Oberlandesgericht Köln Beschluss, 26. Juni 2014 - 2 Ws 344/14

ECLI:ECLI:DE:OLGK:2014:0626.2WS344.14.00
bei uns veröffentlicht am26.06.2014

Tenor

Die angefochtenen Entscheidungen werden aufgehoben.

Unter Entpflichtung der Rechtsanwälte K. und S. aus B. werden dem Angeschuldigten Rechtsanwalt A. als Pflichtverteidiger und Rechtsanwältin B. als weitere Pflichtverteidigerin zur Sicherung des Verfahrens beigeordnet.

Die im Beschwerdeverfahren entstandenen notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Landeskasse auferlegt.


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Oberlandesgericht Köln Beschluss, 26. Juni 2014 - 2 Ws 344/14 zitiert 3 §§.

Strafprozeßordnung - StPO | § 467 Kosten und notwendige Auslagen bei Freispruch, Nichteröffnung und Einstellung


(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zu

Strafprozeßordnung - StPO | § 142 Zuständigkeit und Bestellungsverfahren


(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzügli

Strafprozeßordnung - StPO | § 143 Dauer und Aufhebung der Bestellung


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460. (2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwen

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Landgericht Magdeburg Beschluss, 26. März 2013 - 21 Qs 22/13

bei uns veröffentlicht am 26.03.2013

Tenor Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 7. März 2013 insoweit aufgehoben, als dem Angeklagten Rechtsanwalt ... aus Magdeburg als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist. Dem Angeklagten

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(1) Der Antrag des Beschuldigten nach § 141 Absatz 1 Satz 1 ist vor Erhebung der Anklage bei den Behörden oder Beamten des Polizeidienstes oder bei der Staatsanwaltschaft anzubringen. Die Staatsanwaltschaft legt ihn mit einer Stellungnahme unverzüglich dem Gericht zur Entscheidung vor, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt. Nach Erhebung der Anklage ist der Antrag des Beschuldigten bei dem nach Absatz 3 Nummer 3 zuständigen Gericht anzubringen.

(2) Ist dem Beschuldigten im Vorverfahren ein Pflichtverteidiger gemäß § 141 Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 bis 3 zu bestellen, so stellt die Staatsanwaltschaft unverzüglich den Antrag, dem Beschuldigten einen Pflichtverteidiger zu bestellen, sofern sie nicht nach Absatz 4 verfährt.

(3) Über die Bestellung entscheidet

1.
das Amtsgericht, in dessen Bezirk die Staatsanwaltschaft oder ihre zuständige Zweigstelle ihren Sitz hat, oder das nach § 162 Absatz 1 Satz 3 zuständige Gericht;
2.
in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 das Gericht, dem der Beschuldigte vorzuführen ist;
3.
nach Erhebung der Anklage der Vorsitzende des Gerichts, bei dem das Verfahren anhängig ist.

(4) Bei besonderer Eilbedürftigkeit kann auch die Staatsanwaltschaft über die Bestellung entscheiden. Sie beantragt unverzüglich, spätestens innerhalb einer Woche nach ihrer Entscheidung, die gerichtliche Bestätigung der Bestellung oder der Ablehnung des Antrags des Beschuldigten. Der Beschuldigte kann jederzeit die gerichtliche Entscheidung beantragen.

(5) Vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers ist dem Beschuldigten Gelegenheit zu geben, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger zu bezeichnen. § 136 Absatz 1 Satz 3 und 4 gilt entsprechend. Ein von dem Beschuldigten innerhalb der Frist bezeichneter Verteidiger ist zu bestellen, wenn dem kein wichtiger Grund entgegensteht; ein wichtiger Grund liegt auch vor, wenn der Verteidiger nicht oder nicht rechtzeitig zur Verfügung steht.

(6) Wird dem Beschuldigten ein Pflichtverteidiger bestellt, den er nicht bezeichnet hat, ist er aus dem Gesamtverzeichnis der Bundesrechtsanwaltskammer (§ 31 der Bundesrechtsanwaltsordnung) auszuwählen. Dabei soll aus den dort eingetragenen Rechtsanwälten entweder ein Fachanwalt für Strafrecht oder ein anderer Rechtsanwalt, der gegenüber der Rechtsanwaltskammer sein Interesse an der Übernahme von Pflichtverteidigungen angezeigt hat und für die Übernahme der Verteidigung geeignet ist, ausgewählt werden.

