Oberlandesgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2016 - 6 U 18/16
Tenor
I. Auf die Berufung der Klägerin wird das am 12. Januar 2016 verkündete Urteil der 81. Kammer für Handelssachen des Landgerichts Köln – 81 O 78/15 – wie folgt abgeändert:
1. Der Beklagte wird verurteilt, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die vollständige Löschung der deutschen Marke Nr. xxx einzuwilligen.
2. Der Verfallseintritt der deutschen Marke Nr. xxx wird auf den 1. Juli 2015 gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 MarkenG festgesetzt.
II. Die Kosten des Rechtsstreits werden dem Beklagten auferlegt.
III. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Dem Beklagten bleibt vorbehalten die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110% des vollstreckbaren Betrags abzuwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrages leistet.
IV. Die Revision wird nicht zugelassen.
1
G r ü n d e :
2I.
3Der Beklagte ist Inhaber der im Tenor eingeblendeten deutschen Wort-/Bildmarke Nr. xxx , die ohne Widerspruch mit Priorität vom 29.5.2010 am 30.6.2010 eingetragen worden ist (Anlage K1). Die Benutzungsschonfrist lief am 30.6.2015 ab. Am 1.7.2015 stellte die Klägerin einen Löschungsantrag, welchem der Beklagte widersprach.
4Die Klägerin hat die Ansicht vertreten, dass die Marke des Beklagten wegen Verfalls löschungsreif sei, weil der Beklagte diese nach ihrer Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren für die Waren, für die die Marke eingetragen ist, nicht rechtserhaltend benutzt habe. Dies habe eine Internetrecherche ergeben. Es werde mit Nichtwissen bestritten, dass das P System überhaupt eine Software darstelle und nicht nur ein paar Bilder eines Graphikprogramms. Selbst wenn es sich um eine Software handeln sollte, bleibe fraglich, ob eine relevante Zahl verschiedener Personen in Deutschland die Seite angesehen und die „Software“ heruntergeladen hat. Auf der Internetseite “H” stehe etwa „P has no activity during this period”. Die Marke sei auch nicht in der eingetragenen Form verwendet worden. Im Übrigen sei die Marke für „Computersoftware (gespeichert)“ eingetragen worden, wobei der Beklagte, wenn überhaupt, nur herunterladbare Software, nicht aber auf Medien gespeicherte Software anbiete.
5Sie hat beantragt,
6wie nunmehr erkannt.
7Der Beklagte hat beantragt,
8die Klage abzuweisen.
9Der Beklagte hat behauptet, dass die Marke „P“ innerhalb der letzten fünf Jahre ununterbrochen rechtserhaltend benutzt worden sei. Die Marke werde für die Kennzeichnung des webbasierten Open-Source Laborinformationsmanagementsystems verwendet. Die Distribution dieser Software erfolge über zwei internationale Open-Source-Software-Portale. Seit dem 23.12.2010 bestehe die Möglichkeit die Software als Download zu erhalten. Die Software könne auch zum Zwecke der Weiterentwicklung über das Portal H bezogen werden. In beiden Portalen sei die Marke bzw. ihr prägender Bestandteil als Erkennungsmerkmal sichtbar. Die Internetseite www.P.org biete Informationen zur Software an und enthalte Links zu den genannten Portalen. Auch hier sei die Marke, wie eingetragen, an prägnanter Stelle zu sehen. Die Projektwebseite sei seit dem 6.10.2008 auf den Beklagten registriert und das Internet Archiv „B.org“ liste seit dem 7.12.2008 eine Webseite mit dem bis heute verwendeten Zeichen. Schließlich sei die Webseite seit dem 17.1.2010 auch über die deutsche Domain P.de erreichbar.
10Mit Urteil vom 12.1.2016 – 81 O 78/15 – hat das Landgericht die Klage abgewiesen mit der Begründung, dass die Klägerin ihrer Darlegungslast nicht ausreichend nachgekommen sei.
11Mit ihrer Berufung verfolgt die Klägerin ihre Anträge weiter. Sie wiederholt ihre Ansicht zur Darlegungslastverteilung und vertieft ihr erstinstanzliches Vorbringen. Insbesondere hält sie nach wie vor eine ernsthafte Benutzung für nicht hinreichend dargetan und weist darauf hin, dass keine gespeicherte Software, wie eingetragen, vertrieben werde, sondern nur herunterladbare.
12Der Beklagte verteidigt das angefochtene Urteile und behauptet im Schriftsatz vom 11.4.2016, dass seine Software von 2010 bis einschließlich 11.4.2016 allein von der Plattform „T“ über 17.000-mal heruntergeladen worden sei. Er weist zudem darauf hin, dass Software stets in irgendeiner Form gespeichert sei.
13Wegen des weiteren Vorbringens der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
14II.
15Die Berufung der Klägerin ist in der Sache begründet.
161. Der mit der Klage verfolgte Löschungsanspruch der Klägerin ist begründet gem. den §§ 49 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG.
17Nach § 49 Abs. 1 MarkenG wird die Eintragung einer Marke auf Antrag gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gem. § 26 MarkenG benutzt worden ist. Der Verfall kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Löschungsantrags eine Benutzung der Marke gem. § 26 MarkenG begonnen oder wieder aufgenommen worden ist, außer wenn der Benutzungsbeginn innerhalb von drei Monaten vor der Antragstellung in Kenntnis des Löschungsantrags erfolgt sein sollte.
18a. Eine rechtserhaltende Benutzung nach § 26 MarkenG verlangt eine Verwendung des fraglichen Zeichens zur Herkunftsunterscheidung auf dem Markt für konkrete Waren oder Dienstleistungen (vgl. Ingerl/Rohnke, MarkenG, 3. Aufl. § 26 Rn. 24). Eine Marke wird ernsthaft benutzt, wenn sie entsprechend ihrer Hauptfunktion - die Ursprungsidentität der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen wurde, zu garantieren - benutzt wird, um für diese Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen oder zu sichern, unter Ausschluss symbolischer Verwendungen, die allein der Wahrung der durch die Marke verliehenen Rechte dienen. Die Frage, ob die Benutzung der Marke ernsthaft ist, ist anhand sämtlicher Umstände zu prüfen, die belegen können, dass die Marke tatsächlich geschäftlich verwertet wird; dazu gehören insbesondere Verwendungen, die im betreffenden Wirtschaftszweig als gerechtfertigt angesehen werden, um Marktanteile für die durch die Marke geschützten Waren oder Dienstleistungen zu behalten oder zu gewinnen, die Art dieser Waren oder Dienstleistungen, die Merkmale des Marktes sowie der Umfang und die Häufigkeit der Benutzung der Marke (EuGH, Urt. v. 11.3.2003 -Rs. C-40/01, Slg. 2003, I-2439 = GRUR 2003, 425 Rdn. 43 - Ansul/Ajax).
19aa. Vorliegend behauptet der Beklagte, dass er seine Marke ununterbrochen seit 2010 für die Labormanagementsoftware P verwendet habe. Unstreitig gibt es P-Webseiten mit der top-level-domain „org“ und „de“ seit 2008 bzw. 2010. Auch wird die Software auf zwei Open Source Portalen, T und H, zum Download angeboten. Es ist davon auszugehen, dass es sich dabei auch um eine Software handelt. Soweit die Klägerin dies mit Nichtwissen bestreitet, ist dieses Bestreiten unzulässig, da sie die Software ohne weiteres kostenlos hätte herunterladen und prüfen können. Grundsätzlich trifft die Darlegungs- und Beweislast im Rahmen des § 26 MarkenG den Löschungskläger. Es kommt zwar eine Beweiserleichterung in Betracht, soweit es um Umstände geht, die in der Sphäre des Löschungsbeklagten liegen und die sich der Kenntnis des Klägers entziehen, über die der Löschungsbeklagte aber unschwer Angaben machen kann (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl., § 55 Rn. 12). Da es sich hier um eine Open-Source-Software handelt, die für jedermann zum Download bereitsteht, hatte die Klägerin unproblematisch Zugriff auf die Software und hätte prüfen können, ob es sich – wie sie in den Raum stellt - nur um eine Grafik handelt oder um eine Software. In der Regel reichen zwar Internetrecherchen aus, um die sekundäre Darlegungslast des Löschungsbeklagten auszulösen. Dies betrifft jedoch nicht den Fall, dass der Löschungskläger die ihm zur Verfügung stehenden Mittel noch nicht ausgeschöpft hat. Es ist daher mangels unzulässigen Bestreitens seitens der Klägerin davon auszugehen, dass es sich um eine Software handelt.
