Oberlandesgericht Koblenz Urteil, 28. Mai 2010 - 10 U 686/09

ECLI:ECLI:DE:OLGKOBL:2010:0528.10U686.09.0A
bei uns veröffentlicht am28.05.2010

Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil der 16. Zivilkammer des Landgerichts Koblenz vom 6. Mai 2009 teilweise abgeändert und insgesamt wie folgt neu gefasst:

Die Beklagte wird verurteilt, an den Kläger 12.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

aus  

     840,00 Euro brutto seit dem 04.03.2008,

aus

  1.680,00 Euro brutto seit dem 11.03.2008,

aus

  2.520,00 Euro brutto seit dem 18.03.2008,

aus

  3.360,00 Euro brutto seit dem 25.03.2008,

aus

  4.200,00 Euro brutto seit dem 01.04.2008,

aus

  5.040,00 Euro brutto seit dem 08.04.2008,

aus

  5.880,00 Euro brutto seit dem 15.04.2008,

aus

  6.740,00 Euro brutto seit dem 22.04.2008,

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  7.560,00 Euro brutto seit dem 29.04.2008,

aus

  8.400,00 Euro brutto seit dem 06.05.2008,

aus

  9.240,00 Euro brutto seit dem 13.05.2008,

aus

10.080,00 Euro brutto seit dem 20.05.2008,

aus

10.920,00 Euro brutto seit dem 27.05.2008,

aus

11.760,00 Euro brutto seit dem 03.06.2008,

aus

12.000,00 Euro brutto seit dem 05.06.2008

sowie 837,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2008 zu zahlen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Rechtsstreits hat die Beklagte zu tragen.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

I.

1

Der Kläger begehrt von der Beklagten, bei der er eine Krankenversicherung und eine Krankentagegeldversicherung mit Vereinbarung der MB/KT 94 unterhält, bedingungsgemäße Krankentagegeldzahlungen in Höhe von 120 Euro kalendertäglich für den Zeitraum 23. Februar 2008 bis 1. Juni 2008.

2

Der Kläger ist angestellter Bankkaufmann bei einer Sparkasse. Aufgrund einer psychischen Erkrankung war der Kläger ab dem 18. Juni 2007 bis zum 22. Februar 2008 arbeitsunfähig. Er befand sich in dieser Zeit in ärztlicher Behandlung und erhielt von der Beklagten in wöchentlicher Auszahlung das vertraglich vereinbarte Krankentagegeld aufgrund der wöchentlichen Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen, obwohl der behandelnde Arzt Dr. F... die von der Beklagten erbetenen Auskünfte zur Behandlung nicht erteilte und sie dem Kläger dies auch mitteilte.

3

Die Beklagte ließ den Kläger am 24. Januar 2008 durch den von der Beklagten beauftragten Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Herrn I... H… P..., begutachten (Bl. 79 bis 86 d. A.). Dieser stellte fest, dass der Kläger weiterhin umfänglich arbeitsunfähig krank sei, das Krankheitsbild aber weiterhin behandelbar, mittelfristig von einer Remission  auszugehen sei und deshalb keine Erwerbsunfähigkeit bestehe, hielt jedoch wegen der Länge und Schwere der Erkrankung eine stationäre Behandlung in einem Fachkrankenhaus für erforderlich und die bisher leitliniengerecht durchgeführte ambulante Behandlung für nicht mehr ausreichend; der Gutachter empfahl eine Nachuntersuchung in etwa sechs Wochen.

4

Mit Schreiben vom 11. Februar 2008 (Bl. 38 bis 39 d. A.) forderte die Beklagte von dem den Kläger behandelnden Facharzt für Neurologie und Psychiatrie Dr. F... Auskünfte zu den aktuellen Beschwerden und Untersuchungsergebnissen, zu den durchgeführten und geplanten Therapiemaßnahmen mit einer Aufstellung der einzelnen stattgefundenen Behandlungstage, zum Grad der Arbeitsunfähigkeit und deren voraussichtlicher Beendigung, zur möglichen Arbeitsbelastung und zu eventuellen Begleiterkrankungen des Klägers an. Zugleich wies die Beklagte den Kläger auf seine Auskunftspflicht und die Folgen ihrer Verletzung sowie auf die erfolgte Anfrage bei Dr. F... hin (Bl. 122 d. A.).

5

Ab dem 23. Februar 2008 stellte die Beklagte ihre Leistungen ein, da eine weitere Bearbeitung vor Erhalt der angeforderten näheren Auskünfte von Dr. F... nicht möglich sei.

