Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 26. Okt. 2015 - 12 U 325/13

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2015:1026.12U325.13.0A
26.10.2015

Diese Entscheidung zitiert ausblendenDiese Entscheidung zitiert


Tenor

Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil der Einzelrichterin der 5. Zivilkammer des Landgerichts Mainz vom 27.02.2013 teilweise abgeändert und wie folgt neu gefasst:

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 19.737,50 € zuzüglich Zinsen hieraus in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2012 zu zahlen.

Die weitergehende Klage wird abgewiesen.

Die weitergehende Berufung wird zurückgewiesen.

Von den Kosten des Rechtsstreits tragen die Klägerin 65 % und die Beklagten als Gesamtschuldner 35 %.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die Parteien können die Vollstreckung der jeweils anderen Partei gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrages leistet.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe

I.

1

Mit der Klage macht die Klägerin Schadensersatzansprüche aus einem Verkehrsunfallereignis geltend, das sich am 28.05.2012 auf der Autobahn A 61 in der Gemarkung ...[Z] ereignet hat. Auf die tatsächlichen Feststellungen in dem angefochtenen Urteil wird Bezug genommen.

2

Die Klägerin hat in erster Instanz beantragt,

3

die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, an sie 56.576,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2012 zu zahlen.

4

Die Beklagten haben beantragt,

5

die Klage abzuweisen.

6

Mit seinem am 27.02.2013 verkündeten Urteil hat das Landgericht Mainz die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, an die Klägerin 56.576,35 € nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 09.10.2012 zu zahlen.

7

Gegen dieses Urteil richtet sich die Berufung der Beklagten.

8

Die Beklagten beantragen,

9

das Urteil des Landgerichts Mainz vom 27.02.2013 abzuändern und die Klage abzuweisen.

10

Die Klägerin beantragt,

11

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

12

Der Senat hat Beweis erhoben durch Einholung eines Sachverständigengutachtens des Sachverständigen Dipl.-Ing. ...[A] sowie durch Einholung zweier gutachterlicher Stellungnahmen des Sachverständigen. Bezüglich des Ergebnisses der Beweisaufnahme wird auf die schriftlichen Ausführungen des Sachverständigen in dem Gutachten vom 26.02.2014 sowie in den gutachterlichen Stellungnahmen vom 06.10.2014 und vom 27.03.2015 Bezug genommen. Zur ergänzenden Darstellung des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die von den Parteien eingereichten Schriftsätze nebst allen Anlagen verwiesen.

II.

13

Die Berufung der Beklagten ist teilweise begründet.

14

Die Klägerin hat Anspruch gegen die Beklagten als Gesamtschuldner auf Zahlung von 19.737,50 € aus § 823, 249 BGB, 7, 18 StVG. Die Beklagte zu 3. ist für die Regulierung von Unfallschäden von Ausländern im Inland passivlegitimiert und haftbar.

15

Nach Durchführung der Beweisaufnahme ist der Senat zu der Überzeugung gelangt, dass vorliegend von einem sogenannten unaufklärbaren Verkehrsunfallgeschehen auszugehen ist. Als Folge hieraus war eine hälftige Schadensverteilung (siehe u. a. BGH in VersR 2011, 234) vorzunehmen.