20bb. Die Wort-/Bildmarke P wird jedoch nicht in rechtserhaltender Weise für diese Software benutzt, wobei es sich unstreitig um eine sog. Open-Source-Software handelt, deren Quellcode unter den Bedingungen der GPL v3, kostenlos zur Verfügung gestellt wird und unter Einhaltung der Lizenzbedingungen von Dritten verwendet, vervielfältigt und auch weiterentwickelt oder sonst abgeändert werden darf.
21aaa. Dass die Software als solche unentgeltlich bereitgestellt wird, führt für sich genommen noch nicht zur Verneinung der rechtserhaltenden Benutzung. Wie der EuGH in seiner „Verein Radetzky-Orden“- Entscheidung zu Art. 12 Abs. 1 der Ersten Richtlinie 89/104/EWG des Rates vom 21.12.1988 zur Angleichung der Rechtsvorschriften der Mitgliedstaaten über die Marken ausgeführt hat, kann eine Marke auch dann ernsthaft benutzt sein, wenn etwa ein karitativer Verein keine Gewinnerzielungsabsicht verfolgt, aber bestrebt ist, für seine Waren und Dienstleistungen einen Absatzmarkt zu erschließen und anschließend zu sichern (vgl. EuGH, Urteil vom 9.12.2008, C-442/07, Celex-Nr. 62007CJ0442 – in juris). Zur Begründung hat der EuGH weiter ausgeführt, dass es außerdem entlohnte karitative Dienstleistungen gebe sowie diverse Arten ideeller Hilfsvereine, die ihre Leistungen vordergründig kostenlos erbringen, in Wahrheit aber durch Subventionen finanziert würden oder Entgelt unterschiedlicher Formen erhielten (vgl. EuGH, a.a.O. Rn. 18).
22Daraus folgt, dass für eine rechtlich relevante Benutzung der Marke eine Gewinnerzielungsabsicht zwar nicht erforderlich ist, dass jedoch letztlich ein Bezug zur Gewinnung von Marktanteilen gegeben sein muss. In diesem Sinn wird die rechtserhaltende Benutzung auch vom BGH verstanden, nach dessen Rechtsprechung der Umstand, dass die mit der Marke gekennzeichnete Ware unentgeltlich abgegeben wird, der Annahme einer rechtlich relevanten Benutzung der Marke nur dann entgegenstehe, wenn die Abgabe keinen Bezug zu einer geschäftlichen Tätigkeit aufweise und sonach allenfalls „symbolischen“ Charakter hätte (vgl. BGH, Urteil vom 6.10.2005, I ZB 20/03, Rn. 25, „GALLUP“ – in juris).
23bbb. Vorliegend entfaltet der Beklagte neben der kostenlosen Zurverfügungstellung seiner Software keinerlei weitergehende geschäftliche Tätigkeit. Im Termin zur mündlichen Verhandlung vor dem Senat hat der Beklagte ausgeführt, dass er bislang keinerlei Support-Leistungen oder sonstige entgeltliche Dienstleistungen im Zusammenhang mit der P-Software erbracht habe. Er habe zwar auch bereits eine Anfrage danach erhalten. Der Auftrag sei jedoch an der Höhe des Entgelts gescheitert. Es ist unstreitig, dass der Beklagte bislang Student ist und weder auf den beiden Download-Portalen noch auf der Internetseite P.org bzw. -.de entgeltliche Dienstleistungen in Bezug auf die Software beworben werden. Auch wenn das Angebot einer Open Source Software häufig mit entgeltlichen Supportleistungen verbunden ist oder sogar als eigentliches Geschäftsmodell darauf gerichtet sei und damit die Kennzeichnung mit einer Marke als rechterhaltende Benutzung angesehen werden mag, ist im vorliegenden Fall dem besonderen Umstand Rechnung zu tragen, dass der Beklagte bzw. die P GmbH seit 2010 die P-Software kostenfrei anbietet, ohne sonstige geschäftliche Tätigkeiten entfaltet zu haben. Einen Bezug zum geschäftlichen Verkehr kann der Senat danach gerade nicht feststellen.
24ccc. Ferner ist zu berücksichtigen, dass auf den eigenen Homepages des Beklagten keine unmittelbare Downloadmöglichkeit vorgesehen ist, sondern dort auf die beiden o.g. Portale verwiesen bzw. verlinkt wird. Die H-Seite dient jedoch bereits nach dem eigenen Vorbringen des Beklagten nicht dazu, Software an Endabnehmer abzusetzen, sondern stellt die Software nebst Quellcode anderen Entwicklern zur Verfügung, die diese dann bearbeiten oder weiterentwickeln können. Auf Absatz in dem Sinne, dass Marktanteile gewonnen und gesichert werden sollen, ist diese Bereitstellung offensichtlich nicht gerichtet.
25ddd. Anders verhält es sich zwar bei dem Download-Portal T, von dem jedenfalls in der Woche um den 25.10.2015 die Software des Beklagten 70mal heruntergeladen worden ist. Dass darüber hinaus insgesamt seit Beginn des Angebots der Software auf T bis zu 17000mal Downloads stattgefunden haben sollen, wird – ohnehin erst in zweiter Instanz - nur behauptet, aber nicht belegt. Selbst wenn man Download-Zahlen von insgesamt 17000mal unterstellte, fehlt Vortrag dazu, inwiefern sich das Angebot an deutsche Nutzer richtet und einen wirtschaftlich relevanten Inlandsbezug aufweist. Die Zahlen bei T als internationalem Portal stellen zunächst nur Zahlen für weltweite Downloads dar. Inwieweit und von wem die Seite überhaupt in Deutschland genutzt wird, ist nicht näher dargetan. Die Tatsache, dass eine Internet-Webseite überall in der Welt zugänglich ist, rechtfertigt es nicht, eine auf dieser Seite enthaltene Marke als überall in der Welt benutzt anzuerkennen (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26 Rn. 143). Es wäre Sache des Beklagten gewesen, im Rahmen seiner sekundären Darlegungslast näher darzutun, woher sich der Inlandsbezug ergibt, da jedenfalls die Klägerin keine Kenntnis darüber haben kann bzw. jedenfalls nicht dargetan ist, dass die Klägerin sich diese Information ohne Weiteres hätte beschaffen können.
26eee. Dass eine P-Homepage auch unter der top-level-Domain „.de“ angeboten wird, begründet für sich gesehen keinen ausreichenden Inlandsbezug. Denn selbst diese Seite, von der man annehmen könnte, dass sie an deutsche Nutzer gerichtet ist, ist in englischer Sprache gehalten, so dass unklar ist, ob sich das Angebot des Beklagten (auch) an das deutsche Publikum richtet. Es richtet sich, wie auch die Verwendung der Portale T und H zeigt, an Nutzer weltweit. Grundsätzlich gilt, dass fremdsprachige Angebote der Annahme eines ausreichenden Inlandsbezugs entgegenstehen (vgl. Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26 Rn. 143). Es ist dem Beklagten zwar zuzugestehen, dass etwa Programmentwickler sich oft der englischen Sprache bedienen, so dass die Verwendung von Englisch auf der deutschen P.de-Seite nicht zwingend gegen einen hinreichenden Inlandsbezug sprechen könnte. Es reicht jedoch nicht aus, dass ein Inlandsbezug nicht verneint werden kann, sondern es wäre vielmehr Sache des Beklagten gewesen, näher darzulegen, inwieweit sich sein Angebot tatsächlich an deutsche Nutzer wendet. Allein, dass er und die P GmbH sich in Deutschland aufhalten, kann nicht genügen.