(7) Gerichtliche Entscheidungen über die Bestellung eines Pflichtverteidigers sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar. Sie ist ausgeschlossen, wenn der Beschuldigte einen Antrag nach § 143a Absatz 2 Satz 1 Nummer 1 stellen kann.

Tenor

Auf die Beschwerde des Angeklagten wird der Beschluss des Amtsgerichts Magdeburg vom 7. März 2013 insoweit aufgehoben, als dem Angeklagten Rechtsanwalt ... aus Magdeburg als Pflichtverteidiger beigeordnet worden ist.

Dem Angeklagten wird anstelle von Rechtsanwalt A. aus Magdeburg nunmehr Rechtsanwalt ... aus Braunschweig als Pflichtverteidiger beigeordnet.

Die Kosten des Beschwerdeverfahrens einschließlich der insoweit notwendigen Auslagen des Angeklagten trägt die Landeskasse.

Gründe

I.

1

Mit Schreiben vom 5. Februar 2013 - dem Angeklagten mit der Anklageschrift am 6. Februar 2013 förmlich zugestellt - hat das Amtsgericht Magdeburg dem Angeklagten binnen einer Woche Gelegenheit gegeben, einen Pflichtverteidiger zu benennen. Eine Benennung erfolgte innerhalb der Frist nicht.

2

Am 7. März 2013 ging beim Amtsgericht Magdeburg um 9.32 Uhr ein Telefax des Rechtsanwalt ... aus Braunschweig ein, in welchem er im Namen des Angeklagten seine Bestellung als Pflichtverteidiger beantragte.

3

Am selben Tag beschloss das Amtsgericht die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen den Angeklagten und bestellte ihm Rechtsanwalt ... aus Magdeburg als Pflichtverteidiger. Der Beschluss wurde am 11. März 2013 ausgefertigt.

4

Ebenfalls mit Schreiben vom 11. März 2013 teilte das Amtsgericht Rechtsanwalt ... mit, nach Ablauf der Stellungnahmefrist sei Rechtsanwalt ... für den Angeklagten als Pflichtverteidiger bestellt worden. Eine weitere Pflichtverteidigung komme nicht in Betracht.

5

Mit Schriftsatz vom 15. März 2013 hat der Angeklagte über Rechtsanwalt ... Beschwerde gegen die Bestellung von Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger eingelegt und zugleich beantragt, ihm Rechtsanwalt ... als Pflichtverteidiger beizuordnen. Zur Begründung führte er aus, der ursprüngliche Beiordnungsbeschluss hätte noch abgeändert werden können, da er zum Zeitpunkt der Benennung eines Verteidigers seiner Wahl keine Außenwirkung erlangt habe.

6

Das Amtsgericht hat der Beschwerde mit der Begründung nicht abgeholfen, das Schreiben von Rechtsanwalt ... habe dem Gericht am 7. März 2013 nicht vorgelegen.

II.

7

Die zulässige Beschwerde ist begründet.

8

Im Rahmen der Pflichtverteidigerbestellung hätte das Amtsgericht trotz der bereits seit mehreren Wochen abgelaufenen Benennungsfrist berücksichtigen müssen, dass der Angeklagte Rechtsanwalt ... als Verteidiger seiner Wahl bezeichnet hat, bevor die am 7. März 2013 erfolgte Pflichtverteidigerbestellung Außenwirksamkeit erlangt hatte. Dies ergibt sich aus folgenden Überlegungen:

9

Nach § 142 Abs. 1 S. 1 StPO soll dem Beschuldigten vor der Bestellung eines Pflichtverteidigers Gelegenheit gegeben werden, innerhalb einer zu bestimmenden Frist einen Verteidiger seiner Wahl zu bezeichnen. Steht kein wichtiger Grund entgegen, bestellt der Vorsitzende diesen Verteidiger, § 142 Abs. 1 S. 2 StPO. Dem Beschuldigten wird dadurch die Möglichkeit gegeben, sich von einem Verteidiger seines Vertrauens verteidigen zu lassen. Allein der Ablauf der gesetzten Benennungsfrist kann dem Beschuldigten dieses Recht nicht nehmen. Denn die Benennungsfrist stellt keine Ausschlussfrist dar. Vielmehr ist auch ein Vorschlag des Beschuldigten, der nach Fristablauf eingeht, bei der Auswahlentscheidung zu berücksichtigen, solange eine Pflichtverteidigerbestellung noch nicht ergangen ist oder eine bereits ergangene Entscheidung noch keine Außenwirkung erlangt hat (vgl. LG Braunschweig, Beschluss vom 21. September 2009, Az.: 7 Qs 280/09, BeckRS 2010, 03738; Meyer-Goßner, StPO, 55. Aufl.,§ 142 Rdnr. 10; Wessing, in BeckOK StPO, Stand 1. Oktober 2012, § 142 Rdnr. 8a; zu einer ähnlichen Fristenfrage siehe LG Magdeburg, Beschluss vom 13. Februar 2012, 22 Qs 11/12, Rdnr. 15, zitiert nach juris). Im Ergebnis wird die Ermessensentscheidung des Gerichts damit auch bei einer verspäteten Benennung über § 142 Abs. 1 S. 2 StPO erheblich eingeschränkt. So liegt der Fall hier.

