Oberlandesgericht Koblenz Beschluss, 11. Juni 2012 - 11 UF 266/12

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2012:0611.11UF266.12.0A
11.06.2012

Die Beschwerde des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X] gegen den Beschluss des Amtsgerichts - Familiengericht - Andernach vom 2. April 2012 wird zurückgewiesen mit den Maßgaben, dass festgestellt wird, dass die Anordnung Nr. 4 in dem Beschluss erledigt ist, und dass die Anordnungen Nr. 5 und 6 in dem Beschluss aufgehoben werden.

Gerichtskosten des Beschwerdeverfahrens werden nicht erhoben. Eine Erstattung der außergerichtlichen Kosten findet nicht statt.

Der Verfahrenswert für das Beschwerdeverfahren wird auf 1.500,00 Euro festgesetzt.

Gründe

I.

1

Das Kind ...[A] wurde am … 2012 im Klinikum ...[Y] geboren. Die Kindeseltern leben zusammen und sind nicht miteinander verheiratet. Die Kindesmutter hat zwei weitere Kinder aus einer anderen Beziehung, die Töchter ...[B], geboren am … 1990, und ...[C], geboren am … 1995. Die Tochter ...[C] erhielt von August 2010 bis Mai 2011 stationäre Erziehungshilfe.

2

Das betroffene Kind ...[A] wurde am 9. März 2012 von dem Stadtjugendamt ...[X] in Obhut genommen und in die Kinderklinik ...[Z] verlegt.

3

Mit Beschluss vom 14. März 2012 hat das Amtsgericht Koblenz auf eine Gefährdungsanzeige des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X] der allein sorgeberechtigten Kindesmutter das Recht zur Aufenthaltsbestimmung, das Recht zur Regelung der ärztlichen Versorgung, das Recht zur Zuführung zu medizinischen Behandlungen und das Recht zur Beantragung von Jugendhilfemaßnahmen für das betroffene Kind entzogen. Am selben Tag wurde ...[A] in eine Bereitschaftspflege in ...[W] gegeben.

4

Am 2. April 2012 hat das Amtsgericht Andernach nach Durchführung eines Anhörungstermins und Vernehmung von drei Zeugen die einstweilige Anordnung aufgehoben, der Kindesmutter aufgegeben, bis spätestens 16. April 2012 öffentliche Hilfen in Anspruch zu nehmen, und für den Fall der fristgerechten Beantragung der sozialpädagogischen Familienhilfe durch die Kindesmutter dem Jugendamt der Kreisverwaltung ...[X] aufgegeben, das Kind bis zum 17. April 2012 herauszugeben. Bis zur Herausgabe solle das Kind zur Vorbereitung der Rückführung täglichen Umgang mit dem Kind für die Dauer von mindestens einer Stunde haben. Das Amtsgericht hat ferner dem Jugendamt nach Herausgabe des Kindes regelmäßige Kontrollbesuche im Haushalt der Kindesmutter und die Genehmigung des Einsatzes einer sozialpädagogischen Familienhilfe mit einem Stundenaufwand von mindestens dreimal wöchentlich 2 Stunden aufgegeben. Das Kindeswohl sei aufgrund der psychischen Labilität der Kindesmutter gefährdet. Dieser Gefährdung des Kindeswohls könne nach den derzeitigen Erkenntnissen durch den Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe begegnet werden, eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie sei nicht erforderlich. Daher sei die Herausgabe des Kindes an die Bereitschaft der Kindesmutter zu knüpfen, eine sozialpädagogische Familienhilfe in Anspruch zu nehmen. Vor dem Hintergrund, dass das Kind bereits vor mehr als drei Wochen in Obhut genommen worden sei, sei es erforderlich, die Umgangskontakte zur Vorbereitung des Kindes auf eine Rückführung zu der Mutter auszuweiten.

5

Das Amtsgericht hat von Amts wegen ein Hauptsacheverfahren nach § 1666 BGB eingeleitet und beabsichtigt, im Rahmen dessen ein Sachverständigengutachten einzuholen zur Klärung der Frage, welchem Krankheitsbild die psychische Labilität der Kindesmutter zuzuordnen ist und welche Maßnahmen zum Wohle des Kindes geboten sind.

6

Die Kindesmutter stellte am 5. April 2012 einen Antrag auf Hilfe zur Erziehung, den sie wie folgt einschränkte: Die Passage "der Maßnahme gingen eingehende Gespräche voraus, in denen die Fachkraft des Jugendamtes mich eingehend über die für mein Kind in Frage kommende Unterbringung/Hilfe informiert hat" wurde gestrichen und ersetzt durch den handschriftlichen Vermerk "Informationsgespräche gab es nicht". Vor der Unterschrift der Kindesmutter wurde handschriftlich die Zeile eingefügt: "Entsprechend Beschluss des AG Andernach vom 2.04.2012. Bei anderweitiger Entscheidung des OLG wird Antrag zurückgenommen. Ansonsten bleibt es bei dem Antrag."

7

Am 13. April 2012 wurde ...[A] in den mütterlichen Haushalt zurückgeführt. Eine sozialpädagogische Familienhilfe wurde eingerichtet. Eine Fachkraft besucht den elterlichen Haushalt 5 x die Woche mit insgesamt 10 Fachstunden im Rahmen von Kontrollbesuchen.

8

Gegen den Beschluss hatte die Kindesmutter Beschwerde eingelegt, mit der sie ursprünglich die sofortige Herausgabe des Kindes begehrte. Nach der Rückführung des Kindes in den mütterlichen Haushalt hat die Kindesmutter ihre Beschwerde für erledigt erklärt. Den angekündigten Antrag auf Feststellung der Rechtswidrigkeit der Wegnahme des Kindes seit dem 9. April 2012 aus der Obhut der Kindesmutter hat sie nicht gestellt, nachdem der Senat dafür mit Beschluss vom 7. Mai 2012 die begehrte Verfahrenskostenhilfe versagt hat.

9

Die Beschwerde des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X] zielt darauf, der Kindesmutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht, die Gesundheitsfürsorge und das Recht zur Beantragung von Erziehungshilfen zu entziehen.

