Oberlandesgericht Karlsruhe Urteil, 28. Okt. 2009 - 1 Ss 126/08

28.10.2009

Tenor

Die Revision des Angeklagten gegen das Urteil des Landgerichts A. vom 15. Mai 2008 wird als unbegründet verworfen.

Der Angeklagte hat die Kosten seines Rechtsmittels zu tragen.

Gründe

 
I.
Das Amtsgericht A. setzte gegen den Angeklagten wegen des Vorwurfs der Beleidigung in Tateinheit mit vorsätzlicher Körperverletzung durch Strafbefehl vom 01.06.2006 eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15 EUR fest. Den hiergegen eingelegten Einspruch verwarf das Amtsgericht gemäß §§ 412 Satz 1, 329 Abs.1 Satz 1 StPO ohne Verhandlung zur Sache am 15.02.2007, da der - anwaltlich nicht verteidigte - Angeklagte zur Hauptverhandlung trotz ordnungsgemäßer Ladung nicht erschienen war. Seine hiergegen eingelegte Berufung verwarf das Landgericht B. mit Urteil vom 15.05.2008.
Hiergegen wendet sich der Angeklagte mit dem Rechtsmittel der Revision. Mit der von ihm erhobenen Verfahrensrüge beanstandet er, dass sein Ausbleiben in der Hauptverhandlung am 15.02.2007 zu Unrecht als nicht genügend entschuldigt angesehen worden sei.
II.
Das Rechtsmittel hat keinen Erfolg.
1. Die Verfahrensrüge ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht erhoben ( § 344 Abs. 2 Satz 2 StPO). An die Zulässigkeit einer Verfahrensrüge gegen ein nach §§ 412 Satz 1, 329 Abs.1 Satz 1 StPO ergangenes Verwerfungsurteil oder ein solches bestätigendes Berufungsurteil (sog. „allgemeine Verfahrensrüge“) sind nämlich grundsätzlich keine strengen Anforderungen zu stellen. Wird in der Revisionsbegründung unter Angabe bestimmter Tatsachen ausgeführt, das Gericht habe das Fernbleiben nicht als unentschuldigt ansehen dürfen, bezieht bereits dieser Vortrag den Inhalt des angefochtenen Urteils und dessen Feststellungen zu einem möglichen Entschuldigungsvorbringen unmittelbar in das zu prüfende Revisionsvorbringen mit ein. Zur formgerechten Begründung einer Verfahrensrüge gegen ein Verwerfungsurteil bzw. ein die Verwerfung bestätigendes Berufungsurteil reicht es deshalb aus, wenn die Revision unter Angabe bestimmter Tatsachen ausführt, das Gericht habe den Rechtsbegriff der genügenden Entschuldigung verkannt (OLG München NStZ-RR 2006, 20; OLG Brandenburg NStZ 1996, 249; OLG Düsseldorf VRS 78, 129; OLG Köln VRS 75, 113; OLG Schleswig SchlHA 2002, 171; Meyer-Goßner, StPO, 52. Aufl.2009, § 329 Rn. 48 und § 412 Rn. 11; enger: KG NStZ-RR 2002, 218). Hiervon ist vorliegend auszugehen, da der Angeklagte in seiner Revisionsbegründungsschrift ausdrücklich vorträgt, die Strafkammer habe wegen der unzureichenden Berücksichtigung, dass ihm vor der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung trotz entsprechenden Antrags keine Akteneinsicht gewährt worden sei, den Begriff der „nicht genügenden Entschuldigung“ verkannt.
2. Gegenstand der revisionsrechtlichen Prüfung ist damit allein die Frage, ob das Landgericht rechtsfehlerfrei darauf erkannt hat, dass das Amtsgericht A. den Einspruch des Angeklagten gegen den Strafbefehl des Amtsgerichts A. zu Recht gemäß §§ 412 Satz 1, 329 Abs.1 Satz 1 StPO verworfen hat. Für die Überprüfung des landgerichtlichen Berufungsurteils durch das Revisionsgericht gelten dabei die gleichen Grundsätze wie bei einer Revision gegen ein Verwerfungsurteil nach § 329 StPO (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 412 Rn. 11). Dies gilt insbesondere auch in Bezug auf die Auslegung und Anwendung des Rechtsbegriffs der „nicht genügenden Entschuldigung“ (vgl. Meyer-Goßner, a.a.O., § 412 Rn. 6). In tatsächlicher Hinsicht ist das Revisionsgericht dabei an die Feststellungen des angefochtenen Urteils gebunden; es darf sie weder im Wege des Freibeweises nachprüfen noch ergänzen (vgl. BGHSt 28, 384, 387; Thüringer OLG OLGSt StGB § 9 Nr. 3). Insoweit ist jedoch zu beachten, dass im Berufungsverfahren durch das Landgericht ebenfalls schon zu prüfen ist, ob der Einspruch gemäß §§ 412 Satz 1, 329 Abs.1 Satz 1 StPO zu Recht vom Amtsgericht verworfen wurde, und das Landgericht dabei auch neues Entschuldigungsvorbringen des Angeklagten zu berücksichtigen hat, welches dann ebenfalls Grundlage der revisionsrechtlichen Überprüfung wird (BayObLG NJW 2001, 1438).
3. Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe ist die Verfahrensrüge nicht begründet. Die Bewertung des Landgerichts, das Ausbleiben des Angeklagten in der amtsgerichtlichen Hauptverhandlung am 15.02.2007 sei nicht genügend entschuldigt gewesen, ist von Rechts wegen nicht zu beanstanden.
a. Die Strafkammer hat folgenden Sachverhalt festgestellt:
