Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 29. Aug. 2005 - 1 Ws 159/05

bei uns veröffentlicht am29.08.2005

Tenor

Die sofortige Beschwerde der Staatsanwaltschaft M. gegen den Beschluss des Landgerichts - Strafvollstreckungskammer U.. vom 15. Juli 2005 wird als unbegründet verworfen.

Der Verurteilte ist aus der Strafhaft zu entlassen.

Die Staatskasse trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens und die dem Verurteilten insoweit entstandenen notwendigen Auslagen.

Gründe

 
I.
Mit dem angefochtenen Beschluss hat die Strafvollstreckungskammer des Landgerichts U. die Vollstreckung der Restfreiheitsstrafe aus dem Urteil des Landgerichts M. vom 11.03.2004, durch welches X. wegen Betruges in 37 Fällen und versuchten Betruges in sechs Fällen zu der Gesamtstrafe von drei Jahren und neun Monaten verurteilt worden war, mit Ablauf von zwei Dritteln der Strafe zur Bewährung ausgesetzt, die Bewährungszeit auf drei Jahre bestimmt, den Verurteilten der Leitung und Aufsicht eines Bewährungshelfers unterstellt und ihm auferlegt, sich nach besten Kräften um eine Regulierung seiner Schulden zu bemühen. Nach den von der Wirtschaftsstrafkammer des Landgerichts M. im Urteil vom 20.01.2004 getroffenen Feststellungen hatte X. im Zeitraum von 1996 bis 2001 von Kapitalanlegern bzw. Darlehenssuchenden mit verschiedenen Anlagemodellen Gelder in Höhe mehrerer Millionen DM in betrügerischer Weise erschwindelt, diese Beträge jedoch für Unkosten und seinen aufwendigen Lebensunterhalt verbraucht.
Mit ihrer hiergegen form- und fristgerecht eingelegten sofortigen Beschwerde macht die Staatsanwaltschaft geltend, eine Aussetzung der Reststrafe habe nicht erfolgen dürfen, weil der Verurteilte falsche Angaben zum Verbleib der von ihm erschwindelten Beute gemacht habe. Hierzu hat sie im Laufe des Beschwerdeverfahrens weitere Ermittlungen angestellt, insbesondere Auskünfte bei Behörden und einem Insolvenzverwalter eingeholt sowie einen Zeugen vernommen. Der Verteidiger des Verurteilten hält die von der Staatsanwaltschaft vorgenommenen Untersuchungshandlungen für unzulässig und hat auf Verwerfung angetragen.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Der Senat teilt zunächst die von der Staatsanwaltschaft im Übrigen nicht angegriffene Bewertung der Strafvollstreckungskammer, dass dem Verurteilten als Erstverbüßer und aufgrund der seit 19.07.2004 andauernden Bewährung im offenen Vollzug als Freigänger im Rahmen eines freien Beschäftigungsverhältnisses grundsätzlich eine günstige Sozialprognose erteilt werden kann. Zur Vermeidung von Wiederholungen wird insoweit auf den angefochtenen Beschluss vom 15.07.2005 Bezug genommen.
2. Es liegt auch kein Fall vor, in welchem das Gericht von der an sich gebotenen Aussetzung der Vollstreckung des Strafrestes absehen kann, weil der Verurteilte unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die dem Verfall unterliegen oder - wie hier - nur deshalb nicht unterliegen, weil den Verletzten aus den Taten Ansprüche der in § 73 Abs. 1 Satz 2 StGB bezeichneten Art erwachsen sind (§ 57 Abs. 5 StGB). Solche Feststellungen hat der Senat nicht getroffen.
a. Entgegen der Ansicht der Verteidigers sind die von der Staatsanwaltschaft M - zur Aufklärung des Verbleibs der Tatbeute durchgeführten Ermittlungshandlungen im Strafvollstreckungsverfahren jedoch verwertbar, denn diese finden ihre Rechtsgrundlage in § 457 StPO. Zwar soll die Vorschrift in erster Linie die Durchführung von Zwangsmaßnahmen zur Sicherstellung des Vollzugs einer Freiheitsstrafe ermöglichen (§§ 457 Abs. 2 und 3 StPO), sie gestattet der Vollstreckungsbehörde aber ausdrücklich (§ 457 Abs. 1 StPO) auch die Durchführung aller der Staatsanwaltschaft nach § 161 StPO erlaubten Ermittlungsmaßnahmen, wenn diese Vollstreckungszwecken dienen. Hierzu gehören auch Ermittlungen zum Verbleib der Tatbeute, so dass die Staatsanwaltschaft, ohne dass es einer richterlichen Anordnung nach § 457 Abs. 3 Satz 3 StPO bedurft hätte, zur Einholung von Auskünften und einfachen Vernehmungen von Zeugen befugt war (vgl. KK-StPO-Fischer, 5. Aufl. 2003, § 457 Rn. 3 Löwe-Rosenberg-Rieß, 25. Auflage 2004, § 161 Rn. 31-33).