10

Das Jugendamt möchte daher die Aufhebung des angefochtenen Beschlusses und die Wiederherstellung des Beschlusses vom 14. März 2012 erreichen. Die Anordnung der Herausgabe des Kindes zu einem bestimmten Zeitpunkt sowie die Anordnung von Umgangskontakten in dem angefochtenen Beschluss seien unsinnig, weil die Kindesmutter aufgrund des angefochtenen Beschlusses die elterliche Sorge ohne jede Einschränkung ausüben könne. Die Einschränkung der elterlichen Sorge sei jedoch erforderlich, bis die Erziehungsfähigkeit der Kindesmutter fachärztlich festgestellt sei. Das Kindeswohl sei wegen der psychischen Labilität der Kindesmutter gefährdet. Es stehe nicht fest, dass die Kindesmutter in der Lage sei, das Kind zu versorgen. Die Kindesmutter zeige keine Einsicht in ihre psychische Störung und lehne alle Hilfsangebote ab. Sie sei nicht bereit, mit der Fachkraft der sozialpädagogischen Familienhilfe und dem Jugendamt zusammenzuarbeiten. Eine Überwachung durch die Fachkraft der sozialpädagogischen Familienhilfe sei zudem nur sehr eingeschränkt möglich und der akuten Gefährdung des Kindeswohls könne durch die Kontrollbesuche nicht begegnet werden. Die Anordnungen Nr. 4 bis 6 des angefochtenen Beschlusses seien rechtswidrig. Die Durchführung der täglichen Umgangskontakte sei auch unter Prüfung aller zur Verfügung stehenden Möglichkeiten nicht möglich gewesen, insbesondere nicht in der Kürze der Zeit. Es liege im Beurteilungsspielraum des Jugendamts zu prüfen und zu entscheiden, welche Hilfeart und welcher Umfang der Hilfe erforderlich seien, um das Kindeswohl sicherzustellen. Das Amtsgericht habe in unzulässiger Weise in die Kompetenz des Jugendamts als Träger öffentlicher Hilfe eingegriffen. Details einer Hilfegewährung könnten nur im Rahmen eines Hilfeplanverfahrens durch das Jugendamt geregelt werden.

11

Die Kindesmutter ist der Beschwerde entgegengetreten und hat beantragt, die Rechtsbeschwerde zuzulassen. Das Jugendamt habe von Anfang an den Entzug der elterlichen Sorge als günstigere und einfachste Möglichkeit angesehen. Wegen organisatorischer Schwierigkeiten und aus Ersparnisgründen sei ihr das Kind schon vor Ablauf der vorgesehenen Frist zurückgegeben worden. Der Sachverhalt sei bis zur Anhörung erster Instanz nicht ausreichend aufgeklärt worden. Sie kümmere sich bestens und mit Hingabe um ...[A].

12

Der Verfahrensbeistand hat zu der Beschwerde des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X] nach Rücksprache mit der eingesetzten Fachkraft der sozialpädagogischen Familienhilfe Stellung genommen (Bl. 181 f.).

13

Die Fachkraft der sozialpädagogischen Familienhilfe hat gegenüber dem Jugendamt und dem Verfahrensbeistand berichtet, dass ...[A] im Haushalt der Kindeseltern gut versorgt sei und es aus ihrer Sicht keine Beanstandungen gegeben hätte.

14

Der Senat hat die Beteiligten angehört. Im Rahmen der Anhörung hat die Kindesmutter erklärt, dass sie ihren Vorbehalt in dem Hilfeantrag fallen lasse und die Fortführung der sozialpädagogischen Familienhilfe auf unbeschränkte Zeit befürworte.

15

Auf den Vermerk über die nichtöffentliche Sitzung des Senats vom 29. Mai 2012 (Bl. 186 bis 188 GA) wird Bezug genommen.

II.

16

Die Beschwerde des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X] ist zulässig, § 162 Abs.3 Satz 2 FamFG.

1.

17

Die Beschwerde erweist sich als unbegründet, soweit sie gegen die Aufhebung der einstweiligen Entziehung von Teilbereichen der elterlichen Sorge und gegen die Anordnung der Herausgabe des Kindes in den mütterlichen Haushalt nach Beantragung der Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe durch die Kindesmutter gerichtet ist (Anordnungen Nr. 1 bis 3 des Beschlusses).

18

Das Amtsgericht hat zu Recht den durch einstweilige Anordnung vom 14. März 2012 angeordneten Teilentzug der elterlichen Sorge aufgehoben, § 54 Abs. 1, 2 FamFG.

19

Zwar waren ursprünglich die materiell-rechtlichen Voraussetzungen für die Inobhutnahme des Kindes nach §§ 8a, 42 SGB VIII und für den angeordneten einstweiligen Sorgerechtsentzug nach § 1666 BGB gegeben. Auf den Beschluss des Senats vom 7. Mai 2012 wird zur Vermeidung von Wiederholungen Bezug genommen.

20

Zum Zeitpunkt der amtsgerichtlichen Entscheidung am 2. April 2012 lagen die Voraussetzungen für einen Sorgerechtsentzug nach § 1666 BGB jedoch nicht länger vor. Der Kindeswohlgefährdung kann nunmehr durch andere Weise, und zwar durch öffentliche Hilfe, entgegengewirkt werden, § 1666a Abs. 1 BGB.

21

Soweit es um die Trennung des Kindes von seinen Eltern als dem stärksten Eingriff in das Elternrecht geht, ist dieser allein unter den Voraussetzungen des Art. 6 Abs. 3 GG zulässig. Danach dürfen Kinder gegen den Willen des Sorgeberechtigten nur aufgrund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen. Nicht jedes Versagen oder jede Nachlässigkeit der Eltern berechtigt den Staat auf der Grundlage seines ihm nach Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG übertragenen Wächteramtes, die Eltern von der Pflege und Erziehung ihres Kindes auszuschließen oder gar selbst diese Aufgabe zu übernehmen. Das elterliche Fehlverhalten muss vielmehr ein solches Ausmaß erreichen, dass das Kind bei einem Verbleiben in der Familie in seinem körperlichen, geistigen oder seelischen Wohl nachhaltig gefährdet ist (vgl. BVerfG FamRB 2011, 108 m.w.N.). Es muss eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten sein (BVerfG, Beschluss vom 28.02.2012, 1 BvR 3116/11, in juris veröffentlicht).

22

Daraus folgt zwingend, dass der Sorgerechtsentzug nach §§ 1666, 1666a BGB nicht bereits dann gerechtfertigt ist, wenn es Eltern nicht gelingt, ihre Erziehungsfähigkeit nachzuweisen. Ein derartiger Nachweis der Erziehungsfähigkeit kann Eltern nicht abverlangt werden, ebenso wenig reichen reine Zweifel an der Erziehungsfähigkeit für einen Sorgerechtsentzug aus (vgl. OLG Frankfurt, Beschluss vom 21.12.2011, 2 UF 4781/11, in juris veröffentlicht).