27fff. Bei einer Open Source Software besteht darüber hinaus die Besonderheit, dass Nutzer entlang der Lizenzierungsregeln eine Software kostenlos nutzen, aber auch weiterentwickeln, abändern, an eigene Bedürfnisse anpassen dürfen. Wenn die P abgeändert und erneut angeboten würde, handelte es sich nicht mehr um die vom Beklagten programmierte Software, sondern um eine Abwandlung davon. In dieser Weise verwendet, ist das Zeichen „P“ nicht geeignet auf die Ursprungsidentität der Software hinzuweisen. Es wird nach einigen Weiterentwicklungen und Änderungen unklar sein, welchen Ursprung die Software in ihrer veränderten Form, hat. Die Ursprungsidentität der Software kann gerade nicht mehr garantiert werden. Die Hauptfunktion der Marke würde nicht erfüllt. Soweit der Beklagte nach Schluss der mündlichen Verhandlung behauptet hat, dass Änderungen nicht nur markiert, sondern auch durch den Beklagten erst akzeptiert werden müssten, ist dieses Vorbringen verspätet. Es ist bislang behauptet worden, dass Nutzer Änderungen vornehmen könnten, wie es ihnen beliebt. Dass Änderungen erst vom Beklagten angenommen werden müssen, ist bis zum Schluss der mündlichen Verhandlung nicht vorgetragen worden.
28b. Soweit der Beklagte im nicht nachgelassenen Schriftsatz vom 16.9.2016 behauptet, dass die GPL v3 in Ziff. 7 vorsehe, dass die Verwendung und Weitergabe der Software sich allein auf den urheberrechtlichen Aspekt beziehe und eine Nutzung der Marke Dritten damit nicht eingeräumt werde, ist dieses Vorbringen zum einen verspätet und zum anderen nicht ohne weiteres nachvollziehbar.
29aa. Der zitierte und ins Deutsche übersetzte Absatz der Lizenzbedingungen, der die Ansicht des Beklagten stützen soll, bezieht sich auf denjenigen, der eine Open Source Software weiterentwickelt oder abändert. Für Material, das man einem betroffenen Werk hinzufügt, kann man die Bedingungen der Lizenz um folgendes ergänzen: u.a. „das Zurückweisen der Einräumung von Rechten gemäß dem Markenrecht zur Benutzung gewisser Produktnamen, Produkt- oder Service-Marken.“ Der Beklagte ist allerdings der Ursprungsentwickler und nicht jemand, der einer Open Source Software etwas hinzufügt und es ist darüber hinaus nicht vorgetragen, dass er die Bedingungen der Lizenz entsprechend angepasst hätte. Bislang war nichts zu den Einzelheiten der Lizenzbedingungen vorgetragen und vor allem nicht behauptet worden, dass es dem Beklagten freistehe, Anpassungen, Erweiterungen Dritter aufzunehmen oder abzulehnen. Bislang war davon auszugehen, dass die Software des Beklagten zum Download zur Verfügung gestellt wurde und zwar mit dem Quellcode, so dass alle, die sich die Software heruntergeladen hatten, diese entsprechend selbständig und unabhängig von einer Akzeptanz des Beklagten verändern und anpassen durften. Die Änderungen mussten zwar markiert werden, dass aber bei jeder veränderten Version andere Bezeichnungen zu wählen waren, war bislang nicht vorgetragen.
30bb. Aufgrund der Besonderheiten einer Open-Source-Software ist auch das Oberlandesgericht Düsseldorf nicht von einer markenmäßigen, sondern einer rein titelmäßigen Verwendung ausgegangen. Es gehe bei dem Open Source Programm nicht um die Unterscheidung der betrieblichen Herkunft, sondern um die Benennung des Werkes. Zwar könne der Verkehr grundsätzlich auch in der Bezeichnung einer Software einen Hinweis auf die betriebliche Herkunft sehen. Dies sei aber im Fall einer Open Source Software nicht naheliegend, weil das dort im Streit befindliche Softwareprogramm unter den Bedingungen des GPLv2 lizensiert sei und danach jedermann das Programm vervielfältigen, verbreiten und benutzen könne (OLG Düsseldorf, MMR 2012, 760 ff. – juris). Dass im vorliegenden Fall ein Wort-/Bildzeichen verwandt wird, schadet nicht, da auch Bildzeichen grundsätzlich als Titel schutzfähig sind (vgl. Ströbele/Hacker, MarkenG, 9. Aufl. § 5 Rn. 74 m.w.N.)
31c. In der Gesamtschau kann unter Berücksichtigung aller Umstände des Falles eine rechtlich relevante Benutzung im Sinne des § 26 MarkenG im Ergebnis nicht festgestellt werden.
322. Der Feststellungsantrag ist zulässig ist und begründet. Die Klägerin hat aufgrund der Gegenansprüche, die der Beklagte aus seiner Marke geltend macht, ein eigenes Interesse an der Feststellung der Rückwirkung, § 52 Abs. 1 MarkenG. Der Verfallsgrund war auch bereits vor der Klageerhebung eingetreten.
333. Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.
344. Für die Zulassung der Revision besteht kein Anlass. Der Senat weicht mit seiner Entscheidung weder von einer Entscheidung des Bundesgerichtshofs ab noch hat die Sache über die Rechtsanwendung auf den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung (§ 543 Abs. 2 ZPO). Die Entscheidung beruht auf einer Würdigung der konkreten Umstände des Einzelfalles.
35Streitwert: 100.000 €
ra.de-Urteilsbesprechung zu Oberlandesgericht Köln Urteil, 30. Sept. 2016 - 6 U 18/16
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Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Löschung einer Marke aus dem Register des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA).
3Der Beklagte ist Inhaber der streitgegenständlichen Marke Nr. ######. Es handelt sich dabei um eine Wort-Bildmarke so wie in den Klageanträgen wiedergegeben. Das Zeichen besteht im linken Teil aus einem grafischen Bestandteil, bestehend aus 4 Quadraten, von denen zwei übereinander und zwei nebeneinander angeordnet sind, wodurch die Quadrate selber wieder ein großes Quadrat bilden, welches mit einem weißen Kreuz durchzogen ist. Farblich sind die oberen beiden Quadrate blau, während von den beiden unteren Quadraten das linke grau und das rechte blau ist. Rechts daneben befindet sich das Wortelement mit dem Schriftzug „ - P -“ in Kursivschrift. Die Marke wurde am 29.05.2010 zur Eintragung angemeldet und am 30.06.2010 in das Register eingetragen. Sie genießt seitdem Schutz für Ware Computersoftware (gespeichert) der Klasse 09. Die Benutzungsschonfrist ist am 30.06.2015 ausgelaufen. Die Klägerin hat am 01.07.2015 einen Löschungsantrag gegen die streitgegenständliche Marke beim DPMA gestellt, dem der Beklagte am 03.08.2015 widersprach.