10

Das Telefax des Rechtsanwalts ... ist am Tag der Bestellung des Rechtsanwalts ... als Pflichtverteidiger bei Gericht eingegangen. Außenwirkung hat dieser Beschluss erst in dem Moment erlangt, als die Geschäftstelle ihn an eine Person außerhalb des Gerichts herausgegeben hat, hier am 11. März 2013. Spätestens zu diesem Zeitpunkt war der zuständigen Richterin das Telefax des Rechtsanwalts ... vom 7. März 2013 auch bekannt, was die Verfügung vom selben Tage zeigt. Eine Rücknahme der Bestellung nach § 143 StPO war zu diesem Zeitpunkt noch möglich, ohne dass weitere Kosten verursacht worden wären. Auch sprachen keine wichtigen Gründe gegen die Bestellung des vom Angeklagten verspätet benannten Rechtsanwalts ...

11

Die Kostenentscheidung beruht auf § 467 Abs. 1 S. 1 StPO analog.


(1) Die Bestellung des Pflichtverteidigers endet mit der Einstellung oder dem rechtskräftigen Abschluss des Strafverfahrens einschließlich eines Verfahrens nach den §§ 423 oder 460.

(2) Die Bestellung kann aufgehoben werden, wenn kein Fall notwendiger Verteidigung mehr vorliegt. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 gilt dies nur, wenn der Beschuldigte mindestens zwei Wochen vor Beginn der Hauptverhandlung aus der Anstalt entlassen wird. Beruht der Freiheitsentzug in den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 5 auf einem Haftbefehl gemäß § 127b Absatz 2, § 230 Absatz 2 oder § 329 Absatz 3, soll die Bestellung mit der Aufhebung oder Außervollzugsetzung des Haftbefehls, spätestens zum Schluss der Hauptverhandlung, aufgehoben werden. In den Fällen des § 140 Absatz 1 Nummer 4 soll die Bestellung mit dem Ende der Vorführung aufgehoben werden, falls der Beschuldigte auf freien Fuß gesetzt wird.

(3) Beschlüsse nach Absatz 2 sind mit der sofortigen Beschwerde anfechtbar.

(1) Soweit der Angeschuldigte freigesprochen, die Eröffnung des Hauptverfahrens gegen ihn abgelehnt oder das Verfahren gegen ihn eingestellt wird, fallen die Auslagen der Staatskasse und die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse zur Last.

(2) Die Kosten des Verfahrens, die der Angeschuldigte durch eine schuldhafte Säumnis verursacht hat, werden ihm auferlegt. Die ihm insoweit entstandenen Auslagen werden der Staatskasse nicht auferlegt.

(3) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn der Angeschuldigte die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er in einer Selbstanzeige vorgetäuscht hat, die ihm zur Last gelegte Tat begangen zu haben. Das Gericht kann davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen, wenn er

1.
die Erhebung der öffentlichen Klage dadurch veranlaßt hat, daß er sich selbst in wesentlichen Punkten wahrheitswidrig oder im Widerspruch zu seinen späteren Erklärungen belastet oder wesentliche entlastende Umstände verschwiegen hat, obwohl er sich zur Beschuldigung geäußert hat, oder
2.
wegen einer Straftat nur deshalb nicht verurteilt wird, weil ein Verfahrenshindernis besteht.

(4) Stellt das Gericht das Verfahren nach einer Vorschrift ein, die dies nach seinem Ermessen zuläßt, so kann es davon absehen, die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten der Staatskasse aufzuerlegen.

(5) Die notwendigen Auslagen des Angeschuldigten werden der Staatskasse nicht auferlegt, wenn das Verfahren nach vorangegangener vorläufiger Einstellung (§ 153a) endgültig eingestellt wird.