23

Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann, § 1666a Abs. 1 BGB. Bei der Auswahl der Mittel haben die Gerichte dem verfassungsrechtlich verbürgten Elternrecht hinreichend Rechnung zu tragen und sich streng am Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu orientieren. Wenn Eltern das Sorgerecht für ihre Kinder entzogen und damit zugleich die Aufrechterhaltung der Trennung der Kinder von ihnen gesichert wird, darf dies zudem nur unter strikter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit erfolgen. Dieser gebietet es, dass Art und Ausmaß des staatlichen Eingriffs sich nach dem Grund des Versagens der Eltern und danach bestimmen müssen, was im Interesse des Kindes geboten ist. Der Staat muss daher nach Möglichkeit versuchen, durch helfende, unterstützende, auf Herstellung oder Wiederherstellung eines verantwortungsgerechten Verhaltens der leiblichen Eltern gerichtete Maßnahmen sein Ziel zu erreichen. In diesem Zusammenhang hat das Bundesverfassungsgericht befunden, dass der Gesetzgeber mit § 1666 Abs. 1 Abs. 1 in Verbindung mit § 1666a BGB eine Regelung geschaffen hat, die es dem Familiengericht ermöglicht, bei Maßnahmen zum Schutze des Kindes auch dem grundgesetzlich verbürgten Elternrecht hinreichend Rechnung zu tragen (vgl. BVerfG, Beschluss vom 28.02.2012, 1 BvR 3116/11).

24

Vorrangige Maßnahmen sind nach § 1666a BGB die öffentlichen Hilfen nach den §§ 11 bis 40 SGB VIII. Das Gericht kann gegenüber den Eltern anordnen, solche Hilfen in Anspruch zu nehmen, wenn sie sich im Hinblick auf den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz als milderes Mittel darstellen.

25

Nach diesen Grundsätzen hat das Amtsgericht zutreffend angenommen, dass die Gefährdung des Kindeswohls durch den Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe (§ 31 SGB VIII) begegnet werden kann und der Kindesmutter aufgegeben, eine solche zu beantragen, § 27 SGB VIII.

26

Durch die Anweisung an die Kindesmutter, öffentliche Hilfen, insbesondere in Form der Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe, in Anspruch zu nehmen und einen Antrag auf Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe zu stellen, wurde in die dem Jugendamt durch die gesetzliche Regelung des 36a SGB VIII eingeräumte Kompetenz der fachlich-inhaltlichen Steuerung des Hilfeprozesses für das betroffene Kind nicht eingegriffen.

27

Die sozialpädagogische Familienhilfe stellt ein geeignetes milderes Mittel im Sinne des § 1666a Abs. 1 Satz 1 BGB dar, da ein Scheitern der Maßnahme nicht von vornherein feststeht.

28

Die Kindesmutter hat den Einsatz einer sozialpädagogischen Familienhilfe beantragt. Das Jugendamt dem Antrag stattgegeben und eine sozialpädagogische Familienhilfe eingerichtet.

29

Aus der Stellungnahme der im Rahmen der sozialpädagogischen Familienhilfe eingesetzten Fachkraft, wie sie gegenüber dem Jugendamt abgegeben wurde, ergibt sich, dass die Kindesmutter die Hilfe akzeptiert und vertrauensvoll mit der Fachkraft zusammengearbeitet hat. Die Zusammenarbeit verlief äußerst positiv. Die Kindesmutter hat gezeigt, dass sie sich gut um das Kind kümmert. Anhaltspunkte für eine Gefährdung von ...[A] im Haushalt der Kindeseltern vermochte die Fachkraft nicht zu erkennen.

30

Die Kindesmutter hat ausdrücklich erklärt, die Fortführung der sozialpädagogischen Familienhilfe uneingeschränkt zu befürworten. Sie hat damit ihre Bereitschaft zur Mitwirkung im Rahmen des §§ 27, 31 SGB VIII zum Ausdruck gebracht. Auch wenn sie gleichwohl innerlich ihren Vorbehalt, dies eigentlich nicht zu benötigen, aufrechterhalten hat, hat sie Motivation für eine Zusammenarbeit mit dem Jugendamt gezeigt. Dass die Kindesmutter zuverlässig mit dem Jugendamt zusammenarbeiten kann, hat sie durch die Akzeptanz der Hilfe für ihre Tochter ...[C] gezeigt. Hinzu kommt, dass der Kindesvater im Haushalt der Kindesmutter lebt und sich ebenfalls um ...[A] kümmert und das Kind versorgt.

31

Auch der Verfahrensbeistand hat erklärt, dass es ...[A] bei der Kindesmutter gut gehe und aktuell nichts zu veranlassen sei. Der aktuelle Zustand könne beibehalten werden.

32

Da sich die Kindesmutter mit Unterstützung durch eine entsprechende Familienhilfe zur verantwortlichen Ausübung des Sorgerechts in der Lage gezeigt hat, ist derzeit kein Raum für die Aufrechterhaltung einer angeordneten Entziehung der elterlichen Sorge.

33

Das Amtsgericht hat folgerichtig angeordnet, dass nach Beantragung der sozialpädagogischen Familienhilfe das Kind ...[A] an die Kindesmutter herauszugeben ist. Für die Übergangszeit war der Verbleib des Kindes in der Bereitschaftspflege im Rahmen einer Verbleibensanordnung (§ 1632 Abs. 4 BGB) gerechtfertigt.

34

Bei dieser Sachlage (Zusammenarbeit der Kindesmutter mit dem Jugendamt) sieht der Senat es derzeit nicht als erforderlich an, im Rahmen des von Amts wegen eingeleiteten Hauptsacheverfahrens nach § 1666 BGB das angeordnete Sachverständigengutachten einzuholen.

35

Es liegt vielmehr primär im Beurteilungsspielraum des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X], welche alternativen oder ergänzenden Hilfen sich möglicherweise im weiteren Verlauf als geeignet und notwendig erweisen. Diese Hilfen sind der Kindesmutter anzubieten.

2.

36

Auf die Beschwerde des Jugendamts der Kreisverwaltung ...[X] waren die dem Jugendamt erteilten Anordnungen Nr. 4 bis 6 in dem angefochtenen Beschluss aufzuheben.

37

Dies erfolgt für die Anordnung Nr. 4 (Durchführung von täglichen Umgangskontakten) lediglich klarstellend, weil es sich dabei um eine bloße Maßnahme zur Vorbereitung der Rückführung des Kindes in den mütterlichen Haushalt handelte, die sich erledigt hat, nachdem das Kind am 13. April 2012 der Kindesmutter zurückgegeben wurde.