b. Dem Senat ist eine Berücksichtigung der von der Staatsanwaltschaft M. ermittelnden Umstände nebst der eigenen Einlassung des Verurteilten im Beschwerdeverfahren im Schriftsatz seines Rechtsanwaltes vom 22.08.2005 auch nicht deshalb verwehrt, weil die Wirtschaftsstrafkammer in ihrem Urteil vom 20.01.2004 von einem vollständigen Verbrauch der betrügerisch erlangten Geldmittel ausgegangen ist. Diese Feststellungen sind für das Vollstreckungsverfahren nicht bindend.
aa. Der Vorschrift des § 57 Abs. 5 StGB liegt der Gedanke zugrunde, dass sich Straftaten nicht lohnen dürfen. Deshalb ist es einem Täter, wenn er für den Strafrest Bewährung erhalten will, zuzumuten, nach Kräften an der Schadenswiedergutmachung mitzuwirken. Diese Regelung dient nicht nur den Belangen des Opfers, sondern auch einer wirksamen Strafrechtspflege und Kriminalitätsbekämpfung (OLG Zweibrücken NStZ 1999, 104; Terhorst JR 1988, 295 f.). Unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib der Beute macht ein Täter deshalb schon dann, wenn er sein Wissen über Tatsachen nicht offenbart, die einen Zugriff zur Beute ermöglichen oder erleichtern können (vgl. OLG Düsseldorf OLGSt StGB § 57 Nr. 31; OLG Hamburg ZfStrVo 1992, 67).
bb. Diese kriminalpolitische Notwendigkeit besteht aber auch dann, wenn sich nähere Erkenntnisse über den Verbleib der Beute erst nach Durchführung der Hauptverhandlung im Laufe des Vollstreckungsverfahrens gewinnen lassen. Unzureichende Angaben können im Vollstreckungsverfahren deshalb auch dann berücksichtigt werden und zur Ablehnung einer Strafaussetzung führen, wenn diese zuvor im Erkenntnisverfahren nicht widerlegt werden konnten und nicht straferschwerend berücksichtigt werden durften (OLG München JR 1988, 294 f.). Nichts anderes kann aber gelten, wenn sich erst im Strafvollstreckungsverfahren der wahre Sachverhalt herausstellt und entgegen früheren Annahmen doch noch Beuteteile vorhanden sind und der Verurteilte über deren Verbleib Kenntnisse besitzt. Auch in einem solchen Fall ist es nicht angezeigt, den Verurteilten unter Belassung der Vorteile aus der Straftat vorzeitig aus der Haft zu entlassen. Verfügt die Strafvollstreckungskammer daher über bessere Erkenntnisquellen, so kann sie diese ihrer Entscheidung auch dann zugrunde legen, wenn sie den Urteilsfeststellungen widersprechen sollten (ebenso Terhorst a.a.O.).
10 
cc. Bloße Mutmaßungen reichen nach Ansicht des Senates hierfür aber nicht aus, vielmehr bedarf es in einem solchen Fall einer gesicherten Tatsachengrundlage und des Vorliegens einer für die richterliche Überzeugungsbildung ausreichenden Gewissheit (vgl. Brandenburgisches OLG NStZ 1996, 405 ff.; OLG Celle NdsRpfl. 1991, 207 f.), dass noch Teile des aus der Straftat Erlangen vorhanden sind und der Verurteilte über den Verbleib unzureichende oder falsche Angaben gemacht hat.
11 
dd. Hieran fehlt es vorliegend. Zwar sind in Anbetracht der Vernehmung des Zeugen K. die Umstände, unter welchen X. in den Besitz des seinem Arbeitgeber darlehensweise zur Verfügung gestellten Betrages von 13.000 Euro gelangt sein will, ausgesprochen dubios. Dies bedeutet aber nicht, dass es sich hierbei tatsächlich um Reste der betrügerisch erlangten Anlagegelder handeln müsste. Es ist nämlich nach Aktenlage durchaus möglich, dass der Zeuge K. dem Verurteilten, wie von diesem behauptet, tatsächlich den gesamten Geldbetrag zur Verfügung gestellt hat und dies bei seiner Vernehmung vom 23..08.2005 nicht vorbehaltlos einräumen wollte.
III.
12 
Die Beschwerde der Staatsanwaltschaft war daher mit der sich aus § 467 Abs. 1 StPO ergebenden Kostenfolge zu verwerfen.

