beim Oberlandesgericht München am 22.07.2016 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag fristgerecht (Bl. 86/93 d. A.) begründet.

Die Beklagte beantragt,

das Ersturteil aufzuheben und die Klage abzuweisen (BB 1 = Bl. 86 d .A.).

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen (Bl. 82/83 d. A.).

Er hatte in erster Instanz in der Hauptsache zuletzt beantragt, die Beklagte zu gestaffelt verzinsten Zahlungen von 42.669,56 € zu verurteilen.

IV. Der Senat hat nach mündlicher Verhandlung entschieden, auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung (v. 14.10.2016, Bl. 114/119 d. A.) wird Bezug genommen.

Ergänzend wird auf die den Parteien zugestellten Hinweise des Senats vom 01.08.2016 (Bl. 94/99) und vom 20.09.2016 (Bl. 108 d. A.) verwiesen. Zuletzt wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.

Ergänzend hat der Senat folgendes festgestellt (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO):

Der Kläger macht geltend, dass ihm natürlich bewusst gewesen sei, dass er die Schadensersatzzahlungen wie Verdienst versteuern müsse. Sein Steuerberater, der sowohl das vorangegangene Urteil als auch die tatsächlichen Zahlungen der Beklagten zur Verfügung gehabt habe, habe ihm aber erklärt, dass die Versteuerung nicht anders durchgeführt werde als der Regress der Renten- und Arbeitslosenversicherung; das Finanzamt werde die Steuer direkt bei der Beklagten einziehen. Deswegen sei er davon ausgegangen, dass er sich darum nicht habe kümmern und bei der Einkommenssteuererklärung nichts habe angeben müssen (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 14.10.2016, S. 2/3 = Bl. 115/116 d. A.).

Die Beklagten bestreiten diese Behauptungen und rügen das Vorbringen als verspätet (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 14.10.2016, S. 2 = Bl. 116 d. A.).

In erster Instanz hatte der Kläger dagegen zunächst vorgetragen, seinem Steuerberater sei erst bei einem Fortbildungsseminar im Oktober 2014 klar geworden, dass die Ersatzzahlungen für entgangene steuerpflichtige Einnahmen nach § 24 Nr. 1a EStG zu versteuern seien (Klageschrift v. 09.09.2015, Bl. 5 d. A.; Anlage K 11). Danach habe der Steuerberater ihn informiert, dass die Steuererklärungen (der Jahre 2008 bis 2011) den erstatteten Nettoverdienstausfallschaden nicht enthalten hätten. Er selbst habe deswegen Ende 2014 Selbstanzeige beim Finanzamt erstattet (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 03.03.2016, S. 2 = Bl. 42 d. A.).

Die Beklagte hat dieses Vorbringen bestritten und darauf hingewiesen, dass der Kläger schon aus dem Einkommenssteuerbescheid für das Jahr 2008 habe erkennen können, dass seine zugehörige Einkommenssteuererklärung unvollständig gewesen sei (Klageerwiderung v. 05.11.2015, S. 3 = Bl. 21 d. A.). Im Übrigen war die Beklagte der Auffassung, dass sich der Kläger Versäumnisse und eine grob fahrlässige Unkenntnis seines Steuerberaters zurechnen lassen müsse (Schriftsatz v. 23.02.2016, S. 2 = Bl. 37 d. A.; v. 07.04.2016, Bl. 47/49 d. A.).

Im Berufungsverfahren hat der Kläger zunächst behauptet, als steuer(recht-)licher Laie keine Kenntnis davon gehabt zu haben, dass die vom Steuerberater gefertigten Steuererklärungen fehlerhaft und die Steuerbescheide unzutreffend seien. Er habe gerade keine Kenntnis gehabt, dass die Entschädigungsleistungen zu versteuern gewesen wären, wenn dies schon für einen Fachmann zugetroffen habe (Schriftsatz v. 03.08.2016, S. 3 = Bl. 102 d. A.). Nachfolgend ließ er vortragen, dass er zwar Kenntnis von den fehlerhaften ursprünglichen Steuerbescheiden gehabt habe, nicht jedoch dass diese aufgrund seiner unvollständigen Angaben keine nennenswerte Steuerbelastung enthalten konnten; weil die Steuererklärungen der Steuerberater abgegeben habe, habe er sie für vollständig gehalten (Schriftsatz v. 16.09.2016, S. 2/3 = Bl. 106/107 d. A.). Zuletzt wurde angeführt, der Steuerberater habe dem Kläger versichert, dass die Verdienstausfallentschädigung netto gezahlt worden und deswegen nicht steuerpflichtig sei (Schriftsatz v. 05.10.2016, S. 3 = Bl. 112 d. A.).

B. Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung der Beklagten ist in der Sache uneingeschränkt erfolgreich.

I. Das Landgericht hat die streitgegenständlichen Schadensersatzansprüche des Klägers gegen die Beklagte zu Unrecht zuerkannt. Vielmehr hätte deren (dauerndes) Leistungsverweigerungsrecht (§ 214 I BGB) aufgrund der wirksam erhobenen Verjährungseinrede (BGH NJW 2015, 2190) berücksichtigt werden und zu einer entgegen gesetzten Entscheidung führen müssen.

a) Die streitentscheidende sachlich-rechtliche Frage der Verjährung richtet sich nach folgenden Grundsätzen, wonach die klägerischen Ansprüche verjährt sind.

1. Die - grundsätzlich nicht bestrittenen - Ansprüche des Klägers auf Erstattung der Einkommenssteuer für die Jahre 2008 bis 2011 und der Kirchensteuer für die Jahre 2008 bis 2010 verjähren nach einer Verjährungsfrist von drei Jahren (§§ 197 I Nr. 3, II; 195 BGB). Bei einem Feststellungsurteil über regelmäßig wiederkehrende Leistungen, das ganz allgemein die Ersatzpflicht des Schädigers ausspricht (EU 3 = Bl. 53 d. A.), unterliegen der dreißigjährigen Verjährung des § 197 I Nr. 3 BGB alle Ansprüche, die bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft fällig geworden sind. Die danach fällig werdenden oder schon fällig gewordenen unterliegen der Regelverjährungsfrist des § 195 BGB (BGH NJW-RR 1989, 215).

Dies hat der Kläger zuletzt nicht mehr in Zweifel gezogen, insoweit wird auf den Hinweis des Senats (v. 01.08.2016, S. 2 = Bl. 95 d. A., Ziff. a) und den Schriftsatz des Klägers vom 16.09.2016 (S. 2 = Bl. 106 d. A.) verwiesen.

2. Entscheidend für den Verjährungsbeginn ist im Streitfall zunächst der Zeitpunkt, in dem jeweils der Anspruch entstanden ist (§ 201 S. 1, 2. Halbsatz BGB). Ausweislich des unstreitigen Tatbestand des Ersturteils (EU 3 = Bl. 53 d. A.) ist das titelbegründende Feststellungsurteil seit 08.02.2007 rechtskräftig, während die streitgegenständlichen Steuererstattungsansprüche erst danach, nämlich ab dem jeweiligen Jahresende der Jahre 2008 bis 2011 entstanden sind und überhaupt entstehen konnten.

Ansprüche entstehen (i. S. d. § 199 I Nr. 1 BGB), sobald sie erstmals geltend gemacht und notfalls im Wege der Klage durchgesetzt werden können (MüKoBGB/Grothe, 7. Aufl. 2015, § 199 Rn. 4-5; BGH NJW 1971, 979).

- Deswegen entsteht der staatliche Anspruch auf die Einkommenssteuer mit Ablauf des Veranlagungszeitraums, § 36 I EStG, der Veranlagungszeitraum entspricht dem Kalenderjahr, in welchem das Einkommen bezogen wurde, § 25 I EStG. Abgelaufen ist dieser Zeitraum jeweils für jedes Jahr mit dem letzten Tag desselben Kalenderjahres, §§ 108 I AO, 187 II 1, 188 II 2. Alt. BGB (BVerfG NJW 1987, 1749). Als Steuerschuld entstanden ist die nach § 2 VI EStG zu errechnende Einkommenssteuer (Blümich/Ettlich, Kommentar zum EStG, 131. Auflage 2016, § 36 Rn. 72, 73). Dies gilt allgemein und im Streitfall für den Kläger, weil dieser auch für die als Schadensersatz für Verdienstausfall geleisteten Beträge, § 24 Nr. 1 a EStG, einkommensteuerpflichtig ist.

- Nicht maßgeblich ist dagegen der Zeitpunkt des Einkommenssteuerbescheides, dieser Bescheid benennt, beziffert oder stellt lediglich die aus Sicht der Finanzverwaltung gültige, bereits zuvor entstandene Schuld fest (etwa BFH NJW 1989, 936; DStR 1998, 1174). Deshalb ist ohne Belang, ob der Steuerbescheid vorläufig oder endgültig ist, ob er bestandkräftig oder angefochten wurde, und ob er auf zutreffenden Tatsachengrundlagen oder Angaben beruhte. Anderenfalls könnte ein säumiger Steuerzahler das Entstehen der Steuerschuld dadurch verhindern, dass er keinerlei oder unzutreffende Einkommenssteuererklärungen abgibt; dieses Ergebnis wird allein schon durch das steuerrechtliche Sanktionensystem (Säumniszuschläge und Steuerstraf- und -bußgeldvorschriften) als unrichtig widerlegt.

- Somit sind die Steuerschulden des Klägers von 13.414,89 € zuzüglich 1.018.08 €, von 12.081,85 € zuzüglich 815,60 €, von 7.420,87 € zuzüglich 171,41 €, und von 7.746,86 € und damit die Ansprüche der Finanz- und Kirchenverwaltung jeweils mit Ablauf des 31.12.2008, 31.12.2009, 31.12.2010 und 31.12.2011 entstanden.

- Nichts anderes gilt für die Ansprüche des Klägers gegen die Beklagte auf Freistellung von dieser Steuerlast oder auf Erstattung der entrichteten Steuer. Diese Ansprüche entstanden gleichzeitig mit der Steuerschuld, wiederum ist der Erlass der berichtigten Steuerbescheide (am 07.08.2015 und 02.10.2015) nicht maßgeblich. Insbesondere ist weder von Belang, dass dem geschädigten Steuerpflichtigen erst aus dem Steuerbescheid der genaue Betrag bekannt wird, noch dass der ersatzpflichtige Schädiger bei einer Abrechnung nach der modifizierten Nettolohnmethode üblicherweise erst bei Vorlage des bestandskräftigen Steuerbescheids zur Leistung verpflichtet ist.

