Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 23. Nov. 2015 - 2 Ws 502/15

23.11.2015

Tenor

Auf die sofortige Beschwerde des Untergebrachten wird der Beschluss des Landgerichts Freiburg vom 2. Oktober 2015 aufgehoben.

Die Sache wird zu erneuter Entscheidung, auch über die Kosten des Rechtsmittels, an das Landgericht Freiburg zurückverwiesen.

Gründe

 
K. J. befindet sich seit 7.8.2000 im Vollzug der Sicherungsverwahrung, die durch Urteil des Landgerichts M. vom 12.11.1992 angeordnet wurde. Wegen zwischenzeitlicher Unterbrechung der Vollstreckung zur Verbüßung einer dreijährigen Freiheitsstrafe waren zehn Jahre der Sicherungsverwahrung am 6.8.2013 vollzogen. Mit dem angefochtenen Beschluss hat das Landgericht Freiburg es abgelehnt, die Maßregel für erledigt zu erklären oder zur Bewährung auszusetzen.
Der dagegen vom Untergebrachten fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde kann ein vorläufiger Erfolg nicht versagt werden.
1. Die Freiheit der Person ist ein so hohes Rechtsgut, dass sie nur aus besonders gewichtigen Gründen eingeschränkt werden darf (Art. 2 Abs. 2, Art. 104 Abs. 1 GG). Neben einer gesetzlichen Grundlage fordert die freiheitssichernde Funktion des Art. 2 Abs. 2 GG und der Grundsatz des fairen, rechtsstaatlichen Verfahrens ein Mindestmaß an zuverlässiger Wahrheitserforschung (BVerfGE 57, 250, 275). Diese Voraussetzungen sind nicht nur im strafprozessualen Hauptverfahren, sondern auch für die im Vollstreckungsverfahren zu treffenden Entscheidungen zu beachten. Unverzichtbare Voraussetzung eines rechtsstaatlichen Verfahrens ist, dass Entscheidungen, die den Entzug der persönlichen Freiheit betreffen, auf zureichender richterlicher Sachaufklärung beruhen (BVerfGE 58, 208, 222) und eine in tatsächlicher Hinsicht genügende Grundlage haben, die der Bedeutung der Freiheitsgarantie entspricht (BVerfGE 70, 297, 307; BVerfG, Kammerbeschluss vom 28.9.2010 - 2 BvR 1081/10 -, juris). Die aus dem Freiheitsrecht abzuleitenden Anforderungen richten sich insbesondere an die Prognoseentscheidung. Für deren tatsächliche Grundlagen gilt von Verfassungswegen das Gebot effektiver Sachaufklärung (BVerfGE 70, 297, 309). Es verlangt, dass der Richter die Grundlagen seiner Prognose selbständig bewertet, verbietet mithin, dass er die Bewertung einer anderen Stelle überlässt. Darüber hinaus fordert es vom Richter, dass er sich um eine möglichst breite Tatsachenbasis bemüht und sich so ein möglichst umfassendes Bild über die zu beurteilende Person verschafft (BVerfGE 70, 297, 310 f.; BVerfG NJW 2009, 1941, 1942; BVerfGK 19, 137).
2. Für den Bereich des Maßregelvollzugs werden die vorstehenden Grundsätze durch § 463 Abs. 3 Satz 4 StPO dahin konkretisiert, dass bei zehn Jahren übersteigendem Vollzug der Maßregel - erst recht, wenn es sich wie vorliegend um einen sog. Altfall handelt, bei dem der weitere Vollzug der Sicherungsverwahrung nach Art. 316f Abs. 2 Satz 2 EGStGB an besonders hohe Voraussetzungen geknüpft ist - zwingend ein Sachverständigengutachten zu erheben ist, das anerkannten wissenschaftlichen Standards genügen muss und das dem Gericht die tatsächlichen Grundlagen vermittelt, die es ihm ermöglichen, eigenständig die geforderte Gefährlichkeitsprognose anzustellen. Die Auswahl des Sachverständigen steht dabei - wie sonst auch - grundsätzlich im pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts (§ 73 Abs. 1 StPO). Die Strafvollstreckungskammer ist grundsätzlich nicht verpflichtet, einen Sachverständigen auszuwählen, der dem Wunsch des Untergebrachten entspricht. Sie wird im Rahmen der Ausübung ihres Ermessens je nach den Umständen des Einzelfalls gegebenenfalls auch berücksichtigen können und müssen, innerhalb welcher Frist ein Gutachten erstellt werden kann (OLG Karlsruhe NStZ-RR 2000, 125, 126). In erster Linie wird die Auswahl des Sachverständigen allerdings unter Berücksichtigung des Erfordernisses, eine möglichst umfassende Aufklärung zu gewährleisten, zu erfolgen haben. Erklärt