Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Okt. 2017 - 3 Ws 806/17, 3 Ws 807/17, 3 Ws 808/17, 3 Ws 809/17

bei uns veröffentlicht am18.10.2017
vorgehend
Landgericht Augsburg, 1 LL StVK 203/14, 11.09.2017

Gericht

Oberlandesgericht München

Tenor

Die sofortige und die einfache Beschwerde des Verurteilten R. R. J. gegen den Beschluss der 1. auswärtigen Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg bei dem Amtsgericht Landsberg am Lech vom 11. September 2017 werden kostenfällig als unbegründet verworfen.

Gründe

Der Beschwerdeführer wurde mit Urteil der Jugendkammer des Landgerichts München II vom 18.03.2009 - 3 Ws 806/17 - Seite 2, rechtskräftig seit diesem Tag, wegen schweren sexuellen Missbrauchs von Kindern in 16 tatmehrheitlichen Fällen, in 5 Fällen hiervon jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen und in weiteren 9 Fällen hiervon jeweils in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung, in Tatmehrheit mit sexuellem Missbrauch von Kindern in 8 tatmehrheitlichen Fällen, in 3 Fällen hiervon jeweils in Tateinheit mit sexuellem Missbrauch von Schutzbefohlenen, zu einer Gesamtfreiheitsstrafe von 9 Jahren und 6 Monaten verurteilt. Die Verhängung von Sicherungsverwahrung wurde vorbehalten. Nach vorangegangener Untersuchungshaft vom 11.06.2008 bis 17.03.2009 verbüßt der Verurteilte diese Strafe seit 18.03.2009. Der Zwei-Drittel-Zeitpunkt war am 10.10.2014 erreicht, das Strafende ist auf den 10.12.2017 vorgemerkt.

Mit Urteil vom 31.01.2014, rechtskräftig seit 08.02.2014, hat die Jugendkammer des Landgerichts München II den Vorbehalt der Sicherungsverwahrung aus dem Urteil vom 18.03.2009 aufgehoben.

Aufgrund des Ergebnisses des Gutachtens des Sachverständigen Dr. W. L. vom 01.08.2016 hat die 1. auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg bei dem Amtsgericht Landsberg am Lech mit Beschluss vom 16.12.2016, rechtskräftig seit 23.02.2017, die Bewilligung von Reststrafenbewährung nach Verbüßung von mehr als zwei Dritteln abgelehnt und eine Sperrfrist für ein weiteres Reststrafengesuch von 6 Monaten ausgesprochen. In ihrer Stellungnahme vom 30.03.2017 sprach sich die Justizvollzugsanstalt L. ... gegen ein Entfallen der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht und für deren Dauer von 5 Jahren aus. Zudem wurde die Erteilung von Weisungen (§ 68 b Abs. 1 u. Abs. 2 StGB) angeregt, insbesondere die Weisung hinsichtlich der elektronischen Überwachung des Aufenthalts gemäß § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB.

Mit Beschluss vom 02.08.2017, rechtskräftig seit 19.08.2017, lehnte die 1. auswärtige Strafvollstreckungskammer des Landgerichts Augsburg bei dem Amtsgericht Landsberg am Lech erneut die Bewilligung von Reststrafenbewährung ab und sprach eine Sperrfrist von 4 Monaten für ein weiteres Reststrafengesuch aus.

Am 26.07.2017 fand eine Fallkonferenz hinsichtlich des Einsatzes der elektronischen Aufenthaltsüberwachung statt. Auf den Inhalt des Protokolls hierüber wird Bezug genommen. Mit Verfügung vom 08.08.2017 sprach sich auch die Staatsanwaltschaft München II für ein Nichtentfallen der Führungsaufsicht und deren Dauer von 5 Jahren sowie für die Erteilung von Weisungen (§ 68 b Abs. 1 u. 2 StGB) aus, insbesondere auch für die elektronische Überwachung des Aufenthalts. In Anwesenheit seines Verteidigers wurde der Verurteilte am 29.08.2017 von der Strafvollstreckungskammer zur Führungsaufsicht und deren Ausgestaltung mündlich angehört.

Mit Beschluss vom 11.09.2017 stellte die Strafvollstreckungskammer fest, dass die kraft Gesetzes eintretende Führungsaufsicht nicht entfällt und deren Dauer 5 Jahre beträgt (Ziffer 1.), unterstellte den Verurteilten der Aufsicht und Leitung eines Bewährungshelfers und der Führungsaufsichtsstelle (Ziffer 2.), und erteilte in Ziffern 3. und 4. strafbewehrte Weisungen gemäß § 68 b Abs. 1 StGB bzw. nicht strafbewehrte Weisungen gemäß § 68 b Abs. 2 StGB.

Insbesondere wurde der Verurteilte in Ziffer 3. q) angewiesen, sich die für eine elektronische Überwachung seines Aufenthalts erforderlichen technischen Mittel anlegen zu lassen, diese ständig in betriebsbereiten Zustand bei sich zu führen und deren Funktionsfähigkeit nicht zu beeinträchtigen.