Das Amtsgericht A. setzte durch Strafbefehl vom 01.06.2006 gegen den Angeklagten X. eine Geldstrafe von 50 Tagessätzen zu je 15, 00 EUR fest wegen des Vorwurfs der Beleidigung und der vorsätzlichen Körperverletzung. Gegen diesen Strafbefehl legte der Angeklagte rechtzeitig Einspruch ein.
In seinem Einspruchsschreiben vom 08.06.2006 beantragte der nicht verteidigte Angeklagte Akteneinsicht. Über diesen Antrag wurde in der Folgezeit durch das Amtsgericht nicht entschieden und dem Angeklagten keine Akteneinsicht, etwa in der Form der Erteilung von Abschriften oder Auskünften aus den Akten, erteilt.
10 
Das Amtsgericht bestimmte Termin zur Hauptverhandlung auf den 15.02.2007 und ordnete das persönliche Erscheinen des Angeklagten an. Mit Schreiben vom 14.02.2007 (eingegangen am 14.2.2007, aber erst nach der Hauptverhandlung am 15.2.2007 zur Kenntnis des Amtsgerichts gelangt) teilte der zur Hauptverhandlung geladene Angeklagte dem Amtsgericht A. u. a Folgendes mit:
11 
„Es ist heute der 14.2.2007, einen Tag vor der angesetzten Hauptverhandlung.
12 
Mein Ausbleiben in dieser ist genügend entschuldigt (§ 230 Abs. 2 StPO). Bereits am 05.06.2006 beantragte ich Akteneinsicht. Dieser Antrag wird durch den erkennenden Richter übergangen. Er wird deshalb wegen Besorgnis der Befangenheit abgelehnt. Auch ist ein Ausbleiben genügend entschuldigt, wenn ich so meinem gesetzlichen Richter entzogen werde.
13 
Das Landgericht Z. sah mein Ausblieben als genügend entschuldigt an. Wenn mir das Recht auf Akteneinsicht gemäß § 147 Abs. 7 StPO verweigert wird.“
14 
In der Hauptverhandlung vom 15.02.2007 erschien weder der Angeklagte noch ein Verteidiger. Nach viertelstündiger Wartezeit verwarf deshalb das Amtsgericht A. durch Urteil vom 15.02.2007 den Einspruch des Angeklagten wegen unentschuldigten Fernbleibens vom Hauptverhandlungstermin.
15 
Hiergegen beantragte der Angeklagte Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und legte gleichzeitig „Rechtsmittel“ ein, das - da eine Revisionsbegründung nicht erfolgte - als Berufung zu behandeln ist.
16 
Durch Beschluss des Amtsgerichts A. vom 23.07.2009 in Verbindung mit der Beschwerdeentscheidung des Landgerichts B. vom 18.09.2007 wurde der Wiedereinsetzungsantrag rechtskräftig verworfen.
17 
b. Das Ausbleiben eines Angeklagten in der gerichtlichen Hauptverhandlung ist dann - und nur dann - i.S.d. §§ 412 Satz 1, 329 Abs.1 Satz 1 StPO genügend entschuldigt, wenn ihm unter Abwägung aller Umstände des Falles wegen seines Ausbleibens billigerweise kein Vorwurf gemacht werden kann (OLG München a.a.O.; OLG Brandenburg NJW 1998, 842; OLG Bamberg OLGSt, StPO, § 329 Nr.29; HansOLG Bremen StV 1987, 242; OLG Düsseldorf NJW 1985, 2207). Dabei ist grundsätzlich eine weite Auslegung zugunsten des Angeklagten geboten (BGHSt 17, 391, 397), insbesondere dann, wenn es sich um den ersten Zugang des Angeklagten zum Gericht handelt (vgl. BVerfGE 54, 80 für das Wiedereinsetzungsverfahren). Eine solche Bewertung ist deshalb geboten, weil § 412 Satz 1 StPO i.V.Z. § 329 Abs.1 Satz 1 StPO eine Ausnahme von der Regelung darstellt, dass ohne den Angeklagten bzw. im Strafbefehlsverfahren ohne einen zur Vertretung Berechtigten ( § 411 Abs. 2 StPO) grundsätzlich nicht verhandelt werden darf und eine Verwerfung des Einspruchs die Gefahr eines sachlich unrichtigen Urteils in sich birgt. Da der Vorschrift die Annahme zugrunde liegt, der säumige Angeklagte habe an der Durchführung einer Hauptverhandlung und damit an der sachlichen Überprüfung des Urteils bzw. Strafbefehls kein Interesse mehr (vgl. BayObLG, Beschluss vom 24.03.1999, 1 StRR 67/99, abgedruckt bei juris), ist deren Anwendung nur gerechtfertigt, wenn der Angeklagten tatsächlich nicht entschuldigt ist. Es kommt daher nicht darauf an, ob er sich entschuldigt hat, sondern ob er entschuldigt ist (Meyer-Goßner, a.a.O., § 329 Rn. 18 und § 412 Rn. 6). Bei der gebotenen weiten Auslegung des Rechtsbegriffs der genügenden Entschuldigung sind die konkreten Umstände des Einzelfalls und die objektiven und subjektiven Verhältnisse des Angeklagten zu berücksichtigen. Sie sind mit dessen öffentlich-rechtlicher Pflicht abzuwägen, auf ordnungsgemäße Ladung in der Hauptverhandlung zu erscheinen (OLG München a.a.O.).
18 
Bei Zugrundelegung dieser Maßstäbe kann vorliegend nicht davon ausgegangen werden, dem Angeklagten könne unter Abwägung aller Umstände des Falles wegen seines Ausbleibens in der Hauptverhandlung am 15.02.2007 billigerweise kein Vorwurf gemacht werden.
19 
c. Entgegen der Ansicht der Revision ergibt sich ein Entschuldigungsgrund vorliegend nicht daraus, dass dem Angeklagten entgegen seines Antrags vom 08.06.2006 vor der Hauptverhandlung keine Akteneinsicht gewährt worden war.
20 