38

Die Anordnungen Nr. 5 bis 6 in dem angefochtenen Beschluss vom 2. April 2012 waren aufzuheben, nachdem die Kindesmutter den Antrag auf Einrichtung einer sozialpädagogischen Familienhilfe unbedingt und unbefristet gestellt hat - sie mithin bereit ist, die sozialpädagogische Familienhilfe in Anspruch zu nehmen. Damit obliegt die Steuerung des Hilfeprozesses für das Kind ...[A] wieder primär in der Verantwortung des Jugendamts.

39

Die Anordnungen Nr. 4 bis 6 in dem angefochtenen Beschluss waren unter den besonderen Umständen des vorliegenden Falls nicht rechtswidrig.

40

Allerdings hat das Jugendamt grundsätzlich in eigener Verantwortung die Eignung öffentlicher Hilfen zur Abwehr einer Kindeswohlgefährdung zu beurteilen und sie anzubieten, § 8a SGB VIII. Die Entscheidung über die Erfüllung der Tatbestandsvoraussetzungen und die Leistungserbringung erfolgt durch den Träger der öffentlichen Jugendhilfe (§ 3 Abs. 2 Satz 2 SGB VIII) als Verwaltungsakt (§ 31 SGB X) oder im Rahmen eines öffentlich-rechtlichen Vertrags (§ 53 SGB X). Die Fach- und Sachkompetenz ist grundsätzlich beim Jugendamt angesiedelt. Aus dieser Kompetenz folgt die überwiegende Ansicht in der Rechtsprechung und im Schrifttum das Entscheidungsprimat des Jugendamts, ob und welche öffentliche Hilfen in einem Gefährdungsfall zur Gefahrenabwendung geeignet sind. Damit sind „öffentliche Hilfen“ im Sinne des § 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB nur solche, die das am Verfahren mitwirkende Jugendamt konkret anbietet. Die Inanspruchnahme anderer Hilfen kann das Familiengericht nur den Eltern gebieten, § 1666 Abs. 3 Satz 1 BGB. Diese sind dann gehalten, entsprechende Leistungsansprüche gegebenenfalls auf dem Verwaltungsrechtsweg gegen das Jugendamt durchzusetzen (vgl. OLG Oldenburg JAmt 2008, 330 f.). Hilfsweise kann den Kindeseltern insoweit das Sorgerecht entzogen und einem Pfleger übertragen werden (vgl. Coester, in Staudinger, BGB, Neubearbeitung 2009, § 1666 a Rdn. 14 m.w.N.).

41

Andererseits ist (auch) dem Familiengericht das staatliche Wächteramt aus Art. 6 Abs. 2 Satz 2 GG in eigener Verantwortung auferlegt. Auf familienrechtlicher Ebene sind die Familiengerichte zu geeigneten und erforderlichen Maßnahmen verpflichtet, wobei der Bezugspunkt die Abwehr festgestellter Kindeswohlgefährdungen ist. Dabei wird eine Gefahrenabwehr durch „öffentliche Hilfen“ vom Gesetz ausdrücklich als vorrangig vor Sorgerechtseingriffen bezeichnet, § 1666 a Abs. 1 Satz 1 BGB (vgl. Staudinger, a.a.O., Rdn. 13).

42

Diese Verschränkung familienrechtlicher und sozialrechtlicher Schutzansätze ist organisatorisch und kompetenzrechtlich von dem Gesetzgeber nicht klar strukturiert. Als vorrangiger Lösungsweg werden daher allgemein die Verantwortungsgemeinschaft von Familiengericht und Jugendhilfe sowie die Pflicht zu einer kooperativen Zusammenarbeit angesehen (vgl. Coester, a.a.O. Rdn. 13, 16 m.w.N.; Olzen, in Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1666 Rdn. 177).

43

Gelingt im konkreten Fall die vorrangige Verantwortungsgemeinschaft von Familiengericht und Jugendamt nicht, besteht nach Auffassung des Senats zwingend eine Letztverantwortung und ein Letztentscheidungsrecht des Familiengerichts (vgl. Coester, a.a.O., Rdn. 16 unter Hinweis auf BVerfG FamRZ 2008, 492, 493; so im Ergebnis auch Tillmanns, Münchener Kommentar zum BGB, 6. Aufl., § 1 SGB VIII Rdn. 7; a.A. Olzen, a.a.O. Rdn. 176).

44

Davon ist dann auszugehen, wenn das Jugendamt keine geeignete Hilfe anbietet. Dabei ist zu differenzieren: Lehnt das Jugendamt aus anderen als sozialpädagogischen Gründen Hilfen ab oder hat es mögliche und gebotene Hilfe unterlassen, kann das Familiengericht Hilfen gegen das Jugendamt anordnen, in der Regel aber nur auf der Grundlage eines Sachverständigengutachtens. Denn das Familiengericht darf organisatorische und finanzielle Erwägungen nicht in seine Entscheidung einbeziehen (Staudinger, a.a.O. Rdn. 19; Tillmanns, a.a.O. Rdn. 7). Sieht das Jugendamt hingegen keinerlei geeignete Hilfeansätze, so ist das Familiengericht hieran in einem weiten Beurteilungsspielraum zunächst gebunden. Ein Sachverständigengutachten über die Geeignetheit einer öffentlichen Hilfe kann jedoch tragfähige Grundlage einer abweichenden gerichtlichen Beurteilung sein (Staudinger, a.a.O., Rdn. 18).

45

Im vorliegenden Fall hat das Jugendamt keine Hilfsansätze für den Fall vorgeschlagen, dass die Gefährdungslage für eine Herausnahme von ...[A] aus dem mütterlichen Haushalt nicht mehr bestand, weil die Kindesmutter - freiwillig oder nach familiengerichtlicher Anordnung - öffentliche Hilfe in Anspruch nimmt. Auf diese Situation, die nach der Schilderung aller Verfahrensbeteiligten Gegenstand der Anhörung erster Instanz war, war das Jugendamt nicht vorbereitet. Die Möglichkeit eines Hilfeplans war in Vorbereitung der amtsgerichtlichen Anhörung perspektivisch nicht in Erwägung gezogen und vorbereitet worden. Das Jugendamt hielt daran fest, dass eine Mutter-Kind-Trennung notwendig wäre, solange die Kindesmutter ihre Erziehungsfähigkeit nicht nachgewiesen habe. Das war rechtsirrig; auf die obigen Ausführungen wird verwiesen.