6

Die Anfrage vom 11. Februar 2008 beantwortete Dr. F... mit Schreiben vom 1. April 2008 (Bl. 40 bis 41 d. A.). Die Beklagte forderte sodann mit Schreiben vom 7. April 2008 Herrn Dr. F... – erfolglos – auf, die geforderte Behandlungsdokumentation mit Aufstellung der einzelnen Behandlungstage und jeweiliger Medikation vorzulegen, und teilte dies dem Kläger jeweils bei der wöchentlichen Vorlage der Bescheinigungen fortdauernder Arbeitsunfähigkeit mit (Bl. 42 bis 47 d. A.).

7

Die Beklagte verweigerte weitere Krankentagegeldleistungen, da mangels der angeforderten Behandlungsdokumentation die Leistungsvoraussetzung der ärztlichen Behandlung nicht nachgewiesen sei (Bl. 48 bis 51 d. A.).

8

Der Kläger nahm ab Juni 2008 seine Arbeitstätigkeit zunächst wieder auf, war jedoch ab dem 3. November 2008 erneut arbeitsunfähig.

9

Der Kläger hat vorgetragen,

10

er sei in der Zeit vom 18. Juni 2007 bis einschließlich 1. Juni 2008 arbeitsunfähig erkrankt gewesen und ärztlich behandelt worden. Dies sei aufgrund der im Auftrag der Beklagten durchgeführten Begutachtung und des Schreibens des Dr. F... vom 1. April 2008 ausreichend belegt.

11

Der Kläger hat beantragt,

12

1. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 12.000 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz wie folgt zu zahlen:

13

aus  

     840,00 Euro brutto seit dem 04.03.2008,

aus

  1.680,00 Euro brutto seit dem 11.03.2008,

aus

  2.520,00 Euro brutto seit dem 18.03.2008,

aus

  3.360,00 Euro brutto seit dem 25.03.2008,

aus

  4.200,00 Euro brutto seit dem 01.04.2008,

aus

  5.040,00 Euro brutto seit dem 08.04.2008,

aus

  5.880,00 Euro brutto seit dem 15.04.2008,

aus

  6.740,00 Euro brutto seit dem 22.04.2008,

aus

  7.560,00 Euro brutto seit dem 29.04.2008,

aus

  8.400,00 Euro brutto seit dem 06.05.2008,

aus

  9.240,00 Euro brutto seit dem 13.05.2008,

aus

10.080,00 Euro brutto seit dem 20.05.2008,

aus

10.920,00 Euro brutto seit dem 27.05.2008,

aus

11.760,00 Euro brutto seit dem 03.06.2008,

aus

12.000,00 Euro brutto seit dem 05.06.2008,

14

2. die Beklagte zu verurteilen, an ihn 837,52 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit Klagezustellung zu zahlen.

15

Die Beklagte hat beantragt,

16

die Klage abzuweisen.

17

Sie hat vorgetragen,

18

eine Arbeitsunfähigkeit des Klägers habe nicht vorgelegen und es fehle die Darlegung einer medizinisch notwendigen  Heilbehandlung, denn das Schreiben des Dr. F... vom 1. April 2008 sei hierfür nicht ausreichend. Daher sei ein Leistungsanspruch des Klägers jedenfalls noch nicht fällig. Der Kläger habe eine Obliegenheitsverletzung wegen unterlassener Auskunft zur Feststellung des Versicherungsfalles begangen, was zur Leistungsfreiheit der Beklagten führe.

19

Das Landgericht hat die Beklagte zur Zahlung von Krankentagegeld für den Zeitraum 23. Februar 2008 bis einschließlich 31. März 2008 in Höhe von 3.360 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 840 Euro brutto seit dem 4. März 2008, aus 1.680 Euro brutto seit dem 11. März 2008, aus 2.520 Euro brutto seit dem 18. März 2008, aus 3.360 Euro brutto seit dem 25. März 2008 sowie zur Zahlung dem Kläger vorgerichtlich entstandener Rechtsanwaltskosten in Höhe von 234,50 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2008 verurteilt und die Klage im Übrigen abgewiesen. Zur Begründung hat das Landgericht ausgeführt, dass die Beklagte wegen der zunächst nur auf der Grundlage der vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erfolgten Krankentagegeldleistungen für den langen Zeitraum vom 30. Juli 2007 bis zum 22. Februar 2008 einen Vertrauenstatbestand geschaffen habe, der es ihr verwehre, Leistungen bis zum 31. März 2008 nicht zu erbringen. Zudem beantworte der Arztbrief des Dr. F... vom 1. April 2008 den Fragenkatalog der Beklagten vom 11. Februar 2008, da das Krankheitsbild des Klägers, seine akuten Beschwerden, Untersuchungsergebnisse, Behandlungsmaßnahmen und auch eine Prognose zur Wiederherstellung der Arbeitsfähigkeit des Klägers enthalten seien. Für den Zeitraum ab 1. April 2008 sei der Anspruch des Klägers auf weitere Krankentagegeldleistungen jedoch noch nicht fällig, weil der Kläger insoweit seine Aufklärungsobliegenheit verletzt habe. Denn die Beklagte sei zu der mit Schreiben vom 7. April 2008 erfolgten Anforderung ergänzender Auskünfte bezüglich der einzelnen Behandlungstage sowie der bisherigen und geplanten Therapiemaßnahmen berechtigt gewesen und der Kläger habe weder selbst noch durch seinen behandelnden Arzt dieses Auskunftsverlangen erfüllt.