Zwar hatte der Angeklagte auch unter Berücksichtigung des Urteils des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte vom 17.02.1997 (NStZ 1998, 429 mit Anmerkung Deumeland; vgl. auch BVerfG NJW 2004, 3407) nach § 147 Abs.7 StPO keinen Anspruch auf Gewährung von Akteneinsicht in Form der unmittelbaren Überlassung bzw. Übersendung der Akten; ein solches Recht steht nur dem Verteidiger zu (EGMR, Urteil vom 19.12.1989, ÖJZ 1990, 412, und Urteil vom 21.09.1993, EuGRZ 1995, 537; vgl. hierzu auch BVerfGE 53, 207; LG München I, Beschluss vom 13.02.2006, 25 Qs 7/06). Das Amtsgericht hätte den Akteneinsichtsantrag des Angeklagten jedoch bescheiden und, soweit dies zu dessen angemessener Verteidigung erforderlich war, diesem entweder durch Erteilen von Auskünften und/oder Abschriften aus den Akten oder durch Gewährung von Akteneinsicht bzw. Ermöglichung der Fertigung von Ablichtungen auf der Geschäftstelle (LG Düsseldorf StraFo 2008, 505) genügen müssen (Meyer-Goßner, a.a.O., § 147 Rn. 4). Die Entscheidung, in welcher Form und in welchem Umfang dem Informationsrecht des Angeklagten zu entsprechen gewesen wäre, oblag dem Amtsgericht, welches hierüber nach pflichtgemäßer Beurteilung zu befinden gehabt hätte. Der Senat hingegen vermag dies im Revisionsverfahren nicht zu beurteilen, jedoch ergeben sich aus den Urteilsgründen und dem Revisionsvorbringen auch keine Gründe für die Annahme, durch die beantragte Akteneinsicht hätte der Untersuchungszweck vorliegend gefährdet werden können oder aber der Gewährung von Akteneinsicht stünden überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter entgegen (§ 147 Abs.7 StPO).
21 
Allein die in der Nichtbescheidung des Akteneinsichtsantrags des Angeklagten vom 08.06.2006 liegende unrichtige und unsachgemäße gerichtliche Sachbehandlung reicht zur Annahme einer genügenden Entschuldigung i.S.d. §§ 412 Satz 1, 329 Abs.1 Satz 1 StPO allerdings nicht aus. Erforderlich ist vielmehr, dass dem Angeklagten aufgrund der ihm bekannten und erkennbaren Umstände des Einzelfalles deshalb billigerweise kein Vorwurf daraus gemacht werden kann, dass er zur Hauptverhandlung nicht erschienen ist. Dies ist nach den - rechtsfehlerfrei getroffenen - Feststellungen des landgerichtlichen Urteils vorliegend nicht der Fall.
22 
Grundsätzlich ist ein ordnungsgemäß geladener Angeklagter zum Erscheinen in der Hauptverhandlung verpflichtet (§§ 226, 230 Abs. 1 StPO) und kann nicht durch bewusstes Fernbleiben eine ihm genehme Entscheidung über die Gewährung von Akteneinsicht erzwingen oder - wie der Revisionsführer meint - eine bis dahin unterbliebene Gewährung von Akteneinsicht „sanktionieren“. Daher besteht für den anwaltlich nicht verteidigten Angeklagten die Pflicht zum Erscheinen grundsätzlich auch dann, wenn ihm zuvor trotz entsprechenden Antrags Akteneinsicht durch Einsichtnahme in die Originalakten oder in der Form des § 147 Abs.7 StPO nicht bzw. nicht in dem von ihm gewünschten Umfang oder der von ihm gewünschten Weise erteilt wurde. Ergibt sich in der Hauptverhandlung jedoch, dass ohne Kenntnis aller oder einzelner Akteninhalte dem Angeklagten eine sachgerechte Verteidigung nicht möglich oder eine solche erschwert ist, ist die Hauptverhandlung, falls dem Informationsanspruch des Angeklagten nicht durch deren bloße Unterbrechung genügt werden kann, auf Antrag oder von Amts wegen nach § 265 Abs.4 StPO auszusetzen (OLG Köln VRS 85, 443; Meyer-Goßner, a.a.O., § 265 Rn. 44 und 45; vgl. auch BGHSt 48, 183). Die durch § 265 Abs.4 StPO eröffnete Möglichkeit und Verpflichtung des Gerichts, die Hauptverhandlung zu unterbrechen oder auszusetzen, wenn sich in dieser ergibt, dass ohne eine im Wege der unmittelbaren oder nach § 147 Abs.7 StPO erfolgenden Einsicht in die Akten eine sachgerechte Verteidigung des Angeklagten nicht möglich ist, stellt eine ausreichende Kompensation zur Herstellung der gebotenen Waffengleichheit vor Gericht i.S.d. Art. 6 Abs.1 MRK und zur Wahrung der Verteidigungsrechte auch des anwaltlich nicht vertretenen Angeklagten dar (vgl. hierzu allgemein Gollwitzer in LR StPO, Art.6 MRK Rn. 193). Dabei ist insbesondere zu sehen, dass eine solche Aussetzung eben nicht nur auf Antrag des Angeklagten, sondern, falls die Gewährleistung eines fairen Verfahrens und die gerichtliche Fürsorgepflicht dies gebieten (BGH NStZ-RR 2002, 270; Meyer-Goßner a.a.O.), auch von Amts wegen stattzufinden hat.
23 
