Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Sept. 2007 - 13 W 83/07
Tenor
1. Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin wird der Kostenfestsetzungsbeschluss des Landgerichts Offenburg vom 27.07.2007 - 5 O 77/06 KfH - dahin abgeändert, dass von der Beklagten an die Klägerin EUR 2.770,40 nebst Zinsen in Höhe von 5 %-Punkten über dem Basiszinssatz seit 03.07.2007 zu erstatten sind.
2. Die Beklagte hat die Kosten des Beschwerdeverfahrens zu tragen.
3. Der Beschwerdewert wird auf EUR 468,74 festgesetzt.
4. Die Rechtsbeschwerde wird zugelassen.
Gründe
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Urteil einreichenOberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 18. Sept. 2007 - 13 W 83/07 zitiert oder wird zitiert von 1 Urteil(en).
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung des Klägers in T. . Nachdem die Beklagten mehrere Monate keine Miete mehr gezahlt hatten, kündigte der Kläger mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 4. Juli 2005 das Mietverhältnis fristlos und forderte die Beklagten zur Räumung der Wohnung bis spätestens 22. Juli 2005 auf.
- 2
- Da die Beklagten weder die behaupteten Mietrückstände bezahlten noch die Wohnung räumten, machte der Kläger Ansprüche auf Zahlung rückständiger Miete und anteiliger Betriebskosten gerichtlich geltend, ebenso sein Verlangen auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung. Zusätzlich verlangte er die Erstattung der ihm für das Kündigungsschreiben in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Gebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 700,29 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Räumung, zur Zahlung rückständiger Miete und offener Forderungen aus Betriebskostenabrechnungen sowie zur Zahlung von 277,94 € für die durch die anwaltliche Kündigung vorprozessual entstandenen Rechtsverfolgungskosten verurteilt. Hinsichtlich der weitergehend geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten (422,35 €) hat es die Klage abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Klägers hat das Landgericht in Höhe eines Betrages von 167,39 € als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
- 4
- Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Restbetrages von 422,35 € weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg in Höhe von 254,96 €. Darüber hinaus ist das Rechtsmittel unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht (LG Bonn NZM 2006, 658) hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
- 7
- In Höhe eines Betrages von 167,39 € sei die Berufung unzulässig, weil der Kläger sein Rechtsmittel insoweit nicht begründet habe. Die Abweisung der Klage in dieser Höhe in erster Instanz beruhe darauf, dass das Amtsgericht für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung lediglich einen Gegenstandswert von 5.052 € angenommen habe und nicht, wie der Kläger, von 8.112 €.
- 8
- Soweit die Berufung zulässig sei, sei sie unbegründet. Bei einem Gegenstandswert von 5.052 € für die Geschäftsgebühr belaufe sich diese samt Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf 532,90 €. Da das Amtsgericht bereits insoweit 277,94 € zuerkannt habe, sei im Rahmen der zulässig begründeten Berufung allein noch zu entscheiden, ob dem Kläger weitere 254,96 € zustünden. Dies sei zu verneinen. Zwar habe das Amtsgericht zutreffend einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 286 BGB angenommen. Die Beklagten hätten ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und dadurch dem Kläger Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben. Zu dem deshalb ersatzfähigen Schaden gehörten auch die Kosten einer angemessenen Rechtsverfolgung mit Hilfe eines Anwalts. Der mit der Berufung geltend gemachte Anspruch scheitere jedoch teilweise daran, dass das angefallene Anwaltshonorar für das vorprozessuale Kündigungsschreiben der hälftigen Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG unterliege. Diese Vorschrift sei einschlägig, weil das Kündigungsschreiben und die im Rechtsstreit entfaltete Tätigkeit denselben Gegenstand beträfen.
II.
- 9
- 1. Die Revision ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Verwerfung seiner Berufung in Höhe eines Betrages von 167,39 € wendet. Zutreffend hat das Landgericht die Berufung des Klägers in diesem Umfang für unzulässig gehalten. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 3 ZPO soll eine Berufungsbegründung aus sich heraus verständlich sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126, unter 1). Ausführungen dazu, dass und weshalb die Annahme des Amtsgerichts fehlerhaft sei, der Gegenstandswert betrage lediglich 5.052 €, enthält die Berufungsbegründung nicht. Ohne Erfolg verweist die Revision in diesem Zusammenhang darauf, der Kläger habe seinen Schaden unter Bezugnahme auf die anwaltliche Kostennote, die er auch zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht habe, beziffert. Es genügt den an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier - lediglich pauschal ausführt, er wolle sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998, aaO, unter 2 b).
- 10
- 2. Erfolgreich ist die Revision hingegen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich des verbleibenden Zahlungsantrags in Höhe von 254,96 € wendet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht wegen der Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG einen Anspruch des Klägers verneint. Dabei kommt es nicht auf die vom Landgericht für erheblich gehaltene Frage an, ob die vorgerichtliche und die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Sinne der genannten Vorschrift denselben Gegenstand betreffen.