Ergänzend wird auf den Hinweis des Senats (v. 01.08.2016, S. 2/5 = Bl. 95/98 d. A.) Bezug genommen. Diese Rechtsauffassung scheint der Kläger nicht mehr zu bezweifeln (Schriftsatz v. 16.09.2016, S. 2/3 = Bl. 106/107 d. A., u. v. 05.10.2016, Bl. 110/112 d. A.), zumal die gegenteilige Ansicht der Gesetzeslage und höchstrichterlichen Rechtsprechung widerspräche.

Zum einen wäre der Verjährungsbeginn (§ 201 S. 1, 2. Halbsatz BGB) in den Fällen der § 197 I und II BGB völlig zufällig und nicht im Voraus festzustellen, weil bis zur Rechtskraft eines Steuerbescheides ein unabsehbarer Zeitraum vergehen kann. Überdies könnte das dann zu errechnende Verjährungsende die von der Entstehung des Anspruchs unabhängige Höchstfrist von 30 Jahren (§ 199 II BGB) überschreiten, unter Umständen könnte die Verjährung sogar erst nach deren Ablauf beginnen.

Zum anderen geht die Rechtsprechung des BGH in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass ein Schadensersatzanspruchs auch dann entstanden ist, wenn noch nicht alle Einzelheiten des Schadensumfangs, insbesondere die bezifferbare Höhe, bekannt sind (etwa BGH NJW 2014, 2342; NZG 2010, 1020; r+s 1997, 368; NJW 1981, 814). Bei gegenteiliger Auffassung wären die gerade für noch nicht bezifferbare Schadensersatzansprüche vorgesehenen Feststellungs- oder Stufenklage ohne Anwendungsbereich (BGH DStR 2005, 659; GRUR 2012, 1248).

3. Der Verjährungsbeginn wird dagegen im Streitfall nicht beeinflusst von dem Zeitpunkt, in welchem der „Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste“ (§ 199 I Nr. 2 BGB). Die gegenteilige Auffassung des Klägers und wohl auch des Erstgerichts (EU 12 = Bl. 62 d. A.), die auf die Kenntnis der Ersatzfähigkeit und als deren Voraussetzung der amtlich festgesetzten Höhe der Steuer-(nachzahlungs-)beträge abstellen, ist mit den gesetzlichen Vorschriften und der höchst- und obergerichtlichen Rechtsprechung nicht zu vereinbaren.

- Die Sondervorschrift des § 201 S. 1 BGB bestimmt für alle rechtskräftig festgestellten Ansprüche (§ 197 I Nr. 3 BGB) einen von der Grundregel des § 199 I BGB abweichenden Verjährungsbeginn (Hervorhebung des Senats), nicht etwa eine abweichende Verjährungsfrist oder umfassend abweichende Verjährungsregelungen. Dies ergibt sich bereits aus dem Wortlaut und der Überschrift der Vorschriften („Verjährungsfrist ... beginnt ...“, „Beginn der [regelmäßigen] Verjährungsfrist“), sowie der eingeschränkten Verweisung in § 201 S. 2 BGB: dort wird lediglich der fünfte Absatz des § 199 BGB einbezogen, der ausschließlich die Gleichstellung von Unterlassungsansprüchen betrifft; dagegen wird auf die allgemeine Vorschrift über den Verjährungsbeginn (§ 199 I BGB) gerade nicht verwiesen, die dessen Zeitpunkt von zwei kumulativ notwendigen tatsächlichen Voraussetzungen ableitet (Nr. 1 u. 2).

Zudem regelt § 197 BGB ausschließlich die Verjährungsfrist (nicht den Beginn dieser Frist oder sonstige Fragen der Verjährung), wie sich aus dem Wortlaut der Vorschrift und der amtlichen Überschrift ergibt („in 30 Jahren verjähren...“, „tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist“, „Dreißigjährige Verjährungsfrist“). Diese Regelung ist vollständig und abschließend auch für die streitgegenständlichen Ansprüche nach § 197 I Nr. 3, II BGB. Die Ansprüche auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen stellen keine Ansprüche eigener Art dar, sondern sind - nach Gesetzeswortlaut und -zweck - lediglich besondere Ausprägungen der bereits rechtskräftig festgestellten Ansprüche.

Die Auslegung der Vorschriften ergibt, dass der Gesetzgeber in zwei Sonderfällen (§§ 200 und 201 BGB) eine Abweichung von der Grundregel des § 199 I BGB - hinsichtlich des Verjährungsbeginns - für notwendig gehalten hat; im Fall des § 201 BGB beruht dies ersichtlich darauf, dass die - nur allgemein notwendige - Kenntnis von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners durch die rechtskräftige Feststellung der Ansprüche nicht nur ersetzt wird, sondern denkgesetzlich zwingend vorliegen muss. § 200 BGB zeigt die gleiche Verweisungstechnik, auch in dieser Vorschrift wird als maßgeblicher Zeitpunkt die Entstehung des Anspruchs - ohne Verweis auf die vergleichbare Regelung des § 199 I Nr. 1 BGB (Hervorhebung des Senats) und das Jahresultimo-Prinzip - bestimmt, während § 200 S. 2 BGB - wie § 201 S. 2 BGB - nur auf einen einzigen Absatz des § 199 BGB verweist. Hätte der Gesetzgeber die vom Kläger gewünschte Verweisung auf das gesamte Verjährungsrecht verwirklichen wollen, hätte § 197 II BGB nicht gelautet: „... tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist“, sondern lauten müssen: „gelten die allgemeinen Vorschriften zur Verjährung“. Im Übrigen hätte der Gesetzgeber in diesem Fall § 197 BGB einfacher und übersichtlicher gefasst: § 197 II BGB hätte entfallen und die Nr. 3-5 des Absatzes 1 ergänzt werden können um den Zusatz: „... soweit diese nicht künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben“. Diese Auslegung hat nicht die vom Kläger beklagte Systemwidrigkeit und Zwitterstellung des § 197 II BGB (Schriftsatz v. 05.10.2016, S. 2/3 = Bl. 111/112 d. A.) zur Folge, denn der entscheidende gesetzliche Anknüpfungspunkt für die Unterscheidung zwischen den Ansprüchen auf künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende, sowie sonstige Leistungen ist nicht die Verjährungsfrist, sondern die Art des Anspruchs und sein Entstehungszeitpunkt (BGH NJW-RR 1989, 215: „... unterliegen der dreißigjährigen Verjährung des § 218 I BGB alle Ansprüche, die bis zum Eintritt der formellen Rechtskraft fällig geworden sind, einer kürzeren Verjährung (§ 218 II BGB) die danach fällig werdenden“). Die Kürzung der Verjährungsfrist ist dagegen erst eine Folge dieser Anknüpfung.

- Die vom Kläger behauptete Kommentierung im Münchener Kommentar zum BGB (Grothe, 7. Aufl. 2015, § 201, Rn. 2) liefert nicht nur keine Bestätigung seiner Auffassung, sondern lautet gegenteilig: „Der Verweis in Satz 2 bezieht sich nicht auf § 199 I. Ebenso wenig wie in den Fällen des § 200 S. 2 setzt der Verjährungsbeginn die Kenntnismöglichkeit des Gläubigers und den Ablauf des einschlägigen Jahres voraus“ (so im Ergebnis auch BeckOK BGB/Henrich 40. Edition Stand 01.08.2016 § 201 Rn. 6). Vor diesem Hintergrund sind die Ausführungen im Schriftsatz v. 05.10.2016 (S. 2 = Bl. 111 d. A.) nicht nachvollziehbar.

Der Kläger ist einzuräumen, dass die Kommentierung von Ellenberger in Palandt (76. Aufl. 2015, § 197 Rn. 10, § 201 Rn. 1) seine Rechtsauffassung bestätigt. Sie enthält jedoch - neben einem leerlaufenden Randziffernverweis - keinerlei Begründung und keine Auseinandersetzung mit der gegenlautenden Gesetzeslage und -systematik. Die in Bezug genommene Kommentierung von Niedenführ in Soergel, Kommentar zum Bürgerliches Gesetzbuch mit Einführungsgesetz und Nebengesetzen, stammt aus der (zeitlich letzten) dreizehnten Auflage im Jahre 2000 und enthält ebenfalls keine Begründung für die apodiktisch erklärte Auffassung. Insbesondere wird in beiden Kommentaren nicht ersichtlich, wie und aus welchen Gründen aus einer Festlegung der Verjährungsfrist auf die Anwendbarkeit anderer Verjährungsregelungen geschlossen werden könne.

- Die höchst- und obergerichtliche Rechtsprechung behandelt die Streitfrage nicht ausdrücklich, den nachfolgenden Entscheidungen ist jedoch zwingend zu entnehmen, dass die Auslegung des Klägers nicht vertretbar ist. Zum ersten hat der BGH in anderem Zusammenhang entschieden, dass der Lauf der Verjährungsfrist auch dann beginnen kann, wenn der dem Grunde nach eingetretene Schaden noch nicht bezifferbar ist (BGH DStR 2005, 659). Auf den Fall des Klägers übertragen bedeutet dies, dass diesem bekannt war, dass die Beklagte die Steuerschuld zu erstatten hatte. Die Unkenntnis von deren genauer Höhe kann eine Leistungsklage (vorerst) verhindert haben, nicht jedoch eine Feststellungsklage oder Klage auf Freistellung. Wäre dagegen nach Meinung des Klägers die Kenntnis von den berichtigten Steuerbescheiden maßgeblich, verbliebe für die vom BGH ausdrücklich für geboten erachtete Feststellungsklage niemals ein Anwendungsbereich. Zum zweiten hält der BGH bei Ansprüchen, die mangels genauer Kenntnis noch nicht beziffert werden können, eine Feststellungsklage zur Hemmung der Verjährung ausdrücklich für zumutbar (BGH GRUR 2012, 1248). Zum dritten betont der BGH (für die - insoweit aber unveränderte - Rechtslage vor dem 01.01.2002), dass § 197 II BGB [§ 218 BGB a. F.] die sonst bestimmten Verjährungsfristen verdrängt, während von sonstigen Verjährungsregelungen, insbesondere dem Beginn der Verjährungsfrist, nicht die Rede ist (BGH NJW-RR 1989, 215). Zum vierten hat der BGH - ebenfalls noch für die vor dem 01.01.2002 gültige Rechtslage - entschieden, dass auch hinsichtlich des Verjährungsbeginns unterschiedliche Regelungen für das Stammrecht und die daraus fließenden weiteren Ansprüche, bei denen es sich um Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen handelt, gelten. Deshalb konnten und können Ansprüche auf wiederkehrende Leistungen bereits vor Kenntniserlangung verjährt sein (BGH, Urt. v. 10.01.2012 - VI ZR 96/11 [IBRRS 2012, 0497]). Zuletzt zeigt eine Entscheidung des Senats (VersR 1981, 169) unabweisbar, dass ein Unfallgeschädigter bereits dann einen Anspruch auf Erstattung der auf die Verdienstausfallentschädigung zu entrichtenden Einkommenssteuern hat, wenn deren Höhe noch nicht abschließend bewertet werden kann. Gerade weil die endgültigen Steuern erst dann dem Schädiger auferlegt werden können, wenn die Steuerbelastungen erfolgt ist oder sonst betragsmäßig feststeht, hat der Geschädigte bis dahin (nur) einen Freistellungsanspruch über den im Wege der Feststellung zu entscheiden ist. Wäre, wie der Kläger meint, die Kenntnis von der Höhe der Steuerlast vorauszusetzen, wäre ein solcher Freistellungs- oder Feststellungsanspruch nicht nur überflüssig, sondern unstatthaft: Seine wesentliche Aufgabe besteht darin, den Eintritt der Verjährung zu verhindern.

