Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 16. Jan. 2014 - 2 Ws 748/13

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2014:0116.2WS748.13.0A
bei uns veröffentlicht am16.01.2014

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Tenor

Die Beschwerde des Angeschuldigten M. gegen den Beschluss der Vorsitzenden der 1. großen Strafkammer des Landgerichts Trier vom 5. Dezember 2013 wird auf seine Kosten (§ 473 Abs. 1 S. 1 StPO) als unbegründet verworfen.

Gründe

1

Die Strafkammer hat zu Recht davon abgesehen, die bereits am 13. August 2013 bestellte Rechtsanwältin B. zu entpflichten und stattdessen Rechtsanwalt K. beizuordnen.

2

Auch unter Berücksichtigung der Gegebenheiten des Verfahrens bei Haftbefehlseröffnung und der besonderen Umstände in der Person des Angeschuldigten wurden seine Verfahrensrechte durch die Beiordnung von Rechtsanwältin B. am 13. August 2013 nicht verletzt. Ihm musste keine Bedenkzeit eingeräumt werden, weil er die Auswahl eines Pflichtverteidigers ausdrücklich in das Ermessen des Gerichts gestellt hatte (vgl. Senat StV 2011, 349, zit. n. juris Rn. 16 mwN). In der Folge widersprach er der Beiordnung über einen wesentlichen Zeitraum von 6 Wochen nicht. Darin ist jedenfalls eine nachträgliche Zustimmung zur Auswahl eines bestimmten Verteidigers zu sehen (BGH NJW 2001, 237; Senat aaO Rn. 17).

3

Eine Zurücknahme der Bestellung nach § 143 StPO kommt nicht in Frage, weil die Beauftragung von Rechtsanwalt K. nur erfolgte, um zu erreichen, dass dieser anstelle von Rechtsanwältin B. beigeordnet wird (vgl. Meyer-Goßner, StPO, 56. Aufl. Rn. 2 mwN).

4

Eine Erschütterung des Vertrauensverhältnisses, die derart endgültig und nachhaltig ist, dass die Verteidigung nicht mehr sachgerecht geführt werden kann (vgl. BGH StraFo 2013, 23; Senat 2 Ws 574/10 v. 19.01.2011; Meyer-Goßner, aaO Rn. 5 mwN), liegt nicht vor. Soweit der Angeschuldigte in seinem Schreiben vom 28. Dezember 2013 auf Meinungsverschiedenheiten über die einzuschlagende Verteidigungsstrategie abstellt, reicht dies nicht aus. Meinungsverschiedenheiten zwischen Verteidiger und Angeschuldigtem über das grundlegende Verteidigungskonzept führen nur dann zu einer nachhaltigen Erschütterung des Vertrauensverhältnisses, wenn sich die Beteiligten zur Einigung über das Verteidigungskonzept nicht in der Lage sehen (OLG Hamm, 2 Ws 296/05 v. 19.01.2006 – juris Rn. 29). Dies ist unter Berücksichtigung der abgegebenen Stellungnahmen von Rechtsanwältin B. (Bl. 517 f.; 572) nicht anzunehmen. Allein der Umstand, dass sie dem Angeschuldigten in eigenverantwortlicher Einschätzung der Beweislage zu einem Geständnis geraten hat, zerstört die Vertrauensbasis nicht. Hinzukommen müssten weitere objektive Faktoren, die es ausschließen, dass die Verteidigung noch ordnungsgemäß fortgeführt werden kann (OLG Hamm aaO). Solche sind hier nicht ersichtlich.

5

Auch die aus § 142 Abs. 1 Sätze 2 und 3 StPO resultierende Fürsorgepflicht gebietet vorliegend keinen Wechsel des Pflichtverteidigers. Zwar ist auch ohne Vorliegen von Widerrufsgründen dem einverständlichen Wechsel des Pflichtverteidigers auf Wunsch des Angeschuldigten zu entsprechen, wenn der bisherige Pflichtverteidiger einverstanden ist und dadurch weder eine Verfahrensverzögerung noch Mehrkosten entstehen (Senat, Beschl. 2 Ws 574/10 v. 19.11.2011 und 2 Ws 312/06 v. 15.05.2006 mwN). Diese Voraussetzungen sind vorliegend aber ebenfalls nicht gegeben, da Rechtsanwältin B. mit ihrer Entpflichtung nicht einverstanden ist und bei einer Bestellung von Rechtsanwalt K. zusätzliche Gebühren anfallen würden.

6

Ergänzend wird auf die zutreffenden Ausführungen in der den Beteiligten von hier aus mitgeteilten Stellungnahme der Generalstaatsanwaltschaft Koblenz vom 16. Dezember 2013 Bezug genommen.

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Strafprozeßordnung - StPO | § 473 Kosten bei zurückgenommenem oder erfolglosem Rechtsmittel; Kosten der Wiedereinsetzung


(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Ansc

Strafprozeßordnung - StPO | § 142 Zuständigkeit und Bestellungsverfahren


(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzügli

Strafprozeßordnung - StPO | § 143 Dauer und Aufhebung der Bestellung


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

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(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.

(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.