20

Hiergegen wenden sich die Parteien mit ihren form- und fristgerecht eingelegten und begründeten Berufungen, mit denen sie ihre jeweiligen erstinstanzlichen Sachanträge weiterverfolgen.

21

Der Kläger macht geltend, aus dem von der Beklagten eingeholten Sachverständigengutachten und dem Arztbrief des Dr. F... vom 1. April 2008 hätten sich sowohl die psychische Erkrankung des Klägers als auch dessen andauernde Arbeitsunfähigkeit ergeben. Die wöchentlich erfolgte ärztliche Behandlung sei nachgewiesen durch die von dem Kläger eingereichten und von der Beklagten ausgeglichenen Rechnungen des behandelnden Arztes. Die Beklagte verhalte sich treuwidrig, wenn sie einerseits die Arztrechnungen begleiche, andererseits die ärztliche Behandlung des Klägers und dessen Arbeitsunfähigkeit bestreite, obwohl sie Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen erhalte. Die im Juni 2008 eingetretene Arbeitsfähigkeit des Klägers zeige, dass die ambulante Therapie bei Dr. F... erfolgreich gewesen sei.

22

Der Kläger beantragt,

23

das Urteil des Landgerichts abzuändern und

24

1. die Beklagte zu verurteilen, über den in Höhe von 3.360 Euro ausgeurteilten Betrag hinaus weitere 8.640 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz wie folgt zu zahlen:

25

aus  

   840,00 Euro brutto seit dem 01.04.2008,

aus

1.680,00 Euro brutto seit dem 08.04.2008,

aus

2.520,00 Euro brutto seit dem 15.04.2008,

aus

3.360,00 Euro brutto seit dem 22.04.2008,

aus

4.200,00 Euro brutto seit dem 29.04.2008,

aus

5.040,00 Euro brutto seit dem 06.05.2008,

aus

5.880,00 Euro brutto seit dem 13.05.2008,

aus

6.720,00 Euro brutto seit dem 20.05.2008,

aus

7.560,00 Euro brutto seit dem 27.05.2008,

aus

8.400,00 Euro brutto seit dem 03.06.2008,

aus

8.640,00 Euro brutto seit dem 05.06.2008,

26

2. die Beklagte zu verurteilen, an den Kläger über den ausgeurteilten Betrag in Höhe von 234,50 Euro hinaus weitere 603,02 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 12. September 2008 zu zahlen.

27

Die Beklagte beantragt,

28

die Berufung des Klägers zurückzuweisen

29

sowie

30

unter teilweiser Abänderung des angefochtenen Urteils die Klage insgesamt abzuweisen.

31

Der Kläger beantragt,

32

die Berufung der Beklagten zurückzuweisen.

33

Die Beklagte trägt vor,

34

aufgrund der von dem Gutachter P... für notwendig erachteten stationären Behandlung des Klägers stelle die danach erfolgte weitere ambulante Behandlung keine medizinisch notwendige Heilbehandlung mehr dar. Die Beklagte habe durch ihre Leistungen in der Zeit bis zum 22. Februar 2008 keinen Vertrauenstatbestand zugunsten des Klägers geschaffen, da sie unstreitig bereits seit dem 10. September 2007 den behandelnden Arzt erfolglos um Auskunft hinsichtlich der Behandlung des Klägers gebeten und dies dem Kläger auch mitgeteilt hatte. Die ärztliche Auskunft vom 1. April 2008 sei unvollständig und damit nicht ausreichend gewesen. Der Kläger habe seine Auskunftsobliegenheit verletzt, weshalb seine Forderung nicht nur zurzeit, sondern unbedingt unbegründet sei. Die Beklagte habe auch durch die Arztrechnungen keine ausreichenden Informationen über die ärztliche Behandlung des Klägers erhalten, da sich aus den Rechnungen nur vereinzelte Gesprächstermine und kein konkretes Behandlungskonzept ergebe. Der Kläger habe das Vorliegen voller Arbeitsunfähigkeit nicht ausreichend dargestellt und bewiesen.

35

Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf den Tatbestand des landgerichtlichen Urteils (Bl. 89 bis 90 d. A.) sowie die zu den Akten gereichten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

36

Die zulässige Berufung des Klägers hat Erfolg, während die zulässige Berufung der Beklagten unbegründet ist.