Ergänzend wird auf die Hinweise des Senats (v. 01.08.2016, S. 3/5 = Bl. 96/98 d. A.; v. 20.09.2016, S. 108 d. A.) Bezug genommen.

b) Überdies wären die Ansprüche des Klägers auch dann verjährt, wenn seine Rechtsauffassung zu § 199 I Nr. 2 BGB über den Beginn der Verjährungsfrist zugrunde gelegt würde. Aus der erstinstanzlichen Feststellung der entscheidungserheblichen Tatsachen (Senat, Urt. v. 31.07.2015 - 10 U 4733/14 [BeckRS 2015, 13736]; Urt. v. 24.01.2014 - 10 U 1673/13 [juris, Rz. 16]), die von den Parteien nicht beanstandet wurde und mangels offensichtlicher Lücken, Widersprüchlich oder Unrichtigkeiten für den Senat gemäß § 529 I Nr. 1 bindend sind, sowie den ergänzenden Feststellungen des Senats (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 14.10.2016, S. 2/3 = Bl. 115/116 d. A.) folgt zwingend, dass der Kläger Kenntnis von den die Ansprüche begründenden Umständen bereits in dem Zeitpunkt hatte, in welchem er unrichtige Steuererklärungen abgegeben hat.

1. Diese Tatsache hat der Kläger zuletzt in mündlicher Verhandlung vor dem Senat mit den Worten eingeräumt, ihm sei klar gewesen, dass er auf die Verdienstausfallentschädigung Einkommenssteuer zahlen müsse. Soweit er zuvor Gegenteiliges behauptet hatte und auf entsprechende Zusicherungen seines Steuerberaters vertraut haben wollte, war dies unter Berücksichtigung sämtlicher Umstände des Einzelfalls nicht nachvollziehbar und nicht glaubhaft. Aus der als Abrechnungsform gewählten modifizierten Nettolohnmethode, den jährlichen Zahlungen der Beklagten, den von ihm selbst unterzeichneten Steuererklärungen und vor allem den Steuerbescheiden war offensichtlich, und damit für jeden durchschnittlich sorgfältigen Steuerpflichtigen erkennbar, dass einerseits nicht nur von ihm keine Einkommenssteuer verlangt worden, sondern auch dass die Einkommenssteuer insgesamt aus einem weitaus niedrigeren Einkommen ermittelt und festgesetzt worden war als tatsächlich erzielt. Andererseits war nicht ersichtlich und offensichtlich ausgeschlossen, dass diese - Erwerbseinkünfte ersetzende - Leistungen der Beklagten nicht der Einkommenssteuer unterlägen.

2. Soweit der Kläger nun behaupten möchte, er sei aufgrund der Belehrungen seines Steuerberaters davon ausgegangen, diese Entschädigungszahlungen in den Steuererklärungen nicht angeben zu müssen, weil das Finanzamt die Steuern aus den vom Steuerberater zu übersendenden Unterlagen selbst ermitteln und bei der Beklagten einziehen werden, kann dies nicht berücksichtigt werden. Diese erstmalige und vom bisherigen Tatsachenvortrag abweichende Schilderung wurde von der Beklagten zulässigerweise bestritten (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 14.10.2016, S. 3 = Bl. 116 d. A.), während der Kläger sich jegliche Erörterung und Begründung versagt, warum er diese aus seiner Sicht entscheidungserheblichen Tatsachen nicht schon in erster Instanz, oder jedenfalls innerhalb der Berufungserwiderungsfrist (Bl. 94 d. A.) geltend gemacht habe. Deswegen ist ein unverständlich nachlässiges Prozessverhalten festzustellen, welches die erforderliche, von einem vernünftigen und auf sachgerechte Wahrung seiner Interessen bedachten Prozessbeteiligten zu fordernde Sorgfalt in ungewöhnlich großem Maße verletzt und dasjenige nicht beachtet, was im Streitfall jedem hätte einleuchten müssen. Mangels ersichtlicher oder auch nur denkbarer Ursachen kann das Versäumnis nur auf grober Nachlässigkeit beruhen, so dass der Kläger im Berufungsverfahren mit diesem neuen Vorbringen ausgeschlossen ist (§ 531 II 1 Nr. 3 ZPO).

3. Zudem hätte dieses Vorbringen, für welches Beweis nicht einmal angeboten wurde, auch bei rechtzeitigem Sachvortrag nicht zugrunde gelegt werden können, weil sich der Senat von dessen Wahrheit nicht mit dem nach § 286 I 1 ZPO gebotenen Beweismaß hätte überzeugen können. Der Kläger unterlässt jegliche Aufklärung und prüfbare Begründung, warum er seinen Sachvortrag gewechselt und ursprünglich abweichende Tatsachen vorgetragen hatte, die das jetzige Vorbringen denkgesetzlich ausschließen. Deswegen könnte und müsste der Senat - wie allgemein in vergleichbaren Fällen - derartige Ungereimtheiten im Rahmen der Tatsachen- und Beweiswürdigung berücksichtigen (etwa BGH NJW-RR 2000, 208), insbesondere als Anpassung an die jeweilige Rechts- und Beweislage verstehen, so dass dem Sachvortrag deswegen keine Überzeugungskraft zuzumessen wäre (OLG Hamm, Urt. v. 08.06.2006 - 18 U 163/05 [juris, Rz. 90]; Senat, Urt. v. 14.03.2014 - 10 U 679/13 [juris, Rz. 52]), die - angesichts vollständig fehlender Beweismittel und gegenlautender Unterlagen (Anlage K 11) - nicht ausreichen, um die anspruchsbegründenden Tatsachen für festgestellt zu erachten. Dies gilt umso mehr, als der Kläger keine Erklärung bietet, wie die Finanzverwaltung, die die Einkommensteuer, insbesondere für zusammenveranlagte Ehegatten nur einheitlich errechnen kann, eine getrennte Steuer von der Beklagten überhaupt hätte erheben können. Diese Unklarheiten verstärken sich bei der Kirchensteuer, denn diese bezieht ihre Besteuerungsgrundlagen ausschließlich von der Finanzverwaltung und kann die Kirchensteuer nur einheitlich für das gesamte Einkommen des Steuerpflichtigen festsetzen.

II. Soweit der Kläger Tatsachenfeststellungen und Rechtsausführungen des Senats zur Tätigkeit seines Steuerberaters vermisst (Schriftsatz v. 16.09.2016, S. 3 = Bl. 107 d. A.; v. 05.10.2016, S. 3 = Bl. 112 d. A.), ist lediglich eine Klarstellung veranlasst:

Das Vertragsverhältnis des Klägers zu seinem Steuerberater ist nicht Gegenstand des Rechtsstreits, weil dieser weder als Partei, noch als Streithelfer beteiligt wurde. Insofern ist unrichtig, dass der Senat „herausarbeiten“ müsste, ob eine Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis des Steuerberaters vorläge und dem Kläger zuzurechnen wäre (Bl. 107 d. A.). Selbstverständlich haben Steuerberater ihre Mandanten grundsätzlich richtig, vollständig und dem Gesetz und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung entsprechend zu beraten, und auf vollständige und wahrheitsgemäße Steuererklärungen hinzuwirken. Im Streitfall fehlen jedoch sowohl Anlass, als auch tatsächliche Möglichkeiten, etwaige Versäumnisse oder Fehler des klägerischen Steuerberaters zu untersuchen und zu klären. Auch der Hinweis des Senats (v. 01.08.2016, S. 4/5 = Bl. 97/98 d. A.) kann nicht in dem Sinne missverstanden werden, dass eine Abschichtung der Pflichten des Klägers von denen seines Steuerberaters erfolgt sei. Soweit von den Pflichten des Klägers gesprochen wird, betreffen diese ersichtlich diejenigen im Zivilrechtsstreit und gegenüber der Steuerverwaltung. Inwieweit daran der Steuerberater beteiligt ist, kann sich erst aus deren Vertragsverhältnis ergeben.

III. Die Kostenentscheidung beruht für beide Rechtszüge auf § 91 I ZPO. Bei richtiger Entscheidung des Rechtsstreits wäre der Kläger auch in erster Instanz vollständig unterlegen.

IV. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 S. 1 ZPO.

V. Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben, denn weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (BVerfG NJW 2014, 2417 [2419, Tz. 26-32]; BGH NJW-RR 2014, 505) noch die Fortbildung des Rechts (BVerfG a. a. O. Tz. 33) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BVerfG a. a. O. [2420, Tz. 34]; BGH NJW 2003, 1943) erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung betrifft einen Einzelfall, der grundlegende Rechtsfragen nicht aufwirft, und weicht von höchstrichterlicher Rechtsprechung nicht ab.

Eine grundsätzliche Bedeutung hätte nach ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH NJW-RR 2014, 505) eine Aufbereitung erfordert, aus welchen Gründen, in welchem Umfang und von welcher Seite die aufgeworfene Frage umstritten sei, wobei naturgemäß die Auffassung des Klägers für sich allein, aber auch eine Kommentarzeile ohne Begründung nicht ausreichend sein können. Eine grundsätzliche Bedeutung wäre nur dann gegeben, wenn die Rechtssache eine entscheidungserhebliche, klärungsbedürftige und klärungsfähige Rechtsfrage aufwirft, die sich in einer unbestimmten Vielzahl von Fällen stellen kann und deswegen das abstrakte Interesse der Allgemeinheit an der einheitlichen Entwicklung und Handhabung des Rechts berührt, die allgemein von Bedeutung ist. Klärungsbedürftig ist eine Rechtsfrage dann, wenn ihre Beantwortung zweifelhaft ist, weil sie vom BGH noch nicht entschieden ist und (sic!) in der obergerichtlichen Rechtsprechung unterschiedlich beurteilt wird oder wenn sie im Schrifttum in gewissem Umfang umstritten ist. Derartige Unklarheiten werden nicht dargelegt und sind auch nicht ersichtlich. Der Streitfall bildet schon deswegen eine seltene Ausnahme, weil Ersatzansprüche deswegen nicht geltend gemacht wurden, ja nicht einmal geltend gemacht werden konnten, weil gegenüber der Steuerverwaltung unrichtige Angaben gemacht worden waren.