bb. Trotz der in der Nichtbescheidung des Akteneinsichtsantrages vom 08.06.2006 liegenden objektiv unsachgemäßen Sachbehandlung durch das Amtsgericht kann vorliegend das Ausbleiben des Angeklagten im Hauptverhandlungstermin am 15.02.2007 nicht als genügend entschuldigt angesehen werden, da dieser nach den ihm konkret bekannten und erkennbaren Umständen vernünftigerweise nicht davon ausgehen durfte, sein Antrag sei von dem erkennenden Richter bewusst übergangen worden und dieser werde ihm auch in der anstehenden Hauptverhandlung das ihm zustehende Recht auf angemessene Akteninformation nach § 147 Abs.7 StPO verweigern. Anders als in dem von dem Angeklagten angeführten Verfahren 25 Qs 7/06 des Landgerichts Z., dessen Sachverhalt dem Angeklagten als unmittelbar von der dortigen Entscheidung Betroffenem naturgemäß bekannt und das mit der vorliegenden Fallgestaltung nicht vergleichbar ist, bestanden hier nämlich für den Angeklagten bei vernünftiger Bewertung keine greifbaren Anhaltspunkte dafür, dass die vor dem Amtsgericht Karlsruhe anberaumte Hauptverhandlung - so das Landgericht Z. zur dortigen Sachlage - „unter unzureichender Information des Angeklagten und damit nur unzureichend wahrnehmbarem rechtlichen Gehör durchgeführt werden soll“ (vgl. hierzu auch LG München I, Beschluss vom 13.02.2006 - 25 Qs 7/06 - BA S.14). Anders als in dem genannten Verfahren, in dem der auch dort anwaltlich nicht vertretene Angeklagte sowohl in seiner Funktion als Beschuldigter als auch als nach § 406e StPO Verletzter mehrfach - insgesamt dreimal - schriftlich Akteneinsicht beantragt und die Staatsanwaltschaft ihm diese mit dem - rechtlich unzutreffenden - Hinweis, dass Akteneinsicht nur über einen Rechtsanwalt gewährt werden könne, ausdrücklich verwehrt hatte (LG München I, a.a.O., BA S.4), konnte und musste der Angeklagte nach den ihm bekannten und erkennbaren Umständen vorliegend nämlich vernünftigerweise davon ausgehen und ins Kalkül ziehen, dass die Bearbeitung und Bescheidung seines Akteneinsichtsantrages bislang lediglich versehentlich unterblieben war und dass seinem Informationsanspruch und damit seinem Recht auf angemessene Verteidigung jedenfalls in der Hauptverhandlung Genüge getan werde. Allein aus dem Umstand, dass sein Antrag vom 08.06.2006 bislang nicht beschieden worden war, konnte und durfte er somit nicht auf die endgültige Verweigerung der von ihm begehrten Akteneinsicht schließen, weshalb ihm sein Nichterscheinen zu dem Hauptverhandlungstermin am 15.02.2007 zum Vorwurf gereicht.
24 
cc. Nach dem im landgerichtlichen Urteil festgestellten Sachverhalt liegt auch kein Verstoß gegen das Gebot eines fairen Verfahrens vor. Zwar folgt aus diesem verfassungsrechtlich gewährleisteten Grundsatz, dass ein Richter aus eigenen und ihm allein zuzurechnenden Fehlern oder Versäumnissen keine Verfahrensnachteile für den Beschuldigten ableiten darf (BVerfGE 78, 123 ff., 126). Von einer dem Gericht allein zuzurechnenden Verursachung kann jedoch dann nicht ausgegangen werden, wenn der Beschuldigte und/oder dessen Verteidiger ihnen mögliche und zumutbare Anstrengungen zur Beseitigung des Mangels unterlassen haben (BVerfG NJW 1996, 1811). So liegt der Fall hier, denn - wie oben ausgeführt - konnte und durfte der Angeklagte nicht ohne weiteres davon ausgehen, das Gericht habe seinen Antrag auf Gewährung von Akteneinsicht bewusst übergangen bzw. wolle und werde ihm auch in der anstehenden Hauptverhandlung sein Recht auf ausreichende und angemessene Akteninformation verweigern. Nach der ihm bekannten Sachlage hätte für ihn vielmehr Anlass und in der Zeit von Juni 2006 bis zur Hauptverhandlung im Februar 2007 auch ausreichend Gelegenheit zur Nachfrage bei Gericht bestanden, warum über sein Akteneinsichtsgesuch vom 08.06.2006 bislang nicht entschieden worden sei.
25 
Diesen ihm obliegenden eigenen Sorgfaltsanforderungen ist der Angeklagte auch mit dem in den Urteilsgründen auszugsweise wiedergegebenen Schreiben vom 14.02.2007 an das Amtsgericht Karlsruhe nicht gerecht geworden. Auch wenn es nicht darauf ankommt, ob der Tatrichter von der Existenz und dem Inhalt dieses noch am 14.02.2007 beim Amtsgericht eingegangenen Schreibens Kenntnis hatte oder ihm dieses - wie vorliegend festgestellt - erst nach der Hauptverhandlung am 15.02.2007 vorgelegt wurde (vgl. OLG Bamberg NStZ-RR 2008, 86; KG NStZ-RR 2002, 218), konnte und durfte der Angeklagte nicht davon ausgehen, dass ihm das Gericht binnen lediglich eines Tages die bislang unterbliebene Akteneinsicht noch gewähren oder ihn aber - ggf. unter Hinweis auf die Möglichkeit der Unterbrechung oder Aussetzung der Hauptverhandlung nach § 265 Abs.4 StPO - auf seine Pflicht zum Erscheinen hinweisen konnte. Auf die Möglichkeit einer solchen noch rechtzeitigen Unterrichtung vor dem Termin konnte und durfte er schon wegen der allseits und auch ihm bekannten Postlaufzeiten vernünftigerweise nicht vertrauen.
III.
26 
Die Revision des Angeklagten war daher mit der sich aus § 473 Abs.1 StPO ergebenden Kostenfolge als unbegründet zu verwerfen.