- 11
- a) Nach der genannten Regelung ist unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, eine entstandene Geschäftsgebühr teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Danach bleibt eine bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet. Durch die hälftige Anrechnung verringert sich eine (später) nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr (so auch BayVGH NJW 2006, 1990; Schultze-Rhonhof, RVGreport 2005, 374; Hansens, RVGreport 2005, 392).
- 12
- Soweit in der Rechtsprechung eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr abgelehnt und stattdessen eine hälftige Anrechnung der Verfahrensgebühr auf die Geschäftsgebühr befürwortet wird (z.B. KG JurBüro 2006, 202; OVG NRW NJW 2006, 1991, wobei übersehen wird, dass der Kostenschuldner durch die gegenteilige Auffassung nicht begünstigt wird, weil er einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausgesetzt ist), mögen dafür prozessökonomische Gründe sprechen. Denn bei einer Anrechnung auf die Verfahrensgebühr wird die obsiegende Partei darauf verwiesen, die volle Geschäftsgebühr gegen die unterlegene Partei - gegebenenfalls gerichtlich - geltend zu machen, weil die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG - anders als die Verfahrensgebühr - im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Gründe der Prozessökonomie gestatten es jedoch nicht, ein Gesetz gegen seinen klaren Wortlaut anzuwenden.
- 13
- b) Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, soweit die Berufung des Klägers in Höhe des zuletzt genannten Betrages von 254,96 € zu- rückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Zahlung weiterer 254,96 € nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB zu. Da die Anrechnung, wie ausgeführt, nicht auf die Geschäftsgebühr stattfindet, ist dem Kläger der Restbetrag zuzuerkennen. Ball Wiechers Dr.Wolst Dr.Hessel Dr.Koch
AG Siegburg, Entscheidung vom 16.11.2005 - 117 C 201/05 -
LG Bonn, Entscheidung vom 02.03.2006 - 6 S 279/05 -
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
BUNDESGERICHTSHOF
für Recht erkannt:
Von Rechts wegen
Tatbestand:
- 1
- Die Beklagten waren Mieter einer Wohnung des Klägers in T. . Nachdem die Beklagten mehrere Monate keine Miete mehr gezahlt hatten, kündigte der Kläger mit Schreiben seines späteren Prozessbevollmächtigten vom 4. Juli 2005 das Mietverhältnis fristlos und forderte die Beklagten zur Räumung der Wohnung bis spätestens 22. Juli 2005 auf.
- 2
- Da die Beklagten weder die behaupteten Mietrückstände bezahlten noch die Wohnung räumten, machte der Kläger Ansprüche auf Zahlung rückständiger Miete und anteiliger Betriebskosten gerichtlich geltend, ebenso sein Verlangen auf Räumung und Herausgabe der Mietwohnung. Zusätzlich verlangte er die Erstattung der ihm für das Kündigungsschreiben in Rechnung gestellten vorgerichtlichen Gebühren seines Prozessbevollmächtigten in Höhe von 700,29 €.
- 3
- Das Amtsgericht hat die Beklagten antragsgemäß zur Räumung, zur Zahlung rückständiger Miete und offener Forderungen aus Betriebskostenabrechnungen sowie zur Zahlung von 277,94 € für die durch die anwaltliche Kündigung vorprozessual entstandenen Rechtsverfolgungskosten verurteilt. Hinsichtlich der weitergehend geltend gemachten vorgerichtlichen Kosten (422,35 €) hat es die Klage abgewiesen. Die vom Amtsgericht zugelassene Berufung des Klägers hat das Landgericht in Höhe eines Betrages von 167,39 € als unzulässig verworfen und im Übrigen zurückgewiesen.
- 4
- Mit seiner vom Berufungsgericht zugelassenen Revision verfolgt der Kläger sein Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Zahlung des Restbetrages von 422,35 € weiter.
Entscheidungsgründe:
- 5
- Die Revision hat Erfolg in Höhe von 254,96 €. Darüber hinaus ist das Rechtsmittel unbegründet.
I.
- 6
- Das Berufungsgericht (LG Bonn NZM 2006, 658) hat, soweit in der Revisionsinstanz noch von Interesse, ausgeführt:
- 7
- In Höhe eines Betrages von 167,39 € sei die Berufung unzulässig, weil der Kläger sein Rechtsmittel insoweit nicht begründet habe. Die Abweisung der Klage in dieser Höhe in erster Instanz beruhe darauf, dass das Amtsgericht für die vorgerichtliche Rechtsverfolgung lediglich einen Gegenstandswert von 5.052 € angenommen habe und nicht, wie der Kläger, von 8.112 €.