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Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Okt. 2016 - 10 U 2269/16 zitiert 11 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 199 Beginn der regelmäßigen Verjährungsfrist und Verjährungshöchstfristen


(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem1.der Anspruch entstanden ist und2.der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des S

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 195 Regelmäßige Verjährungsfrist


Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 197 Dreißigjährige Verjährungsfrist


(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,1.Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,2.Herausgabeansprüche

Einkommensteuergesetz - EStG | § 24


Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch 1. Entschädigungen, die gewährt worden sind a) als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oderb) für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteili

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 201 Beginn der Verjährungsfrist von festgestellten Ansprüchen


Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des An

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 200 Beginn anderer Verjährungsfristen


Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

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Oberlandesgericht München Endurteil, 14. Okt. 2016 - 10 U 2269/16 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).

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Oberlandesgericht München Endurteil, 31. Juli 2015 - 10 U 4733/14

bei uns veröffentlicht am 31.07.2015

Tenor Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 35.000,- € festgesetzt. Gründe A. Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, wobei sie nun

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Zu den Einkünften im Sinne des § 2 Absatz 1 gehören auch

1.
Entschädigungen, die gewährt worden sind
a)
als Ersatz für entgangene oder entgehende Einnahmen oder
b)
für die Aufgabe oder Nichtausübung einer Tätigkeit, für die Aufgabe einer Gewinnbeteiligung oder einer Anwartschaft auf eine solche;
c)
als Ausgleichszahlungen an Handelsvertreter nach § 89b des Handelsgesetzbuchs;
2.
Einkünfte aus einer ehemaligen Tätigkeit im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 bis 4 oder aus einem früheren Rechtsverhältnis im Sinne des § 2 Absatz 1 Satz 1 Nummer 5 bis 7, und zwar auch dann, wenn sie dem Steuerpflichtigen als Rechtsnachfolger zufließen;
3.
Nutzungsvergütungen für die Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke sowie Zinsen auf solche Nutzungsvergütungen und auf Entschädigungen, die mit der Inanspruchnahme von Grundstücken für öffentliche Zwecke zusammenhängen.

Die regelmäßige Verjährungsfrist beträgt drei Jahre.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Die Verjährungsfrist von Ansprüchen, die nicht der regelmäßigen Verjährungsfrist unterliegen, beginnt mit der Entstehung des Anspruchs, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

Die Verjährung von Ansprüchen der in § 197 Abs. 1 Nr. 3 bis 6 bezeichneten Art beginnt mit der Rechtskraft der Entscheidung, der Errichtung des vollstreckbaren Titels oder der Feststellung im Insolvenzverfahren, nicht jedoch vor der Entstehung des Anspruchs. § 199 Abs. 5 findet entsprechende Anwendung.

(1) Die regelmäßige Verjährungsfrist beginnt, soweit nicht ein anderer Verjährungsbeginn bestimmt ist, mit dem Schluss des Jahres, in dem

1.
der Anspruch entstanden ist und
2.
der Gläubiger von den den Anspruch begründenden Umständen und der Person des Schuldners Kenntnis erlangt oder ohne grobe Fahrlässigkeit erlangen müsste.

(2) Schadensersatzansprüche, die auf der Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit oder der Freiheit beruhen, verjähren ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.

(3) Sonstige Schadensersatzansprüche verjähren

1.
ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an und
2.
ohne Rücksicht auf ihre Entstehung und die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Begehung der Handlung, der Pflichtverletzung oder dem sonstigen, den Schaden auslösenden Ereignis an.
Maßgeblich ist die früher endende Frist.

(3a) Ansprüche, die auf einem Erbfall beruhen oder deren Geltendmachung die Kenntnis einer Verfügung von Todes wegen voraussetzt, verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in 30 Jahren von der Entstehung des Anspruchs an.

(4) Andere Ansprüche als die nach den Absätzen 2 bis 3a verjähren ohne Rücksicht auf die Kenntnis oder grob fahrlässige Unkenntnis in zehn Jahren von ihrer Entstehung an.

(5) Geht der Anspruch auf ein Unterlassen, so tritt an die Stelle der Entstehung die Zuwiderhandlung.

(1) In 30 Jahren verjähren, soweit nicht ein anderes bestimmt ist,

1.
Schadensersatzansprüche, die auf der vorsätzlichen Verletzung des Lebens, des Körpers, der Gesundheit, der Freiheit oder der sexuellen Selbstbestimmung beruhen,
2.
Herausgabeansprüche aus Eigentum, anderen dinglichen Rechten, den §§ 2018, 2130 und 2362 sowie die Ansprüche, die der Geltendmachung der Herausgabeansprüche dienen,
3.
rechtskräftig festgestellte Ansprüche,
4.
Ansprüche aus vollstreckbaren Vergleichen oder vollstreckbaren Urkunden,
5.
Ansprüche, die durch die im Insolvenzverfahren erfolgte Feststellung vollstreckbar geworden sind, und
6.
Ansprüche auf Erstattung der Kosten der Zwangsvollstreckung.

(2) Soweit Ansprüche nach Absatz 1 Nr. 3 bis 5 künftig fällig werdende regelmäßig wiederkehrende Leistungen zum Inhalt haben, tritt an die Stelle der Verjährungsfrist von 30 Jahren die regelmäßige Verjährungsfrist.

Tenor

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 35.000,- € festgesetzt.

Gründe

A.

Die Klägerin macht gegen die Beklagten Ansprüche auf Schadensersatz aus einem Verkehrsunfall geltend, wobei sie nun ein Mitverschulden von 30 Prozent einräumt. Sie verlangt ein verzinstes angemessenes Schmerzensgeld, beziffert mit mindestens 14.000,- €, sowie die Feststellung der Ersatzpflicht für jegliche künftige materielle Schäden zu 70 Prozent, für künftige immaterielle Schäden unter Berücksichtigung eines Mitverschuldens von 30 Prozent.

Zugrunde liegt ein Zusammenstoß am 23.05.2011 gegen 15.20 Uhr zwischen der damals elfjährigen Klägerin als Tretrollerfahrerin und dem bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw VW Polo, amtliches Kennzeichen EBE - …, zum Unfallzeitpunkt gefahren von der Beklagten zu 1). Der Unfall ereignete sich auf der A.-Straße in F., bei Kilometer 0.274 oder Abschnitt 740. Die Klägerin wurde vom Fahrzeug der Beklagten erfasst, als sie versuchte, vom in Fahrtrichtung der Beklagten zu 1) rechten Gehweg kommend auf Höhe einer Überquerungshilfe die Straße nach links zu überqueren. Sie wurde schwer verletzt und macht heute noch bestehende Beeinträchtigungen aufgrund der Unfallfolgen, insbesondere eine therapiebedürftige posttraumatische Depression, geltend. Hinsichtlich des Parteivortrags und der tatsächlichen Feststellungen erster Instanz wird auf das angefochtene Urteil vom 06.11.2014 (Bl. 71/78 d. A.) Bezug genommen (§ 540 I 1 Nr. 1 ZPO).

Das Landgericht München I hat nach Beweisaufnahme die Klage vollständig abgewiesen, weil die Beklagte zu 1) den Unfall nicht zu vertreten habe und selbst die Betriebsgefahr des Fahrzeugs hinter dem groben Mitverschulden der Klägerin zurücktrete. Hinsichtlich der Erwägungen des Landgerichts wird auf die Entscheidungsgründe (Bl. 75/78 d. A.) des angefochtenen Urteils verwiesen.

Gegen dieses ihr am 13.11.2014 zugestellte Urteil hat die Kläger mit beim Oberlandesgericht München am 15.12.2014 eingegangenen Schriftsatz vom gleichen Tag Berufung eingelegt (Bl. 88/89 d. A.) und diese mit Schriftsatz vom 13.01.2015, eingegangen am gleichen Tag, begründet (Bl. 93/99 d. A.).

Die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des angefochtenen Urteils,

- die Beklagten samtverbindlich zu verurteilen, an die Klägerin ein angemessenes Schmerzensgeld, mindestens jedoch 14.000,- €, zu bezahlen, nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 12.03.2012,

- die Beklagten samtverbindlich zu verurteilen, an die Klägerin vorgerichtliche Rechtsanwaltskosten in Höhe von 1.698,13 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 08.03.2012 zu bezahlen,

- festzustellen, dass die Beklagten als Gesamtschuldner verpflichtet sind, der Klägerin jeden weiteren materiellen Schaden aus dem Unfallereignis vom 23.05.2011 in Feldkirchen zu 70 Prozent zu ersetzen, jeden weiteren immateriellen Schaden unter Berücksichtigung ihres Mitverschuldens von 30 Prozent, jeweils soweit die Ansprüche nicht auf Sozialversicherungsträger oder sonstige Dritte übergehen oder übergegangen sind.

Die Beklagten beantragen,

die Berufung zurückzuweisen.

Der Senat hat gemäß Beschluss vom 18.06.2015 mit Zustimmung der Parteien schriftlich entschieden, § 128 II ZPO (Bl. 118/119); als Zeitpunkt, bis zu dem Schriftsätze eingereicht werden können, wurde zuletzt mit Beschluss vom 10.07.2015 der 24.07.2015 bestimmt (Bl. 121/122 d. A.). Die Klägerin hat ergänzend hilfsweise beantragt, das angefochtene Urteil aufzuheben und den Rechtsstreit zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Erstgericht zurückzuverweisen (Schriftsatz v. 15.06.2015, Bl. 117 d. A.), die Beklagten haben sich dem angeschlossen (Schriftsatz v. 15.06.2015, Bl. 112/116 d. A.).

Ergänzend wird auf die vorgenannte Berufungsbegründungsschrift, die Berufungserwiderung vom 15.06.2015 (Bl. 112/116 d. A.) und die Hinweisverfügung des Senatsvorsitzenden vom 12.05.2015 (Bl. 100/110 d. A.) Bezug genommen.

B.

Die statthafte, sowie form- und fristgerecht eingelegte und begründete, somit zulässige Berufung hat in der Sache vorläufig Erfolg.

I.

