Oberlandesgericht München Beschluss, 25. Okt. 2017 - 9 W 1653/17 Bau

bei uns veröffentlicht am25.10.2017
vorgehend
Landgericht München I, 2 OH 9274/16, 07.07.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

1. Die sofortige Beschwerde der Antragstellerin gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 7.7.2017, Az. 2 OH 9274/16, wird zurückgewiesen.

2. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

3. Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird auf 38.000 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Antragstellerin beschwert sich gegen den Beschluss des Landgerichts München I vom 7.7.2017. Die Antragstellerin beantragte die Durchführung eines selbständigen Beweisverfahrens, diesem Antrag wurde mit Beweisbeschluss des Landgerichts München I vom 7.7.2016 stattgegeben, eine Begutachtung gem. Beweisbeschluss durchgeführt. Aufgrund des Gutachtens des Dipl. Ing. R. stellten die beiden beigetretenen Streithelfer V. BBT mbH und die Sebastian P. GmbH Ergänzungsfragen an den Sachverständigen. Die Antragstellerin widersetzte sich der weiteren Begutachtung und beantragte die Ergänzungsfragen als unzulässig zurückzuweisen, vgl. Schriftsatz vom 21.7.2017 Bl. 190 d.A. Das Landgericht erließ den angefochtenen Beschluss, in dem ein Ergänzungsgutachten beauftragt wurde, der weitere Kostenvorschuss den Streithelfern auferlegt wurde. Gegen den Beschluss wendet sich die Antragstellerin und begehrt, dass der Beschluss insoweit aufgehoben wird, als dem Sachverständigen aufgegeben wird, zur „Verantwortlichkeit für Mängel aus technischer Sicht“ Stellung zu nehmen und soweit eine ergänzende Begutachtung angeordnet wurde. Auf den Beschwerdeschriftsatz Bl. 205 der Akten vom 7.9.2017 wird Bezug genommen. Das Landgericht half der Beschwerde nicht ab.

II.

Die Beschwerde ist unzulässig, da gem. § 490 Abs. 2 ZPO gegen den die Beweiserhebung anordnenden Beschluss eine Beschwerde nicht statthaft ist. Zwar wendet sich die Antragstellerin gegen die Ablehnung der Abänderung des Beschlusses vom 7.7.2017 (vgl. Zöller/Herget, Kommentar zur ZPO, 31. Auflage, 2017, § 490 Rn. 3). Dennoch ist Grundlage des Beschlusses der Beweisbeschluss gem. § 359 ZPO, der gem. § 490 Abs. 2 ZPO unanfechtbar sein soll. Die Unanfechtbarkeit muss demgemäß auch für eine Erweiterung des Beschlusses gelten.

Die Beschwerde ist auch nicht begründet. Der Beweisbeschluss im selbständigen Beweisverfahren entspricht inhaltlich dem Beweisbeschluss nach § 359 ZPO, dessen Funktion er im späteren Hauptsacheverfahren wahrnimmt. Einer Begründung bedarf der Beschluss, wenn er vom Antrag des Antragstellers abweicht (Zöller, a.a.O., Rn. 2). Diese Begründung ist vorhanden.

Der Beschluss ist auch im übrigen rechtlich zutreffend. Die Erstreckung der Beweisaufnahme auf Ergänzungsfragen infolge der Sachverständigen Begutachtung ist gem. § 411 Abs. 3 S. 1 ZPO notwendig. Das Gericht muss die weitere Begutachtung, auch nach einem Gutachten im selbständigen Beweisverfahren anordnen, wenn das Gutachten in einem entscheidenden Punkt unklar oder zweifelhaft ist (vgl. Thomas/Putzo, Kommentar zur ZPO, 37. Auflage 2017, Rn. 5).

Auch die Erstreckung auf die Verantwortlichkeit aus technischer Sicht ist zur Vermeidung einer weiteren Begutachtung im Hauptsacheverfahren geboten. Das Gericht schließt sich der überzeugenden Begründung des Erstgerichts an. Es ist als Zulässigkeitsvoraussetzung für das selbständige Beweisverfahren das „rechtliche Interesse“ an der Feststellung erforderlich. Dieses ist anzunehmen, wenn die Feststellung „der Vermeidung eines Rechtsstreits dienen kann“, § 485 Abs. 2 S. 2. ZPO (Kniffka/Koeble, Kompendium des Baurechts, 4. Auflage, 2. Teil Rn. 80). Wie das Landgericht München I zutreffend ausführt, kann die Beweiserhebung der Vermeidung eines Rechtsstreits nur dann dienen, wenn nicht nur die Mängel, sondern auch deren technische Ursache im Rahmen des selbständigen Beweisverfahrens geklärt werden.

Da das Landgericht den Kostenvorschuss für die weitere Begutachtung den Streithelfern auferlegt hat, ist die Antragstellerin gegenwärtig nicht mit einem erhöhten Kostenrisiko belastet.

Die Kostenfolge ergibt sich aus § 97 ZPO. Der Streitwert für die Beschwerde wurde gem. § 3 ZPO auf ein Drittel des zu erwartenden Streitwerts für das selbständige Beweisverfahren festgesetzt.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Beschluss, 25. Okt. 2017 - 9 W 1653/17 Bau zitiert 6 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 97 Rechtsmittelkosten


(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat. (2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vo

Zivilprozessordnung - ZPO | § 3 Wertfestsetzung nach freiem Ermessen


Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 411 Schriftliches Gutachten


(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat. (2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverst

Zivilprozessordnung - ZPO | § 490 Entscheidung über den Antrag


(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht durch Beschluss. (2) In dem Beschluss, durch welchen dem Antrag stattgegeben wird, sind die Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist, und die Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen

Zivilprozessordnung - ZPO | § 359 Inhalt des Beweisbeschlusses


Der Beweisbeschluss enthält:1.die Bezeichnung der streitigen Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist;2.die Bezeichnung der Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen oder der zu vernehmenden Partei;3.die Bezeic

Referenzen

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht durch Beschluss.

(2) In dem Beschluss, durch welchen dem Antrag stattgegeben wird, sind die Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist, und die Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen zu bezeichnen. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Der Beweisbeschluss enthält:

1.
die Bezeichnung der streitigen Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist;
2.
die Bezeichnung der Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen oder der zu vernehmenden Partei;
3.
die Bezeichnung der Partei, die sich auf das Beweismittel berufen hat.

(1) Über den Antrag entscheidet das Gericht durch Beschluss.

(2) In dem Beschluss, durch welchen dem Antrag stattgegeben wird, sind die Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist, und die Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen zu bezeichnen. Der Beschluss ist nicht anfechtbar.

Der Beweisbeschluss enthält:

1.
die Bezeichnung der streitigen Tatsachen, über die der Beweis zu erheben ist;
2.
die Bezeichnung der Beweismittel unter Benennung der zu vernehmenden Zeugen und Sachverständigen oder der zu vernehmenden Partei;
3.
die Bezeichnung der Partei, die sich auf das Beweismittel berufen hat.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Der Wert wird von dem Gericht nach freiem Ermessen festgesetzt; es kann eine beantragte Beweisaufnahme sowie von Amts wegen die Einnahme des Augenscheins und die Begutachtung durch Sachverständige anordnen.