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§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

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§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

(1) Der Beschwerdeführer hat die Erklärung abzugeben, inwieweit er das Urteil anfechte und dessen Aufhebung beantrage (Revisionsanträge), und die Anträge zu begründen.

(2) Aus der Begründung muß hervorgehen, ob das Urteil wegen Verletzung einer Rechtsnorm über das Verfahren oder wegen Verletzung einer anderen Rechtsnorm angefochten wird. Ersterenfalls müssen die den Mangel enthaltenden Tatsachen angegeben werden.

§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

(1) Ist bei Beginn eines Hauptverhandlungstermins weder der Angeklagte noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht erschienen und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt, so hat das Gericht eine Berufung des Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen. Ebenso ist zu verfahren, wenn die Fortführung der Hauptverhandlung in dem Termin dadurch verhindert wird, dass

1.
sich der Verteidiger ohne genügende Entschuldigung entfernt hat und eine Abwesenheit des Angeklagten nicht genügend entschuldigt ist oder der Verteidiger den ohne genügende Entschuldigung nicht anwesenden Angeklagten nicht weiter vertritt,
2.
sich der Angeklagte ohne genügende Entschuldigung entfernt hat und kein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend ist oder
3.
sich der Angeklagte vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt hat und kein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend ist.
Über eine Verwerfung wegen Verhandlungsunfähigkeit nach diesem Absatz entscheidet das Gericht nach Anhörung eines Arztes als Sachverständigen. Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn das Berufungsgericht erneut verhandelt, nachdem die Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden ist.

(2) Soweit die Anwesenheit des Angeklagten nicht erforderlich ist, findet die Hauptverhandlung auch ohne ihn statt, wenn er durch einen Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten wird oder seine Abwesenheit im Fall der Verhandlung auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft nicht genügend entschuldigt ist. § 231b bleibt unberührt.

(3) Kann die Hauptverhandlung auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft hin nicht ohne den Angeklagten abgeschlossen werden oder ist eine Verwerfung der Berufung nach Absatz 1 Satz 4 nicht zulässig, ist die Vorführung oder Verhaftung des Angeklagten anzuordnen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

(4) Ist die Anwesenheit des Angeklagten in der auf seine Berufung hin durchgeführten Hauptverhandlung trotz der Vertretung durch einen Verteidiger erforderlich, hat das Gericht den Angeklagten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung zu laden und sein persönliches Erscheinen anzuordnen. Erscheint der Angeklagte zu diesem Fortsetzungstermin ohne genügende Entschuldigung nicht und bleibt seine Anwesenheit weiterhin erforderlich, hat das Gericht die Berufung zu verwerfen. Über die Möglichkeit der Verwerfung ist der Angeklagte mit der Ladung zu belehren.

(5) Wurde auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft hin nach Absatz 2 verfahren, ohne dass ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, hat der Vorsitzende, solange mit der Verkündung des Urteils noch nicht begonnen worden ist, einen erscheinenden Angeklagten oder Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist. Eine Berufung der Staatsanwaltschaft kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und 2 auch ohne Zustimmung des Angeklagten zurückgenommen werden, es sei denn, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 4 vorliegen.

(6) Ist die Verurteilung wegen einzelner von mehreren Taten weggefallen, so ist bei der Verwerfung der Berufung der Inhalt des aufrechterhaltenen Urteils klarzustellen; die erkannten Strafen können vom Berufungsgericht auf eine neue Gesamtstrafe zurückgeführt werden.

(7) Der Angeklagte kann binnen einer Woche nach der Zustellung des Urteils die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den in den §§ 44 und 45 bezeichneten Voraussetzungen beanspruchen. Hierüber ist er bei der Zustellung des Urteils zu belehren.