- 8
- Soweit die Berufung zulässig sei, sei sie unbegründet. Bei einem Gegenstandswert von 5.052 € für die Geschäftsgebühr belaufe sich diese samt Auslagenpauschale und Umsatzsteuer auf 532,90 €. Da das Amtsgericht bereits insoweit 277,94 € zuerkannt habe, sei im Rahmen der zulässig begründeten Berufung allein noch zu entscheiden, ob dem Kläger weitere 254,96 € zustünden. Dies sei zu verneinen. Zwar habe das Amtsgericht zutreffend einen Schadensersatzanspruch gemäß §§ 280, 286 BGB angenommen. Die Beklagten hätten ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllt und dadurch dem Kläger Anlass zur fristlosen Kündigung gegeben. Zu dem deshalb ersatzfähigen Schaden gehörten auch die Kosten einer angemessenen Rechtsverfolgung mit Hilfe eines Anwalts. Der mit der Berufung geltend gemachte Anspruch scheitere jedoch teilweise daran, dass das angefallene Anwaltshonorar für das vorprozessuale Kündigungsschreiben der hälftigen Anrechnung gemäß Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG unterliege. Diese Vorschrift sei einschlägig, weil das Kündigungsschreiben und die im Rechtsstreit entfaltete Tätigkeit denselben Gegenstand beträfen.
II.
- 9
- 1. Die Revision ist unbegründet, soweit sich der Kläger gegen die Verwerfung seiner Berufung in Höhe eines Betrages von 167,39 € wendet. Zutreffend hat das Landgericht die Berufung des Klägers in diesem Umfang für unzulässig gehalten. Nach § 520 Abs. 3 Satz 2 Nrn. 2 und 3 ZPO soll eine Berufungsbegründung aus sich heraus verständlich sein und erkennen lassen, aus welchen tatsächlichen oder rechtlichen Gründen der Berufungskläger das angefochtene Urteil für unrichtig hält (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998 - IX ZR 389/97, NJW 1998, 3126, unter 1). Ausführungen dazu, dass und weshalb die Annahme des Amtsgerichts fehlerhaft sei, der Gegenstandswert betrage lediglich 5.052 €, enthält die Berufungsbegründung nicht. Ohne Erfolg verweist die Revision in diesem Zusammenhang darauf, der Kläger habe seinen Schaden unter Bezugnahme auf die anwaltliche Kostennote, die er auch zum Gegenstand des Berufungsverfahrens gemacht habe, beziffert. Es genügt den an eine Berufungsbegründung zu stellenden Anforderungen nicht, wenn der Rechtsmittelführer - wie hier - lediglich pauschal ausführt, er wolle sein erstinstanzliches Begehren weiterverfolgen (BGH, Urteil vom 18. Juni 1998, aaO, unter 2 b).
- 10
- 2. Erfolgreich ist die Revision hingegen, soweit sie sich gegen die Zurückweisung der Berufung bezüglich des verbleibenden Zahlungsantrags in Höhe von 254,96 € wendet. Zu Unrecht hat das Berufungsgericht wegen der Anrechnungsvorschrift nach Vorbemerkung 3 Abs. 4 zu Nr. 3100 VV RVG einen Anspruch des Klägers verneint. Dabei kommt es nicht auf die vom Landgericht für erheblich gehaltene Frage an, ob die vorgerichtliche und die nachfolgende gerichtliche Tätigkeit des Prozessbevollmächtigten des Klägers im Sinne der genannten Vorschrift denselben Gegenstand betreffen.
- 11
- a) Nach der genannten Regelung ist unter der Voraussetzung, dass es sich um denselben Gegenstand handelt, eine entstandene Geschäftsgebühr teilweise auf die spätere Verfahrensgebühr des gerichtlichen Verfahrens anzurechnen. Danach bleibt eine bereits entstandene Geschäftsgebühr unangetastet. Durch die hälftige Anrechnung verringert sich eine (später) nach Nr. 3100 VV RVG angefallene Verfahrensgebühr. Nach dem Gesetzeswortlaut ist die gerichtliche Verfahrensgebühr zu mindern, nicht die vorgerichtliche Geschäftsgebühr (so auch BayVGH NJW 2006, 1990; Schultze-Rhonhof, RVGreport 2005, 374; Hansens, RVGreport 2005, 392).