4Die Klägerin behauptet, die Marke sei von dem Beklagten innerhalb der vergangenen Jahre nicht für die eingetragenen Waren benutzt worden. Sie ist der Ansicht, dass sich weder aus einer Internetrecherche noch aus den von dem Beklagten übermittelten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung innerhalb des relevanten Zeitraums von 2010 bis 2015 ergebe. Insbesondere sei nicht nachgewiesen worden, dass es sich bei dem „ - P - System“ tatsächlich um eine Software handele. Des Weiteren sei fraglich, ob das „ - P - System“ von einer relevanten Zahl verschiedener Person angesehen und heruntergeladen wurde. Auch sei das Zeichen auf den Internetseiten „GitHub“ und „Sourgeforge“ nicht in der eingetragenen Form verwendet worden, sondern ohne das kennzeichnungskräftige Wortelement, wodurch ein von der Marke abweichender Gesamteindruck entstanden sei. Außerdem würden die „Whois“-Auszüge (Anlagen B6, B8 und B9) nicht belegen, dass die Domainnamen tatsächlich für eine Website genutzt worden seien, auf der die Marke im streitgegenständlichen Zeitraum als Herkunftshinweis für Software in Klasse 9 verwendet worden sei. Der Ausdruck aus dem Webarchiv (Anlage B7) zeige außerdem den Hinweis, dass „ - P -“ noch nicht veröffentlicht sei. Es sei unklar, ob die Website des Beklagten während des relevanten Zeitraums das gleiche Design gehabt habe, jederzeit zugänglich gewesen und im relevanten Umfang besucht worden sei. Schließlich bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die Website www. - P -.org durch die - P - I.P. GmbH betrieben worden und diese hierzu durch den Beklagten autorisiert gewesen sei. Zusammenfassend fehle es somit an einer rechtserhaltenden Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG, weshalb die Marke aufgrund Verfalls gemäß §§ 49 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG zu löschen sei.
5Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 1.12.2015 erweitert und beantragt,
61) den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die vollständige Löschung der deutschen Marke Nr. ###### - P - einzuwilligen,
72) den Verfallseintritt der deutschen Marke Nr. ###### -P- auf den 1. Juli 2015 gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 MarkenG festzusetzen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Der Beklagte trägt vor, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre und darüber hinaus unter Berücksichtigung der Herkunfts- sowie der Unterscheidungsfunktion ununterbrochen rechtserhaltend benutzt worden sei. Er behauptet dazu, es handle sich bei „ - P -“ um eine Software und die Marke werde verwendet für die Kennzeichnung des webbasierten Open-Source Laborinformationsmanagementsystems „ - P -“, das unter der Open-Source-Lizenz General Public License in der Version 3 zum Herunterladen angeboten werde. Die Software sei bisher in zehn Versionen erschienen. Seit dem 20.Januar 2014 seien jedoch keine weiteren Versionen erschienen. Die Distribution der Software erfolge über zwei internationale Portale, nämlich das Portal SourceForge sowie das Portal GitHub. In beiden Portalen sei die Marke als typisches Erkennungsmerkmal der Software sichtbar. Auch auf der Homepage www. - P -.org sei die Marke an prägnanter Stelle zu sehen. Dabei sei der links angeordnete Bildbestandteil des Zeichens, bestehend aus vier Quadraten, der dominante bzw. selbstständig kennzeichnende Bestandteil. Selbst wenn der rechts angeordnete Wortbestandteil des Zeichens neben oder unter dem Bildbestandteil angezeigt werde, erkenne der Verkehr, dass es sich um eine Ware oder Dienstleistung aus der Herkunft des Beklagten handele. Der Beklagte ist außerdem der Ansicht, dass es für eine rechtserhaltende Nutzung nicht notwendig sei, dass die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung am Markt Erfolg habe. Ausreichend sei vielmehr, dass diese Ware oder Dienstleistung in wahrnehmbarer und ernsthafter Weise angeboten werde. Des Weiteren sei die Website seit dem 06.10.2008 auf den Beklagten registriert und werde beim Webhoster Strato gehostet. Ferner belege Anlage B7 die Ankündigung des Computerprogramms vor der ersten Veröffentlichung am 23.12.2010 und somit die Nutzung des Zeichens schon vor der Markenanmeldung. Auch das Internetarchiv liste seit dem 07.12.2008 die Website mit dem Zeichen. Die Website sei seit dem 17.01.2010 über die Domain - P -.com sowie seit dem 10.01.2010 über die Domain - P -.de erreichbar. Alle genannten Quellen seien über einschlägige Suchmaschinen auffindbar. Der Beklagte behauptet, Nutzungshandlungen, seien durch die - P - I.P. GmbH durchgeführt worden. Diese sei Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an der streitgegenständlichen Marke.
11Gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG sei deren Benutzung dem Beklagten zuzurechnen.
12Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und Protokolle verwiesen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist unbegründet.
15Der Klägerin steht kein Anspruch auf Einwilligung der Löschung beim Deutschen Patent- und Markenamt. Die Marke ist nicht gemäß §§ 55, 49 Abs. 1 MarkenG zu löschen.
16Voraussetzung für eine Löschungsklage nach §§ 55, 49 Abs. 1 MarkenG ist, dass die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Nach § 26 MarkenG liegt eine rechtserhaltende Benutzung nur dann vor, wenn die Marke von ihrem Inhaber oder einem Dritten mit Zustimmung des Inhabers (§ 26 Abs. 2 MarkenG) für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist.
17Grundsätzlich trägt im Rahmen von § 55 MarkenG der Löschungskläger die Darlegungs- und Beweislast. Das gilt auch bei Verfallsklagen wegen mangelnder Benutzung nach §§ 49, 26 MarkenG (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage 2015, § 55, Rn. 12). Allerdings kann auch den Löschungsbeklagten nach dem auch
18im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Diese setzt voraus, dass der Löschungskläger keine genaue Kenntnis von den Umständen der Benutzung der Marke hat und auch nicht über die Möglichkeit verfügt, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären (BGH GRUR 2009, 61, 61 – LOTTOCARD). Ein Löschungskläger kann sich deshalb zunächst darauf beschränken, alle ihm zugänglichen Anhaltspunkte darzutun, aus denen sich seiner Ansicht nach die mangelnde Benutzung ergibt, z.B. eine erfolgslose Internetrecherche. Gelingt ihm dies, ist es Aufgabe des Markeninhabers, im Einzelnen zur rechtserhaltenden Benutzung vorzutragen (Ströbele/Hacker, § 55, Rn. 12).
19Die Klägerin hat diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt und ist damit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie hat zunächst schon nicht substanziiert vorgetragen, dass es sich bei „ - P -“ nicht um eine Software handele. Dies hat sie lediglich mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten ist jedoch nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Es wäre der Klägerin jedoch ohne weiteres möglich gewesen, „ - P -“ durch Herunterladen auf die Eigenschaft als Software hin zu überprüfen. Dies hat sie jedoch nicht dargetan, daher ist ihr Bestreiten unzulässig. Außerdem hat sie nicht substanziiert vorgetragen, dass sie alle möglichen Anhaltspunkte überprüft hat, um eine unterbliebene Benutzung darlegen. Sie hat lediglich vorgetragen, dass sie eine Internetrecherche durchgeführt habe, wobei keine rechtserhaltende Nutzung festgestellt wurden konnte. Zwar reicht eine Internetrecherche wie dargelegt grundsätzlich, um der Beweispflicht im Rahmen von § 55 Abs. 1 MarkenG nachzukommen. Allerdings hat der Beklagte dargelegt, dass eine solche Internetrecherche geeignet ist, um Anhaltspunkte für die ernsthafte Benutzung der Marke im Sinne von § 26 MarkenG zu finden. Dem ist die Klägerin nicht konkret entgegen getreten.
20Legt man den Vortrag des Beklagten zugrunde, ist von einer rechtserhaltenden Nutzung auszugehen.