(1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.

(2) Die Teilnahme ist sowohl an dem Ort begangen, an dem die Tat begangen ist, als auch an jedem Ort, an dem der Teilnehmer gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem nach seiner Vorstellung die Tat begangen werden sollte. Hat der Teilnehmer an einer Auslandstat im Inland gehandelt, so gilt für die Teilnahme das deutsche Strafrecht, auch wenn die Tat nach dem Recht des Tatorts nicht mit Strafe bedroht ist.

§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

(1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt.

(2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

(1) Ist bei Beginn eines Hauptverhandlungstermins weder der Angeklagte noch ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht erschienen und das Ausbleiben nicht genügend entschuldigt, so hat das Gericht eine Berufung des Angeklagten ohne Verhandlung zur Sache zu verwerfen. Ebenso ist zu verfahren, wenn die Fortführung der Hauptverhandlung in dem Termin dadurch verhindert wird, dass

1.
sich der Verteidiger ohne genügende Entschuldigung entfernt hat und eine Abwesenheit des Angeklagten nicht genügend entschuldigt ist oder der Verteidiger den ohne genügende Entschuldigung nicht anwesenden Angeklagten nicht weiter vertritt,
2.
sich der Angeklagte ohne genügende Entschuldigung entfernt hat und kein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend ist oder
3.
sich der Angeklagte vorsätzlich und schuldhaft in einen seine Verhandlungsfähigkeit ausschließenden Zustand versetzt hat und kein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend ist.
Über eine Verwerfung wegen Verhandlungsunfähigkeit nach diesem Absatz entscheidet das Gericht nach Anhörung eines Arztes als Sachverständigen. Die Sätze 1 bis 3 finden keine Anwendung, wenn das Berufungsgericht erneut verhandelt, nachdem die Sache vom Revisionsgericht zurückverwiesen worden ist.

(2) Soweit die Anwesenheit des Angeklagten nicht erforderlich ist, findet die Hauptverhandlung auch ohne ihn statt, wenn er durch einen Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten wird oder seine Abwesenheit im Fall der Verhandlung auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft nicht genügend entschuldigt ist. § 231b bleibt unberührt.

(3) Kann die Hauptverhandlung auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft hin nicht ohne den Angeklagten abgeschlossen werden oder ist eine Verwerfung der Berufung nach Absatz 1 Satz 4 nicht zulässig, ist die Vorführung oder Verhaftung des Angeklagten anzuordnen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

(4) Ist die Anwesenheit des Angeklagten in der auf seine Berufung hin durchgeführten Hauptverhandlung trotz der Vertretung durch einen Verteidiger erforderlich, hat das Gericht den Angeklagten zur Fortsetzung der Hauptverhandlung zu laden und sein persönliches Erscheinen anzuordnen. Erscheint der Angeklagte zu diesem Fortsetzungstermin ohne genügende Entschuldigung nicht und bleibt seine Anwesenheit weiterhin erforderlich, hat das Gericht die Berufung zu verwerfen. Über die Möglichkeit der Verwerfung ist der Angeklagte mit der Ladung zu belehren.

(5) Wurde auf eine Berufung der Staatsanwaltschaft hin nach Absatz 2 verfahren, ohne dass ein Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht anwesend war, hat der Vorsitzende, solange mit der Verkündung des Urteils noch nicht begonnen worden ist, einen erscheinenden Angeklagten oder Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht von dem wesentlichen Inhalt dessen zu unterrichten, was in seiner Abwesenheit verhandelt worden ist. Eine Berufung der Staatsanwaltschaft kann in den Fällen des Absatzes 1 Satz 1 und 2 auch ohne Zustimmung des Angeklagten zurückgenommen werden, es sei denn, dass die Voraussetzungen des Absatzes 1 Satz 4 vorliegen.

(6) Ist die Verurteilung wegen einzelner von mehreren Taten weggefallen, so ist bei der Verwerfung der Berufung der Inhalt des aufrechterhaltenen Urteils klarzustellen; die erkannten Strafen können vom Berufungsgericht auf eine neue Gesamtstrafe zurückgeführt werden.

(7) Der Angeklagte kann binnen einer Woche nach der Zustellung des Urteils die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand unter den in den §§ 44 und 45 bezeichneten Voraussetzungen beanspruchen. Hierüber ist er bei der Zustellung des Urteils zu belehren.

(1) Ist der Einspruch verspätet eingelegt oder sonst unzulässig, so wird er ohne Hauptverhandlung durch Beschluß verworfen; gegen den Beschluß ist sofortige Beschwerde zulässig. Andernfalls wird Termin zur Hauptverhandlung anberaumt. Hat der Angeklagte seinen Einspruch auf die Höhe der Tagessätze einer festgesetzten Geldstrafe beschränkt, kann das Gericht mit Zustimmung des Angeklagten, des Verteidigers und der Staatsanwaltschaft ohne Hauptverhandlung durch Beschluss entscheiden; von der Festsetzung im Strafbefehl darf nicht zum Nachteil des Angeklagten abgewichen werden; gegen den Beschluss ist sofortige Beschwerde zulässig.

(2) Der Angeklagte kann sich in der Hauptverhandlung durch einen Verteidiger mit nachgewiesener Vertretungsvollmacht vertreten lassen. § 420 ist anzuwenden.