46

Da es sich vorliegend um ein Verfahren der einstweiligen Anordnung handelt, war eine schnelle Entscheidung im Interesse des Kindes erforderlich. Das Amtsgericht war daher unter diesen besonderen Umständen befugt, auch ohne Einholung eines Sachverständigengutachtens gegen das Jugendamt punktuelle Maßnahmen anzuordnen, die ausreichend und geeignet waren, der Kindeswohlgefährdung entgegenzuwirken.

III.

47

Die Kostenentscheidung folgt aus § 81 Abs. 1 Satz 1, 2 FamFG.

48

Die Festsetzung des Verfahrenswerts beruht auf §§ 40 Abs. 1, 41, 45 Abs. 1 Nr. 1 FamGKG. Für das Beschwerdeverfahren bestand keine Veranlassung, von dem Regelwert des § 41 Satz 2 FamGKG für das einstweilige Anordnungsverfahren abzuweichen.

49

Gegen den Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung findet die Rechtsbeschwerde nicht statt, § 70 Abs. 4 FamFG.

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(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Das Gericht hat in Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, das Jugendamt anzuhören. Unterbleibt die Anhörung wegen Gefahr im Verzug, ist sie unverzüglich nachzuholen.

(2) In Verfahren nach den §§ 1666 und 1666a des Bürgerlichen Gesetzbuchs ist das Jugendamt zu beteiligen. Im Übrigen ist das Jugendamt auf seinen Antrag am Verfahren zu beteiligen.

(3) In Verfahren, die die Person des Kindes betreffen, ist das Jugendamt von Terminen zu benachrichtigen und ihm sind alle Entscheidungen des Gerichts bekannt zu machen. Gegen den Beschluss steht dem Jugendamt die Beschwerde zu.

(1) Das Gericht kann die Entscheidung in der einstweiligen Anordnungssache aufheben oder ändern. Die Aufhebung oder Änderung erfolgt nur auf Antrag, wenn ein entsprechendes Hauptsacheverfahren nur auf Antrag eingeleitet werden kann. Dies gilt nicht, wenn die Entscheidung ohne vorherige Durchführung einer nach dem Gesetz notwendigen Anhörung erlassen wurde.

(2) Ist die Entscheidung in einer Familiensache ohne mündliche Verhandlung ergangen, ist auf Antrag auf Grund mündlicher Verhandlung erneut zu entscheiden.

(3) Zuständig ist das Gericht, das die einstweilige Anordnung erlassen hat. Hat es die Sache an ein anderes Gericht abgegeben oder verwiesen, ist dieses zuständig.

(4) Während eine einstweilige Anordnungssache beim Beschwerdegericht anhängig ist, ist die Aufhebung oder Änderung der angefochtenen Entscheidung durch das erstinstanzliche Gericht unzulässig.

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,

1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie
2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
In den Vereinbarungen sind die Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft zu regeln, die insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung tragen. Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(1) Das Jugendamt ist berechtigt und verpflichtet, ein Kind oder einen Jugendlichen in seine Obhut zu nehmen, wenn

1.
das Kind oder der Jugendliche um Obhut bittet oder
2.
eine dringende Gefahr für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen die Inobhutnahme erfordert und
a)
die Personensorgeberechtigten nicht widersprechen oder
b)
eine familiengerichtliche Entscheidung nicht rechtzeitig eingeholt werden kann oder
3.
ein ausländisches Kind oder ein ausländischer Jugendlicher unbegleitet nach Deutschland kommt und sich weder Personensorge- noch Erziehungsberechtigte im Inland aufhalten.
Die Inobhutnahme umfasst die Befugnis, ein Kind oder einen Jugendlichen bei einer geeigneten Person, in einer geeigneten Einrichtung oder in einer sonstigen Wohnform vorläufig unterzubringen; im Fall von Satz 1 Nummer 2 auch ein Kind oder einen Jugendlichen von einer anderen Person wegzunehmen.

(2) Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme unverzüglich das Kind oder den Jugendlichen umfassend und in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form über diese Maßnahme aufzuklären, die Situation, die zur Inobhutnahme geführt hat, zusammen mit dem Kind oder dem Jugendlichen zu klären und Möglichkeiten der Hilfe und Unterstützung aufzuzeigen. Dem Kind oder dem Jugendlichen ist unverzüglich Gelegenheit zu geben, eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen. Das Jugendamt hat während der Inobhutnahme für das Wohl des Kindes oder des Jugendlichen zu sorgen und dabei den notwendigen Unterhalt und die Krankenhilfe sicherzustellen; § 39 Absatz 4 Satz 2 gilt entsprechend. Das Jugendamt ist während der Inobhutnahme berechtigt, alle Rechtshandlungen vorzunehmen, die zum Wohl des Kindes oder Jugendlichen notwendig sind; der mutmaßliche Wille der Personensorge- oder der Erziehungsberechtigten ist dabei angemessen zu berücksichtigen. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 gehört zu den Rechtshandlungen nach Satz 4, zu denen das Jugendamt verpflichtet ist, insbesondere die unverzügliche Stellung eines Asylantrags für das Kind oder den Jugendlichen in Fällen, in denen Tatsachen die Annahme rechtfertigen, dass das Kind oder der Jugendliche internationalen Schutz im Sinne des § 1 Absatz 1 Nummer 2 des Asylgesetzes benötigt; dabei ist das Kind oder der Jugendliche zu beteiligen.

(3) Das Jugendamt hat im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 1 und 2 die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten unverzüglich von der Inobhutnahme zu unterrichten, sie in einer verständlichen, nachvollziehbaren und wahrnehmbaren Form umfassend über diese Maßnahme aufzuklären und mit ihnen das Gefährdungsrisiko abzuschätzen. Widersprechen die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten der Inobhutnahme, so hat das Jugendamt unverzüglich

1.
das Kind oder den Jugendlichen den Personensorge- oder Erziehungsberechtigten zu übergeben, sofern nach der Einschätzung des Jugendamts eine Gefährdung des Kindeswohls nicht besteht oder die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten bereit und in der Lage sind, die Gefährdung abzuwenden oder
2.
eine Entscheidung des Familiengerichts über die erforderlichen Maßnahmen zum Wohl des Kindes oder des Jugendlichen herbeizuführen.
Sind die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten nicht erreichbar, so gilt Satz 2 Nummer 2 entsprechend. Im Fall des Absatzes 1 Satz 1 Nummer 3 ist unverzüglich die Bestellung eines Vormunds oder Pflegers zu veranlassen. Widersprechen die Personensorgeberechtigten der Inobhutnahme nicht, so ist unverzüglich ein Hilfeplanverfahren zur Gewährung einer Hilfe einzuleiten.