21Die Benutzung der für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, den Verkehr auf die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung hinzuweisen, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Hierzu ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Der angesprochene Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung ansehen. Dies ist der Fall, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für das beworbene Produkt verstanden wird (BGH GRUR 2009, 60, 62 – Lottocard; BGH GRUR 2005, 1047, 1049 – OTTO; BGH GRUR 1999, 995, 997 – HONKA). Der Begriff der ernsthaften Benutzung orientiert sich also an der im Vordergrund stehenden Herkunftsfunktion. Es genügen somit nur Handlungen, die sich für den Durchschnittsverbraucher als Hinweise auf die betriebliche Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung darstellen und geeignet sind, Verwechslungen der betrieblichen Herkunft zu verhindern (Ströbele/Hacker, § 26, Rn 11).
22Dies ist hier der Fall. Der Beklagte hat substanziiert vorgetragen, dass die streitgegenständliche Marke im relevanten Zeitraum rechtserhaltend genutzt wurde. Die Marke „ - P -“ wurde danach sowohl auf der von der - P - I.P. GmbH betriebenen Homepage www. - P -.org als auch auf den Open-Source-Software-Portalen SourceForge und GitHub genutzt. Die Berechtigung der - P - I.P. GmbH hat der Beklagte durch Vorlage einer Bestätigung über die ausschließliche Lizenz glaubhaft gemacht. Soweit es sich um eine Eigenbestätigung handelt, ist das unschädlich, weil der Beklagte Markeninhaber und damit auch die für die Bestätigung maßgebliche Person ist. Auf der Homepage und in den Portalen war das geschützte Zeichen erkennbar. Auch in den Softwarepaketen, die auf Deutsch und Englisch angeboten werden, ist die Marke stets im oberen linken Bildrand zu sehen. Somit ist das Zeichen des Beklagten während des gesamten Zeitraums des Herunterladens, also von der Homepage, über die angesprochenen Portale bis zur Nutzung der Softwarepakete, für den Verkehr erkennbar angebracht und mit der Software verbunden. Der angesprochene Verkehr verbindet dieses Zeichen zumindest auch mit der angebotenen Software. Eine andere Bewertung gibt sich auch nicht daraus, dass zwischen der Warenmarke des Bekl. (vgl. http://dpma.de/docs/service/klassifikationen/nizza/nizza_10-2015 alphabetischelistederwaren.pdf) und der Software keine körperliche Verbindung besteht. Eine solche Verbindung fehlt in aller Regel auch bei Dienstleistungsmarken. Im Rahmen dieser erfordert die Beurteilung der Frage nach einer rechtserhaltenden Benutzungshandlung eine besondere Betrachtung. Voraussetzung für eine Benutzungshandlung im Sinne von § 26 MarkenG ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Beziehung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht. Er muss erkennen, dass mit der Verwendung des Zeichens nicht der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird (BGH, BeckRS 2008, 06492, Rn. 13 - Akzenta). Dies ist hier der Fall. In der Verwendung des unterscheidungskräftigen Zeichens „ - P -“ im Zusammenhang mit angebotenen Software wird der Verkehr nicht allein die Benennung des Geschäftsbetriebs sehen, sondern zugleich auch die bestimmte Leistung, die aus diesem Geschäftsbetrieb stammt, nämlich das Anbieten der Software.
23Dieses Zeichen ist somit geeignet, auf die betriebliche Herkunft der Software hinzuweisen. Auch hat der Beklagte dargelegt, dass zwischen Dezember 2010 und Januar 2014 zehn Versionen der Software auf den Distributionsportalen erschienen sind, was belegt, dass die Marke über den relevanten Zeitraum genutzt wurde. Dabei ist es unerheblich, dass die Software als „Open-Source“ unentgeltlich angeboten wird. Die Annahme einer ernsten Benutzung setzt nicht voraus, dass die jeweilige Benutzungshandlung auf eine Gewinn- oder Umsatzerzielung ausgerichtet ist (EuGH GRUR 2009, 156 – Radetzky-Orden; BGH GRUR 2006, 152 – Gallup; 2009, 60 – Lottocard; 2012, 180 – Werbegeschenk; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26, Rn. 13). Ferner ist es unerheblich, wie oft die Software heruntergeladen wird. Der Benutzungszwang verlangt keinen kommerziellen Erfolg (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26, Rn. 10).
24Dabei schadet es auch nicht, dass der Beklagte das eingetragene Zeichen teilweise in einer anderen Form dargestellt hat. Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke auch die Benutzung in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Danach liegt eine rechtserhaltende Benutzung auch dann vor, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dasselbe Zeichen ansieht (BGH, BeckRS 2008, 06492, Rn. 12 – AKZENTA). Prägender Bestandteil der streitgegenständlichen Marke ist der Bildteil auf der linken Seite. Dieser springt dem Verkehr zunächst ins Auge, wenn er das Zeichen sieht. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Wortteil der Marke nicht rechts neben dem Bildteil, sondern unter diesem platziert ist. Der Verkehr verbindet das Zeichen auch in dieser Form mit der Software des Beklagten.
25Folgerichtig ist die Klage auch zu dem Antrag zu 2 unbegründet.
26Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
27Streitwert: 100.000,00 €
(1) Die Wirkungen einer eingetragenen Marke gelten in dem Umfang, in dem die Marke für verfallen erklärt wird, von dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags (§ 53) oder der Erhebung der Klage (§ 55) auf Erklärung des Verfalls an als nicht eingetreten. In der Entscheidung kann auf Antrag einer Partei ein früherer Zeitpunkt, zu dem einer der Verfallsgründe eingetreten ist, festgesetzt werden.
(2) Die Wirkungen einer eingetragenen Marke gelten in dem Umfang, in dem die Marke für nichtig erklärt worden ist, von Anfang an als nicht eingetreten.
(3) Vorbehaltlich der Vorschriften über den Ersatz des Schadens, der durch fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Inhabers einer Marke verursacht worden ist, sowie der Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung berührt die Löschung der Eintragung aufgrund Verfalls oder Nichtigkeit der Marke nicht
- 1.
Entscheidungen in Verletzungsverfahren, die vor der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit rechtskräftig geworden und vollstreckt worden sind, und - 2.
vor der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit geschlossene Verträge insoweit, als sie vor dieser Entscheidung erfüllt worden sind. Es kann jedoch verlangt werden, daß in Erfüllung des Vertrages gezahlte Beträge aus Billigkeitsgründen insoweit zurückerstattet werden, wie die Umstände dies rechtfertigen.
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags.
1
Tatbestand:
2Die Parteien streiten über die Löschung einer Marke aus dem Register des Deutschen Patent- und Markenamts (DPMA).
3Der Beklagte ist Inhaber der streitgegenständlichen Marke Nr. ######. Es handelt sich dabei um eine Wort-Bildmarke so wie in den Klageanträgen wiedergegeben. Das Zeichen besteht im linken Teil aus einem grafischen Bestandteil, bestehend aus 4 Quadraten, von denen zwei übereinander und zwei nebeneinander angeordnet sind, wodurch die Quadrate selber wieder ein großes Quadrat bilden, welches mit einem weißen Kreuz durchzogen ist. Farblich sind die oberen beiden Quadrate blau, während von den beiden unteren Quadraten das linke grau und das rechte blau ist. Rechts daneben befindet sich das Wortelement mit dem Schriftzug „ - P -“ in Kursivschrift. Die Marke wurde am 29.05.2010 zur Eintragung angemeldet und am 30.06.2010 in das Register eingetragen. Sie genießt seitdem Schutz für Ware Computersoftware (gespeichert) der Klasse 09. Die Benutzungsschonfrist ist am 30.06.2015 ausgelaufen. Die Klägerin hat am 01.07.2015 einen Löschungsantrag gegen die streitgegenständliche Marke beim DPMA gestellt, dem der Beklagte am 03.08.2015 widersprach.
