Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 25. März 2011 - 6 W 727/10

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2011:0325.6W727.10.0A
bei uns veröffentlicht am25.03.2011

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Tenor

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin gegen die Verfügung des Einzelrichters der 11. Zivilkammer des Landgerichts Trier vom 11.11.2010, mit dem dieser das selbständige Beweisverfahren für beendet erklärt hat, wird zurückgewiesen.

Die Gerichtskosten trägt die Antragsgegnerin.

Der Wert des Beschwerdeverfahrens entspricht dem Wert des selbständigen Beweisverfahrens, den das Landgericht noch abschließend festzusetzen hat.

Gründe

I.

1

Auf Antrag des Antragstellers hat das Landgericht Trier im selbständigen Beweisverfahren gemäß Beschluss vom 24.04.2009 Beweis erhoben durch Einholung eines schriftlichen Gutachtens des Sachverständigen Dr. ...[A], das durch drei weitere schriftliche Gutachten sowie durch Anhörung des Sachverständigen ergänzt wurde. Gegenstand der Begutachtung war ein Swimmingpool, den die Antragsgegnerin im Jahr 2007 im Wellnessbereich des von dem Antragsteller betriebenen Hotels "...[B]" in ...[X] errichtet hatte.

2

Die Antragsgegnerin hat der ...[C] GmbH, die das Segment - Montagebecken lieferte und montierte und der ...[D] GmbH & Co. KG, die mit der Lieferung und Montage der technischen Ausrüstung des Pools beauftragt war, den Streit verkündet. Die ...[C] GmbH hat ihrerseits der ...[E] GmbH & Co. KG (im Folgenden: ...[E]), die ihr die Materialen für die Oberfläche des Beckens geliefert hatte, den Streit verkündet. Die Streitverkündeten sind jeweils auf Seiten der Antragsgegnerin dem Verfahren beigetreten.

3

Die letzte ergänzende Begutachtung erfolgte aufgrund Beschluss vom 12.12.08 (215 GA) am 09.09.10 und verhielt sich zu einem Angebot der Fa. ...[F] GmbH über Mängelbeseitigungsarbeiten (183 GA).

4

Bereits mit Schreiben vom 12.08.2010 und 23.8.2010 hatte die Streithelferin ...[E] im Hinblick auf das zuvor eingeholte Ergänzungsgutachten vom 11.07.2010 eine nochmalige mündliche Anhörung des Sachverständigen Dr. ...[A] sowie eine schriftliche Ergänzung beantragt (210, 221 GA). Der Antragsgegner hatte demgegenüber erklärt, kein rechtliches Interesse an der Beantwortung der von der ...[E] formulierten Fragen zu haben. Die für ihn im Verhältnis zu der Antragsgegnerin relevanten Fragen seien geklärt. Der erstinstanzliche Richter hat den Parteien daraufhin am 26.08.2010 mitgeteilt, dass es dem Antragsteller möglich sein müsse, das selbständige Beweisverfahren für beendet zu erklären und es bei der Beweisanordnung zu den von der Antragstellerin zu dem Angebot der Fa. ...[F] GmbH formulierten Fragen belassen.

5

Das dazu erstellte Gutachten vom 09.09.2010 ist am 13.09.2010 an die Parteien übersandt worden, ohne dass eine Frist zur Stellungnahme gesetzt worden wäre. Nachdem bis zum 11.11.2010 keine Rückäußerungen der Parteien erfolgt waren, hat der erstinstanzliche Richter mit Verfügung von diesem Tag mitgeteilt, dass das selbstständige Beweisverfahren beendet sei.

6

Dagegen hat die Antragsgegnerin sofortige Beschwerde eingelegt und beantragt, die Entscheidung aufzuheben und dem Verfahren Fortgang zu geben durch ergänzende Beweisanordnung weil das Gutachten vom 09.09.2010 ergänzungs- und erläuterungsbedürftig sei. Die Streithelferin ...[E] vertritt ebenfalls die Auffassung, dass das Verfahren nicht beendet sei, insbesondere weil die von ihr mit Schriftsätzen vom 12.08.2010 und 23.08.2010 aufgeworfenen Fragen offen seien. Zudem erachtet sie die Einholung eines Obergutachtens als sinnvoll.

