Oberlandesgericht Köln Beschluss, 15. Jan. 2019 - 17 W 173/18
Tenor
Auf die sofortige Beschwerde der Klägerin vom 2. August 2018 wird der Kostenfestsetzungsbeschluss der Rechtspflegerin der 1. Zivilkammer des Landgerichts Aachen vom 26. Juli 2018 in der Fassung des Berichtigungsbeschlusses vom 7. September 2018 – 1 O 199/17 – folgendermaßen abgeändert:
Auf Grund des Beschlusses (Vergleichs) des Landgerichts Aachen vom 1. Juni 2018 – 1 O 199/17 – sind von der Klägerin 1.207,46 € - eintausendzweihundertundsieben Euro und sechsundvierzig Cent – (statt 1.532,36 €) nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 15. Juni 2018 an die Beklagte zu erstatten.
Die Kosten des Beschwerdeverfahrens hat die Beschwerdegegnerin zu tragen.
1
G r ü n d e :
2Die sofortige Beschwerde der Klägerin gegen den am 30. Juli 2018 zugestellten Beschluss ist gemäß §§ 104 Abs. 3 Satz 1, 567 ff. ZPO, 11 Abs. 1 RPflG zulässig. Sie hat auch in der Sache selbst in vollem Umfang Erfolg.
3Die Klägerin weist völlig zu Recht darauf hin, dass es sich bei den „nicht ermäßigten“ Gerichtskosten nicht um Kosten der Säumnis im Sinne von § 344 ZPO handelt. Insoweit vermag der Senat der – auch vom Bezirksrevisor angeführten – Ansicht des AG Hannover (AGS 2010, 305 f.; zustimmend Zöller/Herget, 32. Aufl., § 344 ZPO Rn 4) nicht zu folgen, wie er bereits in seinem Beschluss vom 13. November 2017 – 17 W 210/17 – (AGS 2018, 101 ff. = juris Rn 13 mwN) entschieden hat. Die drei Gerichtsgebühren nach Nr. 1210 KV zu § 3 Abs. 2 GKG für das Verfahren im Allgemeinen sind bereits mit Eingang der Anspruchsbegründung am 29. Juni 2017 nach dem Widerspruch der Beklagten gegen den Mahnbescheid angefallen. Daran hat sich weder durch den Erlass des Versäumnisurteils vom 11. Januar 2018 gegen die Klägerin noch durch die Feststellung des zwischen den Parteien geschlossenen Vergleichs mit dem Beschluss vom 1. Juni 2018 etwas geändert. Es ist auch allgemein bekannt und anerkannt, dass trotz Beendigung des gesamten Verfahrens durch Vergleich eine Ermäßigung nach Nr. 1211 Nummer 3 KV ausscheidet, wenn ein anderes Urteil als die in Nr. 2 dieser Vorschrift genannten (Anerkenntnis- und Verzichtsurteil sowie eines nach § 313a Abs. 2 ZPO) vorausgegangen ist, also insbesondere nach einem Versäumnisurteil (§§ 313b, 330 ZPO). Der Erlass des Versäumnisurteils hat keinerlei Einfluss auf die Höhe der von Anfang an in Höhe von 3,0 entstandenen und später nicht ermäßigten Gebühr für das Verfahren im Allgemeinen (vgl. Hansens, RVGReport 2018, 71, 73 aE).