4Die Klägerin behauptet, die Marke sei von dem Beklagten innerhalb der vergangenen Jahre nicht für die eingetragenen Waren benutzt worden. Sie ist der Ansicht, dass sich weder aus einer Internetrecherche noch aus den von dem Beklagten übermittelten Unterlagen eine rechtserhaltende Benutzung innerhalb des relevanten Zeitraums von 2010 bis 2015 ergebe. Insbesondere sei nicht nachgewiesen worden, dass es sich bei dem „ - P - System“ tatsächlich um eine Software handele. Des Weiteren sei fraglich, ob das „ - P - System“ von einer relevanten Zahl verschiedener Person angesehen und heruntergeladen wurde. Auch sei das Zeichen auf den Internetseiten „GitHub“ und „Sourgeforge“ nicht in der eingetragenen Form verwendet worden, sondern ohne das kennzeichnungskräftige Wortelement, wodurch ein von der Marke abweichender Gesamteindruck entstanden sei. Außerdem würden die „Whois“-Auszüge (Anlagen B6, B8 und B9) nicht belegen, dass die Domainnamen tatsächlich für eine Website genutzt worden seien, auf der die Marke im streitgegenständlichen Zeitraum als Herkunftshinweis für Software in Klasse 9 verwendet worden sei. Der Ausdruck aus dem Webarchiv (Anlage B7) zeige außerdem den Hinweis, dass „ - P -“ noch nicht veröffentlicht sei. Es sei unklar, ob die Website des Beklagten während des relevanten Zeitraums das gleiche Design gehabt habe, jederzeit zugänglich gewesen und im relevanten Umfang besucht worden sei. Schließlich bestreitet die Klägerin mit Nichtwissen, dass die Website www. - P -.org durch die - P - I.P. GmbH betrieben worden und diese hierzu durch den Beklagten autorisiert gewesen sei. Zusammenfassend fehle es somit an einer rechtserhaltenden Benutzung im Sinne von § 26 MarkenG, weshalb die Marke aufgrund Verfalls gemäß §§ 49 Abs. 1, 55 Abs. 1 MarkenG zu löschen sei.
5Die Klägerin hat die Klage mit Schriftsatz vom 1.12.2015 erweitert und beantragt,
61) den Beklagten zu verurteilen, gegenüber dem Deutschen Patent- und Markenamt in die vollständige Löschung der deutschen Marke Nr. ###### - P - einzuwilligen,
72) den Verfallseintritt der deutschen Marke Nr. ###### -P- auf den 1. Juli 2015 gemäß § 52 Abs. 1 Satz 2 MarkenG festzusetzen.
8Der Beklagte beantragt,
9die Klage abzuweisen.
10Der Beklagte trägt vor, dass die Marke innerhalb der letzten fünf Jahre und darüber hinaus unter Berücksichtigung der Herkunfts- sowie der Unterscheidungsfunktion ununterbrochen rechtserhaltend benutzt worden sei. Er behauptet dazu, es handle sich bei „ - P -“ um eine Software und die Marke werde verwendet für die Kennzeichnung des webbasierten Open-Source Laborinformationsmanagementsystems „ - P -“, das unter der Open-Source-Lizenz General Public License in der Version 3 zum Herunterladen angeboten werde. Die Software sei bisher in zehn Versionen erschienen. Seit dem 20.Januar 2014 seien jedoch keine weiteren Versionen erschienen. Die Distribution der Software erfolge über zwei internationale Portale, nämlich das Portal SourceForge sowie das Portal GitHub. In beiden Portalen sei die Marke als typisches Erkennungsmerkmal der Software sichtbar. Auch auf der Homepage www. - P -.org sei die Marke an prägnanter Stelle zu sehen. Dabei sei der links angeordnete Bildbestandteil des Zeichens, bestehend aus vier Quadraten, der dominante bzw. selbstständig kennzeichnende Bestandteil. Selbst wenn der rechts angeordnete Wortbestandteil des Zeichens neben oder unter dem Bildbestandteil angezeigt werde, erkenne der Verkehr, dass es sich um eine Ware oder Dienstleistung aus der Herkunft des Beklagten handele. Der Beklagte ist außerdem der Ansicht, dass es für eine rechtserhaltende Nutzung nicht notwendig sei, dass die gekennzeichnete Ware oder Dienstleistung am Markt Erfolg habe. Ausreichend sei vielmehr, dass diese Ware oder Dienstleistung in wahrnehmbarer und ernsthafter Weise angeboten werde. Des Weiteren sei die Website seit dem 06.10.2008 auf den Beklagten registriert und werde beim Webhoster Strato gehostet. Ferner belege Anlage B7 die Ankündigung des Computerprogramms vor der ersten Veröffentlichung am 23.12.2010 und somit die Nutzung des Zeichens schon vor der Markenanmeldung. Auch das Internetarchiv liste seit dem 07.12.2008 die Website mit dem Zeichen. Die Website sei seit dem 17.01.2010 über die Domain - P -.com sowie seit dem 10.01.2010 über die Domain - P -.de erreichbar. Alle genannten Quellen seien über einschlägige Suchmaschinen auffindbar. Der Beklagte behauptet, Nutzungshandlungen, seien durch die - P - I.P. GmbH durchgeführt worden. Diese sei Inhaberin einer ausschließlichen Lizenz an der streitgegenständlichen Marke.
11Gemäß § 26 Abs. 2 MarkenG sei deren Benutzung dem Beklagten zuzurechnen.
12Wegen der Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Schriftsätze und Protokolle verwiesen.
13Entscheidungsgründe:
14Die Klage ist unbegründet.
15Der Klägerin steht kein Anspruch auf Einwilligung der Löschung beim Deutschen Patent- und Markenamt. Die Marke ist nicht gemäß §§ 55, 49 Abs. 1 MarkenG zu löschen.
16Voraussetzung für eine Löschungsklage nach §§ 55, 49 Abs. 1 MarkenG ist, dass die Marke nach dem Tag der Eintragung innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 MarkenG benutzt worden ist. Nach § 26 MarkenG liegt eine rechtserhaltende Benutzung nur dann vor, wenn die Marke von ihrem Inhaber oder einem Dritten mit Zustimmung des Inhabers (§ 26 Abs. 2 MarkenG) für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden ist.
17Grundsätzlich trägt im Rahmen von § 55 MarkenG der Löschungskläger die Darlegungs- und Beweislast. Das gilt auch bei Verfallsklagen wegen mangelnder Benutzung nach §§ 49, 26 MarkenG (Ströbele/Hacker, Markengesetz, 11. Auflage 2015, § 55, Rn. 12). Allerdings kann auch den Löschungsbeklagten nach dem auch
18im Prozessrecht geltenden Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB eine prozessuale Erklärungspflicht treffen. Diese setzt voraus, dass der Löschungskläger keine genaue Kenntnis von den Umständen der Benutzung der Marke hat und auch nicht über die Möglichkeit verfügt, den Sachverhalt von sich aus aufzuklären (BGH GRUR 2009, 61, 61 – LOTTOCARD). Ein Löschungskläger kann sich deshalb zunächst darauf beschränken, alle ihm zugänglichen Anhaltspunkte darzutun, aus denen sich seiner Ansicht nach die mangelnde Benutzung ergibt, z.B. eine erfolgslose Internetrecherche. Gelingt ihm dies, ist es Aufgabe des Markeninhabers, im Einzelnen zur rechtserhaltenden Benutzung vorzutragen (Ströbele/Hacker, § 55, Rn. 12).