7

Der Antragsteller hat einer weiteren Begutachtung widersprochen, da die Mangelhaftigkeit des Swimmingpools festgestellt und sachgerechte Feststellungen zu Art und Weise der Mängelbeseitigung getroffen worden seien. An der Klärung von Detailfragen, die im Hinblick auf einen Regress der Antragsgegnerin gegen die Streithelfer oder für das Verhältnis der Streithelfer untereinander relevant seien, habe er kein rechtliches Interesse.

8

Mit Beschluss vom 10.12.2010 hat das Landgericht Trier der sofortigen Beschwerde vom 23.11.2010 nicht abgeholfen und zudem förmlich festgestellt, dass das selbständige Beweisverfahren beendet sei. Dem Antragsteller sei eine weitere Begutachtung nicht zumutbar. Ihm müsse vielmehr das Recht zugestanden werden, das selbständige Beweisverfahren zu beenden, nachdem er deutlich gemacht habe, dass seinem Begehren ausreichend Rechnung getragen worden sei.

9

Die Antragsgegnerin verweist demgegenüber auf die obergerichtliche Rechtsprechung, wonach das selbständige Beweisverfahren solange fortzusetzen sei, bis die Ergänzungsanträge der Verfahrensbeteiligten, die in einem engen zeitlichen Zusammenhang mit der Zustellung des Gutachtens gestellt werden, "abgearbeitet" seien. Ob der Antragsteller das Verfahren als beendet ansehe, sei ohne Belang.

II.

10

Die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin ist zulässig; in der Sache hat sie keinen Erfolg.

1.

11

Die sofortige Beschwerde ist statthaft gemäß § 567 Abs. 1 Nr. 2 ZPO und auch im Übrigen zulässig.

12

Die Antragsgegnerin wendet sich gegen die Verfügung vom 11.11.2010. Mit der dort getroffenen Feststellung der Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens hat das Landgericht zugleich inzident die Anträge der Streithelferin ...[E] vom 12.08. und 23.08.2010 auf nochmalige Anhörung des Gutachters sowie ergänzende schriftliche Begutachtung abgelehnt (so auch OLG Frankfurt NJW-RR 2007,18). Soweit die sofortige Beschwerde sich dagegen richtet, ist sie gemäß § 562 Abs. 1 Nr. 2 ZPO zulässig. Das Begehren einer ergänzenden Beweiserhebung ist ein das Verfahren betreffender Antrag, zu dem jede Partei nach § 411 Abs. 4 ZPO, der gemäß § 492 Abs. 1 ZPO auch im selbständigen Beweisverfahren gilt, berechtigt ist. § 355 Abs. 2 ZPO steht der Zulässigkeit der Beschwerde nicht entgegen. Diese Vorschrift, nach der eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet ist, nicht zulässig ist, ist im selbständigen Beweisverfahren nicht anwendbar. § 492 Abs. 1 ZPO nimmt nur auf die für die Aufnahme der einzelnen Beweismittel geltenden Vorschriften Bezug, nicht auf die allgemeinen Vorschriften über die Anordnung und Durchführung der Beweisaufnahme im Rechtsstreit. Auch nach ihrem Sinn und Zweck, die Einwendungen gegen Umfang und Ergebnis der Beweisaufnahme der Anfechtung der abschließenden Entscheidung vorzubehalten und die Verzögerung durch einen Zwischenstreit zu vermeiden, kann die Vorschrift im selbständigen Beweisverfahren nicht angewendet werden, weil es eine abschließende Entscheidung nicht gibt (zum Vorstehenden OLG Stuttgart NJOZ 2002, 1 = Die Justiz 2003, 149).

2.

13

Die sofortige Beschwerde ist nicht begründet. Das Landgericht hat in der angegriffenen Verfügung die Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens zu Recht festgestellt.