Gegen den ihm am 14.09.2017 zugestellten Beschluss legte der Verurteilte mit Verteidigerschriftsatz vom 14.09.2017, bei Gericht eingegangen an diesem Tag, sofortige Beschwerde ein. Mit Schreiben vom 17.09.2017 und mit Verteidigerschriftsatz vom 17.10.2017 begründete der Verurteilte sein Rechtsmittel. Die Strafvollstreckungskammer half mit Verfügung vom 26.09.2017 der Beschwerde gegen die Ausgestaltung der Führungsaufsicht nicht ab.

II.

1. Das Rechtsmittel des Verurteilten gegen die Feststellung des Nichtentfallens der Führungsaufsicht ist als sofortige Beschwerde statthaft und zulässig (§§ 463 Abs. 3 Satz 1, 454 Abs. 3 Satz 1, 306 Abs. 1, 311 Abs. 2 StPO), hat in der Sache jedoch keinen Erfolg.

Die Anordnung des Entfallens der Führungsaufsicht gemäß § 68 f Abs. 2 StGB erfordert eine höhere Wahrscheinlichkeit für ein künftig straffreies Leben als § 57 StGB (Fischer StGB 64. Aufl. § 68 f Rn. 9). Da dem Beschwerdeführer jedoch mit Beschlüssen der Strafvollstreckungskammer vom 16.12.2016 und vom 02.08.2017 schon die zwingend für eine bedingte Entlassung nach § 57 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 StGB erforderliche positive Prognose nicht gestellt werden konnte und auch der Sachverständige Dr. W. L. in seinem Gutachten vom 01.08.2016 aufgrund der nach wie vor bestehenden Gefährlichkeit des Beschwerdeführers die Bewilligung von Reststrafenbewährung nicht hat empfehlen können, ist der Senat in Übereinstimmung mit den zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Beschluss der Auffassung, dass für eine Anordnung des Entfallens der kraft Gesetzes eintretenden Führungsaufsicht gemäß § 68 f Abs. 2 StGB kein Raum ist.

2. Das Rechtsmittel ist als einfache Beschwerde gegen die Ausgestaltung der Führungsaufsicht statthaft und zulässig (§§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 1, 306 Abs. 1 StPO), hat in der Sache jedoch ebenfalls keinen Erfolg.

Dabei prüft der Senat gemäß §§ 463 Abs. 2, 453 Abs. 2 Satz 2 StPO lediglich die Gesetzmäßigkeit. Gesetzwidrig wäre eine zur Ausgestaltung der Führungsaufsicht getroffene Anordnung, insbesondere eine Weisung dann, wenn sie in der angewendeten Vorschrift keine ausreichende Rechtsgrundlage hätte, Ermessensmissbrauch vorläge, der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz und/oder der Bestimmtheitsgrundsatz nicht eingehalten wären (Meyer-Goßner/Schmitt StPO 60. Aufl. § 453 Rn. 12).

Soweit sich der Verurteilte gegen die Weisung gemäß § 68 b Abs. 1 Satz 1 Nr. 12 StGB, also die elektronische Aufenthaltsüberwachung, wendet, wird vollumfänglich Bezug genommen auf die zutreffenden Darlegungen im angefochtenen Beschluss vom 11.09.2017 hierzu. Die Voraussetzungen des § 68 b Abs. 1 Satz 3 StGB liegen sämtlich vor. Insbesondere hat sich die Grundhaltung des Beschwerdeführers trotz der Teilnahme an der sozialtherapeutischen Therapie nicht wesentlich geändert, er weist nach wie vor ein Verhalten auf, das manipulativ, rücksichtslos und ohne Bedenken hinsichtlich der berechtigten Interessen anderer ausschließlich die eigenen Vorstellungen durchzusetzen sucht. Soweit sich der Verurteilte auf vorangegangene Gutachten beruft, sind diese nicht aussagekräftig, da den betreffenden Sachverständigen nicht bekannt war, dass der Verurteilte wahrheitswidrig den Aufenthalt seiner Tochter bei seiner Schwester verschwiegen hat, ausschließlich zu dem Zweck, weiterhin Lockerungen zu bekommen, also aus krass eigensüchtigen Gründen und ohne Rücksicht darauf, dass die Tochter deswegen dauerhaft ihr Zuhause bei seiner Schwester verlassen musste. Wegen dieses Verhaltens wurde der Beschwerdeführer am 08.04.2016 von der sozialtherapeutischen Abteilung in der Justizvollzugsanstalt L. ... verwiesen.