(3) Die Klage und der Einspruch können bis zur Verkündung des Urteils im ersten Rechtszug zurückgenommen werden. § 303 gilt entsprechend. Ist der Strafbefehl im Verfahren nach § 408a erlassen worden, so kann die Klage nicht zurückgenommen werden.

(4) Bei der Urteilsfällung ist das Gericht an den im Strafbefehl enthaltenen Ausspruch nicht gebunden, soweit Einspruch eingelegt ist.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

§ 329 Absatz 1, 3, 6 und 7 ist entsprechend anzuwenden. Hat der gesetzliche Vertreter Einspruch eingelegt, so ist auch § 330 entsprechend anzuwenden.

(1) Die Hauptverhandlung erfolgt in ununterbrochener Gegenwart der zur Urteilsfindung berufenen Personen sowie der Staatsanwaltschaft und eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle.

(2) Der Strafrichter kann in der Hauptverhandlung von der Hinzuziehung eines Urkundsbeamten der Geschäftsstelle absehen. Die Entscheidung ist unanfechtbar.

(1) Gegen einen ausgebliebenen Angeklagten findet eine Hauptverhandlung nicht statt.

(2) Ist das Ausbleiben des Angeklagten nicht genügend entschuldigt, so ist die Vorführung anzuordnen oder ein Haftbefehl zu erlassen, soweit dies zur Durchführung der Hauptverhandlung geboten ist.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Der Verteidiger ist befugt, die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der Anklage vorzulegen wären, einzusehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen.

(2) Ist der Abschluss der Ermittlungen noch nicht in den Akten vermerkt, kann dem Verteidiger die Einsicht in die Akten oder einzelne Aktenteile sowie die Besichtigung von amtlich verwahrten Beweisgegenständen versagt werden, soweit dies den Untersuchungszweck gefährden kann. Liegen die Voraussetzungen von Satz 1 vor und befindet sich der Beschuldigte in Untersuchungshaft oder ist diese im Fall der vorläufigen Festnahme beantragt, sind dem Verteidiger die für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit der Freiheitsentziehung wesentlichen Informationen in geeigneter Weise zugänglich zu machen; in der Regel ist insoweit Akteneinsicht zu gewähren.

(3) Die Einsicht in die Protokolle über die Vernehmung des Beschuldigten und über solche richterlichen Untersuchungshandlungen, bei denen dem Verteidiger die Anwesenheit gestattet worden ist oder hätte gestattet werden müssen, sowie in die Gutachten von Sachverständigen darf dem Verteidiger in keiner Lage des Verfahrens versagt werden.

(4) Der Beschuldigte, der keinen Verteidiger hat, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 bis 3 befugt, die Akten einzusehen und unter Aufsicht amtlich verwahrte Beweisstücke zu besichtigen, soweit der Untersuchungszweck auch in einem anderen Strafverfahren nicht gefährdet werden kann und überwiegende schutzwürdige Interessen Dritter nicht entgegenstehen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten bereitgestellt werden.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluss des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im Übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befassten Gerichts. Versagt die Staatsanwaltschaft die Akteneinsicht, nachdem sie den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat, versagt sie die Einsicht nach Absatz 3 oder befindet sich der Beschuldigte nicht auf freiem Fuß, so kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(6) Ist der Grund für die Versagung der Akteneinsicht nicht vorher entfallen, so hebt die Staatsanwaltschaft die Anordnung spätestens mit dem Abschluß der Ermittlungen auf. Dem Verteidiger oder dem Beschuldigten, der keinen Verteidiger hat, ist Mitteilung zu machen, sobald das Recht zur Akteneinsicht wieder uneingeschränkt besteht.

(7) (weggefallen)

(1) Für den Verletzten kann ein Rechtsanwalt die Akten, die dem Gericht vorliegen oder diesem im Falle der Erhebung der öffentlichen Klage vorzulegen wären, einsehen sowie amtlich verwahrte Beweisstücke besichtigen, soweit er hierfür ein berechtigtes Interesse darlegt. In den in § 395 genannten Fällen bedarf es der Darlegung eines berechtigten Interesses nicht.

(2) Die Einsicht in die Akten ist zu versagen, soweit überwiegende schutzwürdige Interessen des Beschuldigten oder anderer Personen entgegenstehen. Sie kann versagt werden, soweit der Untersuchungszweck, auch in einem anderen Strafverfahren, gefährdet erscheint. Sie kann auch versagt werden, wenn durch sie das Verfahren erheblich verzögert würde, es sei denn, dass die Staatsanwaltschaft in den in § 395 genannten Fällen den Abschluss der Ermittlungen in den Akten vermerkt hat.

(3) Der Verletzte, der nicht durch einen Rechtsanwalt vertreten wird, ist in entsprechender Anwendung der Absätze 1 und 2 befugt, die Akten einzusehen und amtlich verwahrte Beweisstücke unter Aufsicht zu besichtigen. Werden die Akten nicht elektronisch geführt, können ihm an Stelle der Einsichtnahme in die Akten Kopien aus den Akten übermittelt werden. § 480 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend.

(4) Die Absätze 1 bis 3 gelten auch für die in § 403 Satz 2 Genannten.