14

Eine förmliche Beendigung des selbständigen Beweisverfahrens ist im Gesetz nicht vorgesehen. Ein anderer Abschluss als die Sicherung eines bestimmten Beweises findet nicht statt (BGH NJW 2011, 594). Ein selbständiges Beweisverfahren ist beendet, wenn die Beweissicherung sachlich erledigt ist. Erfolgt die Beweiserhebung durch ein schriftliches Sachverständigengutachten, ist das selbständige Beweisverfahren mit dessen Übersendung an die Parteien beendet, wenn weder das Gericht nach § 411 Abs. 4 Satz 2 ZPO eine Frist zur Stellungnahme gesetzt hat noch die Parteien innerhalb eines angemessenen Zeitraums Einwendungen dagegen oder das Gutachten betreffende Anträge oder Ergänzungsfragen mitteilen. Ob die Beendigung des Verfahrens durch derartige Schritte hinausgeschoben worden ist, lässt sich naturgemäß erst bei rückschauender Betrachtung beurteilen (st. Rspr. siehe BGH aaO mwN).

15

Nach diesen Grundsätzen war das selbständige Beweisverfahren mit Zugang der Verfügung vom 11.11.2010 bei den Parteien sachlich beendet, weil weder im Hinblick auf die Anträge der Streithelferin ...[E] vom 12.08. und 23.08.2010, noch mit Rücksicht auf die in der sofortigen Beschwerde vom 23.11.2010 gestellten Ergänzungsanträge der Antragsgegnerin eine weitergehende Beweisanordnung geboten war. Den Anträgen der Streithelferin ...[E] fehlt der unmittelbare sachliche Zusammenhang zum Beweisthema (dazu a)); die Anträge der Antragsgegnerin erfolgten nicht innerhalb einer angemessenen Frist (dazu b)).

a)

16

Mit ihren Anträgen in den vorgenannten Schriftsätzen begehrt die Streithelferin ...[E] eine ergänzende Beweiserhebung im Hinblick auf die Feststellungen des Sachverständigen im Gutachten vom 11.07.2010. Nachdem dem Gutachten unter anderem ein 30 Seiten umfassender Untersuchungsbericht der ...[G] beigefügt war, der einer intensiven und zeitaufwändigen Prüfung bedurfte, ist die innerhalb von ca. 5 Wochen nach Übersendung des Gutachtens eingereichte Stellungnahme rechtzeitig.

17

Auch an der grundsätzlichen Beteiligung der Streithelferin am selbständigen Beweisverfahren sowie deren Berechtigung, Beweisanträge zu stellen, bestehen keine durchgreifenden Zweifel. Nach der Rechtsprechung (BGHZ 134, 190) ist die Streitverkündung im selbständigen Beweisverfahren zulässig. Dementsprechend kann die Streithelferin gem. §§ 67, 74 ZPO die Rechte einer Nebenintervenientin wahrnehmen, also Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend machen und Prozesshandlungen vornehmen, soweit sie sich nicht mit der Hauptpartei in Widerspruch setzt.

18

Zudem ist der Antragsgegner im selbständigen Beweisverfahren berechtigt, Gegenanträge zu stellen. Dieses Recht ist jedoch dahingehend eingeschränkt, dass die Anträge in unmittelbarem Zusammenhang mit den von dem Antragsteller zur Entscheidung gestellten Anträgen stehen (Zöller, ZPO, 28. Aufl. 2010, § 485 Rn. 3 mwN).