Das Landgericht hat entschieden, dass grundsätzlich bestehende Schadensersatzansprüche der Klägerin aus straßenverkehrsrechtlicher Verschuldenshaftung (§ 18 I StVG) der bei der Beklagten zu 2) kraftfahrzeughaftpflichtversicherten Beklagten zu 1) mangels Verschuldens entfallen (EU 5, 7 = Bl. 75, 77 d. A.), und selbst die Betriebsgefahr des Fahrzeugs wegen des weit überwiegenden Mitverschuldens der Klägerin zurückzutreten habe (EU 5, 7/8 = Bl. 75, 77/78 d. A.). Das Erstgericht hat sich davon überzeugt, dass die Klägerin den Unfall und damit ihren Schaden fast ausschließlich selbst verursacht und allein verschuldet habe, weil sie als Fußgängerin unaufmerksam, überraschend und ohne nachvollziehbaren Grund die Fahrbahn der Straße überquert und dabei den dortigen Vorrang des Kraftfahrzeugverkehrs missachtet habe (EU 5/8 = Bl. 75/78 d. A.).

Diese Ergebnisse entbehren nach dem bisherigen Sach- und Streitstand angesichts einerseits lückenhafter Beweiserhebung und unzulänglicher Beweiswürdigung, andererseits fehlerhafter Rechtsanwendung einer überzeugenden oder auch nur ausreichenden Grundlage.

1. Das Ersturteil hat die für den Streitgegenstand entscheidungserheblichen Tatsachen (unstreitiger Tatbestand einerseits, BGH NJW 2011, 3299 [3300]; WM 2011, 309; OLG Rostock, MDR 2011, 217, Beweisaufnahme und Beweiswürdigung andererseits, Senat, Urt. v. 24.01.2014 - 10 U 1673/13 [juris, Rz. 16]) verfahrensfehlerhaft nicht vollständig festgestellt. Deswegen weist die Tatsachenfeststellung offensichtliche Lücken, Widersprüche oder Unrichtigkeiten auf, so dass der Senat nicht nach § 529 I Nr. 1 ZPO gebunden (BGH NJW 2005, 1583 [1585]), und eine erneute Sachprüfung eröffnet ist. Die Klägerin liefert - wenigsten zum Teil - konkrete Anhaltspunkte (BB 4/6 = Bl. 96/98 d. A.), die Zweifel an der Richtigkeit und Vollständigkeit der Beweiserhebung und -würdigung wecken (BGH r + s 2003, 522), im Übrigen offenbaren sich Mängel aufgrund der vom Senat von Amts wegen vorzunehmenden (so etwa BGH [V. ZS] NJW 2004, 1876; [VI. ZS] NJW 2014, 2797 ohne nähere Begründung) Überprüfung.

a) Die Beweiserhebung des Erstgerichts zu beanstanden, weil eine umfassende und sachgerechte Aufklärung des Unfallgeschehens (BGH NJW-RR 2011, 428, [429, Rn. 9]; NZV 2000, 504; NJW 2004, 1871; NJW 2009, 2604 [2605 ]; Senat, Urt. v. 14.03.2014 - 10 U 2996/13 [juris]; v. 27.01.2012 - 10 U 3065/11 [juris]; v. 10.02.2012 - 10 U 4147/11 [juris]) unterblieben ist, und somit gegen die Verpflichtung verstoßen wurde, den zur Entscheidung unterbreiteten Sachverhalt auszuschöpfen und sämtlichen Unklarheiten, Zweifeln oder Widersprüchen von Amts wegen nachzugehen (BGH NJW 2009, 2604; NJW-RR 2011, 428).

aa) Das Erstgericht hat zum Haftungsgrund Beweis erhoben durch Erholung eines unfallanalytischen Gutachten (Beweisbeschluss v. 04.07.2013, Bl. 32 d. A.), sowie durch Vernehmung der Zeugen Marlene E. und Josef L. (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 06.02.2014, S. 3-5 = Bl. 47/49 d. A.; EU 4 = Bl. 74 d. A.). Darüber hinaus wurde, durchaus sachgerecht, die persönliche Anhörung der Klägerin und der Beklagten zu 1) gemäß § 141 I, II ZPO durchgeführt (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 06.02.2014, S. 2/3 = Bl. 46/47 d. A.). Angesichts der grundsätzlichen Bedeutung der Parteianhörung in Schadensersatzfällen (BGH NJW 2015, 74), insbesondere wenn der Ablauf eines Verkehrsunfalls streitig ist (BGH NJW 2013, 2601 [2602 [10, 11]]), sind die Befragungen jedoch zu kursorisch geraten und klären entscheidende Umstände des Unfalls nicht.

- Hinsichtlich der Klägerin wäre die gesamte Annäherung an die Unfallstelle vom Ort des Fahrtbeginns, das beabsichtigte Fahrtziel und das Fahrverhalten, insbesondere auf dem Gehweg ab dem Kreisverkehr, zu erfragen, und mit den Angaben der Beklagten zu 1) und der Zeugin Marlene E. abzugleichen gewesen. Zudem wäre durch Vorhalte zu klären gewesen, wie die Klägerin angehalten und die Fahrbahn beobachtet, und dennoch geglaubt haben will, die Fahrbahn ohne Gefahr überschreiten zu können. Zuletzt wären Größe und Gewicht zum Unfallzeitpunkt zu ermitteln gewesen (die in Rücksicht auf die mündliche Verhandlung „heutigen“ Daten (Bl. 47 d. A.) sind weniger wichtig), weil diese entscheidende Anknüpfungspunkte für die Berechnungen des Sachverständigen bildeten.

- Die Angaben der Beklagten zu 1) enthalten einen nicht aufgelösten Widerspruch, soweit sie „ca. 30 bis 50 Meter vor der späteren Unfallstelle … zum ersten Mal bewusst die Kinder … gesehen habe“, andererseits erklärt hatte, „… zu dem Zeitpunkt, als ich die Kinder zum ersten Mal gesehen habe, waren sie ca. 10 Meter vor meinem Fahrzeug“. Auch insoweit wäre eine vollständige Beschreibung der Annäherung sowohl der Kinder, als auch der Beklagten zu 1) selbst an die spätere Unfallstelle ab dem Zeitpunkt des Verlassens des Kreisverkehrs notwendig gewesen, zumal, wie aus den Lichtbildern ersichtlich, Fahrbahn und Gehweg übersichtlich sind und wegen des Gefälles höhere Geschwindigkeiten und verlängerte Bremswege entstehen können. Dies gilt umso mehr, als sich die Beklagte zu 1) in der gegen die Klägerin geführten Unfallanzeige durchaus als Zeugin geäußert und eine Vorgangsschilderung abgegeben hat, die hinsichtlich der Einzelheiten noch ungenauer als die gerichtliche Darstellung ist, und mangelnde Beobachtung und Aufmerksamkeit nicht ausgeschlossen erscheinen lässt (Ermittlungsakten, Bl. 24 d. A.). Zuletzt wäre klärungsbedürftig gewesen, welche Vorstellungen sich die Beklagte zu 1) hinsichtlich der für jeden Verkehrsteilnehmer klar erkennbaren Verkehrsinsel mit Überquerungshilfe gemacht hat, und anhand welcher Umstände sie die die Annahme getroffen hat, die Klägerin werde diesen Weg nicht wählen. Nach vorläufiger Einschätzung des Senats sprach jedenfalls keine höhere Wahrscheinlichkeit dafür, dass die Klägerin auf dem Gehweg geradeaus weiterfahren werde, als dass sie die Straßenseite werde wechseln wollen.

- Damit wurde dem Gutachter und dem Gericht die Möglichkeit genommen, die jeweilige unmittelbare Unfalldarstellung zu erweitern und zu präzisieren, die Parteien ergänzend zu befragen und weitere Anknüpfungspunkte zu gewinnen. Weiterhin wurde die Verpflichtung eingeschränkt, das Gutachten von Amts wegen auf seine Vollständigkeit und Richtigkeit zu überprüfen, und mit den Schilderungen der Parteien abzugleichen.

bb) Das Erstgericht hat die Ermittlungsakten (455 Js 165967/11 d. Staatsanwaltschaft München I) beigezogen (EU 4 = Bl. 74 d. A.), jedoch nur unzulässig summarisch (BGH LM § 295 ZPO Nr. 9 = BeckRS 1954, 31397883) darauf Bezug genommen. Deswegen ist nicht erkennbar, ob eine Partei sich auf welche bestimmte Urkunden bezogen hat, und welche Aktenbestandteile wie verwertet wurden. Dies wäre jedoch schon deswegen klärungsbedürftig gewesen, weil eine Unfallschilderung der Beklagten zu 1) vorliegt (Bl. 24 d. A. 455 Js 165967/11), die vorzuhalten gewesen wäre.

cc) Das in erster Instanz erstellte unfallanalytische Sachverständigengutachten (Bl. 56 d. A.) berücksichtigt die für die Klägerin und gegen die Beklagten wirkende Anscheinsbeweislage nicht und klärt deswegen entscheidungserhebliche Fragen nicht sachgerecht.

Zum Ersten hätte der Sachverständige zunächst jegliche für die Klägerin günstigsten Daten und Werte zugrunde legen müssen, denn mit dem Sachvortrag einer Unfallschädigung eines Kindes im Straßenverkehr hat die Klägerin ausreichende, sowie vorliegend unstreitige Tatsachen vorgetragen, die eine Anscheinsbeweislage begründen. Diese wäre als Element der Beweiswürdigung von Amts wegen zu berücksichtigen (etwa Senat, Urt. v. 14.02.2014 - 10 U 2815/13 [juris]; v. 14.03.2014 - 10 U 4774/13 [juris]; v. 25.04.2014 - 10 U 1886/13 [juris]), so dass die Beklagten damit belastet gewesen wären, diesen Anscheinsbeweis zu entkräften oder zu „erschüttern“ durch Darlegung einer ernsthaften Möglichkeit eines anderen als des erfahrungsgemäßen Geschehensablaufs (BGH DAR 1985, 316), dessen Tatsachen unstreitig oder bewiesen sein müssten (BGH NJW 1953, 584).

Zum Zweiten errechnet der Sachverständige die höchstmögliche Ausgangsgeschwindigkeit der Beklagten zu 1) von 43 km/h mittels einer Reaktionsverzögerung von 0,8 Sekunden aufgrund der Annahme, die Beklagte zu 1) habe erst zum Zeitpunkt des Anstoßes reagiert. Eine derartige Annahme wirkt zugunsten der Beklagten und zulasten der Klägerin, was nach den Anscheinsbeweisregeln nicht statthaft ist. Im Übrigen ist kaum vorstellbar und erklärlich, dass die Beklagte zu 1) die Annäherung der Klägerin überhaupt nicht wahrgenommen habe, es sei denn, sie hätte auf Kinder auf dem Gehweg überhaupt nicht mehr geachtet. Rechnet man beispielsweise mit einer um 0,4 Sekunden früheren Reaktion der Beklagten zu 1), kann unter sonst gleichen Umständen eine Ausgangsgeschwindigkeit von 52 km/h nicht ausgeschlossen werden.

Zum Dritten hat der Sachverständige zur Errechnung der Kollisionsgeschwindigkeit der Klägerin Werte geschätzt, die nicht belegt sind und keine Erläuterung unter der erforderlichen Berücksichtigung günstigster Annahmen enthalten. Deswegen hätte allenfalls mit einer Annäherungsgeschwindigkeit der Klägerin von 12 km/h gerechnet werden und die Annäherungsentfernung von 3 Metern unter Beachtung einer Bogenfahrt begründet werden müssen.

Zum Vierten hätte bei der Reaktionszeit der Beklagten zu 1) von 0,8 Sekunden bedacht werden müssen, dass die angesichts der Verkehrsverhältnisse und § 3 IIa StVO zu fordernde Bremsbereitschaft zu einer deutlichen Verkürzung der Reaktionszeit führt.

Zuletzt ist weder nachvollziehbar dargelegt, wie sich die Entfernung der Beklagten zu 1) - unter Zugrundelegung für die Klägerin günstiger Werte - zum Zeitpunkt der Reaktionsaufforderung errechnet, noch warum sich ein Anhalteweg von 10,81 Metern bei einer Bremsverzögerung von 9 m/s², sowie Reaktions- und Bremsschwellzeiten von 0,8 und 0,2 Sekunden nicht aus einer Ausgangsgeschwindigkeit von 29 km/h, sowie bei einer Reaktionszeit von 0,5 Sekunden nicht aus einer Ausgangsgeschwindigkeit von 34 km/h ergibt (s. OLG Hamm NZV 2006, 151: ggfs. auch 35 km/h nicht ausreichend langsam; r+s 2001, 60: 20 - 25 km/h).

Deswegen ist unter Würdigung aller Gesamtumstände das Absehen von einem umfassenden, auf alle zivilrechtlichen Fragestellungen - insbesondere die Anscheinsbeweislage des § 3 IIa StVO - bezogenen unfallanalytischen Sachverständigengutachten (Senat, Urt. v. 14.03.2014 - 10 U 2996/13 [juris, dort Rz. 5-7]; v. 11.04.2014 - 10 U 4757/13 [juris, dort Rz. 45, 60]) verfahrensfehlerhaft, und schließt aus, dass die Beweiserhebung des Erstgerichts auf einer tragfähigen Tatsachengrundlage beruht (OLG München, Urt. v. 21.02.2014 - 25 U 2798/13 [juris]).

Somit ist die gesamte Beweisaufnahme unter Erholung eines unfallanalytischen Gutachtens eines anderen Sachverständigen zu wiederholen, § 538 II 1 Nr. 1 ZPO, und hierbei zu klären, ob die Beklagte zu 1) sich von dem zu vermutendem Verschulden als Fahrzeugführerin (§ 18 I 2 StVG) und von anscheinsbeweislich belegten Verstößen gegen das Gebot des Fahrens auf Sicht, das allgemeine Rücksichtnahmegebot und die besonderen Sorgfaltspflichten gegenüber Kindern entlasten kann.

b) Auch die Beweiswürdigung des Erstgerichts ist nach Auffassung des Senats nicht beanstandungsfrei.

aa) Das Ersturteil ist schon wegen der lückenhaften Beweiserhebung verfahrensfehlerhaft mit der Folge, dass eine vollständige Prüfung und Bewertung des Beweisergebnisses fehlt, und deswegen das Ersturteil nicht auf einer ordnungsgemäßen Tatsachenfeststellung fußen kann.

bb) Auch im Übrigen ist die Beweiswürdigung des Erstgerichts unzureichend, denn der Tatrichter muss erkennen lassen, dass der Parteivortrag erfasst und in Betracht gezogen wurde und eine Auseinandersetzung mit dem Beweiswert der Beweismittel erfolgt ist (Zöller/Greger a. a. O. § 286 Rz. 21). Diese Auseinandersetzung muss auch individuell und argumentativ sein (BGH NJW 1988, 566; OLG Oldenburg OLGR 1997, 206 [207 für die Würdigung eines Sachverständigengutachtens]), und „… wenigstens in groben Zügen sichtbar machen, dass die beachtlichen Tatsachen berücksichtigt und vertretbar gewertet worden sind“ (insoweit in BGHZ 126, 217, 219 nicht abgedruckt]; BAGE 5, 221 [224]; NZA 2003, 483 [484]; Senat, Beschl. v. 25.11.2005 - 10 U 2378/05 und v. 23.10.2006 - 10 U 3590/06; KG zfs 2007, 202 [204]).

- Das Ersturteil versagt sich eine vollständige Auseinandersetzung mit den widersprüchlichen Angaben der Beklagten zu 1) und den Gutachtensergebnissen (BGH NJW 2015, 411: „entsprechend dem Gebot des § ZPO § 286 ZPO mit dem Prozessstoff und den Beweisergebnissen umfassend und widerspruchsfrei auseinandergesetzt hat, die Beweiswürdigung also vollständig und rechtlich möglich ist und nicht gegen Denkgesetze und Erfahrungssätze verstößt“; MDR 1982, 212), indem die Annahmen des Sachverständigen ungeprüft übernommen und floskelhaft für zutreffend erklärt werden (EU 6 = Bl. 76 d. A.), ohne die erleichterte Beweisführung nach dem Anscheinsbeweis und die gebotene Anwendung der für die Klägerin günstigsten Anknüpfungstatsachen zu beachten.

- Deswegen und darüber hinaus wird übersehen (EU 7 = Bl. 77 d. A.), dass zum Ersten die Beklagte zu 1) schon nach eigenen Angaben die Klägerin und ihre Schwester auf dem Gehweg nicht sorgfältig und durchgängig beobachtet hat.

Zum Zweiten geht das Ersturteil nicht darauf ein, dass bereits die als Überquerungshilfe gedachte Verkehrsinsel, in Verbindung mit der abgesenkten Bordsteinkante, deutliche Hinweise auf einen beabsichtigten Wechsel der Straßenseite schafft, insbesondere wenn über das vorangegangene Fahrverhalten der Klägerin und ihrer Schwester keinerlei Feststellungen getroffen werden.

Zuletzt fehlt eine Auseinandersetzung mit der von der Beklagten zu 1) zu fordernden Bremsbereitschaft und dem gegenseitigen Annäherungsverhalten der Parteien: Wenn die Beklagte zu 1) eine Reaktionsaufforderung erhalten hat, als sie - zugunsten der Klägerin nicht ausschließbar - noch 10,8 Meter von der Unfallstelle entfernt war (EU 6 = Bl. 76 d. A.; Gutachten v. 04.07.2014, S. 13, Bl. 56 ff. d. A.), kann sie die Kinder nicht etwa 10 Meter vor ihrem Fahrzeug wahrgenommen haben, und bewusst ohne zu bremsen weitergefahren sein (Protokoll d. mdl. Verhandlung v. 06.02.2014, S. 3 = Bl. 47 d. A.). Dies gilt umso mehr, als unstreitig hinter der Klägerin deren Schwester fuhr (EU 2 = Bl. 72 d. A.), somit die Wahrnehmungsentfernung zu beiden Kindern unterschiedlich gewesen sein muss.

2. Im Übrigen hat das Landgericht auch entscheidende sachlich-rechtliche Fragen, nämlich die verkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten eines Kraftfahrzeugführers gegenüber Fußgängern und Kindern, nicht frei von Rechtsfehlern (§§ 513 I 1. Alt., 546 ZPO) beurteilt und voreilig jegliches Verschulden der Beklagten zu 1), sowie jegliche mögliche Mitverursachungsanteile der Beklagten einschließlich der Betriebsgefahr ihres Fahrzeugs, ausgeschlossen.

a) Nach den bisherigen Feststellungen sind Körper und Gesundheit der Klägerin verletzt und deren Vermögen beeinträchtigt worden. Diese Rechtsgüterverletzung geschah unstreitig beim Betrieb eines Kraftfahrzeugs, so dass ein Anspruch aus §§ 18 I, 7 StVG, 115 I 1 Nr. 1, 4 VVG, 823 BGB grundsätzlich in Betracht kommt, wie das Erstgericht zutreffend erkannt hat. Einen jegliche Haftung der Beklagten ausschließenden Fall höherer Gewalt gemäß § 7 II StVG hat das Erstgericht ebenso zutreffend ausgeschlossen.

Klarzustellen ist, dass ein Fall der Gefährdungshaftung (§ 7 I StVG) ausscheidet, weil der Fahrzeughalter nicht verklagt worden ist, und aus 18 I 2 StVG eine Beweislastumkehr zum Nachteil des Fahrzeugführers folgt.

b) Nicht zu beanstanden ist weiterhin die Annahme, dass diese Haftung anspruchsmindernd durch ein Mitverschulden der Klägerin verringert werde (EU 5, 8 = 75, 78 d. A.), das unter Würdigung aller Gesamtumstände als erheblich einzustufen sei. Die Klägerin räumt eine gewichtige Missachtung wesentlicher Verkehrsvorschriften ein (BB 2 = Bl. 94 d. A.), wer als Fußgängerin (oder Tretrollerfahrerin) Fahrbahnen ohne Beachtung des Straßenverkehrs überquert (§ 25 III 1 StVO), handelt in erheblichem, nicht mehr nachvollziehbarem Umfang unsorgfältig und verantwortungslos (BGH NJW 2000, 3069: „besondere Vorsicht“; NJW 1984, 50), weil das Achten auf bevorrechtigte Fahrzeuge eine elementare Grundregel des Straßenverkehrs darstellt, die jedem Fußgänger, der eine Straße überschreiten will, einleuchten muss (OLG Hamm NZV 1993, 314; NZV 2001, 41; OLG Koblenz NZV 2012, 177; KG VersR 1981, 332; NZV 2004 579; OLG Celle MDR 2004, 994; OLG Bremen VersR 66, 962; OLG Düsseldorf VRS 56, 2). Dies gilt auch für Kinder unter der Voraussetzung ihrer - im Streitfall nicht zweifelhaften - zur Erkenntnis der Verantwortung erforderlichen Reife (OLG Hamm NZV 1990, 473; NZV 1991, 69; NZV 2006, 151; OLG Hamburg NJOZ 2008, 2792; OLG Karlsruhe NZV 2012, 596). Ein Fußgänger müsste sich sogar auf einem Fußgängerüberweg (§ 26 StVO) oder bei Grünlicht einer für ihn geschalteten Lichtzeichenanlage vergewissern, dass er die Fahrbahn gefahrlos überschreiten kann, ein Erzwingen des Vorrechts kann zu einem Mitverschulden führen (BGH VersR 1983, 667; NJW 1966, 1211).

c) Unzutreffend sind dagegen die Annahmen des Erstgerichts, erstens treffe die Beklagte zu 1) lediglich die Pflicht, die zulässige Höchstgeschwindigkeit zu beachten (EU 6/7 = Bl. 76/77 d. A.), zweitens könnten Sorgfaltspflichtverletzung und Verschulden der Beklagten zu 1) ausgeschlossen oder als nicht erweislich angesehen werden (EU 7 = Bl. 77 d. A.), weil sie Vorfahrt gehabt habe und keinerlei äußerlich sichtbaren Umstände darauf hingedeutet haben, dass die Klägerin die Fahrbahn überqueren wolle oder als Kind wegen drohenden verkehrswidrigen Verhaltens besonders schutzwürdig gewesen sei. Überdies kann ein selbst die Betriebsgefahr vollständig aufzehrendes Mitverschulden der Klägerin nicht ohne Würdigung aller Gesamtumstände, insbesondere der genauen Klärung des Unfallhergangs (BGH NJW 2014, 217, [8]: „Mangels ausreichender Feststellungen zum Unfallhergang ergibt sich ein derart überwiegendes Mitverschulden der Klägerin am Zustandekommen des Unfalls nicht bereits daraus, dass diese … unter Verstoß gegen … § 25 … § 25 III StVO die Straße überquerte, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten“) und des Verhaltens der Fahrzeugführerin, begründet und bewertet werden (EU 7/8 = Bl. 77/78 d. A.).

aa) Vielmehr bestimmen sich die straßenverkehrsrechtlichen Sorgfaltspflichten eines Kraftfahrers gegenüber Fußgängern, die die Fahrbahn überqueren wollen, nach folgenden Grundsätzen, hinsichtlich der Einzelheiten wird auf die Hinweise des Senatsvorsitzenden (v. 12.05.2015, S. 1/5 = Bl. 100/105 d. A.) verwiesen:

- Der Kraftfahrzeugverkehr ist gegenüber Fußgängern bevorrechtigt (§ 25 III StVO), sofern nicht ein Fußgängerüberweg (§§ 25 III 1, 41 I StVO, Anlage 2, Zeichen 293) vorliegt (§ 26 I StVO). Eine in der Straßenverkehrsordnung nicht geregelte Überquerungs- oder Querungshilfe (BGH NZV 1998, 369), wie die unstreitig von der Klägerin genutzte Verkehrsinsel in der A.-Straße in F., stellt keinen Fußgängerüberweg im Rechtssinne dar und beeinflusst das Vorrangverhältnis nicht (König, NZV 2008, 492 ff, [494 unter IV.]; Hentschel/König, Straßenverkehrsrecht, 42. Aufl. 2013, § 26, Rn. 10).

- Dennoch hat der Kraftfahrer die allgemeinen Verkehrsregeln zu beachten, insbesondere Geschwindigkeitsvorschriften (§§ 3 III, I StVO; BGH NJW 1992, 1459; OLG Düsseldorf NZV 1994, 70), aber auch das Sichtfahrgebot (BGH NJW 1984, 50 ff. [51 unter 2. c)]), und das Rücksichtnahmegebot (§ 1 II StVO). In diesem Rahmen hat er den gesamten Verkehrsraum, auch bezüglich auf den Gehwegen gehender oder stehender Fußgänger, sorgfältig zu beobachten (OLG Hamm NZV 2000, 371 ff. [372 unter 3. a)]; KG VRS 100, 269 = BeckRS 2001, 00140; BGH VersR 66, 736; OLG Düsseldorf, NZV 2002, 90; OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.06.2009 - 1 U 79/09 [juris]), sowie rechtzeitig und richtig auf etwaige Fehler anderer Verkehrsteilnehmer zu reagieren (BGH NJW-RR 1991, 347; OLG Hamm NZV 1993, 314; KG VRS 100, 269). Bei unachtsamem Verhalten eines Fußgängers bestehen Brems- und Ausweichpflicht (OLG Koblenz NZV 2012, 177; OLG Hamm r+s 1989, 396 = VRS 78, 5), sowie die Notwendigkeit, die Geschwindigkeit herabsetzen, sobald der Fahrer sieht, dass ein Fußgänger die Straße betritt (OLG Düsseldorf VRS 56, 2). Letztere Verpflichtung besteht sogar bei witterungsbedingten Sichtbeeinträchtigungen (OLG Saarbrücken r+s 2010, 479; OLG Hamm r+s 1989, 396).

- Diese Verpflichtungen bestehen uneingeschränkt auch bei schweren Sorgfaltsverstößen eines Fußgänger, etwa wenn dieser die Fahrbahn trotz für ihn Rotlicht zeigender Lichtzeichenanlage in oder an der Ampelfurt überschreiten will (BGH Urt. v. 29.04.1975 - VI ZR 225/73 [juris] = VersR 1975, 858; NJW 1992, 1459; VersR 1967, 608). Angesichts dieser Verpflichtungen kommt eine Bewertung des Mitverschuldens des Fußgängers, die jegliche Haftung des Kraftfahrers ausschließt, lediglich in besonderen Ausnahmefällen und nur dann in Betracht, wenn dieser keinerlei Verkehrsverstöße begangen hat (OLG Köln NZV 2002, 369; OLG Karlsruhe, Urt. v. 23.06.2009 - 1 U 79/09 [juris]; OLG Frankfurt, Urt. v. 28.09.2010 - 10 U 1/10 [juris]; OLG Saarbrücken, Urt. v. 08.02.2011 - 4 U 200/10 - 60 [juris]; OLG Köln, Beschl. v. 19.03.2012 - I-16 U 169/11, 16 U 169/11 [juris]).

- Eine abweichende Bewertung ist im Streitfall schon deswegen nicht veranlasst, weil Sonderfälle, wie etwa ein Abwarten der Klägerin auf einer Verkehrsinsel, ein Hervortreten hinter einem Verkehrsstau (OLG Hamm NZV 2000, 371) oder eine Vernachlässigung eines naheliegenden Fußgängerüberwegs (BGH NJW 1958, 1630; NZV 1990, 150; KG VRS 100, 269; KG VM 1992, 27; i. Ü auch dort nur hälftige Haftung; OLG Hamm NZV 2000, 371; OLG Dresden NZV 2001, 378), unstreitig nicht vorliegen. Selbst wenn jedoch ein derartiger Vertrauensschutz angenommen würde, beseitigt dieser einerseits nicht die Verpflichtung, die gesamte Fahrbahn zu beobachten, um rechtzeitig auch wegen der in solchen Fällen gegebenen Abstandsverkürzung reagieren zu können (OLG Hamm, a. a. O.; BGH VersR 1966, 736; BGH VersR 1968, 897; OLG Köln VersR 1987, 513; OLG Karlsruhe NJW-RR 1987, 1249; KG VersR 1993, 201), und zwar zu dem Zeitpunkt, zu welchem der Fußgänger die Fahrbahn betritt (OLG Bremen VersR 66, 962; OLG Düsseldorf VersR 1979, 649). Andererseits setzt der genannte Vertrauensgrundsatz jedenfalls ein merkliches Verhalten des Fußgängers voraus, das die Erwartung des Kraftfahrers, ihm werde die Vorbeifahrt gestattet, stützen kann (KG VersR 1968, 259: „Blickkontakt“; OLG Karlsruhe VersR 1971, 1177; OLG Hamm r+s, 2002, 192; BGH VersR 1961, 592).

- Darüber hinaus bestehen besondere Sorgfaltspflichten gegenüber Kindern (§ 3 IIa StVO), diesen gegenüber muss sich ein Kraftfahrer, insbesondere durch Verminderung der Fahrgeschwindigkeit und durch Bremsbereitschaft, so verhalten, dass eine Gefährdung ausgeschlossen ist (BGH NJW 1994, 2829: gegenüber alten Menschen). Diese Fassung des Gesetzestextes begründet zusätzlich eine Anscheinsbeweislage, die für Kinder und gegen den Kraftfahrer streitet. Nach dem unstreitigen Tatbestand des Ersturteils (EU 2 = Bl. 72 d. A.) fuhr die zum Unfallzeitpunkt elfjährige Klägerin, mit einem Tretroller und gefolgt von ihrer achtjährigen Schwester, fahrbahnparallel auf dem Gehweg, um diesen nach links zu verlassen und die Straße an einer als Überquerungshilfe dienenden Verkehrsinsel zu überfahren. Die Klägerin ist somit wegen ihres erheblich unter dem 14. Lebensjahr liegenden Alters (OLG Hamburg NZV 1990, 71) ersichtlich in den Schutzbereich der Verkehrsvorschrift einbezogen, dagegen finden Erwägungen des Erstgerichts zur Unzumutbarkeit dieser besonderen Vorsicht (EU 8 = Bl. 78 d. A.) eine Stütze weder im Gesetz, noch in der höchstrichterlichen Rechtsprechung. Die Meinung, erhebliche, verkehrsbedingte Geschwindigkeitsverringerungen eines Kraftfahrers zum Schutz von Kindern auf dem fahrbahnnahen Gehweg könnten den Stadtverkehr beeinträchtigen und ein erhöhtes Unfallrisiko herbeiführen, ist nicht nur durch keinerlei tatsächliche Feststellungen belegt, sondern auch nicht zu begründen.

Nach dem bisherigen Sach- und Streitstand liegt nahe, dass die Beklagte zu 1) den sie treffenden Sorgfaltsanforderungen nicht gerecht geworden ist. Allein die Anwesenheit von Schulkindern auf dem rechten Bürgersteig und die Nähe einer als Überquerungshilfe gedachten Verkehrsinsel zwingen zu besonderer Aufmerksamkeit und Geschwindigkeitsverringerung (OLG Hamm r+s 2001, 60; NZV 1990, 473; NZV 1991, 69; NZV 2006, 151), zumal eine gegenseitige Beeinflussung der Klägerin und ihrer noch jüngeren Schwester (BGH NJW 1991, NJW Jahr 1990 Seite 292; KG NZV 1999, 329; OLG Hamburg NZV 1990, 71) nicht auszuschließen ist und sogar nahe liegt.

- Aus dem grundsätzlichen Vorrang des Kraftfahrzeugverkehrs folgt schon allgemein keineswegs ein geschütztes Vertrauen darauf, dass Fußgänger sich immer verkehrsgerecht, vorsichtig und der StVO entsprechend verhalten, sondern nur unter besonderen Umständen (BGH VersR 1955, 156; BayObLG VRS 58, 85 = S. 221; BGH NJW 1966, 1211; BayObLG NJW 1978, 1491; OLG Karlsruhe VersR 1982, 450; OLG Hamm r+s 1988, 102; BGH NJW 2000, 3069). Dies gilt verstärkt gegenüber Kindern (OLG Hamburg NJOZ 2008, 2792; OLG Karlsruhe NZV 2012, 596).