16

Dem Senat ist es anhand der Ausführungen des Sachverständigen nicht möglich mit der erforderlichen Sicherheit festzustellen, ob der streitgegenständliche Verkehrsunfall allein oder zumindest vorwiegend von der Beklagten zu 1. oder aber allein oder zumindest vorwiegend von dem Geschäftsführer der Klägerin verursacht worden ist. Der Sachverständige hat in seinem Gutachten vom 26.02.2014 überzeugend und nachvollziehbar ausgeführt, sowohl die Unfallschilderung der Beklagten zu 1. als auch die des Geschäftsführers der Klägerin seien für ihn insbesondere aufgrund der vorgefundenen Schadensbilder nicht nachvollziehbar. Hätte sich der Unfall so wie von der Beklagten zu 1. vorgetragen ereignet, so seien an dem Lkw größere Beschädigungen bis zur Zugmaschine zu erwarten gewesen, die es aber eben nicht gebe. In diesem Falle gäbe es auch kein Aufsteigen des Pkw der Klägerin am vorderen Reifen des Aufliegers. Der Sachverständige kommt zu dem Ergebnis, dass sich mit der Unfallschilderung der Beklagten zu 1. die vorhandenen Beschädigungen und der daraus notwendige Berührungsverlauf nicht darstellen ließen. Gleiches hat der Sachverständige allerdings auch bezüglich der Unfallschilderung des Geschäftsführers der Klägerin festgestellt. Er hat dies damit überzeugend und nachvollziehbar begründet, dass, da für das Fahrzeug der Klägerin eine höhere Geschwindigkeit vorgegeben sei als für den Lkw, es technisch nicht möglich sei, dass das Fahrzeug der Klägerin schon neben dem Lkw gewesen sei, als der Lkw seinen Spurwechsel eingeleitet habe. Somit sei auch die klägerische Kollisionsschilderung für ihn nicht nachvollziehbar. Auch hier seien die vorhandenen Beschädigungen mit dieser Kollisionsschilderung nicht vereinbar. Der Sachverständige hat dieses von ihm gefundene Ergebnis auch in den beiden von ihm erstellten ergänzenden Stellungnahmen vom 06.10.2014 und vom 27.03.2015 ausdrücklich bestätigt. In diesem Zusammenhang hat er noch einmal klargestellt, dass es weder möglich sei festzustellen mit welcher Geschwindigkeit sich der Geschäftsführer der Klägerin dem von der Beklagten zu 1. geführten Lkw angenähert habe noch welche Geschwindigkeit der Lkw zum Zeitpunkt des Spurwechsel gefahren habe. Aus diesem Grund sei es ihm aber auch nicht möglich festzustellen, wie weit der klägerische Pkw noch von dem Lkw entfernt gewesen sei als dieser begonnen habe den Spurwechsel zu vollziehen. Konsequenterweise hat der Sachverständige in seiner Stellungnahme vom 27.03.2015 dann auch festgestellt, dass es ihm somit auch nicht möglich sei, belastbare Angaben zur Vermeidbarkeit des streitgegenständlichen Verkehrsunfallereignisses zu machen. Der Senat hat keinerlei Anlass, an der Richtigkeit dieser nachvollziehbaren und überzeugenden Ausführungen des Sachverständigen zu zweifeln. Er schließt sich diesen Ausführungen vollumfänglich an.

17

Somit war es dem Senat aber anhand der Ausführungen des Sachverständigen nicht möglich festzustellen, ob der streitgegenständliche Verkehrsunfall durch eine unachtsam vorgenommenen Fahrstreifenwechsel der Beklagten zu 1. (§ 7 Abs. 5 StVO) oder durch einen schuldhaften Verstoß des Geschäftsführers der Klägerin gegen § 4 Abs. 1 StVO (Nichteinhaltung des Sicherheitsabstandes) bzw. gegen § 1 Abs. 2 StVO (Unaufmerksames Fahren) verursacht worden ist.

18

An diesem Ergebnis ändert sich auch nichts durch die Ausführungen der Klägerin im Schriftsatz ihres Prozessbevollmächtigten vom 30.09.2015. Die Ausführungen (Berechnungen) der Klägerin bezüglich der Dauer des Spurwechsels des Lkw bzw. der Missachtung der doppelten Rückschaupflicht der Beklagten zu 1. gehen von gefahrenen Geschwindigkeiten von 120 km/h (Pkw der Klägerin) bzw. 86 km/h (Lkw) aus. Gemäß den Ausführungen des Sachverständigen kann aber nicht mehr festgestellt werden, mit welchen Geschwindigkeiten die unfallbeteiligten Fahrzeuge bewegt wurden.