19

Aus dem Vorgesagten ergibt sich zum einen, dass der Streithelfer nur solche Ergänzungsanträge stellen darf, die das Verfahren „seiner“ Partei unterstützen. Zum anderen ist danach eine Erweiterung von Beweisfragen durch Gegenanträge eines Streithelfers nur unter der Einschränkung des engen sachlichen Zusammenhangs mit dem Beweisthema zulässig, das im Verhältnis zum Streitverkünder und dessen Antragsgegner geklärt werden soll. Will der Streithelfer das selbständige Beweisverfahren um Beweisfragen erweitern, die nur sein Verhältnis zum Streitverkünder - oder zu einem weiteren Streithelfer - betreffen, jedoch für das Verhältnis zwischen Antragsteller und Antragsgegner ohne Bedeutung sind, fehlt es an diesem engen zeitlichen und sachlichen Zusammenhang (OLG Düsseldorf, BauR 2004, 1657; OLG Karlsruhe MDR 2008, 1354, OLG Hamm NJW 2009, 1009). Das Verfahren der Beweissicherung dient nicht zuletzt dem Zweck, in den Fällen, in denen der Streit der Beteiligten im Wesentlichen von der Klärung tatsächlicher Fragen abhängt, durch umfassende Beantwortung dieser Fragen mit geeigneten Beweismitteln den Beteiligten eine zügige Beilegung des Streits ohne Durchführung eines streitigen Verfahrens zu ermöglichen. Dieses Ziel wird verfehlt, wenn das Verfahren mit Gegenanträgen befrachtet wird, die für das Verhältnis des Antragstellers zu dem Antragsgegner ohne Belang sind und nur dazu dienen, die Verantwortlichkeit des Antragsgegners zu einem Dritten abzuklären, der in keiner unmittelbaren Beziehung zu dem Antragsteller steht. Dies gilt auch dann, wenn die Beantwortung der Gegenanträge auf den bisherigen Feststellungen des bereits beauftragten Sachverständigen aufbaut. Gegenanträge, die über das den Grund des selbstständigen Beweisverfahrens bildende Rechtsverhältnis der Parteien hinausgehen, sind daher nicht zuzulassen. Der Antragsteller gibt durch seine Fragestellung den Rahmen der Beweiserhebung vor. Dieses Recht darf ihm nicht durch Gegenanträge aus der Hand genommen werden mit der Folge, dass die ursprüngliche Zielrichtung des Beweisverfahrens in den Hintergrund tritt, und die Beweisaufnahme von dem Antragsteller und den von diesem in das Verfahren einbezogenen Dritten bestimmt wird (zum Vorstehenden: OLG Hamm aaO).

20

Das aber wäre hier der Fall. Die von der Streithelferin ...[E] aufgeworfenen Fragen gehen zwar nicht über die dem ursprünglichen Gutachtenauftrag zugrunde liegende Frage, welche Ursache die Ablagerungen und Verfärbungen auf dem Oberflächenbelag des Swimmingpools haben (Frage 6), hinaus. Nachdem aber aus Sicht des Antragstellers nicht nur die Mangelhaftigkeit des Pools, sondern auch die Verantwortlichkeit der Antragsgegnerin feststeht, sind die weiteren von der Streithelferin begehrten Feststellungen für das Verhältnis zwischen dem Antragsteller und der Antragsgegnerin und den daraus resultierenden Gewährleistungsansprüchen nicht relevant.

21

Im Gegensatz zu der Entscheidung des OLG Düsseldorf (aaO) ist hier - wie auch im Fall des OLG Karlsruhe (aaO) - zudem ausgeschlossen, dass die Beantwortung der Fragen der Streithelferin die darauf zielen, die Mangelfreiheit ihrer Leistung auf Antragsgegnerseite festzustellen, Auswirkungen auf das Verhältnis der Hauptparteien hat. In dem vom OLG Düsseldorf (aaO) entschiedenen Sachverhalt war die Planung, Statik etc. nicht vom Vertrag zwischen den Hauptparteien umfasst, so dass die Fragen der dortigen Streithelferin der Antragsgegnerin zur Ursache der Mängel auch das Verhältnis der Hauptparteien, nämlich die eventuell fehlende Verantwortung der Antragsgegnerin für Planungs- oder Statikfehler betrafen. Das ist bei den hier zugrunde liegenden Vertragsverhältnissen ausgeschlossen. Die Streithelferin ...[E] ist Zulieferin der Streithelferin ...[C] GmbH, welche wiederum Lieferantin der Antragsgegnerin war. Letztere war einzige Vertragspartnerin des Antragsstellers, so dass es im Verhältnis der Hauptparteien unerheblich ist, ob die Mängel auf der Leistung der Antragsgegnerin selbst beruhen oder in den Verantwortungsbereich von deren Zulieferern fallen. Denn soweit die behaupteten Mängel sich bestätigen, haftet die Antragsgegnerin dem Antragsteller davon unabhängig.

22

Als weiterer Gesichtspunkt kommt hinzu, dass der Antragsteller der von der Streithelferin ...[E] beantragten ergänzenden Beweisannahme vehement widersprochen hat und ihm durch die Zulassung dieser Gegenanträge, die vorrangig dazu dienen, eine mögliche Verantwortlichkeit der Streithelferin abzuklären, das Recht, den Rahmen der Beweiserhebung zu bestimmen, aus der Hand genommen würde.

