Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 05. Juli 2011 - 7 WF 646/11

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0705.7WF646.11.0A
bei uns veröffentlicht am05.07.2011

Tenor

Die Beschwerde der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Diez vom 17. März 2011 wird zurückgewiesen, soweit das Gericht der Beschwerde nicht in dem Teilabhilfe- und Vorlagebeschluss vom 25. Juni 2011 abgeholfen hat.

Gründe

1

Durch den angefochtenen Beschluss hat das Amtsgericht den Verfahrenswert für die Ehesache (Scheidung) und den Versorgungsausgleich auf insgesamt 6.692,40 € festgesetzt.

2

Dabei hat es ein bereinigtes gemeinsames monatliches Nettoeinkommen bei Verfahrenseinleitung von 1.859,00 € zugrunde gelegt. Den Verfahrenswert für die Ehesache hat es nach § 43 Abs. 2 FamGKG auf 5.577,00 € (3 x 1.859,00 €) festgesetzt, den für den Versorgungsausgleich nach § 50 FamGKG auf 1.115,40 € (20% von 5.577).

3

Berücksichtigt hat es zwei auszugleichende Anrechte in der gesetzlichen Rentenversicherung. Zwei weitere Anrechte, die von den Beteiligten in den Fragebögen angegeben worden waren, hat es für die Bestimmung des Verfahrenswertes nicht berücksichtigt, da ein Anrecht - LV Volkswohl - nicht während der Ehezeit erworben wurde und ein Anrecht - Unfallrente - bei der Berechnung des Versorgungsausgleiches nicht zu berücksichtigen war.

4

Gegen die Festsetzung des Verfahrenswertes wendet sich die Verfahrensbevollmächtigte des Antragstellers. Zum einen rügt sie die Höhe des zugrunde gelegten Nettoeinkommens der Beteiligten. Die beiderseitigen Einkommen addierten sich auf 2.309,00 €, so dass für die Ehescheidung ein Verfahrenswert in Höhe von 6.927,00 € festzusetzen sei.

5

Zum anderen rügt sie die Nichtberücksichtigung der beiden Weiteren von den Beteiligten angegebenen Anrechte. Hinsichtlich des Wertes für das Verfahren auf Ausgleich der Versorgungsanwartschaften seien 10% des 3-Monats-Nettoeinkommens anzusetzen, und zwar von allen Anrechten, die in das Versorgungsverfahren einbezogen worden seien, unabhängig davon, ob hinsichtlich eines Anrechts ein Ausgleich stattgefunden habe oder nicht. Für die Wertberechnung seien daher 4 Anrechte zu berücksichtigen und nicht lediglich zwei mit der Folge, dass der Wert für das Versorgungsausgleichsverfahren 40% des Wertes der Ehesache betrage.

6

Das Amtsgericht hat durch Teilabhilfe- und Vorlagebeschluss vom 25.06.2011 der Beschwerde teilweise abgeholfen und den Verfahrenswert für das Verfahren auf insgesamt 8.312,40 € festgesetzt. Dabei hat es den Wert der Ehesache, ausgehend von einem monatlichen Nettoeinkommen der Beteiligten in Höhe von insgesamt 2.309,00 €, auf 6.927,00 € festgesetzt. Den Verfahrenswert für das Versorgungsausgleichsverfahren hat es auf 1.385,40 € festgesetzt mit der Begründung, verfahrenswerterheblich seien lediglich die ausgeglichenen Anrechte der gesetzlichen Rentenversicherung. Soweit hinsichtlich zweier weiterer Anrechte Auskünfte eingeholt und erteilt worden seien, die in der Folge nicht berücksichtigt worden seien, stelle dies noch keine den Verfahrenswert beeinflussende Verfahrenseinleitung dar.

7

Die Beschwerde ist gemäß §§ 32 Abs. 2 RVG, 59 Abs. 1 FamGKG zulässig. Gemäß § 32 Abs. 2 RVG kann der Verfahrensbevollmächtigte aus eigenem Recht Beschwerde gegen die Wertfestsetzung einlegen. Der Beschwerdewert von mehr als 200,00 € ist erreicht.

8

Die Beschwerde hat in der Sache keinen Erfolg, soweit ihr das Amtsgericht nicht in dem Teilabhilfe- und Vorlagebeschluss abgeholfen hat.

9

Entgegen der von der Verfahrensbevollmächtigten des Antragstellers vertretenen Rechtsauffassung sind vorliegend verfahrenswertbestimmend lediglich die beiden ausgeglichenen Anrechte der Beteiligten bei der Deutschen Rentenversicherung.