19Die Klägerin hat diese Voraussetzungen jedoch nicht erfüllt und ist damit ihrer Darlegungslast nicht nachgekommen. Sie hat zunächst schon nicht substanziiert vorgetragen, dass es sich bei „ - P -“ nicht um eine Software handele. Dies hat sie lediglich mit Nichtwissen bestritten. Ein solches Bestreiten ist jedoch nur über Tatsachen zulässig, die weder eigene Handlungen der Partei noch Gegenstand ihrer eigenen Wahrnehmung gewesen sind, § 138 Abs. 4 ZPO. Es wäre der Klägerin jedoch ohne weiteres möglich gewesen, „ - P -“ durch Herunterladen auf die Eigenschaft als Software hin zu überprüfen. Dies hat sie jedoch nicht dargetan, daher ist ihr Bestreiten unzulässig. Außerdem hat sie nicht substanziiert vorgetragen, dass sie alle möglichen Anhaltspunkte überprüft hat, um eine unterbliebene Benutzung darlegen. Sie hat lediglich vorgetragen, dass sie eine Internetrecherche durchgeführt habe, wobei keine rechtserhaltende Nutzung festgestellt wurden konnte. Zwar reicht eine Internetrecherche wie dargelegt grundsätzlich, um der Beweispflicht im Rahmen von § 55 Abs. 1 MarkenG nachzukommen. Allerdings hat der Beklagte dargelegt, dass eine solche Internetrecherche geeignet ist, um Anhaltspunkte für die ernsthafte Benutzung der Marke im Sinne von § 26 MarkenG zu finden. Dem ist die Klägerin nicht konkret entgegen getreten.
20Legt man den Vortrag des Beklagten zugrunde, ist von einer rechtserhaltenden Nutzung auszugehen.
21Die Benutzung der für Waren oder Dienstleistungen eingetragenen Marke wirkt nur dann rechtserhaltend im Sinne von § 26 Abs. 1 MarkenG, wenn die Verwendung der Hauptfunktion der Marke entspricht, den Verkehr auf die Ursprungsidentität der Ware oder Dienstleistung hinzuweisen, indem sie ihm ermöglicht, diese Ware oder Dienstleistung von Waren oder Dienstleistungen anderer Herkunft zu unterscheiden. Hierzu ist es ausreichend, aber auch erforderlich, dass die Marke in üblicher und wirtschaftlich sinnvoller Weise für die Ware oder Dienstleistung verwendet wird, für die sie eingetragen ist. Der angesprochene Verkehr muss die Benutzung des Kennzeichens zumindest auch als Unterscheidungszeichen für die Ware oder Dienstleistung ansehen. Dies ist der Fall, wenn das Zeichen als Herkunftshinweis für das beworbene Produkt verstanden wird (BGH GRUR 2009, 60, 62 – Lottocard; BGH GRUR 2005, 1047, 1049 – OTTO; BGH GRUR 1999, 995, 997 – HONKA). Der Begriff der ernsthaften Benutzung orientiert sich also an der im Vordergrund stehenden Herkunftsfunktion. Es genügen somit nur Handlungen, die sich für den Durchschnittsverbraucher als Hinweise auf die betriebliche Herkunft der gekennzeichneten Ware oder Dienstleistung darstellen und geeignet sind, Verwechslungen der betrieblichen Herkunft zu verhindern (Ströbele/Hacker, § 26, Rn 11).
22Dies ist hier der Fall. Der Beklagte hat substanziiert vorgetragen, dass die streitgegenständliche Marke im relevanten Zeitraum rechtserhaltend genutzt wurde. Die Marke „ - P -“ wurde danach sowohl auf der von der - P - I.P. GmbH betriebenen Homepage www. - P -.org als auch auf den Open-Source-Software-Portalen SourceForge und GitHub genutzt. Die Berechtigung der - P - I.P. GmbH hat der Beklagte durch Vorlage einer Bestätigung über die ausschließliche Lizenz glaubhaft gemacht. Soweit es sich um eine Eigenbestätigung handelt, ist das unschädlich, weil der Beklagte Markeninhaber und damit auch die für die Bestätigung maßgebliche Person ist. Auf der Homepage und in den Portalen war das geschützte Zeichen erkennbar. Auch in den Softwarepaketen, die auf Deutsch und Englisch angeboten werden, ist die Marke stets im oberen linken Bildrand zu sehen. Somit ist das Zeichen des Beklagten während des gesamten Zeitraums des Herunterladens, also von der Homepage, über die angesprochenen Portale bis zur Nutzung der Softwarepakete, für den Verkehr erkennbar angebracht und mit der Software verbunden. Der angesprochene Verkehr verbindet dieses Zeichen zumindest auch mit der angebotenen Software. Eine andere Bewertung gibt sich auch nicht daraus, dass zwischen der Warenmarke des Bekl. (vgl. http://dpma.de/docs/service/klassifikationen/nizza/nizza_10-2015 alphabetischelistederwaren.pdf) und der Software keine körperliche Verbindung besteht. Eine solche Verbindung fehlt in aller Regel auch bei Dienstleistungsmarken. Im Rahmen dieser erfordert die Beurteilung der Frage nach einer rechtserhaltenden Benutzungshandlung eine besondere Betrachtung. Voraussetzung für eine Benutzungshandlung im Sinne von § 26 MarkenG ist dabei, dass der Verkehr die konkrete Beziehung des Zeichens zumindest auch als Herkunftshinweis versteht. Er muss erkennen, dass mit der Verwendung des Zeichens nicht der Geschäftsbetrieb benannt, sondern auch eine Leistung bezeichnet wird (BGH, BeckRS 2008, 06492, Rn. 13 - Akzenta). Dies ist hier der Fall. In der Verwendung des unterscheidungskräftigen Zeichens „ - P -“ im Zusammenhang mit angebotenen Software wird der Verkehr nicht allein die Benennung des Geschäftsbetriebs sehen, sondern zugleich auch die bestimmte Leistung, die aus diesem Geschäftsbetrieb stammt, nämlich das Anbieten der Software.
23Dieses Zeichen ist somit geeignet, auf die betriebliche Herkunft der Software hinzuweisen. Auch hat der Beklagte dargelegt, dass zwischen Dezember 2010 und Januar 2014 zehn Versionen der Software auf den Distributionsportalen erschienen sind, was belegt, dass die Marke über den relevanten Zeitraum genutzt wurde. Dabei ist es unerheblich, dass die Software als „Open-Source“ unentgeltlich angeboten wird. Die Annahme einer ernsten Benutzung setzt nicht voraus, dass die jeweilige Benutzungshandlung auf eine Gewinn- oder Umsatzerzielung ausgerichtet ist (EuGH GRUR 2009, 156 – Radetzky-Orden; BGH GRUR 2006, 152 – Gallup; 2009, 60 – Lottocard; 2012, 180 – Werbegeschenk; Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26, Rn. 13). Ferner ist es unerheblich, wie oft die Software heruntergeladen wird. Der Benutzungszwang verlangt keinen kommerziellen Erfolg (Ströbele/Hacker, a.a.O., § 26, Rn. 10).
24Dabei schadet es auch nicht, dass der Beklagte das eingetragene Zeichen teilweise in einer anderen Form dargestellt hat. Nach § 26 Abs. 3 MarkenG gilt als Benutzung einer Marke auch die Benutzung in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichungen den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändern. Danach liegt eine rechtserhaltende Benutzung auch dann vor, wenn der Verkehr die eingetragene und die benutzte Form als ein und dasselbe Zeichen ansieht (BGH, BeckRS 2008, 06492, Rn. 12 – AKZENTA). Prägender Bestandteil der streitgegenständlichen Marke ist der Bildteil auf der linken Seite. Dieser springt dem Verkehr zunächst ins Auge, wenn er das Zeichen sieht. Daran ändert sich auch nichts, wenn der Wortteil der Marke nicht rechts neben dem Bildteil, sondern unter diesem platziert ist. Der Verkehr verbindet das Zeichen auch in dieser Form mit der Software des Beklagten.
25Folgerichtig ist die Klage auch zu dem Antrag zu 2 unbegründet.
26Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 91 Abs. 1, 709 ZPO.