der Untergebrachte, er werde sich von dem von der Strafvollstreckungskammer ausgewählten Sachverständigen nicht explorieren lassen und erklärt er zugleich seine Bereitschaft, sich von einem anderen - anerkannten - Sachverständigen explorieren zu lassen, so wird die Aufklärungspflicht es in der Regel gebieten, der Anregung des Untergebrachten zu folgen und den von ihm vorgeschlagenen Sachverständigen zu wählen, weil das auf der Grundlage einer ausführlichen Exploration gewonnene Sachverständigengutachten einen ungleich größeren Aufklärungsgewinn als das nach Aktenlage erstellte Gutachten verspricht (Senat, Die Justiz 2011, 10, 11; Beschluss vom 19.1.2012 - 2 Ws 13/12).
3. Bei Anwendung dieser Maßstäbe verstößt es gegen den Grundsatz der bestmöglichen Sachaufklärung, dass die Strafvollstreckungskammer sich damit begnügt hat, die angefochtene Entscheidung auf der Grundlage eines lediglich nach Aktenlage erstellten Gutachtens des Sachverständigen Dr. D. zu treffen. Der Untergebrachte hat die Begutachtung durch Prof. Dr. Dr. Bo., dem damaligen Inhaber des Lehrstuhls für Kriminologie, Jugendstrafrecht, Strafvollzug und Strafrecht an der Universität M., beantragt und dazu erklärt, sich von diesem - anders als durch Dr. D. - auch explorieren zu lassen. Die mit der fehlenden Ausbildung als Facharzt für Psychiatrie begründete Ablehnung der Strafvollstreckungskammer, Prof. Dr. Dr. Bo. mit einer Begutachtung des Untergebrachten zu beauftragen, greift dabei zu kurz.
Auch wenn es bei Probanden mit Persönlichkeitsstörungen regelmäßig naheliegen wird, einen Arzt mit psychiatrischer Ausbildung und Erfahrung zur Gutachtenerstattung heranzuziehen (Senat NStZ-RR 2006, 93), ist es letztlich eine Frage des Einzelfalls, ob ein Sachverständiger über die für eine qualifizierte Beurteilung notwendige Ausbildung und hinreichende Erfahrung verfügt (BVerfG StV 2006, 426; LG Marburg StraFo 2015, 429). Die Strafvollstreckungskammer wäre daher gehalten gewesen, die Eignung des vom Untergebrachten benannten Sachverständigen näher zu beleuchten. Wie sich aus der vom Senat eingeholten Erklärung von Prof. Dr. Br., dem Nachfolger von Prof. Dr. Dr. Bo. als Lehrstuhlinhaber, ergibt, sind sowohl er als auch Prof. Dr. Dr. Bo. seit vielen Jahren mit der Erstattung (kriminologischer) Prognosegutachten befasst, bei denen sie einen interdisziplinären Ansatz verfolgen. Soweit eine Begutachtung fachpsychiatrische Kenntnisse erfordere, würden von ihnen forensische Psychiater als Mitarbeiter herangezogen. Bei dieser Sachlage reicht der Umstand, dass Prof. Dr. Dr. Bo. (oder der inzwischen vom Untergebrachten ebenfalls als Gutachter akzeptierte Prof. Dr. Br.) selbst nicht über die von der Strafvollstreckungskammer für erforderlich gehaltene Qualifikation als forensische Psychiater verfügen, nicht aus, eine Beauftragung abzulehnen.
4. Wegen dieses Verfahrensfehlers war der angefochtene Beschluss aufzuheben und die Sache im Hinblick auf die nach Einholung eines ergänzenden Gutachtens zwingend durchzuführende mündliche Anhörung an die Strafvollstreckungskammer zurückzuverweisen (Senat, Beschluss vom 20.10.2015 - 2 Ws 285/15; Meyer-Goßner/Schmitt, StPO, 58. Aufl. 205, § 309 Rn. 8 m.w.N.).
Es bleibt der Strafvollstreckungskammer nach pflichtgemäßem Ermessen und unter Berücksichtigung des jeweils erforderlichen Zeitaufwands überlassen, ob sie im Hinblick auf das bereits vorliegende Gutachten Prof. Dr. Dr. Bo. oder Prof. Dr. Br. umfassend mit einer Begutachtung des Untergebrachten beauftragt oder - ggf. nach Rücksprache mit den Sachverständigen - eine koordinierte Begutachtung in der Weise in die Wege leitet, dass nach einer Exploration durch Prof. Dr. Dr. Bo. oder Prof. Dr. Br. Dr. D. über das Ergebnis unterrichtet wird, Dr. D. auf dieser Grundlage seine diagnostische Beurteilung überprüft und Prof. Dr. Dr. Bo. oder Prof. Dr. Br. danach unter Berücksichtigung der diagnostischen Beurteilung durch Dr. D. eine eigene prognostische Beurteilung vornehmen.

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Referenzen - Gesetze

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Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 2


(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. (2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unver

Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland - GG | Art 104


(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden. (2) Über die Zuläss

Strafprozeßordnung - StPO | § 463 Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung


(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist. (2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu tr

Einführungsgesetz zum Strafgesetzbuch - StGBEG | Art 316f Übergangsvorschrift zum Gesetz zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung


(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden

Strafprozeßordnung - StPO | § 73 Auswahl des Sachverständigen


(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter. Er soll mit diesen eine Absprache treffen, innerhalb welcher Frist die Gutachten erstattet werden können. (2) Sind für gewisse Arten von

Referenzen

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Freiheit der Person kann nur auf Grund eines förmlichen Gesetzes und nur unter Beachtung der darin vorgeschriebenen Formen beschränkt werden. Festgehaltene Personen dürfen weder seelisch noch körperlich mißhandelt werden.

(2) Über die Zulässigkeit und Fortdauer einer Freiheitsentziehung hat nur der Richter zu entscheiden. Bei jeder nicht auf richterlicher Anordnung beruhenden Freiheitsentziehung ist unverzüglich eine richterliche Entscheidung herbeizuführen. Die Polizei darf aus eigener Machtvollkommenheit niemanden länger als bis zum Ende des Tages nach dem Ergreifen in eigenem Gewahrsam halten. Das Nähere ist gesetzlich zu regeln.

(3) Jeder wegen des Verdachtes einer strafbaren Handlung vorläufig Festgenommene ist spätestens am Tage nach der Festnahme dem Richter vorzuführen, der ihm die Gründe der Festnahme mitzuteilen, ihn zu vernehmen und ihm Gelegenheit zu Einwendungen zu geben hat. Der Richter hat unverzüglich entweder einen mit Gründen versehenen schriftlichen Haftbefehl zu erlassen oder die Freilassung anzuordnen.

(4) Von jeder richterlichen Entscheidung über die Anordnung oder Fortdauer einer Freiheitsentziehung ist unverzüglich ein Angehöriger des Festgehaltenen oder eine Person seines Vertrauens zu benachrichtigen.

(1) Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt.

(2) Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.

(1) Die Vorschriften über die Strafvollstreckung gelten für die Vollstreckung von Maßregeln der Besserung und Sicherung sinngemäß, soweit nichts anderes bestimmt ist.

(2) § 453 gilt auch für die nach den §§ 68a bis 68d des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen.