(4) Die Inobhutnahme endet mit

1.
der Übergabe des Kindes oder Jugendlichen an die Personensorge- oder Erziehungsberechtigten,
2.
der Entscheidung über die Gewährung von Hilfen nach dem Sozialgesetzbuch.

(5) Freiheitsentziehende Maßnahmen im Rahmen der Inobhutnahme sind nur zulässig, wenn und soweit sie erforderlich sind, um eine Gefahr für Leib oder Leben des Kindes oder des Jugendlichen oder eine Gefahr für Leib oder Leben Dritter abzuwenden. Die Freiheitsentziehung ist ohne gerichtliche Entscheidung spätestens mit Ablauf des Tages nach ihrem Beginn zu beenden.

(6) Ist bei der Inobhutnahme die Anwendung unmittelbaren Zwangs erforderlich, so sind die dazu befugten Stellen hinzuzuziehen.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

(1) Maßnahmen, mit denen eine Trennung des Kindes von der elterlichen Familie verbunden ist, sind nur zulässig, wenn der Gefahr nicht auf andere Weise, auch nicht durch öffentliche Hilfen, begegnet werden kann. Dies gilt auch, wenn einem Elternteil vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Nutzung der Familienwohnung untersagt werden soll. Wird einem Elternteil oder einem Dritten die Nutzung der vom Kind mitbewohnten oder einer anderen Wohnung untersagt, ist bei der Bemessung der Dauer der Maßnahme auch zu berücksichtigen, ob diesem das Eigentum, das Erbbaurecht oder der Nießbrauch an dem Grundstück zusteht, auf dem sich die Wohnung befindet; Entsprechendes gilt für das Wohnungseigentum, das Dauerwohnrecht, das dingliche Wohnrecht oder wenn der Elternteil oder Dritte Mieter der Wohnung ist.

(2) Die gesamte Personensorge darf nur entzogen werden, wenn andere Maßnahmen erfolglos geblieben sind oder wenn anzunehmen ist, dass sie zur Abwendung der Gefahr nicht ausreichen.

(1) Ein Personensorgeberechtigter hat bei der Erziehung eines Kindes oder eines Jugendlichen Anspruch auf Hilfe (Hilfe zur Erziehung), wenn eine dem Wohl des Kindes oder des Jugendlichen entsprechende Erziehung nicht gewährleistet ist und die Hilfe für seine Entwicklung geeignet und notwendig ist.

(2) Hilfe zur Erziehung wird insbesondere nach Maßgabe der §§ 28 bis 35 gewährt. Art und Umfang der Hilfe richten sich nach dem erzieherischen Bedarf im Einzelfall; dabei soll das engere soziale Umfeld des Kindes oder des Jugendlichen einbezogen werden. Unterschiedliche Hilfearten können miteinander kombiniert werden, sofern dies dem erzieherischen Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(2a) Ist eine Erziehung des Kindes oder Jugendlichen außerhalb des Elternhauses erforderlich, so entfällt der Anspruch auf Hilfe zur Erziehung nicht dadurch, dass eine andere unterhaltspflichtige Person bereit ist, diese Aufgabe zu übernehmen; die Gewährung von Hilfe zur Erziehung setzt in diesem Fall voraus, dass diese Person bereit und geeignet ist, den Hilfebedarf in Zusammenarbeit mit dem Träger der öffentlichen Jugendhilfe nach Maßgabe der §§ 36 und 37 zu decken.

(3) Hilfe zur Erziehung umfasst insbesondere die Gewährung pädagogischer und damit verbundener therapeutischer Leistungen. Bei Bedarf soll sie Ausbildungs- und Beschäftigungsmaßnahmen im Sinne des § 13 Absatz 2 einschließen und kann mit anderen Leistungen nach diesem Buch kombiniert werden. Die in der Schule oder Hochschule wegen des erzieherischen Bedarfs erforderliche Anleitung und Begleitung können als Gruppenangebote an Kinder oder Jugendliche gemeinsam erbracht werden, soweit dies dem Bedarf des Kindes oder Jugendlichen im Einzelfall entspricht.

(4) Wird ein Kind oder eine Jugendliche während ihres Aufenthalts in einer Einrichtung oder einer Pflegefamilie selbst Mutter eines Kindes, so umfasst die Hilfe zur Erziehung auch die Unterstützung bei der Pflege und Erziehung dieses Kindes.

Sozialpädagogische Familienhilfe soll durch intensive Betreuung und Begleitung Familien in ihren Erziehungsaufgaben, bei der Bewältigung von Alltagsproblemen, der Lösung von Konflikten und Krisen sowie im Kontakt mit Ämtern und Institutionen unterstützen und Hilfe zur Selbsthilfe geben. Sie ist in der Regel auf längere Dauer angelegt und erfordert die Mitarbeit der Familie.

(1) Die Personensorge umfasst das Recht, die Herausgabe des Kindes von jedem zu verlangen, der es den Eltern oder einem Elternteil widerrechtlich vorenthält.

(2) Die Personensorge umfasst ferner das Recht, den Umgang des Kindes auch mit Wirkung für und gegen Dritte zu bestimmen.

(3) Über Streitigkeiten, die eine Angelegenheit nach Absatz 1 oder 2 betreffen, entscheidet das Familiengericht auf Antrag eines Elternteils.