10

Der Umstand, dass nach dem Wortlaut des Gesetzes alle Anrechte anzusetzen sind und nicht nur die auszugleichenden Anrechte, führt zu keiner abweichenden Beurteilung.

11

Zutreffend ist allerdings die Auffassung der Beschwerde, dass sowohl nach dem Wortlaut der Vorschrift als auch nach der Gesetzesbegründung nicht nur die auszugleichenden Anrechte, sondern jedes Anrecht, welches in das Versorgungsausgleichsverfahren einbezogen wird, verfahrenswertbestimmend ist.

12

§ 50 FamGKG ist jedoch einschränkend dahin auszulegen, dass ein Anrecht bei der Bestimmung des Verfahrenswertes nur dann zu berücksichtigen ist, wenn es dem Grunde nach überhaupt für den in Rede stehenden Versorgungsausgleich in Betracht kommt. Scheidet eine Einbeziehung des „Anrechts“ von vornherein aus, etwa weil Anrechte der betreffenden Art nicht dem Versorgungsausgleich unterliegen oder Anrechte nicht während der Ehezeit erworben worden sind, sind diese für die Bestimmung des Verfahrenswertes nicht erheblich (im Ergebnis ebenso OLG Brandenburg, Beschluss vom 14.06.2011, 10 UF 249/10 rech. in juris; OLG Stuttgart, NJW-RR 2011, 227, das jedoch auf Billigkeitserwägungen nach § 50 Abs. 3 FamGKG abstellt).

13

Ob ein Anrecht dem Grunde nach überhaupt in den gegenständlichen Versorgungsausgleich einzubeziehen ist oder nicht, ergibt sich häufig jedoch erst nach Einholung der Auskunft bei dem jeweiligen Versorgungsträger. In die Wertberechnung sind daher nur solche Anrechte einzubeziehen, die nach Einholung der Auskunft überhaupt für den gegenständlichen Versorgungsausgleich in Betracht kommen, unabhängig davon, ob im Folgenden ein Ausgleich stattfindet oder nicht.

14

Wäre es hingegen bei der ursprünglichen geplanten gesetzlichen Fassung geblieben, wären auch letztere bei der Wertfestsetzung nicht zu berücksichtigen gewesen.

15

Nach alledem war das Rechtsmittel zurückzuweisen, soweit diesem nicht bereits durch das Amtsgericht abgeholfen worden ist.

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Referenzen - Gesetze

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Rechtsanwaltsvergütungsgesetz - RVG | § 32 Wertfestsetzung für die Gerichtsgebühren


(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. (2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmitte

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 50 Versorgungsausgleichssachen


(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 bet

Gesetz über Gerichtskosten in Familiensachen - FamGKG | § 43 Ehesachen


(1) In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf

Referenzen

(1) In Ehesachen ist der Verfahrenswert unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Umfangs und der Bedeutung der Sache und der Vermögens- und Einkommensverhältnisse der Ehegatten, nach Ermessen zu bestimmen. Der Wert darf nicht unter 3 000 Euro und nicht über 1 Million Euro angenommen werden.

(2) Für die Einkommensverhältnisse ist das in drei Monaten erzielte Nettoeinkommen der Ehegatten einzusetzen.

(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1 000 Euro.

(2) In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500 Euro.

(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.

(1) Wird der für die Gerichtsgebühren maßgebende Wert gerichtlich festgesetzt, ist die Festsetzung auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend.

(2) Der Rechtsanwalt kann aus eigenem Recht die Festsetzung des Werts beantragen und Rechtsmittel gegen die Festsetzung einlegen. Rechtsbehelfe, die gegeben sind, wenn die Wertfestsetzung unterblieben ist, kann er aus eigenem Recht einlegen.

(1) In Versorgungsausgleichssachen beträgt der Verfahrenswert für jedes Anrecht 10 Prozent, bei Ausgleichsansprüchen nach der Scheidung für jedes Anrecht 20 Prozent des in drei Monaten erzielten Nettoeinkommens der Ehegatten. Der Wert nach Satz 1 beträgt insgesamt mindestens 1 000 Euro.

(2) In Verfahren über einen Auskunftsanspruch oder über die Abtretung von Versorgungsansprüchen beträgt der Verfahrenswert 500 Euro.

(3) Ist der nach den Absätzen 1 und 2 bestimmte Wert nach den besonderen Umständen des Einzelfalls unbillig, kann das Gericht einen höheren oder einen niedrigeren Wert festsetzen.