(3) § 454 Abs. 1, 3 und 4 gilt auch für die nach § 67c Abs. 1, § 67d Abs. 2 und 3, § 67e Abs. 3, den §§ 68e, 68f Abs. 2 und § 72 Abs. 3 des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 68e des Strafgesetzbuches bedarf es einer mündlichen Anhörung des Verurteilten nicht. § 454 Abs. 2 findet in den Fällen des § 67d Absatz 2 und 3 und des § 72 Absatz 3 des Strafgesetzbuches unabhängig von den dort genannten Straftaten sowie bei Prüfung der Voraussetzungen des § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 1 des Strafgesetzbuches auch unabhängig davon, ob das Gericht eine Aussetzung erwägt, entsprechende Anwendung, soweit das Gericht über die Vollstreckung der Sicherungsverwahrung zu entscheiden hat; im Übrigen findet § 454 Abs. 2 bei den dort genannten Straftaten Anwendung. Zur Vorbereitung der Entscheidung nach § 67d Abs. 3 des Strafgesetzbuches sowie der nachfolgenden Entscheidungen nach § 67d Abs. 2 des Strafgesetzbuches hat das Gericht das Gutachten eines Sachverständigen namentlich zu der Frage einzuholen, ob von dem Verurteilten weiterhin erhebliche rechtswidrige Taten zu erwarten sind. Ist die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, rechtzeitig vor einer Entscheidung nach § 67c Absatz 1 des Strafgesetzbuches einen Verteidiger.

(4) Im Rahmen der Überprüfung der Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus (§ 63 des Strafgesetzbuches) nach § 67e des Strafgesetzbuches ist eine gutachterliche Stellungnahme der Maßregelvollzugseinrichtung einzuholen, in der der Verurteilte untergebracht ist. Das Gericht soll nach jeweils drei Jahren, ab einer Dauer der Unterbringung von sechs Jahren nach jeweils zwei Jahren vollzogener Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus das Gutachten eines Sachverständigen einholen. Der Sachverständige darf weder im Rahmen des Vollzugs der Unterbringung mit der Behandlung der untergebrachten Person befasst gewesen sein noch in dem psychiatrischen Krankenhaus arbeiten, in dem sich die untergebrachte Person befindet, noch soll er das letzte Gutachten bei einer vorangegangenen Überprüfung erstellt haben. Der Sachverständige, der für das erste Gutachten im Rahmen einer Überprüfung der Unterbringung herangezogen wird, soll auch nicht das Gutachten in dem Verfahren erstellt haben, in dem die Unterbringung oder deren späterer Vollzug angeordnet worden ist. Mit der Begutachtung sollen nur ärztliche oder psychologische Sachverständige beauftragt werden, die über forensisch-psychiatrische Sachkunde und Erfahrung verfügen. Dem Sachverständigen ist Einsicht in die Patientendaten des Krankenhauses über die untergebrachte Person zu gewähren. § 454 Abs. 2 gilt entsprechend. Der untergebrachten Person, die keinen Verteidiger hat, bestellt das Gericht für die Überprüfung der Unterbringung, bei der nach Satz 2 das Gutachten eines Sachverständigen eingeholt werden soll, einen Verteidiger.

(5) § 455 Abs. 1 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus angeordnet ist. Ist die Unterbringung in einer Entziehungsanstalt oder in der Sicherungsverwahrung angeordnet worden und verfällt der Verurteilte in Geisteskrankheit, so kann die Vollstreckung der Maßregel aufgeschoben werden. § 456 ist nicht anzuwenden, wenn die Unterbringung des Verurteilten in der Sicherungsverwahrung angeordnet ist.

(6) § 462 gilt auch für die nach § 67 Absatz 3, 5 Satz 2 und Absatz 6, den §§ 67a und 67c Abs. 2, § 67d Abs. 5 und 6, den §§ 67g, 67h und 69a Abs. 7 sowie den §§ 70a und 70b des Strafgesetzbuches zu treffenden Entscheidungen. In den Fällen des § 67d Absatz 6 des Strafgesetzbuches ist der Verurteilte mündlich zu hören. Das Gericht erklärt die Anordnung von Maßnahmen nach § 67h Abs. 1 Satz 1 und 2 des Strafgesetzbuchs für sofort vollziehbar, wenn erhebliche rechtswidrige Taten des Verurteilten drohen.