(4) Lebt das Kind seit längerer Zeit in Familienpflege und wollen die Eltern das Kind von der Pflegeperson wegnehmen, so kann das Familiengericht von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson anordnen, dass das Kind bei der Pflegeperson verbleibt, wenn und solange das Kindeswohl durch die Wegnahme gefährdet würde. Das Familiengericht kann in Verfahren nach Satz 1 von Amts wegen oder auf Antrag der Pflegeperson zusätzlich anordnen, dass der Verbleib bei der Pflegeperson auf Dauer ist, wenn

1.
sich innerhalb eines im Hinblick auf die Entwicklung des Kindes vertretbaren Zeitraums trotz angebotener geeigneter Beratungs- und Unterstützungsmaßnahmen die Erziehungsverhältnisse bei den Eltern nicht nachhaltig verbessert haben und eine derartige Verbesserung mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zukünftig nicht zu erwarten ist und
2.
die Anordnung zum Wohl des Kindes erforderlich ist.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder Jugendlichen bekannt, so hat es das Gefährdungsrisiko im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte einzuschätzen. Soweit der wirksame Schutz dieses Kindes oder dieses Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird, hat das Jugendamt die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder den Jugendlichen in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen und, sofern dies nach fachlicher Einschätzung erforderlich ist,

1.
sich dabei einen unmittelbaren Eindruck von dem Kind und von seiner persönlichen Umgebung zu verschaffen sowie
2.
Personen, die gemäß § 4 Absatz 3 des Gesetzes zur Kooperation und Information im Kinderschutz dem Jugendamt Daten übermittelt haben, in geeigneter Weise an der Gefährdungseinschätzung zu beteiligen.
Hält das Jugendamt zur Abwendung der Gefährdung die Gewährung von Hilfen für geeignet und notwendig, so hat es diese den Erziehungsberechtigten anzubieten.

(2) Hält das Jugendamt das Tätigwerden des Familiengerichts für erforderlich, so hat es das Gericht anzurufen; dies gilt auch, wenn die Erziehungsberechtigten nicht bereit oder in der Lage sind, bei der Abschätzung des Gefährdungsrisikos mitzuwirken. Besteht eine dringende Gefahr und kann die Entscheidung des Gerichts nicht abgewartet werden, so ist das Jugendamt verpflichtet, das Kind oder den Jugendlichen in Obhut zu nehmen.

(3) Soweit zur Abwendung der Gefährdung das Tätigwerden anderer Leistungsträger, der Einrichtungen der Gesundheitshilfe oder der Polizei notwendig ist, hat das Jugendamt auf die Inanspruchnahme durch die Erziehungsberechtigten hinzuwirken. Ist ein sofortiges Tätigwerden erforderlich und wirken die Personensorgeberechtigten oder die Erziehungsberechtigten nicht mit, so schaltet das Jugendamt die anderen zur Abwendung der Gefährdung zuständigen Stellen selbst ein.

(4) In Vereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass

1.
deren Fachkräfte bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes oder Jugendlichen eine Gefährdungseinschätzung vornehmen,
2.
bei der Gefährdungseinschätzung eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzugezogen wird sowie
3.
die Erziehungsberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche in die Gefährdungseinschätzung einbezogen werden, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.
In den Vereinbarungen sind die Kriterien für die Qualifikation der beratend hinzuzuziehenden insoweit erfahrenen Fachkraft zu regeln, die insbesondere auch den spezifischen Schutzbedürfnissen von Kindern und Jugendlichen mit Behinderungen Rechnung tragen. Daneben ist in die Vereinbarungen insbesondere die Verpflichtung aufzunehmen, dass die Fachkräfte der Träger bei den Erziehungsberechtigten auf die Inanspruchnahme von Hilfen hinwirken, wenn sie diese für erforderlich halten, und das Jugendamt informieren, falls die Gefährdung nicht anders abgewendet werden kann.

(5) In Vereinbarungen mit Kindertagespflegepersonen, die Leistungen nach diesem Buch erbringen, ist sicherzustellen, dass diese bei Bekanntwerden gewichtiger Anhaltspunkte für die Gefährdung eines von ihnen betreuten Kindes eine Gefährdungseinschätzung vornehmen und dabei eine insoweit erfahrene Fachkraft beratend hinzuziehen. Die Erziehungsberechtigten sowie das Kind sind in die Gefährdungseinschätzung einzubeziehen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes nicht in Frage gestellt wird. Absatz 4 Satz 2 und 3 gilt entsprechend.

(6) Werden einem örtlichen Träger gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung des Wohls eines Kindes oder eines Jugendlichen bekannt, so sind dem für die Gewährung von Leistungen zuständigen örtlichen Träger die Daten mitzuteilen, deren Kenntnis zur Wahrnehmung des Schutzauftrags bei Kindeswohlgefährdung nach § 8a erforderlich ist. Die Mitteilung soll im Rahmen eines Gespräches zwischen den Fachkräften der beiden örtlichen Träger erfolgen, an dem die Personensorgeberechtigten sowie das Kind oder der Jugendliche beteiligt werden sollen, soweit hierdurch der wirksame Schutz des Kindes oder des Jugendlichen nicht in Frage gestellt wird.

(1) Die Jugendhilfe ist gekennzeichnet durch die Vielfalt von Trägern unterschiedlicher Wertorientierungen und die Vielfalt von Inhalten, Methoden und Arbeitsformen.

(2) Leistungen der Jugendhilfe werden von Trägern der freien Jugendhilfe und von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe erbracht. Leistungsverpflichtungen, die durch dieses Buch begründet werden, richten sich an die Träger der öffentlichen Jugendhilfe.

(3) Andere Aufgaben der Jugendhilfe werden von Trägern der öffentlichen Jugendhilfe wahrgenommen. Soweit dies ausdrücklich bestimmt ist, können Träger der freien Jugendhilfe diese Aufgaben wahrnehmen oder mit ihrer Ausführung betraut werden.

Verwaltungsakt ist jede Verfügung, Entscheidung oder andere hoheitliche Maßnahme, die eine Behörde zur Regelung eines Einzelfalles auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts trifft und die auf unmittelbare Rechtswirkung nach außen gerichtet ist. Allgemeinverfügung ist ein Verwaltungsakt, der sich an einen nach allgemeinen Merkmalen bestimmten oder bestimmbaren Personenkreis richtet oder die öffentlich-rechtliche Eigenschaft einer Sache oder ihre Benutzung durch die Allgemeinheit betrifft.

(1) Ein Rechtsverhältnis auf dem Gebiet des öffentlichen Rechts kann durch Vertrag begründet, geändert oder aufgehoben werden (öffentlich-rechtlicher Vertrag), soweit Rechtsvorschriften nicht entgegenstehen. Insbesondere kann die Behörde, anstatt einen Verwaltungsakt zu erlassen, einen öffentlich-rechtlichen Vertrag mit demjenigen schließen, an den sie sonst den Verwaltungsakt richten würde.

(2) Ein öffentlich-rechtlicher Vertrag über Sozialleistungen kann nur geschlossen werden, soweit die Erbringung der Leistungen im Ermessen des Leistungsträgers steht.

(1) Wird das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet und sind die Eltern nicht gewillt oder nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, so hat das Familiengericht die Maßnahmen zu treffen, die zur Abwendung der Gefahr erforderlich sind.