19

Entgegen der auch in der Berufung vertretenen Auffassung der Klägerin konnten zu ihren Gunsten auch nicht die Regelungen des Anscheinsbeweises in Ansatz gebracht werden. Bei „Auffahrunfällen“ auf der Autobahn ist ein Anscheinsbeweis nämlich dann regelmäßig nicht anwendbar, wenn sich der streitgegenständliche Verkehrsunfall im unmittelbaren Zusammenhang einerseits mit einem Fahrstreifenwechsel des einen Unfallbeteiligten und andererseits mit einem Überholvorgang des anderen Unfallbeteiligten ereignet hat und der Sachverhalt im Übrigen nicht aufklärbar ist (BGH in MDR 2012, 145; OLG Koblenz in ZfSch 2014, 380). Ein solcher unmittelbarer Zusammenhang im obigen Sinne ist vorliegend gegeben. Nach der Überzeugung des Senats macht es auch keinen Unterschied, ob der von hinten kommende Unfallbeteiligte frontal auf den spurwechselnden Unfallbeteiligten auffährt oder aber wie vorliegend einen Seitenschaden erleidet. Etwas anderes hätte nur dann gelten können, wenn es der Klägerin gelungen wäre zu beweisen, dass die Beklagte zu 1. den Spurwechsel zu einem Zeitpunkt vorgenommen hat, als sich der Pkw der Klägerin bereits neben dem Lkw befunden hat. Nach den obigen Ausführungen des Senats steht dies aber gerade nicht fest. Damit war im Ergebnis von einem sogenannten ungeklärten/unaufklärbaren Verkehrsunfallgeschehen auszugehen.

20

Was die Höhe des ersatzfähigen Schadens angeht gilt Folgendes:

21

Da die Klägerin den Pkw nicht hat reparieren lassen, ist sie auf die preisgünstigere Ersatzbeschaffung zu verweisen (Gebot der Wirtschaftlichkeit). Der Sachverständige hat den Nettowiederbeschaffungswert des klägerischen Pkw in seinem Gutachten vom 26.02.2014 auf 54.000,00 € beziffert. Abzüglich des Restwerts von 18.705,88 € ergibt sich somit zunächst ein ersatzfähiger Schaden in Höhe von 35.294,12 €. Dem hinzuzurechnen waren die Sachverständigenkosten in Höhe von 3.792,90 €, die Abschleppkosten in Höhe von 296,00 €, die Kostenpauschale in Höhe von 25,00 € sowie die Kosten für den ausgefallenen Flug in Höhe von 66,98 €. Nicht hinzuzurechnen waren hingegen die geltend gemachten Stornokosten bezüglich des Mietwagens. Insoweit haben die Beklagten substantiiert bestritten, dass eine kostenfreie Stornierung nicht möglich gewesen wäre. Die Klägerin ist dem nicht in erheblicher Weise entgegen getreten. Die Wertminderung war nicht in Ansatz zu bringen, da vorliegend eine Abrechnung auf Totalschadenbasis erfolgt ist. Auszugehen war somit von einem Gesamtschaden von 39.475,00 €. Der ersatzfähige hälftige Anteil hiervon beträgt 19.737,50 €. Im Übrigen war die Klage abzuweisen.

22

Die ausgeurteilte Zinsforderung ergibt sich aus §§ 286, 288 BGB.

23

Die Kostenentscheidung folgt aus § 92 ZPO, die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

24

Gründe, die Revision zuzulassen, liegen nicht vor.

25

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 56.576,35 € festgesetzt.

ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 26. Okt. 2015 - 12 U 325/13

Urteilsbesprechung schreiben

0 Urteilsbesprechungen zu Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 26. Okt. 2015 - 12 U 325/13

Referenzen - Gesetze

Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 26. Okt. 2015 - 12 U 325/13 zitiert 10 §§.

Zivilprozessordnung - ZPO | § 708 Vorläufige Vollstreckbarkeit ohne Sicherheitsleistung


Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:1.Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;2.Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;3.Urteile, dur

Zivilprozessordnung - ZPO | § 92 Kosten bei teilweisem Obsiegen


(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last. (2) Das Ger

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 823 Schadensersatzpflicht


(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet. (2) Di

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 288 Verzugszinsen und sonstiger Verzugsschaden


#BJNR001950896BJNE028103377 (1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz. (2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, betr

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 286 Verzug des Schuldners


#BJNR001950896BJNE027902377 (1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Z