(7) Für die Anwendung des § 462a Abs. 1 steht die Führungsaufsicht in den Fällen des § 67c Abs. 1, des § 67d Abs. 2 bis 6 und des § 68f des Strafgesetzbuches der Aussetzung eines Strafrestes gleich.

(8) Wird die Unterbringung in der Sicherungsverwahrung vollstreckt, bestellt das Gericht dem Verurteilten, der keinen Verteidiger hat, für die Verfahren über die auf dem Gebiet der Vollstreckung zu treffenden gerichtlichen Entscheidungen einen Verteidiger. Die Bestellung hat rechtzeitig vor der ersten gerichtlichen Entscheidung zu erfolgen und gilt auch für jedes weitere Verfahren, solange die Bestellung nicht aufgehoben wird.

(1) Die bisherigen Vorschriften über die Sicherungsverwahrung sind in der ab dem 1. Juni 2013 geltenden Fassung anzuwenden, wenn die Tat oder mindestens eine der Taten, wegen deren Begehung die Sicherungsverwahrung angeordnet oder vorbehalten werden soll (Anlasstat), nach dem 31. Mai 2013 begangen worden ist.

(2) In allen anderen Fällen sind, soweit Absatz 3 nichts anderes bestimmt, die bis zum 31. Mai 2013 geltenden Vorschriften über die Sicherungsverwahrung nach Maßgabe der Sätze 2 bis 4 anzuwenden. Die Anordnung oder Fortdauer der Sicherungsverwahrung auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, oder eine nachträgliche Anordnung der Sicherungsverwahrung, die nicht die Erledigung einer Unterbringung in einem psychiatrischen Krankenhaus voraussetzt, oder die Fortdauer einer solchen nachträglich angeordneten Sicherungsverwahrung ist nur zulässig, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und aus konkreten Umständen in seiner Person oder seinem Verhalten eine hochgradige Gefahr abzuleiten ist, dass er infolge dieser Störung schwerste Gewalt- oder Sexualstraftaten begehen wird. Auf Grund einer gesetzlichen Regelung, die zur Zeit der letzten Anlasstat noch nicht in Kraft getreten war, kann die Anordnung der Sicherungsverwahrung nur vorbehalten werden, wenn beim Betroffenen eine psychische Störung vorliegt und die in Satz 2 genannte Gefahr wahrscheinlich ist oder, wenn es sich bei dem Betroffenen um einen Heranwachsenden handelt, feststeht. Liegen die Voraussetzungen für eine Fortdauer der Sicherungsverwahrung in den in Satz 2 genannten Fällen nicht mehr vor, erklärt das Gericht die Maßregel für erledigt; mit der Entlassung aus dem Vollzug der Unterbringung tritt Führungsaufsicht ein.

(3) Die durch die Artikel 1, 2 Nummer 1 Buchstabe c Doppelbuchstabe cc und Nummer 4 sowie die Artikel 3 bis 6 des Gesetzes zur bundesrechtlichen Umsetzung des Abstandsgebotes im Recht der Sicherungsverwahrung vom 5. Dezember 2012 (BGBl. I S. 2425) geänderten Vorschriften sind auch auf die in Absatz 2 Satz 1 genannten Fälle anzuwenden, § 67c Absatz 1 Satz 1 Nummer 2 des Strafgesetzbuches jedoch nur dann, wenn nach dem 31. Mai 2013 keine ausreichende Betreuung im Sinne des § 66c des Strafgesetzbuches angeboten worden ist. Die Frist des § 119a Absatz 3 des Strafvollzugsgesetzes für die erste Entscheidung von Amts wegen beginnt am 1. Juni 2013 zu laufen, wenn die Freiheitsstrafe zu diesem Zeitpunkt bereits vollzogen wird.

(1) Die Auswahl der zuzuziehenden Sachverständigen und die Bestimmung ihrer Anzahl erfolgt durch den Richter. Er soll mit diesen eine Absprache treffen, innerhalb welcher Frist die Gutachten erstattet werden können.

(2) Sind für gewisse Arten von Gutachten Sachverständige öffentlich bestellt, so sollen andere Personen nur dann gewählt werden, wenn besondere Umstände es fordern.