4Die Parteien haben in dem Vergleich die Kostenfrage so geregelt, dass die Klägerin „vorab“ die „Mehrkosten der Säumnis im Termin am 11.01.2018“ trägt. Danach lautet die Kostenvereinbarung, dass „die übrigen Kosten des Rechtsstreits und des Vergleichs“ die Klägerin zu 70% und die Beklagte zu 30% tragen. Durch die Säumnis der Klägerin haben sich die Gerichtskosten nicht „vermehrt“; es handelt sich nicht um neue Kosten im Sinne von § 344 ZPO (Schneider, JurBüro 2018, 561, 564). Eine „durch die Versäumnis veranlasste“ Verhinderung von Ersparnissen bei dem Monate später geschlossenen Vergleich ist dem Entstehen von neuen Kosten nicht gleichzustellen (Touissant in Beck-OK/ZPO, Stand 01.12.2018, § 344 ZPO Rn 3.2 unter Hinweis auf OLG Bremen, OLGR 2005, 563 f. = juris Rn 12). Wenn die Parteien dies gewollt hätten, hätten sie dies deutlich machen und ausdrücklich vereinbaren können und müssen. Für eine entgegenstehende „Auslegung“ des Vergleichs (vgl. KG, KGR 2006, 924 = juris Rn 5 ff.) bieten weder der Wortlaut der Kostenregelung noch der Sachvortrag der Parteien irgendwelche Anhaltspunkte. Umgekehrt spricht alles dafür, dass allein die auf der Seite der Beklagten entstandenen Mehrkosten durch die Teilnahme an der mündlichen Verhandlung vom 11. Januar 2018 (insbesondere die von ihr geltend gemachten Fahrtkosten und das Abwesenheitsgeld, insgesamt 57,40 €) gemeint waren.
5Die Beklagte hat demnach 30% der im Rechtsstreit insgesamt angefallenen gerichtlichen Kosten von 1.638 €, also 491,40 € an die Klägerin zu erstatten. Dieser Betrag ist von dem (sonstigen) Erstattungsanspruch der Beklagten gegen die Klägerin – betreffend die außergerichtlichen Kosten – in Höhe von 1.641,46 € abzuziehen. Damit verbleibt insoweit ein Anspruch in Höhe von 1.150,06 €. Zusätzlich hat die Klägerin aber noch die Kosten der Säumnis in Höhe von 57,40 € zu tragen. Damit beträgt die gesamte Kostenerstattung 1.207,46 €, wie dies die Klägerin in ihrer sofortigen Beschwerde auch berechnet hat.
6Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 Satz 1 ZPO.
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Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.
(1) Des Tatbestandes bedarf es nicht, wenn ein Rechtsmittel gegen das Urteil unzweifelhaft nicht zulässig ist. In diesem Fall bedarf es auch keiner Entscheidungsgründe, wenn die Parteien auf sie verzichten oder wenn ihr wesentlicher Inhalt in das Protokoll aufgenommen worden ist.
(2) Wird das Urteil in dem Termin, in dem die mündliche Verhandlung geschlossen worden ist, verkündet, so bedarf es des Tatbestands und der Entscheidungsgründe nicht, wenn beide Parteien auf Rechtsmittel gegen das Urteil verzichten. Ist das Urteil nur für eine Partei anfechtbar, so genügt es, wenn diese verzichtet.
(3) Der Verzicht nach Absatz 1 oder 2 kann bereits vor der Verkündung des Urteils erfolgen; er muss spätestens binnen einer Woche nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung gegenüber dem Gericht erklärt sein.
(4) Die Absätze 1 bis 3 sind nicht anzuwenden im Fall der Verurteilung zu künftig fällig werdenden wiederkehrenden Leistungen oder wenn zu erwarten ist, dass das Urteil im Ausland geltend gemacht werden wird.
(5) Soll ein ohne Tatbestand und Entscheidungsgründe hergestelltes Urteil im Ausland geltend gemacht werden, so gelten die Vorschriften über die Vervollständigung von Versäumnis- und Anerkenntnisurteilen entsprechend.
(1) Wird durch Versäumnisurteil, Anerkenntnisurteil oder Verzichtsurteil erkannt, so bedarf es nicht des Tatbestandes und der Entscheidungsgründe. Das Urteil ist als Versäumnis-, Anerkenntnis- oder Verzichtsurteil zu bezeichnen.