37

Dem Kläger steht gegen die Beklagte ein Anspruch auf Zahlung von kalendertäglich 120 Euro Krankentagegeld für den Zeitraum 23. Februar 2008 bis 1. Juni 2008, somit in Höhe von insgesamt 12.000 Euro gemäß § 1 Nr. (1) Satz 2 MB/KT 94 zu.

38

Nach § 1 Nr. (1) Satz 1 MB/KT 94 bietet die Beklagte Versicherungsschutz wegen Verdienstausfall als Folge von Krankheiten oder Unfällen, soweit dadurch Arbeitsunfähigkeit verursacht wird, und gewährt nach § 1 Nr. (1) Satz 2 MB/KT 94 im Versicherungsfall für die Dauer einer Arbeitsunfähigkeit ein Krankentagegeld im vertraglichen Umfang.

39

Dabei ist gemäß § 1 Nr. (2) Satz 1 MB/KT 94 Versicherungsfall die medizinisch notwendige Heilbehandlung einer versicherten Person wegen Krankheit oder Unfallfolgen, in deren Verlauf Arbeitsunfähigkeit ärztlich festgestellt wird. Arbeitsunfähigkeit im Sinne dieser Bedingungen liegt gemäß § 1 Nr. (3) MB/KT 94 vor, wenn der Versicherte seine berufliche Tätigkeit nach medizinischem Befund vorübergehend in keiner Weise ausüben kann, sie auch nicht ausübt und keiner anderweitigen Erwerbstätigkeit nachgeht.

40

Diese kumulativ erforderlichen Voraussetzungen für das Vorliegen eines Versicherungsfalls und damit für den von dem Kläger geltend gemachten Leistungsanspruch sind gegeben.

41

Unstreitig liegt bei dem Kläger eine psychiatrische Erkrankung vor.

42

Wegen dieser Krankheit unterzog sich der Kläger mindestens seit dem 18. Juni 2007 einer fachärztlichen Behandlung, die als medizinisch notwendige Heilbehandlung zu qualifizieren ist. Dies ergibt sich bis zum Zeitpunkt der von der Beklagten veranlassten Begutachtung des Klägers am 24. Januar 2008 bereits aus den Feststellungen des Gutachters P..., der die bis zu diesem Zeitpunkt erfolgte ambulante Behandlung des Klägers als leitliniengerecht ansah und eine weitere Behandelbarkeit des Krankheitsbildes annahm.

43

Auch die weitere ambulante Behandlung des Klägers im Zeitraum 25. Januar 2008 bis 1. Juni 2008 stellt eine medizinisch notwendige Heilbehandlung im Sinne der Versicherungsbedingungen dar. Unerheblich ist insoweit, dass der Sachverständige P... eine stationäre Behandlung des Klägers für angezeigt hielt und eine ambulante Behandlung als nicht mehr ausreichend ansah. Denn daraus kann nicht der Schluss gezogen werden, die weitere ambulante Behandlung sei keine notwendige medizinische Heilbehandlung mehr. Vielmehr zeigt die Empfehlung einer stationären Behandlung gerade die medizinische Notwendigkeit einer weiteren ärztlichen Behandlung des Klägers, der nicht verpflichtet ist, zur eventuellen Kostenminimierung der Beklagten sich einer stationären Behandlung zu unterziehen. Denn in der Krankentagegeldversicherung ist allein entscheidend für das Vorliegen einer medizinisch notwendigen Heilbehandlung die Eignung der Behandlung zur Wiederherstellung der Gesundheit. Dass die erfolgte ambulante Therapie hierzu ungeeignet gewesen wäre, ist nicht ersichtlich, zumal der Kläger – wenn auch letztlich nur vorübergehend – ab Juni 2008 wieder arbeitsfähig war und tatsächlich seinen bisherigen Beruf ausübte.

44

Nach § 4 Nr. (5) MB/KT 94 setzt die Zahlung von Krankentagegeld nur voraus, dass die versicherte Person während der Dauer der Arbeitsunfähigkeit durch einen niedergelassenen approbierten Arzt oder Zahnarzt bzw. im Krankenhaus behandelt wird. Unstreitig hat sich der Kläger einer solchen Behandlung unterzogen; ob sie aus Sicht des Versicherers die optimale Therapie darstellt, ist insoweit unerheblich, da es noch nicht einmal darauf ankommt, ob der Versicherungsnehmer einen Arzt der "richtigen" Fachrichtung aufgesucht hat (OLG Karlsruhe, VersR 1995, 653). Dass tatsächlich eine ärztliche Behandlung des Klägers in dem hier maßgeblichen Zeitraum erfolgte, ergibt sich einerseits aus den Arztrechnungen des Dr. F..., andererseits aus dessen Schreiben vom 1. April 2008. Für die Frage der tatsächlichen ärztlichen Behandlung des Versicherungsnehmers kommt es nicht darauf an, wie oft dieser seinen behandelnden Arzt aufsucht und ob lediglich eine medikamentöse Therapie oder auch eine Gesprächstherapie stattfindet, da maßgeblich allein ist, dass der Versicherungsnehmer sich überhaupt in ärztlicher Behandlung mit dem Ziel der Wiederherstellung seiner Arbeitsfähigkeit befindet.