- Hieraus folgt, dass eine Bewertung des klägerischen Mitverschuldens als so gewichtig, dass jegliche Haftung der Beklagten entfalle, kaum vertretbar ist (OLG Karlsruhe NZV 2012, 596, OLG Hamm NZV 1991, 69: Haftung des Kraftfahrers zu 1/3 bei leichtem Verschulden oder bloßer Betriebsgefahr; OLG Hamm NZV 2006, 151: zu 40% wegen groben Verschuldens des Kindes; OLG Hamm r+s 2001, 60: Haftung des Kraftfahrers zu 2/3).

bb) Darlegungs- und beweisbelastet für eine schuldhafte Unfallverursachung durch die Klägerin und ein dieser anspruchsmindernd zuzurechnendes Mitverschulden, aber auch für deren Ausmaß, sind die Beklagten. Dies hat zur Folge, dass Sachverständiger und Gericht zu allen Bewegungen der Klägerin in die und auf der Fahrbahn bei nicht eindeutig feststellbaren Umständen die für die Klägerin (nicht die Beklagten) günstigsten technisch möglichen Werte anzusetzen haben. Gleiches gilt für den Nachweis der Einhaltung der an einen Idealfahrer zu stellenden Anforderungen (unabwendbares Ereignis i. S. d. § 17 III StVG), was eine vollständige und genaue Prüfung und Darlegung des Fahrverhaltens, insbesondere der Wahrnehmung und Beurteilung des Verhaltens der Klägerin erfordert. Soweit grundsätzlich die Klägerin die Beweisführungs- und Feststellungslast für Sorgfaltspflichtverstöße und Verursachungsbeiträge der Beklagten trifft, ist die aus dem Gesetzeswortlaut (§ 3 IIa StVO) abgeleitete Beweiserleichterung durch den Anscheinsbeweis zu beachten.

Bei dieser Sachlage ist bisher nicht vertretbar, Sorgfaltspflichtverletzung und Verschulden der Beklagten zu 1) für ausgeschlossen oder nicht erwiesen zu halten, vielmehr wird das Erstgericht hierfür maßgebliche und geeignete Umstände erst noch verfahrensfehlerfrei zu ermitteln und sachgerecht zu würdigen haben. Sollte das Erstgericht wiederum zu dem Ergebnis gelangen, dass das Mitverschulden der Klägerin jegliche Haftung der Beklagten, selbst diejenige für Betriebsgefahr, aufzehre, wäre folgendes zu berücksichtigen: In die Abwägung sind alle Faktoren, soweit unstreitig oder erwiesen, einzubeziehen, die eingetreten sind, zur Entstehung des Schadens beigetragen haben und einem der Beteiligten zuzurechnen sind (BGH NJW 1995, 1029; 2007, 506 [207]; NJW-RR 1988, 1177; OLG Düsseldorf, Urt. v. 26.08.2014 - 1 U 151/13 [juris, Rz. 64]), insbesondere auch Fahrverhalten und festgestellte Sorgfaltsverstöße des Unfallgegners (BGH NJW-RR 1993, 480: Mitverschulden im Verhältnis zur Betriebsgefahr bei der Bahn). Eine Gewichtung der Mitverursachung oder des Mitverschuldens kann nur aufgrund einer umfassenden Würdigung aller Umstände des Einzelfalls erfolgen, insbesondere der genauen Klärung des Unfallhergangs (BGH NJW 2014, 217, [8]: „Mangels ausreichender Feststellungen zum Unfallhergang ergibt sich ein derart überwiegendes Mitverschulden der Klägerin am Zustandekommen des Unfalls nicht bereits daraus, dass diese … unter Verstoß gegen § 25 § 25 III StVO die Straße überquerte, ohne auf den Fahrzeugverkehr zu achten“).

II.

Der Senat hat eine eigene Sachentscheidung nach § 538 I ZPO erwogen, sich aber - entgegen seiner sonstigen Praxis - aus folgenden Gründen dagegen entschieden:

1. Eine derartig mangelhafte Beweiserhebung stellt einen Zurückverweisungsgrund nach § 538 II 1 Nr. 1 ZPO dar (Senat, Urt. v. 09.10.2009 - 10 U 2309/09 [juris, dort Rz. 23]; v. 25.06.2010 - 10 U 1847/10 [juris, dort Rz. 13]; VersR 2011, 549 ff.; NJW 2011, 3729 und v. 22.07.2011 - 10 U 1481/11). Als schwerwiegender Verfahrensfehler erweist sich, dass das Erstgericht die Pflicht zu umfassender Sachverhaltsaufklärung, insbesondere durch vollständige Parteianhörungen und geeignete sachverständige Begutachtung, verletzt hat. Die erforderliche Beweisaufnahme wäre umfangreich und aufwändig (§ 538 II 1 Nr. 1, 2. Satzhälfte ZPO), weil der Senat sich nicht darauf beschränken dürfte, ein vollständiges Sachverständigengutachten zu erholen. Vielmehr wären zusätzlich beide Parteien anzuhören und auch die aus der polizeilichen Verkehrsunfallanzeige ersichtlichen Zeugen zu vernehmen, sobald sich eine Partei darauf bezieht (§§ 525 S. 1, 273 II Nr. 4 ZPO). Denn eine Beurteilung sowohl der Glaubhaftigkeit der Sachdarstellung, als auch der Glaubwürdigkeit der Zeugen und Parteien anhand früherer Aussagen wäre rechtsfehlerhaft, wenn der Senat auf einen eigenen persönlichen Eindruck verzichten wollte (s. etwa BGH r + s 1985, 200; NJW 1997, 466; NZV 1993, 266; VersR 2006, 949). Durch die gebotene Beweisaufnahme würde der Senat zu einer mit der Funktion eines Rechtsmittelgerichts unvereinbaren vollständigen Wiederholung des erstinstanzlichen Verfahrens einschließlich der gesamten Beweisaufnahme (Senat VersR 2011, 549 ff.) gezwungen. Hinzu kommt, dass je nach dem Ergebnis der durchzuführenden Beweiserhebung über den genauen Hergang des Unfalls auch zur Höhe des Schmerzensgelds erstmals entschieden werden müsste (§ 538 II 1 Nr. 4, 2. Alt. ZPO, Senat NJW 1972, 2048 [2049]; OLG Köln NJW 2004, 521).

2. Auch die aus unzureichender Beweiserhebung und fehlerhafter Rechtsauffassung folgende, erheblich fehlerhafte Beweiswürdigung stellt einen Verfahrensverstoß dar, welcher zur Zurückverweisung gemäß § 538 II 1 Nr. 1 ZPO berechtigt (Senat, Urt. v. 14.07.2006 - 10 U 5624/05 [juris]; v. 01.12.2006 - 10 U 4328/06; v. 04.09.2009 - 10 U 3291/09; v. 06.11.2009 - 10 U 3254/09; v. 19.03.2010 - 10 U 3870/09 [juris, dort Rz. 23]; v. 25.06.2010 - 10 U 1847/10 [juris, dort Rz. 13]; VersR 2011, 549 ff.; v. 22.07.2011 - 10 U 1481/11 [juris, dort Rz. 8]).

3. Der durch die Zurückverweisung entstehende grundsätzliche Nachteil einer Verzögerung und Verteuerung des Prozesses muss hingenommen werden, wenn ein ordnungsgemäßes Verfahren in erster Instanz nachzuholen ist und den Parteien die vom Gesetz zur Verfügung gestellten zwei Tatsachenrechtszüge erhalten bleiben sollen (Senat NJW 1972, 2048 [2049]; OLG Naumburg NJW-RR 2012, 1535 [1536]); eine schnellere Erledigung des Rechtsstreits durch den Senat ist im Übrigen angesichts seiner außerordentlich hohen Geschäftsbelastung vorliegend nicht zu erwarten.

III.

Die Kostenentscheidung war dem Erstgericht vorzubehalten, da der endgültige Erfolg der Berufung erst nach der abschließenden Entscheidung beurteilt werden kann (OLG Köln NJW-RR 1987, 1032; Senat in st. Rspr., zuletzt VersR 2011, 549 ff.; NJW 2011, 3729).

Die Gerichtskosten waren gemäß § 21 I 1 GKG niederzuschlagen, weil ein wesentlicher Verfahrensmangel - nur ein solcher kann zur Aufhebung und Zurückverweisung führen (§ 538 II 1 Nr. 1 ZPO) -, denknotwendig eine unrichtige Sachbehandlung i. S. des § 21 I 1 GKG darstellt.

§ 21 I 1 GKG erlaubt auch die Niederschlagung von Gebühren des erstinstanzlichen Verfahrens (vgl. OLG Brandenburg OLGR 2004, 277; OLG Düsseldorf NJW-RR 2007, 1151; Senat, Beschl. v. 17.09.2008 - 10 U 2272/08, st. Rspr., zuletzt Urt. v. 19.03.2010 - 10 U 3870/09 [juris, dort Rz. 93] und v. 27.01.2012 - 10 U 3065/11 [juris, dort Rz. 12]).

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10 S. 1 ZPO. Auch im Falle einer Aufhebung und Zurückverweisung ist im Hinblick auf §§ 775 Nr. 1, 776 ZPO ein Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit geboten (BGH JZ 1977, 232; Senat in st. Rspr., zuletzt u. a. VersR 2011, 549 ff. und NJW 2011, 3729), allerdings ohne Abwendungsbefugnis (Senat a. a. O.). Letzteres gilt umso mehr, als das vorliegende Urteil nicht einmal hinsichtlich der Kosten einen vollstreckungsfähigen Inhalt aufweist.

V.

Die Revision war nicht zuzulassen. Gründe, die die Zulassung der Revision gemäß § 543 II 1 ZPO rechtfertigen würden, sind nicht gegeben.

Weder eine grundsätzliche Bedeutung der Sache (BVerfG NJW 2014, 2417 [2419, Tz. 26-32]; BGH NJW-RR 2014, 505) noch die Fortbildung des Rechts (BVerfG a. a. O. [2418/2420, Tz. 33]) oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung (BVerfG a. a. O. [2420, Tz. 34]; BGH NJW 2003, 1943) erfordern eine Entscheidung des Revisionsgerichts. Die Entscheidung weicht nicht von der höchst- oder obergerichtlichen Rechtsprechung ab und betrifft einen Einzelfall, der grundlegende Rechtsfragen nicht aufwirft.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.