(5) Über die Gewährung der Akteneinsicht entscheidet im vorbereitenden Verfahren und nach rechtskräftigem Abschluß des Verfahrens die Staatsanwaltschaft, im übrigen der Vorsitzende des mit der Sache befaßten Gerichts. Gegen die Entscheidung der Staatsanwaltschaft nach Satz 1 kann gerichtliche Entscheidung durch das nach § 162 zuständige Gericht beantragt werden. Die §§ 297 bis 300, 302, 306 bis 309, 311a und 473a gelten entsprechend. Die Entscheidung des Gerichts ist unanfechtbar, solange die Ermittlungen noch nicht abgeschlossen sind. Diese Entscheidungen werden nicht mit Gründen versehen, soweit durch deren Offenlegung der Untersuchungszweck gefährdet werden könnte.

(1) Der Angeklagte darf nicht auf Grund eines anderen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten Strafgesetzes verurteilt werden, ohne daß er zuvor auf die Veränderung des rechtlichen Gesichtspunktes besonders hingewiesen und ihm Gelegenheit zur Verteidigung gegeben worden ist.

(2) Ebenso ist zu verfahren, wenn

1.
sich erst in der Verhandlung vom Strafgesetz besonders vorgesehene Umstände ergeben, welche die Strafbarkeit erhöhen oder die Anordnung einer Maßnahme oder die Verhängung einer Nebenstrafe oder Nebenfolge rechtfertigen,
2.
das Gericht von einer in der Verhandlung mitgeteilten vorläufigen Bewertung der Sach- oder Rechtslage abweichen will oder
3.
der Hinweis auf eine veränderte Sachlage zur genügenden Verteidigung des Angeklagten erforderlich ist.

(3) Bestreitet der Angeklagte unter der Behauptung, auf die Verteidigung nicht genügend vorbereitet zu sein, neu hervorgetretene Umstände, welche die Anwendung eines schwereren Strafgesetzes gegen den Angeklagten zulassen als des in der gerichtlich zugelassenen Anklage angeführten oder die zu den in Absatz 2 Nummer 1 bezeichneten gehören, so ist auf seinen Antrag die Hauptverhandlung auszusetzen.

(4) Auch sonst hat das Gericht auf Antrag oder von Amts wegen die Hauptverhandlung auszusetzen, falls dies infolge der veränderten Sachlage zur genügenden Vorbereitung der Anklage oder der Verteidigung angemessen erscheint.

(1) Die Kosten eines zurückgenommenen oder erfolglos eingelegten Rechtsmittels treffen den, der es eingelegt hat. Hat der Beschuldigte das Rechtsmittel erfolglos eingelegt oder zurückgenommen, so sind ihm die dadurch dem Nebenkläger oder dem zum Anschluß als Nebenkläger Berechtigten in Wahrnehmung seiner Befugnisse nach § 406h erwachsenen notwendigen Auslagen aufzuerlegen. Hat im Falle des Satzes 1 allein der Nebenkläger ein Rechtsmittel eingelegt oder durchgeführt, so sind ihm die dadurch erwachsenen notwendigen Auslagen des Beschuldigten aufzuerlegen. Für die Kosten des Rechtsmittels und die notwendigen Auslagen der Beteiligten gilt § 472a Abs. 2 entsprechend, wenn eine zulässig erhobene sofortige Beschwerde nach § 406a Abs. 1 Satz 1 durch eine den Rechtszug abschließende Entscheidung unzulässig geworden ist.

(2) Hat im Falle des Absatzes 1 die Staatsanwaltschaft das Rechtsmittel zuungunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten (§ 424 Absatz 1, §§ 439, 444 Abs. 1 Satz 1) eingelegt, so sind die ihm erwachsenen notwendigen Auslagen der Staatskasse aufzuerlegen. Dasselbe gilt, wenn das von der Staatsanwaltschaft zugunsten des Beschuldigten oder eines Nebenbeteiligten eingelegte Rechtsmittel Erfolg hat.

(3) Hat der Beschuldigte oder ein anderer Beteiligter das Rechtsmittel auf bestimmte Beschwerdepunkte beschränkt und hat ein solches Rechtsmittel Erfolg, so sind die notwendigen Auslagen des Beteiligten der Staatskasse aufzuerlegen.

(4) Hat das Rechtsmittel teilweise Erfolg, so hat das Gericht die Gebühr zu ermäßigen und die entstandenen Auslagen teilweise oder auch ganz der Staatskasse aufzuerlegen, soweit es unbillig wäre, die Beteiligten damit zu belasten. Dies gilt entsprechend für die notwendigen Auslagen der Beteiligten.

(5) Ein Rechtsmittel gilt als erfolglos, soweit eine Anordnung nach § 69 Abs. 1 oder § 69b Abs. 1 des Strafgesetzbuches nur deshalb nicht aufrechterhalten wird, weil ihre Voraussetzungen wegen der Dauer einer vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis (§ 111a Abs. 1) oder einer Verwahrung, Sicherstellung oder Beschlagnahme des Führerscheins (§ 69a Abs. 6 des Strafgesetzbuches) nicht mehr vorliegen.

(6) Die Absätze 1 bis 4 gelten entsprechend für die Kosten und die notwendigen Auslagen, die durch einen Antrag

1.
auf Wiederaufnahme des durch ein rechtskräftiges Urteil abgeschlossenen Verfahrens oder
2.
auf ein Nachverfahren (§ 433)
verursacht worden sind.

(7) Die Kosten der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand fallen dem Antragsteller zur Last, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind.