Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 06. Apr. 2017 - 13 WF 270/17

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2017:0406.13WF270.17.00
06.04.2017

Tenor

1. Auf die sofortige Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Koblenz vom 13.03.2017 abgeändert und der Antragsgegnerin für das Scheidungsverfahren (Scheidung und Versorgungsausgleich) Verfahrenskostenhilfe bewilligt. Ihr wird Rechtsanwältin … zur Vertretung beigeordnet. Auf die Verfahrenskosten sind monatliche Raten von 67,00 € beginnend ab dem 01.06.2017 zu zahlen.

2. Für das Beschwerdeverfahren werden Kosten nicht erhoben. Außergerichtliche Kosten werden nicht erstattet.

Gründe

1

Die Antragsgegnerin begehrt die Bewilligung von Verfahrenskostenhilfe für das von dem getrennt lebenden Antragsgegner betriebene Scheidungsverfahren. Mit Beschluss vom 13.03.2017 hat das Familiengericht die Hilfe verweigert, da bis dahin seitens der Antragsgegnerin keine Verfahrenskostenhilfeunterlagen vorgelegt worden waren. Der sofortigen Beschwerde, mit der die Unterlagen dann vorgelegt wurden, hat das Familiengericht mit der Begründung nicht abgeholfen, da die Antragsgegnerin die Einkommensverhältnisse ihres getrennt lebenden Ehemannes in ihrem Antrag nicht näher konkretisiere, dieser aber im Scheidungsantrag sein Einkommen mit netto 2.200 € angegeben habe, müsse davon ausgegangen werden, dass der Antragsgegnerin ein Verfahrenskostenvorschussanspruch zustehe.

2

Die zulässige sofortige Beschwerde ist begründet.

3

Derzeit kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Antragsgegnerin gegen den Ehemann einen Verfahrenskostenvorschuss hat. Die Eheleute leben mehr als 1 Jahr getrennt. Die Antragsgegnerin ist nur teilschichtig erwerbstätig und hat ein monatliches Einkommen von durchschnittlich 1.047,00 € netto. Sie hat keine Kinder. Sie erhält von ihrem Ehemann einen monatlichen Trennungsunterhalt von 300,00 €. Bevor sie ihren Ehemann auf weiteren Unterhalt in Anspruch nehmen kann, wird sie wahrscheinlich verpflichtet sein, vollschichtig zu arbeiten oder ihr Einkommen durch einen Minijob aufzustocken. Der Verfahrenskostenvorschussanspruch ist ein Unterhaltsanspruch, der die Bedürftigkeit des Berechtigten zur Voraussetzung hat. Unterhaltrechtlich gesehen ist die Antragsgegnerin aber nicht bedürftig. Sie kann ihre Verfahrenskosten - wenn auch nur in Raten - auch allein unter Einsatz ihres Einkommens zahlen.

4

Aus ihrem Einkommen hat die Antragsgegnerin gem. § 115 ZPO monatliche Raten von 67,00 € zu zahlen:

5

Nettoeinkommen

1047,00 €

Unterhalt

300,00 €

zusammen

1347,00 €

Fahrtkosten zur Arbeit
(5,2 € je Entfernungskm)

13,00 €

Wohnkosten

512,00 €

Versicherungen

10,74 €

Freibetrag Antragst.

473,00 €

Erwerbstätigenfreibetrag

215,00 €

einzusetzendes Einkommen

134,00 €

Rate

67,00 €

6

Die geltend gemachten Kosten für Krankengymnastik und besondere Nahrung sind nicht in Ansatz zu bringen. Die Kosten müssten im Wesentlichen aus dem Selbstbehalt gezahlt werden. Sie sind für das gesamte Jahr auch nicht glaubhaft gemacht. Kosten für ärztliche Behandlung, die nicht von der Krankenkasse getragen werden, sind grundsätzlich nicht zu berücksichtigen.

Sonstiger Langtext

7

Auf die Gegenvorstellung der Antragsgegnerin gegen die Festsetzung der Ratenhöhe in dem Beschluss vom 06.04.2017 wird die Rate auf monatlich 37,00 € herabgesetzt. Die weitere Gegenvorstellung wird zurückgewiesen.