23

Durch diese Sichtweise wird die Streithelferin auch nicht unrechtmäßig in ihren Rechten beschränkt. Denn unabhängig davon, dass die Streitverkündung zur Folge hat, dass sie sich das Ergebnis der Beweisaufnahme gemäß § 68 ZPO in einem nachfolgenden Prozess entgegenhalten lassen muss (BGH BauR 2004, 1657), verbleibt ihr die Möglichkeit, ein „eigenes“ Beweissicherungsverfahren einzuleiten. Da die Streitverkündete aufgrund ihres Beitrittes auf Seiten der Antragsgegnerin ohnehin nur Anträge stellen darf, die deren Standpunkt unterstützen (§ 74 ZPO), kann sie gegen die Antragsgegnerin selbst dann, wenn noch keine konkreten Rückgriffsansprüche angedroht sind, ein neues selbständiges Beweisverfahren anstrengen (OLG Stuttgart BauR 2000, 923).

b)

24

Auch die in der sofortigen Beschwerde vom 23.11.2010 gestellten Anträge der Antragsgegnerin auf Gutachtenergänzung machen keine weitere Beweisanordnung erforderlich, weil diese nicht in angemessener Frist nach Übersendung des Gutachtens vom 09.09.2010 eingegangen sind.

25

Welche Frist für eine Stellungnahme angemessen ist, hängt von den Umständen des Beweisverfahrens ab, insbesondere von dem Umfang und dem Schwierigkeitsgrad des schriftlichen Gutachtens und davon, ob die betroffene Partei sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen muss (BGH NJW 2011, 594 mwN). Welcher Zeitraum als angemessen anzusehen ist, kann nicht schematisch festgelegt werden, sondern richtet sich nach den schutzwürdigen Interessen der Parteien und den verfahrensrechtlichen Erfordernissen, wobei eine entscheidende Rolle spielt, ob es sich um ein schriftliches Gutachten handelt, das nach Umfang, Gehalt und Schwierigkeitsgrad einer sorgfältigen und damit zeitaufwändigen Prüfung bedarf und ob die betroffene Partei dazu noch sachverständige Hilfe in Anspruch nehmen muss (OLG Celle, MDR 2001, 108 mwN). Meist genügen einige Wochen; drei Monate sind in der Regel bei einem selbstständigen Beweisverfahren zu lang. Mit Ablauf dieser Zeitspanne oder einer gesetzten Frist endet ein selbstständiges Beweisverfahren (Zimmermann in Münchener Kommentar, 3. Aufl. 2008, § 411 Rn 16 mwN).

26

Das Gutachten vom 09.09.2010 ging am 14.09.2010 bei der Antragsgegnerin ein, so dass bis zum Eingang der sofortigen Beschwerde am 23.11.2010 zehn Wochen vergangen waren. Der Umfang der sachverständigen Feststellungen im Gutachten vom 10.10.2010 beträgt knapp zwei Seiten. Die beiden Fragen, ob der Inhalt des Angebots der Fa. ...[F] GmbH vom 12.10.2009 eine zur Sanierung des Schwimmbades taugliche und sachgerechte Ausführung der Mängelbeseitigung vorsieht und ob die in Ansatz gebrachten Kosten angemessen und notwendig sind, werden in leicht verständlicher Weise beantwortet. In Anbetracht dessen hatte die Antragsgegnerin bis zur Verfügung vom 11.11.2010 ausreichend Zeit sich mit dem Ergänzungsgutachten inhaltlich zu befassen und die aus ihrer Sicht jetzt klärungsbedürftigen, ebenfalls nicht als schwierig einzustufenden, Fragen herauszuarbeiten. Hinzu kommt, dass die Antragsgegnerin selbst sachkundig ist und ihr das Angebot der Fa. ...[F] GmbH bereits mit dem Schriftsatz des Antragstellers vom 03.03.2010 am 04.03.2010 übersandt worden war. Berücksichtigt man zudem, dass auch bei wesentlich komplexeren Gutachten Stellungnahmefristen von vier Wochen üblich sind, ist die Stellungnahme am 23.11.2010 nicht mehr innerhalb angemessener Frist erfolgt.

27

Eine andere Bewertung ist auch nicht im Hinblick auf die von der Antragsgegnerin herangezogenen Entscheidungen des OLG Celle (MDR 2001, 108); OLG Düsseldorf (MDR 2004, 1200) und des BGH (IBR 2009, 363) geboten.

28

In der Entscheidung des OLG Celle war die Antragstellung noch vor Ablauf von drei Monaten als angemessen angesehen worden für einen Fall, in dem der Sachverständige ein umfangreiches Gutachten von 31 Seiten mit zahlreichen Anlagen, zu denen auch ein umfangreicher Prüfungsbericht der Materialprüfungsanstalt für das Bauwesen …[Y] gehörte, erstellt hatte. In dem der Entscheidung des OLG Düsseldorf zugrundeliegenden Fall wurde zwar eine Stellungnahme nach fast 4 Monaten noch als angemessen angesehen, jedoch betreffend ein Ergänzungsgutachten, das 15 Fragen beantwortete, wobei diese Fragen sich auf ein erstes Ergänzungsgutachten bezogen, das einen Umfang von 24 Seiten hatte und das wiederum Bezug nahm auf ein über 300 Seiten umfassendes Hauptgutachten, so dass die Prüfung zumindest außergewöhnlich zeitintensiv war. Die zitierte BGH - Entscheidung schließlich musste sich mit der Frage der Angemessenheit nicht auseinandersetzen, nachdem dort die bloße Ankündigung von Anträgen ohnehin nicht als ausreichend erachtet worden war zur Verhinderung einer Beendigung des selbstständigen Beweisverfahrens.

29

Schließlich lässt sich die Verneinung der Angemessenheit im vorliegenden Verfahren zwanglos in Übereinstimmung bringen mit der neueren Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, der in der bereits genannten Entscheidung vom 28.10.2010 (NJW 2011, 594) folgende Feststellungen trifft:

30

„Das Gutachten des Sachverständigen T. nahm zu den einfach gelagerten Beweisfragen auf lediglich sechs Seiten in leicht verständlicher Weise Stellung. Der Beklagte ist selbst sachkundig. Das Gutachten wurde seinem Prozessbevollmächtigten bereits am 7. April 2005 zugestellt. Er hatte ausreichend Zeit, sich mit dem Gutachten inhaltlich zu befassen und ihm als klärungsbedürftig erscheinende Fragen herauszuarbeiten. Unter diesen Umständen erscheint der Zeitraum von sechs Wochen vom Zugang der Verfügung vom 20. Juli 2005 bis zum Eingang des Antrags auf Anhörung des Sachverständigen nicht mehr als angemessen.“

31

Schließlich kann dahinstehen, ob der Gutachter die Fragen zur Mängelbeseitigung im Gutachten vom 09.09.2010 umfassend und ergiebig beantwortet hat. Nach der geschilderten formalen Betrachtungsweise ist dies - abgesehen von dem nicht gegebenen Fall, dass das Gutachten schon auf den ersten Blick völlig ungeeignet ist -, unbeachtlich. Eine Beweiswürdigung findet im selbständigen Beweisverfahren nicht statt.

32

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO. Eine Entscheidung über die außergerichtlichen Kosten ist im selbständigen Beweisverfahren nicht veranlasst.

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(1) Die sofortige Beschwerde findet statt gegen die im ersten Rechtszug ergangenen Entscheidungen der Amtsgerichte und Landgerichte, wenn

1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder
2.
es sich um solche eine mündliche Verhandlung nicht erfordernde Entscheidungen handelt, durch die ein das Verfahren betreffendes Gesuch zurückgewiesen worden ist.

(2) Gegen Entscheidungen über Kosten ist die Beschwerde nur zulässig, wenn der Wert des Beschwerdegegenstands 200 Euro übersteigt.

(3) Der Beschwerdegegner kann sich der Beschwerde anschließen, selbst wenn er auf die Beschwerde verzichtet hat oder die Beschwerdefrist verstrichen ist. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Beschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.

(1) Insoweit die Revision für begründet erachtet wird, ist das angefochtene Urteil aufzuheben.