45

Der Kläger war auch während des Behandlungszeitraums bis zum 1. Juni 2008 aufgrund seiner Erkrankung arbeitsunfähig. Dies ergibt sich zunächst aus dem von der Beklagten in Auftrag gegebenen Gutachten P..., das "weiter AU bis auf Weiteres" feststellt (Bl. 84 d. A.). Daraus folgt das Vorliegen vollständiger Arbeitsunfähigkeit des Klägers auch für die Zeit nach der Begutachtung, ohne dass insoweit ein konkreter Endtermin bestimmt werden könnte, da der Sachverständige auch keine Angaben zu der voraussichtlichen Dauer der von ihm empfohlenen stationären Behandlung gemacht hat. Im Hinblick darauf konnte die Beklagte vorliegend das Bestehen von (vollständiger) Arbeitsunfähigkeit des Klägers, das dieser ihr entsprechend seiner Verpflichtung in § 4 Nr. (7) MB/KT 94 durch wöchentliche Bescheinigungen des behandelnden Arztes Dr. F... nachgewiesen hat, nicht pauschal bestreiten. Vielmehr hätte es eines konkreten Beklagtenvortrags dazu bedurft, warum entgegen den Feststellungen des von ihr selbst beauftragten Gutachters keine oder nur teilweise Arbeitsunfähigkeit des Klägers vorliegen sollte. Aufgrund des unzureichenden Sachvortrags der Beklagten hierzu bedurfte es auch nicht der Einholung eines gerichtlichen Sachverständigengutachtens zur Feststellung, ob der Kläger in dem Zeitraum 23. Februar 2008 bis 1. Juni 2008 vollständig arbeitsunfähig war.

46

Weiter zu berücksichtigen ist dabei, dass die Beklagte bereits zuvor über sechs Monate hinweg allein aufgrund der von dem Kläger vorgelegten Arbeitsunfähigkeitsbescheinigungen und ohne Vorliegen einer ärztlichen Auskunft oder Begutachtung das Krankentagegeld gezahlt hatte und so bei dem Kläger ein gewisses Vertrauen begründete, die Beklagte werde das Vorliegen vollständiger Arbeitsunfähigkeit nicht bestreiten, wenn sogar der von ihr eingeschaltete Gutachter von einer vollständigen Arbeitsunfähigkeit des Klägers ausgeht. Dies gilt umso mehr, als die Beklagte, nachdem Dr. F... ihre ergänzende Anfrage vom 7. April 2008 nicht beantwortete, den Kläger in der Zeit vom 15. April 2008 bis zum 2. Juni 2008 mit verschiedenen Schreiben nur um Geduld hinsichtlich der weiteren Bearbeitung wegen der noch fehlenden ärztlichen Informationen bat (Bl. 43 bis 47 d. A.), jedoch keine Zweifel an dem Vorliegen seiner Arbeitsunfähigkeit äußerte. Der zuvor mit Schreiben vom 11. Februar 2008 (Bl. 122 d. A.) erfolgte Hinweis auf die den Kläger treffende Auskunftsobliegenheit und deren Folgen vermochte den Vertrauenstatbestand, die Beklagte werde das Vorliegen vollständiger Arbeitsunfähigkeit des Klägers nicht in Abrede stellen, nicht zu beseitigen.

47

Da der Kläger die geforderten Arbeitsunfähigkeitsnachweise erbracht hat (vgl. § 6 Nr. (1) in Verbindung mit § 4 Nr. (7) MB/KT 94) und den Eintritt des Versicherungsfalls dargelegt hat, bedurfte es keiner weiteren Erhebungen der Beklagten zur Feststellung des Versicherungsfalls; die geltend gemachte Forderung des Klägers ist daher auch fällig (§ 6 Nr. (2) MB/KT 94 in Verbindung mit § 11 VVG a. F., Art. 1 Nr. (2) EGVVG).

48

Die Beklagte ist auch nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers gemäß § 10 Nr. (1) MB/KT 94 in Verbindung mit § 6 Abs. 3 VVG a. F. leistungsfrei.

49

Nach § 9 Nr. (2) MB/KT 94 hat der Versicherungsnehmer auf Verlangen des Versicherers jede Auskunft zu erteilen, die zur Feststellung des Versicherungsfalls oder der Leistungspflicht des Versicherers und ihres Umfangs erforderlich ist. Diese Auskunftsobliegenheit hat der Kläger entgegen der Auffassung der Beklagten nicht verletzt.