8

Tatsächlich war die Angabe der Versicherungen falsch gelesen worden (10,74 € anstatt 70,74 €) und der monatliche Beitrag für die Gewerkschaft war übersehen worden. Indes kann der monatliche Aufwand für eine private Zahnzusatzversicherung (24,36 €) nicht anerkannt werden. Verfahrenskostenhilfe ist eine Form sozialer Hilfe. Deshalb können nur angemessene Versicherungen das für die Verfahrenskosten einzusetzende Einkommen reduzieren. Dies ist bei einem gesetzlich Krankenversicherten grundsätzlich nur der Beitrag für die gesetzliche Versicherung. Mithin ist hier gegenüber der Berechnung im Beschluss vom 06.04.2017 ein weiterer Abzug von 59,96 € zu machen, wodurch sich die monatliche Rate auf 37,00 € reduziert.

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Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 06. Apr. 2017 - 13 WF 270/17 zitiert 1 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 115 Einsatz von Einkommen und Vermögen


(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen: 1. a) die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;b) bei Parteien, die ein Einkommen

Referenzen

(1) Die Partei hat ihr Einkommen einzusetzen. Zum Einkommen gehören alle Einkünfte in Geld oder Geldeswert. Von ihm sind abzusetzen:

1.
a)
die in § 82 Abs. 2 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch bezeichneten Beträge;
b)
bei Parteien, die ein Einkommen aus Erwerbstätigkeit erzielen, ein Betrag in Höhe von 50 vom Hundert des Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
2.
a)
für die Partei und ihren Ehegatten oder ihren Lebenspartner jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für den alleinstehenden oder alleinerziehenden Leistungsberechtigten vom Bund gemäß der Regelbedarfsstufe 1 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
b)
bei weiteren Unterhaltsleistungen auf Grund gesetzlicher Unterhaltspflicht für jede unterhaltsberechtigte Person jeweils ein Betrag in Höhe des um 10 vom Hundert erhöhten Regelsatzes, der für eine Person ihres Alters vom Bund gemäß den Regelbedarfsstufen 3 bis 6 nach der Anlage zu § 28 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch festgesetzt oder fortgeschrieben worden ist;
3.
die Kosten der Unterkunft und Heizung, soweit sie nicht in einem auffälligen Missverhältnis zu den Lebensverhältnissen der Partei stehen;
4.
Mehrbedarfe nach § 21 des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch und nach § 30 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch;
5.
weitere Beträge, soweit dies mit Rücksicht auf besondere Belastungen angemessen ist; § 1610a des Bürgerlichen Gesetzbuchs gilt entsprechend.
Maßgeblich sind die Beträge, die zum Zeitpunkt der Bewilligung der Prozesskostenhilfe gelten. Soweit am Wohnsitz der Partei aufgrund einer Neufestsetzung oder Fortschreibung nach § 29 Absatz 2 bis 4 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch höhere Regelsätze gelten, sind diese heranzuziehen. Das Bundesministerium der Justiz und für Verbraucherschutz gibt bei jeder Neufestsetzung oder jeder Fortschreibung die maßgebenden Beträge nach Satz 3 Nummer 1 Buchstabe b und Nummer 2 und nach Satz 5 im Bundesgesetzblatt bekannt. Diese Beträge sind, soweit sie nicht volle Euro ergeben, bis zu 0,49 Euro abzurunden und von 0,50 Euro an aufzurunden. Die Unterhaltsfreibeträge nach Satz 3 Nr. 2 vermindern sich um eigenes Einkommen der unterhaltsberechtigten Person. Wird eine Geldrente gezahlt, so ist sie an Stelle des Freibetrages abzusetzen, soweit dies angemessen ist.

(2) Von dem nach den Abzügen verbleibenden Teil des monatlichen Einkommens (einzusetzendes Einkommen) sind Monatsraten in Höhe der Hälfte des einzusetzenden Einkommens festzusetzen; die Monatsraten sind auf volle Euro abzurunden. Beträgt die Höhe einer Monatsrate weniger als 10 Euro, ist von der Festsetzung von Monatsraten abzusehen. Bei einem einzusetzenden Einkommen von mehr als 600 Euro beträgt die Monatsrate 300 Euro zuzüglich des Teils des einzusetzenden Einkommens, der 600 Euro übersteigt. Unabhängig von der Zahl der Rechtszüge sind höchstens 48 Monatsraten aufzubringen.

(3) Die Partei hat ihr Vermögen einzusetzen, soweit dies zumutbar ist. § 90 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch gilt entsprechend.

(4) Prozesskostenhilfe wird nicht bewilligt, wenn die Kosten der Prozessführung der Partei vier Monatsraten und die aus dem Vermögen aufzubringenden Teilbeträge voraussichtlich nicht übersteigen.