Es kann auch keine Rede davon sein, dass die elektronische Aufenthaltsüberwachung den Beschwerdeführer nicht von möglichen weiteren einschlägigen Straftaten abhalten kann. Durch die Datenverwendung gemäß § 463 a Abs. 4 Satz 2 StPO muss sich der Beschwerdeführer bewusst sein, dass sein Aufenthaltsort jederzeit festgestellt werden kann, wodurch weitere einschlägige Sexualdelikte durch ihn bestmöglichst verhindert werden können und der Schutz potentieller neuer Opfer gewahrt wird. Deshalb ist auch in der Bundestagsdrucksache zur elektronischen Aufenthaltsüberwachung ausdrücklich erwähnt, dass eine solche auch ohne Ge-und Verbotszonen zulässig ist. Zwar hat sich der Beschwerdeführer in der Vergangenheit keine Zufallsopfer gesucht, sondern hatte zu seinen Tatopfern familiäre Bindungen (Tochter und Sohn) bzw. ein Vertrauensverhältnis (Junge aus der Nachbarschaft). Es ist jedoch nicht fernliegend, dass sich der Beschwerdeführer mit seinen manipulativen und eigennützigen Verhaltensweisen sehr schnell wieder ein Vertrauensverhältnis zu einem ihm bis dato unbekannten möglichen Opfer aufbaut.

Von der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung ist auch nicht deswegen abzusehen, weil die Nachteile nach Auffassung des Beschwerdeführers für ihn bei Weitem überwiegen. Aufgrund der Schwere und der Anzahl der abgeurteilten Taten, seiner nach wie vor bestehenden Gefährlichkeit, der Besonderheiten seines Falles, insbesondere des Verschweigens des Aufenthalts der Tochter (erneutes Täterverhalten) und einer bisher nicht eingetretenen wesentlichen Änderung seiner Grundhaltung, muss der Beschwerdeführer diese Nachteile in Kauf nehmen, die zur Verhinderung künftiger einschlägiger Straftaten und zum Schutz potentieller Opfer unerlässlich sind. Der Senat weist jedoch darauf hin, dass gemäß § 68 d Abs. 2 Satz 1 StGB spätestens vor Ablauf von 2 Jahren eine Überprüfung dieser Weisung durchzuführen ist. Es bleibt daher bis zu dieser Überprüfung abzuwarten, ob durch die angeordneten sonstigen (Therapie-) Weisungen eine entscheidungserhebliche Reduzierung der Gefährlichkeit des Beschwerdeführers erreicht werden kann.

Schließlich musste vor der Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung auch kein erneutes Sachverständigengutachten erholt werden, da das Gutachten des Sachverständigen Dr. W. L. vom 01.08.2016 noch aktuell ist.

Unter den beim Beschwerdeführer obwaltenden speziellen Umständen ist die Anordnung der elektronischen Aufenthaltsüberwachung verhältnismäßig und unerlässlich.

Auch alle anderen erteilten Weisungen nach § 68 b Abs. 1 und 2 StGB sind nicht zu beanstanden. Die 3-Tages-Frist in Ziffer 3 a könnte bei Bedarf und entsprechendem Nachweis verlängert werden (§ 68 d Abs. 1 StGB). Die Örtlichkeiten in Ziffer 3 e sind hinreichend genau bezeichnet, zumal es Gästen eben nicht nahezu überall ermöglicht wird, sich in das Internet einzuwählen.

Schließlich stellen sämtliche erteilten Weisungen keine unzumutbaren Anforderungen an die Lebensführung des Beschwerdeführers (§ 68 b Abs. 3 StGB). Die aufgrund der Führungsaufsicht und deren Ausgestaltung eintretenden Einschränkungen seiner Lebensführung hat der Beschwerdeführer wegen der Anzahl und Schwere seiner Taten und wegen seines Nachtatverhaltens hinzunehmen.

Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 464, 473 Abs. 1 Satz 1 StPO.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Okt. 2017 - 3 Ws 806/17, 3 Ws 807/17, 3 Ws 808/17, 3 Ws 809/17

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Okt. 2017 - 3 Ws 806/17, 3 Ws 807/17, 3 Ws 808/17, 3 Ws 809/17

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht München Beschluss, 18. Okt. 2017 - 3 Ws 806/17, 3 Ws 807/17, 3 Ws 808/17, 3 Ws 809/17 zitiert 6 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafgesetzbuch - StGB | § 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Strafprozeßordnung - StPO | § 464 Kosten- und Auslagenentscheidung; sofortige Beschwerde


(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind. (2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft da

Strafprozeßordnung - StPO | § 463 Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung


(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu tr

Referenzen

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Jedes Urteil, jeder Strafbefehl und jede eine Untersuchung einstellende Entscheidung muß darüber Bestimmung treffen, von wem die Kosten des Verfahrens zu tragen sind.

(2) Die Entscheidung darüber, wer die notwendigen Auslagen trägt, trifft das Gericht in dem Urteil oder in dem Beschluß, der das Verfahren abschließt.

(3) Gegen die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen ist sofortige Beschwerde zulässig; sie ist unzulässig, wenn eine Anfechtung der in Absatz 1 genannten Hauptentscheidung durch den Beschwerdeführer nicht statthaft ist. Das Beschwerdegericht ist an die tatsächlichen Feststellungen, auf denen die Entscheidung beruht, gebunden. Wird gegen das Urteil, soweit es die Entscheidung über die Kosten und die notwendigen Auslagen betrifft, sofortige Beschwerde und im übrigen Berufung oder Revision eingelegt, so ist das Berufungs- oder Revisionsgericht, solange es mit der Berufung oder Revision befaßt ist, auch für die Entscheidung über die sofortige Beschwerde zuständig.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.