50

Unstreitig hat die Beklagte am 11. Februar 2008 den Arzt Dr. F... mittels eines Fragebogens um verschiedene Auskünfte zur Behandlung des Klägers gebeten (Bl. 38 bis 39 d. A.) und dies dem Kläger auch mitgeteilt (Bl. 122 d. A.). Daraufhin teilte Dr. F... der Beklagten mit Schreiben vom 1. April 2008 zum einen den in seinem Praxisumzug bedingten Grund der verzögerten Beantwortung mit, zum anderen legte er die Diagnosen der klägerischen Erkrankung, deren Anamnese, die Entwicklung der Krankheitssymptome während der Behandlung, die Therapieform (Anfangssedierung mit Benzodiapezin, sodann multiple Gesprächstherapien und psychopharmakologische Behandlungsversuche, seit Februar 2008 in Form von Remergil Sotap 30 und Zoloft 100 mg) und die Erwartung eines stabilisierten Zustands des Klägers mit der Möglichkeit eines Arbeitsversuchs für Ende April oder Ende Mai 2008 dar. Damit hat der Kläger bzw. der ihn behandelnde Arzt für diesen die von der Beklagten erbetenen Auskünfte erteilt.

51

Zutreffend ist zwar, dass die Beklagte in ihrem Schreiben vom 11. Februar 2008 – und sodann erneut mit Schreiben vom 7. April 2008 – auch um eine Aufstellung der bisher stattgefundenen einzelnen Behandlungstage gebeten hatte. Es ist jedoch nicht ersichtlich, inwieweit diese Informationen für die Feststellung des Versicherungsfalls von Bedeutung hätte sein können. Die Beklagte teilte den nunmehrigen Prozessbevollmächtigten des Klägers mit Schreiben vom 16. April 2008 (Bl. 48 d. A.) und vom 9. Mai 2008 (Bl. 49 d. A.) mit, sie benötige eine Behandlungsdokumentation mit Behandlungstagen und jeweiliger Medikation zur Prüfung, ob überhaupt eine ärztliche Behandlung des Klägers als Voraussetzung für die geforderte Krankentagegeldzahlung vorliege. Diese Information der tatsächlich erfolgenden Behandlung hatte die Beklagte jedoch bereits durch die Feststellungen des von ihr beauftragten Sachverständigen P..., der hierzu bereits in seinem Gutachten zu "Derzeitige Therapie und Medikation" ausführte "Trevilor ret. 225 mg täglich, psychotherapeutische Gespräche bei 1 Facharzt alle 2 Wochen" (Bl. 81 d. A.).

52

Für die Zeit nach der Begutachtung des Klägers hatte der diesen behandelnde Facharzt Dr. F... in seinem Schreiben vom 1. April 2008 die bisherige und die ab Februar 2008 geänderte Therapie des Klägers dargelegt und damit auch dessen ärztliche Behandlung. Ein Bedürfnis für die von der Beklagten erstrebte Darlegung eines Behandlungskonzepts besteht im Rahmen der Krankentagegeldversicherung nicht, da es für diese nur auf die tatsächliche ärztliche Behandlung ankommt und es nicht um das Interesse des Versicherers an der Abwehr unnötiger Kosten  geht (vgl. Prölss/Martin, VVG, 27. Aufl., § 4 MB/KT 94, Rdnr. 14). Auf die Frage, ob die Beklagte aus den Arztrechnungen die ärztliche Behandlung des Klägers ersehen konnte, kommt es daher hier nicht an.

53

Da gleichwohl der Kläger sich – nach dem unbestrittenen Klägervortrag – um die Beibringung der von der Beklagten geforderten Auskünfte durch die wiederholte Aufforderung an Dr. F..., die ergänzende Anfrage der Beklagten vom 7. April 2008 zu beantworten, bemüht hatte, wäre eine eventuell objektiv gegebene Auskunftsobliegenheitsverletzung jedenfalls nicht schuldhaft erfolgt, so dass die Beklagte nicht leistungsfrei ist.

54

Dem Kläger stehen auch ein Anspruch auf Erstattung der ihm durch die vorgerichtliche Tätigkeit seiner Rechtsanwälte entstandenen Kosten ebenso wie die geltend gemachten Zinsansprüche gemäß §§ 286, 288 Abs. 1 BGB zu. Die Beklagte hat die begehrten Leistungen aus der Krankentagegeldversicherung zu Unrecht verweigert und befand sich daher mit diesen ab dem jeweiligen wöchentlichen Fälligkeitstag in Verzug. Durch die Zahlungsverweigerung der Beklagten war der Kläger zur Beauftragung eines Rechtsanwalts zur Durchsetzung seines Leistungsanspruchs berechtigt. Dessen Kosten sind von der Beklagten nebst Prozesszinsen gemäß § 291 ZPO ab Zustellung der Klage zu erstatten.