Bürgerliches Gesetzbuch - BGB | § 249 Art und Umfang des Schadensersatzes


(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre. (2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadenser

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 1 Grundregeln


(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht. (2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 7 Benutzung von Fahrstreifen durch Kraftfahrzeuge


(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein m

Straßenverkehrs-Ordnung - StVO 2013 | § 4 Abstand


(1) Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen. (2) Wer ein Kra

Referenzen

(1) Wer vorsätzlich oder fahrlässig das Leben, den Körper, die Gesundheit, die Freiheit, das Eigentum oder ein sonstiges Recht eines anderen widerrechtlich verletzt, ist dem anderen zum Ersatz des daraus entstehenden Schadens verpflichtet.

(2) Die gleiche Verpflichtung trifft denjenigen, welcher gegen ein den Schutz eines anderen bezweckendes Gesetz verstößt. Ist nach dem Inhalt des Gesetzes ein Verstoß gegen dieses auch ohne Verschulden möglich, so tritt die Ersatzpflicht nur im Falle des Verschuldens ein.

(1) Wer zum Schadensersatz verpflichtet ist, hat den Zustand herzustellen, der bestehen würde, wenn der zum Ersatz verpflichtende Umstand nicht eingetreten wäre.

(2) Ist wegen Verletzung einer Person oder wegen Beschädigung einer Sache Schadensersatz zu leisten, so kann der Gläubiger statt der Herstellung den dazu erforderlichen Geldbetrag verlangen. Bei der Beschädigung einer Sache schließt der nach Satz 1 erforderliche Geldbetrag die Umsatzsteuer nur mit ein, wenn und soweit sie tatsächlich angefallen ist.

(1) Auf Fahrbahnen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung dürfen Kraftfahrzeuge von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren (§ 2 Absatz 2) abweichen, wenn die Verkehrsdichte das rechtfertigt. Fahrstreifen ist der Teil einer Fahrbahn, den ein mehrspuriges Fahrzeug zum ungehinderten Fahren im Verlauf der Fahrbahn benötigt.

(2) Ist der Verkehr so dicht, dass sich auf den Fahrstreifen für eine Richtung Fahrzeugschlangen gebildet haben, darf rechts schneller als links gefahren werden.

(2a) Wenn auf der Fahrbahn für eine Richtung eine Fahrzeugschlange auf dem jeweils linken Fahrstreifen steht oder langsam fährt, dürfen Fahrzeuge diese mit geringfügig höherer Geschwindigkeit und mit äußerster Vorsicht rechts überholen.

(3) Innerhalb geschlossener Ortschaften – ausgenommen auf Autobahnen (Zeichen 330.1) – dürfen Kraftfahrzeuge mit einer zulässigen Gesamtmasse bis zu 3,5 t auf Fahrbahnen mit mehreren markierten Fahrstreifen für eine Richtung (Zeichen 296 oder 340) den Fahrstreifen frei wählen, auch wenn die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 1 nicht vorliegen. Dann darf rechts schneller als links gefahren werden.

(3a) Sind auf einer Fahrbahn für beide Richtungen insgesamt drei Fahrstreifen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert, dann dürfen der linke, dem Gegenverkehr vorbehaltene, und der mittlere Fahrstreifen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt für Fahrbahnen, wenn insgesamt fünf Fahrstreifen für beide Richtungen durch Leitlinien (Zeichen 340) markiert sind, für die zwei linken, dem Gegenverkehr vorbehaltenen, und den mittleren Fahrstreifen. Wer nach links abbiegen will, darf sich bei insgesamt drei oder fünf Fahrstreifen für beide Richtungen auf dem jeweils mittleren Fahrstreifen in Fahrtrichtung einordnen.

(3b) Auf Fahrbahnen für beide Richtungen mit vier durch Leitlinien (Zeichen 340) markierten Fahrstreifen sind die beiden in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen ausschließlich dem Gegenverkehr vorbehalten; sie dürfen nicht zum Überholen benutzt werden. Dasselbe gilt auf sechsstreifigen Fahrbahnen für die drei in Fahrtrichtung linken Fahrstreifen.