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Oberlandesgericht Karlsruhe Beschluss, 29. Aug. 2005 - 1 Ws 159/05 zitiert 7 §§.

Strafgesetzbuch - StGB | § 73 Einziehung von Taterträgen bei Tätern und Teilnehmern


(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an. (2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einzieh

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafgesetzbuch - StGB | § 57 Aussetzung des Strafrestes bei zeitiger Freiheitsstrafe


(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn 1. zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,2. dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der

Strafprozeßordnung - StPO | § 161 Allgemeine Ermittlungsbefugnis der Staatsanwaltschaft


(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen z

Strafprozeßordnung - StPO | § 457 Ermittlungshandlungen; Vorführungsbefehl, Vollstreckungshaftbefehl


(1) § 161 gilt sinngemäß für die in diesem Abschnitt bezeichneten Zwecke. (2) Die Vollstreckungsbehörde ist befugt, zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe einen Vorführungs- oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurteilte auf die an ihn ergang

Referenzen

(1) Hat der Täter oder Teilnehmer durch eine rechtswidrige Tat oder für sie etwas erlangt, so ordnet das Gericht dessen Einziehung an.

(2) Hat der Täter oder Teilnehmer Nutzungen aus dem Erlangten gezogen, so ordnet das Gericht auch deren Einziehung an.

(3) Das Gericht kann auch die Einziehung der Gegenstände anordnen, die der Täter oder Teilnehmer erworben hat

1.
durch Veräußerung des Erlangten oder als Ersatz für dessen Zerstörung, Beschädigung oder Entziehung oder
2.
auf Grund eines erlangten Rechts.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) § 161 gilt sinngemäß für die in diesem Abschnitt bezeichneten Zwecke.

(2) Die Vollstreckungsbehörde ist befugt, zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe einen Vorführungs- oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurteilte auf die an ihn ergangene Ladung zum Antritt der Strafe sich nicht gestellt hat oder der Flucht verdächtig ist. Sie kann einen Vorführungs- oder Haftbefehl auch erlassen, wenn ein Strafgefangener entweicht oder sich sonst dem Vollzug entzieht.

(3) Im übrigen hat in den Fällen des Absatzes 2 die Vollstreckungsbehörde die gleichen Befugnisse wie die Strafverfolgungsbehörde, soweit die Maßnahmen bestimmt und geeignet sind, den Verurteilten festzunehmen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist auf die Dauer der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe besonders Bedacht zu nehmen. Die notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht des ersten Rechtszuges.

(1) Zu dem in § 160 Abs. 1 bis 3 bezeichneten Zweck ist die Staatsanwaltschaft befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen und Ermittlungen jeder Art entweder selbst vorzunehmen oder durch die Behörden und Beamten des Polizeidienstes vornehmen zu lassen, soweit nicht andere gesetzliche Vorschriften ihre Befugnisse besonders regeln. Die Behörden und Beamten des Polizeidienstes sind verpflichtet, dem Ersuchen oder Auftrag der Staatsanwaltschaft zu genügen, und in diesem Falle befugt, von allen Behörden Auskunft zu verlangen.

(2) Soweit in diesem Gesetz die Löschung personenbezogener Daten ausdrücklich angeordnet wird, ist § 58 Absatz 3 des Bundesdatenschutzgesetzes nicht anzuwenden.

(3) Ist eine Maßnahme nach diesem Gesetz nur bei Verdacht bestimmter Straftaten zulässig, so dürfen die auf Grund einer entsprechenden Maßnahme nach anderen Gesetzen erlangten personenbezogenen Daten ohne Einwilligung der von der Maßnahme betroffenen Personen zu Beweiszwecken im Strafverfahren nur zur Aufklärung solcher Straftaten verwendet werden, zu deren Aufklärung eine solche Maßnahme nach diesem Gesetz hätte angeordnet werden dürfen. § 100e Absatz 6 Nummer 3 bleibt unberührt.

(4) In oder aus einer Wohnung erlangte personenbezogene Daten aus einem Einsatz technischer Mittel zur Eigensicherung im Zuge nicht offener Ermittlungen auf polizeirechtlicher Grundlage dürfen unter Beachtung des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit zu Beweiszwecken nur verwendet werden (Artikel 13 Abs. 5 des Grundgesetzes), wenn das Amtsgericht (§ 162 Abs. 1), in dessen Bezirk die anordnende Stelle ihren Sitz hat, die Rechtmäßigkeit der Maßnahme festgestellt hat; bei Gefahr im Verzug ist die richterliche Entscheidung unverzüglich nachzuholen.