55

Die mit dem Ziel der vollständigen Klageabweisung eingelegte Berufung der Beklagten ist daher unbegründet und somit zurückzuweisen, während auf die Berufung des Klägers das landgerichtliche Urteil abzuändern und die Klage vollumfänglich zuzusprechen ist.

56

Die Kostenentscheidung ergibt sich aus §§ 91, 97 Abs. 1 ZPO.

57

Der Ausspruch zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 708 Nr. 10, § 713 ZPO.

58

Die Revision wird nicht zugelassen, weil die gesetzlichen Voraussetzungen gemäß § 543 Abs. 2 ZPO nicht gegeben sind.

59

Der Streitwert des Berufungsverfahrens wird auf 12.000 Euro (Berufung des Klägers: 8.640 Euro, Berufung der Beklagten: 3.360 Euro) festgesetzt.

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(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, s

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(1) Wird bei einem auf eine bestimmte Zeit eingegangenen Versicherungsverhältnis im Voraus eine Verlängerung für den Fall vereinbart, dass das Versicherungsverhältnis nicht vor Ablauf der Vertragszeit gekündigt wird, ist die Verlängerung unwirksam, soweit sie sich jeweils auf mehr als ein Jahr erstreckt.

(2) Ist ein Versicherungsverhältnis auf unbestimmte Zeit eingegangen, kann es von beiden Vertragsparteien nur für den Schluss der laufenden Versicherungsperiode gekündigt werden. Auf das Kündigungsrecht können sie einvernehmlich bis zur Dauer von zwei Jahren verzichten.

(3) Die Kündigungsfrist muss für beide Vertragsparteien gleich sein; sie darf nicht weniger als einen Monat und nicht mehr als drei Monate betragen.

(4) Ein Versicherungsvertrag, der für die Dauer von mehr als drei Jahren geschlossen worden ist, kann vom Versicherungsnehmer zum Schluss des dritten oder jedes darauf folgenden Jahres unter Einhaltung einer Frist von drei Monaten gekündigt werden.

(1) Der Versicherer hat den Versicherungsnehmer, soweit nach der Schwierigkeit, die angebotene Versicherung zu beurteilen, oder der Person des Versicherungsnehmers und dessen Situation hierfür Anlass besteht, nach seinen Wünschen und Bedürfnissen zu befragen und, auch unter Berücksichtigung eines angemessenen Verhältnisses zwischen Beratungsaufwand und der vom Versicherungsnehmer zu zahlenden Prämien, zu beraten sowie die Gründe für jeden zu einer bestimmten Versicherung erteilten Rat anzugeben. Er hat dies unter Berücksichtigung der Komplexität des angebotenen Versicherungsvertrags zu dokumentieren.

(2) Für die Übermittlung des erteilten Rats und der Gründe hierfür gilt § 6a.

(3) Der Versicherungsnehmer kann auf die Beratung und Dokumentation nach den Absätzen 1 und 2 durch eine gesonderte schriftliche Erklärung verzichten, in der er vom Versicherer ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass sich ein Verzicht nachteilig auf seine Möglichkeit auswirken kann, gegen den Versicherer einen Schadensersatzanspruch nach Absatz 5 geltend zu machen. Handelt es sich um einen Vertrag im Fernabsatz im Sinn des § 312c des Bürgerlichen Gesetzbuchs, kann der Versicherungsnehmer in Textform verzichten.

(4) Die Verpflichtung nach Absatz 1 Satz 1 besteht auch nach Vertragsschluss während der Dauer des Versicherungsverhältnisses, soweit für den Versicherer ein Anlass für eine Nachfrage und Beratung des Versicherungsnehmers erkennbar ist; Absatz 3 Satz 2 gilt entsprechend. Der Versicherungsnehmer kann im Einzelfall auf eine Beratung durch schriftliche Erklärung verzichten.

(5) Verletzt der Versicherer eine Verpflichtung nach Absatz 1, 2 oder 4, ist er dem Versicherungsnehmer zum Ersatz des hierdurch entstehenden Schadens verpflichtet. Dies gilt nicht, wenn der Versicherer die Pflichtverletzung nicht zu vertreten hat.

(6) Die Absätze 1 bis 5 sind auf Versicherungsverträge über ein Großrisiko im Sinn des § 210 Absatz 2 nicht anzuwenden, ferner dann nicht, wenn der Vertrag mit dem Versicherungsnehmer von einem Versicherungsmakler vermittelt wird.

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(1) Leistet der Schuldner auf eine Mahnung des Gläubigers nicht, die nach dem Eintritt der Fälligkeit erfolgt, so kommt er durch die Mahnung in Verzug. Der Mahnung stehen die Erhebung der Klage auf die Leistung sowie die Zustellung eines Mahnbescheids im Mahnverfahren gleich.