- 12
- Soweit in der Rechtsprechung eine Anrechnung der Geschäftsgebühr auf die Verfahrensgebühr abgelehnt und stattdessen eine hälftige Anrechnung der Verfahrensgebühr auf die Geschäftsgebühr befürwortet wird (z.B. KG JurBüro 2006, 202; OVG NRW NJW 2006, 1991, wobei übersehen wird, dass der Kostenschuldner durch die gegenteilige Auffassung nicht begünstigt wird, weil er einem materiell-rechtlichen Kostenerstattungsanspruch ausgesetzt ist), mögen dafür prozessökonomische Gründe sprechen. Denn bei einer Anrechnung auf die Verfahrensgebühr wird die obsiegende Partei darauf verwiesen, die volle Geschäftsgebühr gegen die unterlegene Partei - gegebenenfalls gerichtlich - geltend zu machen, weil die Geschäftsgebühr nach Nr. 2300 VV RVG - anders als die Verfahrensgebühr - im Kostenfestsetzungsverfahren nach §§ 103, 104 ZPO nicht berücksichtigt werden kann. Gründe der Prozessökonomie gestatten es jedoch nicht, ein Gesetz gegen seinen klaren Wortlaut anzuwenden.
- 13
- b) Das Berufungsurteil kann somit keinen Bestand haben, soweit die Berufung des Klägers in Höhe des zuletzt genannten Betrages von 254,96 € zu- rückgewiesen worden ist (§ 562 Abs. 1 ZPO). Da weitere Feststellungen nicht zu erwarten sind und die Sache zur Endentscheidung reif ist, hat der Senat in der Sache selbst zu entscheiden (§ 563 Abs. 3 ZPO). Dem Kläger steht ein Anspruch auf die Zahlung weiterer 254,96 € nach § 280 Abs. 1, 2, § 286 BGB zu. Da die Anrechnung, wie ausgeführt, nicht auf die Geschäftsgebühr stattfindet, ist dem Kläger der Restbetrag zuzuerkennen. Ball Wiechers Dr.Wolst Dr.Hessel Dr.Koch
AG Siegburg, Entscheidung vom 16.11.2005 - 117 C 201/05 -
LG Bonn, Entscheidung vom 02.03.2006 - 6 S 279/05 -
(weggefallen)
(1) Über den Festsetzungsantrag entscheidet das Gericht des ersten Rechtszuges. Auf Antrag ist auszusprechen, dass die festgesetzten Kosten vom Eingang des Festsetzungsantrags, im Falle des § 105 Abs. 3 von der Verkündung des Urteils ab mit fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz nach § 247 des Bürgerlichen Gesetzbuchs zu verzinsen sind. Die Entscheidung ist, sofern dem Antrag ganz oder teilweise entsprochen wird, dem Gegner des Antragstellers unter Beifügung einer Abschrift der Kostenrechnung von Amts wegen zuzustellen. Dem Antragsteller ist die Entscheidung nur dann von Amts wegen zuzustellen, wenn der Antrag ganz oder teilweise zurückgewiesen wird; im Übrigen ergeht die Mitteilung formlos.
(2) Zur Berücksichtigung eines Ansatzes genügt, dass er glaubhaft gemacht ist. Hinsichtlich der einem Rechtsanwalt erwachsenden Auslagen für Post- und Telekommunikationsdienstleistungen genügt die Versicherung des Rechtsanwalts, dass diese Auslagen entstanden sind. Zur Berücksichtigung von Umsatzsteuerbeträgen genügt die Erklärung des Antragstellers, dass er die Beträge nicht als Vorsteuer abziehen kann.
(3) Gegen die Entscheidung findet sofortige Beschwerde statt. Das Beschwerdegericht kann das Verfahren aussetzen, bis die Entscheidung, auf die der Festsetzungsantrag gestützt wird, rechtskräftig ist.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
(1) Gegen einen Beschluss ist die Rechtsbeschwerde statthaft, wenn
- 1.
dies im Gesetz ausdrücklich bestimmt ist oder - 2.
das Beschwerdegericht, das Berufungsgericht oder das Oberlandesgericht im ersten Rechtszug sie in dem Beschluss zugelassen hat.
(2) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 1 ist die Rechtsbeschwerde nur zulässig, wenn
- 1.
die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder - 2.
die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Rechtsbeschwerdegerichts erfordert.
(3) In den Fällen des Absatzes 1 Nr. 2 ist die Rechtsbeschwerde zuzulassen, wenn die Voraussetzungen des Absatzes 2 vorliegen. Das Rechtsbeschwerdegericht ist an die Zulassung gebunden.
(4) Der Rechtsbeschwerdegegner kann sich bis zum Ablauf einer Notfrist von einem Monat nach der Zustellung der Begründungsschrift der Rechtsbeschwerde durch Einreichen der Rechtsbeschwerdeanschlussschrift beim Rechtsbeschwerdegericht anschließen, auch wenn er auf die Rechtsbeschwerde verzichtet hat, die Rechtsbeschwerdefrist verstrichen oder die Rechtsbeschwerde nicht zugelassen worden ist. Die Anschlussbeschwerde ist in der Anschlussschrift zu begründen. Die Anschließung verliert ihre Wirkung, wenn die Rechtsbeschwerde zurückgenommen oder als unzulässig verworfen wird.