(2) Das Urteil kann in abgekürzter Form nach Absatz 1 auf die bei den Akten befindliche Urschrift oder Abschrift der Klage oder auf ein damit zu verbindendes Blatt gesetzt werden. Die Namen der Richter braucht das Urteil nicht zu enthalten. Die Bezeichnung der Parteien, ihrer gesetzlichen Vertreter und der Prozessbevollmächtigten sind in das Urteil nur aufzunehmen, soweit von den Angaben der Klageschrift abgewichen wird. Wird nach dem Antrag des Klägers erkannt, so kann in der Urteilsformel auf die Klageschrift Bezug genommen werden. Wird das Urteil auf ein Blatt gesetzt, das mit der Klageschrift verbunden wird, so soll die Verbindungsstelle mit dem Gerichtssiegel versehen oder die Verbindung mit Schnur und Siegel bewirkt werden.
(3) Absatz 1 ist nicht anzuwenden, wenn zu erwarten ist, dass das Versäumnisurteil oder das Anerkenntnisurteil im Ausland geltend gemacht werden soll.
(4) Absatz 2 ist nicht anzuwenden, wenn die Prozessakten elektronisch geführt werden.
Erscheint der Kläger im Termin zur mündlichen Verhandlung nicht, so ist auf Antrag das Versäumnisurteil dahin zu erlassen, dass der Kläger mit der Klage abzuweisen sei.
Ist das Versäumnisurteil in gesetzlicher Weise ergangen, so sind die durch die Versäumnis veranlassten Kosten, soweit sie nicht durch einen unbegründeten Widerspruch des Gegners entstanden sind, der säumigen Partei auch dann aufzuerlegen, wenn infolge des Einspruchs eine abändernde Entscheidung erlassen wird.
(1) Die unterliegende Partei hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen, insbesondere die dem Gegner erwachsenen Kosten zu erstatten, soweit sie zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig waren. Die Kostenerstattung umfasst auch die Entschädigung des Gegners für die durch notwendige Reisen oder durch die notwendige Wahrnehmung von Terminen entstandene Zeitversäumnis; die für die Entschädigung von Zeugen geltenden Vorschriften sind entsprechend anzuwenden.
(2) Die gesetzlichen Gebühren und Auslagen des Rechtsanwalts der obsiegenden Partei sind in allen Prozessen zu erstatten, Reisekosten eines Rechtsanwalts, der nicht in dem Bezirk des Prozessgerichts niedergelassen ist und am Ort des Prozessgerichts auch nicht wohnt, jedoch nur insoweit, als die Zuziehung zur zweckentsprechenden Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung notwendig war. Die Kosten mehrerer Rechtsanwälte sind nur insoweit zu erstatten, als sie die Kosten eines Rechtsanwalts nicht übersteigen oder als in der Person des Rechtsanwalts ein Wechsel eintreten musste. In eigener Sache sind dem Rechtsanwalt die Gebühren und Auslagen zu erstatten, die er als Gebühren und Auslagen eines bevollmächtigten Rechtsanwalts erstattet verlangen könnte.
(3) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne der Absätze 1, 2 gehören auch die Gebühren, die durch ein Güteverfahren vor einer durch die Landesjustizverwaltung eingerichteten oder anerkannten Gütestelle entstanden sind; dies gilt nicht, wenn zwischen der Beendigung des Güteverfahrens und der Klageerhebung mehr als ein Jahr verstrichen ist.
(4) Zu den Kosten des Rechtsstreits im Sinne von Absatz 1 gehören auch Kosten, die die obsiegende Partei der unterlegenen Partei im Verlaufe des Rechtsstreits gezahlt hat.
(5) Wurde in einem Rechtsstreit über einen Anspruch nach Absatz 1 Satz 1 entschieden, so ist die Verjährung des Anspruchs gehemmt, bis die Entscheidung rechtskräftig geworden ist oder der Rechtsstreit auf andere Weise beendet wird.