(2) Der Mahnung bedarf es nicht, wenn

1.
für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist,
2.
der Leistung ein Ereignis vorauszugehen hat und eine angemessene Zeit für die Leistung in der Weise bestimmt ist, dass sie sich von dem Ereignis an nach dem Kalender berechnen lässt,
3.
der Schuldner die Leistung ernsthaft und endgültig verweigert,
4.
aus besonderen Gründen unter Abwägung der beiderseitigen Interessen der sofortige Eintritt des Verzugs gerechtfertigt ist.

(3) Der Schuldner einer Entgeltforderung kommt spätestens in Verzug, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen nach Fälligkeit und Zugang einer Rechnung oder gleichwertigen Zahlungsaufstellung leistet; dies gilt gegenüber einem Schuldner, der Verbraucher ist, nur, wenn auf diese Folgen in der Rechnung oder Zahlungsaufstellung besonders hingewiesen worden ist. Wenn der Zeitpunkt des Zugangs der Rechnung oder Zahlungsaufstellung unsicher ist, kommt der Schuldner, der nicht Verbraucher ist, spätestens 30 Tage nach Fälligkeit und Empfang der Gegenleistung in Verzug.

(4) Der Schuldner kommt nicht in Verzug, solange die Leistung infolge eines Umstands unterbleibt, den er nicht zu vertreten hat.

(5) Für eine von den Absätzen 1 bis 3 abweichende Vereinbarung über den Eintritt des Verzugs gilt § 271a Absatz 1 bis 5 entsprechend.

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(1) Eine Geldschuld ist während des Verzugs zu verzinsen. Der Verzugszinssatz beträgt für das Jahr fünf Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(2) Bei Rechtsgeschäften, an denen ein Verbraucher nicht beteiligt ist, beträgt der Zinssatz für Entgeltforderungen neun Prozentpunkte über dem Basiszinssatz.

(3) Der Gläubiger kann aus einem anderen Rechtsgrund höhere Zinsen verlangen.

(4) Die Geltendmachung eines weiteren Schadens ist nicht ausgeschlossen.

(5) Der Gläubiger einer Entgeltforderung hat bei Verzug des Schuldners, wenn dieser kein Verbraucher ist, außerdem einen Anspruch auf Zahlung einer Pauschale in Höhe von 40 Euro. Dies gilt auch, wenn es sich bei der Entgeltforderung um eine Abschlagszahlung oder sonstige Ratenzahlung handelt. Die Pauschale nach Satz 1 ist auf einen geschuldeten Schadensersatz anzurechnen, soweit der Schaden in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist.

(6) Eine im Voraus getroffene Vereinbarung, die den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf Verzugszinsen ausschließt, ist unwirksam. Gleiches gilt für eine Vereinbarung, die diesen Anspruch beschränkt oder den Anspruch des Gläubigers einer Entgeltforderung auf die Pauschale nach Absatz 5 oder auf Ersatz des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ausschließt oder beschränkt, wenn sie im Hinblick auf die Belange des Gläubigers grob unbillig ist. Eine Vereinbarung über den Ausschluss der Pauschale nach Absatz 5 oder des Ersatzes des Schadens, der in Kosten der Rechtsverfolgung begründet ist, ist im Zweifel als grob unbillig anzusehen. Die Sätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden, wenn sich der Anspruch gegen einen Verbraucher richtet.

Tatsachen, die bei dem Gericht offenkundig sind, bedürfen keines Beweises.

(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.

(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.

(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.

(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.

(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.

(1) Die Kosten eines ohne Erfolg eingelegten Rechtsmittels fallen der Partei zur Last, die es eingelegt hat.

(2) Die Kosten des Rechtsmittelverfahrens sind der obsiegenden Partei ganz oder teilweise aufzuerlegen, wenn sie auf Grund eines neuen Vorbringens obsiegt, das sie in einem früheren Rechtszug geltend zu machen imstande war.

(3) (weggefallen)

Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:

1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen;
2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a;
3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird;
4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden;
5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären;
6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden;
7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen;
8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht;
9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung;
10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist;
11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.

Die in den §§ 711, 712 zugunsten des Schuldners zugelassenen Anordnungen sollen nicht ergehen, wenn die Voraussetzungen, unter denen ein Rechtsmittel gegen das Urteil stattfindet, unzweifelhaft nicht vorliegen.

(1) Die Revision findet nur statt, wenn sie

1.
das Berufungsgericht in dem Urteil oder
2.
das Revisionsgericht auf Beschwerde gegen die Nichtzulassung
zugelassen hat.

(2) Die Revision ist zuzulassen, wenn

1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts erfordert.
Das Revisionsgericht ist an die Zulassung durch das Berufungsgericht gebunden.