(1) § 161 gilt sinngemäß für die in diesem Abschnitt bezeichneten Zwecke.

(2) Die Vollstreckungsbehörde ist befugt, zur Vollstreckung einer Freiheitsstrafe einen Vorführungs- oder Haftbefehl zu erlassen, wenn der Verurteilte auf die an ihn ergangene Ladung zum Antritt der Strafe sich nicht gestellt hat oder der Flucht verdächtig ist. Sie kann einen Vorführungs- oder Haftbefehl auch erlassen, wenn ein Strafgefangener entweicht oder sich sonst dem Vollzug entzieht.

(3) Im übrigen hat in den Fällen des Absatzes 2 die Vollstreckungsbehörde die gleichen Befugnisse wie die Strafverfolgungsbehörde, soweit die Maßnahmen bestimmt und geeignet sind, den Verurteilten festzunehmen. Bei der Prüfung der Verhältnismäßigkeit ist auf die Dauer der noch zu vollstreckenden Freiheitsstrafe besonders Bedacht zu nehmen. Die notwendig werdenden gerichtlichen Entscheidungen trifft das Gericht des ersten Rechtszuges.

(1) Das Gericht setzt die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung aus, wenn

1.
zwei Drittel der verhängten Strafe, mindestens jedoch zwei Monate, verbüßt sind,
2.
dies unter Berücksichtigung des Sicherheitsinteresses der Allgemeinheit verantwortet werden kann, und
3.
die verurteilte Person einwilligt.
Bei der Entscheidung sind insbesondere die Persönlichkeit der verurteilten Person, ihr Vorleben, die Umstände ihrer Tat, das Gewicht des bei einem Rückfall bedrohten Rechtsguts, das Verhalten der verurteilten Person im Vollzug, ihre Lebensverhältnisse und die Wirkungen zu berücksichtigen, die von der Aussetzung für sie zu erwarten sind.

(2) Schon nach Verbüßung der Hälfte einer zeitigen Freiheitsstrafe, mindestens jedoch von sechs Monaten, kann das Gericht die Vollstreckung des Restes zur Bewährung aussetzen, wenn

1.
die verurteilte Person erstmals eine Freiheitsstrafe verbüßt und diese zwei Jahre nicht übersteigt oder
2.
die Gesamtwürdigung von Tat, Persönlichkeit der verurteilten Person und ihrer Entwicklung während des Strafvollzugs ergibt, daß besondere Umstände vorliegen,
und die übrigen Voraussetzungen des Absatzes 1 erfüllt sind.

(3) Die §§ 56a bis 56e gelten entsprechend; die Bewährungszeit darf, auch wenn sie nachträglich verkürzt wird, die Dauer des Strafrestes nicht unterschreiten. Hat die verurteilte Person mindestens ein Jahr ihrer Strafe verbüßt, bevor deren Rest zur Bewährung ausgesetzt wird, unterstellt sie das Gericht in der Regel für die Dauer oder einen Teil der Bewährungszeit der Aufsicht und Leitung einer Bewährungshelferin oder eines Bewährungshelfers.

(4) Soweit eine Freiheitsstrafe durch Anrechnung erledigt ist, gilt sie als verbüßte Strafe im Sinne der Absätze 1 bis 3.

(5) Die §§ 56f und 56g gelten entsprechend. Das Gericht widerruft die Strafaussetzung auch dann, wenn die verurteilte Person in der Zeit zwischen der Verurteilung und der Entscheidung über die Strafaussetzung eine Straftat begangen hat, die von dem Gericht bei der Entscheidung über die Strafaussetzung aus tatsächlichen Gründen nicht berücksichtigt werden konnte und die im Fall ihrer Berücksichtigung zur Versagung der Strafaussetzung geführt hätte; als Verurteilung gilt das Urteil, in dem die zugrunde liegenden tatsächlichen Feststellungen letztmals geprüft werden konnten.

(6) Das Gericht kann davon absehen, die Vollstreckung des Restes einer zeitigen Freiheitsstrafe zur Bewährung auszusetzen, wenn die verurteilte Person unzureichende oder falsche Angaben über den Verbleib von Gegenständen macht, die der Einziehung von Taterträgen unterliegen.

(7) Das Gericht kann Fristen von höchstens sechs Monaten festsetzen, vor deren Ablauf ein Antrag der verurteilten Person, den Strafrest zur Bewährung auszusetzen, unzulässig ist.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.