27Streitwert: 100.000,00 €
(1) Die Eintragung einer Marke wird auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht, wenn die Marke nach dem Tag, ab dem kein Widerspruch mehr gegen sie möglich ist, innerhalb eines ununterbrochenen Zeitraums von fünf Jahren nicht gemäß § 26 benutzt worden ist. Der Verfall einer Marke kann jedoch nicht geltend gemacht werden, wenn nach Ende dieses Zeitraums und vor Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls eine Benutzung der Marke gemäß § 26 begonnen oder wieder aufgenommen worden ist. Wird die Benutzung jedoch im Anschluß an einen ununterbrochenen Zeitraum von fünf Jahren der Nichtbenutzung innerhalb von drei Monaten vor der Stellung des Antrags auf Erklärung des Verfalls begonnen oder wieder aufgenommen, so bleibt sie unberücksichtigt, sofern die Vorbereitungen für die erstmalige oder die erneute Benutzung erst stattgefunden haben, nachdem der Inhaber der Marke Kenntnis davon erhalten hat, daß der Antrag auf Erklärung des Verfalls gestellt werden könnte. Wird der Antrag auf Erklärung des Verfalls nach § 53 Abs. 1 beim Deutschen Patent- und Markenamt gestellt, so bleibt für die Berechnung der Frist von drei Monaten nach Satz 3 der Antrag beim Deutschen Patent- und Markenamt maßgeblich, wenn die Klage auf Erklärung des Verfalls nach § 55 Abs. 1 innerhalb von drei Monaten nach Zustellung der Mitteilung nach § 53 Abs. 4 erhoben wird.
(2) Die Eintragung einer Marke wird ferner auf Antrag für verfallen erklärt und gelöscht,
- 1.
wenn die Marke infolge des Verhaltens oder der Untätigkeit ihres Inhabers im geschäftlichen Verkehr zur gebräuchlichen Bezeichnung der Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geworden ist; - 2.
wenn die Marke infolge ihrer Benutzung durch den Inhaber oder mit seiner Zustimmung für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, geeignet ist, das Publikum insbesondere über die Art, die Beschaffenheit oder die geographische Herkunft dieser Waren oder Dienstleistungen zu täuschen oder - 3.
wenn der Inhaber der Marke nicht mehr die in § 7 genannten Voraussetzungen erfüllt.
(3) Liegt ein Verfallsgrund nur für einen Teil der Waren oder Dienstleistungen vor, für die die Marke eingetragen ist, so wird die Eintragung nur für diese Waren oder Dienstleistungen für verfallen erklärt und gelöscht.
(1) Soweit die Geltendmachung von Ansprüchen aus einer eingetragenen Marke oder die Aufrechterhaltung der Eintragung davon abhängig ist, daß die Marke benutzt worden ist, muß sie von ihrem Inhaber für die Waren oder Dienstleistungen, für die sie eingetragen ist, im Inland ernsthaft benutzt worden sein, es sei denn, daß berechtigte Gründe für die Nichtbenutzung vorliegen.
(2) Die Benutzung der Marke mit Zustimmung des Inhabers gilt als Benutzung durch den Inhaber.
(3) Als Benutzung einer eingetragenen Marke gilt, unabhängig davon, ob die Marke in der benutzten Form auch auf den Namen des Inhabers eingetragen ist, auch die Benutzung der Marke in einer Form, die von der Eintragung abweicht, soweit die Abweichung den kennzeichnenden Charakter der Marke nicht verändert.
(4) Als Benutzung im Inland gilt auch das Anbringen der Marke auf Waren oder deren Aufmachung oder Verpackung im Inland, wenn die Waren ausschließlich für die Ausfuhr bestimmt sind.
(5) Soweit die Benutzung innerhalb von fünf Jahren ab dem Zeitpunkt, ab dem kein Widerspruch mehr gegen die Marke möglich ist, erforderlich ist, tritt in den Fällen, in denen gegen die Eintragung Widerspruch erhoben worden ist, an die Stelle des Ablaufs der Widerspruchsfrist der Zeitpunkt, ab dem die das Widerspruchsverfahren beendende Entscheidung Rechtskraft erlangt hat oder der Widerspruch zurückgenommen wurde.
(1) Die Wirkungen einer eingetragenen Marke gelten in dem Umfang, in dem die Marke für verfallen erklärt wird, von dem Zeitpunkt der Stellung des Antrags (§ 53) oder der Erhebung der Klage (§ 55) auf Erklärung des Verfalls an als nicht eingetreten. In der Entscheidung kann auf Antrag einer Partei ein früherer Zeitpunkt, zu dem einer der Verfallsgründe eingetreten ist, festgesetzt werden.
(2) Die Wirkungen einer eingetragenen Marke gelten in dem Umfang, in dem die Marke für nichtig erklärt worden ist, von Anfang an als nicht eingetreten.
(3) Vorbehaltlich der Vorschriften über den Ersatz des Schadens, der durch fahrlässiges oder vorsätzliches Verhalten des Inhabers einer Marke verursacht worden ist, sowie der Vorschriften über ungerechtfertigte Bereicherung berührt die Löschung der Eintragung aufgrund Verfalls oder Nichtigkeit der Marke nicht
- 1.
Entscheidungen in Verletzungsverfahren, die vor der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit rechtskräftig geworden und vollstreckt worden sind, und - 2.
vor der Entscheidung über den Antrag auf Erklärung des Verfalls oder der Nichtigkeit geschlossene Verträge insoweit, als sie vor dieser Entscheidung erfüllt worden sind. Es kann jedoch verlangt werden, daß in Erfüllung des Vertrages gezahlte Beträge aus Billigkeitsgründen insoweit zurückerstattet werden, wie die Umstände dies rechtfertigen.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.
Für vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung sind zu erklären:
- 1.
Urteile, die auf Grund eines Anerkenntnisses oder eines Verzichts ergehen; - 2.
Versäumnisurteile und Urteile nach Lage der Akten gegen die säumige Partei gemäß § 331a; - 3.
Urteile, durch die gemäß § 341 der Einspruch als unzulässig verworfen wird; - 4.
Urteile, die im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen werden; - 5.
Urteile, die ein Vorbehaltsurteil, das im Urkunden-, Wechsel- oder Scheckprozess erlassen wurde, für vorbehaltlos erklären; - 6.
Urteile, durch die Arreste oder einstweilige Verfügungen abgelehnt oder aufgehoben werden; - 7.
Urteile in Streitigkeiten zwischen dem Vermieter und dem Mieter oder Untermieter von Wohnräumen oder anderen Räumen oder zwischen dem Mieter und dem Untermieter solcher Räume wegen Überlassung, Benutzung oder Räumung, wegen Fortsetzung des Mietverhältnisses über Wohnraum auf Grund der §§ 574 bis 574b des Bürgerlichen Gesetzbuchs sowie wegen Zurückhaltung der von dem Mieter oder dem Untermieter in die Mieträume eingebrachten Sachen; - 8.
Urteile, die die Verpflichtung aussprechen, Unterhalt, Renten wegen Entziehung einer Unterhaltsforderung oder Renten wegen einer Verletzung des Körpers oder der Gesundheit zu entrichten, soweit sich die Verpflichtung auf die Zeit nach der Klageerhebung und auf das ihr vorausgehende letzte Vierteljahr bezieht; - 9.
Urteile nach §§ 861, 862 des Bürgerlichen Gesetzbuchs auf Wiedereinräumung des Besitzes oder auf Beseitigung oder Unterlassung einer Besitzstörung; - 10.
Berufungsurteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten. Wird die Berufung durch Urteil oder Beschluss gemäß § 522 Absatz 2 zurückgewiesen, ist auszusprechen, dass das angefochtene Urteil ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar ist; - 11.
andere Urteile in vermögensrechtlichen Streitigkeiten, wenn der Gegenstand der Verurteilung in der Hauptsache 1.250 Euro nicht übersteigt oder wenn nur die Entscheidung über die Kosten vollstreckbar ist und eine Vollstreckung im Wert von nicht mehr als 1.500 Euro ermöglicht.