(2) Wird das Urteil wegen eines Mangels des Verfahrens aufgehoben, so ist zugleich das Verfahren insoweit aufzuheben, als es durch den Mangel betroffen wird.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt vor dem Prozessgericht. Sie ist nur in den durch dieses Gesetz bestimmten Fällen einem Mitglied des Prozessgerichts oder einem anderen Gericht zu übertragen.

(2) Eine Anfechtung des Beschlusses, durch den die eine oder die andere Art der Beweisaufnahme angeordnet wird, findet nicht statt.

(1) Die Beweisaufnahme erfolgt nach den für die Aufnahme des betreffenden Beweismittels überhaupt geltenden Vorschriften.

(2) Das Protokoll über die Beweisaufnahme ist bei dem Gericht, das sie angeordnet hat, aufzubewahren.

(3) Das Gericht kann die Parteien zur mündlichen Erörterung laden, wenn eine Einigung zu erwarten ist; ein Vergleich ist zu gerichtlichem Protokoll zu nehmen.

(1) Wird schriftliche Begutachtung angeordnet, setzt das Gericht dem Sachverständigen eine Frist, innerhalb derer er das von ihm unterschriebene Gutachten zu übermitteln hat.

(2) Versäumt ein zur Erstattung des Gutachtens verpflichteter Sachverständiger die Frist, so soll gegen ihn ein Ordnungsgeld festgesetzt werden. Das Ordnungsgeld muss vorher unter Setzung einer Nachfrist angedroht werden. Im Falle wiederholter Fristversäumnis kann das Ordnungsgeld in der gleichen Weise noch einmal festgesetzt werden. Das einzelne Ordnungsgeld darf 3 000 Euro nicht übersteigen. § 409 Abs. 2 gilt entsprechend.

(3) Das Gericht kann das Erscheinen des Sachverständigen anordnen, damit er das schriftliche Gutachten erläutere. Das Gericht kann auch eine schriftliche Erläuterung oder Ergänzung des Gutachtens anordnen.

(4) Die Parteien haben dem Gericht innerhalb eines angemessenen Zeitraums ihre Einwendungen gegen das Gutachten, die Begutachtung betreffende Anträge und Ergänzungsfragen zu dem schriftlichen Gutachten mitzuteilen. Das Gericht kann ihnen hierfür eine Frist setzen; § 296 Abs. 1, 4 gilt entsprechend.

Der Nebenintervenient muss den Rechtsstreit in der Lage annehmen, in der er sich zur Zeit seines Beitritts befindet; er ist berechtigt, Angriffs- und Verteidigungsmittel geltend zu machen und alle Prozesshandlungen wirksam vorzunehmen, insoweit nicht seine Erklärungen und Handlungen mit Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei in Widerspruch stehen. Für ihn gelten die §§ 141 und 278 Absatz 3 entsprechend.

(1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention.

(2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.

(3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, dass statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war.

Der Nebenintervenient wird im Verhältnis zu der Hauptpartei mit der Behauptung nicht gehört, dass der Rechtsstreit, wie er dem Richter vorgelegen habe, unrichtig entschieden sei; er wird mit der Behauptung, dass die Hauptpartei den Rechtsstreit mangelhaft geführt habe, nur insoweit gehört, als er durch die Lage des Rechtsstreits zur Zeit seines Beitritts oder durch Erklärungen und Handlungen der Hauptpartei verhindert worden ist, Angriffs- oder Verteidigungsmittel geltend zu machen, oder als Angriffs- oder Verteidigungsmittel, die ihm unbekannt waren, von der Hauptpartei absichtlich oder durch grobes Verschulden nicht geltend gemacht sind.

(1) Wenn der Dritte dem Streitverkünder beitritt, so bestimmt sich sein Verhältnis zu den Parteien nach den Grundsätzen über die Nebenintervention.

(2) Lehnt der Dritte den Beitritt ab oder erklärt er sich nicht, so wird der Rechtsstreit ohne Rücksicht auf ihn fortgesetzt.

(3) In allen Fällen dieses Paragraphen sind gegen den Dritten die Vorschriften des § 68 mit der Abweichung anzuwenden, dass statt der Zeit des Beitritts die Zeit entscheidet, zu welcher der Beitritt infolge der Streitverkündung möglich war.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)