(2) In der Regel ist anzunehmen, dass das Vermögen des Kindes gefährdet ist, wenn der Inhaber der Vermögenssorge seine Unterhaltspflicht gegenüber dem Kind oder seine mit der Vermögenssorge verbundenen Pflichten verletzt oder Anordnungen des Gerichts, die sich auf die Vermögenssorge beziehen, nicht befolgt.

(3) Zu den gerichtlichen Maßnahmen nach Absatz 1 gehören insbesondere

1.
Gebote, öffentliche Hilfen wie zum Beispiel Leistungen der Kinder- und Jugendhilfe und der Gesundheitsfürsorge in Anspruch zu nehmen,
2.
Gebote, für die Einhaltung der Schulpflicht zu sorgen,
3.
Verbote, vorübergehend oder auf unbestimmte Zeit die Familienwohnung oder eine andere Wohnung zu nutzen, sich in einem bestimmten Umkreis der Wohnung aufzuhalten oder zu bestimmende andere Orte aufzusuchen, an denen sich das Kind regelmäßig aufhält,
4.
Verbote, Verbindung zum Kind aufzunehmen oder ein Zusammentreffen mit dem Kind herbeizuführen,
5.
die Ersetzung von Erklärungen des Inhabers der elterlichen Sorge,
6.
die teilweise oder vollständige Entziehung der elterlichen Sorge.

(4) In Angelegenheiten der Personensorge kann das Gericht auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

(1) Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung.

(2) Pflege und Erziehung der Kinder sind das natürliche Recht der Eltern und die zuvörderst ihnen obliegende Pflicht. Über ihre Betätigung wacht die staatliche Gemeinschaft.

(3) Gegen den Willen der Erziehungsberechtigten dürfen Kinder nur auf Grund eines Gesetzes von der Familie getrennt werden, wenn die Erziehungsberechtigten versagen oder wenn die Kinder aus anderen Gründen zu verwahrlosen drohen.

(4) Jede Mutter hat Anspruch auf den Schutz und die Fürsorge der Gemeinschaft.

(5) Den unehelichen Kindern sind durch die Gesetzgebung die gleichen Bedingungen für ihre leibliche und seelische Entwicklung und ihre Stellung in der Gesellschaft zu schaffen wie den ehelichen Kindern.

(1) Das Gericht kann die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen den Beteiligten ganz oder zum Teil auferlegen. Es kann auch anordnen, dass von der Erhebung der Kosten abzusehen ist. In Familiensachen ist stets über die Kosten zu entscheiden.

(2) Das Gericht soll die Kosten des Verfahrens ganz oder teilweise einem Beteiligten auferlegen, wenn

1.
der Beteiligte durch grobes Verschulden Anlass für das Verfahren gegeben hat;
2.
der Antrag des Beteiligten von vornherein keine Aussicht auf Erfolg hatte und der Beteiligte dies erkennen musste;
3.
der Beteiligte zu einer wesentlichen Tatsache schuldhaft unwahre Angaben gemacht hat;
4.
der Beteiligte durch schuldhaftes Verletzen seiner Mitwirkungspflichten das Verfahren erheblich verzögert hat;
5.
der Beteiligte einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einem kostenfreien Informationsgespräch über Mediation oder über eine sonstige Möglichkeit der außergerichtlichen Konfliktbeilegung nach § 156 Absatz 1 Satz 3 oder einer richterlichen Anordnung zur Teilnahme an einer Beratung nach § 156 Absatz 1 Satz 4 nicht nachgekommen ist, sofern der Beteiligte dies nicht genügend entschuldigt hat.

(3) Einem minderjährigen Beteiligten können Kosten in Kindschaftssachen, die seine Person betreffen, nicht auferlegt werden.

(4) Einem Dritten können Kosten des Verfahrens nur auferlegt werden, soweit die Tätigkeit des Gerichts durch ihn veranlasst wurde und ihn ein grobes Verschulden trifft.

(5) Bundesrechtliche Vorschriften, die die Kostenpflicht abweichend regeln, bleiben unberührt.

(1) Im Rechtsmittelverfahren bestimmt sich der Verfahrenswert nach den Anträgen des Rechtsmittelführers. Endet das Verfahren, ohne dass solche Anträge eingereicht werden, oder werden, wenn eine Frist für die Rechtsmittelbegründung vorgeschrieben ist, innerhalb dieser Frist Rechtsmittelanträge nicht eingereicht, ist die Beschwer maßgebend.

(2) Der Wert ist durch den Wert des Verfahrensgegenstands des ersten Rechtszugs begrenzt. Dies gilt nicht, soweit der Gegenstand erweitert wird.

(3) Im Verfahren über den Antrag auf Zulassung der Sprungrechtsbeschwerde ist Verfahrenswert der für das Rechtsmittelverfahren maßgebende Wert.

Im Verfahren der einstweiligen Anordnung ist der Wert in der Regel unter Berücksichtigung der geringeren Bedeutung gegenüber der Hauptsache zu ermäßigen. Dabei ist von der Hälfte des für die Hauptsache bestimmten Werts auszugehen.

(1) Die Rechtsbeschwerde eines Beteiligten ist statthaft, wenn sie das Beschwerdegericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug in dem Beschluss zugelassen hat.

(2) Die Rechtsbeschwerde ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.

(3) Die Rechtsbeschwerde gegen einen Beschluss des Beschwerdegerichts ist ohne Zulassung statthaft in

1.
Betreuungssachen zur Bestellung eines Betreuers, zur Aufhebung einer Betreuung, zur Anordnung oder Aufhebung eines Einwilligungsvorbehalts,
2.
Unterbringungssachen und Verfahren nach § 151 Nr. 6 und 7 sowie
3.
Freiheitsentziehungssachen.
In den Fällen des Satzes 1 Nr. 2 und 3 gilt dies nur, wenn sich die Rechtsbeschwerde gegen den Beschluss richtet, der die Unterbringungsmaßnahme oder die Freiheitsentziehung anordnet. In den Fällen des Satzes 1 Nummer 3 ist die Rechtsbeschwerde abweichend von Satz 2 auch dann ohne Zulassung statthaft, wenn sie sich gegen den eine freiheitsentziehende Maßnahme ablehnenden oder zurückweisenden Beschluss in den in § 417 Absatz 2 Satz 2 Nummer 5 genannten Verfahren richtet.

(4) Gegen einen Beschluss im Verfahren über die Anordnung, Abänderung oder Aufhebung einer einstweiligen Anordnung oder eines Arrests findet die Rechtsbeschwerde nicht statt.