(3c) Sind außerhalb geschlossener Ortschaften für eine Richtung drei Fahrstreifen mit Zeichen 340 gekennzeichnet, dürfen Kraftfahrzeuge, abweichend von dem Gebot möglichst weit rechts zu fahren, den mittleren Fahrstreifen dort durchgängig befahren, wo – auch nur hin und wieder – rechts davon ein Fahrzeug hält oder fährt. Dasselbe gilt auf Fahrbahnen mit mehr als drei so markierten Fahrstreifen für eine Richtung für den zweiten Fahrstreifen von rechts. Den linken Fahrstreifen dürfen außerhalb geschlossener Ortschaften Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse von mehr als 3,5 t sowie alle Kraftfahrzeuge mit Anhänger nur benutzen, wenn sie sich dort zum Zwecke des Linksabbiegens einordnen.

(4) Ist auf Straßen mit mehreren Fahrstreifen für eine Richtung das durchgehende Befahren eines Fahrstreifens nicht möglich oder endet ein Fahrstreifen, ist den am Weiterfahren gehinderten Fahrzeugen der Übergang auf den benachbarten Fahrstreifen in der Weise zu ermöglichen, dass sich diese Fahrzeuge unmittelbar vor Beginn der Verengung jeweils im Wechsel nach einem auf dem durchgehenden Fahrstreifen fahrenden Fahrzeug einordnen können (Reißverschlussverfahren).

(5) In allen Fällen darf ein Fahrstreifen nur gewechselt werden, wenn eine Gefährdung anderer Verkehrsteilnehmer ausgeschlossen ist. Jeder Fahrstreifenwechsel ist rechtzeitig und deutlich anzukündigen; dabei sind die Fahrtrichtungsanzeiger zu benutzen.

(1) Der Abstand zu einem vorausfahrenden Fahrzeug muss in der Regel so groß sein, dass auch dann hinter diesem gehalten werden kann, wenn es plötzlich gebremst wird. Wer vorausfährt, darf nicht ohne zwingenden Grund stark bremsen.

(2) Wer ein Kraftfahrzeug führt, für das eine besondere Geschwindigkeitsbeschränkung gilt, sowie einen Zug führt, der länger als 7 m ist, muss außerhalb geschlossener Ortschaften ständig so großen Abstand von dem vorausfahrenden Kraftfahrzeug halten, dass ein überholendes Kraftfahrzeug einscheren kann. Das gilt nicht,

1.
wenn zum Überholen ausgeschert wird und dies angekündigt wurde,
2.
wenn in der Fahrtrichtung mehr als ein Fahrstreifen vorhanden ist oder
3.
auf Strecken, auf denen das Überholen verboten ist.

(3) Wer einen Lastkraftwagen mit einer zulässigen Gesamtmasse über 3,5 t oder einen Kraftomnibus führt, muss auf Autobahnen, wenn die Geschwindigkeit mehr als 50 km/h beträgt, zu vorausfahrenden Fahrzeugen einen Mindestabstand von 50 m einhalten.

(1) Die Teilnahme am Straßenverkehr erfordert ständige Vorsicht und gegenseitige Rücksicht.

(2) Wer am Verkehr teilnimmt hat sich so zu verhalten, dass kein Anderer geschädigt, gefährdet oder mehr, als nach den Umständen unvermeidbar, behindert oder belästigt wird.

*

(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

*

(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

(1) Wenn jede Partei teils obsiegt, teils unterliegt, so sind die Kosten gegeneinander aufzuheben oder verhältnismäßig zu teilen. Sind die Kosten gegeneinander aufgehoben, so fallen die Gerichtskosten jeder Partei zur Hälfte zur Last.

(2) Das Gericht kann der einen Partei die gesamten Prozesskosten auferlegen, wenn

1.
die Zuvielforderung der anderen Partei verhältnismäßig geringfügig war und keine oder nur geringfügig höhere Kosten veranlasst hat oder
2.
der Betrag der Forderung der anderen Partei von der Festsetzung durch richterliches Ermessen, von der Ermittlung durch Sachverständige oder von einer gegenseitigen Berechnung abhängig war.

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.